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Prohlašuji, že jsem diplomovou práci vypracovala

samostatně s využitím uvedených pramenů a literatury.

………………………

1
2
Ráda bych zde poděkovala vedoucí mé diplomové práce, PhDr.
Anně Mikulové, PhD., za ochotu, se kterou mi pomáhala při výběru
tématu a zpracování diplomové práce.

3
Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung.............................................................................................................5

2. Begriffsabgrenzung: Lehrmaterial, Lehrbuch Lehrwerk.....................................6

3. Lehrwerke und ihre Bedeutung im Fremdsprachenunterricht.............................8

4. Die Auswahl an Lehrwerken..............................................................................15

5. Forschungsgegenstand „Lehr- und Lernmaterialien“........................................16

6. Methoden der Lehrwerkanalyse.........................................................................20

7. Lehrmethoden in den Lehrwerken.....................................................................22

8. Überblick über die Lernmethoden des Fremdsprachenunterrichts....................25

8.1 Die Grammatik-Übersetzungs-Methode (GÜM).........................................25

8.1.1 Einige Merkmale des Lehrbuchs, das nach der GÜM gestaltet wurde. 26

8.2 Die direkte Methode.....................................................................................27

8.2.1 Einige Merkmale der Unterrichtseinheit, die nach der direkten Methode
gestaltet wurde...............................................................................................27

8.3 Die audiolinguale Methode (ALM).............................................................28

8.3.1 Hauptmerkmale der audiolingualen Methode im Lehrbuch.................28

8.4 Die audiovisuelle Methode..........................................................................29

8.4.1 Hauptmerkmale der audiovisuellen Methode im Lehrbuch..................30

8.5 Die kommunikative Methode.......................................................................30

8.6 Der interkulturelle Ansatz............................................................................31

9. Der Begriff Unterrichtspraxis und seine Bedeutung..........................................33

9.1 Kriterien der unterrichtspraktischen Lehrwerkanalyse................................34

4
10. Kriterien nach den vier Fertigkeiten................................................................37

10.1 Hören..........................................................................................................37

10.1.1 Übungen zum Hören...........................................................................39

10.2 Sprechen.....................................................................................................39

10.2.1 Übungen zum Sprechen......................................................................41

10.3 Lesen..........................................................................................................43

10.4 Schreiben....................................................................................................45

11. Grammatik, ihre Bedeutung und Darstellung in den Lehrwerken...................47

12. Landeskunde/Deutschlandkunde im Lehrwerk................................................52

13. Bewertung und Vergleichung von gewählten Lehrwerken..............................55

13.1 Eine kurze Beschreibung der Lehrwerke...................................................55

13.2 Vergleichung der Lehrwerke nach den Lernzielen und Lernmethoden.....56

13.3 Vergleichung der Lehrwerke nach ihrer Struktur......................................58

13.4 Vergleichung der Lehrwerke nach Fertigkeiten und Übungen..................59

13.4.1 Hören...................................................................................................59

13.4.2 Sprechen..............................................................................................60

13.4.3 Lesen...................................................................................................62

13.4.4 Schreiben.............................................................................................62

13.5 Vergleichung der Lehrwerke nach der Grammatik-darstellung................63

14. Nachwort..........................................................................................................65

15. Literaturverzeichnis.........................................................................................66

5
1. Einleitung

Lehrwerke spielen im Fremdsprachenunterricht eine große Rolle, weil sie


einen Bestandteil des Lehr- und Lernprozesses darstellen. Sie sind nicht nur für
Lernende festgelegt, sondern sie helfen auch dem Lehrer mit der Realisation und
mit der Klassifikation der Bildungsergebnisse.

Zur Zeit gibt es eine große Auswahl an Lehrwerken, die der Lehrer im
Deutschunterricht nutzen kann. Die Hauptsache ist, ein passendes Lehrwerk
auszuwählen, das den Bedürfnissen der Lernenden am besten dienen könnte.

Ziel dieser Arbeit ist, die Bedeutung des Lehrwerke im Deutschunterricht


und die Charakteristik von Lehrwerken zu erklären. Damit hängen auch die
Lernmethoden zusammen, dessen Merkmale man an Lehrbüchern gut erkennen
kann und die bei der Bildung von Lehrwerken sehr bedeutend sind, weil jede
Lehrmethode andere Lehrziele und Unterrichtsprinzipien bevorzugt.

Der andere Teil der Diplomarbeit beschäftigt sich mit der


Lehrwerkanalyse, die sich an Bedürfnisse der Unterrichtspraxis orientiert. Dazu
gehören auch Kriterien, die dem Lehrenden die Auswahl des Lehrwerks
erleichtern können. Nähere Beschreibungen der Kriterien stellen dann eine
Grundlange für den praktisch orientierten Teil der Diplomarbeit dar.

Im praktischen Teil der Diplomarbeit befinden sich eine kürzere


Vergleichung und Bewertung von zwei gewählten Lehrwerken, die auf den
Mittelschulen und Gymnasien oft genutzt werden. Es sind: Sprechen Sie Deutsch?
und Direkt. Diese Lehrwerke werden nach den unterrichtsorientierten Kriterien
der Lehrwerkanalyse (nach ihrer Struktur, nach vier Sprechfertigkeiten, nach
Lernzielen und Lernmethoden und nach der Grammatikdarstellung) bewertet und
verglichen.

6
2. Begriffsabgrenzung: Lehrmaterial, Lehrbuch Lehr-
werk

„Sprachliches Material, das speziell für Lernende geschrieben worden ist


und/oder vorgefundenes sprachliches Material, das für sie speziell durch
vereinfachende Eingriffe oder Hinweise zum Umgang mit ihm, durch Übungen
usw. bearbeitet worden ist, nennt man Lehrmaterial.(…) Wenn es über die
Beschäftigung mit bestimmten Teilaspekten von Sprache und Kultur hinaus den
Anspruch erhebt, den gesamten Lernprozeß über einen bestimmten Zeitraum zu
begleiten oder gar zu steuern und die Vieltfalt der sprachlichen Phänomene
abzudecken, spricht man normalerweise von „Lehrwerken“; (…) (Rösler 1994,
73f.)1

Die Differenzierung der Begriffe Lehrbuch und Lehrwerk oder der


Begriffe Lehr-und Lernmaterialien ist ziemlich kompliziert. Nach Neuner
entwickelte sich das Lehrbuch zum Lehrwerk im Zusammenhang mit dem
Wandel der Unterrichtsmethoden. Diese Erweiterung des Lehrbuchs zum
Lehrwerk ist wegen den Anforderungen an gesprochene Sprache und alltägliche
Kommunikationssituationen entstanden, die eine Veränderung der Zielsetzung
dargestellt hat. Heutige Lehrwerke (ab Mitte der 60er) bestehen in der Regel aus
einem Lehrbuch, einem Arbeitsbuch, einem Lehrerhandbuch sowie auditiven und
visuellen Medien, die systematisch gegliedert sind und die den Lernenden ihre
Interessen und Bedürfnisse besser unterstützen können.

Nicht immer wird aber das Lehrbuch wie ein Bestandteil des Lehrwerkes
und Lehrwerk als umfassendes Hilfsmittel des Unterrichts verstanden, denn die
begriffliche Trennschärfe ist nicht immer vorhanden.

„Besonders problematisch ist eine Differenzierung zwichen Lehr- und


Lernmaterial: Die Begriffe Lehrmaterial und Lehrwerk machen deutlich, dass sich
diese Materialien in erster Linie an Lehrende richten, die dann die Entscheidung
treffen, in welcher Form sie die Medien im Unterricht einsetzen. Ob mit einem
1
BRILL, Lilli Marlen: Lehrwerke/Lehrwerkgenerationen und die Methodendiskussion im Fach
Deutsch als Fremdsprache, Shaker Verlag, Aachen 2005, S. 15
7
solchen Material auch gelernt wird, ist fraglich (s. Krumm/Ohms-Duszenko 2001,
1029). Auch Rösler bezweifelt, dass mit konventionellem Lerhmaterial ein Bezug
zu den Lernenden hergestellt werden kann, denn die „meisten persönlichkeits- und
interaktionsbezogenen Faktoren des Lernens verlaufen quer zur ökonomisch
sinnvollen Lehrmaterialgestaltung“(s. 1992, 266). Von „echtem Lernmaterial“
kann man daher am ehesten bei den sog. „Selbstlernmaterialien“ bzw. bei
elektronisch aufbereitetem Material, z. B. bei im Internet angebotenen Kursen,
sprechen, bei denen den Lernenden eine große Auswahl und ein hohes Maß an
Selbststeuerung geboten werden (s. Krumm/Ohms-Duszenko 2001, 1029).“2

2
BRILL, Lilli Marlen: Lehrwerke/Lehrwerkgenerationen und die Methodendiskussion im Fach
Deutsch als Fremdsprache, Shaker Verlag, Aachen 2005, S. 1
8
3. Lehrwerke und ihre Bedeutung im
Fremdsprachenunterricht

Unterrichtsmittel, die für den Fremdsprachenunterricht zur Verfügung


stehen, stellen einen sehr wichtigen Bestandteil des Lehr- und Lernprozesses dar.
Zu diesen Unterrichtsmitteln zählt man nicht nur die traditionelle Arbeit mit dem
Lehrwerk, sondern auch die modernen Techniken und Mittel, die den Unterricht
auflockern können und die unterschiedlich je nach der Stufe der Kentnisse vom
Lehrer gewählt werden sollen.

Es werden die Hilfsmittel wie z. B. visuelle Hilfsmittel oder auditive


Hilfsmittel betrachtet. Zu den visuellen Hilfsmitteln gehören dann verschiedene
Ausführungen wie z. B. Reproduktion von Kunst und Photographie usw. Das Bild
hat hier einfach die zentrale Stellung und sein Reiz kann sehr förderlich wirken.
Eine sehr wichtige Rolle spielen auch die auditiven Hilfsmittel, die wegen ihren
Handlichkeit und Reproduzierbarkeit oft gewählt werden. Die auditiven
Hilfsmittel dienen sehr gut als ein sprachliches Vorbild und haben einen festen
Platz im Unterricht.

