Sie sind auf Seite 1von 127

Materialwissenschaften

und Chemie
Das Skript zur Vorlesung
von
Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Bildquelle: https://www.ruhr-ip.com/fach-rechtsgebiete/materialwissenschaften-verfahrenstechnik/
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Vorwort

Das vorliegende Skript beinhaltet die wichtigsten Themenschwerpunkte der Vorle-


sung MATERIALWISSENSCHAFTEN UND CHEMIE des Bachelor-Studiengangs ENER-
GIE-INGENIEURWESEN an der Hochschule Biberach.

Dieses Skript kann und will nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben, und ist
daher kein Ersatz für den Besuch der Vorlesungen. Es soll lediglich die Verfolgung
und das Nacharbeiten der vorgestellten Lehrinhalte erleichtern.

Bei der Erstellung eines neuen Skripts ist es nahezu unvermeidlich, dass sich an der
einen oder anderen Stelle der Schreibteufel einschleicht. Ich bitte daher eventuell
vorkommende Fehler einerseits zu entschuldigen, und andererseits mir diese mitzu-
teilen.

Doch nun viel Spaß beim Lesen.

Biberach, Frühjahr 2023

Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

2 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Inhaltsverzeichnis

1 Die Welt der Materialien ................................................................................. 5

2 Atome und Moleküle – Basis aller Materialien ................................................. 14


2.1 Grundbausteine der Materie .................................................................... 14
2.1.1 Atome als Basiselemente der Natur .............................................................................14
2.1.2 Moleküle – Verbindung von Atomen ............................................................................19
2.2 Kristallstrukturen – alternative Anordnung von Atomen ............................ 22
2.3 Chemische Reaktionen – Entstehung und Veränderung von Molekülen ...... 32

3 Metalle – Inbegriff der technologischen Entwicklungen ................................... 39


3.1 Eisen-Werkstoffe .................................................................................... 39
3.1.1 Gewinnung und Herstellung von Eisenwerkstoffen: ......................................................40
3.1.2 Chemische Reaktionen bei der Reduktion des Eisenerzes:.............................................41
3.1.3 Grundlagen von Eisen-Kohlenstoff-Legierungen: ..........................................................43
3.1.4 Das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm ................................................................................44
3.1.5 Wärmebehandlung von Eisenmaterialien: ....................................................................45
3.1.6 Einteilung von Eisenwerkstoffen ..................................................................................46
3.1.7 Lieferformen und Anwendungen von Eisenwerkstoffen .................................................47
3.1.8 Recycling und Energieaufwand....................................................................................47
3.2 Nichteisen-Werkstoffe ............................................................................ 48
3.2.1 Technische Nutzung von Edelmetallen .........................................................................48
3.2.2 Kupfer und Kupferlegierungen ....................................................................................51
3.2.3 Aluminium und Aluminiumlegierungen .........................................................................58

3.3 Vergleichende Gegenüberstellung umweltrelevanter ....................................


Kenngrößen für Metalle .......................................................................... 62
3.4 Korrosion und Korrosionsschutz .............................................................. 63

4 Kunststoffe – Fluch und Segen ...................................................................... 68


4.1 Kunststoffentwicklung - Beispiele: ........................................................... 68
4.2 Allgemeine Struktur von Kunststoffen:..................................................... 69
4.3 Herstellung von Polymerfäden am Beispiel Polyethylen (PE)...................... 71
4.4 Allgemeine Eigenschaften von Kunststoffen ............................................. 75
4.5 Beispiele häufig eingesetzter Kunststoffe ................................................. 77
4.6 Klebstoffe: ............................................................................................. 80
4.7 Vergleichende Gegenüberstellung umweltrelevanter ....................................
Kenngrößen für Kunststoffe .................................................................... 81

3 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

5 Keramische und mineralische Werkstoffe – Material aus Erde und Feuer.......... 83


5.1 Natürliche Gesteine ................................................................................ 83
5.2 Keramische Materialien ........................................................................... 88
5.3 Gläser ................................................................................................... 91
5.4 Keramische und mineralische Baustoffe ................................................... 95
5.5 Vergleichende Gegenüberstellung umweltrelevanter Kenngrößen .................
für Baustoffe.......................................................................................... 99
3333
6 Biogene Werkstoffe – Nützliches aus Natur und Reagenzglas .........................101
6.1 Energetische Nutzung von biogenen Materialien......................................101
6.2 Stoffliche Nutzung von biogenen Materialien ...........................................103
6.3 Zucker, Stärke und Cellulose – Schätze der Natur ...................................105
6.4 biogene Kunststoffe ..............................................................................109

7 Wasser – das universelle Lösungsmittel ........................................................112


7.1 Eigenschaften von Wasser .....................................................................112
7.2 Wasser als Lösungsmittel ......................................................................114
7.3 Weitere Wasserinhaltsstoffe ...................................................................118
7.4 Mikrobiologische Wasserinhaltsstoffe ......................................................119

8 Reinigungs- und Lösungsmittel – stille Helden des Alltags ..............................121


8.1 Funktion und Struktur von Reinigungs- und Lösemittel ............................121
8.2 Funktion und Struktur desinfizierender Mitteln ........................................124
8.3 Weitere Lösungsmittel ...........................................................................126

Verzeichnis der weiterführenden Literatur (Auswahl) ...........................................127

4 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

1 Die Welt der Materialien

Was sind eigentlich Materialien? „Stoffe, aus denen die Welt gemacht ist“

d.h. jede Art von Materie, die wir in irgend-


eine Art und Weise nutzen können bzw. nut-
zen könnten, wenn wir ihrer habhaft werden
könnten

Beispiele für Materialien: Gestein und mineralische Stoffe (Granit, Kalkstein,


Sand, Kies, Lehm, …)

Metalle (Stahl, Kupfer, Messing, Aluminium, …)

Kunststoffe (PE, PVC, PUR, …)

Holz und Pflanzenfasern (Bauholz, Baumwolle,


Papier, OSB-Platten, …)

Wasser (Lebensmittel und ideales Lösemittel)

u.v.m.

Für was benötigen wir Materialien: Bau- und Werkstoffe zum unmittelbaren
Errichten von Gebäude, Anlagen, Geräte, etc.
(Stahl, Ziegel, Kupfer, PVC, dotiertes Silizium
…)

Hilfsstoffe: Arbeitsmaterialien, die für


Herstellung, Betrieb, Wartung und
Instandsetzung benötigt werden
(Schrauben, Lösemittel, Schmierstoffe,
Reinigungsmittel, Farben, …)

5 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Materialwissenschaften in EI: Warum müssen sich konzeptionell arbeitende


Ingenieur*innen (Energiesysteme / Gebäudeklima-
tik) mit Materialien beschäftigen?

• Warum beschäftigen wir uns mit Materialwissen-


schaften?
• Warum müssen wir die Eigenschaften von Materia-
lien einschätzen und beurteilen können?
• Warum müssen wir die Verarbeitbarkeit von Materi-
alien einschätzen können?
• Warum müssen wir den ökologischen Impact
(graue Energie, CO2-Fußabdruck, Verstoffwechsel-
barkeit, …) von Materialien beurteilen und einschät-
zen können?

Irgendwann soll aus einem Plan / Konzept / Idee ein Stück


Hardware werden, und spätestens dann braucht es Materia-
lien, mit denen der Plan auch körperlich-physikalisch realisiert
werden kann.

letztlich gilt seit dem Urknall:

Materialien sind die Grundlage aller natürlichen


und technischen Systeme

Materialien sind die Basis der Realität

Materialien als Kultur-Marker: Die Verwendung von bestimmten Materialien war


immer schon ein Indikator für gesellschaftliche Ent-
wicklungen und Kultur einer Gesellschaft

Steinzeit: Feuersteine als Universal-Werkstoff

Präkeramische Zeit: Periode der Jungstein-


zeit, in der noch keine keramischen
Gefäße verwendet wurden (abhängig
von Weltregion ca. 9.500 v.Chr. bis
6.400 v.Chr.)

Bronzezeit: Legierung aus Kupfer und Zinn ergab


harten und belastbaren Werkstoff für
Werkzeuge und Waffen, der einfacher
zu bearbeiten war als Feuerstein
6 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Eisenzeit: Eisenerz war überall verfügbar; daher


Eisen billiger als Kupfer/Bronze;
Folge: massive Verbreiterung der Ver-
wendung von Metallwerkzeugen

Kunststoffzeitalter: Synthetisch hergestellte Materi-


alien als preiswerter Ersatz für seltene
/ teure Naturprodukte (Zelluloid statt
Elfenbein; Polyamid statt Naturseide,
…)

Atomzeitalter: Technische Nutzung der Kern-


spaltung zur Energieerzeugung und
als Ersatz für umweltbelastende Kohle

Nachatomzeitalter: das genaue Gegenteil davon

Anthropozän: das Zeitalter eines vom Men-


schen verursachten und beeinflussten
und sich damit veränderten weltwei-
ten Klimas

7 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Grundsatzfrage: Wie wird richtig entworfen, konstruiert und gebaut

Die Anforderung an jede Art von Gegenstande ist letztlich


immer dieselben

• Erfüllung der geforderten Funktionalitäten

• Wahl der geeigneten Werkstoffe, die die zu erwartenden Ein-


flüsse aufgrund der Funktion, Nutzung und Umgebungseinwir-
kungen über die Nutzungsdauer widerstehen

• die Herstellung des Gegenstands und Bearbeitung der dafür be-


nötigten Materialien muss unter den gegebenen Bedingungen
möglich sein (vor Ort oder in Werkstatt; geschützt oder open air;
…)

• nach den Erstgebrauch sollte eine Nach-Nutzung oder Um-Nut-


zung oder eine sortenreine stoffliche Trennung mit anschließen-
dem Recycling möglich sein (Kernsanierung anstatt Abriss und
Neubau von Gebäuden; Reparatur von Gegenständen anstatt
wegwerfen und neu beschaffen; lösbare Schraubverbindungen
anstatt unlösbare Klebeverbindungen; …)

8 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Welche Eigenschaften sollen Materialien haben:

• mechanische Eigenschaften (Festigkeit, Verformung, Härte, …)


• elektrische Eigenschaften (Leitung, Widerstand, …)
• optische Eigenschaften (Transparenz, Lichtbrechung, Farbe, …)
• chemische Eigenschaften (Löslichkeit, Stabilität, Brennbarkeit, Korrosionsbe-
ständigkeit, …)
• biologische Eigenschaften (Toxizität, Verstoffwechselbarkeit, biologische Ab-
baubarkeit, Ökorelevanz, …)
• Verfügbarkeit und Kosten

Wie sollen bzw. können die Materialien verarbeitet werden können?

• Aufbauen (Montage in Werkstatt, Teilmontage in Werkstatt, Montage vor Ort,


Einzel- oder Serienfertigung, …)
• Fügen (Schrauben, Nieten, Schweißen, Löten, Kleben, …)
• Urformen (Gießen, Extrudieren, Sintern, …)
• Umformen (Schmieden, Walzen, Ziehen, Biegen, …)
• Zerspanen (Drehen, Fräsen, Hobeln, …)
• etc.

9 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Auswahlkriterien für Materialien: Die Auswahl erfolgt in erster Linie nach den
funktionsspezifischen Anforderungen und
den zu erwartenden Umgebungseinflüssen
(Umwelteinflüssen):
• Festigkeit
• Leitfähigkeit
• Korrosionsbeständigkeit
• Verstoffwechselbarkeit
• Toxizität
• u.v.m.

im zweiten Entscheidungsschritt müssen die


herstellungsrelevanten, bio-ökonomischen
und wirtschaftlichen Anforderungen erfüllt
werden:
• Vorfertigung vs. Vor-Ort-Fertigung
• Trennbarkeit der Einzelbauteile
• Recyclebarkeit (Upcycle, Recycle,
Downcycle)
• Kreislauffähigkeit der Materialien
• u.v.m.

Anmerkung: bioökonomische Anforderungen bedeuten, dass das Material / der Ge-


genstand über eine Nutzungs-Kaskade mehrfach nutzbar und danach
voll kreislauffähig (100% Recycling; 0% Abfall) ist

Zukunftsziel: Transformation von der wachstums-orientierten


Wirtschaft und Gesellschaft auf Basis fossiler Ener-
giequellen hin zu einer kreislauf-orientierten Wirt-
schaft und Gesellschaft auf Basis regenerativer
Energiequellen

10 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Beispiele für Auswahl von Materialien:

Methodik: Für die Suche nach dem geeigneten Werkstoff wird zunächst ein
Lastenheft erstellt (Lastenheft = Zusammenstellung aller Anfor-
derungen), und danach in einer Entscheidungsmatrix mit den zur
Auswahl stehenden Materialien bewertet

Pipeline: Onshore-Pipeline für gasförmige Rohstoffe (Erdgas, Wasserstoff, …)


durch unwirtliche Regionen (Wüste, Steppe, Tundra, …)

(Quelle: https://www.sofregaz.fr/projects-archive/galsi/)

Anforderungen Materialien (Auswahl)


(Auswahl) Stahl Kunststoff Beton Kupfer
hohe Schlagfestigkeit ++ + -- ++
einfache und sichere Füge-
++ ++ ++ +
verfahren vor Ort
schnelle Reparatur von Le-
++ ++ 0 +
ckagen
korrosionsbeständig - -- ++ +
geringe spezifische Material-
+ 0 ++ --
kosten

11 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Beispiel für ähnliche Funktionalität bei unterschiedlichen Anwendungsbereichen

a) Propeller für Windkraftanlage:

Quelle: https://pixabay.com/de/photos/wind-
rad-propeller-energie-windkraft-685859/

Materialien (Auswahl)
Anforderungen
Holz mit Lein- Kunststoff
(Auswahl) Stahl Aluminium
wand (GFK)
hohe Festigkeit ++ -- ++ ++

Klima- und UV-beständig + - ++ ++


hohe Dauerschwingfes-
++ ++ ++ ++
tigkeit
geringes Gewicht - ++ ++ +

spezifische Kosten ++ + 0 --

b) Turbinenschaufeln für Gasturbine: hochtemperaturfeste und hoch stabile


Turbinenschaufeln auf schnelllaufenden Turbinenrädern
(ca. 35.000 rpm) bei Gasttemperaturen von ca. 1200°C

Quelle: https://www.ostron.de/Mecha-
nik/Turbinenschaufel-31cm-russisch-
Turbine-Titan.html

Materialien (Auswahl)
Anforderungen
hochwarm- Kunststoff
(Auswahl) Gusseisen Keramik
fester Stahl (GFK)
hohe Stabilität ++ + ++ 0

hohe Temperaturfestigkeit + + -- ++
hohe Dauerschwingfestig-
++ ++ ++ --
keit
flexible Verarbeitungsmög-
++ -- ++ 0
lichkeiten
chemisch nicht reaktiv + + - ++

12 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Trägermaterial für Dokumentation:

Quelle: https://www.security-insi-
der.de/datentraeger-im-zentrum-von-
datenpannen-a-966594/

Materialien (Auswahl)
Anforderungen
optischer Kupfer-
(Auswahl) Pergament Papier
Datenträger platte
dauerhafte Lesbarkeit 0 - - ++

Kosten -- ++ ++ --

Langlebigkeit ++ + 0 ++

Zerstörungssicherheit - -- + ++

Verfügbarkeit -- ++ ++ 0

Reinigungsmittel für Gebäudereinigung:

Quelle: https://www.umwelt-
bundesamt.de/themen/chemi-
kalien/wasch-reinigungsmittel

Anforderungen Materialien (Auswahl)


(Auswahl) Seife Scheuersand Essigreiniger Chlorreiniger
Reinigungswirkung + 0 ++ ++

Desinfektionswirkung -- -- + ++

ökologische Belastung 0 + 0 --

Handhabung ++ -- ++ ++

Eignung für Oberflächen 0 -- ++ 0

13 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

2 Atome und Moleküle – Basis aller Materialien

In diesem Kapitel wollen uns ansehen, aus was Materialien überhaupt aufgebaut
sind. Wir wollen uns Atome ansehen, ihren Aufbau, ihre Entstehung und ihre Rolle
für Materialien. Atome können aber auch interagieren und dadurch neue Strukturen
bilden. Diese Strukturen können sehr einfach sein, wie beispielsweise bei Kohlendi-
oxid CO2, das aus 3 Atomen besteht. Dies Strukturen können aber auch sehr kom-
plex werden, wie beispielsweise bei Makromolekülen wie Polyethylen (C2H4)n oder Bi-
omolekülen wie Proteine, die aus vielen zigtausende Atomen bestehen können.
Atome können sich auch in unterschiedlichen Strukturen binden; in streng mathema-
tisch-geometrischen Anordnungen, sogenannten kristallinen Strukturen, oder chaoti-
schen, regellosten Anordnungen, sogenannten amorphen Strukturen.

2.1 Grundbausteine der Materie

2.1.1 Atome als Basiselemente der Natur

Atome sind die Grundbausteine der uns bekannten und uns zur Verfügung stehenden
Stoffe und Materialien. Dies bedeutet, dass alles Stoffliche auf unserer Welt auf Ato-
men basiert.

Die Bezeichnung „Atom“ leitet sich aus dem griechischen Begriff „atomos“ ab, der
„unteilbar“ bedeutet. Der Begriff geht auf den griechischen Philosoph Demokrit (ca.
460 – 370 v.Chr.) zurück, der die Vorstellung hatte, dass Atome die kleinsten, nicht
mehr weiter teilbaren Teilchen sind, aus denen die Welt ausgebaut ist.

Heute wissen wir jedoch, dass Atome aus mehreren Bausteinen bestehen und auch
teilbar sind (→ näheres dazu finden wir in Veröffentlichungen zur Atom- und Kern-
physik).

Für unsere Bedarfe im Bereich der Ingenieurwissenschaften genügt hierzu eine ver-
einfachte Vorstellung vom Aufbau der Atome, wie sie Niels Bohr (1885 – 1962) in
seinem „Bohr’schen Atommodell“ beschrieben hat. Danach bestehen Atome Aus
einen Kern, in dem alle positiv geladenen Protonen und neutralen Neutronen
dicht gepackt sind. Um diesen Kern herum bewegen sich negativ geladenen Elektro-
nen in einem definierten Abstand zum Kern, den sogenannten Schalen, auf unter-
schiedlichen Bahnen, den sogenannten Orbitalen
Quelle: https://systemdesign.ch/wiki/Da-
Quelle: https://www.ulfkonrad.de/phy-
sik/9-10/kern/atommodelle/bohr

tei:RutherfordAtommodell.jpg

14 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Die Schalen, auf denen sich die Elektronen bewegen, entsprechen den Energieni-
veaus der einzelnen Elektronen. Dies bedeutet, dass mit zunehmendem Kernabstand
das Energieniveau eines Elektrons zunimmt.

Quelle: https://de.serlo.org/che-
mie/158205/schalenmodell

Jede äußere Schale kann (mit Ausnahme der 1. Schale K) maximal 8 Elektronen auf-
nehmen. Ein Atom ist dann in einem energetischen Gleichgewichtzustand, wenn die
äußere Schale gefüllt ist.

Ist die äußeren Schale nicht vollständig mit 8 Elektronen gefüllt, versucht das Atom
die Schale durch Interaktionen mit anderen Atomen auszufüllen. Das Atom ist damit
reaktionsfähig.

Dies bedeutet: Atome streben einen energetischen Gleichgewichtszustand


an; der ist gegeben, wenn die äußerste Schale mit 8 Elekt-
ronen gefüllt ist (→ Edelgaszustand)

Zur Erlangung des Edelgaszustand, interagieren Atome mit


anderen Atomen (→ u.a. chemische Reaktionen)

Beispiel: Bildung von Wasser (H2O):


lex.de/montags/2009-03-09.htm
Quelle: http://www.schmidt-sie-

15 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Entstehung von Atomen:

Kleinere Atome können unter einem enorm hohen Energieaufwand miteinander „ver-
schmolzen“ werden. In einfachen Fällen geschieht das durch die sogenannte Kernfu-
sion

Beispiel: Kernfusion auf der Sonne

H + H + H → 3He

Quelle: https://www.welt.de/wissenschaft/article111727578/Der-
Traum-von-endloser-Energie-aus-Kernfusion.html

bei der einfachen Kernfusion im Inneren von Sternen werden Temperaturen von ca.
15 Mio. Grad C. benötigt; damit können Atome bis zu ca. 26 Protonen (d.h. Eisen)
erzeugt werden

Größer Atome als Eisen können nur durch extrem energieintensive Prozesse erzeugt
werden → Super-Nova-Explosionen

Beispiel:

Krebsnebel: Rest von Supernova


Krebsnebel: Darstellung aus „Teppich
von 1054
von Bayeux (11.Jhrd.)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Supernova
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Teppich_von_Bayeux

Fazit: alle Elemente und damit die gesamte bekannte Materie


sind „Sternenstaub“

16 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Periodensystem der Elemente (PSE):

Alle bekannten Elemente können in einem tabellarischen System geordnet dargestellt


werden → Periodensystem der Elemente (PSE)

Die Idee für das Periodensystem geht auf Dimitri Medelejew (1834 -1907) zurück.
Die Zeilen der Tabelle entsprechen den jeweiligen äußersten Schalen der Elemente,
und die Spalten die Anzahl an Elektronen in der äußersten Schale.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Periodensystem#/media/Datei:Periodensystem_Einfach.svg

Im Periodensystem sind die Elemente gemäß ihrer Ordnungszahl (= Anzahl an Pro-


tonen im Kern) angeordnet. Die Elemente selbst werden mit ihren chemischen
Kurzzeichen dargestellt (z.B.: H = Wasserstoff; O = Sauerstoff; Fe = Eisen, …).

Neben der Ordnungszahl ist das Atomgewicht des Elements in [g/mol] angegeben.
Das Atomgewicht setzt sich zusammen aus den Massen aller Protonen, Neutronen
und Elektronen des Elements unter prozentualer Berücksichtigung aller Isotope.

