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Festschriften zum Neuen Testament (I)

Author(s): Jürgen Wehnert


Source: Theologische Rundschau , Dezember 2008, NEUE FOLGE, Vol. 73, No. 4 (Dezember
2008), pp. 404-434
Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG

Stable URL: https://www.jstor.org/stable/26153885

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Festschriften zum Neuen Testament (I)

Jürgen Wehnert

Die Flut der Festschriften und Sammelbände, die ein Gelehrtenleben ehren
oder dessen persönliche (Zwischen-)Summe ziehen, hält ungebrochen an.
Seit dem letzten Sammelbericht1 sind zahlreiche neue Titel erschienen, die
hier naturgemäß nicht vollständig, sondern nur in einer hoffentlich plausi
blen Auswahl vorgestellt werden können. Angesichts der Fülle der Publika
tionen war der Bericht nunmehr aufzuteilen: Zunächst werden die Fest

schriften, in einer späteren Fortsetzung dann die Sammelbände vorgestellt.


Der Bericht über die Festschriften orientiert sich in seiner Reihenfolge am
Namensalphabet der Geehrten.

Das Urchristentum in seiner literarischen Geschichte. Festschrift für Jürgen Becker


zum 65. Geburtstag, hg. von U. Meli und U.B. Müller (BZNW 100). Verlag Walter de
Gruyter, Berlin/New York 1999, XII 4- 576 S. - Antiquity and Humanity. Essays on
Ancient Religion and Philosophy. Presented to Hans Dieter Betz on His 70th Bir
thday, ed. by A.Y. Collins and M.M. Mitchell. Mohr Siebeck, Tübingen 2001, XX +
561 S. - Neotestamentica et Philonica. Studies in Honor of Peder Borgen, ed. by
D.E. Aune, T. Seland, J.H. Ulrichsen (NT.S 106). Brill, Leiden/Boston 2003, XIII +
461 S. - Das Gesetz im frühen Judentum und im Neuen Testament. Festschrift für
Christoph Burchard zum 75. Geburtstag, hg. von D. Sänger und M. Konradt
(NTOA 57). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen / Academic Press, Fribourg 2006,
344 S. - Christology, Controversy and Community. New Testament Essays in Honour
of David R. Catchpole, ed. by D.G. Horrell and C.M. Tuckett (NT.S 99). Brill,
Leiden/Boston/Köln 2000, XXI + 404 S. - Schrift und Tradition. Festschrift für
Josef Ernst zum 70. Geburtstag, hg. von K. Backhaus und F.G. Untergaßmair. Fer
dinand Schöningh, Paderborn usw. 1996, XIV + 508 S. - Forschungen zum Neuen
Testament und seiner Umwelt. Festschrift für Albert Fuchs, hg. von C. Niemand
(Linzer Philosophisch-Theologische Beiträge 7). Peter Lang, Frankfurt/M. usw. 2002,
424 S. - Eschatologie und Schöpfung. Festschrift für Erich Grässer zum siebzigs
ten Geburtstag, hg. von M. Evang, H. Merklein und M. Wolter (BZNW 89). Verlag
Walter de Gruyter, Berlin/New York 1997, XI + 451 S. - New Testament Greek and
Exegesis. Essays in Honor of Gerald F. Hawthorne, ed. by A.M. Donaldson and
T.B. Sailors. Wm. B. Eerdmans Publishing Co., Grand Rapids/Cambridge 2003, XIV
+ 262 S. - Jerusalem, Alexandria, Rome. Studies in Ancient Cultural Interaction in
Honour of A[ntonius] Hilhorst, ed. by F.G. Martinez, G.P. Luttikhuizen (Supple

1 J. Wehnert, Festschriften und Sammelbände zum Neuen Testament, ThR 63 (1998)


361-402.

Theologische Rundschau, Band 73 (2008), S. 404-434


© 2008 Mohr Siebeck • ISSN 0040-5698

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ments to JSJ 82). Brill, Leiden/Boston 2003, XIV + 389 S. - Jesus Christus als die
Mitte der Schrift. Studien zur Hermeneutik des Evangeliums [für Otfried Hofius
zum 60. Geburtstag], hg. von C. Landmesser, H.-J. Eckstein und H. lichtenberger
(BZNW 86). Verlag Walter de Gruyter, Berlin/New York 1997, XII + 1000 S. - The
Social World of Formative Christianity and Judaism. Essays in Tribute to Howard
Clark Kee, ed. by J. Neusner, E.S. Frerichs, P. Borgen and R. Horsley. Fortress Press,
Philadelphia 1988, XII + 368 S. - Unterwegs mit Paulus. Otto Kuss zum 100. Ge
burtstag, hg. von J. Hainz für das Collegium Biblicum München. Verlag Friedrich
Pustet, Regensburg 2006, VII + 294 S. - Die Weisheit - Ursprünge und Rezeption.
Festschrift für Karl Löning zum 65. Geburtstag, hg. von M. Faßnacht, A. Lein
häupl-Wilke und S. Lücking (NTA N.F. 44). Aschendorff Verlag, Münster 2003, 308 S.
- Text und Geschichte. Facetten theologischen Arbeitens aus dem Freundes- und
Schülerkreis. Dieter Lührmann zum 60. Geburtstag, hg. von S. Maser und E. Sch
iarb (MThSt 50). N.G. Elwert Verlag, Marburg 1999, VII + 312 S.

Als Einleitung mag ein modifiziertes Selbstzitat aus dem letzten Bericht ge
nügen: Die in den Festgaben - ein neuer Trend sind monothematische
Sammlungen - vorgelegten Beiträge dokumentieren immer deutlicher die
konkurrierenden exegetischen Trends der Gegenwart und stellen mehrheit
lich auf oft originelle Art unter Beweis, dass neutestamentliche Forschung
ihren zentralen Untersuchungsgegenstand im Kontext der antiken Welt-,
Sozial- und Geistesgeschichte verortet, ihn von hierher interpretiert und
seine Botschaft zur Sprache bringt. Die beeindruckendsten Festschriften lie
fern in der Polyphonie ihrer zahlreichen Mitarbeiter aus (oft) mehreren Kon
tinenten höchst anregende Mikrokosmen der gegenwärtigen neutestamentli
chen Wissenschaft, deren Facettenreichtum unerschöpflicher zu sein scheint
denn je und deshalb auf Bindeglieder wie die hier vorgestellten Publikatio
nen angewiesen ist - erst sie machen auch die spezialisierteste Einzelstudie
als Teil eines Gesamtprojekts verständlich, zu dessen aktuellen Standards ein
lebhafter, internationaler Kommunikationsfluss gehört, der über die Fächer
grenzen der Disziplin »Neues Testament« weit hinausreicht.
Die enorme Zahl der in den Jubelschriften enthaltenen Beiträge stellt den
Berichterstatter angesichts des beschränkten Raums vor eine unerfreuliche
Entscheidung: Entweder flüchtet er sich aus Gründen der Gleichbehandlung
aller Beiträge in eine ermüdende Paraphrase der Inhaltsverzeichnisse, oder er
greift mit Mut zum subjektiven Urteil aus jedem Band eine Handvoll solider,
origineller und skurriler Arbeiten heraus, die eine ausführlichere Behandlung
verdienen. Im ersten Fall werden die Leser der Rezension verprellt, im zwei
ten Fall die Autoren der übergangenen Beiträge. Die vorliegende Bespre

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chung geht den zweiten Weg, da sie zum Weiterlesen animieren und nicht
der Eitelkeit von Autoren dienen will.2

Die gewichtige Festgabe für Jürgen Becker enthält 24 deutschsprachige


Beiträge ausschließlich männlicher Autoren zu den Hauptschriften des NT
(mit deutlichem Schwerpunkt auf Paulus) sowie zur Religionsgeschichte (C
Breytenbach und H. Merklein, letzterer zur - christologisch relevanten? - helio
politanischen Göttertrias Jupiter, Venus, Merkur) und zur Theologie des
frühen Christentums. Immerhin einer Studie (S. Vollenmider) ist, als Hauch
von Internationalität, eine englische Zusammenfassung beigegeben.
Der einleitende historische Beitrag von D. Sänger über Josephus, Ant.
XVIII 64 greift die emotional besetzte »Frage einer jüdischen Beteiligung an
der Kreuzigung Jesu« auf (1-25). Nachdem W. Stegemann 1998 im Gefolge
von J.D. Crossan die Fiktionalität der Passionserzählung betont hatte, konnte
Widerspruch nicht ausbleiben. Sänger hält nach abermaliger Sichtung der
Quellen eine jüdische Beteiligung an der Kreuzigung Jesu für erwiesen (ins
besondere unter Hinweis auf Mk 14,53 parr.). Dass die einschlägige Notiz im
Testimonium Flavianum trotz ihres Fehlens in der von S. Pines entdeckten

arabischen Textversion zur Absicherung dieser These herangezogen wird, ist


jedoch problematisch. Zitatwürdig ist der abschließende Hinweis, dass histo
rische »Mitverantwortung [...] nicht identisch mit Schuld« sei (25).
Die Mehrzahl der Paulusstudien konzentriert sich auf exegetisch schwieri
ge Abschnitte aus Gal und Phil. In methodologisch hoch reflektierter Weise
versucht P. Lampe, den Argumentationsgang des Paulus in Gal 3,10-12 auf
zudecken (27-39). C. Burchard bemüht sich um die nicht minder umstrittene
Passage über den Stoicheia-Dienst (Gal 4,1-11), die sich gegen den Versuch
der Galater wende, »ihre Bekehrung weg vom Götzendienst« »durch eine ka
lendarisch genaue [...] jüdische Kultordnung« perfekt zu machen (51-58,
Zitat 57). G. Sellin versucht sich an der komplizierten Hagar-Sara-Allegorese
in Gal 4,21—31, deren Wurzeln er über strukturell analoge exegetische Tradi
tionen bei Philo zu Gen 16f.; 21 näher bestimmen möchte (59-84). Damit
rückt die oft auf die Adam-Christus-Typologie verengte Frage einer Bezie
hung zwischen Philo und Paulus aus ebenso neuer Perspektive in den Blick
wie in S. Vollenweiders Studie »Die Metamorphose des Gottessohns. Zum epi
phanialen Motivfeld in Phil 2,6-8« (107-131). Den kontrovers diskutierten
religionsgeschichtlichen Hintergrund des Christusliedes bestimmt Vollenwei

2 Bei der Auswertung etlicher der insgesamt 31 Festgaben haben mich die studenti
schen Hilfskräfte Kirsten Koller (Paderborn), Katja Kruse und Carolin Schladot (beide
Braunschweig) tatkräftig unterstützt; dafür sei ihnen auch hier herzlich gedankt.

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der mit guten Gründen als ein Amalgam aus jüdischer Angelologie und hel
lenistischer Göttermetamorphose, wie es sich auch bei Philo finde (119f.).
Bemerkenswerte Beiträge zu Paulus liefern ferner N. Walter (»Ekklesiolo
gische Vorstellungen bei Paulus - Mitbringsel aus Antiochia?«, 173-195),
der zentrale Kategorien der paulinischen Ekklesiologie (einschließlich des
exxXr)a(a-Begriffs) als Erbe der antiochenischen Zeit des Apostels verständ
lich macht, und H.-W. Kuhn, der als Frucht des Münchner Projekts »Qumran
und das Neue Testament« einen aktualisierten Überblick über Parallelen zwi
schen Texten der Qumrangemeinde und Paulus gibt (227-246). Kuhns Aus
wertung des Materials kommt zu dem sehr zurückhaltenden Urteil, dass eine
direkte Abhängigkeit des Paulus von Qumranschriften unwahrscheinlich sei;
nur in Einzelfällen (Deutung der Gemeinde als Tempel und Gottes Pflan
zung) stehe eine Aufnahme von - wie vermittelten? - Qumrantraditionen zu
vermuten.

Von den Studien zu den übrigen ntl. Schriften verdienen etliche besondere E
nung: G. Tbeißen entwickelt in seiner historisch-soziologischen Untersuchung
12,1-4 und Mk 10,35-45 (»Die Verfolgung unter Agrippa I. und die Autoritä
tur der Jerusalemer Gemeinde«, 263-289) die beachtliche These, dass die Erm
des Zebedaiden Jakobus die Ablösung charismatischer Autoritäten der Jesuszei
funktionale Amtsträger eingeleitet habe. A. Undemann (»Mose und Jesus C
Zum Verständnis des Gesetzes im Johannesevangelium«, 309-334) widmet si
Joh 1,17 ausgehend, der oft behandelten Frage, wie der vierte Evangelist das V
nis zwischen Mose und Jesus Christus auffasst. Nach Analyse aller Mose- und
Belege im Joh gelangt Lindemann zu dem überzeugenden Fazit, dass Joh 1
Sinne »heilsgeschichtlicher Kontinuität« zu verstehen sei : Die johanneische Ge
»lebt in der ungebrochenen Tradition des Gesetzes«, während »die Juden« »d
sche Tradition mißverstehen und mißachten« (334). Eine von Lindemann ausg
traditionsgeschichtliche Betrachtung des Liebesgebots Jesu würde zum selben
führen: Es ist die johanneische Interpretation des Mose-Gebots Lev 19,17f.,
J. Augenstein (Das Liebesgebot im Johannesevangelium und in den Johannesbr
1993) gezeigt hat.
Ein exegetisches Minenfeld betritt M. Theobald in seiner Untersuchun
»>Spruchgut< im Johannesevangelium« (335-367). Theobald schließt sich de
ckers Joh-Kommentar zugrunde liegenden Hypothese an, dass es sich bei de
zellen der johanneischen Reden um traditionelles Spruchgut der Gemeinde h
29 diesem Stratum zugewiesene Sprucheinheiten werden von Theobald zusam
stellt (337-346) und unter den von Becker vorgegebenen methodologischen, for
tischen und theologischen Gesichtspunkten systematisiert (346-354). Als eige
ger Beitrag Theobalds folgen »Weiterführende Beobachtungen und Überleg
(354-367), die die methodischen Schwächen der Rekonstruktion Beckers kur
beiseite schieben (sie sei »insgesamt überzeugend«, 354) und sie im Folgenden a
chertes Resultat der Forschung begreifen, das nur noch der weiteren tradition
formkritischen Durchdringung bedarf. Die Standfestigkeit des Hypothesenturm
dadurch kaum nennenswert erhöht.