Obwohl es viele modernen technischen Möglichkeiten der Medien gibt,


stellt das Buch das wichtigste Lernmittel dar. Vor allem für den
Unterstufenunterricht ist eine Kombination von Medium und Buch praktizierbar.
Lehrbücher, die in der Unter- und Mittelstufe verwendet werden, sind
systematisch nach dem Lehrgang eingebaut und berücksichtigen vor allem die
Grammatik, die Aussprache, den Wortschatz und das Sprachkönnen.3

Als Ergänzung zum Lehrbuch benutzt man je nach der Stufe verschiedene
Techniken. Zum Beispiel für den Anfangsunterricht gibt es Vorkurse für die
auditive Schulung, die aber vom Buch unabhängig sind oder Arbeitsbücher, die
für Hausaufgaben und zur Festigung des Gelernten benutzt werden.4

3
VALYNSEELE – GROSSE, Waltraud: Deutsch – Lehrbücher im Ausland, Verlag Alfred
Kümmerle, Göppingen 1974, S. 27
4
VALYNSEELE – GROSSE, Waltraud: Deutsch – Lehrbücher im Ausland, Verlag Alfred
Kümmerle, Göppingen 1974, S. 29
9
Interessante Bemerkungen zum Lehrbuch für Fremdsprachenunterricht
brachte uns schon J. A. Comenius, der zu den größten Persönlichkeiten der
Pädagogik gezählt wird.

„Was uns Johann Amos Comenius in seiner Didactica magna vor rund
400 Jahren ins pädagogische Stammbuch geschrieben hat, ist im Hinblick auf
Lehrwerke erstaunlich aktuell. In Kapitel 19 mit dem Titel Grundsätze für die
Schnelligkeit und Abkürzung beim Lernen findet man folgende Forderung:
„Schulbücher sollen alles allgemeinverständlich darstellen und dem Lernenden in
jedem Fall Hilfe bieten, so dass er alles von selbst ohne Lehrer verstehen kann.“

Johann Amos Comenius wünschte sich, dass die Lehrwerke in der Form
des Dialogs abgefasst werden, denn diese Form wirkt am natürlichsten und am
vertraulichsten und erleichtert den Schülern die Wiederholung, die sie unter sich
vornehmen können. Viele moderne Lehrwerke, die zur Zeit entstehen, haben
Comenius Wunsch erfüllt. Sie erhalten Dialoge in kontextualisierter Form und
kommunikative Kompetenzen stehen meistens im Vordergrund. Wiederholungen
sind in solchen Lehrwerken auch nicht ausgelassen – sie erscheinen als Übungen
im Lehrbuch zur Festigung neu eingeführter Lexik und Grammatik.5

Kurz gefasst entsprechen fast die methodischen Prinzipien und


Anforderungen an Konzeption der Lehrbücher von J. A. Comenius den
methodischen Prinzipien des modernen Fremdsprachenunterrichts.

Aber nicht in allen Zeiträumen wurde das Buch als das wichtigste
Lernmittel gewertet. Der Bedarf an Lehrbücher war schon am Ende der 90er in
Deutschland nicht so stark. Moderne Lerntechniken, ihre Vermittlung und
Gedanken an eine interkulturelle Perspektive waren in dieser Zeit ein großes
Thema. Viel öfter erschienen Begriffe wie Lernen mit Computer, autonomes
Lernen, Projektorientierung oder Lerner- und Handlungsorientierung.

Andreas Nieweler, der sich zu der Lehrbucharbeit im


Fremdsprachenunterricht geäußert hat, führt aus, dass ein völliger Verzicht auf
Lehrbücher aus arbeitsökonomischen Gründen unmöglich ist. Seiner Meinung
5
FERY, Renate, RADDATZ, Volker: Lehrwerke und ihre Alternativen, Verlag Peter Lang,
Frankfurt am Main 2000, S. 13
10
nach stellt der vom Lehrbuch unabhängiger Unterricht einen erheblichen
Mehraufwand an Arbeit dar. Dieses kann man zum Beispiel bei den
Waldorfschulen betrachten, die aus pädagogischen (oder ideologischen) Gründen
auf die Lehrbücher verzichtet haben, was zu einem großen Aufwand an Kopien
und zur ständigen Suche nach geeigneten Texten geführt hat.6

Nieweler führt mehrere interessante Thesen zur Lehrbucharbeit aus. Er


behauptet, dass das Lehrwerk die Vergleichbarkeit der Abschlüsse garantiert und
dass die Lehrwerke eine „erzieherische Funktion“ für Lehrer/innen haben, denn
sie ihren Eingang in den Unterricht schneller finden, als die Lehrpläne, die den
Lehrer/innen neue Lernstrategien, Arbeitstechniken und Lernautonomie als erste
annähren sollten. Weiter schreibt er dem Lehrwerk eine durchdachte didaktische
Progression zu, die den Lernbedürfnissen der Schüler/innen entgegenkommt.

Nieweler beschäftigt sich auch mit den Schattenseiten des Lehrbuchs. Er


warnt vor dem zu dogmatischen Umgehen der Lehrer/innen mit dem Lehrwerk,
das häufig im Fremdsprachenunterricht vorkommt . Die Langeweile im
Sprachenunterricht entsteht seiner Meinung nach oft gerade wegen dem
unrichtigen Einsatz der Lehrwerke im Unterricht. Es ist nicht nötig jede Seite des
Buches durchzulesen und eine Übung nach der anderen zu schaffen, sondern sich
den Bedürfnissen der Schüler anzupassen.

Die Auflockerung des Unterrichts kann auch arbeitsökonomisch sein. Sie


kann durch lehrwerkbegleitende Materialien realisiert werden. Zu solchen gehören
dann Bereiche wie Freiarbeit, lehrbuchbegleitende Lektüre, Transfertexte oder
Kontrollaufgaben. Die Reihenfolge der Lektionen kann flexibel sein und einige
Lektionen oder Teile können ausgelassen werden, um dem Problem der
„Schaffenbarkeit“ zu begegnen.7

Andere Thesen zum Lehrbuch und Lerhwerkarbeit bringt Detlev Kahl. Er


findet den Sprachunterricht ohne Lehrwerk zu aufwändig, im Grunde nicht
leistbar und für Lehrer und Schüler nicht wünschenswert. Er stellt sich die Frage:
6
FERY, Renate, RADDATZ, Volker: Lehrwerke und ihre Alternativen, Verlag Peter Lang,
Frankfurt am Main 2000, S. 16
7
FERY, Renate, RADDATZ, Volker: Lehrwerke und ihre Alternativen, Verlag Peter Lang,
Frankfurt am Main 2000, S. 17
11
„Was macht ein Schüler, der längere Zeit krank ist?“ Seine Antwort ist klar. „Er
kann anhand des Lehrwerks nacharbeiten.“ 8

Dies gilt auch für weitere Fälle wie z. B. für Situationen, wenn die Schüler
nicht aufmerksam oder organisiert sind – sie können sich dann an dem Buch
festhalten. Nach Kahl sollte das Lehrwerk selbsterklärend sein, damit der Schüler
das Lehrbuch ohne Lehrer benutzen könnte. Nur mit diesem Charakter kann das
Lehrwerk in oben genannten Fällen behilflich sein.

Einige Thesen von Detlev Kahl stimmen mit den Thesen von Nieweler
überein. Auch Kahl fordert die Lehrer zu einer persönlichen Auswahl von Texten,
Übungen, Redemittel oder Grammatikteilen auf, die bei den Schülern Interesse
wecken. Das Weglassen von mehreren Lektionen findet er problemlos, denn die
Vokabeln und die Grammatik von den weggelassenen Lektionen können in
späteren Texten vorkommen und gebraucht werden. 9

Eine weitere Funktion von Lehrwerken ist ihre Orientation an das


Curriculum oder Prüfungen, womit sie ihre Verwendungschancen erhöhen. Sie
haben bestimmte Lehr- und Lernziele im Bereich der Grammatik und der Texte
und vermitteln verschiedene Lernstrategien oder das interkulturelle Lernen. Sie
bringen den Lehrstoff in eine Reihenfolge, die eine zielorientierte, systematische
und überprüfbare Progression erlaubt. Wenn sich man für eine Prüfung
vorbereitet, können ihm die Lehr- und Lernmaterialien wie eine Kontrolle dienen.
Wegen den Materialien kann man nämlich feststellen, wie weit er von seinem Ziel
ist. 10

Man sollte auch nicht vergessen, dass das Lehrwerk eine wichtige Rolle
für die Lehrer/innen hat, obwohl man eine lange Zeit der Meinung war, dass
„Lehrwerke für Schüler festgelegt sind.“ Die Lehrwerke sind Quellen, mit deren
Hilfe die Lehrer/innen den Inhalt des Lernstoffes planen und diesen Inhalt im

8
FERY, Renate, RADDATZ, Volker: Lehrwerke und ihre Alternativen, Verlag Peter Lang,
Frankfurt am Main 2000, S. 125
9
FERY, Renate, RADDATZ, Volker: Lehrwerke und ihre Alternativen, Verlag Peter Lang,
Frankfurt am Main 2000, S. 126
10
BAUSCH, Karl-Richard / CHRIST, Herbert / KÖNIGS, Frank G. /KRUMM, Hans – Jürgen:
Die Erforschung von Lehr- und Lernmaterialien im Kontext des Lehrens und Lernens fremder
Sprachen, Gunter Narr Verlag, Tübingen 1999, S. 119
12
Unterricht auch präsentieren. Sie helfen dem Lehrer mit der Realisation und mit
der Klassifikation der Bildungsergebnisse.11

Lehrmaterialien sind also für Lehrende in der Regel eine wichtige


Entscheidungshilfe für die Konzeption und Durchführung ihres Unterrichts. Zum
Beispiel die meisten Kursleiter im Fremdsprachenunterricht mit Erwachsenen
halten sich vor allem am Lehrwerk. Ähnlich ist das auch bei anderen
Lehrer/innen, die bis zu 80% dazu tendieren, den Unterricht auch thematisch
streng am Lehrwerk zu orientieren.12

Und wie bewerten die Lehrer/innen die so viel benutzten Lehrwerke im


Gegensatz zu den modernen Medien dieser Zeit?