Mengenangabe von Atomen und Molekülen:

Die Mengenangaben von Atomen und Molekülen erfolgt über die Anzahl an Teilchen.

dabei gilt: 1 mol = 6.02214076 1023 Teilchen (= Avogardo-Konstante NA)


1 kmol = 6.02214076 1026 Teilchen

17 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Die Idee des Periodensystems ist, dass Elemente in einer Spalte ähnliche Eigenschaf-
ten haben:

Hauptgruppe 1: Alkalimetalle: 1 Außenelektron;


metallisch glänzende Stoffe mit geringer Dichte, die
sehr reaktiv sind

Hauptgruppe 2: Erdalkalimetalle: 2 Außenelektronen;


Zwischengruppe zwischen den Alkalimetallen
(1.Gruppe) und Erdmetallen (3.Gruppe); häufige
Verbindungen sind Carbonate, Chloride, Nitrate,
Sulfide, …

Hauptgruppe 13: Borgruppe: 3 Außenelektronen;


alte Bezeichnung: Erdmetalle, da Elemente der Bor-
gruppe in vielen Gesteine und Mineralien vorkom-
men und bestimmend sich (Beispiel Fe2O3; Ag, Au,
etc.)

Hauptgruppe 14: Kohlenstoff-Silizium-Gruppe: 4 Außenelektronen;


Mischgruppe mit uneinheitlichen Eigenschaften;
Trennlinie zwischen Metallen und Nichtmetallen;
sehr häufige Elemente auf der Erde (ca. 28% der
Erdkruste); Silizium hat ca. 15% an der Gesamt-
masse der Erde; mit 4 Außenelektronen sind Ele-
mente sowohl Elektronendonator als auch Elektro-
nenakzeptor.

Hauptgruppe 15: Stickstoff-Phosphor-Gruppe: 5 Außenelektronen


häufige Verbindungen mit Sauerstoff und Wasser-
stoff; (Nitrat NO3- ; Salpetersäure (Scheidewasser)
HNO3; Phosphat PO43-;

Hauptgruppe 16: Sauerstoffgruppe: 6 Außenelektronen;


sehr wichtiges Element: Sauerstoff als Oxidations-
partner für Metalle (Rostbildung Fe2O3) und Nicht-
metalle (Kohlendioxid CO2)

Hauptgruppe 17: Halogene: 7 Außenelektronen;


sehr reaktionsfreudig, da nur noch ein Elektron zum
Edelgaszustand fehlt; wichtige Verbindungen: Chlo-
ride, Fluoride, Bromide
Beispiele: Salz NaCl; Salzsäure HCl; Fluorsäure HF

Hauptgruppe 18: Edelgase: 8 Außenelektronen;


keine Reaktionsbereitschaft; Elemente sind „inert“
Anwendung: Schutzgase beim Schweißen und ther-
mischen Beschichten; Leuchtgase in Lampen; Wär-
medämmgase in Fenster, etc.
18 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

2.1.2 Moleküle – Verbindung von Atomen

Molekül: ein Molekül ist die Verbindungen von 2 oder mehreren gleichen oder
unterschiedlichen Atomen zu einer einzigen chemischen Struktur

Beispiele:

• das Wasser-Molekül H2O hat aufgrund der asymmetrischen Molekülanordnung


eine polare Struktur, d.h. eine positive und eine negative Seite; diese polare
Eigenschaft macht Wasser u.a. zum wichtigsten Lösemitte in der Natur

Quelle: https://www.w-hoelzel.de/che-
mie/08-klasse/4-quantitative-beziehun-
gen/06-molekuele

• das Methan-Molekül CH4 ist durch die Tetraederstruktur symmetrisch und da-
mit elektrisch neutral aufgebaut

Quelle: https://www.chemieseite.de/orga-
nisch/node13.php

• Cellulose-Molekül als Makromolekül mit eingetragenen Wasserstoffbrücken


(Verbindung von Molekülfäden über die polaren Seiten der OH-Gruppen)

Quelle: https://www.u-helmich.de/bio/lexikon/C/Ce/Cellulose.html

19 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Wie halten die einzelnen Atome in den Molekülen zusammen?

Eine sehr häufige Bindungsart von Atomen in Molekülen ist die Kovalenzbindung. Da-
bei schließen sich die einzelnen Atome so zusammen, dass sie ihre äußeren Elektro-
nen gemeinsam nutzen können und somit ihre jeweiligen Schalen bis zum Edelgaszu-
stand (8 Außenelektronen) auffüllen.

Beispiele für Kovalenzbindungen:

Quelle: https://www.tec-sci-
ence.com/de/chemie/bindungsar-
ten/kovalente-elektronenpaar-bin-
dung-atombindung/

weitere wichtige Bindungsarten sind Ionenbindungen, Metallbindungen und Van der


Waal`sche Bindungen.

• Ionenbindung: Bei der Ionenbildung gibt ein Atom alle Außenelektronen


ab und ein anderes Atom nimmt so viele abgegebenen Elektro-
nen auf, bis die äußere Schale gefüllt ist (z.B. NaCl)

Quelle: http://www.ricki.ch/ct/chml/allg/script/Bind.htm

20 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

• Metallbindung: Bei Metallbindungen bilden die Metallatome ein Kristallgitter, wo


bei sich die Außenelektronen aller Atome frei zwischen den
Atomrümpfen bewegen können; durch die sich frei bewegenden
Elektronen sind alle Metalle elektrisch leitend

Quelle: https://www.tec-science.com/de/werkstofftechnik/aufbau-
der-metalle/gitterstruktur-von-metallen/

Räumliche Struktur von Molekülen

Neben den beteiligten Atomen ist für Moleküle sehr häufig auch die räumliche Struk-
tur essenziell. Dies gilt insbesondere für bioaktive Makromoleküle (z.B. Proteine, En-
zyme, etc.). Beim Aufbau dieser räumlichen Strukturen spielt die Verteilung der
elektrischen Ladungen in Form von polar oder nicht polar Molekülbausteinen eine
wichtige Rolle.

Ein Beispiel für die Wichtigkeit der 3-D-Struktur von Molekülen ist der Wirkmechanis-
mus von Enzymen, das sogenannte Schlüssel-Schloss-Prinzip

Quelle: https://u-helmich.de/bio/stoffwechsel/reihe2/reihe23-Spezi-
fitaet/Spezifitaet.html

21 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

2.2 Kristallstrukturen – alternative Anordnung von Atomen

Atome und Moleküle können sich in Festkörpern in zweierlei Arten zusammenlagern:

• amorphe Strukturen: regellose Anordnung der Atome und Moleküle


(nur Nahordnung):

Beispiele: Thermoplaste, Glas, Obsidian,


Magnetwerkstoffe

• kristalline Strukturen: regelmäßige Anordnung der Atome und Moleküle


(Fernordnung):

Beispiele: Metalle, Quarz, Kristalle

Quelle: https://apiumtec.com/steuerung-von-materialeigenschaften-
fuer-unterschiedliche-anwendungsanforderungen

• teilkristalline Strukturen: Mischform von amorphen Strukturen mit kristallinen


Bereichen

Beispiele: Thermoplaste

Quelle: https://link.sprin-
ger.com/chapter/10.1007/978-3-
658-03141-1_7

22 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Gitterstrukturen kristalliner Materialien

• kristalline Strukturen sind geometrische Anordnung


von Atomen und Molekülen, die sich regelmäßig im
Raum wiederholt
• die Anordnung erfolgt in einer räumlichen
Gitterstruktur
• Einteilung der unterschiedlichen in der Natur
• vorkommenden Gitterstrukturen erfolgt in
• sogenannten Translationsgittern
(Elementargittern; Bravais-Gitter)

Beispiel: NaCl-Kristall
Quelle: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Da-
tei:NaCl-Ionengitter2.png

Translationsgitter sind gekennzeichnet durch:


• geometrische Grundform
• Kantenlängen
• Achsenwinkel

Die in der Natur vorkommenden 14 Translationsgitter werden im sogenannten Kris-


tallsystem zusammengefasst

Quelle: https://theoriefinder.fan-
dom.com/de/wiki/Struktur_der_Kris-
talle#Translationssymmetrie

23 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Für Metalle sind folgende Translationsgitter von besonderer Bedeutung:

• kubisch-raumzentriert (krz): Beispiele: α-Fe (< 911°C), Cr, Mo, W, V, …


• kubisch-flächenzentriert (kfz): Beispiele: γ-Fe (>911°C), Cu, Al, Ni, Pb, …

Quelle: https://prozesstechnik.indust-
rie.de/pharma/lexikon-pharmatechnolo-
gie/atompackungsdichte/

Allotropie: Metalle (und Nichtmetelle) können, abhängig von der Temperatur,


in unterschiedlichen Gitterstrukturen vorliegen; diese Eigenschaft wird
als Allotropie bezeichnet.

Folgen der Allotropie: Materialeigenschaften verändern sich bei


unterschiedlichen Temperaturen

Beispiel: Eisen

Quelle: https://www.ahoefler.de/index.php?option=com_content&view=ar-
ticle&id=61:eisen&catid=32:eisen-kohlenstoff-diagramm&lang=de-DE&Itemid=105

24 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Bildungsmechanismus von Kristallen

Kristalle können während der Erstarrungsprozesse von Schmelzen durch sukzessive


Zusammenlagerung von Atomen und Molekülen entstehen. Dieser Vorgang wird als
Kristallisation bezeichnet.

Vorgänge beim Erstarren: der Phasenwechsel reiner Stoffe und Substanzen


verläuft stets isotherm

→ Temperatur der Schmelze bleibt konstant

der Phasenwechsel von Stoffgemischen ändern sich


die Temperaturen in der Schmelze mit der Ge-
mischzusammensetzung

dex.php/Datei:Bin%C3%A4res-Zustands-
Quelle: http://wiki.arnold-horsch.de/in-

diagramm.jpg
• Kristalle bilden sich aus der Schmelze der Ausgangsmaterialien
• Nach Unterschreiten der Liquiduslinie lagern sich an Keimen (Keimstellen)
Atome und bilden Kristallite (Mischkristall + Schmelze)
• Nach Unterschreiten der Soliduslinie können bei hohen Temperaturen die
Mischkristalle durch Festkörperdiffusion weiter zu größeren Körnern zusam-
menwachsen
Quelle: https://link.springer.com/chap-
ter/10.1007/978-3-658-25374-5_3

25 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

In der Technik werden Metall meist in Form von Legierungen verwendet, d.h. in ei-
ner Mischung aus einem Hauptelement und ein bis mehreren Nebenelementen

Beispiele für Legierungen: Cu + Sn (10-30%) → Bronze

Fe + C (0,1-2,1%) → Stahl

Cu + Zn (20 – 45%) → Messing

Al + Mg (3%) → AlMg3

Das Erstarren von Legierungen erfolgt stets durch Mischkristallbildung.

Mischkristall: Kristallgitter, bestehend aus 2 Elementen

Quelle: https://www.giessereilexi-
kon.com/giesserei-lexikon/Encyclo-
pedia/show/mischkristall-
1097/?cHash=0da09893ebc6a05b
abac31a0f2d77eaa

Bei der Mischkristallbildung müssen das Löslichkeitsverhalten der beteiligten Substan-


zen (Elemente) berücksichtigt werden. Dabei ist zu unterscheiden:

• vollkommene Löslichkeit: die Substanzen in der Schmelze können sich in


beliebigen Konzentrationen in einem Mischkristall
zusammenlagern

• teilweise Löslichkeit: die Substanzen in der Schmelze können nur in


begrenzten Konzentrationen Mischkristalle bilden;
die Folge davon ist dann die Bildung von mehreren
Mischkristalltypen (α-Mischkristall + β-Misch-
kristall)

26 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Beispiel für vollkommene Löslichkeit: Cu-Ni-Legierungen

Vollkommene Löslichkeit bedeutet:


Mischkristall kann aus beliebigen
Konzentrationen der Komponenten
Cu und Ni bestehen (α-Mischkristall)

Quelle: https://www.tf.uni-kiel.de/matwis/amat/mw1_ge/kap_5/backbone/r5_4_1.html

Beispiel für teilweiser Unlöslichkeit im festen Zustand einer Legierung Pb-Sn: eutekti-
sches System

teilweise Löslichkeit im festen


Zustand bedeutet:
es bilden sich zwei oder mehr
Mischkristall-Typen mit jeweils
unterschiedlichen Zusammen-
setzungen:
• α-Mischkristall:
wenig Sn in Pb-MK gelöst
• β-Mischkristall:
wenig Pb in Sn-MK gelöst

Quelle: https://www.tf.uni-kiel.de/mat-
wis/amat/mw1_ge/kap_5/backbone/r5_4_3.html

eutektischer Punkt (E): direkter Übergang von Schmelze in 2 feste Phasen


(α-MK + β-MK)

27 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Reale Gitterstrukturen von Kristallen

Reale Kristalle haben stets Abweichungen von der idealer, mathematisch exakter An-
ordnung der Atome im Kristallgitter

Fehlordnungen der Atome im Kristall können entstehen aufgrund von


• unregelmäßigen Kristallwachstum
• unreinen Kristallsubstanzen
• Einwirkung äußerer Einflussfaktoren (Verformung, Temperatursprünge, etc.)
• schneller Abkühlung

Ferritisch-perlitischer Stahl (0,2% C) mit aus- Aluminium-Schweißnaht (geätzt)


geprägten Zementit-Lamellen Quelle: https://www.struers.com/de-DE/Knowledge/Ma-
Quelle: https://www.struers.com/de-DE/Knowledge/Ma- terials/Metallic-grain-structures#microscopic
terials/Metallic-grain-structures#microscopic

Die Einteilung der Kristallfehler erfolgt in:


• Punktdefekte (0-dimensionale Fehler)
• Liniendefekte (1-dimensionale Fehler)
• Flächendefekte (2-dimensionale Fehler)
• Raumdefekte (3-dimensionale Fehler)

Punktedefekte Quelle: http://www.techniklexikon.net/d/gitterfehler/gitterfehler.htm

0-dimsionale Gitterfehler sind punktförmige


Störungen im atomaren Gitteraufbau durch
• Leerstellen (Bild a)
• Substitutionsatome (Fremdatome auf
Gitterplätzen) (Bild c und d)
• Zwischengitteratome (Fremdatome auf
Zwischengitterplätzen) (Bild b)

Wirkung von Punktdefekte:


Verzerrung der Gitterstruktur und
Ausbildung von Gitterspannungen

28 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Liniendefekt:

Quelle: http://www.techniklexikon.net/d/gitterfehler/gitterfehler.htm
1-dimsionale Gitterfehler sind Versetzungen
in der Gitterebene (Modellvorstellung:
eingeschobene Gitterebene)

Versetzungen können auftreten als


Stufenversetzung und Schraubenversetzung

Wirkung von Versetzungen:


„großräumige“ Ausbildung von Gitterspannungen
und dadurch Beeinflussung von Werkstoffeigenschaften
(Festigkeit, Verformbarkeit, Leitfähigkeit, etc.)

Versetzungen können unter dem Einfluss von


Schubspannungen innerhalb der Gitterstruktur wandern
(Wanderung erfolgt entlang der Gleitebenen der Kristallgitter)
→ Ausheilen von Versetzungen

Quelle: https://blogs.uni-bremen.de/werkstofftechnik2020/05-formaenderung-verformung-verfestigung/

Versetzungen entstehen bei der Kristallisation als Schmelzen und bei der plastischen
Verformung von Metallen

Versetzungsdichte (Anzahl von Versetzungen):


• normaler Metalle: ~106/cm²
• stark verformte Metalle: ~1011-1012/cm²

wichtig: mit steigender Versetzungsdichte steigt die Festigkeit und Härte sowie
sinkt die elastische und plastische Verformbarkeit (Versprödung)

Folge: die Anzahl von Versetzungen wird gezielt beeinflusst, um Eigenschaften


von Metallen zu beeinflussen (→ Wärmebehandlung)

29 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Flächendefekt:

Flächendefekte entstehen durch die Grenzflächen


von Kristalliten und bilden somit die Korngrenzen
im Metallgefüge

Versetzungen können maximal bis zu einer


Korngrenze wandern

• je kleiner die Kristallite (Feinkorngefüge)


desto höher ist die Festigkeit
• je größer die Kristallite (Grobkorngefüge)
desto höher ist plastische Verformbarkeit

Quelle: http://www.techniklexikon.net/d/gitterfeh-
ler/gitterfehler.htm

Quelle: https://www.wotech-technical-media.de/elearning-
detail.php?post id=8915&cat id=

Rekristallisation: Kornwachstum durch Festkörperdiffusion (t << tSchmelz)

Quelle: https://www.edelmetall-
schmiede.ch/infos/hintergruende/

30 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Raumdefekte:

Raumdefekte sind makroskopische Fehler im Gefüge


und treten auf als:
• Lunker
• Poren
• Risse
• Einschlüsse
• Ausscheidungen

Raumdefekte wirken in der Regel schwächend


auf das Material und sollten vermieden werden

Quelle: https://www.giesserei-pra-
xis.de/giesserei-lexikon/glossar/lunker

Lunker in gegossener Kurbelwelle


Quelle: https://www.giessereilexikon.com/gies-
serei-lexikon/Encyclopedia/show/lunker-303/

Lunker in Schweißnaht
Quelle: Vorlesung Schadensanalyse
Schweißen und Schweißnahtfehler; Dr.
Jörg Bretschneider, Fraunhofer IWS
Dresden TUD 4. Dezember 2013

31 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

2.3 Chemische Reaktionen – Entstehung und Veränderung von


Molekülen

Wenn sich Atome zu Molekülen zusammenlagern wollen, oder wenn die in Molekülen
zusammengelagerte Atome sich wieder trennen wollen, geht das immer einher mit
einer Änderung von Energieinhalten. Diese bedeutet, dass beim Zusammenlagern o-
der Trennen Energie entweder aufgewandt oder entnommen werden muss. Der Vor-
gang der Zusammenlagerung oder Trennung (oder Umlagerung) erfolgt in einer
chemischen Reaktion

chemische Reaktion: Mechanismus zur Veränderung der Bindungen von Atomen


und Molekülen bei gleichzeitiger Veränderung der energe-
tischen Niveaus:

• exotherm: Energiefreisetzung;
d.h. das Produkt der chemischen Re-
aktion ist energieärmer als die Aus-
gangssubstanzen (Edukte)

• endotherm: Energieaufnahme
d.h. das Produkt der chemischen Re-
aktion ist energiereicher als die Aus-
gangssubstanzen (Edukte)

Beispiele: Bildung von Wasser (exotherm):

H2 + ½ O2 → H2O + (- 572 MJ/kmol)

Verbrennung von Methan (exotherm):

CH4 + 2 O2 → CO2 + 2 H2O + (- 891 MJ/kmol)

Polymerisation von PVC (exotherm):

n x (C2H3Cl) → [C2H3Cl]n + (-71 MJ/kmol)

Photosynthese (endotherm):

6 H2O + 6 CO2 → 6 O2 + C6H12O6 + 2.824 MJ/kmol

32 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Jede Form von chemischer Reaktion läuft in der Regel nicht spontan ab, sondern be-
nötigt einen energetischen „Schubs“, die sogenannte Aktivierungsenergie.

Quelle: https://www.seilnacht.com/Lexikon/aktiv2.html

Stöchiometrie:

Für chemische Reaktionen gilt, dass sich weder die Art noch die Menge der Atome
verändert, sondern nur deren Zuordnungen und Zusammenschlüsse zu Molekülen
(Ausnahme: radioaktive Zerfallsprozesse);

Darauf basiert die sogenannte stöchiometrische Rechnung:

Art und Summe aller Elemente auf linker Seite =


Art und Summe aller Elemente auf rechter Seite

Beispiel: Verbrennung von Methan:


4xH

CH4 + 2 O2 → CO2 + 2 H2O


1xC
2xO 2xO

33 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Verbrennung von Ethanol:


5xH+1xH

C2H5OH + 3 O2 → 2 CO2 + 3 H2O


1xC
4xO 3xO
-1 x O

Herstellung von Salzsäure aus Salz und Schwefelsäure:

NaCl + H2SO4 → NaHSO4 + HCl

Herstellung von Ammoniak (Haber-Bosch-Verfahren; Direktsynthese)

N2 + 3 H2 → 2 NH3 (bei ca. 300 bar und ca. 450°C)

Hydration (Abbindereaktionen) von Zement in Beton (Zement weist 4


Klinkerphasen (C3S; C2S; C3A; C4AF) auf, die aus gesinterten Tonmi-
neralen und Kalk bestehen)

Tricalciumsilikat (C3S)
2 (3CaO ⋅ SiO2) + 6 H2O → 3CaO ⋅ 2SiO2 ⋅ 3H2O + 3 Ca(OH)2

Dicalciumsilikat (C2S)
2 (2CaO ⋅ SiO2) + 4 H2O → 3CaO ⋅ 2SiO2 ⋅ 3H2O + Ca(OH)2

Tricalciumaluminat (C3A)
3 CaO ⋅ Al2O3 + 12 H2O + Ca(OH)2 → 4CaO ⋅ Al2O3 ⋅ 13H2O

Tetracalciumalumionatferrit (C3AF)
4 CaO ⋅ Al2O3 ⋅ Fe2O3 + 13 H2O → 4CaO ⋅ Al2O3 ⋅ Fe2O3 ⋅ 13H2O

Bei der Reaktion von Zement mit Wasser ent-


stehen nadelförmige Calciumsilikathydrat-
Kristalle, die untereinander zu einer festen
Verbindung „verfilzen“
Quelle: https://www.baustoffwissen.de/baustoffe/bau-
stoffknowhow/grundstoffe-des-bauens/erstarren-von-
frischbeton/

34 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

In der Regel benötigen chemische Reaktion die Zufuhr von Aktivierungsenergie.