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408 Jürgen Wehnert ThR

Unter dem schönen Titel »Stärken des Randes« (391-417) unternimmt M. Karrer
eine konzentrierte Gesamtbetrachtung der Apk unter forschungsgeschichtlichen, lite
rarischen (Stichwort »Apokalypse«) und christologischen Aspekten, die die Sonderstel
lung des sperrigen Buches im jüdisch-christlichen Traditionsstrom und damit auch im
nd. Kanon eindrucksvoll vor Augen führt.

Unter den explizit theologischen Schlussbeiträgen des Bandes weckt F.


Vougas Wiederaufnahme der von E. Käsemann angestoßenen Diskussion
über die Einheit des ntl. Kanons besondere Neugier (»Das Problem der
Selbstdefinition und der theologischen Einheit des frühen Christentums«,
487-515). Der Aufsatz, der das Wesen des frühen Christentums anthropolo
gisch wie theologisch bestimmen möchte, steht schon in seinen »Arbeitshy
pothesen« ganz unter dem Eindruck der paulinischen Rechtfertigungslehre,
so dass es nicht überrascht, wenig später unter der Überschrift »Paulus als
Kanon« die krude These zu lesen, »die Theologie des Paulus« sei nicht nur
»die erste [...] des Frühchristentums«, sondern auch »die Grundlage für die
Vielfalt und für die Legitimität dieser Vielfalt innerhalb des nd. Kanons«
(507). In den Schlussthesen dieses letztlich ganz unhistorischen Gedanken
gebäudes fällt es Vouga dann wortspielerisch leicht, die »faktische Vielfalt
des frühen Christentums« als »faktische Einheit der Christentümer« auszule
gen - eine Einheit, bei der es sich sogar um eine »logische Notwendigkeit«
(513 f.) handele.
Erfreulicherweise wird die enge Perspektive von Vougas Beitrag durch
den anschließenden Literaturüberblick von H. Räisänen (>»Theologie des
Neuen Testaments< und ihre Alternativen heute«, 517-542) erweitert. Räisä
nen stellt Stärken und Schwächen der sehr disparaten neueren Publikationen
zum Thema vor und plädiert schließlich dafür, die Binnensicht kirchlich
theologisch akzentuierter NT-Theologien mit der distanzierteren Außensicht
religionswissenschaftlicher Arbeiten zu verbinden, um ein »Gesamtbild des
Forschungsterrains« zu gewinnen (541).
Ein Schriftstellenregister und eine Nachtrags-»Bibliographie Jürgen
Becker« (für die Jahre 1995-98) schließen diese Festgabe, jedenfalls ein Do
kument exquisiter Gelehrsamkeit und ein Muss für jede Fachbibliothek, ab.

Weniger konventionell präsentiert sich die Festschrift für Hans Dieter


Betz. Die 24 englischsprachigen Beiträge vorwiegend angelsächsischer Au
torinnen und Autoren kreisen um die weitgesteckten Themenfelder »Biblical
and Hellenistic Jewish Literature«, »Early Christian Literature« und »Greco
Roman Philosophy and Religion«; sie vermitteln durch ihre zahlreichen Be
zugnahmen auf die Arbeiten des Jubilars zugleich einen Eindruck von der
ungewöhnlichen Breite seines Lebenswerkes.

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Aus dem ersten Teil verdient unter ntl. Aspekt T.K. Seims Studie »Abra
ham, Ancestor or Archetype?« (27-42) Beachtung. Seim zeigt, dass die
Abrahamsvorstellungen in 4 Makk und Lk/Apg auf die Existenz einer sonst
unbekannten Abraham-Tradition des hellenistischen Judentums hinweisen:
In ihr ist der vorbildliche, mit Unsterblichkeit beschenkte Patriarch zum
Hoffnungsträger geworden, zu dem sich Männer wie Frauen als seine verhei
ßenen Söhne und Töchter bekennen, um im Vertrauen auf ihn ihr Todesge
schick zu überwinden.

Der hier vor allem interessierende zweite Hauptteil ist in die Abschnitte
»The Synoptic Gospels«, »The Pauline Epistles« und »Other Early Christian
Writings« gegliedert. Zu den bemerkenswertesten Beiträgen zählt A.Y. Col
lin? Studie »Jesus' Action in Herod's Temple« (45-61) über die historischen
Hintergründe der sog. Tempelreinigung Jesu (Mk 11,15-18). Da die Periko
pe ein für Mk untypisches Interesse an ritueller Reinheit zeige, sei anzuneh
men, dass sie ein Ereignis aus dem Leben Jesu widerspiegele (47). Die bisher
vorgeschlagenen politischen oder ökonomischen Motive für Jesu Aktion
weist Collins zurück und postuliert stattdessen, dass die Gründe in Herodes'
Umgestaltung des Tempelberges lägen: Die Einrichtung eines Tempelvor
hofs für Heiden widerspreche dem Tempelideal von Ez und Tempelrolle,
dem sich auch Jesus verpflichtet wusste. Seine Aktion zielte auf die Ausdeh
nung der Heiligkeit und Reinheit des Tempels auf den Heidenvorhof, der
u.a. durch die Münzbilder von Fremdgöttern entweiht worden sei. Ob man
Jesus eine solche Tempelideologie unterstellen darf, erscheint angesichts der
sonstigen Überlieferung freilich zweifelhaft. Hält man die im Oxyrhynchos
Papyrus 840 enthaltene Tradition über Jesu bewusste Missachtung von Rein
heitsvorschriften im Tempelbereich für authentisch, wird man Collins' These
für unzutreffend halten müssen.

P.B. Duff regt in seiner Interpretation der zweiten Antithese der Bergpredigt an, den
Ausdruck sv TÎj xagôîa (Mt 5,28) nicht, wie üblich, lokal, sondern instrumental aufzu
fassen (»Vision and Violence«, 63-75). Wie in den übrigen Antithesen gehe es auch
hier um ein sozial schädliches Verhalten, konkret um die Verfuhrung verheirateter
Frauen durch das lüsterne Herz - ein jedenfalls origineller Gedanke. Wesentlich spe
kulativer mutet KD. Kotanskys groß angelegter Versuch an, die Figur der Blutflüssigen
durch religionsgeschichtliche Vergleiche als Konstrukt aus metaphorischen und my
thologischen Motiven zu begreifen (»Jesus and the Lady of the Abyss [Mark
5:25-34]«, 77-120). Die Frau sei »eine archetypische Figur«, deren Interaktion mit
Jesus sowohl »eine Bändigung der Urflut« als auch »eine heilige Hochzeit« repräsentie
re. In ihrem Zusammenspiel mit der Tochter des Jairus erweise sie sich als deren »my
thologisches Gegenstück«, da ihre Berührung Jesu »eine Art Tod« zur Folge habe
(118). Diese Konstruktion wird so bestimmt an den markinischen Text herangetragen,

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dass das christologische Interesse, das der Evangelist mit der von ihm geschaffenen
Sandwich-Perikope verbindet, vollständig aus dem Blick gerät.

Unter den Paulusstudien des Bandes ragt neben N.A. Dahls und D. Hell
holms materialreicher Untersuchung »Garment-Metaphors : the Old and the
New Human Being« (139-158) sowie I. Gruenwalds sozialanthropologischer
Studie »Paul and Ritual Theory. The Case of the >Lord's Supper< in 1 Corin
thians 10 and 11« (159-187) vor allem H. Koesters »Paul's Letters as Theo
logy for the Community« (215-225) hervor. Koesters ebenso knapper wie
weiser Beitrag über das Vermächtnis der paulinischen Theologie stellt ein
drucksvoll heraus, dass die Rechtfertigungslehre des Apostels nicht auf per
sönliche Moral und Religiosität zielt, sondern auf die Schaffung »einer alter
nativen Gemeinde am Ende aller Zeiten« (219).

Von den übrigen Studien des zweiten Teils müssen erwähnt werden L.R. Donelsons
hermeneutische Untersuchung zum selten behandelten Jud (»Jude as Text with Excess
of Context«, 279-295) und A.]. Dröges wider den Stachel lockende Studie »Discerning
the Body. Early Christian Sex and Other Apocryphal Acts« (297-320). Angesichts des
paulinischen Freiheitspathos' kann Droge den harschen Umgang mit dem Unzucht
sünder in 1 Kor 5,1-5 nur auf die mangelnde Courage des Apostels zurückführen,
nach den eigenen Prinzipien zu handeln (304) - eine Lanze zugunsten der libertinisti
schen Tradition im frühen Christentum, die freilich den paulinischen Kerngedanken
ignoriert, dass der an Christus bzw. am Geist teilhabende Gläubige in Übereinstim
mung mit dem göttlichen Willen (Lev 18,8!) lebt oder leben sollte.
Die abschließenden Beiträge des Bandes greifen z.T. weit über das NT hinaus. Sie
behandeln sehr disparate Themen wie Johannes Chrysostomos' Lektüre des Gal
(M.M. Mitchell: »Reading Rhetoric with Patristic Exegetes«, 333-355), die Kategorie
der TiQoa'iQsaiç bei Epiktet (E. Asmis: »Choice in Epictetus' Philosophy«, 385-412)
oder Nietzsches Verständnis des frühen Christentums (H. Cancik und H. Cancik-Lin
demaier. »The >Pre-Existent Form< [Präexistenz-Form] of Christianity«, 413-434).

Eine Bibliographie der Publikationen von H.D. Betz (501-512) sowie


ausführliche Stellen-, Personen- und Sachregister runden den ungewöhnlich
anregenden Band ab, der ohne Wenn und Aber zu den Pflichtanschaffungen
jeder Fachbibliothek gehört.

Die Festgabe für den norwegischen Gelehrten Peder Borgen enthält 13


Beiträge zum historischen Jesus, zu Paulus und zu Joh sowie fünf Philo-Stu
dien. Der Zielsetzung dieses Berichtes folgend, muss sich die Besprechung
auf die ntl. Arbeiten konzentrieren.

Unter dem Obertitel »Jesus and the Kingdom« wirft J.D.G. Dunn die inter
essante rezeptionsgeschichtliche Frage auf: »How Would His Message Have
Been Heard?« (3-36) Als Antwort liefert Dunn zunächst eine Liste von 14

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möglichen politischen, apokalyptischen, messianischen usw. Erwartungen,


die sich auf Seiten der Hörer Jesu mit der Rede von der nahen(den) Basileia
Gottes verbunden haben mögen. In Abgrenzung von den Hypothesen J.D.
Crossans und N.T. Wrights beharrt Dunn darauf, dass Jesu Basileia-Erwar
tung eschatologischen Charakter besitze. Das hermeneutische Problem, dass
sich diese Zukunftshoffnung nicht erfüllt habe, sei generell mit dem Phäno
men der Prophetie verbunden. Doch sei die Chronologie der prophetischen
Erwartungen für die Hörer nicht entscheidend, und so erschüttere eine ent
täuschte Prophezeiung nicht den Kernglauben, der in ihr zum Ausdruck
komme (32). Überdies sei Jesu Rede von der Basileia Gottes im Kontext der
jüdischen Eschatologie, die die Endzeit als Wiederherstellung der mythi
schen Urzeit verstehe, als Metapher für ein nicht-historisches Zeitalter auf
zufassen, die sich nicht in etwas anderes übersetzen lasse, sondern für die
Hoffnung selbst stehe (35). Möge Dunns weiser Beitrag die breite Leser
schaft finden, die er über die Fachwelt hinaus verdient!

In »Jesus Research and Near Eastern Archaeology: Reflections on Recent Develop


ments« (37-70) entwirft J.H. Charlesworth ein problematisches Bild von der Bedeutung
archäologischer Erkenntnisse für die Jesus-Forschung. Eindrucksvoll ist gewiss
Charlesworths im Lichte neuester Funde komplettierte Hitliste der bedeutendsten ar
chäologischen Zeugnisse, die Jesu soziale Welt und Lebensweg zu illustrieren vermö
gen (45-60). Die enorme hermeneutische Relevanz, mit der er diese Funde auflädt, ist
hingegen kaum nachvollziehbar: Dass Jesu Worte nur bei Rekonstruktion ihres ar
chäologischen Kontextes richtig verstanden werden können (68), ist eine maßlose
Übertreibung. Diese Forderung, mit der Charlesworth den angeblich theologielastigen
»New Quest« überwinden will, würde das Ende aller Jesusforschung bedeuten, weil die
Masse der authentischen Worte Jesu situationslos überliefert wurde. Keinen Gedanken
verschwendet Charlesworth daran, dass die archäologischen Funde oft nur redaktio
nelle Textbestandteile illustrieren, wodurch sich ihre Bedeutung für die Rekonstrukti
on des Lebens Jesu (von seiner Verkündigung ganz zu schweigen) erheblich relativiert.