Interessant finde ich Ergebnisse einer Umfrage aus den Jahren 1997/98,
die uns die Meinungen der Lehrer/innen über die klassischen Lehrwerke und über
die elektronischen Medien als Vertreter der modernen Lehrmittel darstellen:

(BAUSCH, Karl-Richard / CHRIST, Herbert / KÖNIGS, Frank G. /KRUMM,


Hans – Jürgen: 1999:122)

pro klassisches Lehrwerk contra klassisches Lehrwerk

Konzentration und Auswahl starre inhaltliche Festlegung


veröffentlicht, Qualitätskontrolle keine Aktualität
Lehrer brauchen Unterstützung zu starre Lenkung
ewünschte Lenkung des keine Interaktivität
Lernprozesses
keine Lernautonomie
klare Progression

pro elektronische Medien contra elektronische Medien

11
PRŮCHA, Jan: Učebnice: Teorie a analýzy edukačního média, Paido, Brno 1998, S. 111
12
BRILL, Lilli Marlen: Lehrwerke/Lehrwerkgenerationen und die Methodendiskussion im Fach
Deutsch als Fremdsprache, Shaker Verlag, Aachen 2005, S. 1
13
Materialreichtum Überangebot, Zufallsprinzip
absolute Aktualität möglich keine Qualitätskontrolle
hohe inhaltliche Flexibilität Interaktivität nur simuliert
adaptiv, Recherchen möglich Zu viel Englisch
Lehrerausbildung hält nicht Schritt

Ganz genau nennt Jan Průcha die allgemeinen Funktionen des Lehrwerkes
(nach der Taxonomie von D. D.Zujeva). Er unterscheidet:

- informative Funktion, die den Inhalt in der Ausbildung abgrenzt.

- transformative Funktion, d. h. dass das Lehrwerk überarbeitete


Informationen von einem bestimmten Fach für die Lernenden bringt.

- systematische Funktion, die den Lernstoff nach einem bestimmten System


gliedert und die Reihenfolge des Lernstoffes begrenzt.

- Verfestigungs-, Kontrollfunktion, d. h. dass das Lehrwerk den Lernenden


die Aneignungen von neuen Erkenntnissen, das Üben von diesen
Erkenntnissen und eventuell auch die Kontrolle (mit der Aufgaben)
ermöglicht.

- Funktion der Selbstausbildung – die Lehrwerke geben den Lehrnenden


den Anreiz zur selbstständigen Arbeit mit dem Lehrbuch und formen bei
ihnen die Motivation.

- integrierende Funktion, die das Verstehen und Integration von


Informationen unterstützt, die Lernenden aus verschiedenen Quellen
erhalten.

- koordinierende Funktion – die das Lehrwerk hat, um die Koordination


beim Nutzen von anderen didaktischen Mitteln sichern, die am Lehrwerk
anknüpfen.

14
- Entwicklungs- und Erziehungsfunktion, d. h. dass das Lehrwerk zur
Entwicklung der Persönlichkeit des Schülers beiträgt.13

13
PRŮCHA, Jan: Učebnice: Teorie a analýzy edukačního média, Paido, Brno 1998, S. 19/20
15
4. Die Auswahl an Lehrwerken

Das Angebot an Lehrwerken für den Deutschunterricht wird von Jahr zu


Jahr größer und darum stehen die Lehrer oft vor einer nicht einfachen
Entscheidung, welches Lehrwerk sie für ihre Studenten auswählen sollten. Sie
können aus persönlicher Sicht angebotene Lehrwerke bewerten und mit den für
sie passenden arbeiten. Für die Lehrer, die an Grundschulen, Gymnasien oder
Fachmittelschulen tätig sind, gilt eine Pflicht und zwar, dass sie von den
Lehrwerken auswählen müssen, die vom Schulministerium empfohlen sind.

Wenn man also das Lehrbuch auswählt, kann man auf die Informationen
der Verlage zurückgreifen, Prüfungsexemplare bestellen oder in eine
Buchhandlung gehen und dort einige Lehrwerke oberflächlich überprüfen.

Einen praktischen Behelf für die Vorauswahl des Lehrwerkes stellen sog.
Auswahlführer dar, die detaillierte bibliographische Angaben zu allen Lehrwerken
anführen und den Aufbau und Inhalte der Lehrwerke ausführlich beschreiben. Sie
verweisen auf Rezensionen und bereits vorliegende Gutachten und lenken die
Aufmerksamkeit des Lehrenden und des Lernenden auf die Aspekte, die sie selbst
überprüfen sollen. 14

Das Goethe-Institut listet in dem oft aktualisierten Auswahlführer


Arbeitsmittel für den Deutschunterricht an Ausländer auf 200 Seiten
Lehrmaterialien und Lehrwerke für Deutsch als Fremdsprache auf. Dieser
Auswahlführer beschreibt sehr gründlich eine große Menge der Lehrwerke aus
den Titeln selbst oder nutzt die Informationen des Verlags.

Für die Lehrenden und Lernenden finde ich diese Auswahlführer sehr
praktisch und förderlich, weil es nicht immer möglich ist, sich mit den
wissenschaftlichen Analysen der Lerhrwerke aus Zeitgründen zu beschäftigen
oder persönlich mehrere Lehrwerke in einer kürzerer Zeit zu bewerten.

14
Duisburger Institut für Lehrende und Lernende und zur Förderung der deutschen Sprache:
Lehrwerke für Deutsch als Fremdsprache (Auswahlführer für Lehrende und Lernende), Incidum,
München 1998, S. 11
16
5. Forschungsgegenstand „Lehr- und Lernmaterialien“

„Die Lehr- und Lernmaterialien sind anzusehen als zentrales Medium, mit
deren Hilfe unterrichtlich gestütztes Fremdsprachenlernen inszeniert wird und
woran es sich vollzieht. Damit sind die gleichzeitig als zentraler Gegenstand der
Forschungsanstregungen des Faches zu gewichten.“15

Damit die fachdidaktische und pädagogische Praxis im Interesse der


Lernenden und Lehrenden verbessert werden könnte, beschäftigt man sich auch
mit dem wissenschaftlichen Umgang mit dem Lehren und Lernen, was auch der
Beschreibung und dem Verständnis des Gegenstandes dient.

Zu diesem Umgang gehören auch die Lehr- und Lernmaterialanalyse,


Lehr- und Lernmaterialprobung, Lehr- und Lernmaterialkritik oder Lehr- und
Lernmaterialevaluation.

Die Lehrwerkforschung hat keine lange Tradition. Sie wurde erst in den
70er Jahren des zwanzigsten Jahrhundert zum Bestandteil der
Fremdsprachendidaktik/Didaktik Deutsch als Fremdsprache. Seit den 90ern wurde
dann die Lehrwerkforschung zu einem festen Bestandteil der wissenschaftlichen
Forschung, obwohl sie an ihrem Anfang von vielen Theoretikern verdammt
wurde.16

In Deutschland werden die Lehrwerke in spezialisierten Instituten


untersucht. Am bedeutendsten sind dann diese Zentren:

- „Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung“, das seit den


50ern in Braunschweit wirkt und das sich mit der Analyse von Lehrwerken für
Geschichte, Geographie, Ekologie usw. beschäftigt.

15
BAUSCH, Karl-Richard / CHRIST, Herbert / KÖNIGS, Frank G. /KRUMM, Hans – Jürgen:
Die Erforschung von Lehr- und Lernmaterialien im Kontext des Lehrens und Lernens fremder
Sprachen, Gunter Narr Verlag, Tübingen 1999, S. 11
16
Eine von Skepsis volle Stellung zu der Lehrwerkanalyse hatten Autoren wie z. B. Rösler, der die
wissenschaftliche Erforschung noch am Ende der 90er für einen nicht entwickelten Bestandteil der
Wissenschaft gehalten hat.

17
- „Zentrum für Schulbuchforschung“ (am Wolfgang-Ratke-Institut) in Köthen.
Hier entstanden Konzeptionen und Analysen, die die Grundlagen der exakten
empirischen Lehrwerkforschung gebildet haben und die Lehrwerkforschung im
internationelen Maßstab beeinflusst haben.

- „Deutsches Institut für Fernstudien“ an der Universität in Tübingen. Hier werden


theoretische und empirische Analysen der Faktore durchgeführt, die die
Perzeption und Aneignungen der Informationen durch verbale und bildliche
Quellen beeinflussen.

In Österreich wirkt seit 1988 ein selbstständiges Institut „Institut für


Schulbuchforschung und Lernförderung“, das sich vor allem mit den Analysen
der kommunikativen Qualität des Lehrwerkes aus der Sicht der Zugänglichkeit
für die Schüler beschäftigt und das die Effekte der Lehrwerke testet, die in
Erkenntnissen der Schüler erscheinen. Die Analysen orientieren sich oft auf die
Informationsvermittlung über anderen Ländern oder verschiedenen sozialen
Gruppen usw.

Was die Begriffserklärung betrifft, verstehen wir unter der


Lehrwerkanalyse/-kritik die Bemühung das Lehrwerk „als Produkt“ zu
untersuchen im Gegensatz zur Lehrwerkforschung, in dessen Vordergrund der
Lern- und Unterrichtprozess steht. Dabei werden noch drei Bereiche
unterschieden: 1. Lehrwerkprobung – die Erprobung von Lehrwerken im Rahmen
ihrer Entwicklung, 2. Lehrwerkwirkungsforschung – die Untersuchung der
Wirkung von Lehrwerken auf den Unterrichtsprozess und die Nutzung von
Lehrwerken durch Lehrer und Lernende und 3. Historische Forschung – „geben
Lehrwerke doch einen Einblick in das Verständnis des Sprachenlehrens und -
lernens der Vergangenheit.“

Die Lehr-Lernmaterialanalyse und Lehrwerkforschung haben mehrere


Zwecke. Sie orientieren sich an Bedürfnisse der Unterrichtspraxis – sie
beschäftigen sich mit der Entwicklung von Analysekriterien, um Lehrenden die
Auswahl des Lehrbuchs zu vereinfachen und den Lehr- Lernmaterialautoren mit
der Entwicklung von Materialien zu helfen. Darum werden die Lehrenden und

18
Lernenden auf ihre Erwartungen und Einstellungen zu diesen Materialien befragt.
Weiter beschäftigen sie sich mit der Erforschung der Wirkungen von Lehrwerken.
Hier spielt das Nutzen des Materials vom Lehrenden und Lernenden sowie die
Bedeutung der Einzelfaktoren wie visuelle Darstellungen, graphische und
technische Aufbereitungen eine große Rolle. Das alles kann aber nur in einem
längeren Arbeitsprozess untersucht werden.17

In der Lehrwerkanalyse hat sich mit der Zeit eine Reihe von
Standartthemen herausgebildet. Zu diesen zählt man insbesondere auch noch
heute die Analyse der Funktion von Bildern (visuelle Hilfsmittel), die
landeskundliche Analyse (die in den achtziger Jahren gern imagologische
Gesichtspunkte berücksichtigte und interkulturelles Lernen und Fremdverstehen
in den Vordergrund stellt) und die kritische Sichtung von
Grammatikdarstellungen, die auch zu empirischen Untersuchungen Anlass
gegeben hat.18

Was die Forschungsschwerpunkte in Sachen Lehr- und Lernmaterialien


betrifft, werde ich jetzt einige von ihnen nennen, die im Hinblick auf persönliche
Erkenntnisinteressen ausgewählt werden.