Im 19. Jhd. wurde durch unabhängige Arbeiten von Jöns Jakob Berzelius und Wil-
helm Ostwald das Prinzip der Katalyse entdeckt: die Senkung der Aktivierungs-
energie und/oder Verschiebung der Gleichgewichtsreaktionen durch unbeteiligten
dritten Partner, de, sogenannten Katalysator

Beispiele: Reduktion von CO und unverbrannten Kohlenwasserstoffen


(CnHm) in Verbrennungsmotoren; als Katalysator wird eine Kera-
mikmatrix mit Beschichtung aus Platin, Rhodium oder Palladium
benutzt.
Katalysator
2 CO + O2 2 CO2

Katalysator
2 C2H6 + 5 O2 4 CO2 + 6 H2O

Quelle: https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/chemie-
abitur/artikel/abgaskatalysator-bei-kraftfahrzeugen

35 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Stickoxid-Reduktion: Entstickung der Abgase in Motoren und Kraftwerken


(DENOX-Verfahren: SCR-Katalysator aus Titan, Wolfram-
und Vanadiumoxid); die Entstickung erfolgt über eine Re-
aktion von Stickoxid mit Ammoniak (aus beispielsweise
Harnstoff / AdBlue) bei ca. 300 – 400°C
Katalysator
4 NO + 4 NH3 + O2 4 N2 + 6 H2O

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Selektive_kata-
lytische_Reduktion#/media/Datei:Diesel_tech.png

Ammoniak-Synthese Direktsynthese aus H2 und N2 mit Katalysator (Eisenoxid-


Mischkatalysator aus Fe3O4, K2O, CaO, Al2O3 und SiO2; )
bei p = 300 bar und t = ca. 450°C
Katalysator
N2 + 3 H2 2 NH3

Quelle: https://www.seilnacht.com/Lexikon/HaberBo.htm
36 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Die Syntheserate von Ammoniak steigt mit abnehmender Temperatur und zuneh-
mendem Druck; aber abnehmende Temperatur bedeutet auch eine sehr geringe Re-
aktionsgeschwindigkeit; der beste Kompromiss hat sich bei ca. 450°C und 300 bar
herausgestellt.

Quelle: https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/chemie-
abitur/artikel/technische-herstellung-von-ammoniak

Reaktionsgeschwindigkeit

Chemische Reaktionen laufen nicht schlagartig ab, sondern verläuft mit einer be-
stimmten Geschwindigkeit, der sogenannten Reaktionsgeschwindigkeit r.

Reaktionsgeschwindigkeit r: Zeit, die die chemische Reaktion benötigt, um eine


bestimmte Stoffmenge umzusetzen

Reaktionsgeschwindigkeit = Konzentrationsände-
rung je Zeiteinheit

Reaktionsgeschwindigkeit r = ∆c / ∆t

Die Reaktionsgeschwindigkeit r ändert sich damit in Laufe der chemischen Reaktion


und hängt immer von der aktuellen Konzentration der Reaktionspartner cA und cB ab
37 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

r ~ k ⋅ (cA)α ⋅ (cB)β [m³/(mol⋅s)]

k: Geschwindigkeitskonstante
(abhängig u.a. von Temperatur)

Beispiel: Reaktion von Salzsäure mit Zink (einfache und schnelle Herstellung von
kleinen Mangen an Wasserstoff im Labor)

2 HCl + Zn → H2 + ZnCl2

Darstellung des Stoffumsatzes von Oxonium-Ionen (H3O+: eigentliche


Ursache und Wirksubstanz von Säuren)

r1 =0,2/60 = 0,0333 mol/l⋅s

r1 = 0,1/60 = 0,0166 mol/l⋅s

Quelle: https://www.seilnacht.com/Lexikon/reaktge.htm

Das Beispiel zeigt, dass die Reaktionsgeschwindigkeit r = ∆c / ∆t nicht


konstant ist, da sie immer von der Konzentration der Reaktionspartner ab-
hängig ist.

38 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

3 Metalle – Inbegriff der technologischen Entwicklungen

Metalle stehen wie keine andere Materialgruppe für die technische, wirtschaftliche
und kulturelle Entwicklung der Menschheit. Edelmetalle wie Gold und Silber sind seit
vielen tausend Jahren Tausch- und Zahlungsmittel sowie Insignien von Reichtum und
Macht. Bronze und Eisen sind nicht nur Namensgeber für ganze Zeitalter, sondern
war Motor für wirtschaftliches Wachstum, großräumige Handelsbeziehungen und glo-
balisierter Märkte (der Begriff „global“ bezieht sich dabei auf die jeweils bekannte
Welt).

Quelle: https://archaeo-
metallurgie.de/giesse-
reiwerkstatt/

Metalle sind heute und auch in absehbarer Zukunft sehr wichtige Materialien für die
Verwirklichung gebäude- und energietechnischer Konzeptionen und Ideen.

3.1 Eisen-Werkstoffe

Als Eisenwerkstoffe werden Legierungen mit den Hauptkomponenten Eisen und Koh-
lenstoff bezeichnet.

Eisen-Kohlenstoff = Fe + C bzw. Fe3C

Kohlenstoff kann dabei in zwei Formen auftreten:


• freier Kohlenstoff: C (Graphit)
• chemisch gebundener Kohlenstoff: Fe3C (Zementit)

Abhängig von dem Mengenanteil an Kohlenstoff, werden zwei Klassen an Eisenwerk-


stoffen unterschieden:
• Eisengusslegierungen (C ≥ 2,06%)
• Eisenknetlegierungen / Stahl (C < 2,06%)

39 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Gründe für die hohe Bedeutung von Eisenwerkstoffen:

• Eisen weist eine hoher Verfügbarkeit auf, da das Ausgangsmaterial Eisenerze


weltweit in Gesteinen vorkommt (großer Unterschied zu Kupfer und Zinn =
Bronze)

• Eisenwerkstoffe weisen eine hohe Festigkeit und Belastbarkeit auf

• Eisenwerkstoffe lassen sich einfach verarbeiten;


neben Gießen ist auch eine mechanische Formgebung durch Schmiden möglich;
Schmieden ist einfacher und benötigt weniger Know-How als Gießen; daher
schnelle und weite Verbreitung der Eisenbearbeitung in der Bevölkerung

• vergleichsweise kostengünstiges Material (verglichen mit Kupfer und Bronze)

3.1.1 Gewinnung und Herstellung von Eisenwerkstoffen:

Roheisen wird in der Regel gewonnen aus:


• Recycling-Schrott
• mineralischen Eisenerzen

Quelle: https://www.ebay.de/itm/153416395144
wirtschaftlich bedeutende Eisenerze sind dabei:
• Magneteisenstein / Magnetit (Fe3O4)

• Roteisenstein / Hämatit (Fe2O3)

• Brauneisenstein / Limonit (Fe2O3+nxH2O)

• Spateisenstein / Siderit (FeCO3)

Verhüttung von Eisenerzen:


chemisches Produktionsverfahren zur Erzeugung
von Roheisen aus eisenerzhaltigen Mineralien

• bergmännischer Abbau von Erzen

• Zerkleinern („Brechen“) von Erzen und


Quelle: chempage.de e

entfernen von „taubem“ Gestein

• Reduktion der Eisenerze im Hochofen mit Koks

• Stahlerzeugung durch Einblasen von reinem


Sauerstoff („Frischen“ = „Ausbrennen“ von
Kohlenstoff)

40 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

3.1.2 Chemische Reaktionen bei der Reduktion des Eisenerzes:

Reduktion: eine Reduktion eine chemische Reaktion, bei der der zu reduzierende
Stoff Elektronen aufnimmt (Reduktion = Aufnahme von Elektronen)

bei der Reduktion von Eisenerzen nehmen die Eisenoxide Elektronen


auf; dadurch wird über mehrere Schritte die Verbindung von Eisen (Fe)
mit Sauerstoff (O2) gelöst

als Reduktionsmittel dient im klassischen Hochofenprozess Kohlendi-


oxid (CO); in Zukunft ist die Verwendung von Wasserstoff (H2) als Re-
duktionsmittel geplant (→ „grüner Stahl“)

• Reaktionsgleichungen bei der Reduktion von Hämatit und Magnetit mit CO:

Stufe 1: 3 Fe2O3 + CO → 3 Fe3O4 + CO2

Stufe 2: Fe3O4 + CO → 3 FeO + CO2

Stufe 3: FeO + CO → Fe + CO2

• Reaktionsgleichungen bei der Reduktion mit H2 („grüner Stahl):

Stufe 1: 3 Fe2O3 + H2 → 3 Fe3O4 + H2O

Stufe 2: Fe3O4 + H2 → 3 FeO + H2O

Stufe 3: FeO + H2 → Fe + H2O

In Zug der Reduktionsvorgänge werden Begleitstoffe der Eisenerze wie Calzium (Ca),
Aluminium (Al), Schwefel (S) als Schlacke gebunden

Das so entstandene Roheisen hat einen Kohlenstoffgehalt von bis ca. 4%. Zur wei-
teren Verringerung des Kohlenstoffgehalts wird Sauerstoff (O2) in die Roheisen-
schmelze geblasen („Frischen“). Dadurch werden Kohlenstoff und weiteren Eisenbe-
gleitstoffe (Phosphor P, Mangan Mn, Silizium Si) oxidiert und/oder verschlackt
(→ Stahl).
Konverter; Quelle: chemie-am-auto.de

Schema Windfrischen; Quelle: seilnacht.com 41 / 127


Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

weitere Verarbeitungsschritte:

• Veredelung der flüssigen Rohstähle durch gezielte Zugabe von Zusatzstoffen


(→ Legieren)

typische Legierungselemente sind: Chrom (Cr), Nickel (Ni), Vanadium (V),


Aluminium (Al), Zinn (Sn), Zink (Zn),
Molybdän (Mo), Kupfer (Cu), Cobald (Co), …

jedes Legierungselement hat eine ganz bestimmte Wirkung auf die Ausbildung
der kristallinen Gitterstrukturen, der Bildung und Verteilung von Mischkristallen
sowie der Gefügestrukturen

Brammen: Quelle: stahl-online.de


• mechanische Weiterberarbeitung der Stähle
zu Halbzeugen (z.B.: Brammen, Barren, etc.)

• mechanische Weiterverarbeitung zu Zwischen- und Endprodukten:

• Gießen: Herstellen beliebiger geometrische Formen;

Gießerei; Quelle: huhag.de


Gussformen aus Stahl (Kokille), Sand, Keramik, …

• Walzen: Herstellung von Flachmaterial (Blechen) und


Stangenmaterial (Rohre, Profilstangen, etc.)
Quelle: https://www.runfeigroup.com/hot-rolled-
steel/hot-rolled-steel-coil.htmline.de

• Schmieden: Bauteile mit hoher Festigkeit durch


Verdichtung von Stahl und
nahtlose Formübergänge

42 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

3.1.3 Grundlagen von Eisen-Kohlenstoff-Legierungen:

• die Hauptkomponenten Eisen (Fe) und Kohlenstoff (C) bilden ein Gefüge aus
Mischkristallen; dabei ist berücksichtigen, dass Fe und C nur eine beschränkte
Löslichkeit aufweisen

• der Kohlenstoff in der Eisen-Matrix auf Zwischengitterplätzen gelöst (Einlage-


rungs-Mischkristall)

• abhängig von der Temperatur bilden sich unterschiedliche Mischkristall-Typen aus

• t < 723°C - 911°C: kubisch raumzentriert (krz) → α-Mischkristall


• 911°C <t<1390°C: kubisch flächenzentriert (kfz) → γ-Mischkristall
• 1390°C <t<1540°C: kubisch raumzentriert (krz) → δ-Mischkristall
(= α-Mischkristall)

• Kohlenstoff kann chemisch gebunden in Form von Zementit (Fe3C) oder in Form
von Graphit (elementarer Kohlenstoff C) als eigene Phase vorliegen

• Bezeichnungen der vorkommenden Mischkristall-Typen in Eisen-Kohlenstoff-Le-


gierungen:

• α-Mischkristall: krz; max. 0,02% C gelöst → Ferrit

• γ-Mischkristall: kfz; max. 2,06% C gelöst → Austenit

• δ-Mischkristall: krz; max. 0,1% C gelöst → δ-Ferrit

• Fe3C: orthorhombisch → Zementit

• α-Mischkristall + Fe3C → Perlit

• γ-Mischkristall + Fe3C → Ledeburit

1.2%C Perlit-Zementit-Gefüge;
Quelle: www.muwi.rwth-aachen.de

43 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

3.1.4 Das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm

• Eisen-Kohlenstoff-Legierungen werden in einem speziellen Zustandsdiagramm


dargestellt: → Eisen-Kohlenstoff-Diagramm (Fe-C-Diagramm)

• im Fe-C-Diagramm sind die unterschiedlichen Mischkristall-Typen in Abhängigkeit


vom Kohlenstoffgehalt und von der Temperatur dargestellt

• dabei liegt der Kohlenstoff zunächst in Form von Zementit (Fe3C) vor; durch Glü-
hen wandelt sich Zementit in Graphit und Eisen um: Fe3C → 3Fe + C

Quelle: mkdoc.de

44 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Einfluss von Kohlenstoff aus Stahl und Gusseisen

Der Kohlenstoffgehalt ist ein maßgebender Faktor für die Eigenschaften von Eisen-
werkstoffen. Mit zunehmendem Kohlenstoffanteil ergibt sich:

• eine Zunahme von Härte und Festigkeit


• eine Zunahme von Verschleißwiderstand
• eine Abnahme von Verformbarkeit

3.1.5 Wärmebehandlung von Eisenmaterialien:

Die Gefügestruktur von Eisenwerkstoffen kann im Festkörperzustand durch die soge-


nannte Wärmebehandlung beeinflusst und verändert werden. Dabei wird das Mate-
rial über die Phasengrenze zwischen Perlit und Austenit erwärmt (s. Eisen-Kohlen-
stoff-Diagramm). Anhängig von Temperatur, Warmhaltezeit und Abkühlgeschwindig-
keit können austenitische Gefügestrukturen (kfz) im perlitischen Gefüge
(krz) bei Gebrauchstemperatur erzeugt werden, Darüber hinaus können durch Tem-
peratureinwirkung die Korngrößen vergrößert (→ Grobkorngefüge) und die Verset-
zungsdichte reduziert werden (→ Ausheilen).

typische Wärmebehandlungsverfahren sind:

Glühen Erwärmen und Halten auf ca. 500°C bis 1100°C

Härten: erst Glühen und dann schnelles Abkühlen


(→ Bildung von Martensit)

Anlassen / Vergüten: nach Härten wieder auf ca. 400°C – 700°C erwär-
men und dann langsam Abkühlen (→ gezielter Ab-
bau von Martensit und Erhöhung der Zähigkeit

Nitrieren: sehr hohe Oberflächenhärte durch langsames


Eindiffundieren von Stickstoff in Randschicht von
Werkstück in Nitrierofen (ca. 500 – 600°C; bis zu
100 h)

Aufkohlen: hohe Oberflächenhärte durch langsames


Eindiffundieren von Kohlenstoff in Randschicht von
Werkstück in Wärmeofen (ca. 850°C – 1050 °C)

45 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

3.1.6 Einteilung von Eisenwerkstoffen

Die Einteilung von Eisenwerkstoffen erfolgt anhand des Kohlenstoffgehalts im Ge-


füge:
• C < 0,1%: Reineisen

• 0,1% < C < 0,5%: Baustähle

• 0,25% < C < 0,6%: Vergütungsstähle

• 0,5% < C < 2,06%: Werkzeugstähle

• 2,06% < C < 6,67%: Gusseisen (Fe – C- Si –Legierung)


• Fe-C-Si-Gefüge: graues Gusseisen
• Fe-Fe3C-Si-Gefüge: weißes Gusseisen

wesentliche Eigenschaften:

• Stähle haben eine höhere Zähigkeit als Gusseisen


• Gusseisen deutlich weniger korrosionsanfällig als Stähle
• Stähle lassen sich gut schweißen, Gusseisen ist nur sehr bedingt schweißtauglich
• physikalische und chemische Eigenschaften allen Eisenmaterialien lassen sich
durch entsprechende Legierungen in einem weiten Feld gezielt beeinflussen und
„designen“

Beispiel für typische Eisen-Materialien:

Werkstoffbeschreibung Werkstoffname Zugfestigkeit Rp;0,2


unlegierter Baustahl S355JR ca. 355 N/mm²
vergüteter Baustahl S550QL ca. 550 N/mm²
Maschinenbaustahl E360 ca. 360 N/mm²
Stahl für Rohrleitungen L360Q ca. 360 N/mm²
legierter Edelstahl X5CrNi18-10 / 1.4301 ca. 800 N/mm²
Lamellengraphitguss GJL-350 ca. 400 N/mm²
Kugelgraphitguss GJS-1200-2 ca. 1200 N/mm²

46 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

3.1.7 Lieferformen und Anwendungen von Eisenwerkstoffen

wichtige Lieferformen:

• Stahlbleche (blank, verzinkt, beschichtet, …) als Tafeln oder als Colli


• Profilstahl (L-Profile, T-Profile, Doppel-T-Profile, …)
• Rohrmaterial (blank, verzinkt, beschichtet, …)
• Stangenmaterial

wichtige Anwendungen:

Strukturelemente in der Bautechnik


• Stahlträger (L-Profile, T-Profile, Doppel-T-Profile, …)
• Bewehrungseisen im Betonbau (Matten, Stangen, Körbe, …)

Rohrmaterial für Medientransport: (→ aus Korrosionsschutz achten!!!)


• längsgeschweißte Stahlrohre („Schwarzstahl“)
• verzinkte Stahlrohre
• rundverschweißte Pipeline-Rohre

Apparatebau:
• Schaltschränke
• Gehäuse
• Achsen und Wellen
• Turbinen- und Verdichterschaufeln
• Motoren- und Kompressoren

u.v.m.

3.1.8 Recycling und Energieaufwand

Eisenmaterialien lassen sich gut trennen und durch Einschmelzen vollständig recy-
celn.

Der Primärenergieaufwand für die Herstellung von primärem Stahl aus Eisenerz
variiert mit der Art der erforderlichen Legierung; der Primärenergieaufwand für Re-
cycling-Stahl („Kreislaufmaterial“) beschränkt sich in erster Linie auf das Aufschmel-
zen.

• primärer Baustahl aus Erz: ca. 32 MJ / kg (→ 8,9 kWh/kg)


• primärer Edelstahl aus Erz: ca. 113 MJ / kg (→ 31,4 kWh/kg)
• primäres Gusseisen aus Erz: ca. 65 MJ / kg (→ 18,1 kWh/kg)

• sekundärer Baustahl aus Recycling: ca. 12 MJ (→ ca. 3,3,kWh/kg)


• sekundärer Edelstahl aus Recycling: ca. 15 MJ (→ ca. 4,2 kWh/kg)

47 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

3.2 Nichteisen-Werkstoffe

Als Nichteisen-Metalle (NE-Metalle) werden alle metallischen Materialien bezeichnet,


bei denen Eisen nicht oder nur als Legierungselement vorhanden ist.

NE-Metalle werden üblicherweise in folgende Gruppen unterteilt:

• Leichtmetalle: Metalle mit einer Dichte kleiner 5000 kg/m³; typische Vertreter
sind Aluminium (Al), Magnesium (Mg), Titan (Ti) etc. und deren
Legierungen (AlMg3; Ti-6Al-2Sn-4Zr-6Mo; …);

• Buntmetalle: Metalle mit einer Dichte größer 5000 kg/m³ unter Ausschluss der
Edelmetalle; typische Vertreter sind Kupfer (Cu), Nickel (Ni), Blei
(Pb), Zinn (Sn), Zink (Zn) und deren Legierungen (CuSn), Mes-
sing (CuZn), …)

• Edelmetalle: Metalle mit einer sehr hohen Korrosionsbeständigkeit; typische


Vertreter sind Gold (Au), Silber (Ag), Palladium (Pd), Quecksilber
(Hg), etc.