Von den Paulusstudien sind mehrere hervorzuheben: B. Gerhardsson ent

wickelt in »Evidence for Christ's Resurrection According to Paul: I Cor


15:1-11« (73-91) den ansprechenden Gedanken, dass die von Paulus in 1
Kor 15,3 ff. mitgeteilte Tradition nur die Zusammenfassung ausführlicher
Passions- und Auferstehungserzählungen sei, wie sie in anderer Form in den
Evangelien begegnen. In der Tat liegt nahe, dass Paulus von Petrus und dem
Herrenbruder Jakobus (Gal 1,18 f.) ausführlich über die Ereignisse im Jahr
30 unterrichtet wurde (Gal 1,18 f.) und dass er dieses in Jerusalem gepflegte
Wissen in 1 Kor 15 in einer zu Überschriften kondensierten Form mitteilt.
Ob sich Einzelheiten dieses Wissens aus den viel jüngeren Passionsberichten
der Evangelisten rekonstruieren lassen, sei freilich dahingestellt. - A.B. du

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Toits engagierte Studie zum Kontroversthema »Paul, Homosexuality and


Christian Ethics« (92-107) bezieht klar Position: Wenn man sich zwischen
der biblischen Verurteilung der Homosexualität und dem Liebesgebot ent
scheiden muss, gebührt letzterem der Vorrang - ein nobles Urteil, von dem
man sich wünschte, dass es sich allgemeiner Zustimmung erfreute. - Der
Titel von M.D. Hookers Untersuchung des paulinischen Verses Rom 10,4,
»Christ: the >End< of the Law« (126-146), ist zugleich dessen wörtlich ver
standenes Resultat: Paulus fasse das Verhältnis zwischen Gesetz und Chris

tus antithetisch auf, so dass dem Ende des Gesetzes der Anfang in Christus
entspreche, wie aus Kol 1,15-20 hervorgehe. Dass man den Ursprung des
Kol offenlassen und gleichzeitig dessen Inhalt für Paulus in Anspruch
nehmen kann (140-142), ist freilich ein exegetisches Kunststück, das der
Kernthese nicht zugute kommt. Tatsächlich ist das Gesetzesverständnis des
christlichen Paulus viel komplexer, als dass es sich auf Hookers schlichte
heilsgeschichtliche Formel bringen ließe. - In »The Impact of the Situational
Contexts for Paul's Use of Baptismal Traditions in His Letters« (147-175)
beschreibt D. Hellholm die pragmatische Funktion der vom Apostel in apolo
getischen Zusammenhängen verwendeten Taufformeln (Rom 6; 1 Kor 1;
Gal 3). Die anregende Studie mündet in eine behutsame Rekonstruktion der
ältesten christlichen Taufliturgie.

Aufmerksamkeit verdienen auch die Beiträge zum Johannesevangelium. J. Painters


»Rereading Genesis in the Prologue of John?« (179-201) geht auf den Spuren von P.
Borgen und R. Bultmann den in Joh 1,1-18 verarbeiteten jüdischen exegetischen Tra
ditionen nach, ohne wesentlich darüber hinaus zu gelangen. Painter hält zu Recht
daran fest, dass der Prolog auf einer targumischen Interpretation von Gen 1,1-5 ba
siert, ohne, was nahe gelegen hätte, die vorhandenen Gen-Targume (speziell Targum
Neofiti) - und damit den oft unterschätzten Zusammenhang zwischen memra und logos
- in die Untersuchung einzubeziehen. - J.H. Ulrichsen bürstet in »Jesus - der neue
Tempel? Ein kritischer Blick auf die Auslegung von Joh 2,13-22« (202-214) die
Tempelperikope gegen den exegetischen Strich. Mit guten Argumenten wird gezeigt,
dass es hier nicht um die Ablösung des Jerusalemer Tempels durch den Leib Jesu als
neuen Tempel gehe, sondern im Gegenteil um eine Zurückweisung der jüdischen An
klage, Jesus habe sich kritisch über den Tempel geäußert. - D.M. Smith möchte »John's
Quest for Jesus« (233-253) aufhellen, ein Vorhaben, das seine Berechtigung aus der
vom vierten Evangelisten behaupteten Augenzeugenschaft zieht. Dabei wird jedoch
schnell deutlich, dass es im Joh nicht um eine historische Rückfrage nach Jesus geht,
sondern darum »how the Jesus of the past, and future, is, or can be, present to the
church« (235f.). In Joh werde dieses Problem, anders als in 1 Joh, durch den gegen
wärtigen Geist-Parakleten beantwortet: Er sei »the mode or means of Jesus' speaking
to the church«, wodurch neue, aktuelle Jesusworte entstehen (240). - Klassischen jo
hanneischen Themen widmen sich die umfangreiche Studie von H.C. Kee zum Be
griffsfeld êiôsvai, yiviaxeiv und yvwgiÇsiv (»Knowing the Truth: Epistemology and
Community in the Fourth Gospel«, 254- 280) sowie D.E. Aunes Forschungsüberblick

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73 (2008) Festschriften %um Neuen Testament (I) 413

zum Verhältnis zwischen Joh und Qumran, der zu wohltuend zurückhaltenden Bewer
tungen gelangt (»Dualism in the Fourth Gospel and the Dead Sea Scrolls : A Reassess
ment of the Problem«, 281-303). - Von den Philo-Studien sei aus ntl. Perspektive
besonders auf die wortstatistischen Untersuchungen von K. Fuglseth hingewiesen
(»Common Words in the New Testament and Philo: Some Results from a Complete
Vocabulary Comparison«, 393-414).

Eine Bibliographie der Arbeiten Peder Borgens aus den Jahren


1987-2001 sowie ausführliche Autoren- und Schriftstellenregister beschlie
ßen den lesenswerten Band, dessen Thesenreichtum jedenfalls die lebhafte
Aufmerksamkeit der Fachwissenschaft verdient.

Zu den monothematischen Festgaben gehört die Christoph Burchard


gewidmete Sammlung zu Aspekten des Thoraverständnisses im antiken Ju
dentum und frühen Christentum (auch wenn einzelne Beiträge - z.B. von P.
Lampe und 0. Wischmeyer - diesen Rahmen sprengen). Die insgesamt 17 Auf
sätze (darunter zwei englischsprachige), formal nach dem Alphabet der Ver
fassernamen angeordnet, weisen vielfältige Berührungspunkte auf, die die
Lektüre für jeden einschlägig Interessierten in besonderer Weise lohnend
machen. Die Fülle des Gebotenen - teils mit systematisch-theologischer,
teils mit streng historischer Akzentuierung - soll beispielhaft illustriert
werden:

Wie kaum anders zu erwarten, bilden Paulusstudien den Schwerpunkt des


Bandes./. Becker (»Die Gemeinde als Tempel Gottes und die Tora«, 9-25)
betont in seiner Auslegung von 1 Kor 3,16f., dass die Identifikation von
Tempel Gottes und Gemeinde das »Kirchenverständnis« der frühesten
Christen widerspiegele: Weil der endzeitliche Geist Gottes jetzt in der Ge
meinde wohnt, sei sie endgültiger Vollendungsort göttlicher Gegenwart, d.h.
»Tempel«, also seine Wohnung. Mit dieser Spiritualisierung sei die Zentralität
des realen Jerusalem als Ort des jüdischen Opferkultes aufgehoben. - Den
Zusammenhang von Eschatologie und paulinischem Gesetzesverständnis
beleuchtet R. Bergmeier in seiner Studie zu Rom 2,12 ff. (»Gesetzeserfüllung
und Gesetz ohne Beschneidung«, 26-40): Durch die Gabe des >neuen Her
zens< können Heidenchristen, »von Haus aus toralose Heiden«, »jetzt das
Gesetz erfüllen« (40). - In einer sozialpsychologischen Untersuchung (»Der
Affekt der S7u0o[uoc und der vôpioç«, 55-74) beschreibt P. von Gemünden, von
4 Makk ausgehend, die dem vôfioç im Judentum zugewiesene Funktion der
Affektkontrolle - eine Auffassung, die Paulus in Rom 7 geradezu auf den
Kopf stelle. — Dass der Apostel gleichwohl und ohne Rekurs auf den v6[ioç
Grundlinien sozialen Verhaltens definieren kann, zeigt R. Kirchhoff (»Rom
12,1-2 und der Qualitätsanspruch diakonischen Handelns«, 87-98). Die

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414 Jürgen Wehnert ThR

beiden Verse, so Kirchhoff, bringen zum Ausdruck, dass »menschliche Ver


haltensmöglichkeiten mit einer Bestimmung versehen« sind : »So wie Augen
dazu da sind, um zu sehen, so ist der ganze Mensch dazu da, seine Bezogen
heit auf seine Mitmenschen und auf Gott dem Willen Gottes entsprechend
zu gestalten« (91) - eine ebenso schöne wie zutreffende Formulierung, die
Kirchhoff anschließend auf die gegenwärtige diakonische Praxis hin entfal
tet.

Hervorzuheben sind weiter die immens gründlichen Paulusstudien von G.


Nebe (»Die Kritik am s'i8wX.a-Kult in IThessalonicher 1,9—10 im Rahmen
der paulinischen Missionstätigkeit und Soteriologie. Zugleich ein Beitrag
zum Verständnis von >Tora-Gesetz< und >Natur-Gesetz<«, 191-221), D.
Sänger (»>Das Gesetz ist unser TtatSaywyog geworden bis zu Christus< (Gal
3,24)«, 236-260) und B. Schaller (»Christus, >der Diener der Beschneidung
..., auf ihn werden die Völker hoffen<«, 261-285). Letzterer untersucht die
Funktion der Zitatenkette in Rom 15,7-13 mit dem Resultat, dass das
»Grundthema« der theologisch hoch reflektierten Verse die durch Christus,
»den Messias Israelsf,] eröffnete [...] Gemeinschaft der Völker der Welt [...]
mit dem Volk Gottes, Israelf,] zum endzeitlichen Gotteslob« sei (281). Diese
Gemeinschaft bilde die »Begründung für seine an die >Starken< und [sc. jü
disch geprägten] >Schwachen< in der römischen Gemeinde gerichtete Auffor
derung >einander aufzunehmen« (284). - G. Theißen (»Gesetz und Ich«,
286-303) zeigt, dass die Ich-Aussagen in Rom 7 »persönliche Erfahrungen
des Paulus« reflektieren (sein einstiges aggressives Vorgehen gegen die
Christen), die aber auf eine »allgemein menschliche Ebene gehoben« werden.
»Das Ich in Rom 7 steht repräsentativ für alle Menschen, so wie das Ich in
Rom 9-11 transparent für ganz Israel wird« (302). - H. Thyen schließlich
entwickelt in »Das Mysterium Israel (Rom 11,25-32)« (304—318) den Ge
danken, dass die paulinische Rechtfertigungsbotschaft nur im Licht der »uni
versalen Schicksalsgemeinschaft« von Heidenkirche und Israel und der
Glaube »nicht länger im Bann der konditionalen Logik [...] als die Bedin
gung des Heils« zu begreifen sei (318).

Zwei Studien behandeln die Gesetzesthematik bei Lk und Mt: M. Klinghardt


(»>Gesetz< bei Markion und Lukas«, 99-128) wärmt die Uralt-These auf, dass es sich
beim kanonischen Lk um eine redaktionell erweiterte Version des markioniüschen
Evangeliums handele (Eichhorn, Ritsehl, Baur). Die »lk Theologie des Gesetzes« (123;
bei Klinghardt kursiv), die in den mit antimarkionitischer Tendenz eingefügten Texten
des Doppelwerkes zu greifen sei, ziele freilich nicht »auf eine bestimmte Gesetzesob
servanz« - »vielmehr soll die Identität des Christentums in die Kontinuität der Verhei
ßungsgeschichte Israels gestellt« werden (127), was immer das konkret bedeuten mag.
— M. Konradt (»Die vollkommene Erfüllung der Tora und der Konflikt mit den Pharisä
ern im Matthäusevangelium«, 129-152) gelangt nach gründlicher Auseinandersetzung

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73 (2008) Festschriften %um Neuen Testament (I) 415

mit dem Vollkommenheitsgedanken zu dem Resultat, dass es »die durch Jesus ermög
lichte vollkommene Erfüllung des Willens Gottes« ist, die die matthäische Gemeinde
»gegenüber der pharisäischen Variante jüdischen Lebens als die wahre Sachwalterin
des theologischen Erbes Israels auszeichnen soll« (152).

Wer sich einen Überblick über aktuelle Trends in der Erforschung speziell
des paulinischen Thoraverständnisses verschaffen will, wird mit dieser facet
tenreichen Sammlung bestens bedient. Aufgrund ihrer durchweg exquisiten
Qualität verdient sie das besondere Interesse der Fachwissenschaft und
sollte zu den Pflichtanschaffungen jeder Fachbibliothek gehören.

Die Festschrift für den englischen Gelehrten David R. Catchpole um


fasst 18 Beiträge - vorwiegend zu den Synoptikern, Johannes und Paulus.
Nach einer Zusammenstellung der wichtigsten Veröffentlichungen des Jubi
lars aus den Jahren 1970-2000 (XIX-XXI) eröffnet J.D.G. Dunn mit der
Frage »>Are You The Messiah?« Is The Crux of Mark 14:61-62 Resolva
ble?« (1-22) den Reigen der exegetischen Detailstudien. Dunn möchte Mk
14,55-64 im Kern für historisch halten. Da der Vorwurf gegen Jesus in V.
58 vor dem Hintergrund qumranischer Tempelvorstellungen erklärt werden
müsse, gelte dies auch für die Frage nach seiner Messianität. Der Blasphe
mie-Vorwurf gegen Jesus in V. 63 f. dürfe nicht, wie in der rabbinischen Aus
legung, auf das Aussprechen des Gottesnamens bezogen werden, sondern,
wie im Falle des Elischa ben Abujah, auf die Infragestellung der Einheit des
Gottes Israels. Mir erscheint diese apologetische Argumentation methodisch
sehr zeittypisch: Ganz unterschiedliches, jeweils sehr spezifisches Parallel
material soll den »historischen Wert« (22) einer Szene sichern; die Frage
nach der Wahrscheinlichkeit dieser Rekonstruktion entfällt damit ebenso wie
die nach der - in diesem Fall eminenten - theologischen Bedeutung des
Textes für die Konzeption des Mk.