„Es sind diese:

- die Weiterentwicklung von Konzeption und Details einer


Kommunikativen Grammatik des Deutschen für Belange des Fremd- und
Zweitsprachenerwerbs;

- die empirische Untersuchung von interaktionalen Prozessen zwischen


Fremdsprachenlerner und interaktiven Computersprachlernprogrammen
im Vergleich zur „traditionellen“ Lerner-Lerner- bzw. Lerner-Lehrer-
Interaktion;

17
BAUSCH, Karl-Richard / CHRIST, Herbert / KÖNIGS, Frank G. /KRUMM, Hans – Jürgen:
Die Erforschung von Lehr- und Lernmaterialien im Kontext des Lehrens und Lernens fremder
Sprachen, Gunter Narr Verlag, Tübingen 1999, S. 11
18
FERY, Renate, RADDATZ, Volker: Lehrwerke und ihre Alternativen, Verlag Peter Lang,
Frankfurt am Main 2000, S. 9
19
- die Weiterentwicklung des Interkulturellen Ansatzes auf theoretischem
und empirischem Wege.“19

19
BAUSCH, Karl-Richard / CHRIST, Herbert / KÖNIGS, Frank G. /KRUMM, Hans – Jürgen:
Die Erforschung von Lehr- und Lernmaterialien im Kontext des Lehrens und Lernens fremder
Sprachen, Gunter Narr Verlag, Tübingen 1999, S. 14
20
6. Methoden der Lehrwerkanalyse

Die Lehrwerkanalyse kann nach verschiedenen Methoden erfolgt werden.


Diese Methoden unterscheiden sich nach ihrem Charakter. In Moskau hat man
schon vor mehreren Jahren bei der Lehrwerkanalyse mehr als 300
Forschungsmethoden registriert. Seit dieser Zeit ist die Zahl sicher noch
gestiegen. Es werden also fast alle Methoden der methodologischen empirischen
Forschung in der Pädagogik verwendet. Průcha gliedert die Methoden in diese
Typen:

a) kvantitative Methoden, wobei man in der Lehrwerkanalyse verschiedene


statistische Verfahren nutzt und mit denen man bestimmte messbare
Einheiten des Lehrwerks ermittelt und vergleicht.

b) Methoden der inhaltlichen Analyse, die sich mit der Ermittlung und
Bewertung der qualitativen Eigenschaften und vor allem mit dem Inhalt
des Lehrwerks beschäftigen.

c) Fragemethoden, mit denen man die Aussagen über verschiedene


Eigenschaften der Lehrwerke und über ihr Fungieren im
Unterrichtsprozess versammelt und bewertet. Am meisten bekommt man
diese Aussagen per schriftliche Fragebogen, die die Lehrenden und
Lernenden ausfüllen.

d) Testmethoden, die Ergebnisse bei Lernenden untersuchen, die vom


Lehrwerk abhängig sind. Diese Teste dienen sowohl der kurzfristigen als
auch der langfristigen Untersuchung von Ergebnissen des Lernens.

e) experimentale Methoden, die Effekte der genutzten Modifikationen


untersuchen

f) komparative Methoden, die dem Vergleich von zwei oder mehr


Lehrwerken aus bestimmter Sicht dienen (z. B. Umfang oder Folge der
Themen des Lernstoffes). Man kann Lehrwerke eines Faches in
verschiedenen Schuljahren, Lehrwerke von verschidenen Fächern in einem
21
Schuljahr oder Lehrwerke von verschidenen Arten der Schulen und andere
vergleichen. Oft werden neu eingeführte Lehrwerke mit den bisherigen
Lehrwerken für ein bestimmtes Fach verglichen. Komparative Methoden
werden auch in der historischen Forschung genutzt. Sie untersuchen vor
allem die Entwicklung der Konzeption und des Inhalts vom Lernstoff in
verschiedenen Zeiträumen.20

20
PRŮCHA, Jan: Učebnice: Teorie a analýzy edukačního média, Paido, Brno 1998, S. 47/48
22
7. Lehrmethoden in den Lehrwerken

„Lehrwerke werden nach bestimmten Lehrmethoden verfaßst. An


Lehrbüchern kann man die Merkmale von bestimmten Lehrmethoden gut
erkennen.“21

Die Methodenkonzeptionen sind mit der Produktion von Lehrwerken eng


verbunden. Die Kenntnis des methodischen Ansatzes ermöglicht die gezielte
Auswahl eines passenden Lehrwerks und dessen adäquate und effektive
Umsetzung in dem Unterricht. In dieser Zeit des modernen und lernerzentrierten
Unterrichts ist es die Aufgabe des Lehrenden, die Unterrichtsinhalte und
Verfahren den Bedürfnissen der Lernergruppe anzupassen.22

Die methodischen Prinzipien eines Lehrwerks kann man nach folgenden


Aspekten erkennen:

1. Die Texte einer Lektion: entweder Texte des Alltags, die im


Zielsprachenland vorkommen, sog. authentische Textsorten (z. B.
Kommentare, Werbung, Berichte aus einer Zeitung), oder auch die Texte,
die vom Autoren verfasst wurden, um ein bestimmtes sprachliches
Phänomen einzuführen (z. B. neuen Wortschatz oder ein neues
Grammatikpensum – man nennt sie grammatikalisierende oder
synthetische Texte)

2. Die Grammatikdarstellung: Werden Grammatikregeln formuliert? (wenn


ja, in der Muttersprache oder in der Fremdsprache?) Wird die Grammatik
über Beispiele eingeführt? Wird zuerst die Regel und dann das Beispiel
eingeführt oder umgekehrt? Werden visuelle Hilfen gegeben (z. B. durch
Verwendung von Farben oder durch Hervorhebung oder durch bildliche
Zeichen)?

21
NEUNER, G., HUNFELD, H.:Methoden des fremdsprachlichen Deutschunterrichts, Eine
Einführung, Universität Gesamthochschule Kassel, Kassel 1993, S. 16
22
JANÍKOVÁ, V.: Methodik und Didaktik des Unterrichts Deutsch als Fremdsprache,
Masarykova univerzita v Brně, Brno 2001, S. 10
23
In manchen Lehrbüchern fehlt die Grammatik ganz – auch das kann ein
Hinweis auf die zugrundeliegende Methode sein.

3. Die Übungen: nach dem Übungsteil im Lehrbuch kann man besonders gut
bestimmen, um welche Methode es sich handelt, weil jede Methode ganz
bestimmte Arten von Übungen und Übungsfolgen bevorzugt, um ihre
Lernziele zu erreichen.

4. Der Lektionaufbau: Für jede Methode ist auch eine ganz bestimmte
Abfolge der Unterrichstsphasen typisch. Jede Methode hat also ein
bestimmtes Lektionsschema. Zum Beispiel in einigen Lehrbüchern
beginnen die Lektionen mit dem Text, in anderen mit den
Grammatikregeln, was ganz andere Unterrichtsverfahren und -abläufe
ergibt.

5. Die Lernprogression: der Aufbau des Lernprogramms: schon am


Inhaltsverzeichnis eines Lehrbuchs kann man oft die methodische
Konzeption erkennen, weil jede Methode ganz bestimmte Lernziele und
Lernstoffe bevorzugt und kombiniert. 23

Die folgende Grafik macht den Zusammenhang zwischen dem Lehrwerk und
der Lehrmethode, nach der es konzipiert wurde, deutlich:

In LEHRMETHODEN werden formuliert: In LEHRWERKEN erkennt man


Methoden besonders gut an:

- Lehrziele - Texten
- Textauswahl
WAS gelehrt werden soll - Textgestaltung
(Lehrstoffe)
- Grammatik
Dabei werden berücksichtigt>
- Auswahl und Abfolge
- übergreifende gesellschaftliche und - Darstellung
pädagogische Vorgaben
- Befunde der Fachwissenschaften - Übungen
(Linguistik; Landeskunde; Literatur/ und - Übungstypen
Textwissenschaft) - Übungsphasen
- Übungssequenzen

23
NEUNER, G., HUNFELD, H.:Methoden des fremdsprachlichen Deutschunterrichts, Eine
Einführung, Universität Gesamthochschule Kassel, Kassel 1993, S.16/17

24
- Lehrverfahren/Unterrichstsprinzipien
- WIE gelehrt werden soll (Unterrichtsprinzipien) - Lektionsaufbau
- Entwickelt werden unter Berücksichtigung der - Einführung
- Befunde der Lerntheorie Vorschläge zu: - Übung/Festigung
- - Unterrichtsgliederung - Systematisierung
- Anwendung/Transfer
- - Unterrichtsformen
- - Unterrichtsmedien - Lernprogression
- - Unterrichtsorganisation - Aufgliederung des Lernstoffes
- Verschränkung/Kombination
der Lernziele

(NEUNER, G., HUNFELD, H.:Methoden des fremdsprachlichen Deutschunterrichts, Eine


Einführung, Universität Gesamthochschule Kassel, Kassel 1993, S. 17)

25
8. Überblick über die Lernmethoden des
Fremdsprachenunterrichts

In diesem Teil der Diplomarbeit finden Sie die Grundmethoden, die im


Fremdsprachenunterricht angewandt werden und die eng mit der Gestaltung des
Lehrwerks verbunden sind.