3.2.1 Technische Nutzung von Edelmetallen

Eigenschaften und Anwendungen für Gold (Au)

Eigenschaften: hohe Dichte (19,3 g/cm³)

unlegiert sehr weich (Mohshärte 2,5 -3); dadurch Verarbeitbar-


keit zu sehr dünnen Folien (Blattgold: 0,1 – 0,33 µm)

gute legierbar mit Silber (Elektron), Kupfer (Goldbronze), …

hohe elektrische Leitfähigkeit (45,5⋅106 A/Vm)

hohe Wärmeleitfähigkeit (320 W/mK)

Gold ist mit Ausnahme von Königswasser (3 x HCL + 1 x HNO3)


gegen alle herkömmlichen Säuren und Laugen beständig:

Reaktion von Gold mit Königswasser zu Tetrachloridgoldsäure

2 Au + 9 HCL + 5 HNO3 2 HAuCl4 + 4 NO4 + 6 H2O + NOCl

48 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Anwendungen: ca. 10% des geförderten Golds wird technisch genutzt (Rest:
Schmuck und Wertanlage)

aufgrund der guten Lötbarkeit und der Korrosionsstabilität dient


Gold in der Elektronik als ideales Leitermaterial

• Goldbeschichtung von Leiterplatten


• Anschlussdrähte für Mikroprozessoren
• Goldbeschichtete Schaltkontakte (z.B. für Tastaturen, Fehler-
stromschalter, Relais, …)
• Goldbeschichtete Steckverbindungen, Buchsen, … (z.B. 6,3
mm Klinkenstecker, …)

Optik und optische Geräte


• Goldbedampfen von Glasscheiben (Wärmeschutzverglasung,
Hitzeschutzverglasung; …) und Spiegeln (Teleskope)

aufgrund der Korrosionsbeständigkeit und der nicht vorhandenen


Toxizität und Verstoffwechselbarkeit wird Gold auch in der Medi-
zin und Pharmazie eingesetzt

• Zahlimplantate und Zahnfüllungen


• Goldsalze gegen Rheuma und Arthritis (ist umstritten)

Eigenschaften und Anwendungen für das Silber (Ag)

Eigenschaften: Dichte (10,5 g/cm³)

unlegiert sehr weich (Mohshärte 2,5 -3); dadurch Verarbeitbar-


keit zu sehr dünnen Folien (Blattsilber: 2 – 3 µm)

gute legierbar mit Kupfer (Silberbronze), Palladium, …

sehr hohe elektrische Leitfähigkeit (61,4⋅106 A/Vm)

sehr hohe Wärmeleitfähigkeit (430 W/mK)

Silber ist relativ korrosionsbeständig, reagiert aber mit Schwefel-


wasserstoff (H2S) und Luftsauerstoff zu Silbersulfid (Ag2S) (Silber
läuft schwarz an)

4 Ag + 2 H2S + O2 2 Ag2S + 2 H2O

Gegenmaßnahme: Silber-Palladium-Legierung ist oxidationsstabil

49 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Silber löst sich in Salpetersäure (HNO3); damit lässt sich aus ei-
ner Gold-Silber-Legierung (Elektron) das Gold abtrennen; daher
wurde Salpetersäure früher als „Scheidewasser“ bezeichnet

Anwendungen: Silber wirkt antibakteriell; daher Anwendung in der Medizin-


technik und Wasserhygiene
• Silberbeschichtung von Oberflächen für intrakorpulare Ge-
genstände (Tubus, Herzschrittmacher, Stents, …)
• Silberbeschichtete Wasserkartuschen zur Entkeimung
• Opferanoden in Wasserspeicher

Fertigung- und Produktionstechnik


• Beschichtung von metallischen Gegenständen (galvanisches
Versilbern)
• Silberlot zum Hartlöten von Kupferrohren, Stahlbauteilen, etc.
• Beschichtung von Spiegeln

aufgrund der guten Lötbarkeit und der Korrosionsstabilität dient


Silber in der Elektronik als ideales Leitermaterial
• Silberbeschichtung von Leiterplatten
• Anschlussdrähte für Mikroprozessoren
• Silberbeschichtung Schaltkontakte (z.B. für Tastaturen, Feh-
lerstromschalter, Relais, …)

https://www.silber.de/anwendungen-silber.html

50 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

3.2.2 Kupfer und Kupferlegierungen

Kupfer kommt in der Natur zum geringen Teil gediegen vor;


zumeist ist Kupfer in chemisch gebundener Form in Kupfererzen gebunden;

wichtiges Kupfererz: Kupferkies CuFeS2

weitere Kupfererze: Kupferglanz Cu2S


Rotkupfererz Cu2O

Herstellung von Kupfer aus Kupferkies:

Schritt 1: Rösten von Kupferkies (CuFeS2) zu Kupferstein (Cu2S)

6 CuFeS2 + 10 O2 3 Cu2S + 2 FeS + 2 Fe2O3 + 7 SO2

das dabei entstehende Eisen(III)-oxid wird durch Zugabe von


Quarzhaltigen Zuschlägen (SiO2) und Koks (C) in Eisensilikat
(Fe2SiO4) verschlackt:

Fe2O3 + C + SiO2 Fe2SiO4 + CO

Schritt 2: Entschwefeln und Reduzieren von Kupferstein (Cu2S) zu


Rohkupfer (Cu)

2 Cu2S + 3 O2 2 Cu2O + 2 SO2

Cu2S + 2 Cu2O 6 Cu + SO2

Durch den chemischen Prozess kann Rohkupfer mit ca. 98% Reinheit erzeugt
werden. Höhere Reinheiten wird Rohkupfer durch Elektrolyse aus einer ange-
säuerten Kupfersulfat-Lösung (CuSO4 + H2SO4) in Reinkupfer („Elektrokup-
fer“) mit ca. 99,99% Reinheit erzeugt.

https://www.seilnacht.com/Lexikon/e_chem.html

51 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Eigenschaften und Anwendungen von Reinkupfer (Cu)

Eigenschaften: Dichte (8,9 g/cm³)

sehr gute legierbar mit Silber (Silberbronze), Palladium, …

sehr hohe elektrische Leitfähigkeit (58,1⋅106 A/Vm)

(Quelle: https://wirautomatisierer.industrie.de/themen/re-
lais/der-kontakt-macht-den-unterschied/)
Vergleichende Gegenüberstellung der elektrischen Leitfähigkeit
von Kupfer zu anderen Metallen

Kupfer wirkt antibiotisch (Kupfernägel / Kupferdrähte können


Bäume massiv schädigen; Kupferbeplankung verhindert Algen-
wachstum)

Kupfer mit Sauerstoff im Gefüge versprödet unter Wasserstoffe-


inwirkung (→ Vorsicht bei Wasserstoffleitungen)

Kupfer ist wenig korrosionsbeständig; unter Umwelteinflüssen


bilden sich mit Wasserdampf wässrige Säuren aus CO2 und SO2;
diese greifen Kupferoberflächen am und bilden eine Patina, be-
stehend aus
• Kupfersulfathydroxid: CuSO4 ⋅ 3 Cu(OH)2
• Kupfer(II)-carbonathydroxid: 2 CuCO3 ⋅ Cu(OH)2

sehr hohe Wärmeleitfähigkeit (400 W/mK)

52 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

(Quelle: https://top-seiko.com/de/werkstoffeigenschaf-
ten/warmeleitfahigkeit-von-keramiken/
Vergleichende Gegenüberstellung der Wärmeleitfähigkeit von
Kupfer zu anderen Metallen

Anwendungen Stromleiter (Kabel, Leiterbahnen, …)


Kupfer hat nach Silber die beste elektrische Leitfähigkeit Strom-
leiter; Die Leitfähigkeit von Reinkupfer wird durch geringste Ver-
unreinigungen (Eisen, Phosphor) und durch Gitterversetzungen
(durch Kaltverformung) deutlich herabgesetzt

Hochspannungskabel (110-V)
(Quelle: https://www.google.com/url?sa=i&url=https%3A%2F%2Fopen-
data.uni-halle.de%2Fbitstream%2F1981185920%2F13222%2F8%2FD01_HS-
Kabel.pdf&psig=AOvVaw2qsUlL0OcQkms_32gST-
Dtt&ust=1671615569301000&source=images&cd=vfe&ved=0CAMQtaYDa-
hcKEwiw2NW484f8AhUAAAAAHQAAAAAQIw)

53 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Rohrleitungen
Kupferrohre eignen sich aufgrund der einfachen und schnellen
Verarbeitbarkeit und hohen Dichtigkeit (z.B. Biegen, Hartlöten)
für Kälteanlagen, Wärmepumpen, Wärmetauscher und Heizungs-
leitungen
Vorsicht bei Trinkwasserleitungen, da Kupfer bei geringem pH-
Wert (z.B. Kohlensäure) gelöst wird, und damit Cu-Anteil im
Trinkwasser gesundheitskritisch werden könnte

Darstellung des Aufbaus eines Cu-Al-Wärmetauschers


(Quelle: https://www.polarkaeltetechnik.de/project/allgemeine-produktinformation/

Dichtungen
Metallische Dichtungen für hohe Temperaturen (wichtig: sauer-
stofffreies Kupfer verwenden)
wichtig: Kupfer wird beim Verschrauben der Dichtflächen und in
Spalten und Gewindegänge gedrückt (→ hohe Dichtigkeit); aber
bei jedem Öffnen der Verschraubung muss Kupferdichtung er-
Dichtscheiben aus Kupfer setzt werden
(Quelle: https://www.online-dichtungs-
shop.de/Kupfer-Dichtung-Unterleg-
scheibe-DIN-7603-Kupferring

Anlagen- und Gebäudeschutz


aufgrund der antibiotischen Wirkung werden Kupferblech an An-
lagen und Gebäude verbaut (Firstbleche, Dachbeplankung, histo-
risch: Schiffsbeplankung …), um ablaufendes Regenwasser mit
Cu-Ionen anzureichern, die Algen, Moose, Flechten abtöten bzw.
Wachstum verhindern

54 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

wichtige Kupferlegierungen

Messing: Messing ist eine Legierung aus Kupfer (Cu) und Zink (Zn)

Eigenschaften: ca. 5 bis 45% Zink-Anteil

hohe Festigkeit (310 – 460 N/mm²)

elektrische Leitfähigkeit deutlich geringer als bei rei-


nem Kupfer (16⋅106 A/Vm)

Wärmeleitfähigkeit deutlich geringer als bei reinem


Kupfer (ca. 120 W/mK)

sehr gute Verarbeitbarkeit (zerspanen, gießen);


Messing „schmiert“ nicht

hoher Korrosionsbeständigkeit

härter als Kupfer (abhängig von sonstigen Legie-


rungsstoffen wie Pb, Si, Fe, Ni, Mn, Al, …)

Anwendungen: nichtmagnetische, korrosionsbeständige Bauteile in


der Optik, Elektrotechnik, Maschinenbau, Beschläge
und Armaturen, etc.

Schlauchtülle aus Messing


Druckminderer aus Messing Quelle: wokasu.de
Quelle: https://www.dieschweissprofis.de

55 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Bronze Bronze ist eine Legierung aus Kupfer (Cu) und Zinn (Sn)

Eigenschaften: ca. 5 % bis zu 30% Zinn-Anteil

hohe Festigkeit mit Maximum bei Zinnanteil von ca.


10% bis 15% (280 – 300 N/mm²)

elektrische Leitfähigkeit deutlich geringer als bei rei-


nem Kupfer und Messing (9⋅106 A/Vm)

Wärmeleitfähigkeit deutlich geringer als bei reinem


Kupfer und Messing (ca. 75 W/mK)

sehr hohe Korrosionsbeständigkeit;

sehr gute Gießbarkeit; daher wird Bronze insbeson-


dere für Gussteile verwendet

Anwendungen:
• hochbeanspruchte Gleitlager, Schneckenräder
und Getriebebauteile

• Gehäuse und Armaturen

• Statuen und Glocken

• etc.

Gleitlager aus Bronze


Quelle: https://www.lohmann-gleitlager.de/produkte/gerollte-gleitlager-aus-cusn8/

Rückschlagventil aus Bronze


Quelle: https://de.misumi-ec.com/vona2/detail/221000194638/#

56 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

weitere Kupferlegierungen: dabei ist der Kupferanteil stets größer 60%

• Silberbronze: Kupfer mit Silber


• Goldbronze: Kupfer mit Gold
• Aluminiumbronze: Kupfer mit Aluminium

Verwendung von Kupfer und Kupferlegierungen:

Quelle: https://kslmining.com/ksl-gmbh/der-rohstoff-kupfer/

Recycling und Energieaufwand für Kupfer und Kupferlegierungen

Kupfer und Kupferlegierungen lassen sich gut trennen und durch Einschmelzen voll-
ständig recyceln.

Der Primärenergieaufwand für die Herstellung von Neu-Kupfer aus Kupfererzen


variiert mit der Art und Qualität der verwendeten Erze und der Arbeitsschritte zur
Raffinierung des Kupfers.

• primäres Kupfer aus Erzen: ca. 113 MJ / kg (→ 31,4 kWh/kg)


• sekundäres Kupfer aus Recycling: ca. 15 MJ (→ ca. 4,2 kWh/kg)

57 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

3.2.3 Aluminium und Aluminiumlegierungen

Aluminium (Al) ist neben Sauerstoff (O2) und Silizium (Si) das dritthäufigste Element
in der Erdkruste

Aluminium kommt in der Natur nur in chemisch gebundener Form als Oxid als Be-
standteil von Mineralien vor

wichtige Aluminiumerze: Bauxit: (ca. 60% Al2O3; ca. 8% SiO2, bis 28% Fe2O3)

Herstellung von Aluminium aus Bauxit:

1. Schritt: Abscheiden von Silizium- und Eisenoxiden durch Natronlauge (NaOH)


im sogenannte Bayer-Verfahren

→ dadurch Herstellung von reinem Aluminiumoxid (Al2O3)

2. Schritt: Erzeugung von elementarem Aluminium durch Elektrolyse;


da der Schmelzpunkt von Aluminiumoxid mit ca. 2045°C sehr hoch ist,
wird Natriumhexafluoroaluminat "Kryolith" (Na3AlF6) als Flussmittel zu-
geführt; die Elektrolyse erfolgt am eutektischen Punkt (ca. 10% Al2O3)
bei einer Schmelztemperatur von ca. 960°C.

Phasendiagramm einer Aluminium-Kryolith-Schmelze


(Quelle: https://www.chemgapedia.de/vsengine/vlu/vsc/de/ch/11/aac/vorlesung/kap_11/vlus/techni-
scheelektrolyse.vlu/Page/vsc/de/ch/11/aac/vorlesung/kap_11/kap_11_3/kap11_3b/kap11_34c.vscml.html)

58 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Schmelz-Elektrolyse-Ofen für die Herstellung von Reinaluminium


(Quelle: https://www.chemgapedia.de/vsengine/vlu/vsc/de/ch/11/aac/vorlesung/kap_11/vlus/techni-
scheelektrolyse.vlu/Page/vsc/de/ch/11/aac/vorlesung/kap_11/kap_11_3/kap11_3b/kap11_34c.vscml.html)

chemische Reaktionsgleichungen der Elektrolyse:

2 Al3+ + 6 e- 2 Al

3 O2- 3/2 O2 + 6 e-

Al2O3 + 2 C 2 Al + CO2 + CO

Eigenschaften und Anwendungen von Reinaluminium (Al)

Eigenschaften: sehr geringe Dichte (2,7 g/cm³);


damit ist Aluminium und Aluminiumlegierungen prädestiniert für
Leichtbauelemente (Bautechnik, Flug- und Fahrzeugbau, …

hohe Korrosionsbeständigkeit
Aluminium bildet eine unmittelbar nach Luftkontakt eine festsit-
zende, gasdiffusionsdichte Oxidschicht an der Oberfläche, die ein
weiteres Oxidieren verhindert

lebensmittelecht
damit sind Aluminiumbehälter und Aluminiumfolie prädestiniert
für die Verpackung und Lagerung von Lebensmitteln

59 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

hohe elektrische Leitfähigkeit (37,7⋅106 A/Vm); nur Cu und


Ag besser)

hohe Wärmeleitfähigkeit (235 W/mK);


daher wird Aluminium u.a. bei Wärmetauschern als Lamellen
(d.h. Rippen) eingesetzt

sehr gut legierbar


mit der Zugabe von z.B. Magnesium nehmen bei Aluminium Fes-
tigkeit und Härte signifikant zu:

• Reinaluminium: Rp o,2 = 40 N/mm²


Brinell-Härte: HB 30

• Alu-Legierung AlMg3: Rp o,2 = 140 N/mm²


Brinell-Härte: HB 65

Verarbeitbarkeit:
Reinaluminium ist sehr gut umformbar aber kann nicht zerspannt
werden (da Material zu weich und somit schmierender Span)

wichtige Aluminiumlegierungen

Die wichtigsten Legierungselemente für Aluminium sind:

Magnesium: AlMg1: Aluminium mit 1% Magnesiumanteil (HB 45)


AlMg3: Aluminium mit 3% Magnesiumanteil (HB 65)

Silizium: AlSiMg Aluminium mit 0,6% Magnesium und


0,9% Siliziumanteil (HB 85)

Mangan: AlMn1Cu Aluminium mit % Mangananteil


und < 1% Kupferanteil (sehr weich; Material für
Getränkedosen)

60 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Verwendung von Aluminium und Aluminiumlegierungen:

Reinaluminium: Alu-Folie

Stromleiter und elektrische Kontaktflächen

Aluminiumlegierungen: Strukturelemente im Ausbau


• Trockenbauprofile
• Fensterprofile
• Fassadenelemente
• etc.

Motoren- und Fahrzeugbau


• Motorblöcke Motorbauteile
• Karosserie- und Rahmenbauteile
• etc.

Anlagen und Apparatebau:


• Gehäuse
• Profilstangen und Profilrohre
• Wärmetauscher
• Kühlkörper
• etc.

Quelle: https://www.rk-rose-
krieger.com/deutsch/pro-
dukte/profiltechnik/

Recycling und Energieaufwand für Aluminium und Aluminiumlegierungen:

Aluminium und Aluminiumlegierungen lassen sich gut trennen und durch Einschmel-
zen vollständig recyceln.

Der Primärenergieaufwand für die Herstellung von Neu-Aluminium ist der höchste
Aufwand von allen NE-Metallen. Daher ist bei der Konstruktion die Möglichkeit der
sortenreinen Trennung und Recycling von Alu-Bauteilen essenziell wichtig.

• primäres Aluminium aus Bauxit: ca. 210 MJ / kg (→ 58,3 kWh/kg)


• sekundäres Aluminium aus Recycling: ca. 24 MJ (→ ca. 6,7Wh/kg)

61 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

3.3 Vergleichende Gegenüberstellung umweltrelevanter Kenn-


größen für Metalle

Die Basis und Quellen der nachfolgenden Diagramme und Zahlenwerte für den Ener-
gieaufwand und die CO2-Emissinen wurden von mir nicht verifiziert. Daher sollen die
Zahlenwerte in erster Linie als relative Vergleichswerte dienen, und weniger als abso-
lute Zahlenwerte.

Primärenergieaufwand zur Herstellung verschiedener Metalle

Quelle: https://www.gesundes-haus.ch/metall-
CO2-Fußabdrücke bei der Herstellung verschiedener Metalle bauarbeiten/oekobilanz-metalle.html
Quelle: https://www.gesundes-haus.ch/metall-
bauarbeiten/oekobilanz-metalle.html

62 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

3.4 Korrosion und Korrosionsschutz

Korrosionsvorgänge stellen in Natur und Technik sehr folgenschwere Prozesse dar,


da dadurch Materialien chemisch umgewandelt und somit zerstört werden. Der am
besten bekannte Korrosionsprozess ist das Rosten von Eisen- und Stahlgegenstän-
den.

Korrosion beruht stets auf einer Wechselwirkung zwischen dem Material und der Um-
gebung. Diese Wechselwirkung äußert sich in Form chemischer Reaktionen und führt
zu einer, in der Regel stofflichen Veränderung des Materials.

wichtiger Auslöser für Korrosion:

Sauerstoffkorrosion: Sauerstoff oxidiert das Material; dabei reagiert der in


einem Elektrolyten gelöste Sauerstoff in Form von Hydro-
xid-Ionen

Beispiel: Eisenkorrosion („Rosten“)

• Fe → Fe2+ + 2 e- (Elektronenabgabe (= Oxidation) von


Eisen durch Oxonium-Ion H3O+ aus einer Säure)

• ½ O2 + H2O + 2 e- → 2 OH- (Elektronenaufnahme


(= Reduktion) von Wasser; dadurch
Bildung von Hydroxid-Ionen)

• 2 Fe2+ + 4 OH- + ½ O2 + H2O → 2 Fe(OH)3 (Bildung von


leicht löslichem Ei-
sen)III)-hydroxid)

aus Eisen(III)-hydroxid bildet sich durch Wasserabgabe das schwerlösli-


che Eisen(III)oxid-hydroxid

• Fe(OH)3 → FeO(OH) ⋅ H2O dadurch fällt Eisen(III)oxid-hydroxid


aus Lösungen (z.B. Trinkwasser) aus,
und lagert sich an Oberflächen an

• 2 FeO(OH) ⋅ H2O → Fe2O3 ⋅ 3 H2O Bildung von Eisen(III) -oxid


und Kristallwasser → Rost

63 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Korrosion kann sich in unterschiedlicher Form ausbilden:

• Flächenkorrosion: Korrosion ganzer Flächen

Beispiel: Bahnschienen

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Korro-
sion#/media/Datei:Zeche-Zollern_2132.JPG

• Lochfraßkorrosion: punktuelle Korrosion, die meist sehr tief gegen kann

Beispiel Rohrleitungen

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Korro-
sion#/media/Datei:Zeche-Zollern_2132.JPG

• Spannungsrisskorrosion: interkristalline Risse an Korngrenzen mit zeitgleich


anstehenden statischen oder dynamischen Zug-
spannungen

Beispiel: Stahlseil

Quelle: https://www.hausjournal.net/span-
nungsrisskorrosion-edelstahl

64 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Die elektrochemische Spannungsreihe von Metallen

Metalle zeigen eine mehr oder weniger hohe Bereitschaft, Elektronen aufzunehmen.
Dabei gilt, dass Bereitschaft zur Elektronenaufnahme bei sogenannten edlen Metallen
größer ist als bei sogenannten unedlen Metallen. Das Maß für die Bereitschaft zur
Elektronenaufnahme wird als Redoxpotential bezeichnet. Als messbare Größe dient
dabei das sogenannte Elektrodenpotential.

Elektrodenpotential: die Spannung (= Potential), die sich zwischen einer Me-


tallelektrode und einem Null-Potential (=Referenz-Elekt-
rode = Standard-Wasserstoff-Elektrode) einstellt.

Beispiele: Kupfer: +0,35V


Gold: +1,41V
Zink: -0,76V

Elektrodenpotentiale wichtiger Metalle (elektrochem. Spannungsreihe):

Quelle: https://www.haustech-
nikdialog.de/SHKwissen/Sho-
wimage.aspx?ID=5178

65 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Aus der elektrochemischen Spannungsreihe ist zu erkennen, wenn man Zink (Zn)
und Kupfer (Cu) in Kontakt bringt, entsteht eine Spannung (Potential) von

+0,34V –( -0,76V) = 1,1V

Bei Kontakt von Zink (Zn) und Kohlenstoff (C) ergibt sich eine Spannung von

+0,74V – (-0,76V) = 1,5 V (→ Zink-Kohle-Batterie)

Kontaktkorrosion:

Das Elektrodenpotential unterschiedlicher Metalle führt in einem wässrigen Milieu (→


Elektrolyten) zu einem Stromfluss, bei dem Elektronen vom unedleren Metall zum ed-
leren Metall fliesen. Dies bedeutet, dass das unedlere Metall als Anode wirkt und
Elektronen abgibt (→ oxidiert), während das edlere Metall als Kathode wirkt und
Elektronen aufnimmt (→ reduziert)

Die Folge davon ist, dass sich das unedlere Metall als Anode sukzessive auflöste und
dadurch zerstört wird. Das edlere Metall bekommt dagegen als Katode einen Schutz-
überzug.