Die beiden folgenden Artikel behandeln literar- und formgeschichtliche


Fragen. J.S. Kloppenborg Verbin (»Is There a New Paradigm«, 23—47) will
nicht ausschließen, dass die Farrer/Goulder-Hypothese zur Entstehung der
synoptischen Evangelien die Zwei-Quellen-Theorie ablösen könne - das
darf man wohl in Ruhe abwarten. B. Gerhardsson untersucht in »The Earthly
Jesus in the Synoptic Parables« (49-62) die Unterschiede zwischen den von
ihm so genannten »aphoristischen Meschalim« (Logien) und den »narrativen«
(Parabeln) ; in ersteren gebe Jesus Auskunft über sich und seine Ziele (54), in
den letzteren (besonders bei Mt und Mk) eher nicht. Die Fragen, die Ger
hardsson an diesen wenig spektakulären Befund anschließt, etwa die nach
dem unterschiedlichen Sitz im Leben beider Typen, laufen auf eine neuerü

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416 Jürgen Wehnert ThR

che Begründung der Formkritik hinaus und erscheinen daher merkwürdig


obsolet.

In »Resurrection in Q?« (85-97) zeigt N.T. Wright, dass die Quelle Q von
apokalyptischen Erwartungen geprägt sei (hierzu gehöre auch die Auferste
hung der Toten: Q 7,22). Die Frage, ob Q auch von Jesu eigener Auferste
hung spreche (92f.), sei vor diesem Hintergrund zu bejahen: Das »Jona-Zei
chen« (Q 11,29 f.) müsse in diesem Sinne interpretiert werden, da im folgen
den Logion 11,31 f. die Königin von Saba und die Leute von Ninive als Auf
erstandene erscheinen. Diese populäre allegorisierende Deutung von Q
11,29 f. im Sog von Mt 12,40 ist mit einiger Sicherheit verfehlt. Es geht hier
(wie in der Parallele Mk 8,11 f.) um die Abwehr von Schauwundern: Das
Zeichen des Jona ist seine Predigt - wie sich auch den zeitgenössischen
»Leben der Propheten« entnehmen lässt, wo dieses Zeichen explizit in Jonas
eschatologischer Predigt besteht.

M.D. Hooker geht in »Creative Conflict: The Torah and Christology« (117-136) der
Frage nach, inwieweit die christologische Deutung Jesu zum Disput zwischen Christen
und Juden über die Thora beigetragen hat, und veranschaulicht diese Problematik an
einschlägigen Texten der synoptischen Evangelien (mit einem Ausblick auf Joh). - Der
Form des Evangeliums widmet sich R.A. Burridge in »Gospel, Genre, Christological
Controversy and the Absence of Rabbinic Biography: Some Implications of the Bio
graphical Hypothesis« (137-156) und deutet sie vor dem Hintergrund des Fehlens
von Biographien rabbinischer Autoritäten als unmittelbaren Ausdruck christologi
schen Denkens: Die Zentralstellung Jesu, die der der Thora im Judentum entspreche
(s. W.D. Davies), habe literarische Anleihen an der griechischen Biographie erforder
lich gemacht.

Zwei Beiträge zu Joh behandeln im Kern dieselbe Thematik - der erste


eher unter synchronem, der zweite unter diachronem Aspekt: In »Christo
logy, Controversy and Community in the Gospel of John« (209-229) formu
liert M. de Jonge die These, dass die Christologie des vierten Evangeliums die
Identität der johanneischen Gemeinde sichern und sie zugleich von anderen
christlichen und jüdischen Gruppen abgrenzen sollte, da jede andere Deu
tung Jesu nach dem Selbstverständnis des Joh unangemessen oder sogar
falsch sei (222). - Nach J. Painter (»The Point of John's Christology: Christo
logy, Conflict and Community in John«, 231-252) habe die Entwicklung des
christologischen Denkens zum Konflikt mit dem Judentum und zur Entste
hung der johanneischen Gemeinde geführt. Die Schärfe dieses (in Jesu Aus
einandersetzungen mit den jüdischen Autoritäten wurzelnden) Konflikts
beruhe darauf, dass Joh zentrale jüdische Symbole verwende und christolo
gisch neu interpretiere: »in John Christology is the Christian transformation
of Jewish expectations« (250).

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73 (2008) Festschriften %um Neuen Testament (I) 417

Von den Paulus-Studien sind zu erwähnen E.E. Ellis'1 »Preformed Traditions and
Their Implications for Pauline Christology« (303-320), der u.a. zu den kühnen Resul
taten gelangt, dass die christliche Trinitätslehre bereits in vorpaulinischen Traditionen
wurzele und dass der jüdische »unitarian monotheism« wahrscheinlich »a development
in rabbinic Judaism, apparendy in reaction to Christianity« sei (319), sowie P. Borgens
kurze Studie »Openly Portrayed as Crucified: Some Observations on Gal 3:1-14«
(345-353). Borgen bezieht die in Gal 3,10.13 zitierten Verfluchungsworte Dtn 27,26;
21,23 auf die historische Verurteilung Jesu als Krimineller nach dem Gesetz, wodurch
deutlich werde, dass die, die ihn verurteilten, unter dem Fluch des Gesetzes standen.
Daher warne Paulus davor, sich auf die Seite des Gesetzes zu schlagen, sondern beim
Glauben zu bleiben, der außerhalb der fatalen »jurisdiction of the Law« stehe - ein
immerhin ansprechender Gedanke.

Stellen- und Personenregister (379-404) schließen die gewiss solide, aber


trotz ihrer Thesenfreudigkeit insgesamt wenig innovative Catchpole-Fest
schrift ab.

Die umfangreiche Festgabe für Josef Ernst enthält 22 deutschsprachige


Beiträge, überwiegend zum NT und seinen atl.-jüdischen Voraussetzungen.
»Tradition« fungiert als Leitbegriff des Bandes, dessen zentrale Teile mit
»Das Urchristentum und seine biblisch-jüdische Tradition« (sechs Aufsätze)
und »Traditionsprozesse in der neutestamentlichen Literatur« (zehn Beiträge)
überschrieben sind. Die von F. Mußner aufgeworfene Frage »Fiel Jesus von
Nazareth aus dem Rahmen des Judentums? Ein Beitrag zur >Jesusfrage< in
der neutestamentlichen Jesustradition« (35-55) lässt sich mit wenigen Zita
ten beantworten: Das »Un-Judentum« Jesu (40) spiegele sich u.a. in seiner
Sündenvergebungsvollmacht (Mk 2,1-12 - eine im Kern historische Episo
de) und dem prophetisch-messianischen Tempelwort Joh 2,19. Durch den
Anspruch, »er sei in der Tat der Messias« (51), fiel Jesus »aus dem Rahmen
des Judentums« mit der notwendigen Folge »der bis heute währenden Tren
nung der Kirche von Israel« (53). Nach solcher historischen Beweisführung
kommt Mußner zur Pointe seines merkwürdigen Beitrags (55): »Darf der
Exeget vom christologischen >vere Deus< absehen? M.E. nicht, auch wenn er
dann der dogmatischen Gebundenheit bezichtigt wird« - was er sich freilich
zu Recht gefallen lassen muss. Dass Jesus ausgerechnet durch sein propheti
sches und (unter allem Vorbehalt) messianisches Bewusstsein aus dem Ju
dentum »herausfallen« solle, glaube, wer will. Auch katholische Dogmatik,
die ihre Sache ernst nimmt, sollte auf solche exegetische Schützenhilfe ver
zichten.

Die folgenden Beiträge kreisen ebenfalls um die Israel-Thematik: Nach J. Eckert


(»Das letzte Wort des Apostels Paulus über Israel [Rom 11,25-32] - eine Korrektur
seiner bisherigen Verkündigung«, 57-84) sind die extrem divergierenden Israel-Aussa

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418 Jürgen Wehnert ThR

gen des Apostels (1 Thess 2,14ff.; Rom 11,25ff.) nicht als widersprüchlich zu bewer
ten: Sie spiegelten die Entdeckungen des Paulus bei seiner Suche nach »Gottes Fuß
spuren in seiner Geschichte mit Israel« (79) wider - also keinen Lernprozess des
Apostels, sondern »das von Anfang an überaus vielschichtige Israelproblem« (83). -
H. Frankemölle (»Die Tora Gottes für Israel, die Jünger Jesu und die Völker. Zu einem
Aspekt von Schrift und Tradition im Matthäusevangelium«, 85-118) findet auf die
Frage, ob »die Tora-Theologie des MtEv in Kontinuität zum Ersten Testament steht«
(87), eine bemerkenswert spitzfindige Antwort: »Nach dem mt Jesus haben die Jünger
nicht die Tora Israels zu übernehmen, sondern die Tora Jahwes« (100), rede doch Jesus
in der Bergpredigt nicht als neuer Mose, sondern »als Immanuel Gottes selbst« (98).
Ob Frankemölle mit seiner Unterscheidung zwischen den Begriffen »Tora Israels«
bzw. »Mose-Tora« (jüdisch) und »Tora Jahwes« bzw. »der Wille Gottes« (christlich), die
Mt selbst ganz fremd ist, den beabsichtigten Beitrag zum jüdisch-christlichen Dialog
leistet, möchte ich bezweifeln, zumal es abschließend richtig heißt: »Eine >neue Lehre<
verkündet Jesus Immanuel nicht.« (115) - »Das Gesetz im lukanischen Doppelwerk«
(119-133) entschärft H. Merkel-. Die widersprüchlichen Aussagen über die Dignität
des jüdischen Gesetzes in Lk/Apg seien durch die historische Darstellungsweise des
Verfassers bestimmt - die christliche Gegenwart des Lukas zeige »keine Spur von Ge
setzlichkeit« (129), die Hochschätzung des Gesetzes sei ohne soteriologische Bedeu
tung, sondern Reflex der »in der Alten Welt herrschendejn] Überzeugung, dass Treue
zu den von den Vätern ererbten Gesetzen und Bräuchen notwendig sei« (130). Das
lässt sich freilich nur behaupten, wenn man Bedeutung und Wirkungsgeschichte des
sog. Aposteldekrets, dessen Thora-Bestimmungen die Apg dreimal zitiert, herunter
spielt oder einen Satz wie Apg 21,20, wonach die in Jerusalem lebenden Myriaden von
Gläubigen als »Eiferer für das Gesetz« charakterisiert sind, ganz ignoriert.
Den von Luther hart gescholtenen Jak rehabilitiert K. Backhaus (»Condicio Jaco
baea. Jüdische Weisheitstradition und christliche Alltagsethik nach Jak 4,13-17«,
135-158) gründlichst: Die »christliche Originalität des Jak« liege »in der Stiftung eines
christlichen Sinnhorizonts, der die überkommene Ethik [nämlich u.a. der frühjüdi
schen Weisheit] stimuliert, disponiert, kritisiert und integriert« (156, bei Backhaus
kursiv). »Vom Kanonrand« rücke Jak so »in die >intertestamentarische< Mitte« und
werde »zu einem wichtigen Pfeiler der Brücke zwischen den beiden >Testamenten< und
damit auch zwischen den Religionen« (157).

A. Lindemann (»Die Schrift als Tradition. Beobachtungen zu den bibli


schen Zitaten im Ersten Korintherbrief«, 199-225) widmet sich dem erklä
rungsbedürftigen Befund, dass Paulus bei den überwiegend heidenchristli
chen Adressaten seiner Briefe eine umfassende Kenntnis der jüdischen
Schrifttradition voraussetzt. An Lindemanns Erklärung führt wohl kein Weg
vorbei: »Paulus selbst [hat] im Zuge der Heidenmission die jüdische Bibel als
die autoritative Tradition des Christentums eingeführt« (225). - Unter der
fälschlich antithetischen Überschrift »>Herrenspeise< - nicht >Herrenmahl«<
(227-242) weist J. Kremer nach, dass der in 1 Kor 11,20 verwendete Begriff
xugiaxôv SeÎTtvov sowohl den Aspekt des gemeinsamen Mahls als auch den der
dabei verzehrten Speise(n) einschließt (240 f.) — angesichts der Debatte um
den Laienkelch keine unwichtige Feststellung. - In »Der Galaterbrief: kein

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73 (2008) Festschriften %um Neuen Testament (I) 419

Brief an die Galater? Essay über den literarischen Charakter des letzten
großen Paulusbriefes« (243-258) will F. Vouga den spektakulären Nachweis
führen, dass Gal in Wahrheit nicht an die Galater, sondern als sein »Testa
ment« an »die Kirche der paulinischen Mission insgesamt« und »an das >Ju
denchristentum< in Jerusalem adressiert« worden sei, um »die Wahrheit des
paulinischen Evangeliums« angesichts des vom Apostel befürchteten Kon
flikts in Jerusalem zu belegen (250). Dass die im Gal vorausgesetzte Kon
fliktsituation vielleicht nur »fiktiv« (250. 258) und der emotionale Ton, den
Paulus anschlägt, Bestandteile einer literarischen Stilisierung zum »Testa
ment« sein sollen, ist kaum nachvollziehbar - Vougas These, die, an Rom
durchgespielt, ein Körnchen Wahrheit hätte, ist wohl nur eine Grille.
E.G. Vntergaßmair (»Zur Problematik der lukanischen Passionsgeschichte.
Jesus vor Herodes«, 273-292) führt die Szene Lk 23,6-12 gewiss zu Recht
auf Redaktion des Evangelisten zurück. - G. Schneider behandelt sehr diffe
renziert »Tradition, Kontinuität und Sukzession in der Sicht der Apostelge
schichte« (293-313). Das klare Ergebnis - es gehe dem »Acta-Verfasser um
die ungebrochene Traditionslinie von Jesus her, nicht um >Ämterstrukturen«<
(307) — steht freilich in gewisser Spannung zur Schlussbemerkung, dass in
der Apg »der Gedanke der Amts-Sukzession impliziert« sei (312 f.). - Von
den übrigen exegetischen Beiträgen seien erwähnt die schöne traditionsge
schichtliche Untersuchung von M. Theobald (»Gezogen von Gottes Liebe
(Joh 6,44f). Betrachtungen zur Überlieferung eines johanneischen xHerren
worts<«, 315-341) und A. Sands Studie »Briefe als interpretierende Begleit
schreiben« (373-383) zur ekklesiologischen Funktion der Sendschreiben in
der J ohannes-Apokalypse.
Eine detaillierte Bibliographie des Jubilars (von E. Niediker, 469-478)
sowie Stellen- und Autorenregister runden die z.T. in einer irritierenden
Grauzone zwischen historisch-kritischer Arbeit und katholischer Dogmatik
angesiedelte Ernst-Festschrift ab.

