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Sofia Beneventi

160. Todestag von Jacob Grimm

Die Brüder Grimm sind für ihre Märchensammlungen weltweit berühmt. Trotzdem wissen
nur wenige, wie sie genau sind und was sie noch getan haben.
Jacob (1785–1863) und Wilhelm (1786–1859) Grimm sind die zwei ältesten Söhne einer
großen Familie: sie haben noch sieben weitere Geschwister. Die Familienbeziehungen
haben stark ihre Erziehung, ihre Bildung und ihr ganzes Leben beeinflusst. Ihr Großvater
war ein reformierter Pastor, ihre Mutter Dorothea Zimmer war eine Anwaltstochter und ihr
Vater hatte Jura studiert, er war Hofgerichtsadvokat, Landschreiber, Notar und
Staatssekretär. Als er am 10. Januar 1796 mit 44 Jahren starb, hatte die liebevolle Mutter
Schwierigkeiten, die Familie durchzubringen. Wichtig war die Tante Zimmer, die
Kammerfrau bei den Landgrafen von Hessen, die Jacob und Wilhelm zu sich in Kassel
aufgenommen hat.
Als junger Student lebte Jacob in Marburg, er hatte in Jurisprudenz eingeschrieben und sein
Professor Carl von Savigny, ein Rechtshistoriker, war von ihm begeistert. Während einer
Studienreise nach Paris begann er an seiner Karriere zu zweifeln und nach einem Jahr
brach er das Studium ab. Zurück nach Hause arbeitete er als Bibliothekar, er war aber nicht
zufrieden, weil er Sprache und Literatur studieren wollte. Sein Freund Clemens Brentano
hatte schon ein Volksliederbuch geschrieben und er hatte die Idee, auch Volksmärchen und
Erzählungen zu sammeln. Zu diesem Zeitpunkt begann er mit seinem jüngeren Bruder
Wilhelm mitzuarbeiten und Materialien wie Archiven in Klöstern und Kirchen in
Mittelhochdeutsch und Althochdeutsch zu sammeln. Ihr erstes Werk ist ein Aufsatz über das
Nibelungenlied, dann editieren und kommentieren sie zwei der bedeutendsten
althochdeutschen Texte: das Hildebrandslied und das Wessobrunner Gebet.
Jacob wurde Professor deutscher Literaturgeschichte in Göttingen. 1837 fand ein wichtiges
Ereignis statt. Der neue König von Hannover wollte die Aufhebung der liberalen Verfassung
in Kraft setzen, die Beamte sollten auf eine neue, nicht liberale Verfassung schwören.
Sieben Professoren von Göttingen, bekannt als die Göttinger Sieben, unter denen auch
Jacob und Wilhelm standen, legten dagegen Protest. Als Konsequenz wurden sie entlassen,
die drei Initiatoren wurden auch vom Königreich Hannover verwiesen. Jacob floh daher nach
Berlin, wo er wieder Vorlesungen hielt; Wilhelm kam auch zu ihm.
Obwohl die Brüder Leben lang zusammen gewohnt haben, fanden auch große
Auseinandersetzungen statt. 1812 wurde der erste Band der Kindermärchen mit den
Illustrationen von ihrem anderen Bruder Ludwig Emil Grimm veröffentlicht, dann hat Wilhelm
allein an dem zweiten Band gearbeitet, weil Jacob zwischen 1813 und 1815 wegen
politischer Verpflichtungen abwesend war. Hier hat Wilhelm in die Erzählstruktur
eingegriffen, die Sprache literarisiert und den Inhalt romantisiert. Das empörte Jacob; er
dachte, dass die Volkserzählung die authentische Kunst sei und dass man die ursprüngliche
Fassung wiedergeben solle. Das ist der Hauptgrund, weil er seine Beteiligung aufgegeben
hat; trotzdem erscheint bis zur siebten Auflage des Buches die Aufschrift "Brüder Grimm”.
Die Brüder Grimm haben zur Gründung von Linguistik und Germanistik beigetragen; sie
waren Pioniere der Sprachwissenschaft. Seit 1838 haben sie an dem ersten umfassenden
deutsche Wörterbuch gearbeitet. Sie haben es bis zum Buchstaben F geschafft und den
ersten Band im Jahr 1852 veröffentlicht, dann haben sich die nächsten Generationen von
Germanisten mit dem Rest beschäftigt. Im Wörterbuch findet man die Kleinschreibung, weil
die Großschreibung der Substantive sich erst später entwickelt hat. Die Brüder Grimm
haben sich auch für Sprachgeschichte interessiert. Sie haben die Entwicklung von
Lautsystem von Indoeuropäisch zu verschiedenen Sprachen studiert und sie haben die
Lautung Gesetze entdeckt. Die Sprachen haben sich durch Lautverschiebung differenziert
und dank diesem Gesetz ist es möglich, zur Ursprache zurückzukommen.
Jacob war auch politisch engagiert, er war ein Patriot und ein konservativer Liberaler. Er war
Sekretär der hessischen Regierung, nach der Völkerschlacht bei Leipzig war er im Wiener
Kongress und 1848 saß er im ersten gesamten deutschen Parlament, die
Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche. Er war auf die deutsche Tradition stolz
und er wollte sie durch seine Arbeit mit den Märchen sichtbar machen. Wilhelm hat sich in
Briefen politisch geäußert, er war aber nicht politisch tätig.
Die Märchen der Brüder Grimm bleiben dennoch ihr berühmtestes Werk, sie wurden in 160
Sprachen übersetzt und neben der Bibel sind sie das meistverbreitete und gelesen Buch der
Welt. Heute haben sie noch enormen Erfolg; sie werden für Filme, Literatur und Fernseher
adaptiert. Indem sie fortgeschrieben und entwickelt werden, leben sie noch weiter.

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