Quelle: https://www.kfztech.de/kfztech-
nik/elo/grundlagen/elektrochemie-im-kfz-
korrosion.htm

Kontaktkorrosion kann immer dort auftreten, wo in feuchtem Mi-


lieu (z.B. Wasser als Elektrolyt) unterschiedliche Werkstoffe durch Schweißen, Löten,
Schrauben, Nieten, Falzen verbunden werden, da diese Verbindungstechnologien ei-
nen direkten Kontakt der Materialien bedingen (bei technischen Klebeverbindungen
tritt dies nicht auf !!!)

Beispiel: Stahlbauteile mit Edelstahlschrauben

Quelle: https://ratgeber.blauar-
beit.de/baustoffe/kontaktkorrosion

66 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Die Ausbildung der Kontaktspannung kann auch als Korrosionsschutzmaßnahme


genutzt werden. Dazu wird das zu schützenden Metall mit einem unedleren Metall in
Kontakt gebracht. Dadurch entsteht eine Elektronenfluss vom unedleren Metall (→
Anode) hin zum edleren Metall (→ Kathode), wodurch das unedlere Metall oxidiert
und dadurch langfristig aufgelöst wird (→ Opferanode). Das edlere Metall wird da-
gegen geschützt (→ kathodischer Korrosionsschutz).

Beispiele: Opferanode aus Magnesium in Trinkwarmwasserspeicher

Quelle: https://www.energie-ex-
perten.org/heizung/heizungs-
technik/warmwasserspeicher/op-
feranode

kathodischer Korrosionsschutz von Pipelines

Quelle: https://www.tjdecho.com/de/what-is-cathodic-protec-
tion%EF%BC%9Fthe-methods-to-realize-cathodic-protection-
of-underground-pipelines-and-its-technical-requirement/

67 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

4 Kunststoffe – Fluch und Segen

Unter dem Begriff Kunststoffe werden Materialien verstanden, die nicht natürlich vor-
kommen, sondern die synthetisiert werden. Dies bedeutet, dass Kunststoffe letztlich
„zusammengebastelte“ Materialien sind.

Die Idee, Materialien „zusammenzubasteln“ und damit künstliche Stoffe zu erzeugen,


sogenannte „Kunststoffe“, kam aus dem Wunsch bzw. der Notwendigkeit, natürlich
vorkommende Materialien zu ersetzten. Die Ursache bzw. Triebkraft hierfür waren
unterschiedlich:

4.1 Kunststoffentwicklung - Beispiele:

Billardkugeln: Billardkugel waren ursprünglich aus Elfenbein hergestellt und da-


mit teuer; um für jede Dorfkneipe bzw. für jede Honky-Tonk-Bar
ausreichend Billard-Tische bereitstellen zu können, wurde ein Er-
satzmaterial für Elfenbein gesucht; John Wesley Hyatt bekam da-
raufhin 1868 das Patent für Celluloid (synthetische Verbindung
aus Nitrozellulose und Campher)

Gummi: Gummi wurde ursprünglich aus Naturkautschuk (Saft des


Kautschukbaums Hevea brasiliensis) und anschließenden Vul-
kanisieren (Verbindung Kettenmoleküle über Schwefelbrü-

Quelle: https://wiki.polymer-
cken; Entdeckung von Charles Goodyear 1839)

service-merseburg.de/in-
dex.php/Vulkanisation
Struktur-Formel
von vulkanisiertem Kautschuk

Im Zuge der Kriegswirtschaft, in der der Zugang zu den Anbau-


gebieten von Naturkautschuk begrenzt bzw. abgeschnitten war,
wurde nach Ersatzstoffe gesucht; außerdem war Naturkautschuk
aufgrund seiner Löslichkeit gegenüber Benzin nur sehr bedingt
geeignet für Autoreifen; 1926 wurde der erste wirtschaftlich
nutzbare synthetische Kautschuk entwickelt: Styrol-Butadien-
Kautschuk (SBK – Copolymer aus 1,3-Butadien und Styrol)
dia.org/wiki/Styrene-butadiene

1,3-Butadien
Quelle: https://en.wikipe-

Struktur-Formel
von Styrol-Butadien-Kautschuk
Styrol

68 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

4.2 Allgemeine Struktur von Kunststoffen:

Kunststoffe sind Polymere: dies bedeutet, dass organische Kohlen-Wasserstoff-


Verbindungen (Monomere) zu langen Ketten zu-
sammengefügt werden; dabei können gleichartige
Monomere zusammengefügt werden (→ Poly-
mere), oder auch unterschiedliche Monomere
(→ Copolymere)

Quelle: https://www.researchgate.net/figure/View-of-monomer-and-polymer-structure_fig1_301741426

Materialgefüge: die Polymer-Ketten bilden lange, ineinander verschlungene Fä-


den; die Fäden bestehen dabei aus einer Hauptkette und u.U.
aus Seitenketten (→ verzweigtes Polymer); die Fäden können
sich dabei amorph oder teilkristallin anordnen

lineares Polymer verzweigtes Polymer teilkristallines lineares Polymer

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Polymer

die Eigenschaften von Kunststoffen werden u.a. über die räumli-


che Anordnung der Polymere (Makromoleküle) bestimmt:
• unvernetzte, mechanisch verschlaufte Polymerfäden
• engmaschig, räumlich vernetzte Polymerfäden
• weitmaschig, räumlich vernetzte Polymerfäden

die räumliche Anordnung und Vernetzung (→ chemische Brü-


ckenbindungen) der Polymerfäden ist entscheidend für Verarbei-
tung, Verhalten und Recycling der Kunststoffe

69 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Thermoplaste: unvernetzte Polymer-Fäden, die


über mechanische Verschlaufung und vergleichs-
weise schwache Nebenvalenzbindungen zusammen-
halten;
• dadurch starke Temperaturabhängigkeit der Fes-
tigkeit und der Verformbarkeit
(Temperaturzunahme → Abstandserhöhung →
Dipol-Kräfte der Nebenvalenzbindungen nehmen
ab) Thermoplaste
• Umformen von Thermoplasten z.B. mit Heißluft
• Möglichkeit von Auf- und Umschmelzen von
Thermoplasten (→ wichtig für Recycling)
• Thermoplaste können teil-kristalline Strukturen
ausbilden)

Duroplaste: engmaschige und räumlich vernetzte Duroplaste


Polymer-Fäden, die über vergleichsweise starke
Atombindungen zusammenhalten; dadurch
• hohe Festigkeit und Sprödigkeit nach abge-
schlossener Vernetzung („Aushärtung“)
• kein Aufschmelzen und Umformen nicht möglich
• hohe Temperatur führt zu Zersetzung

Elastomere: weitmaschige räumliche vernetzte Po-


lymer-Fäden mit mechanischer Verschlaufung; Elastomere
dadurch
• sehr hohe Elastizität (Temperaturabhängigkeit)
• kein Aufschmelzen und plastische Verformung möglich
(Quelle: chemgapedia.de)

70 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

4.3 Herstellung von Polymerfäden am Beispiel Polyethylen (PE)

Polyethylen (PE) ist mit einem Marktanteil von ca. 30% einer der häufigsten Kunst-
stoffe weltweit.

Kunststoffverbrauch in Europa im Jahr 2018


(Quelle: https://blog.donau-chemie-group.com/blog-posts/Donauchem/Kunststoffe-Daten-und-Fakten-zur-Kunststoffindust?lang=DE)

Polyethylen wird aus dem Monomer Ethen (Ethylen) hergestellt. Ethen ist ein unge-
sättigter Kohlen-Wasserstoff mit der Summenformel C2H4 und der Strukturformel

An der Strukturformel ist zu erkennen, dass die beiden Kohlenstoffatome mit einer
Doppelbindung verbunden sind (→ ungesättigte Verbindung). Im Zuge der soge-
nannten Polymerisation wird bei hohem Druck und bei hohen Temperaturen und un-
ter Zuhilfenahme eines Katalysators die Doppelbindung der Monomere Ethen gelöst,
so dass sie sich miteinander zu langen Ketten verbinden können. Der dabei verwen-
dete Katalysator ist beispielsweise Titanchlorid (TiCl4) + Aluminiumtriethyl (Al(C2H5)3.

(Quelle: https://www.seilnacht.com/Lexikon/k_polyet.html

71 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Die physikalischen Eigenschaften hängen sehr stark von dem Druck und im geringe-
ren Maß von der Temperatur ab, unter denen die Polymerisation ablief. Es werden
daher folgende Sorten von Polyethylen unterschieden:

Hochdruck-Polyethylen: hergestellt bei Drücken von 150 bar bis 300 bar und Tem-
peraturen von ca. 300°C;
es entstehen stark verzweigte Polymerketten mit einem
Kristallisationsanteil von ca. 45%
aufgrund der vergleichsweise geringen Dichte (0,92-0,93
g/cm³) erfolgt die Bezeichnung „low density polyethyl-
ene“ (LDPE)

Niederdruck-Polyethylen: hergestellt bei Drücken von ca. 60 bar und Temperaturen


von ca.60°C bis ca. 240°C;
es entstehen nur schwach verzweigte Polymerketten mit
einem hohen Kristallisationsanteil von ca. 80%
aufgrund der vergleichsweise hohen Dichte (0,94-0,97
g/cm³) erfolgt die Bezeichnung „high density polyethy-
lene“ (HDPE)

Der Kristallisationsanteil ist dabei ein Maß für die Steifigkeit des Materials; d.h.
HDPE ist steifer als LDPE; Kristallisationsanteil ist temperaturabhängig

Abhängigkeit des Kristallisationsgrads (= Kristallisationsanteils)


von der Temperatur bei LDPE, HDPE und PP
(Quelle: https://www.chemgapedia.de/vsengine/vlu/vsc/de/ch/9/mac/andere/polyethylen/po-
lyethylen.vlu/Page/vsc/de/ch/9/mac/andere/polyethylen/struktur.vscml.html)

72 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Neben der Polymerisation gibt es noch zwei weitere Verbindungsverfahren für die Bil-
dung von Polymerketten, die Polykondensation und die Polyaddition:

Polymerisation: Verbindung von ungesättigte, gleichartigen Monomere mit


einer C=C-Doppelbindung zu schwach oder stark ver-
zweigten Polymerketten
Beispiele: Polyethylen (PE)
Polypropylen (PP)
Polystyrol (PS)
Polymethylmethacrylat (PMMA → Acrylglas)
Polyvinylchlorid (PVC)
Polytetrafluorethylen (PTFE → Teflon)

Polykondensation: Verbindung von zwei unterschiedlichen Monomeren bzw.


Monomeren mit mindestens zwei funktionalen Gruppen
(z.B. -OH; -COOH; -NH2; …) unter Abspaltung von Wasser
(H2O); bilden sehr komplexe Strukturen
Beispiele: Polyamid (PA)
Polyethylenterphtalat (PET)
ungesättigte Polyesterharze (UP)
Polycarbonat (PC

Polyaddition: Verbindung von zwei unterschiedlichen Monomeren, die


sich an ungesättigten Bindungen (Zweifach- oder Drei-
fachbindungen) durch Aufbrechen der Bindungen additiv
zusammenfügen
Beispiele: Polyurethan (PU)
Epoxidharz (EP)

(Quelle: https://www.seilnacht.com/Lexikon/k_eint.html#Polymerisationl)
73 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Legieren von Kunststoffen – „Kunststoffdesign“

Zur Anpassung und/oder Modifikation von Eigenschaften können Kunststoffe durch


Zugabe von Hilfsstoffen „legiert“ werden:

• Farbstoffe → Einfärben von Kunststoffen

• Stabilisatoren → Sicherstellen einer Stabilität gegenüber Umwelt-


einflüssen und Alterungsvorgängen (UV-Stabilität, Farbbe-
ständigkeit, …)

• Weichmacher → Verbesserung der Zähigkeit und Flexibilität , auch bei


niedrigen Temperaturen (Beispiel: Gebrauchsfähigkeit von
PVC) (Weichmacher: z.B. Phthalate)

• Füll- und Verstärkungsstoffe: → Erhöhung von Festigkeit, Steifigkeit und Masse


bzw. Volumen, etc.
• Graphit zur Erhöhung von elektrischer Leitfähig-
keit
• Fasern aus Glas, Amid, etc. zur Erhöhung der
Zug- und Biegefestigkeit
• Gesteinsmehl als kostengünstige Möglichkeit zur
Volumenvergrößerung (d.h. Einsparung von Po-
lymeren)
• etc.

• Treibmittel: → Aufschäumen von fluiden Kunststoffen


(z.B. Polyurethan, Polystyrol, etc.)

• etc.

74 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

4.4 Allgemeine Eigenschaften von Kunststoffen

• geringe Dichte; damit können Objekte und Strukturen mit geringem Eigengewicht
generiert werden

• elektrische und thermische Isolierwirkung; damit sind Kunststoffe prädestiniert als


Träger- und Isoliermaterial für elektrische Bauteile; durch Zugabe spezieller Hilfs-
stoffe (Graphit, Metallspäne, …) können Kunststoffe elektrisch leitend gemacht
werden (wichtig für die Erdung von Kunststoffgehäuse)

• deutliche Wärmeausdehnung; Kunststoffe haben eine deutlich höhere Wärmeaus-


dehnung als Metalle (ca. 5 bis 20-fach größer, abhängig von der Kunststoffsorte)

• relativ geringe Festigkeit, verglichen mit Metallen; die Zugfestigkeiten liegen in ei-
nem Bereich von ca. 30 – 50 N/mm²; durch Zugabe von Glas- oder Kohlefasern
erhöhen sich die Zugfestigkeiten auf ca. 100 – 250 N/mm²

(Quelle: https://encrypted-tbn0.gsta-
tic.com/images?q=tbn:ANd9GcTKW8pzWUqpwDz
FyAhUtF2y1gx8a6EVLBPGjf3O2QgewFXifB8o6jtr-
BwMCTgvs036kzM&usqp=CAU)

• relativ geringe Schmelz- bzw. Zersetzungstemperaturen und damit Einsatztempe-


raturen in einem Bereich bis ca. 55°C – ca. 280°C; gering vergleichen mit Metal-
len und keramischen Materialien

(Quelle: https://www.krv.de/wissen/klassifizie-
rung-der-kunststoffe-nach-ihrer-temperaturbe-
standigkeit-und-einsatzgebieten)

75 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

• lebensmittelecht; damit sind viele Kunststoffe, insbesondere Thermoplaste (PE,


PP, …) als Verpackungsmaterialien geeignet; diese Eigenschaft war der Haupt-
grund zur Markteinführung von Kunststoffen

Typische Verwendungszwecke häufig genutzter Kunststoffe


(Quelle: http://www.chemie-macht-spass.de/projekte/Moerderische_Chemie/gruppe1/warumk.htm)

• kostengünstig; viele Kunststoffe können (bislang noch) sehr viel kostengünstig als
funktionsgleiche Metalle hergestellt werden, da die Grundstoffe (→ Monomere)
mit geringen Kosten aus Erdöl und vor allem Erdgas gewonnen werden (→ gro-
ßes Problem bezüglich Nachhaltigkeit)

• nicht verstoffwechselbar; dadurch über sehr langen Zeitraum lebensmittelecht


aber auch mikrobiologisch nicht abbaubar → sehr große Problem für die Entsor-
gung (nicht kompostierbar) und den Umweltschutz (Auskonzentration in der Na-
tur → Plastikwirbel in Ozeanen)

76 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

4.5 Beispiele häufig eingesetzter Kunststoffe

Polyethylen (PE)

Merkmale: teilkristalliner Thermoplast


sehr gute elektrische Isoliereigenschaft
schweißbar aber nur bedingt klebbar
chemische sehr gut beständig gegenüber Ölen,
verdünnten Säuren und Laugen sowie vielen
organischen Lösungsmitteln, etc.

Anwendungen: Verpackungsfolien
Trinkwasser- und Heizungsrohre
Benzin- und Heizöltanks (Quelle: https://www.mopack.de/filead-
min/_processed_/e/b/csm_Fo-
Beschichtungen für Stahlbleche, etc. lie_0031__800x533__2061ceffe7.jpg)

Polypropylen (PP)

Merkmale: teilkristalliner Thermoplast


höherer Festigkeit als PE
hohe Oberflächenhärte
bis 110°C einsetzbar
nur sehr geringe Kaltzähigkeit unterhalb 0°C
chemische sehr gut beständig gegenüber Ölen,
verdünnten Säuren und Laugen, etc. (wie PE),
aber nicht beständige gegenüber Benzin und
Benzol (→ kein Reinigungsbenzin verwenden!)

Anwendungen: Folien
Steckdosen
Schalter (Quelle: https://m.media-ama-
zon.com/images/W/WEBP_402378-
Gehäuse für Haushaltsgeräte, etc. T1/images/I/31lqEo2F4mL._AC_SY450_.jpg)

Polyvinylchlorid (PVC)
line.de/magazin/pvc-kunststoff/)
(Quelle: https://www.rct-on-

Merkmale: überwiegend amorpher Thermoplast


gut schweiß- und klebbar
bis 65°C einsetzbar
brennt unter Freisetzung von Chlor-Gas
(→ Verätzungsgefahr)

PVC-U (Hart-PVC): fest, steif, hart, kerbempfindlich, unter 0°C spröde,


nicht beständig gegen Benzol, Ester und Salpeter-
säure
Anwendungen:
Abwasserrohre, Lüftungskanäle, Fensterprofile, etc.

77 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

PVC-P (Weich-PVC): weich, flexibel bis gummiartig, bis -50°C


einsetzbar, deutlich weniger chemisch beständig als
PVC-U
Anwendungen:
Schläuche, Dichtungen, Kabelisolierungen, Be-
schichtungen, etc.

Polystyrol (PS)

Merkmale: amorpher Thermoplast


sehr kerbschlagempfindlich
bis 80°C einsetzbar
sehr UV-empfindlich
chemische nur sehr gering beständig
(d.h. wird durch viele Substanzen
gelöst bzw. zersetzt)
schweiß- und klebbar
(Quelle: https://www.chemie-schule.de/KnowHow/Polystyrol)

Anwendungen: Verpackungen (Joghurtbecher, Haushaltsschüsseln, …)


geschäumt als Dämmstoffe und Isolierungen (Handelsmarken:
®Styropor (BASF),®Styrodur (BASF), etc.)

Epoxidharz (EP)

Merkmale: Duroplast
Einsatz als Gieß- und Formharz
gut geeignet auch als Klebstoff
meist faser-verstärkt
Einsatztemperatur bis 80°C
(bei Warmaushärtung bis max. 200°C)
chemisch sehr gut beständig
gute elektrische Isolierung

Anwendungen: hochfeste Rohre


Bodenbeläge (Quelle: https://www.daibau.at/artikel/180/epoxidharzbo-
den_epoxidharzbeschichtung_-_beschichtungen_fur_den_ge-
Schwimmbadbeschichtungen werblichen_oder_privaten_bereich)

Lacke
Klebstoffe
Leiterplatte
Flugzeug- und Bootskörper, etc.

78 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Polyurethan (PUR)

Merkmale: Duroplast
hohe Zugfestigkeit und Schlagbiegefestigkeit
Einsatzmöglichkeit ungeschäumt (hart) oder geschäumt (elastisch)
hohe Haftkraft auf Metall, Holz, Textilien, Glas, etc. (→ Montagekleber)
bei geringem Vernetzungsgrad: hohe Elastizität (→ Dichtungsmasse)

Anwendungen: Vergussmasse für Elektrotechnik


Dichtungsmasse zum „Ausschäumen“
Weich- und Hartschaum-Platten
Wärmedämmung
Montageschaum, etc.

Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) (Quelle: https://www.pu-schaum.center/fileadmin/PU-


Schaum-Center/PU-Schaumarten/img_PU-Schaumarten_Fuell-
Merkmale: Elastomer schaum.png)

SBR ist Synthesekautschuk


höhere Abriebfestigkeit und geringere Elastizität als Naturkautschuk
hohe chemisch Beständig gegenüber vielen Substanzen
einsetzbar zwischen -50°C und 100°C

Anwendungen: Reifen
Dichtungen (O-Ringe)
Membranen
Schuhsohlen
Flachriemen, etc.

(Quelle: https://www.mcpolymers.com/hs-
fs/hubfs/Blog_Images/rubber-tire.jpg?width=320&name=rub-
weitere Kunststoffe: ber-tire.jpg)

• Polyethylenterephthalat (PET): Einsatz u.a. für Getränkeflaschen, nicht stabil


gegenüber heißem Wasser → nicht wieder-
verwertbar

• Polyamid (PA): Ersatzfaser für Seide für Fallschirme (1935);


amerikanisches Warenzeichen: NYLON

• Polymethylmethacrylat: PMMA → ®Plexiglas

• Polytetrafluorethylen (PTFE): u.a. für dampfdurchlässige Folien


(„Gore-Tex“)

• Silikonkautschuk: wichtige Dichtmasse im Bauwesen


einsetzbar von ca. -55°C bis ca. 230°C

• Acrylnirtil-Buthadien-Styrol (ABS) Thermoplast u.a. für Gehäuse


79 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

4.6 Klebstoffe:

Klebstoffe sind Kunststoffschichten mit hoher Haftfähigkeit

Klebeschicht besteht aus drei Lagen


Adhäsionsschicht am Werkstück 1
Kohäsionsschicht
Adhäsionsschicht am Werkstück 2

Klebungen sind Flächenverbindungen, die auf Scherung (Schubspannungen) bean-


sprucht werden

Klebungen benötigen saubere und fettfrei Oberflächen sein

Klebstoff muss Oberflächen gut benetzen und aushärtbar sein


(Gegenbeispiel: Post-It)

Aushärten kann erfolgen physikalisch (Abdampfen von Lösemittel), chemisch (Ver-


netzungs-Reaktion von Härter und Harz; UV-induzierte Polymerisation, etc.)