Die Albert Fuchs gewidmete Jubelgabe bestätigt Forschungspositionen


des Mainstreams mit teils größeren, teils kleineren Modifikationen. Solcher,
durchaus nicht negativ zu beurteilender, konservativer Geist prägt die meis
ten der 20 Aufsätze aus der Feder von ausschließlich männlichen, meist
deutschsprachigen Fachgelehrten. Eine Gliederung fehlt dem Band (ebenso
wie Stellen- und Autorenregister), statt dessen besitzt er eine konzentrische
Struktur, die - dem Lebenswerk des Jubilars folgend - Beiträge zu den syn
optischen Evangelien in den Mittelpunkt rücken, während Studien zum AT
(L. Rippert zu Abraham, F.D. Hubmann zu Dubletten in Jer) sowie zu allge

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420 Jürgen Wehneri ThR

meineren Fragen das Werk eröffnen und beschließen. Einige charakteristi


sche Beiträge seien genannt:
P. Dschulnigg (»Wann sind die Evangelien entstanden?«, 31-51) möchte
unter der Voraussetzung, dass Mk 13 aus der Zeit vor dem Jüdischen Krieg
stammt, die vier ntl. Evangelien etwa zehn Jahre früher datieren als allge
mein üblich. - F.W. Horn behandelt anhand von Lk 13,1-5 »Die politische
Umkehr in der Verkündigung Jesu« (53-70); Jesu Umkehrgedanke ziele
darauf, nicht den zelotischen Weg der Gewalt zu beschreiten, dessen Ende
»der Tod« sei (64). - C. Niemand greift in die Diskussion um »Jesu Abend
mahl« ein (81-122). Prämisse seiner »Versuche zur historischen Rekonstruk
tion und theologischen Deutung« ist, dass die »einprägsamen und im Kern
stabil tradierten Mahlgesten und Deuteworte« nicht »ohne Rückgriff auf his
torische Veranlassungen in einem letzten Mahl Jesu abzuleiten« seien (86).
Anschließend zeigt Niemand, dass mit solchen Ableitungen sehr wohl ge
rechnet werden muss, da »das authentische Kelchwort Jesu« nicht »in oder
hinter Mk 14,24 bzw. 1 Kor 11,25« zu finden sei (105), sondern im »Aus
blickswort« Mk 14,25 (112).

Es folgen etliche Detailstudien zu den synoptischen Evangelien: H.K. Nielsen (»Ist


der >faule< Knecht faul?«, 157-173) macht darauf aufmerksam, dass oxvrjgôç in Mt
25,26 nicht »faul« bedeutet, sondern »ängsdich« (= »von Furcht gelähmt«, 169). F.G.
Untergaßmair legt die Traditionsschichten in Mk 7,1-13 - vom »jesuanische[n] Urge
stein« bis zur markinischen Interpretation — frei (»Jesus und die jüdische Gesetzestra
dition im Lichte urchristlicher Interpretation«, 175-190). Einen eher unspektakulären
Beitrag zur Bestätigung der Messiasgeheimnis-Theorie liefert K Scholtissek, der die
»Lernprozesse der Jünger Jesu im Markusevangelium« analysiert (191-229). Angriffs
lustiger ist da J. Lambrechts Beitrag »Scandal and Salt« (223-234), der postuliert, dass
Mk 9,42-50 von Q abhängig sei. Ob sich das anhand von (mehrdeutigen) Beobach
tungen zu einer Einzelperikope zeigen lässt, darf man freilich bezweifeln (»the proba
tive value of the data is not absolute«, 231). - Dem lukanischen Doppelwerk sind drei
kleinere Beiträge gewidmet: M. Gourges beschreibt die proleptische Funktion von Lk
7,1-10 in Bezug auf die Korneliusepisode Apg 10,1-11,18 (259-270), F. Mußner gibt
eine knappe Auslegung des Menschensohn-Wortes Lk 18,8b (271-275), und S. Schrei
her liefert eine schöne Analyse der Zeitstrukturen in der Kreuzesszene Lk 23,39-43
(»Ein pragmatischer Versuch zum Etfahrungsproblem der Königsherrschaft Gottes«,
277-297).

Paulusstudien steuern U. Schnelle, K Hoppe (zu 1 Thess 2,1-12) und D.


Catchpole bei; Porträts der beiden Adressaten der Pastoralbriefe entwirft R.F.
Collins (»Timothy and Titus«, 367-381). Schnelle betont die zentrale Bedeu
tung der Damaskuserfahrung als »Ausgangspunkt der paulinischen Sinnbil
dung« (316), deren überwältigende Wirkung vor allem auf ihrer »Anschlußfä
higkeit« beruhe: Da die Theologie des Apostels an die »Jesus-Christus-Ge

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73 (2008) Festschriften %um Neuen Testament (I) 421

schichte«, an das früheste Christentum, das AT usw. anknüpft, konnte es ihm


gelingen, »seine religiösen Erfahrungen [...] in ein vielschichtiges theologi
sches Denksystem zu übertragen und unter neuen historischen Anforderun
gen weiter auszudifferenzieren« (317). Catchpole (»Q's Thesis and Paul's An
tithesis«, 347-366) spitzt den schwierigen Vers 2 Kor 5,16 auf den christolo
gischen Gegensatz zu, der zwischen Paulus und solchen Christen bestanden
habe, die ihm vorwarfen, »the essential Jewishness of Jesus« nicht hinrei
chend ernst zu nehmen (364) - ein origineller, historisch durchaus überzeu
gender Vorschlag.
W. Pratscher schließlich entwirft »Grundlinien der Begründung der Ethik
im Neuen Testament« (383-401). Sein knapper Überblick zeigt, dass die
Paränese der nd. Schriften mit ihrer präsentischen bzw. futurischen Eschato
logie korreliert: Motiviere hier die »Freude des Partizipierens am Eschaton«
zu ethischem Handeln, so tue es dort die »Warnung vor dem Gericht« (398).
Die mit einer Liste der Publikationen des Jubilars (419-422) schließende
Sammlung ist ebenso sympathisch wie unspektakulär - wer entspannenden,
behutsam anregenden wissenschaftlichen Lesestoff sucht, wird hier bestens
bedient.

Die optisch wie inhaltlich höchst solide Festschrift für Erich Grässer
bestreiten 26 deutschsprachige Autoren. Obwohl die Beiträge, wenig phanta
sievoll, nach dem Alphabet der Verfassernamen geordnet sind, lassen sich
thematische Schwerpunkte erkennen, die sich weithin mit den im »Vorwort«
der Herausgeber (V-VIII) beschriebenen Forschungsinteressen des Jubilars
decken: Eschatologie, Hebräerbrief, Hermeneutik (»Theologie der Schöp
fung«) sowie, als Spezifikum, Albert Schweitzer. Die Besprechung orientiert
sich an diesen vier Bereichen.

Den Reigen von Studien zur ntl. Eschatologie eröffnet J. Beckers »Endzeit
liche Völkermission und antiochenische Christologie« (1-21). Nach einer
Skizze aktueller Problemstellungen in der Erforschung des vorpaulinischen
Christentums rekonstruiert Becker Grundzüge des christologischen Den
kens der antiochenischen Gemeinde, die durch ihre Christusverkündigung
unter Nichtjuden die entscheidende Weichenstellung in der Entwicklung des
frühen Christentums vollzogen habe. - Die Eschatologie der Synoptiker
stößt auf breites Interesse: G. Klein (»Eschatologie und Schöpfung bei
Lukas«, 145-154) entdeckt in den Doxologien Lk 2,14 und 19,38 die Pfeiler
einer »kosmischen Liturgie«, die einen »das Evangelium überspannenden
Verweisungszusammenhang« (145 f.) konstituieren. Gegen »militante jüdi
sche Messianologie« lasse Lk einen »grandiosefn] Doppelchor von Engeln
und Menschen« antreten, der einen durch das Kommen des Erlösers ermög

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422 Jürgen Wehnert ThR

lichten »Friedensschluß von kosmischer Weite« proklamiere (152). M. Wolter


behandelt »Israels Zukunft und die Parusieverzögerung bei Lukas«
(403-426) mit der ansprechenden Pointe, dass für Lk »die nach Gottes Plan
durch die Verzögerung der Parusie eröffnete Verkündigungsgeschichte« zur
Krise Israels, nämlich zur »Universalisierung des Gottesvolkes«, geführt habe
(423). - J. Roloffs Beitrag zur Eschatologie des Mt (»Das Reich des Men
schensohnes«, 275-292) gelangt zu dem gewiss nicht ohne Widerspruch
bleibenden Resultat, »daß Matthäus zwischen der ßaaiXeta der Himmel und
dem in der Auferstehung angebrochenen, bis zur Parusie reichenden Reich
des Menschensohnes unterscheidet!« (291). - »Hinweise zur Eschatologie
und Schöpfungslehre des Markus« gibt J. Schreiber in »Die Sonne im Markus
evangelium« (355-374). Die »Ostersonne« in 16,2 sei »eine Spezialität des
Markus« von ambivalenter Symbolkraft (»Zeichen des Sieges« und »Beleuch
tung einer Niederlage«, 360) ; dass sich dahinter »die Sonne der Gerechtigkeit
von Mal 3,20« verberge (372), legt wohl zu viel in die markinische Datierung
der Grabesgeschichte hinein.
Der paulinischen Eschatologie in 1 Kor 15 widmen sich aus unterschiedli
cher Perspektive A. Undemann (»Die Auferstehung der Toten«, 155-167),
der die spezifische Adam-Christus-Typologie dieses Kapitels untersucht, und
W. Schräge (342-354), der den alten Streit, ob Paulus die Vorstellung eines
messianischen Zwischenreiches verficht, von neuem (und zwar zustimmend)
aufrollt. Zum viel diskutierten paulinischen Paralleltext 1 Thess 4 liefert 0.
Merk einen instruktiven Bericht über die jüngste Forschung seit 1975
(213-230). - Unbedingt lesenswert ist H. Merkleins Beitrag »Im Spannungs
feld von Protologie und Eschatologie. Zur kurzen Geschichte der aktiven
Beteiligung von Frauen in paulinischen Gemeinden« (231-259) mit dezent
hoffnungsvollen Ausblicken auf die heutige Situation von Frauen in der (ka
tholischen) Kirche.

Studien zum Hebr steuern H. Lohr, W. Schmithals und H. Schröer bei. Lohr unter
nimmt eine Verhältnisbestimmung von »Anthropologie und Eschatologie im Hebräer
brief« (169-199): »Das Nichtaufgehen im Vorfindlichen, die überweltliche Dimension
menschlicher Existenz, ihre Hoffnung und Verantwortlichkeit« bestimmten die »Ge
genwartssituation der Adressaten« im Schnittpunkt beider Kategorien (195). Schmithals
(321-342) identifiziert die Empfänger des Hebr als ehemalige Heiden und Gottes
fürchtige, die »Mitglieder der >judenchristlichen< Gemeinde« wurden, sich aber nun,
»des Schutzes der religio licita« beraubt, zur Synagoge zurückwandten. Hebr wolle des
halb »die bedrängten Christen zu erneuter Standhaftigkeit ermutigen« (242). Schröer
macht deutlich, welch erhebliches Potential Hebr für alle Felder kirchlichen Handelns
besitzt (»Die Exegese des Hebräerbriefs als Herausforderung für die Praktische Theo
logie«, 375-385).

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73 (2008) Festschriften %um Neuen Testament (1) 423

Schöpfungstheologische Fragestellungen behandeln aus biblischer Perspektive M.


Evang (»»Jedes menschliche Geschöpf: und »treuer Schöpfer*. Schöpfungstheologische
Aspekte in 1. Petr 2,13; 4,19«, 53-67), F. Hahn (»Die Schöpfungsthematik in der Jo
hannesoffenbarung«, 85-94) und K. Kertelge (»»Neue Schöpfung* - Grund und Maß
stab apostolischen Handelns (2. Kor 5,17)«, 139-144).
Beiträge zum systematisch-theologischen Gespräch steuern M. Honecker (»Die Krise
der Städte und die Stadt Gottes«, 109-122), G. Hornig (zu Gadamers und Stuhlma
chers »Hermeneutik des Einverständnisses«, 123-138) und E. Wülfel bei (»Ethik im
Kontext eines evolutionären Weltbildes«, 387-403).