8.1 Die Grammatik-Übersetzungs-Methode (GÜM)

Diese Methode wurde in Europa im 19. Jahrhundert für den neusprachlichen


Unterricht in den Gymnasien entwickelt. Als Vorbild diente der Unterricht von
"alten Sprachen"(Griechisch und Latein). Die Grammatik-Übersetzungs-Methode
betont vor allem die Grammatik, die auch das wichtigste Lernziel darstellt. Das
Motto von dieser Methode ist:

"Wer die Grammatik beherrscht, beherrscht die fremde Sprache!" Die korrekte
Übersetzung ist dann ein Beweis, dass man die Grammatik beherrscht. 24

Die GÜM stellt ein Mittel zur Herausbildung der Fähigkeit zum
abstrakten/logischen Denken dar. Das Ziel ist also nicht die praktische
Beherrschung der Sprache, sondern vielmehr die bewusste Einsicht in deren
formalen Regelsystem und Aufbau. Zu den methodischen Prinzipien gehören
diese Punkte:

- Im Zentrum steht die schriftliche Form und Gebrauch der Sprache.


- Textgrundlagen bestehen aus Werken bedeutender Autoren, aus
synthetischen Texten, die einen spezifischen grammatikalischen
Schwerpunkt tragen.
- Für das Ziel hält man die Produktion von korrekten Sätzen, die durch
Anwendung von Regeln erfolgt.

24
NEUNER, G., HUNFELD, H.:Methoden des fremdsprachlichen Deutschunterrichts, Eine
Einführung, Universität Gesamthochschule Kassel, Kassel 1993, S. 19
26
- Charakteristische Übungstypen sind: Übersetzungs-übungen,
Ergänzungsaufgaben, Umformung von Sätzen nach formalen Grammatik-
kategorien, Formulierung korrekter Einzelsätze nach einer Regel oder
Nacherzählungen.

Was die Kritik von der GÜM betrifft, sollte man sagen, dass wenn man nur
Regelwissen lernt und nichts anderes, kann man nur schwer die fremde Sprache
sprechen und dass es zur Situation kommen kann, dass man in jedem
Lehrwerktext nur Grammatik aussucht, ohne den Inhalt verstehen zu wollen.25

8.1.1 Einige Merkmale des Lehrbuchs, das nach der GÜM


gestaltet wurde

Was das Inhaltsverzeichnis betrifft, müssen wir erwähnen, dass solche


Lehrbücher oft nicht in eine Folge von Lektionen aufgeteilt sind, sondern sie sind
in Blöcken angeordnet. Der Grammatikstoff kann dann nach Wortarten ohne die
Progression des Grammatikstoffes gegliedert werden und es ist nur schwer
erkennbar, ob es um das Prinzip „vom Einfachen zum Schwierigen geht“. Ein
weiteres Merkmal von diesen Lehrwerken sind die Übungen – vor allem
Übersetzungsübungen (von der Muttersprache in die Fremdsprache und
umgekehr), weiter die Übungen zur Entwicklung des schriftlichen Ausdrucks und
des Leseverständnisses, die als die nächste Unterrichtsphase nach der
Grammatikpräsentation folgen. Die dritte Unterrichtsphase ist dann die
Anwendungsphase, die sich mit dem Lesen, dem Schreiben und dem Übersetzen
beschäftigt. Im Unterricht kann der Lehrer nicht das Lehrbuch „von vorne nach
hintern durchnehmen“, sondern er muss sich die Abfolge des Lehrprogramms
selbst zusammenstellen.26

25
JANÍKOVÁ, V.: Methodik und Didaktik des Unterrichts Deutsch als Fremdsprache,
Masarykova univerzita v Brně, Brno 2001, S. 11
26
NEUNER, G., HUNFELD, H.:Methoden des fremdsprachlichen Deutschunterrichts, Eine
Einführung, Universität Gesamthochschule Kassel, Kassel 1993, S. 21

27
8.2 Die direkte Methode

Die direkte Methode ist eine Vorläuferin der audiolingualen und


kennzeichnet sich durch ihre „Orientierung weg von der bisher praktizierten
starren Grammatikmethode hin zum aktiven Fremdsprachenunterricht, in dem die
gesprochene Sprache den absoluten Vorrang hat.“27

In dem Mittelpunkt des Fremdsprachenunterrichts steht im Falle dieser


Methode die aktive Beherrschung der Sprache und die Entwicklung des
Sprachgefühls. Für Schüler sollen die Alltagssituationen schaffbar sein und
Lebensumstände der Zielkultur zugänglich werden. Der Fremdsprachenerwerb
soll nach ähnlichen Prinzipien verlaufen wie bei dem Mutterspracheerwerb.
Dieses Prinzip nannte man „naturegmäßtes Lernen“. Die direkte Methode ist ein
induktives, assoziatives und imitatives Konzept des Lernens.

In dieser Methode hat die gesprochene Sprache Vorrang vor der


geschriebenen Sprache. Hören und Sprechen sind wichtiger als Lesen und
Schreiben. Eine wichtige Rolle spielt die Ausspracheschulung. Im Unterricht wird
die Einsprachigkeit benötigt, weil bei dieser Methode die Muttersprache als
Störfaktor betrachtet wird.28

8.2.1 Einige Merkmale der Unterrichtseinheit, die nach


der direkten Methode gestaltet wurde

Zu einer Unterrichtsstunde gehört gewöhnlich ein fremdsprachiger Text, der


oft in der Form vom Dialog gestaltet wurde. Bei diesem Text findet man auch ein
Situationsbild und weitere Bilder, Umschreibungen und Synonyme, die bei
schwierigen Ausdrücken den Lernenden helfen. Am meisten geht es um eine
Geschichte mit einem Grammatikpensum. Nach dem lauten Vorlesen des Textes
stellt der Lehrer den Lernenden Fragen zum Text. Grammatische

27
NEUNER, G., HUNFELD, H.: Methoden des fremdsprachlichen Deutschunterrichts, Eine
Einführung, Universität Gesamthochschule Kassel, Kassel 1993, S. 33
28
JANÍKOVÁ, V.: Methodik und Didaktik des Unterrichts Deutsch als Fremdsprache,
Masarykova univerzita v Brně, Brno 2001, S. 12
28
Regelhaftigkeiten können dann nach Beispielen aus dem Text von den Schülern
erarbeitet werden.29

8.3 Die audiolinguale Methode (ALM)

„Die audiolinguale Methode entstand in den vierziger Jahren in den USA.


In mancher Hinsicht stellt sie eine Weiterentwicklung der direkten Methode dar.
Allerdings kamen zusätzlich wissenschaftliche Entwicklungen und Erkenntnisse
sowohl im Bereich der Lernpsychologie als auch der Linguistik zum Tragen.“30

Moderne Fremdsprachen werden nach dieser Methode als internationales


Kommunikationsmittel gesehen. Im Mittelpunkt steht die gesprochene Sprache
und ihre Vermittlung, die zum Ziel der Kommunikationsfähigkeit in
Alltagssituationen führt. Man untersucht die gesprochene Sprache und nicht die
geschriebene. Die grundlegende Untersuchungseinheit bildet der Satz, wobei die
Klassifikation nach Satzmustern sog. „patterns“ erfolgt. Wichtig ist die
Situativität des Unterrichts, die dialogische Präsentation und Arbeit mit dem
Sprachmuster über Nachahmung und Wiederholung. Ähnlich wie bei der direkten
Methode ist die Ausspracheschulung und Einsprachigkeit des Unterrichts ein
wichtiger Bestandteil der Methode.31

8.3.1 Hauptmerkmale der audiolingualen Methode im


Lehrbuch

Am Anfang der Lektion findet man einen Text, oft mit einem großen Bild,
die die Funktion der Aufmachung hat. Die Authentizität des Textes spielt auch
eine große Rolle – es geht oft um einen Dialog oder andere Textsorten, die ihren

29
NEUNER, G., HUNFELD, H.:Methoden des fremdsprachlichen Deutschunterrichts, Eine
Einführung, Universität Gesamthochschule Kassel, Kassel 1993, S. 40
30
JANÍKOVÁ, V.: Methodik und Didaktik des Unterrichts Deutsch als Fremdsprache,
Masarykova univerzita v Brně, Brno 2001, S. 13
31
JANÍKOVÁ, V.: Methodik und Didaktik des Unterrichts Deutsch als Fremdsprache,
Masarykova univerzita v Brně, Brno 2001, S. 14
29
Sprachstil vertreten. Weiter können das Texte sein, die eine didaktische Funktion
haben und irgendwelche Aspekte der Grammatik erklären. Lektionstexte in
Lehrbüchern, die nach der audiolingualen Methode gestaltet sind, haben eine
sprachdidaktische Funktion. Die Grammatikdarstellung muss man nicht in der
Lektion des Lehrbuchs finden, sondern in einem separaten Grammatik-Anhang.

Die Zusammenhänge in der Grammatik werden oft in Tabellform verdeutlicht


und die Grammatikarbeit geht vor allem von der Beispielsammlung aus. Zu den
typischen Übungsformen gehören die Lückentexte, die Satzbildung nach einem
vorgegebenen Muster, die Dialogübungen oder die Frage-Antwort-Übung. Den
Teil, der sich mit der Landeskunde beschäftigt, findet man oft nach dem
Übungsteil und besteht aus Fotos und einem Informationstext, der ohne Bezug
zum Lektionsthema ist.32

8.4 Die audiovisuelle Methode

„Die audiovisuelle Methode stellt eine Weiterentwicklung der


audiolingualen Methode dar. Der Ausdruck „audio-visuell“ ist aus zwei Wörtern
lateinischen Ursprungs zusammengefügt: lat. audire = hören und lat. videre =
sehen. Ins Deutsche übersetzt, bedeutet dies: „Hör-Seh-Methode“.33

Die Unterrichtsstunde beginnt mit der Präsentation eines Bildes und eines
Dialogs. Der visuelle Reiz wird also mit dem akustischen Reiz verbunden und
bilden dann zusammen eine Bedeutungseinheit. Die Bedeutungen einzelner
Gesprächseinheiten werden in der zweiten Phase des Unterrichts geklärt. Die
Dialoge werden in der dritten Phase durch Wiederholungen von Bild und Text
auswendig gelernt. In der vierten Phase sollten die Schüler eigene Dialoge zu den

32
NEUNER, G., HUNFELD, H.:Methoden des fremdsprachlichen Deutschunterrichts, Eine
Einführung, Universität Gesamthochschule Kassel, Kassel 1993, S. 46-53
33
NEUNER, G., HUNFELD, H.:Methoden des fremdsprachlichen Deutschunterrichts, Eine
Einführung, Universität Gesamthochschule Kassel, Kassel 1993, S. 62

30
Bildern verfassen oder die Szene im Rollenspiel nachahmen. Die audiovisuelle
Methode nutzt genauso wie die audiolinguale Methode technische Medien im
Unterricht.34