Quelle: plasma.de

80 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

4.7 Vergleichende Gegenüberstellung umweltrelevanter Kenn-


größen für Kunststoffe

Die Monomere für die Kunststoffherstellung werden derzeit größtenteils aus Erdöl
und Erdgas gewonnen. Damit stehen insbesondere Kunststoffe derzeit noch für eine
Wirtschaft, die auf fossilen Rohstoffen basiert.

Ein Vergleich der Energiebedarfe für die Herstellung von Kunststoffen zeigt, dass die-
ser mit ca. 25 kWh/kg im Vergleich zu Stahl mit ca. 6 kWh/kg deutlich höher liegt.
Nur Aluminium weist mit einem Energiebedarf von ca. 33 kWh/kg einen signifikant
höheren Wert auf.

Die Basis und Quellen der nachfolgenden Diagramme und Zahlenwerte für den Ener-
gieaufwand und die CO2-Emissinen wurden von mir nicht verifiziert. Daher sollen die
Zahlenwerte in erster Linie als relative Vergleichswerte dienen, und weniger als abso-
lute Zahlenwerte.

(Quelle: https://www.hunold-knoop.de/kunststoffwissen/allgemeines/herstellung-von-kunststoffen/)

(Quelle: https://www.elektrotechnik.vogel.de/wie-sich-
unternehmen-auf-die-eup-direktive-richtig-vorbereiten-
koennen-a-63533/

81 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

(Quelle: https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcTXMBz9rBjPa_F88UPxTDSwR4RqQnTmIwcB2g&usqp=CAU)

Kunststoffe und dabei insbesondere Thermoplaste können durch auf Aufschmelzen


teilweise recycelt werden. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass bei jedem Auf-
schmelzen Polymerketten brechen, so dass sich die Qualität (Festigkeit, Formstabili-
tät, …) stetig verschlechtert (vgl. → Papier). Dies bedeutet, dass es sich faktisch um
Downcycling handelt.

Verwertung von Kunststoffen in Deutschland:

(Quelle: https://www.oekologisch-unterwegs.de/images/stories/kunststoffwis-
sen/932_Trend_der_Verwertung_von_Kunststoffabfaellen_in_Deutschland.jpg

82 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

5 Keramische und mineralische Werkstoffe – Material aus Erde


und Feuer

5.1 Natürliche Gesteine

Keramische und mineralische Werkstoffe und Bindemittel werden aus mineralischem


Material der Erdkruste hergestellt. Dabei spielen insbesondere Silikate (SiO4-) und
Aluminalte (AlO6-) eine entscheidende Rolle. Es erscheint daher durchaus sinnvoll,
zunächst den Aufbau und die Struktur von Gesteinen näher zu betrachten.

Bei über 90% der Gesteine in der Erdkruste handelt es sich im Silikate (SiO4-). Die
wichtigsten Silikate sind Feldspäte, Quarze, Glimmer, Tonminerale, u.a.

Eine weitere wichtige Gruppe von Gesteinen stellen die Kalkgesteine dar. Diese ent-
stehen in der Regel aus den Resten von Kalkschalen mariner Lebewesen wie bei-
spielsweise Korallenpolypen, Muscheln und Coccolithen.

Die drei Hauptgruppen von Gesteinen unterscheiden sich nach ihrem Entstehungs-
prozess. Die Hauptgruppen sind:

magmatische Gesteine: magmatische Gesteine oder auch Urgesteine ent-


stehen durch die Erstarrung silikatischer Schmelzen
(Magma) im Erdinneren (Tiefengestein, „Plutolite“)
oder durch Lavaaustritt an der Erdoberfläche (Er
gussgestein); die Art der sich bildenden Silikatge-
steine hängt im Wesentlichen von folgenden Fakto-
ren ab:
• Art und Zusammensetzung des umgebenden
Gesteins
• Abkühlungszeit (wichtig für Wachstum von Kris-
tallgittern)
• Druck (lithostatischer Druck; bei Tiefengestein in
ca. 90 km Tiefe ca. 33.000 bar)
• Temperatur (bei Tiefengestein in ca. 90 km
Tiefe ca. 1.200°C)

Granitpflastersteine im Straßenbau Beispiele: Granit (Tiefengestein)


(Quelle: https://www.pinterest.de/ErwinuShop/histori- Basalt (Ergussgestein)
sches-granitpflaster/)
Feldspäte, Porphyr, Rhyolith, u.v.m.

Anwendung: Bodenbeläge, Mauersteine für


Schmuckfassaden und Wände, Stra-
ßenbau, …

83 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Sedimentationsgesteine: Sedimentgesteine oder auch Ablagerungsgesteine


entstehen aus den Ablagerungen von verwittertem
und erodierten Primärgesteinen und/oder organi-
schen Mineralien (Korallen, Muscheln Coccolithen,
Kieselalgen (Diatomeen).

Die Sedimentschichten gelangen durch tektonische


Bewegungen in tiefere Erdschichten und werden
dort unter Druck verfestigt.

Beispiele: Kalkstein
Sandstein
Tonschiefer, Bauxit, u.v.m.

Anwendung: Mauersteine, Platten für Boden und


Wände, Rohstoff für Zementherstel-
lung, etc.

Sandsteinmauerwerk im Amun-
Tempel von Luxor
(Quelle: https://franks-travelbox.com/afrika/aegyp-
ten/luxor-tempel-in-luxor-aegypten/)

metamorphe Gesteine: metamorphe Gesteine oder Umwandlungsgesteine


entstehen durch Umkristallisation von bestehenden
Ur- oder Sedimentgesteinen im Erdinneren bei ho-
hen Drücken und Temperatur und zum Teil auch
unter partiellem Aufschmelzen. Die Gesteine verla-
gern sich zuvor aufgrund tektonischer Bewegungen
in tiefere Erdschichten

bei der Rekristallisation laufen zum Teil Umwand-


lungsreaktionen ab:

Beispiel: Calzit + Quarz → Wollastonit + CO2

CaCO3 + SiO2 → CaSiCO3 + CO2

Beispiele: Gneis
Marmor
Glimmer

Marmorboden Anwendung: Mauersteine, Platten für Boden und


(Quelle: https://www.schoener-wohnen.de/architek-
tur/luxurioeser-und-langlebiger-fussbodenbelag--mar-
Wände, etc.
mor---bild-16_12604494-12635468.html)

84 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Lockergestein: neben den Festgesteinen finden sich in der Natur und in techni-
schen Anwendungen noch die Gruppe der Lockergesteine; dies
sind letztlich kleinteilige Gesteinsstücke, die durch Erosionspro-
zesse gebildet wurden und als Material unverfestigt vorliegt.

Beispiele: Sand
Kies
Ton

Anwendungen: sehr wichtige Klasse von Baustoffen, deren


Reichweiten z.T. jetzt schon zu erschöpfen
beginnen (Bau-Sand!!!)

Tone als Grundmaterial für keramische


Werkstoffe

u.v.m.

Lockergesteine werden nach den Korngrößen unterschieden


(→ Sieblinien):
• Ton: ∅ < 0,002 mm
• Schluff: 0,002 < ∅ < 0,06mm
• Sand: 0,06 < ∅ < 2mm
• Kies: 2< ∅ < 60 mm
• Stein: ∅ > 60 mm

Sieblinien von Lockergesteinen


(Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kornverteilung.svg)

85 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Zusammensetzung und Gefügestrukturen von Gesteinen

Feldspäte: große Gruppe von Silikat-Minerale, die sich mittels Substitutions-Ele-


mente allgemein schreiben lässt:

(Ba, Ca, Na, K, NH4, Sr)(Al, Fe3+, B, Si)4O8

dabei können sich die Elemente in den Klammern gegenseitig ersetzten,


wobei die Massenverhältnisse der Klammern gleichbleiben
Klammer 1: 1 Element
Klammer 2: 4 Elemente

Beispiele: Orthoklas: KALSi3O8


Labradorit: CaAlSi3O8
Albit: NaAlSi3O8

Quarze: Quarze bestehen aus einer kristallinen Struktur von Siliziumdioxid


(SiO2); durch Einlagerungen von Fremdatomen / Fremdmolekülen kann
es zu Farbänderungen und/oder Änderungen in der Gitterstruktur kom-
men.

Beispiele: Amethyst: SiO2-Gitter mit Eiseneinlagerungen


Achat: mikrokristalline faserige SiO2-Gitter, die
parallel im Gefüge verlaufen

Glimmer: Glimmer ist eine große und häufige Gruppe von Schichtsilikaten, die aus
einer Schichtenfolge von Silikaten mit SiO4-Tetraeder und Aluminaten
mit AlO6-Oktaedern aufbaut sind; die Schichtenstruktur gibt Glimmer ei-
nen schuppigen Habitus und eine geringe Festigkeit

Tonminerale: Tonminerale sind sehr feinkörnige Mineralien, die durch Verwitte-


rungsprozesse freigesetzt wurden und sich zu Sedimentschichten
zusammengelagert haben; die mineralischen Hauptbestandteile
sin Silikate (SiO4-) und Aluminalte (AlO6-)

Beispiele: Kaolonit: Al4[(OH)8Si4O10]; sehr feinkörniges


Schichtsilikat als Basis für Porzellan-
herstellung

86 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Gefügestrukturen

Natürliches Gestein: Natürliche Gesteine besteht aus einer Mischung unter-


schiedlichster Mineralien, die dann unter der Einwirkung
lithostatischen Drucks und hohen Temperaturen monoli-
thisch verpresst bzw. aufgeschmolzen werden. Magmati-
sche Gesteine und damit der Hauptanteil aller Gesteine (>
90%) weisen damit eine Mikrokristalline Struktur auf.

Quarz

Glimmer
(Biotit)

Kalifeldspat
Feldspat
(Plagioklas)

Darstellung der Gefügestruktur einer Granitprobe


(Quelle: https://www.wikiwand.com/de/Granit#Media/Datei:Granite_pmg_ss_2006.jpg)

87 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

5.2 Keramische Materialien

Keramische Materialien: Keramische Materialien werden aus Tonminerale


hergestellt; Tonminerale sind sehr feinkörnige Mine-
ralien (dKorn < 2 µm), die durch Verwitterungspro-
zesse freigesetzt wurden und sich zu unverfestigten
Sedimentschichten zusammengelagert haben; die
mineralischen Hauptbestandteile sind Silikate
(SiO4-) und Aluminalte (AlO6-)

In keramischen Produkten wird das sehr feinkör-


nige, pulvrige Ausgangsmaterial gesintert. Sintern
bedeutet dabei, dass sich die einzelnen Körnchen
partiell verbinden, ohne dass das Ausgangsmaterial
dabei geschmolzen wurde. Die Teilchen werden so
mit „zusammengebacken“.

Das chemisch-physikalische Prinzip des Sinterns ba-


siert darauf, dass pulvriges Material aufgrund der
vielen kleinen Körnchen hohe Oberflächenenergien
besitzt. Um die großen Energiespitzen auszuglei-
chen, verbinden sich die kleinen Körnchen partiell
zu größeren Partikeln. Dadurch entsteht ein festes
Gesamtgefüge, das je nach Sintergrad, einen mehr
Gefügestruktur von Oxidkeramik
(Aluminium-Titanat) oder weniger großen Porenanteil aufweist.
(Quelle: keramverband.de)
Beim Sintern können unterschiedliche Ausgangsma-
terialien miteinander verbunden werden, so dass
damit ein heterogenes Mehrkomponentenge-
füge erzeugt werden kann.

Darstellung der Veränderung des Gefüges im Laufe des Sinterprozesses


(Quelle: https://www.researchgate.net/figure/a-Scheme-for-the-protocol-of-the-rapid-sintering-process-b-the-temperature-pro-
file_fig1_348623556: Zhejiang University;)

88 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

wichtige keramische Materialien:

Baukeramik: keramische Produkte aus Tonmineralien;

Beispiele: Ziegel, Klinker, Fliesen, Drainagerohre, …

Silikatkeramik: keramische Produkte aus Tonmineralien, Feldspat, Koaloin als


Träger für die Silikate (SiO4); Silikatkeramik ist das, was landläu-
fig unter Keramik verstanden wird (Blumentopf, Römertopf und
Dachziegel).
der Porenanteil und damit die Dichte der gebrannten Silikatkera-
mik ist abhängig von er Temperatur beim Brennen

Steingut: geringere Brenntemperaturen (tBrenn = ca.


950°C), wodurch der Sinterprozess nicht voll-
ständig abgeschlossen ist;
Folgen: hoher Porenanteil und nicht wasser-
dicht (Wasserdichtigkeit erfolgt über an-
schließendes Glasieren (tBrenn = ca. 1250°C)

Beispiele:
Tischgeschirr, Blumentöpfe, Fliesen, …

Steinzeug: hohe Brenntemperatur (tBrenn = ca. 1250°C),


wodurch der Sinterprozess nahezu vollstän-
Abwasserrohr aus Steinzeug
(Quelle: https://www.y- dig abgeschlossen ist;
outube.com/watch?v=6cldANV_vis Folgen: wasserdicht auch ohne Glasur

Beispiele:
Tischgeschirr, Fliesen (Feinsteinzeug), Rohre
für Kanalisation, Abwasser und Drainagen; …

Porzellan: keramisches Material, das aufgrund des spe-


ziellen Tonminerals Kaolin weiße sowie sehr
dünne und filigrane Strukturen bis bin zu ei-
ner leichten Transparenz ermöglicht (früher:
Weißes Gold)

Beispiele:
Tischgeschirr, Sanitärkeramik, elektrische
Isolatoren, säure- und laugenbeständige
Porzellan-Isolator für Hochspannung
(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Isola-
Bauteile für chemische Industrie, …
tor_%28Elektrotechnik%29)

89 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Oxidkeramik: Oxidkeramik gehört in den Bereich sogenannter Hochleis-


tungskeramik; Ausgangsprodukte sind Metalloxiden (Alu-
miniumoxid Al2O3; Aluminiumtitanat Al2TiO5; Zirkoni-
umoxid ZrO2), die beim Sintern ein sehr festes polykristal-
lines Gefüge bilden.

Eigenschaften von Oxidkeramik:


• hohe Druckfestigkeit
• hohe Temperaturbeständigkeit
• hohe chemische Beständigkeit
• sehr hohe Verschleißfestigkeit

Beispiele: Schneidwerkzeuge (sog. Schneidkeramik),


Schneidplatten Hitzschutzkacheln, elektrische Isolatoren,
(Quelle: ceramtec.de) temperaturfeste Beschichtungen von Metal-
len, …

Nichtoxidkeramik: Nichtoxidkeramik gehört auch in den Bereich sogenannter


Hochleistungskeramik; Ausgangsprodukte sind metalli-
schen Nitriden und Carbiden (Siliziumnitrid Si3N4; Silizi-
umcarbid SiC; Borkarbid B4C))

Eigenschaften von Nichtoxidkeramik:


• sehr hohe Härte
• Korrosionsbeständigkeit auch bei hohen Temperaturen
• hohe Verschleißbeständigkeit
• hohe Festigkeit auch bei hohen Temperaturen
• Oxidationsbeständigkeit bis zu sehr hohen Anwen-
dungstemperaturen
Schweißdüsen
• gute Temperaturwechselbeständigkeit
Quelle: grm-ceramics.de
• geringe Wärmedehnung und sehr niedrige Wärmeleit-
fähigkeit

Beispiele: Flammrohre, Brennerdüsen, Gleitlager für


Säurepumpen, Trägermaterial für Katalysato-
ren, Filter und Bioreaktoren, …

90 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

5.3 Gläser

Unter Gläser versteht man anorganischen, nicht metallischen Materialien, die im Ge-
gensatz zu keramische und mineralischen Materialien eine amorphe Struktur auf-
weisen.

Glas: amorphe Struktur


Quarz: kristalline Struktur

(Quelle: tf.uni-kiel.de)

Die Hauptbestandteile von Gläsern sind


• Siliziumdioxid SiO2
• Natriumoxid Na2O
• Kalziumoxid CaO
• Metalloxide als Zuschlagstoffe („Legierungsstoffe“)
für Einstellung von Farbe, Brechungsindez, Festigkeit, etc.

Quelle: uni-jena.de
91 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Eigenschaften von Gläsern:

• hohe optische Transparenz (ca. 350 nm bis ca. 2800 nm → optimiert auf
sichtbares Licht)

• geringe Wärmeleitfähigkeit: λ = 0,8 – 1,0 W/mK

• hohe chemische Beständigkeit gegen über Säuren

• mit Ausnahme von Borosilikatglas („Schottglas®“)


nur geringe Beständigkeit gegen Laugen
(u.a. Betonwasser); dadurch kann es zu
Glaskorrosion, d.h. dem Herauslösen
von basischen Verbindungen, kommen Quelle: https://www.schloss-favorite-rastatt.de/

• lebensmittelecht

• plastisch verformbar (bei ca. 1000°C)

• geringe Wärmeausdehnung: α = 0,5 – 9,0⋅10-6 1/K


(Spezialgläser mit Nullausdehnung: Zerodur®, Ceran®)
Quelle: planet-wissen.de

Festigkeit von Gläsern:

Die Festigkeit von Glaskörpern wird nahezu ausschließlich nur über die Oberflächen-
schichten bestimmt. Dies bedeutet, dass die Dicke einer Glasscheibe keinen signifi-
kanten Einfluss auf die Festigkeit des Glaskörpers hat. Weitere Folgen sind

• Anritzen der Oberfläche genügt, um Gläser zu brechen


• zur Erhöhung der Festigkeit muss die Anzahl an Oberflächen und damit Anzahl
an Scheiben erhöht werden; Mehrschicht-Gläser können damit sehr hohe Fes-
tigkeiten aufweisen
• Festigkeit kann durch gezieltes Aufbringen von Druckspannungen in der Ober-
fläche erheblich gesteigert werden

Quelle: glastueren-shop.de

92 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Herstellungsprozess von Gläsern:

Die Ausgangsmaterialien für die


Glasherstellung sind
• Quarzsand (Hauptträger für SiO2)
• Soda (Na2CO3) (ca. 13%) als Flussmittel
zur Absenkung von Schmelzpunkt
(von ca. 1700°C auf ca. 1450°C)
• Kalkstein (CaCO3) (ca. 10%) als
Stabilisator für Härte, Glanz und
Haltbarkeit) Schmelzofen;
• Metalloxide zur Farbgebung, etc. Quelle: https://www.heartsofglass.net/656859_euroglas-kaltreparatur

Weiterverarbeitung der Glasschmelze


• Flachglas
• Glaskörper (Flaschen, etc.)

Die Flachglasherstellung erfolgt im Float-Verfahren.


Dabei wird die Glasschmelze auf einen Behälter mit
flüssigem Zinn aufgebracht. Dadurch kann sich das
flüssige Glas vollkommen eben ausbreiten und
langsam und damit spannungsfrei abkühlen.
Mit dem Verfahren können auch sehr große
Glasscheiben hergestellt werden
Herstellung von Float-Glas; Quelle: oocities.org

Schema der Floatglas-Herstellung; Quelle: elkage.de

93 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Anwendungsbeispiele von technischen Gläsern

• Behälterglas: Flaschen, Reagenzgläser,


Petrischalen, etc.

• optische Gläser: Linsen, Spiegel, Lichtleiter,


Prismen, etc.

• Informationstechnik: Glasfaserkabel

• Funktionsgläser: Fensterscheiben, Dächer,


Fassaden, Sicherheitsscheiben, Glasfaserkabel
Quelle: 2lounge.ch

• Konstruktionsgläser: Vollglas-Treppen,
Glas-Stützen, Glasbausteine

Glastreppe
Quelle: glaserei-schmitt.de

Glasdach von MyZeil, Frankfurt


Quelle: detail360.de

tragende Glasstütze
Quelle: ludwig-weiler.de

94 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

5.4 Keramische und mineralische Baustoffe

Lehm: Lehm stellt den ältesten und einen der wichtigsten Baustoffe dar. Seit
der beginnenden Sesshaftigkeit vor ca. 12.000 Jahren wurden Bau-
werke mit Lehm errichtet:

Gründe hierfür: Lehm ist überall zu finden; Lehm findet sich an je-
dem Gewässer in konzentrierten Sedimentations-
schichten

Lehm ist sehr einfach und schnell zu verarbeiten

Lehm ist relativ stabil und belastbar


(Bsp. Ekenemanki – Stufenpyramide in Babylon)

Lehmbauten sind schnell zu reparieren

Quelle: https://www.bauhandwerk.de/arti-
kel/bhw_Lebendige_Gefache_1734603.html

Quelle: https://de.versiontravel.com/altes-mesopotamien-wichtigste-zivilisationen/

Lehm: Lehm besteht aus silikatreichen Sanden, Schluffen und To-


nen. Damit sind Lehme mit einer maximalen Korngröße
von 2mm grobkörniger als Tone (< 0,002 mm)

Lehm kann als Baustoff im grünen Zustand und im gebrannten Zustand


genutzt werden, wobei Lehm nur im gebrannten Zustand wasserfest ist.

Anwendungsbereich für ungebrannten Lehm (grüner Lehm):


• luftgetrocknete Adobe-Ziegel
• Putzmaterial für Flechtwerke (Fachwerkhäuser)
• Innenputz in Räumen (sehr gutes Raumklima)
• Bodenmaterial in Naturkellern (Stampflehm)
• etc.

95 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Anwendungsbereich für gebrannten Lehm:


• Mauerziegel
• Klinker
• Dachziegel
• etc.