Besonderes Kolorit erhält der Band durch mehrere Studien zu Albert

Schweitzer, um dessen Erbe sich der Jubilar besonders verdient gemacht hat.
A. Bultmann-Lemke behandelt, vor allem mittels sprechender Zitate, »Albert
Schweitzers Ethik und die Menschenrechte« (47-51), C. Günter »Das »ele
mentare Denken* als Schnittpunkt von Philosophie und Religion bei Albert
Schweitzer« unter dem treffenden Obertitel »Denkende Frömmigkeit und
frommes Denken« (69-84). Von speziellem ntl. Interesse ist W. Zagers Bei
trag über Schweitzers Interpretation des Gal (427-448). Zager führt in die
Straßburger Gal-Vorlesung (Sommersemester 1906) des Gelehrten ein und
zeigt eindrucksvoll, dass Schweitzers exegetische Urteile (zur Lokalisierung
der galatischen Gemeinden, zum Verhältnis zwischen Gal 2 und Apg 15
sowie zur Mitte der paulinischen Theologie, die er als das »Sein-in-Christus«
bestimmt) nach wie vor Impulse für die Paulus- und Actaforschung geben
können.

Dass der profunden, Forschung wie Leselust fördernden Gräßer-Fest


schrift weder Stellen- noch Autorenregister beigegeben sind, ist ein erstaunli
cher Mangel. Eine Sammlung dieses Kalibers wird freilich auch ohne solche
Hilfsmittel das theologische Gespräch über die ntl. Disziplin hinaus anregen
und sollte daher zu den Festbestellungen jeder Fachbibliothek gehören.

Die solide Festgabe für den Gräzisten G.F. Hawthorne eröffnet eine
Einführung in das Lebenswerk des Jubilars von seinen Schülern A.M.
Donaldson und T.B. Sailors (1—8). Ihr schließen sich zwölf methodisch
und thematisch vielfältige Beiträge an, die den Bereichen »Greek and Exeg
esis«, »Gospels and Acts« sowie »Epistles« zugeordnet sind.
Von den drei Aufsätzen des ersten Teils verdienen zunächst DA. Aunes
»Lexical Glosses and Definitions of Öspaneucj« (11-21) Beachtung. Nach
Aunes Untersuchungen bezeichnet das Verb bei den Synoptikern und in der
Apg die spontane physische Wiederherstellung eines Kranken, und zwar - in
kritischer Korrektur der Arbeit von L. Wells (»The Greek Language of Hea
ling from Homer to New Testament Times«, 1998) - ohne jeden metaphori

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424 Jürgen Webnert ThR

sehen Nebensinn. Ebenso anregend ist D.L Penneys »Finding the Devil in the
Details: Onomastic Exegesis and the Naming of Evil in the World of the
New Testament« (37—52): Hier wird auf scharfsinnige Weise untersucht,
welche Termini für Böses aus welchen Gründen in der Zeit des Zweiten

Tempels zu Bezeichnungen für satanische Mächte geworden sind.


Fünf Beiträge beschäftigen sich mit Evangelien und Apg. J.K Levinsons
forschungsgeschichtlich orientierter Beitrag »The Spirit in Gospels : Breaking
the Impasse of Early-Twentieth-Century German Scholarship« (55-76) ge
langt, vor allem unter Hinweis auf Pseudo-Philo, in der alten Kontroverse
über den griechisch-römischen oder atl.-jüdischen Hintergrund der früh
christlichen Pneumatologie zu einer bedenkenswerten vermittelnden Positi
on. Detaillierte Studien zu Einzelproblemen folgen: B.D. Ehrman (»A Leper
in the Hands of Angry Jesus«, 77-98) möchte in Mk 1,41 mit den »westli
chen« Zeugen ogy'crôs'Ç (statt a7tXay^v;a0£!ç) lesen und schmiedet aus dieser
Hypothese eine seltsam historisierende Auslegung des Heilungswunders Mk
1,39-45. — »Liar Liar and >This Woman< in John 7:1-8:59« (99-119) von
J.L. Staley zeigt, dass Exegeten auch glänzende Erzähler sein können: Staley
verbindet eine eindrucksvolle rhetorische Analyse von Joh 7 f. mit intertextu
ellen Beobachtungen, zu denen ihn Tom Shadyacs (ganz unbedeutender)
Film »Liar Liar« (1997) inspiriert hat. - W.J. Larkin Jr. und B.W. Longenecker
widmen sich der Apg: Während ersterer den für Lukas charakteristischen
Verbindungen zwischen Pneumatologie und Christologie nachspürt (»The
Spirit and Jesus >on Mission< in the Postresurrection and Postascension
Stages of Salvation History«, 121-139), bestimmt letzterer die Eigenart der
Apg (auch gegenüber Lk) unter einem ethischen Aspekt (»Moral Character
and Divine Generosity: Acts 13:13-52 and the Narrative Dynamics of
Luke-Acts«, 141-164): Während die nicht-christlichen Juden dahin tendier
ten, die Reichtümer ihrer traditionellen Frömmigkeitspraxis angesichts der
christlichen Missionserfolge »zu horten«, und folglich ihren Platz innerhalb
der väterlichen Religion aufgäben, bewahre, so Lukas, die christliche Bewe
gung dieses Erbe »as a force for the betterment of society« (164) - eine ak
zeptable These.

Drei der vier Studien zu den ntl. Briefen sind dem vom Jubilar kommentierten Phil
gewidmet. S.E. Fowl (»Philippians 1:28b, One More Time«, 167-179) möchte in
diesem kontrovers interpretierten Vers das Wort anopsia nicht, wie üblich, auf die
Gegner der Christen, sondern auf diese selbst beziehen, so dass sich der pauünische
Satz martyrologisch deuten lasse. - G. W. Hansen untersucht die sozialen Beziehungen
der Christen in Philippi (»Transformation of Relationships«, 181-204), während F.S.
Thielman die Gründe zusammenstellt, die für Ephesus als Abfassungsort des Phil spre
chen (»Ephesus and the Literary Setting of Philippians«, 205-223). - Der letzte Bei

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73 (2008) Festschriften %um Neuen Testament (I) 425

trag analysiert die Semantik des Wortes àïïEiQoccnoç in Jak 1,13 (P.H. Davids, 225-240)
- es verweise auf Gottes Freiheit gegenüber dem menschlichen Trachten nach Bösem.

Den soliden, von hohem Respekt gegenüber dem Jubilar geprägten Band
beschließen eine Bibliographie Hawthornes (241 -244) sowie Autoren- und
Stellenregister.
Ausgedehnt wie die wissenschaftlichen Interessen Antonius Hilhorsts
ist das Spektrum der ihm gewidmeten »Studies in Ancient Cultural Interac
tion«. Die 23 nach dem Alphabet der Verfassernamen angeordneten Beiträge
behandeln, nicht selten mit originellen Querverbindungen, jüdische und
christliche, biblische und nachbiblische, antike und mittelalterliche Texte; ein
(kaum überraschender) Schwerpunkt auf der apokryphen Literatur ist unver
kennbar.

Die Fülle des Gebotenen kann hier nur angedeutet werden: Sie reicht von traditi
onsgeschichtlichen Studien (7. C^aches^: »The Eagle on the Tree : A Homeric Motif in
Jewish and Christian Literature«, 87-99) über Arbeiten zu Qumran (u.a. F.G. Mar
tineç »Greek Loanwords in the Copper Scroll«, 119-145), zur Septuaginta (A. van der
Kooij: »The Interpretation of Metaphorical Language: A Characteristic of LXX-Isaiah«,
179-185), zum rabbinischen Schrifttum (G. Stemberger: »»Moses received Torah ...< (m.
Avot 1:1): Rabbinic Conceptions of Revelation«, 285-299) und zur nachbiblischen Li
teratur (u.a. MA. Knibb: »The Use of Scripture in 1 Enoch 17-19«, 165-178; G.P.
Luttikhuui^en : »The Critical Rewriting of Genesis in the Gnostic Apocryphon of John«,
187-200) bis zur Behandlung von Kirchenväter- und mittelalterlicher Literatur
(G.J.M. Bartelink-. Dlllitteratus in Early Christian and Medieval Texts: Church and Illi
teracy«, 1-12;/ Tromp: »Origen on the Assumption of Moses«, 323-240).

Zu den Beiträgen mit ntl. Akzent zählt A.A.R. Bastiaensens auslegungsge


schichtliche Studie »>He must Grow, I must Diminish/ (John 3:30): Augusti
ne of Hippo Preaching on John the Baptist« (13-26). Bastiaensen arbeitet
die typischen Elemente der Augustin-Exegese von Joh 3,30 heraus, die um
Geburt und Martyrium der beiden Subjekte kreisen: Die Textopposition von
»wachsen« und »abnehmen« wird einerseits auf die angeblichen Geburtsda
ten des Täufers und Jesu bezogen (das eine stehe für die Abnahme, das
andere für die Zunahme des Tageslichts), andererseits auf ihren unterschied
lichen Tod (der eine wird durch Enthauptung herabgesetzt, der andere durch
die Kreuzigung erhöht) - ein anschauliches Beispiel dafür, wie kreativ die
Alte Kirche das semantische Potential des biblischen Textes allegorisch aus
zuschöpfen verstand. - In »>Never Repay Evil with Evilc Ethnical Interac
tion between the Joseph Story, the Novel Joseph and Aseneth, the New Testa
ment and the Apocryphal Acts« (41-53) untersucht J. Bolyki den Ursprung
dieser ethischen Norm, die sowohl im (jüdischen oder christlichen?) Roman
JosAs als auch in den ntl. Briefen (u.a. Rom 12,17; 1 Petr 3,9) begegnet. Zu

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426 Jürgen Wehnert ThR

erklären sei dieser Befund am ehesten durch die Annahme einer unabhängi
gen Benutzung der ati. Weiheitsliteratur (insbesondere Prov 20,22; Gen
50,20), was Bolyki durch (eher vage) Beobachtungen zum Sitz im Leben der
Regel erhärten möchte. - ].]. Collins' Studie »Life after Death in Pseudo-Pho
cylides« (75-86) verdient verständlicherweise auch das Interesse der ntl.
Forschung. Collins untersucht erneut Anthropologie und Eschatologie dieser
hellenistisch-jüdischen Dichtung wohl des 1. Jh.s n.Chr. und gelangt zu dem
Resultat, dass der Verfasser volkstümliche Vorstellungen unterschiedlicher
Herkunft zu einem einigermaßen kohärenten Amalgam verschmelze: »After
death, the physical body returns to the earth, the soul goes to Hades, and the
spirit returns to the air, to God.« (85) Auf dieser Basis könne er sowohl den
Glauben an die Unsterblichkeit der Seele teilen (weil der Hades nicht das
Ende bedeutet) als auch die vorsichtige Hoffnung einer körperlichen Aufer
stehung aus der Erde, die ihm aus jüdischer Tradition bekannt sei.
E. Noorts vorzügliche Studie »BsOaßaga to toû àyîou ' Iioâvvou toû
Ba7iT!a|i.aioç. Remarks about Storied Places at the Jordan, John the Baptist
and the Madaba Mosaic Map« (221-241) verbindet archäologischen Spür
mit exegetischem Scharfsinn. Noort zeigt durch Auswertung der verfügba
ren Quellen, dass hinsichtlich der angenommenen Wirkungsstätte des Täu
fers seit dem 6. Jh. eine Verschiebung vom Ost- zum Westufer des Jordan
stattgefunden hat. Damit einhergegangen sei eine theologische Umakzentu
ierung der Person des Johannes — vom Elia redivivus zum göttlichen Instru
ment der Taufe Jesu.

Von einigem forschungsgeschichtlichem Interesse ist schließlich M.L. van Poll-van de


Lisdonks Miszelle »Erasmus' Note on Gal 4:25: The Connection between Mount Sinai

and Jerusalem« (255-262) über die NT-Ausgabe von 1535. Die Autorin führt darin
den Nachweis, dass sich Erasmus in den Anmerkungen zu Gal 4,25, speziell zum
schwierigen Verb auatot^siv (= »[typologisch] entsprechen«), Auskünften des spani
schen Theologen Johannes Genesius Sepulvedas bedient hat, ohne seine Quelle offen
zulegen.

Eine Hilhorst-Bibliographie (359-370) und ein umfangreiches Schriftstel


lenregister beschließen den Band; dass seine breite Themenpalette eine
ebenso breite Leserschaft findet, kann der Rezensent nur wünschen.

Mit rund tausend Seiten ist der edle Leinenband für Otfried Hofius der
mit Abstand voluminöseste, der in dieser Besprechung vorzustellen ist.
Solche Quantität - 32 Beiträge, die den vier Abteilungen »Erkenntnis und
Gewissheit«, »Diskussion um die Mitte«, »Exegetische Perspektiven« und
»Wirkungen des Evangeliums« zugeordnet sind - macht es dem Rezensenten

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73 (2008) Festschriften %um Neuen Testament (I) 427

schwer, die Fülle des Dargebotenen in notwendiger Kürze zu vermitteln


(denkbare Umfangssteigerungen bei künftigen Ehrengaben für den Jubilar,
die ihm zu wünschen sind, sind da kein Trost).