8.4.1 Hauptmerkmale der audiovisuellen Methode im


Lehrbuch

Von der audiolingualen Methode unterscheidet sich die audiovisuelle Methode


durch den Verlauf der Darbietung. In der audiolingualen Methode wird zuerst die
sprachliche Form vorgegeben und erst dann ist sie in ihrer Bedeutung erklärt. In
der audiovisuellen Methode wird der Inhalt durch visuelle Mittel verdeutlicht und
erst dann folgt die entsprechende sprachliche Ausdrucksform.“Bilder und
Bilderfolgen werden nicht nur zur Bedeutungsvermittlung bei der
Sprachaufnahme (Einführung) eingesetzt, sondern ebenfalls bei der
Sprachverarbeitung (Übung) und der Sprachanwendung (Transfer).“35

8.5 Die kommunikative Methode

„Das fast vollständige Fehlen kognitiver und kreativer Elemente im Konzept der
audiolingualen und audiovisuellen Methode bildete den Ausgangspunkt der vor allem in
den siebziger Jahren aufkommenden Kritik an diesem Ansatz. Weitere Kritikpunkte
waren die Reduktion des Lernprozesses auf Verhaltenskonditionierung, das rigide
Phasenschema und die sich daraus ergebende Monotonie des Unterrichts, die
Einschränkung der Rolle des Lehreres auf die des „Medientechnikers“, die Orientierung
an formalsprachlichen Strukturen, der völlige Ausschluss der Muttersprache und die
Sinnentleerung und Banalisierung der Lehrbuchdialoge und Übungen (vgl.
Neuner/Hunfeld 1993, 66).“ 36

Zu den charakteristischen Merkmalen der kommunikativen Methode gehören


diese Punkte:

34
JANÍKOVÁ, V.: Methodik und Didaktik des Unterrichts Deutsch als Fremdsprache,
Masarykova univerzita v Brně, Brno 2001, S. 15
35
NEUNER, G., HUNFELD, H.:Methoden des fremdsprachlichen Deutschunterrichts, Eine
Einführung, Universität Gesamthochschule Kassel, Kassel 1993, S. 64
36
JANÍKOVÁ, V.: Methodik und Didaktik des Unterrichts Deutsch als Fremdsprache,
Masarykova univerzita v Brně, Brno 2001, S. 15

31
- Die kommunikative Methode stellt das oberste Ziel. Der Lernende soll
fähig sein, in verschiedenen Lebenssituationen angemessen handlen zu
können.
- Ein möglichst authentischer Gebrauch der Sprache wird angestrebt.
- Kenntnisse im landeskundlichen/kulturellen Bereich sind für die
allgemeine Kommunikationsfähigkeit wichtig.
- Im Vordergrund steht das fremdsprachliche Könen in der Form aller vier
Fertigkeiten (Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben)

Was die methodischen Prinzipien betrifft, spielt hier bewusstes (kognitives)


Lernen, selbstentdeckendes Lernen und kreativer Umgang mit der Sprache eine
große Rolle. Weiter orientiert sich diese Methode an Entwicklung von
Verstehens- und Lernstrategien und an Aktivierung des Lernenden als aktivem
Partner im Lernprozess. Die Lernorientierung ist im Bezug auf die Lerninhalte
als auch Lehr- und Lernverfahren. Der Lehrer wird zum Helfer im Lernprozess.
Ziele und Verfahren müssen den Bedürfnissen der Lerngruppe angepasst werden,
was auch mit der Auswahl der Lehrmaterialien zusammenhängt.37

8.6 Der interkulturelle Ansatz

„Der interkulturelle Ansatz stellt eine Weiterentwicklung der


kommunikativen Methode dar. Er bezieht einerseits den Kulturvergleich explicit
in den fremdsprachlichen Unterricht mit ein, gleichzeitig kommen grundlegende
pädagogische Überlegungen zum Tragen, die sich aus der genaueren Analyse der
Lernerperspektive ergeben, wobei insbesondere die regional spezifischen
Lernbedingungen stärker in den Vordergrund rücken.“38

37
JANÍKOVÁ, V.: Methodik und Didaktik des Unterrichts Deutsch als Fremdsprache,
Masarykova univerzita v Brně, Brno 2001, S. 16/17
38
JANÍKOVÁ, V.: Methodik und Didaktik des Unterrichts Deutsch als Fremdsprache,
Masarykova univerzita v Brně, Brno 2001, S. 17

32
Zu diesen Lernbedingungen zählt man unter anderem auch die
Lerntraditionen und Lerngewohnheiten, institutionelle Bedingungen, individuelle
Motivation/Lernleistung des Lernenden und Verhältnis von Ausgangs- und
Zielkultur.

„In einem interkulturell orientierten Konzept des Unterrichts müssen


Themenbereiche und Themenaspekte an elementaren Lebenserfahrungen der
jeweiligen Lernergruppe anknüpfen und sie mit repräsentativen
Lebenserfahrungen der Gruppe der Gleichaltrigen im Zielsprachenland
verbinden.“

„Das grundlegende Verfahren eines interkulturellen Deutschunterrichts ist


das des Vergleichs von Elementen, Einheiten und Strukturen der eigenen Kultur it
denen der Zielkultur. Das schließt den Sprachvergleich ausdrücklich mit ein.“ 39

Die Äußerungsfähigkeit soll nicht nur durch das „Dialogisieren“, sondern


auch durch das Sprechen zum Thema (zur konkreten Sache) entwickelt werden.
Weiter soll man nach diesem Konzept die Entwicklung einer spezifischen
Lesedidaktik unterstützen, denn die Lesetexte die Grundlage des
fremdsprachlichen Unterrichts darstellen. In einem interkulturellen Konzept des
Unterrichts wird sich das Lesen nicht nur auf Textsorten des Alltagslebens,
sondern vor allem auf fiktionale Texte beziehen.

In dem Fremdsprachenunterricht soll man über die Unterschiede zwischen


dem eigenen Kultur und dem Zielkultur sprechen. Dazu gehören auch Gespräche
über Vorurteile und ihren Ursprung.

39
NEUNER, G., HUNFELD, H.:Methoden des fremdsprachlichen Deutschunterrichts, Eine
Einführung, Universität Gesamthochschule Kassel, Kassel 1993, S. 117

33
9. Der Begriff Unterrichtspraxis und seine Bedeutung

In diesem Teil der Diplomarbeit werden Praxiswissen von


wissenschaftlichem Wissen differenziert. Beide diese Wissenstypen haben in
einem DaF Unterricht, der praxisorientiert ist, eine komplizierte wechselseitige
Beziehung zueinander. Diese Beziehung beeinflusst dann auch die
Lehrwerkgestaltung.

„Mit der Differenzierung von wissenschaftlichem Wissen und Praxiswissen wird


eine Vorannahme deutlich: Lehrende verfügen aufgrund ihrer praktischen
Unterrichtserfahrungen über eine andere Form von Wissen, als es das „Wissen“ im Sinne
wissenschaftlichen Wissens darstellt; das bedeutet „Wissen über Unterricht“ und
„Handlungsfähigkeit im Unterricht sind nicht identisch. Während wissenschaftliches
Wissen (Theoriewissen) objektive, explicite und faktische Aussagen enthält, scheint das
auf durch Alltagserfahrung und Praxis gewonnenes Wissen nicht in gleichem Maße
zuzutreffen; ein solches Wissen scheint zunächst subjektiv zu sein und aus Vermutungen,
Meinungen und nicht bewiesenen Schlüssen zu bestehen.“40

„Von Bedeutung für die Frage, warum dem Faktor „Unterrichtspraxis“ bei
der Entwicklung von Lehrmaterialien eine maßgebliche Rolle zukommt, ist die
Tatsache, dass gerade im Bereich Deutsch als Fremdsprache Lehrende, die
spezifische unterrichtspraktische Erfahrungen erworben haben, auch als
Lehrwerkautoren fungierten und fungieren.“

Bevor die wissenschaftliche Erforschung der fremdsprachlichen


Lehrwerke begann, die die Konzeption von Lehrwerken beeinflusste, war
praktische Unterrichtserfahrung der wichtigste Faktor bei der Gestaltung von
Lehrmaterialien. „Fremdsprachenlehrwerke wurden „aus der Praxis für die
Praxis“ von Lehrerinnen und Lehrern entwickelt.“41

Bis zu Beginn der 80er wurden die Lehrwerke vor allem von Mitarbeitern
des Goethe-Instituts konzipiert, wobei wissenschaftliche Erkenntnisse nicht am
wichtigsten waren. Zu diesen Lehrwerken gehörten sog. Lehrwerke der ersten und
zweiten Generation wie z.B. Deutsch Sprachlehre für Ausländer von
40
BRILL, Lilli Marlen: Lehrwerke/Lehrwerkgenerationen und die Methodendiskussion im Fach
Deutsch als Fremdsprache, Shaker Verlag, Aachen 2005, S. 66
41
BRILL, Lilli Marlen: Lehrwerke/Lehrwerkgenerationen und die Methodendiskussion im Fach
Deutsch als Fremdsprache, Shaker Verlag, Aachen 2005, S. 69/70

34
Schulz/Griesbach (1955) und Deutsch als Fremdsprache von
Braun/Nieder/Schmöe (1967). Anfang der 80er hat sich die Situation verändert.
Es sind neue Studiengänge Deutsch-als-Fremdsprache an den Universitäten
entstanden und die dritte Generation der Lehrwerke (z.B. kommunikativ
orientiertes Lehrwerk Deutsch aktiv) wurde dann von Wissenschaftlern und
Praktikern des Goethe-Instituts geschaffen.

„Der kurze Rückblick zeigt, dass die personellen/praktischen


Bedingungen, das heißt die praktischen Unterrichtserfahrungen der
Lehrwerkautoren, zeitweise einen wesentlichen Einfluss auf die Konzeption von
Lehrwerken für Deutsch als Fremdsprache hatten.“42

9.1 Kriterien der unterrichtspraktischen Lehrwerkanalyse

Da die wissenchaftliche Lehrwerkanalyse für den Fremdsprachenunterricht


keine große Bedeutung hat, möchte ich mich in dieser Diplomarbeit mit der
unterrichtspraktischen Lehrwerkanalyse beschäftigen und ihre Kriterien nennen.
Die Kriterienliste für die unterrichtspraktische Lehrwerkanalyse bearbeitete sehr
präzis D. Eggers, der einzelne Aspekte der Begründung des Lehrwerks auf sechs
Gruppen verteilt. Jede Gruppe enthält dann vier Fragen, dessen Antworten der
Begutachtung des Lehrwerks aus der unterrichtspraktischen Sicht helfen können.