Durch das Brennen von Lehm werden die mineralischen Bestandteile


gesintert. Je höher die Brenntemperatur ist, desto dichter wird der Zie-
gel.

• Mauerziegel: tBrenn = ca. 800°C bis ca. 1.000°C


• Dachziegel: tBrenn = ca. 1.000 °C
• Klinker: tBrenn = ca. 1.100°C bis ca. 1.300°C

Zement und Beton

Beton ist ein Verbundwerkstoff der im Wesentlichen aus drei Hauptbestandteilen be-
steht:

• fraktioniertes Lockergestein in Form von Sanden oder Kiesen


(sog. Zuschlagstoffe) → 70% bis 80% Massenanteil an Beton
• Zement als Bindemittel
• Wasser als Plastifizierungs - und Reaktionsmittel

Beton ist als mineralisches Material sehr druckstabil, aber nur sehr gering zugstabil.
Daher wird dem Beton Bewehrungsmaterial in Form von Stangen, Matten und Kör-
ben beigegeben: Dieses Bewehrungsmaterial gewährleistet die Festigkeit gegen-
über Zugbeanspruchung, während der mineralische Beton die Festigkeit gegen-
über Druckbeanspruchung übernimmt. Der Verbund wird als Stahlbeton bezeichnet.

Quelle: https://www.schlagbohrer.net/ratgeber/stahlbeton-bohren-keine-angst-vor-der-herausforderung/

96 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Abhängig von der Art der Zuschlagstoffe (Art, Körnung und Verteilung der Lockerge-
steine), dem Massenanteil an Zement und der Menge an Wasser (sog. Wasserze-
mentwert) gibt es eine Vielzahl von Betonqualitäten (sog. Normalbetone.

Normalbetone weist dabei folgende Eigenschaften (Auswahl) auf:

• Dichte: 2.000 – 2.600 kg/m³


• Druckfestigkeit: 5 bis 55 N/mm²
• E-Modul: 22.000 bis 39.000 N/mm²
• Wärmeleitfähigkeit: 1.510 bis 2.300 W/mK
• Wärmekapazität: ca. 1,1 kJ/kgK
• Wärmeausdehnungskoeffizient: 10⋅10-6 1/K

Zement: Zement stellt als Bindemittel den „Klebstoff“ zur Verbindung des Locker-
gesteins (Zuschlagstoffe) dar.

Zement wird aus Kalkstein, Sand und Ton hergestellt, die in einem
Drehrohofen bei Temperaturen zwischen 1.250°C und 1.450°C zu soge-
nanntem Klinker gebrannt werden. Damit besteht Zement aus chemi-
scher Sicht in erster Linie aus den Oxiden
• Kalziumoxid (CaO)
• Aluminiumoxid (Al2O3)
• Siliziumoxid (SiO2)
• Eisenoxid (Fe2O3)
• Titanoxid (TiO2)

Kalzinieren (Entsäuern):
CaCO3 → CaO + CO2

Klinkerbrand (Sintern)

Quelle: https://www.enargus.de/pub/bscw.cgi/d5797-2/*/*/Klinkerbrennen.html?op=Wiki.getwiki

97 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Während des Brennens werden die beteiligten Kalksteine entsäuert


(CaCO3 → CaO + CO2) und mit den kieselsäurehaltigen (d.h. silikati-
schen) Sande und Tone gesintert. Daraus ergeben sich für den dadurch
erzeugten Klinker folgende Verbindungen:

• Tricalciumsilikat (Alit): 3 CaO · SiO2


• Dicalciumsilikat (Belit): 2 CaO · SiO2
• Tricalciumaluminat: 3 CaO · Al2O3
• Tetracalciumaluminatferrit: 4 CaO · Al2O3 · Fe2O3

Den Verbindungen ist zu entnehmen, dass Kalziumoxid (CaO; unge-


löschter Kalk) ein sehr wesentlicher Bestandteil von Zement ist.

Abbindeprozess von Beton: Beim Hydrationsvorgang, d.h. beim Abbinden von


Beton kommt es zu Reaktionen zwischen Wasser
und Zement, bei denen sich ein festes Gefüge auf-
baut, durch das die Zuschlagsstoffe miteinander
verbunden werden.

Die während der Hydration ablaufenden chemischen Reaktionen mit den Komponen-
ten des Klinkers sind

• 2 (3CaO ⋅ SiO2) + 6 H2O 3CaO ⋅ 2SiO2 ⋅ 3H2O + 3 Ca(OH)2

• 2 (2CaO ⋅ SiO2) + 4 H2O 3CaO ⋅ 2SiO2 ⋅ 3H2O + Ca(OH)2

• 3 CaO ⋅ Al2O3 + 12 H2O + Ca(OH)2 4CaO ⋅ Al2O3 ⋅ 13H2O

• 4 CaO ⋅ Al2O3 ⋅ Fe2O3 + 13 H2O 4CaO ⋅ Al2O3 ⋅ Fe2O3 ⋅ 13H2O

Umweltaspekte: Bei der Kalzinierung (Entsäuerung) der Kalksteine werden sehr


große Mengen an CO2 freigesetzt. Daher gilt die Zementindustrie
als drittgrößter CO2-Emittent weltweit

Bei der Herstellung von Zement fallen je Tonne Zement 1 Tonne


CO2 an

→ 1 kg CO2 je kg Zement

Für Beton mit 10% bis 20% Mindestzementgehalt ergibt sich da-
mit eine CO2-Emission in Höhe von

→ 0,1 bis 0,2 kg CO2 je kg Beton

98 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

5.5 Vergleichende Gegenüberstellung umweltrelevanter Kenn-


größen für Baustoffe

Die Basis und Quellen der nachfolgenden Zahlenwerte für den Energieaufwand und
die CO2-Emissinen wurden von mir nicht verifiziert. Daher sollen die Zahlenwerte in
erster Linie als relative Vergleichswerte dienen, und weniger als absolute Zahlen-
werte

Primärenergieaufwand zur Herstellung verschiedener Baustoffe

Quelle: https://www.gesundes-haus.ch/metallbauarbeiten/oekobilanz-metalle.html

99 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

CO2-Fußabdrücke bei der Herstellung verschiedener Baustoffe

Quelle: https://www.gesundes-haus.ch/metallbauarbeiten/oekobilanz-metalle.html

100 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

6 Biogene Werkstoffe – Nützliches aus Natur und Reagenzglas

Biogene Materialien sind dadurch gekennzeichnet, dass die ausschließlich auf nach-
wachsenden Rohstoffen basieren. Damit sind biogene Materialien sehr eng mit den
Stoff- und Energiekreisläufen biologischer Systeme verbunden. Ein sehr bekanntes
Beispiel hierfür ist Ökosystem „Wald“ und dessen Nutzung für die Gewinnung des bi-
ogenen Werkstoffs „Holz“.

Biogene Materialien können in vielfacher Hinsicht technisch genutzt werden. Dabei


sind zwei grundsätzliche Anwendungsrichtungen möglich:

• stoffliche Nutzung
• energetische Nutzung

6.1 Energetische Nutzung von biogenen Materialien

energetischen Nutzung: direkte energetische Nutzung durch Verbren-


nen (Scheitholz, Abfallholz in Form von Pellets,
Rapsöl, tierische Fette (Abfälle, Tran!!!), etc.)

indirekte energetische Nutzung durch Verede-


lung / Aufbereitung biogener Stoffe zu hochwerti-
gen Brennstoffen (Holzkohle, Biodiesel (Fettsäu-
remethylester), etc.)

naturwissenschaftlicher Einschub:
→ Woher kommt die Biomasse auf der Erde?
→ Was ist der Ursprung der biogenen Energie?

Alle vielzelligen Lebensformen auf der Erde unterschieden sich hinsichtlich ihrer Ver-
sorgung mit Nahrung und damit mit Energie in zwei Gruppen:

• Produzenten: „erzeugt“ Energie aus Sonnenlicht


• Konsumenten bezieht Energie von Produzenten oder Konsumenten

• Produzenten: beziehen ihre Energie durch die chemische Umwandlung von


elektromagnetischer Strahlung definierter Wellenlängen (Sonnenlicht) in bioche-
misch nutzbare Energie (→ Adenosintriphosphat ADP mit Unterstützung von Nico-
tinamidadenindinukleotidphosphat NADPH) und Weiterverarbeitung in den Ener-
gieträger /Energiespeicher Zucker

ADP/NADPH
6 H2O + 6 CO2 6 O2 + C6H12O6 (Calvin-Zyklus)

101 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Der gesamte Vorgang wird als Photosynthese bezeichnet und spielt sich in den
Chloroplasten von Pflanzen und Grünalgen statt

vereinfachte Darstellung der Vorgänge bei der Photosynthese:

(Quelle: https://slideplayer.org/slide/1554558/3/images/2/In+der+einfachsten+Definition%2C+die+Pho-
tosynthese+ist+die+Umwandlung+der+Energie+aus+Sonnenlicht%2C+eine+gespeicherte+chemi-
sche+Energie%2C+die+es+den+Lebewesen+zu+sp%C3%A4teren+Zeiten..jpg)

• Konsumenten: beziehen ihre Energie durch den Verzehr von Produzenten oder
Konsumenten
o Primärkonsument
o Sekundärkonsument
o Tertiärkonsument und höhere Ordnungen
o Endkonsument

Fazit: Letztlich nutzen alle mehrzelligen Lebewesen entweder direkt


(Produzenten) oder indirekt (Konsumenten und Destruenten)
das Sonnenlicht als Energiequelle

102 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

6.2 Stoffliche Nutzung von biogenen Materialien

Die stoffliche Nutzung biogener Materialien kann auf unterschiedliche Weise erfolgen.
Nachfolgend werden einige der Nutzungspfade betrachtet

direkte stoffliche Nutzung als Bau-, Konstruktions- und Hilfswerkstoff


• geschnittenes Massivholz für Balken und Bretter
• geflochtene Gras- und Strohmatten
• Pflanzenöle als Schmierstoffe
• etc.

(Quelle: https://img.ebay-kleinanzei- (Quelle: https://www1.biologie.uni-hamburg.de/b-


gen.de/api/v1/prod-ads/images/a8/a83aea44-66bf- online/afrika/0671/0671_25.jpg)
4855-bbb5-0b1ae1925ba7?rule=$_59.JPG)

indirekte stoffliche Nutzung durch chemische / biochemische Veränderung der


Ausgangsstoffe und damit Erzeugung eines „neuen Materials“

• Alkoholherstellung (Ethanol: C2H5OH) durch Vergärung von Zucker (Glukose:


C6H12O6) in Hefen (saccharomyces cerevisiae)

Summenformel: C6H12O6 2 C2H5OH + 2 CO2

Prozessschritte:

(Quelle: https://www.seil-
nacht.com/Lexikon/agaerung.gif)
103 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

• Herstellung von Pottasche durch Verbrennen und Auslaugen von Pflanzenasche


(Kaliumcarbont K2CO3 → wichtige Grundchemikalie für Glas- und Seifenherstel-
lung, Backtreibmittel, etc.); …)

• Herstellung von Essigsäure (CH3COOH) zur Konservierung von pflanzlichen Le-


bensmittel; Essigsäure entsteht DABEI u.a. durch die Veratmung (teilweise Oxida-
tion) von Ethanol in Bakterien (Acetobacter sp.)

(Quelle: https://www.seil-
nacht.com/Chemie/ethol2.gif)

stoffliche Nutzung zellulärer Bestandteile


• Verwendung pflanzliche und tierischer Langfasern zur Herstellung von Fäden →
Weiterverarbeitung zu Textilien;
• Verwendung von Kurzfasern zur Herstellung von Wärmedämmung, Filz, Papier,
Vliesstoffe, …

(Quelle: https://www.stoffkontor.eu/me- (Quelle: https://schuhwerk.de/me-


dia/image/1e/43/7a/Jute-Sackleinen-11014_600x600.jpg) dia/image/c1/33/bc/106060s2_600x600.jpg

stoffliche Nutzung molekularer Bestandteile


Extraktion von Stärke, Zucker, Cellulose, Proteine (bedingt), etc. als Grundstoffe für
chemische Syntheseprozesse zur Herstellung von Grundstoffen (Alkohols, Säuren,
…), Zwischenprodukte (Bio-Kunststoffgranulate, Tenside, …) und Endprodukte (Pa-
pier, Süßungsmittel, …)

104 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

6.3 Zucker, Stärke und Cellulose – Schätze der Natur

Zucker: chemische Stoffklasse aus dem Bereich der Kohlenhydrate;

Zucker bestehen aus den Elementen C, H und O. Bei einfachen Zuckern


(→ Monosaccharide: Glukose, Fruktose, Galaktose, ...) sind die Ele-
mente mit der Summenformel C6H12O6 in einer Ringstruktur angeord-
net:

(Quelle:
https://ih1.redbubble.net/
image.692138680.7701/fl
at,750x1000,075,f.u3.jpg

Die einzelnen Elemente und Gruppen können sich dabei an unterschied-


lichen Stellen und in unterschiedlichen Richtungen der Ringstruktur be-
finden. Abhängig von der Lage und Ausrichtung der Elemente und
Gruppen innerhalb der Ringstruktur, werden folgende wichtigen Ein-
fachzucker (Monosaccharide mit 6 C-Atomen → Hexosen)) unterschie-
den:
• Glukose (Traubenzucker)
• Fruktose (Fruchtzucker)
• Galaktose (Schleimzucker)

(Quelle: https://www.seilnacht.com/Lexikon/kohlenh.html)

Einfachzucker können, im Gegensatz zu Mehrfachzucker, direkt vom


Körper aufgenommen und verstoffwechselt werden.

105 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Einfachzucker (Monosaccharide) können wie Bausteine (→ Monomere) zu Ketten ver-


bunden werden. In der Natur erfolgen diese Verbindungen durch Enzyme (→ En-
zyme wirken wie biochemische Katalysatoren). Durch die Verbindungen entstehen
sogenannte Mehrfachzucker (→ Polysaccharide), die als Speicher- und Transport-
form für Zucker dienen.

prominente Beispiele für Polyzucker sind:

Saccharose: Zweifachzucker (→ Disaccharid) aus 1 Glukose + 1 Fruktose


Saccharose ist eine wichtige Transportform von Zucker; Saccha-
rose ist aufgrund der Struktur chemisch inert, und kann damit in
Pflanzen besser transportiert werden.

Saccharose ist die Basis für Haushaltszucker

zur biochemischen Nutzung von Saccharose muss diese erst


durch ein spezielles Enzym (d.h. → enzymatisch) in Monosaccha-
ride gespalten werden

(Quelle: https://www.chemiezauber.de/images/q1/poly-
saccharide/saccharose-haworth-800.png) (Quelle: http://www.uni-kiel.de/down-
load/pm/2017/2017-176-1.jpg)

Lactose: Zweifachzucker (→ Disaccharid) aus 1 Glukose + 1 Galaktose


Lactose (→ Milchzucker) ist wesentliche Zuckerform bei Säuge-
tieren.

Die Spaltung von Lactose in verstoffwechselbare Glukose und


Galaktose erfolgt enzymatisch über Darmbakterien durch das En-
zym Lactase (soweit vorhanden; wenn nicht, dann Laktoseinto-
leranz)

106 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Stärke: Vielfachzucker (→ Polysaccharid), der aus viele Glukose-Mono-


meren aufgebaut ist; in Stärker kommen dabei zwei Formen von
Polysacchariden vor:
Amylos → lineare Ketten aus bis zu ca. 6.000 Glu-
kose-Monomeren ( ca. 10 – 30% Anteil an
Stärke)
Amylopektin → stark verzweigte Strukturen aus bis zu
über 1.000.000 Glukose-Monomeren ( ca. 70
– 90% Anteil an Stärke)

(Quelle: https://burgis.de/app/uplo-
ads/2021/03/Kartoffel-Feld-1024x683.jpg)

(Quelle: https://thumbs.dreamstime.com/b/bauteile-der-
st%C3%A4rke-chemische-formel-40390746.jpg)

Stärke ist eine sehr wichtige Speicherform für Saccharide

Stärke hat neben der Nutzung als Lebensmittel vielfache techni-


sche Anwendungen:
• Papierherstellung (Leimung und Imprägnierung der Papier-
oberflächen; Verkleben der Papierschichten bei Pappe und
Wellpappe)
• Bio-Kunststoffe (→ stärkebasierte Biokunststoffe)
• Farbenherstellung
• Füll- und Bindestoffe für Pharmazie
• etc.

107 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Cellulose: Polyzucker; lineare Ketten aus bis zu über 10.000 Glukose-Mono-


meren

Cellulose ist die wichtigste Struktursubstanz von Pflanzen; dies


bedeutet, dass alle tragenden und/oder druckbeanspruchten
Pflanzenteile aus Cellulose aufgebaut sind;

Cellulose ist chemisch relativ stabil, kann enzymatisch aber durch


Cellulase abgebaut werden

Cellulose ist Hauptbestandteil pflanzlicher Zellwände (Mas-


senanteil ca. 50%); zusammen mit Hemicellulose (→ Polysac-
charid aus Pentose, Xylose Arabinose) ) und Lignin (Polymer,
das die Verholzung von Pflanzenzellen bewirkt; Massenanteil: 20-
30%)

(Quelle: https://www.igb.fraunhofer.de/de/forschung/industrielle-biotechnologie/bioprozessentwicklung/aufberei-
tung-von-nachwachsenden-rohstoffen-und-abfallstoffen/aufschluss-von-lignocellulose/jcr:content/contentPar/section-
component/sectionParsys/textblockwithpics_86/imageComponent1/image.img.4col.large.jpg/1599053494254/Lig-
nozellulose.jpg)

Cellulose ist ein Material mit vielen technischen Anwendun-


gen und einem hohen Zukunftspotential
• Holz
• Papierherstellung: Cellulose ohne Lignin ergibt Zellstoff →
Grundstoff für Papier)
• Herstellung von Textilien (Baumwolle, Flachs→ Leinen, etc.)
• Herstellung von Bio-Kunststoffen (Cellophan, …)
• u.v.m.

108 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

6.4 biogene Kunststoffe

Biogene Kunststoffe oder Bio-Kunststoffe sind Polymere, die aus biogenen Monome-
ren und damit aus Biomasse hergestellt werden. Ziel der Verwendung von Bio-
Kunststoffen ist der Verzicht auf fossile Rohstoffe (Erdöl und Erdgas) als Quelle für
Monomer und der der Verzicht auf anorganische, energieintensive Struktur- und Ver-
stärkungselemente (Glasfasern, Kohlefasern, …).

Neben den Ausgangstoffen von Bio-Kunststoffen stellen die biologische Abbaubarkeit


und/oder Recycelbarkeit wichtige Merkmale für eine nachhaltige und kreislaufori-
entierte Nutzung dar.

(Quelle: https://www.biooekonomie-bw.de/application/files/cache/thumb-
nails/b4fb298a5809cddcbaf3c691415a2297.jpg)

Der Abbau von nachhaltigen Bio-Kunststoffen erfolgt letztlich wie der Abbau von Bio-
masse enzymatisch durch sogenannte Destruenten (→ Gruppe von Organsimen,
die über mehrere Nahrungsstufen Biomasse re-mineralisieren; Destruenten sind
Pilze und Bakterien).

109 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Die Rohstoffbasis für Biokunststoffe sind Polysaccharide (Stärke und Cellulose) und
Proteine (Elastin, Seidenproteine, Casein, u.v.m.).

Beispiele abbaubarer Bio-Kunststoffe:

Polybutylenadipat-
terephthalat (PBAT): thermoplastisches Polymer; Ersatzstoff
für Polyethylen (PE)

Polyethylenglykol (PEG) Weichmacher in Klebstoffen; Träger-


material für Medikamente und Zellbio-
logie; Grundlage für Salben, Kosme-
tika und technische Pasten, Konservie-
rungs- und Präparationsmittel für or-
ganisches Material in Archäologie und
Paläontologie, u.v.m.

Polybutylensuccinat (PBS) Ersatzstoff für LDPE und PP


Anwendung für Folien, Verpackungen,
Behälter, Matrix für Verbundwerk-
stoffe, u.v.m.

Polylactid (PLA): Ersatzstoff für PE, PP, PS und ABS;


Anwendung für Folien, Verpackungen,
Behälter und Medizintechnik

Polyhydroxyalkanoate (PHA): thermoplastisches Polymer, das mit


Hilfe von Bakterien (Knallgas-Bakte-
rien) synthetisiert wird

(Quelle: https://media.springerna-
ture.com/lw685/springer-sta-
tic/image/chp%3A10.1007%2F978-
3-658-27795-6_2/MediaOb-
jects/466252_1_De_2_Fig2_HTML.p
ng)

110 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Markt-Trends bei der Produktion von Biokunststoffen:

Anmerkungen: die Kosten für Biokunstoffen sind z.Z. noch höher als die Kosten
für konventionelle Kunststoffe; mit zunehmenden Produktions-
mengen werden die Kosten aufgrund von Mengeneffekten aber
sinken

es ist noch einiges an Entwicklungsarbeit erforderlich, um alle


fossil-basierten Kunststoffe durch bio-basierte Kunststoffe wirk-
lich nachhaltig und kreislauforientiert ersetzen zu können

das heutige Problem der Vermüllung ist mit Biokunstoffen nicht


zu beheben; hierzu ist primär eine deutliche Reduktion der Ab-
fallmengen notwendig

111 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

7 Wasser – das universelle Lösungsmittel

Wasser ist das wichtigste Material auf der Erde, da es ohne Wasser kein Leben gäbe.

• im Wasser liegt der Ursprung des Lebens vor ca. 4.000 Mio. Jahren

• Leben entsteht bis heute in einem wässrigen Milieu (Fruchtblase, Ei, …)

• Lebensvorgänge in Organismen laufen in einem wässrigen Milieu ab (Blut, Lym-


phe, Wasserströme in Pflanzen, …)

• Zellen benötigen für die Transportvorgänge zelluläres Wasser

• ein wichtiges Lebensmittel ist Wasser

→ ohne Wasser kein Leben

Wasser ist auch ein Werkstoff / Hilfswerkstoff:

• als Lösemittel
• als Kühlmittel
• als Reinigungsmittel (Dampfstrahlen, …)
• als Transportmittel (für thermische Energie, Suspensionen, …)
• als Schneidmittel (Wasserstrahl-Schneiden)
• u.v.m.