Dass der Band ein durchgängiges systematisch-theologisches Profil besitzt, machen


bereits die fünf Beiträge der ersten Abteilung von E. Herms, E. Junge/, H.M. Müller, M.
Weinreich und M. Welker deutlich, die sich um zentrale Aspekte lutherischer Schrifther
meneutik bemühen - exemplarisch ist hier Jüngels Studie zu Luthers »Verständnis des
Verstehens« (»... unum aliquid assecutus, omnia assecutus ...«, 73-99).
Um die Hermeneutik der biblischen Schriften im engeren Sinn bemühen sich die
sechs Beiträge der zweiten Abteilung. Die alte Debatte um die »Mitte der Schrift« wird
von drei Autoren weitergeführt, die darin konvergieren, diese Mitte in einem »Außer
halb« zu verorten. I.U. Dalferths paradoxer Titel »Die Mitte ist außen« (173-198) be
zieht sich auf »die Gegenwart Gottes«, auf die »der Gebrauch der Schrift verweist und
ausgerichtet ist« (194). H.-J. Hermisson entdeckt in seinem in der Tat »unzeitgemäße[n]
Votum« - so der Untertitel - »Jesus Christus als externe Mitte des Alten Testaments«
(199-233), wobei er zwischen AT und hebräischer Bibel unterscheiden möchte. H.
Weder (»Die Externität der Mitte«, 291-320) unterstreicht die Bedeutung einer durch
die Widersprüchlichkeit der biblischen Schriften geforderten »Sachkritik«, die nicht zur
»Distanzierung vom Text« führe, sondern zu einer echten Begegnung mit der »Sache«
des Textes, welche dem Ausleger die »Angewiesenheit auf die externe Wahrheit« (317)
erschließe.

Die 16 exegetischen Beiträge des Bandes - Schwerpunkte sind Paulus und


Mt - können nur in Auswahl vorgestellt werden. C. Burchard (»Glaubensge
rechtigkeit als Weisung der Tora bei Paulus«, 341-362) entwickelt vor dem
Hintergrund von Gal 3,10-12; Rom 3,27-31; 10,4 den ansprechenden Ge
danken, dass nach paulinischem Verständnis die Thora Gerechtigkeit aus
Glauben an Christus nicht nur bezeuge, sondern sogar fordere; wichtiges
Argument für diese These ist naturgemäß die téXoç vofiou-Aussage in Rom
10,4 (dazu auch F. Lang: »Erwägungen zu Gesetz und Verheißung in Römer
10,4-13«, 579-602). - J.M. Gundry-Volf (»Christ and Gender«, 439-477)
bietet eine scharfsinnige Auslegung von Gal 3,28. Danach gehe es in der
Formulierung »hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in
Jesus Christus« nicht um eine Aufhebung der Geschlechterunterschiede. Die
Einheit, von der Paulus mit Blick auf die differenzierten Körper spreche, be
stehe in der gemeinsamen Gefangenschaft unter der Sünde und dem daraus
rettenden gemeinsamen Glauben an Jesus Christus - dass letzterer soziale
Konsequenzen einschließt, auch in Hinblick auf die Geschlechter, wird leider
nur angedeutet. — M. Hertgel bejaht die Frage: »Präexistenz bei Paulus?«
(479-518) aufgrund einer Analyse des Christusliedes Phil 2,6-8, das der
Apostel selbst gedichtet habe (486). Es setze eine »Offenbarungs- und
Handlungsgemeinschaft« zwischen Vater und Sohn voraus (490), die von

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428 Jürgen Wehnert ThR

Anfang an bestanden hat, wie u.a. die Gleichsetzung des (Horeb-)Felsens mit
dem präexistenten Christus in 1 Kor 10,2-4 belege (499). Der Präexistenz
gedanke gehe als »Folge der Auferstehungserscheinungen« auf das älteste
Christentum zurück, da die Identifikation Christi mit dem Kyrios des AT bei
Paulus und seinen Gemeinden »ohne weitere Begründung [...] längst voraus
gesetzt wird« (517). Hengeis generalisierende Schlussfolgerung: »Die Vor
stellung einer bloßen adoptianischen Christologie war schon in der Urge
meinde vor Paulus kaum mehr möglich« (ebd.), erscheint mir angesichts der
sehr unterschiedlichen Textbefunde in der frühchristlichen Literatur überzo

gen (vom idealistischen Konzept »der Urgemeinde« einmal ganz abgesehen).


- C. Landmesser (»Der paulinische Imperativ als christologisches Performativ.
Eine begründete These von Glaube und Leben im Anschluß an Phil
1,27-2,18«, 543-577) versucht sich an einer neuen Verhältnisbestimmung
von Indikativ und Imperativ: Da für Paulus »das Heilshandeln Gottes keiner
Ergänzung« durch menschliche Anstrengungen bedürfe (547), handele es
sich bei den »grammatischen Imperativefn]« seiner Evangeliumspredigt de
facto um »christologische Performative«, die darauf abzielten, »den Glauben
bei den Angesprochenen zu bewirken und die Konkretionen des Glaubens
im Leben der Glaubenden zu verankern, wobei beides uneingeschränkt
Gabe Gottes ist« (577). »Ethik« wäre demnach eine Art Veranschaulichung
des vorgängigen Heilshandelns Gottes im Lebensalltag der Glaubenden
ohne eigene soteriologische Bedeutung. Angesichts von Rom 14,10; 2 Kor
5,10 oder dem in 1 Kor 5,1-5 geschilderten Fall scheint mir das auf eine
Verharmlosung der paulinischen Ethik hinauszulaufen, die durch das Mode
wort des »Performativs« nur kaschiert wird.

Die Mt-Studien von H.-J. Eckstein (»Die Weisung Jesu Christi und die Tora
des Mose nach dem Matthäusevangelium«, 379-403) und D. Scbellong
(»Christus fidus interpres Legis. Zur Auslegung von Mt 5,17-20«, 659-687)
gelangen zu ähnlichen Resultaten. Bei Eckstein überragt Christus als Offen
barer des götdichen Willens jede Thora, so dass in der matthäischen Ge
meinde »entscheidende [...] Teile der schriftlichen Tora« für ungültig erklärt
werden können (400). Enger am Text von Mt 5,17-20 bleibt Schellong, der
die »geringsten Gebote« (Mt 5,19) auf die ethischen Weisungen zugunsten
der Gering-Geachteten beziehen möchte (675 f.) und auf diesem bedenkli
chen Weg zum Fazit gelangt, dass »die Zeremonialgebote in der Bergpredigt
nicht vorkommen« (683). - Unter dem Titel »Der Gehorsam des Gottessoh
nes« behandelt T. Söding fast monographisch die »Christologie der matthä
ischen Versuchungserzählung (4,1-11)« (711-750), die, exemplarisch für
das gesamte Mt, im Nebeneinander von Hoheit und Niedrigkeit sowie »es
sentieller« Gottes- und Menschenzugehörigkeit Jesu bestehe.

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73 (2008) Festschriften %um Neuen Testament fl) 429

Von den übrigen exegetischen Beiträgen seien H. Lichtenbergers traditionsgeschichtli


che »Überlegungen zum Verständnis der Johannes-Apokalyse« (603-618) und D. Sän
gers Beitrag »Kultisches Amt und priesterliche Gemeinde. Neutestamentliche Erwä
gungen zum Priestertum aller Gläubigen« (619-657) mit dem Fazit, dass dem NT »ein
kultisch-sakral gefüllter Amtsbegriff fremd« sei (649), zumindest erwähnt.
Den Band beschließen fünf Beiträge systematischer, praktisch-theologischer und
kirchengeschichtlicher Provenienz von 0. Bayer, G. Hennig, U. Köpf, C. Markschies und
KE. Niphow sowie detaillierte Stellen- und Namensregister.

Wer die materialreiche, dogmatisch fundierte oder sogar gelenkte, von


jedem Zeitgeist fernzuhalten sich bemühende (Tübinger) Art mag, (Bibli
sche) Theologie zu betreiben, wird diesen Band mit großem Genuss lesen -
anderen wird es eher schwer fallen, hier Orientierung für die eigene exegeti
sche Arbeit zu finden.

Als Nachtrag zur letzten Sammelbesprechung ist die bereits 1988 erschie
nene Festschrift für den US-amerikanischen Gelehrten Howard C. Kee an

zuzeigen. Da deren 19 Beiträge (zu den Bereichen »Ancient Israel, Christia


nity, and Judaism«, »Paul« sowie »Jesus and the Gospels«) längst ihre Wir
kung entfaltet haben, mag es genügen, den Band kurz Revue passieren zu
lassen, um die Erinnerung an diese wichtige Textsammlung wachzuhalten.

Aus der nd. Fachdiskussion nicht mehr wegzudenken sind u.a. die Beiträge von 5.
Freyne (»Bandits in Galilee«, 50-68), der sich hinsichtlich eines sozial-revolutionär ge
summten Bevölkerungspotentials im Galiläa des 1. Jh.s n.Chr. sehr zurückhaltend
äußert, von S. Saldarini zu dem von Mk entworfenen Pharisäerbild (69-77: »a politi
cal-interest group that is out of power«, 74) oder von G. Uidemann, der eine Kostpro
be seines viel beachteten Acta-Kommentars vorlegt (109-125). - Aus dem Paulus-Teil
des Bandes seien erwähnt: R. JewettsThese, dass Paulus Lebensunterhalt und Reisekos
ten durch Zuwendungen seiner Patronin Phoebe (Rom 16,1 f.) bestreiten konnte
(142-161),/.P. Sampleys Studie über die von Paulus im Dienste des Evangeliums in 2
Kor 10-13 eingesetzten rhetorischen Mittel (162-177) sowie H. Räisänens Analyse
der geradezu verzweifelten Argumentationsgänge des Apostels in Rom 9-11
(178-206). - Aus dem abschließenden Teil seien herausgegriffen J. Riches' Vorschlag
zu einer Neubestimmung der Semantik von Jesu Gleichnissen (235-263: »Jesus at
tempted to express what the coming kingdom would be like, what kind of society it
would involve, and how such developments were consistent with God's nature and
actions as so far as revealed to Jews«, 236), f.D.G. Dunns gründliche Studie über »Pha
risees, Sinners, and Jesus« (264-289) sowie H. Andersons Untersuchung zu den unter
schiedlichen Akzenten, die die vier Evangelisten bei ihrer Begründung der Autorität
Jesu setzen (290-310).

Der anregende Band bedarf keiner besonderen Empfehlung mehr, er


gehört längst zum Inventar der Fachbibliotheken - wo nicht, sollte diese
Lücke zügig geschlossen werden.

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430 Jürgen Wehnert ThR

Ein Unikum innerhalb dieser Sammelbesprechung ist die Festschrift zum


100. Geburtstag von Otto Kuss, dem 1981 verstorbenen katholischen Or
dinarius für NT in Paderborn und München. Hervorgegangen ist sie aus den
Beiträgen eines Symposions, das 2005 zu Ehren des Gelehrten stattfand. Der
Entstehungsgeschichte des Bandes entspricht sein besonderer Charakter als
anrührende Sammlung persönlicher Erinnerungen an einen bedeutenden
Gelehrten einerseits und als Bestandaufnahme eines theologischen Lebens
werks und seiner (begrenzten) Impulse andererseits.
Die teils bebilderten biographischen Beiträge, die den Band rahmen (u.a.
W. bracht-, »Erinnerungen an Person und Werk von Otto Kuss«, 10-39; J.
Ernst: »Gedanken über Otto Kuss, den Hundertjährigen«, 259-267), ent
werfen das Bild eines scharfsinnigen, originellen Wissenschafders, aber auch
das eines schwierigen, oft einsamen und weltfremden Menschen (»Was ist für
Sie das größte Unglück? Unnötiger und dazu unangemeldeter Besuch«, 268).
Neben den Reminiszenzen, die Freunden der Gelehrtenbiographie Entzü
cken bereiten werden, treten die wissenschaftlichen Beiträge etwas in den
Hintergrund. Sie sichten zum einen das Werk und die Gedankenwelt des Ge
ehrten und versuchen zum anderen, an seine Forschungsarbeit in kritischer
Sympathie anzuknüpfen.
Zu den Aufsätzen der ersten Kategorie zählt E. Lohses souveräner Bericht
»Otto Kuss als Ausleger des Römerbriefs« (40-56), der die Problematik von
Kuss' Auslegung der Kapitel Rom 9-11 im Spannungsfeld zwischen histori
scher Kritik und dogmatischer Theologie deutlich herausstellt. J. Eckert
(»Christentum - Judentum«, 70-86) beantwortet die Frage »Antisemitismus
bei Otto Kuss?« mit ungeschönten Hinweisen auf den Antijudaismus des
Geehrten, der nicht bereit war, das AT »als eine eigenständige theologische
Größe zu akzeptieren« (84). K. Backhaus schließlich porträtiert »Otto Kuss
als Ausleger des Hebräerbriefs« unter dem Titel »Zermürbung und Zuver
sicht« (235-256), der ebenfalls auf das Problem exegetischer Arbeit unter
dem Primat katholischer Dogmatik anspielt: Kuss' minutiöser Hebr-Kom
mentar blieb genauso unvollendet wie der zum Rom.
Die exegetischen Studien des Bandes gelten, mehr oder weniger intensiv
an Kuss anknüpfend, den paulinischen Briefen. Um den 2 Kor geht es bei J.
Schröter (»Gottes Versöhnungstat und das Wirken des Paulus. Gestaltwerdung
des Evangeliums nach 2 Kor 5,18-21«, 87-107), um Rom bei D. Zeller
(»Gottes Gerechtigkeit und die Sühne im Blut Christi. Neuerlicher Versuch
zu Rom 3,21-26«, 57-69), H. Giesen und L. Wehr. Giesen gelangt in seiner
Behandlung des exegetischen Dauerbrenners »Christus - Ende oder Ziel des
Gesetzes (Rom 10,4)?« (156-191) zu dem Resultat, dass nach Paulus das

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Gesetz über sich selbst hinaus verweist, indem es auf die Anerkennung
Christi ziele (185). Wehr (»>Nahe ist dir das Wort<«, 192-206) analysiert die
paulinische Interpretation ad. Texte am Beispiel Rom 10,5-10 vor dem Hin
tergrund der Schriftexgese des hellenistischen Judentums und illustriert so
den, aus heutiger Perspektive, durchaus problematischen Umgang des Apos
tels mit dem biblischen Text. - Zu erwähnen bleibt schließlich R. Dillmanns
gründliche pragmatische Studie »Seine Briefe sind schwer und stark (vgl. 2
Kor 10,10)« (111-131) zur Funktion der Präskripte von Gal und Rom.
Der Band hinterlässt einen zwiespältigen Gesamteindruck - die umfassen
de posthume Auseinandersetzung mit der Person und dem Werk eines Ge
lehrten hat gewiss jedes wissenschaftsgeschichtliche Recht auf ihrer Seite,
doch treten diese Bemühungen in Gefahr, auch längst Obsoletem eine Auf
merksamkeit zu zollen, die sachlich schwer zu rechtfertigen ist. Ob der Ge
ehrte, nach dem hier von ihm entworfenen Bild, von der Festgabe entzückt
gewesen wäre? Der Rezensent möchte es bezweifeln und wünschen, dass
diese Spielart der Gattung eine rare Einzelerscheinung bleibt.