Gruppe 1: Lernziele und Methoden

1. Welche Hinweise zu Lernzielen und Methoden enthält das Lehrwerk für


den Lehrer, welche Hinweise für den Lerner?
2. Welche Zielsetzungen werden für die Bereiche Didaktik, Linguistik und
Themenplanung bzw. Deutschlandkunde angegeben?
3. Welche methodische Konzeption liegt dem gesamten Lehrwerk zugrunde?

42
BRILL, Lilli Marlen: Lehrwerke/Lehrwerkgenerationen und die Methodendiskussion im Fach
Deutsch als Fremdsprache, Shaker Verlag, Aachen 2005, S. 70

35
4. Zu welchem Abschluss kann/soll dieses Lehrwerk führen und welchen
Stellenwert hat dieser Abschluss verglichen zu anderen Zeugnissen oder
Diplomen (Zertifikat Deutsch als Fremdsprache des Deutschen
Volkshochschulverbands, Sprachdiplome der Kultusministerkonferenz,
Sprachdiplome des Goethe-Instituts, Deutschprüfung nach der
Rahmenordnung für Studienkollegs)?

Gruppe 2: Struktur des Lehrwerks

1. Wie ist das Lehrwerk aufgebaut?


2. Wie sind die einzelnen Lektionen, Kapitel oder Reihen aufgebaut?
3. Wie sind die Teile innerhalb einer Lektion, eines Kapitels oder einer Reihe
aufeinander bezogen?
4. Ist der Stellenwert der einzelnen Teile – vor allem auch der Medienteile -
angegeben?

Gruppe 3: Fertigkeiten und Übungen

1. Welche Fertigkeiten werden über das Lehrwerk ausgebildet


(Hörverständnis, Sprechen, Leseverständnis, Schreiben)?
2. Welche Übungsformen enthält das Lehrwerk?
3. Sind die Übungsteile auf den Transfer hin angelegt und wie geschieht das?
4. Stimmen Übungsteile und Lernzielangaben überein?

Gruppe 4: Medienverbund

1. Welchen Stellenwert haben die Medien im Gesamtkonzept des


Lehrwerks?
2. Welchen Stellenwert haben die visualisierten Medienteile?
3. Welche Arten von Struktur-Übungen enthält das Sprachlaborprogramm
(mechanische Drillarten: Veränderung, Ergänzung, Erweiterung,
Satzverbindung; kommunikative Sprachlaborübungen: isolierte Stimulus-
Response-Einheiten, kontextualisierte Stimulus-Response-Einheiten)?
36
4. Was leistet das Medienprogramm für die Hör- und Ausspracheübungen,
Hörverständnisübungen)?

Gruppe 5: Linguistische Kriterien

1. In welcher Weise wird Grammatik in diesem Lehrwerk präsentiert und


vermittelt?
2. Wird in diesem Lehrwerk von einer bestimmten Grammatiktheorie
ausgegangen?
3. Wie werden Morphologie, Syntax und ggf. Textgrammatik vermittelt?
4. Um welchen Ausschnitt aus der deutschen Sprache handelt es sich in den
Texten und Übungen?

Gruppe 6: Themenplanung/Deutschlandkunde

1. Werden adressatenspezifische Sprechanlässe thematisiert?


2. Welche Ausschnitte aus der gesellschaftlichen Wirklichkeit der
Bundesrepublik werden – wie – vermittelt?
3. Wie werden aktuelle und kulturhistorische Themen angeboten?
4. Welches Deutschlandbild ergeben diese Texte?43

43
NEUNER, G. :Zur Analyse fremdsprachlicher Lehrwerke, Peter Lang Verlag, Frankfurt am
Main 1979, S. 159/160
37
10. Kriterien nach den vier Fertigkeiten

Zu den vier Fertigkeiten, die für das moderne Lehrwerk eine große Rolle
spielen, zählt man folgende Fertigkeiten, die in einem Lehrwerk gleichrangig
repräsentiert sein sollen und zu denen auch variationsreiche Übungen angeboten
werden sollen. Es sind Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben. Ob alle diese
Fertigkeiten in einem Lehrwerk in einem richtigen Maß vertreten sind, kann man
nach Fragen ans Lehrwerk feststellen:

- Werden alle Fertigkeiten angeboten?


- Mit welcher Gewichtung werden die einzelnen Fertigkeiten angeboten?
- Sind für alle Teilfertigkeiten gesonderte Übungsangebote vorhanden?
- Gibt es Teilfertigkeiten intergrierende Übungsformen?44

10.1 Hören

Beim Hörverstehen unterscheidet man zwei Aktivitäten. Es sind:


a) die direkte face-to-face-Kommunikation und
b) die interaktionslose, indirekte Kommunikation

Die erste Aktivität ist im Klassenzimmer nur zwischen Lehrer und Schüler
möglich und kann nur sehr selten außerhalb des Klassenzimmers stattfinden. Im
Gegensatz dazu bietet die zweite Aktivität über Hör- und Videokassetten, oder in
einigen Ländern auch über Fernsehen und Radio, zahlreiche Möglichkeiten an.
Die Schüler können sich z. B. Interviews, spontane Gespräche, Diskussionen,
Reportagen, Nachrichten, Hörspiele, Lieder und Songs anhören. Auf diese Weise
wird der Schüler nicht nur über eine fremde Kultur informiert, sondern er nimmt
an ihr teil. Hörtexte sollten, wo immer es geht, auch landeskundliche
Informationen enthalten und mitteilen.

44
KAST, B., NEUNER, G.: Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für
den fremdsprachlichen Deutschunterricht, Langenscheidt KG, Berlin und München 1994, S. 43
38
Fragen ans Lehrwerk:
- Sind beide Aktivitäten im Lehrwerk berücksichtigt?
- Welche Hörtexte werden angeboten?
- Welche Übungsangebote gibt es für die face-to-face Kommunikation? (z.
B. auf Band Sprecher A, Schüler übernimmt die Hörer- und Sprechrolle B)
- Welche landeskundlichen Informationen werden anhand der Hörtexte
mitgeteilt?
- Sind diese Informationen für den Schüler relevant?
- Sind diese Informationen aktuell und repräsentativ?45

Es gibt aber auch weitere Differenzierungen, die bei der fremdsprachlichen


Hörsituation charakterisiert werden. Es ist die gesprochene Sprache, die gehört
wird und die entweder spontan oder nichtspontan ist. Die gesprochene Sprache ist
an Beispielen wie freier Dialog, freier Monolog, ein Gespräch mit mehreren
Teilnehmern sog. Multilog usw. bemerkbar. Für das Training des Hörverstehens
ist die spontan gesprochene Sprache in vorbereiteten Textsorten mehr geeignet als
die spontan gesprochene Sprache der unvorbereiteten Situationen.

Weiter bestimmt man bei der Sprache ihre Authentizität. Die


nichtauthentische Sprache ist dem realen Konext einer fremden Kultur
entnommen, oder sie ist didaktisch aufbereitet mit Blick auf den
Spracherwerbsprozeß (bearbeitet, vereinfacht, innerhalb bestimmter struktureller
und lexikalischer Grenzen verfaßt, mit grammatikalischen Schwerpunkten).

Authentisch/nichtauthentisch und spontan/nichtspontan bestimmen u. a. den


Schwierigkeitsgrad eines Hörtextes. Spontane, nichtauthentische Texte sind in der
Regel leichter als nichtspontane authentische Texte.

Fragen ans Lehrwerk:


- Welche Hörsituationen (spontan/nichtspontan,
authentisch/nichtauthentischú werden angeboten und welche fehlen?
- Ist eine Progression erkennbar von leicht zu schwer?

45
KAST, B., NEUNER, G.: Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für
den fremdsprachlichen Deutschunterricht, Langenscheidt KG, Berlin und München 1994, S. 44

39
10.1.1 Übungen zum Hören

„Das Übungsangebot muss gezielt die einzelnen Komponenten des


Hörverstehens aufbauen, die Komplexität der Hörtexte muss zunehmen, so dass
der Text nicht nur intensiv, sondern auch extensiv rezipiert werden kann, nach der
Formel: so intensiv wie nötig und so extensiv wie möglich. Der Schüler muss an
den Texten Strategien anwenden können, um unbekannte Lautfolgen und Wörter
zu erschließen und die Zusammenhänge zu erfassen.“46

Man unterscheidet zwischen:


a) Übungen zur Lenkung der Hörerwartung (sie werden dem Hören
vorangestellt und steuern den Hörprozess) und
b) Übungen zur Kontrolle des Hörprozesses (sie haben die Aufgabe, nach
einem ungesteuerten, globalen Hören die wichtigsten Informationen zu
sammeln).

Fragen ans Lehrwerk:


- Gibt es Übungen, die den Hörtexten vorangestellt werden und den
Hörprozess steuern?
- Gibt es Übungen, die den Hörprozess kontrollieren?
- Sind Aktivitäten vorgesehen, in denen das Hörmaterial für die eigene
Sprachproduktion eine Rolle spielt?

10.2 Sprechen
Beim Sprechen kann man ähnlich wie beim Hören zwischen zwei Aktivitäten
unterscheiden:

a) Das direkte face-to-face Gespräch und


b) Die mündliche Kommunikation über einen Kanal mit wechselnder
Hörer-/Sprecher-Rolle (Telefon)

46
KAST, B., NEUNER, G.: Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für
den fremdsprachlichen Deutschunterricht, Langenscheidt KG, Berlin und München 1994, S. 44
40
Für den Fremdsprachenunterricht und seine Grund- und Mittelstufe sind nur
diese zwei Formen relevant. Das Lernziel in diesem Bereich ist die Fähigkeit des
Lernenden spontan, in einfacher, verständlicher und möglichst angemessener
Form seine Bedürfnisse, Wünsche, Meinungen oder Gefühle zu äußern, sich an
den Gesprächen mit Alltagsthemen beteiligen und wenn es nötig ist, die
Gesprächspartner um langsameres, deutliches Sprechen, um Wiederholungen oder
Paraphrasierung zu bitten.