7.1 Eigenschaften von Wasser

Wasser ist eine Verbindung aus Wasserstoff und Sauerstoff: H2O (Molmasse 18). Da-
bei sind die Elemente im Wassermolekül asymmetrisch angeordnet, wodurch das Mo-
lekül dipolar wird

(Quelle: https://www.leifichemie.de/sites/default/fi-
les/images/083bb136a3a5b6c2bd8d563078398342/
1000wechselwirkungen_wasser_molekuel.jpg)

(Quelle: https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:
ANd9GcQ8sNghfCZmuDgqxeBxATZhA
wQQsz8X7eHEhebPo_vr1rZ1cniV77nYrrxEr633JKEHM&usqp=CAU)

112 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Aufgrund der Dipol-Struktur können Wassermoleküle eine Vielzahl von Bindungen mit
anderen dipolaren Molekülen eingehen. Eine Spezialform der Bindungen sind die
Wasserstoff-Brücken-Bindungen. Dadurch verbinden sich u.a. Wassermoleküle
in flüssigen Zustand zu einem „Gefüge“ mit vergleichsweise stabilen Rand (→ Ober-
flächenspannung von Wasser)

(Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipe-
dia/commons/thumb/e/ed/Wasser-
stoffbr%C3%BCckenbindungen-Wasser.svg/240px-
Wasserstoffbr%C3%BCckenbindungen-Was-
ser.svg.png)

Darüber hinaus sind Wasserstoff-Brücken-Bindungen verantwortlich für die Ausbil-


dung der 3-dimensionalen Struktur von Biomolekülen.

(Quelle: https://www.grafs-bio-seiten.de/wp-con-
tent/uploads/2018/04/n_AB-1_2.3-7-Proteinstruk-
tur_Sekundaer_150dpi.png)

113 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

7.2 Wasser als Lösungsmittel

Das Wassermolekül ist wenig stabil und ist daher im ständigen Elektronenaustausch
mit den benachbarten Wassermolekülen. Dadurch dissoziieren die Wassermoleküle
kurzzeitig zu Ionen. Diese Ionenbildung ist eine der Ursachen für das hohe Lösungs-
vermögen von Wasser.

2 H2O H3O+ + OH-

Wasser als reines H2O kann nur künstlich hergestellt werden (→ destilliertes Was-
ser). Natürliches Wasser ist aufgrund des sehr guten Lösungsverhaltens immer mit
Fremdstoffen, insbesondere gelöste Mineralstoffe und gelöstem CO2 angereichert.
Dabei bewirkt das aus Luft aufgenommene CO2 die Bildung von Kohlensäure
(H2CO3). In wässriger Lösung liegt Kohlensäure (wie alle Säuren und Laugen) in dis-
soziierter Form vor

H2CO3 2 H+ + CO3-

Das mit CO2 angesäuerte Regenwasser kann dann während des Versickerns im Un-
tergrundgestein vorliegende Mineralstoffe lösen. Diese betrifft insbesondere die Car-
bonate im Sedimentgestein (→ Kalkstein)

allgemein: Carbonat + wässrige Kohlensäure Hydrogencarbonat

• Calziumhydrogencarbonat: CaCO3 + H2O + CO2 Ca(HCO3)2

• Magnesiumhydrogencarbonat: MgCO3 + H2O + CO2 Mg(HCO3)2

• Manganhydrogencarbonat: MnCO3 + H2O + CO2 Mn(HCO3)2

• Eisenhydrogencarbonat: FeCO3 + H2O + CO2 Fe(HCO3)2

Neben den Carbonaten können in natürlich vorkommendem (Süß-) Wasser noch


weitere Salze gelöst sein:

• Chloride: gelöstes Natriumchlorid (NaCl) und Kaliumchlorid (KCl) aus


Salzeinlagerungen im Gestein
(oder anthropogene Quellen wie Streusalz, …)

• Sulfate: gelöster Gips (CaSO4 ⋅ 2 H2O) oder Anhydrit (CaSO4) aus


Lagerstätten im Gestein;
(oder anthropogene Quellen wie Dünger, …)

114 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

• Phosphate: sehr geringe Mengen durch gelöste phosphorhaltige Mine


ralien (Apatit und Phosphorit)
(hauptsächlicher Eintrag über anthropogene Quellen wie
Dünger, Abwasser, …)

• Nitrate: geringe Mengen aus natürlicher bakterieller Nitrifikation


von Eiweißen
(hauptsächlicher Eintrag über anthropogene Quellen wie
Dünger, Abwasser, …)

Bei den Wasserinhaltsstoffen (Salzen) sind hinsichtlich der Löslichkeit bei unter-
schiedlichen Temperaturen zwei Stoffgruppen zu unterscheiden:

• permanente Salze: die Löslichkeit der Salze in Wasser nimmt mit steigender
Temperatur nicht ab; dies betrifft alle Chloride, Sulfate,
Phosphate und Nitride

• veränderliche Salze: die Löslichkeit der Salze (→ Carbonate) nimmt mit stei
gender Temperatur ab; dies betrifft alle Carbonate

die Ursache hierfür liegt an veränderlichen Löslichkeit von


Gasen in Wasser bei zunehmender Temperatur

→ mit zunehmender Wassertemperatur


nimmt die Löslichkeit von Gasen ab

(Quelle: http://www.vias.org/kas/de/img/graph.jpg)

115 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

dies gilt auch für die Löslichkeit von O2 und CO2 im Was-
ser;

dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass mit abnehmen-


der CO2-Konzentration im Wasser die Menge an gelösten
Carbonaten auch nimmt.

Temperaturabhängigkeit der Konzentration von Calziumhydro-


gencarbonat (Ca(HCO3)2 in Wasser:

(Quelle: https://www.spektrum.de/lexika/images/geo/fff533_w.jpg)

Mit steigender Temperatur nimmt die Löslichkeit von Calcium in wässri-


ger Lösung ab. Grund dadurch ist die Entgasung des Wassers, bei der
neben Sauerstoff auch Kohlendioxid aus der wässrigen Lösung ausge-
trieben wird. Dadurch verringert sich die Konzentration an Kohlensäure,
wodurch die wasserlöslichen Hydrogencarbonate rückgeführt werden in
wasserunlösliche Carbonate:

gasförmig

Temperatur
• Calcium: Ca(HCO3)2 CaCO3 + H2O + CO2

fällt aus als Kalk

116 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Technische Konsequenzen aus der abnehmenden Löslichkeit:

ab einer Wassertemperatur von ca. 65°C fällt in er Regel das in Trinkwasser


gelöste Calciumcarbonat aus, und bildet eine Kalkschicht auf den Trinkwasser-
führenden Bauteilen → Verkalkung

• daher wird versucht, die Trinkwassertemperaturen unterhalb von 65°C


zu halten

• Heizungsanlagen dürfen nur mit aufbereitetem Wasser, d.h. entsalztem


Wasser gefüllt und betrieben werden (Entsalzen → alle Carbonate wer-
den entfernt; anderer Begriff: → Enthärten; Methode: Ionenaustausch o-
der Osmose-Verfahren )

Wasserhärte: Die Wasserhärte ist eine Messgröße für die Bestimmung des
Salzgehalts, d.h. der gelösten Salze im Wasser ; dabei werden
folgende Größen unterschieden:

• Gesamthärte: Gehalt aller Salzen im Wasser; insbe-


sondere sind das Carbonate, Sulfate,
Phosphate und Chloride

• Carbonathärte (KH): ausschließlich Gehalt an Calcium- und


Magnesiumhydrogencarbonat im Was-
ser („temporäre Härte“)

• Nicht-Carbonathärte (NKH): Gehalt Sulfate, Chloride und


sonstige Salze im Wasser, die bei hö-
heren Wassertemperaturen nicht aus-
fallen → „permanente Härte“

Die für Bestimmung und Einstufung der Wasserqualität wird ge-


mäß Trinkwasserverordnung die Gesamthärte (KH + NKH) her-
angezogen:

117 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

7.3 Weitere Wasserinhaltsstoffe

Neben den Salzen können in natürlichem Wasser (Rohwasser, Grundwasser, …)


bzw. Trinkwasser (Wasser, das über die örtliche Trinkwasserverteilung bereitge-
stellt wird) aufgrund des großen Lösungsvermögen noch eine Reihe anderer chemi-
scher Stoffe enthalten sein. Im Rahmen der gemäß Trinkwasserverordnung geforder-
ten regelmäßigen Kontrollen werden dabei insbesondere gesundheitsrelevante
Wasserinhaltsstoffe geprüft.

• chemische, gesundheitlich relevanten Wasserinhaltsstoffen, deren Konzentration


sich im Verteilungsnetz einschließlich der Hausinstallation in der Regel nicht
mehr erhöhen

• chemische, gesundheitlich relevanten Wasserinhaltsstoffen, deren Konzentration


sich im Verteilungsnetz einschließlich der Hausinstallation in der Regel erhöhen
kann

• darüber hinaus werden noch sogenannte Indikatorparameter gemessen. Indi-


katorparameter sind Konzentrationswerte von Wasserinhaltsstoffen, die in übli-
chen Mengen in der Regel nicht gesundheitsschädlich sind, die aber auf Mängel
der Trinkwasserversorgung hinweisen können

118 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

7.4 Mikrobiologische Wasserinhaltsstoffe

Wie bereits des Öfteren erwähnt, ist Wasser die Wiege und der Ursprung des uns be-
kannten Lebens. Es ist daher sehr schwierig, die stete Bildung von neuem Leben in
Wasser zu verhindern.

Es verwundert daher nicht, dass in Rohwasser und auch in Trinkwasser neben chemi-
schen Inhaltsstoffe stets auch mikrobiologische Inhaltsstoffe, meist in Form von Bak-
terien oder Einzellern vorliegen

Bakterien werden häufig nach der äußeren Form (Physiognomie) charakterisiert:

(Quelle: https://www.spektrum.de/lexika/images/biok/fff143_w.jpg

119 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Die meisten Organismen im Wasser sind gesundheitlich nicht relevant. Nur wenige
Organismen sind in den im Wasser vorliegenden Konzentrationen pathogen. Patho-
gene Organismen/Keime (Krankheitserreger) im Trinkwasser können auf folgende
Ursprünge zurückgehen:

• Bakterien mit fäkalem Ursprung: Escherichia coli (E. coli)


Enterokokken
Clostridium perfingens
coliforme Bakterien (Fäkalcoliforme)

• Bakterien mit nicht fäkalem Ursprung: Legionellen (legionella pneumophilla).


Pseudomonas aeruginosa

Gemäß Trinkwasserverordnung müssen folgende Grenzwerte für Trinkwasser / Bade-


wasser eingehalten werden:

mikrobiologische Pa- Grenzwert


rameter [KBE/100ml]
Escherichia coli (E. coli) 0 / 100ml
Enterokokken 0 / 100ml
Koloniezahl bei 22°C 100 KBE / 1 ml
Koloniezahl bei 36°C 100 KBE / 1 ml
Clostridium perfingens 0 / 100ml
Coliforme Bakterien 0 / 100ml
Legionella spec. 100 / 100ml

Die Beprobung und Auswertung erfolgt dabei über Wasserproben, die auf Nährbö-
den (→ Agar) aufgebracht und über eine bestimmte Zeit und Temperatur bebrütet
werden; danach werden die sichtbaren Kolonien ausgezählt → KBE: koloniebil-
dende Einheiten.

E. coli auf CCA-Agar


(Quelle: https://encrypted-tbn0.gsta-
tic.com/images?q=tbn:ANd9GcS4c9Y15
H6aMf-jOKryreTETMy-
OoCegNRR73Q&usqp=CAU)

120 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

8 Reinigungs- und Lösungsmittel – stille Helden des Alltags

Das Reinigen von Objekten und Oberflächen stellt eine meist übersehene aber den-
noch sehr wichtige Maßnahme im Leben dar. Beginnend bei der Reinigung des eige-
nen Körpers über die Reinigung von metallischen Oberflächen (→ Entölen, Entrosten,
„Primern“) vor der Weiterverarbeitung bis hin zur Reinigungs- und Desinfektionsmaß-
nahmen in medizinisch und hygienisch relevanten Bereichen. Es stellten sich dabei
immer dieselben Fragen:

• Welche Arten von Verunreinigungen liegen vor?


• Wie können diese Verunreinigungen von den Oberflächen abgelöst werden?
• Welche Arten von Reinigungs- und Lösungsmittel sind dafür erforderlich?
• Welche Arten von Reinigungs- und Lösungsmittel dürfen aus gesundheitlichen,
ökologischen, brandschutztechnischen und korrosionstechnischen Gründen über-
haupt eingesetzt werden?
• Wie werden die ausgewählten Reinigungs- und Lösungsmittel richtig angewandt?

8.1 Funktion und Struktur von Reinigungs- und Lösemittel

Die Funktion von Reinigungsmittel beruht auf sogenannten Tensiden. Dabei handelt
es sich um chemische Substanzen, die in der Lage sind, die Oberflächen- bzw.
Grenzflächenspannung in Flüssigkeiten und dabei insbesondere in Wasser zu ver-
ringern. Damit wird die Benetzungsfähigkeit der Flüssigkeit an Oberflächen massiv
erhöht, d.h. die Flüssigkeit kann u.a. Schmutzpartikel vollständig benetzten
und umschließen und damit die Haftungskräfte zur Oberfläche unterbrechen.
Dadurch können die Schmutzpartikel von den Oberflächen in die Flüssigkeit verbracht
(→ emulgiert) werden.

(Quelle: https://www.a-kutrovatz.at/tenside/fettablagerung_2.png)

121 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Zur Verringerung der Oberflächenspannung / Grenzflächenspannung von Flüssigkei-


ten müssen Tenside eine bestimmte chemische Struktur aufweisen:

Tenside: Tenside sind mittel- bis langkettige Moleküle, die eine unpolare, wasser-
abweisende (→ hydrophobe) Seite und eine polare, wasseranziehende
(→ hydrophile) Seite haben. Diese Eigenschaft, gleichzeitig hydrophob
und hydrophil zu sein, nennt man amphiphil („beides liebend“)

(Quelle: https://www.wisch-star.de/mediafiles/Bilder/Bildschirmfoto%202015-07-
28%20um%2010.07.03.png)

dies bedeutet:
• Tensid-Moleküle richtet sich mit der polaren, hydrophilen Seite hin
zu Wasser bzw. anderen polaren Substanzen aus
• Tensid-Moleküle richtet sich mit der unpolaren, hydrophoben Seite
hin zu unpolaren Substanzen wie Fetten, Ölen, etc. aus

Struktur von Tensiden:

Der unpolare, hydrophobe Teil der Tensid-Moleküle besteht aus einer Kohlen-Was-
serstoff-Kette, einer sogenannten Alkylgruppe.

Der polare, hydrophile Teil der Tensid-Moleküle besteht aus spezifischen funktionel-
len Gruppen, die bei Kontakt mit Wasser zum Teil dissoziieren und dadurch Ionen bil-
den können:

• nichtionischen Tensiden: funktionellen Gruppe ist elektrisch neutral und bil-


den bei Kontakt mit Wasser keine Ionen

• anionischen Tensiden: die funktionellen Gruppen ist elektrisch negativ gel-


den und bilden bei Kontakt mit Wasser negative Io-
nen

• kationische Tensiden: die funktionellen Gruppen ist elektrisch positiv gel-


den und bilden bei Kontakt mit Wasser positive Io-
nen
122 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

• amphotere Tensiden: je eine positive und eine negative funktionellen


Gruppen; bei Kontakt mit Wasser bilden sich sowohl
positive als auch negative Ionen

Tensid-Klassen
(Quelle: https://slideplayer.org/slide/5360244/17/images/17/2.1+Tenside+Tensidklassen.jpg)

Beispiele von Tensiden


(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Tensid; ff)

• Alkylpolyglycoside (APGs):
nichtionisches Tensid; Verwendung in Wasch-
und Geschirrspülmitteln, Shampoo;
Reinigungsmittel in Lebensmittelindustrie
(da hohe Löslichkeit und geringe
Schaumbildung)

• Alkylbenzolsulfonate (LAS):
anionisches Tensid; weltweit wichtigstes Tensid
für Waschmittel

123 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

8.2 Funktion und Struktur desinfizierender Mitteln

(Quelle: https://medso-
lut.com/de/blog/desinfekti-
onsmittel-arten/)

Desinfektionsmittel sind chemische Stoffe, die organische Krankheitserreger wie Bak-


terien, Pilze, Vieren und Einzeller im Idealfall vollständig abtöten oder zumindest
massivschädigen können.

Desinfektionsmittel können unterschiedliche Wirkmechanismen haben


(Quelle: https://medsolut.com/de/blog/desinfektionsmittel-arten/) :

Proteindenaturierung: Proteinbausteine von Mikroorganismen, beispielsweise de-


ren Zellwände oder Organellen oder die Proteinhülle von
Viren werden angegriffen und zerstört

Oxidation: Erreger werden durch die Reaktion mit Sauerstoff inakti-


viert bzw. abgetötet.

Gen-Eingriff: durch chemische Reaktion mit den Nukleinsäuren wird die


Erbsubstanz der Mikroorganismen zerstört oder verändert,
sodass sich diese nicht weiter vermehren können.

Enzymhemmung: Es werden die notwendige Stoffwechselvorgänge der Bak-


terien, Pilze, Vieren und Einzeller massiv gestört und ge-
hemmt.

124 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Es gibt eine Vielzahl an chemischen Verbindungen, die desinfizierend wirken. Nach-


folgende Tabelle Beispiele wichtiger und oft eingesetzter Verbindungen und deren
technischen Anwendungsspektren: (Quelle: https://medsolut.com/de/blog/desinfektionsmittel-arten/):

Verbindungen Zur Desinfektion von Wirkspektrum


bakterizid, viruzid, fungi-
Aledyhde Flächen und Geräte
zid, bedingt sporizid
bakterizid, begrenzt viru-
Alkohole Flächen und Geräte
zid, fungizid
Wasser bakterizid, viruzid, fungi-
Chlor
Flächen und Geräte zid, sporizid
Natriumhypochlorit / Wasser bakterizid, viruzid, fungi-
Calziumhypochlorit Flächen und Geräte zid, sporizid
Wasser bakterizid, viruzid, fungi-
Ozon
Flächen und Geräte zid, sporizid
bakterizid, viruzid, fungi-
Peressigsäure Flächen, Geräte
zid, sporizid
Wasser bakterizid, fungizid, man-
Phenole
Flächen und Geräte che viruzid
Wasser bakterizid, viruzid, fungi-
Wasserstoffperoxid
Flächen und Geräte zid, sporizid

Im Bereich der Trinkwasserhygiene werden insbesondere eingesetzt:

Natriumhypochlorit (NaOCl) Bleichmittel für Textilien;


Bestandteil desinfizierender Haushaltsreiniger
(WC-Reiniger, Badreiniger, …)
zerstört Proteine durch Oxidation

Calziumhypochlorit (Ca(OCl)2): Bestandteil von Desinfektions- und Aufberei-


tungsmittel für Schwimmbäder

Chlordioxid (ClO2): zerstört Proteine durch Oxidation;


sehr wirksam zum Lösen von Biofilm in Trink-
wasser-führenden Leitungen

Ozon (O3): Begasung zur Desinfektion von Schwimm-


badwasser

125 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

8.3 Weitere Lösungsmittel

Rostumwandler: Rostumwandler sind Säure-basierte Substanzen, die den lose sit-


zenden Eisenrost FeO(OH) und Fe2O3 in eine festsitzende Schicht
umgewandelt. Hierfür wird häufig Phosphorsäure (H3PO4) ver-
wendet; dieses Verfahren wird auch als Eisen-Phosphatierung
bezeichnet

Rostlöser: dünnflüssige Kriechöle mit geringer Oberflächenspannung, die


aufgrund ihrer Kapillarwirkung in die Windungen er Schrauben-
gänge eindringen, unter die Rostschichten eindringen und diese
abheben; dadurch können Schrauben leichter entfernt werden

Aceton: chemisch: Propanon (C3H6O)

Lösungsmittel für Fette, Öl, Farben und PU-Bauschaum;


wird insbesondere zum Entfetten und Entölen von metallischen
Halbzeugen verwendet;
Aceton-Dämpfe wirken narkotisch

Terpentinöl: Destillationsprodukt (Öl) der Harze von Nadelbäumen (Kiefer,


Lärche, …)
Lösungsmittel für Harze, Kautschuk, Ölfarben, etc.
Bleichmittel für Chlor-unverträgliche Stoffe (Elfenbein, Leder, …)

Universallösungsmittel: → Nitro-Verdünnung; → Kunstharzverdünnung;


besteht aus unterschiedlichen Mischungen organischer
Lösungsmittel:
Beispiel eines Herstellers: 40% Xylol
35% Aceton
15% Naphta (Erdöl)
5% 1-Methoxy-2-Propanol
5% n-Butanol

126 / 127
Materialwissenschaften und Chemie  Prof. Dr.-Ing. Michael Haibel

Verzeichnis der weiterführenden Literatur (Auswahl)

/1/ Seidel W., Hahn F.; Werkstofftechnik; 2018 Carl Hanser Verlag

/2/ Moneke M.; Kunststoffwerkstoffe; 2022 Carl Hanser Verlag

/3/ Feil S., Resag J., Riebe K.; Faszinierende Chemie, 2018 Springer Verlag

/4/ Kricheldorf H.R.; Menschen und ihre Materialien; 2012 Wiley-VCH

127 / 127

Das könnte Ihnen auch gefallen