Ein gelungenes Beispiel für die Gattung der thematischen Festschrift ist
der Karl Löning gewidmete Band »Die Weisheit — Ursprünge und Rezep
tion«. Der Bogen der darin versammelten (mit Ausnahme von S. Emmel)
deutschsprachigen Beiträge dreier Autorinnen und elfer Autoren spannt sich
von M. Küchlers einleitendem, die Testamente übergreifenden Essay zur
»Weisheit der Paradiese« (5-15), über Beiträge zur ad. und nach-atl. Weisheit
- hervorzuheben sind hier E. Sevenich-Bax' Untersuchung zur »Schule in
Israel als Sitz der Weisheit« (59-77) und die von M. Ebner angesichts der
konkurrierenden Konzepte in äthHen und Sir aufgeworfene Frage »Wo
findet die Weisheit ihren Ort?« (79-103) - hin zu ntl. Detailstudien, die den
Schwerpunkt des Bandes ausmachen. Zwei Arbeiten zum frühen Christen
tum (B. Aland zur Weisheit bei Irenaus von Lyon und S. Emmel zum Nag
Hammadi-Traktat »Die Interpretation der Gnosis«) sowie die lesenswerte re
ligionspädagogische Studie »Weitergabe lebensrelevanten Wissens - aber
wie?« von/. Bickmann (277-296) schließen den thematischen Bogen.
M. Fassnacht (»Konfrontation mit der Weisheit Jesu«, 105-124) behandelt
die Weisheitsthematik frappierenderweise anhand des markinischen Wunder
zyklus 5,21 -43. Vor dem Hintergrund von Mk 6,2 entwickelt Fassnacht die
These, dass hier »die Sinnlinie >Krankheit/Tod< >Rettung/Leben«<
eng mit den weisheitlichen »Sinnlinien >Wissen< <-> >Nicht-wissen< und
>Macht< verknüpft« sei (110f.). Als Pointe ergibt sich: »Die Weisheit der an
Blutfluss leidenden Frau besteht darin, dass sie ihr Wissen zu einer rettenden
Begegnung mit dem Weisheitslehrer Jesus nutzt« (122, unter Hinweis auf den

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διδάσκαλος-Titel in Mk 5,35), womit zumindest ein Nebenaspekt des Textes


plausibel erfasst wird. Der sachlich anschließende Beitrag von L. Schenke
(»Jesus als Weisheitslehrer im Markusevangelium«, 125-138) erhebt die
Weisheit zum markinischen Zentralthema schlechthin: »Jesu Wirken in Wort
und Tat und sein ganzes Geschick sind >Lehre< und vermitteln Gottes >Weis
heit< über den Weg, auf dem der Jünger ewiges Leben gewinnen kann.« (136)
Wo aber alles »Weisheit« ist, verliert freilich der Begriff phänomenologisch
jedes Profil.
Dem lukanischen Doppelwerk sind zwei Studien gewidmet: U. Busse
(139-153) zeigt anhand von Lk 10,25-42, dass es im sog. Reisebericht des
dritten Evangeliums wesentlich um »Leserunterweisung« in narrativer Form
geht: Sie eröffne dem Rezipienten »den Weg zu sozialem Engagement, das
wiederum zu einem in den Augen des lukanischen Jesus umfassend glücken
den Leben mit Gott führt« (145). D. Dormejer (155-184) möchte in der Apg
zwei Typen von Weisheit unterscheiden: die zornige prophetische Weisheit
des Stephanus, die, wie die Figur selbst, scheitere, und die auf die Frömmig
keit von Juden und Heiden setzende Weisheit des Paulus, die dem Heil aller
dienen will.

A. Leinhäupl-Wilke (185-210) entwickelt die These, dass es im Joh um eine Trans


formation apokalyptisch-weisheitlichen Denkens gehe: Das dort »verborgene Wissen
um die Rettung einer Minderheitengruppe« werde hier »zugänglich für alle diejenigen,
die um die Stunde des Menschensohnes wissen« (208). Das Menschensohn-Wort Joh 12,23
soll daher die »heimliche Mitte« des Joh sein (so der Untertitel des Aufsatzes), doch
macht solche Terminologie nur Sinn, wenn es sich auch hier um esoterisches Wissen
handelt. - H. Frankemölle (»>Apokalyptische Weisheit< bei Paulus?«, 211-241) entwi
ckelt »hermeneutische Prolegomena« zur Paulusinterpretation. Sie laufen darauf
hinaus, dass Paulus sein Evangelium »bereits in den heiligen Schriften Israels, in der
priesterschriftlichen Theologie der Tora« gefunden habe - das »Fundament seiner
Theologie« liege folglich nicht in der »Christo-logie« (236f.); Widerspruch ist hier
wohl vorprogrammiert.

Ein »Werkverzeichnis Karl Löning«, Sach- und Textstellenregister schlie


ßen diesen bedeutsamen Beitrag zur Erforschung der jüdisch-christlichen
Weisheit ab. Mit der Prognose, dass die ebenso lehrreiche wie unterhaltsame
Sammlung viele Leser finden und erfreuen wird, dürfte der Rezensent kaum
fehlgehen.

Die äußerlich unscheinbare Festgabe für Dieter Lührmann bietet 19


z.T. hochkarätige Aufsätze zu verschiedensten Facetten der Exegese, Tradi
tions- und Wirkungsgeschichte des NT sowie zur bibischen Hermeneutik.
Die Ordnung der deutsch- und englischsprachigen Beiträge folgt dem Ver

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fasseralphabet - in diesem Fall durchaus angemessen, da inhaltliche Schwer


punkte fehlen. Den Band beschließt eine Lührmann-Bibliographie
(306-311); auf Autoren- und Stellenregister wurde bedauerlicherweise ver
zichtet.

Die Ränder des Themenspektrums markieren einerseits K Lehmeiers kom


paratistische Studie »Gemeinschaft nach dem otxoç-Modell. Philodem und
Paulus im Vergleich« (107-121), die das paulinische Gemeindeverständnis
vor dem Hintergrund der epikureischen Hausgemeinschaft in Herculaneum
plastisch herausarbeitet, andererseits D. Stollbergs »Tiefenpsychologische Her
meneutik und Homiletik« (233-242), eine auf die Anforderungen pastoraler
Praxis zielende Verhältnisbestimmung, sowie F. Stol% religionswissenschaftli
cher Beitrag zu »Glaube, Unglaube, Aberglaube« (243-256), der eine will
kommene Vertiefung seines Artikels »Aberglaube III. Praktisch-theologisch«
in der RGG4 darstellt. Das so umgrenzte Feld der Exegetica dominieren Ein
zeluntersuchungen unterschiedlichster Art; einen Eindruck mag die folgende
Blütenlese vermitteln:

H. Boers analysiert »The Structure of Rom 5:1-11« (1-18): Dieser komplexe


Passus des Rom ziele vor allem auf den Gedankenfortschritt, dass die Rede vom recht
fertigenden Glauben Abrahams (vgl. 5,1a) in V. 9b der notwendigen Klarstellung
bedarf, »that such a justification is through the death of Christ, through his blood«
(17). - L.E. Keck (66-75) widmet sich der gängigen, seines Erachtens fehlerhaften
Übersetzung von Rom 7,18a (»ich weiß, dass in mir nichts Gutes wohnt«); die paulini
sche Pointe des Verses sei jedoch, dass »the absent good is replaced by the Spirit that
enables the 8ixat(o[ia of the law to be actualized in the self« (74). - M. Ebersohn
(»Nächstenliebe und Tradition - Traditionen der Nächstenliebe«, 24-36) möchte das
»frühchristliche Spezifikum« der Nächstenliebe (35) allein mit dem Rekurs der ntl. Au
toren (Paulus, Johannes, Synoptiker) auf das Thoragebot erklären, das »ihnen allen un
mittelbar präsent gewesen sein dürfte« (36); eine wechselseitige Abhängigkeit, etwa
durch gemeinsame Jesustradition, bestehe nicht. Unter dieser Voraussetzung darf man
sich, gemeinsam mit dem Autor, nur wundern, dass dieses Gebot »im frühen Christen
tum eine so breite Aufnahme gefunden hat« (36). - Dem Johannesevangelium widmen
sich W. Harnisch (»Der Glaube als Sehen des Herzens. Zur Interpretation von Joh 9«,
37-46) und E. Schiarb mit einem schlichtweg grundlegenden Beitrag zu den Hermeni
en (181-207; einschließlich des Abdrucks aller bekannten Texte), die aus dem »rätsel
hafteste^) der Evangelien« durch kunstvolle Eisegese machtvolle Orakel schöpfen,
um »Auskünfte über Wohl und Wehe der nahen Zukunft« geben zu können (206f.). -
Eine gründliche, kritische Überprüfung der Implikationen des Glaubensbegriffs im
Hebr liefert G. Schunack (208-232).

Wichtige Beiträge sind synoptischen und jesuanischen Themen gewidmet:


Unter dem Titel »Nachfolge leben« (89-106) rekonstruiert P. Kristen »Drei
Modelle von Kreuzesnachfolge in Q und Markus«; unterschieden werden
zwei Formen von Nachfolge in Q - die ältere der wanderradikalen und die

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jüngere der »Arbeiter« aussendenden sesshaften Jesusnachfolger - sowie die


für Mk charakteristische »häusliche und geschwisterliche Gemeinschaft«
(105). Kristens Annahme, dass sich Gruppen vom Q- und Mk-Typ im Streit
um die wahre Nachfolge Jesu polemisch voneinander abgrenzten (106), er
scheint durchaus plausibel. - A. Undemann (»Jesus und der Sabbat«,
122-135) erwägt, dass die Erzählung Mk 3,1-6 in toto redaktionelle Bil
dung des Evangelisten sei - angesichts der sonst feststellbaren Arbeitsweise
des Mk eine wohl überzogene Hypothese. - J.M. Robinson rekonstruiert akri
bisch »The Pre-Q Text of the (Ravens and) Lilies« aus Q 12,22-31 und P.
Oxy. 655 bzw. ThEv 36 (143-180) mit dem Resultat, dass in letzteren eine
ursprünglichere Version der Jesusworte zu finden sei. Ein anderer Repräsen
tant der US-amerikanischen Jesusforschung, J.D. Crossan, wird bei C.M. Tu
ckett selbst zum Gegenstand der Untersuchung: In »The Historical Jesus,
Crossan and Methodology« (257-279) nimmt Tuckett die methodologischen
Grundlagen des Bestsellers »The Historical Jesus« (1991) unter die Lupe und
zeigt anschaulich, dass die teils spektakulären Resultate dieses Buches auf
problematischen Prämissen aufbauen, nicht zuletzt auf einer willkürlich er
scheinenden Auswertung des ThEv.
N. Walter gibt auf die Frage: »Wer machte Johannes den Täufer zum Vor
läufer Jesu<?« (280-293), die überraschende Antwort, dass diese Deutung
des Täufers weder in Q, noch in der von Walter postulierten »ursprünglichen
Fassung« des Mk (dazu 285 ff.) begegne, sondern erst in die spätere kanoni
sche Fassung des Mk eingetragen worden sei - ein Hypothesenturm, der
gewiss weiterer Absicherung bedarf. - M. Wohlers Beitrag »>Aussätzige rei
nigt !< (Mt 10,8)« (294-304) trägt in instruktiver Weise zusammen, was
pagane, jüdische und christliche Quellen über das Phänomen des »Aussat
zes« mitteilen. Wohlers macht deutlich, dass solche Hauterkrankungen (die
nicht mit Lepra verwechselt werden dürfen) nach antikem jüdisch-christli
chen Verständnis weniger als gesundheitliche denn als religiöse Beeinträchti
gungen galten.
Die vielfältigen Forschungsimpulse der in der Lührmann-Festschrift ent
haltenen Beiträge stehen in Spannung zu ihrem etwas entlegenen Erschei
nungsort - der sehr respektable Band sei daher dem besonderen Augenmerk
der Fachwelt anempfohlen.
(Schluss folgt)

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