Fragen ans Lehrwerk:


- Sind beide Aktivitäten berücksichtigt?
- Welche Lernziele, die auch Sie für relevant halten, strebt das Lehrwerk
an?
- Welche sozialen Domänen spielen im Lehrwerk welche Rolle?
- Was ist überakzentuiert? Was fehlt?

Der Lernende hat in der Grund- und Mittelstufe folgende Lernziele: Er soll
einfache Fragen und Antworten formulieren, ohne Problem Fragen zum Text
beantworten, aktiv an Gesprächen teilnehmen und seine Stellung zum Text
äußern. Der Lehrer sollte Kommunikationssituationen berücksichtigen, die dann
später in den Gesprächen zwichen dem Muttersprachler und dem Lernenden sehr
wahrscheinlich in der realen Situation vorkommen. Darum spielen die
Begrüßungen, das Vorstellen, die Verabredung oder die Einladung usw. eine
große Rolle. Was die Themen betrifft, sollten auch Themen aus dem Land des
Lernenden als Gesprächsgegenstand vorkommen.

Fragen ans Lehrwerk:


- Sind die genannten Ziele im Lehrwerk berücksichtigt? Welche? Welche
nicht?
- Unterbreitet das Lehrwerk Angebote für Kommunikationssituationen, in
denen sich Mutter- und Fremdsprachler gegenüberstehen? Wie wird dieser
Aspekt berücksichtigt?47

47
KAST, B., NEUNER, G.: Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für
den fremdsprachlichen Deutschunterricht, Langenscheidt KG, Berlin und München 1994, S. 48

41
10.2.1 Übungen zum Sprechen

Die Übungen, die zum Sprechen gehören, sollen die Kommunikation


vorbereiten, aufbauen, strukturieren und simulieren. Sie sollen in jeder
Unterrichtsstunde vorgesehen werden und immer in kurzen Phasen vorkommen.

„Aufbauende und strukturierende Übungen konzentrieren sich auf bestimmte


sprachliche Elemente, Redemittel, Strukturen, Teilaspekte, die oft wiederholt und
variationsreich eingeübt werden. Wenige Teilaspekte werden in vielen Minisituationen
geübt. In den komplexen Übungen werden dann diese Teilaspekte aufeinander bezogen
und in einer umfassenderen Situation geübt. Echte Konversation ist situationsgebunden;
deshalb müssen die situationellen Bedingungen, unter denen gesprochen wird, mitgeteilt
werden: Zeit und Ort, Sprecherrollen, Vermutungen der Gesprächspartner,
Gesprächsthemen, Intentionen der Sprecher, relevantes Vorwissen usw.“ 48

Die Sprechübungen selbst müssen den Lernenden motivieren. Die Inhalte


der Sprechübungen müssen sinnvoll sein und etwas Gemeinsames mit der Lebens-
und Erfahrungswelt der Schüler haben. Beim Sprechen soll man etwas Neues
mitteilen, was der Gesprächspartner noch nicht weiß. In dem Lehrbuch sollen
verschiedene interaktive Übungen erscheinen.

Eine der Voraussetzungen für das Sprechen ist ein Sprechanlaß, eine
Intention. Die Impulse können verbal oder nonverbal sein wie z. B. Geräusche,
Videos, Fotos oder Bildergeschichten. Für die Anfänger ist es wichtig, dass sie
genug Zeit für das Durchdenken und die Vorbereitung der Rede haben und dass
sie teilweise auch die Worte schriftlich fixieren können. Es sollen ihnen auch
Redemittel angeboten werden, damit sie sprachlich realisieren könnten, was sie
sagen möchten.

Fragen ans Lehrwerk:


- Gibt es Übungen, die mündliche Kommunikation vorbereiten, aufbauen,
strukturieren und simulieren?
- Werden die Situationen beschrieben, in denen gesprochen werden soll
(situationelle Einbettung)?
- Werden in Minisituationen wenige sprachliche Teilaspekte und in
Maxisituationen mehrere aufeinander bezogene Teilaspekte geübt?
48
KAST, B., NEUNER, G.: Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für
den fremdsprachlichen Deutschunterricht, Langenscheidt KG, Berlin und München 1994, S. 48

42
- Sind die Übungsangebote motivierend?
- Werden attraktive und abwechslungsreiche (sprachliche und
nichtsprachliche Sprechanlässe angeboten?
- Gibt es Strukturierungshilfen und Redemittelangebote für die zu übenden
Äußerungen?
- Gibt das Lehrerhandbuch Hinweise, wie Sprechfertigkeitsübungen
vorbereitet, durchgeführt und evaluiert werden können?49

Eine sehr wichtige Rolle spielt das dialogische Sprechen. Dialoge können
entweder asymmetrisch sein und Interviewcharakter haben (A fragt, B berichtet)
oder symmetrisch sein (A und B sind gleich stark am Gespräch beteiligt). Für die
Entwicklung des dialogischen Sprechens haben sog. Gesprächsvorbereitende
Überlegungen eine wesentliche Bedeutung. Zu ihnen gehört die Arbeit mit den
Replikenpaaren und Mikrodialogen. Wenige Strukturen werden dabei isoliert
geübt, bevor sie wieder in eine komplexere Situation eingebettet werden. Es sind
Übungen wie Variationsübungen, die den Charakter der Substituion und der
Transformation haben, weiter variierende Übungen mit dem Lehrwerkdialog oder
Lückendialoge. Alle diese Übungen bereiten freies dialogisches Sprechen vor.

Für das monologische Sprechen, das auch systematisch geübt sein sollte, gibt
es auch vorbereitende Übungen. Wichtig sind: Widergabe auswendig gelernter
Texte, Wiedergabe von Beschreibungen, Berichten, Widergabe von
(Lehrbuch-)Texten mit und ohne Kommentar, Nacherzählungen und
Beschreibungen der eigenen Umgebung, eines Handlungsablaufs oder von
bildlichen Darstellungen (Foto, Illustration usw.).

Fragen ans Lehrwerk:


- Sind Übungsangebote vorhanden, um das dialogische und monologische
Sprechen zu üben?
- Gibt es gesprächsvorbereitende Übungen?
- Gibt es variierende Übungen zu den Lehrwerktexten?

49
KAST, B., NEUNER, G.: Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für
den fremdsprachlichen Deutschunterricht, Langenscheidt KG, Berlin und München 1994, S. 49

43
- Gibt es Strukturierungshilfen und Redemittelangebote für die
Sprechaufträge?50

10.3 Lesen

Lesen ist ein flexibler Prozess, der nach der Formel „so extensiv wie
möglich und so intensiv wie nötig“ verläuft. Es dient auch wie eine Motivation
dem Lernenden, der eine Fremdsprache beherrschen will. Der Leser, der einen
Text rezipiert, braucht nicht alles zu verstehen, sondern nur das Wichtigste. Damit
er einen Text entschlüsseln könnte, braucht er sog. heuristische Strategien. Die
Lesestrategien kann der Schüler lernen und diese Fähigkeit entwickeln und zwar,
wenn der Schüler verschiedene Erscheinungen im Text sucht wie z.B. Zahlen,
Daten, frequente Wörter oder Internationalismen. Der Schüler muss lernen das
Wichtige von dem nicht so sehr Wichtigen zu erkennen. Dieses ist bei den
Sachtexten einfacher als bei den literarischen Texten.

Der Leser muss die Fragen beantworten, was er vom Text wissen möchte,
welche Informationen für ihn, für sein Leseziel, wichtig sind. Dazu bieten sich
folgende Übungsmöglichkeiten an:

- Unterstreichen der wichtigsten Informationen


- Herausschreiben der Schlüsselwörter an den Rand;
- die Diskursstruktur des Textes mit Hilfe von Stichwörtern und Pfeilen am
Rand veranschaulichen
- 6 W-Fragen: Anhand der Fragen „Wer macht (erlebt, erfährt) was, wann,
wie, wo und warum?“ werden die Schüler auf die zentralen Aussagen
eines Textes aufmerksam gemacht.

Fragen ans Lehrwerk:


- Enthält das Lehrwerk genügend und längere Lesetexte?

50
KAST, B., NEUNER, G.: Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für
den fremdsprachlichen Deutschunterricht, Langenscheidt KG, Berlin und München 1994, S. 50

44
- Werden Sach- und literarische Texte und verschiedene Textsorten
angeboten?
- Werden systematisch Lesestrategien geübt? (Umgang mit
Internationalismen, Namen, Zahlen usw., Hypothesenbildung)?
- Werden Übungen angeboten, anhand derer gelernt werden kann,
Wichtiges von weniger Wichtigem zu unterscheiden?51

Es ist klar, dass der Schüler nicht alle Wörter eines Textes kennt, der
authentisch und länger ist. Er braucht nämlich nicht alle zu kennen, um den Text
„so extensiv wie möglich“ zu lesen. Bei einem literarischen Text reicht es, wenn
man 75% aller Wörter des Textes versteht. Eine wichtige Rolle spielen darum
Strategien im Umgang mit unbekannten Strukturen und unbekannter Lexik.
Dieses kann mit sog. cloze-Texten geübt werden. In den cloze-Texten werden mit
Hilfe des Kontextes das Schlüsselwort, ein Wort aus jeweils x Wörtern Text mit
Angabe von drei/vier Distraktoren, ein Wort aus jeweils x Wörtern Text mit einer
alphabetischen Liste der fehlenden Wörter, ein Wort aus jeweils x Wörtern Text
ohne weitere Hilfen weggelassen. Es kommt oft eine Variation bei den Cloze-
Texten vor. Z. B. kann jedes zehnte Wort weggelassen oder Wörter, die alle zu
einer Wortfamilie gehören oder nur bestimmte Wortarten. Nach Westhhoff sind
die Übungen wichtig, die üben, Informationen aus dem Text vorherzusagen. Es
sind die Übungen, wo z.B. der Anfang vorgegeben ist und die Schüler diskutieren
über Fortsetzungsmöglichkeiten oder wenn die Schüler die ersten und die letzten
Sätze des Texte erhalten und sagen vorher, was dazwischen stehen könnte.

Fragen ans Lehrwerk:


- Werden Strategien im Umgang mit unbekannter Lexik und unbekannten
Strukturen geübt?
- Gibt es variationsreiche cloze-Texte?
- Gibt es geeignete Textangebote, um die Strategien zu üben?
- Wird dieser Bereich systematisch geübt?52
51
KAST, B., NEUNER, G.: Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für
den fremdsprachlichen Deutschunterricht, Langenscheidt KG, Berlin und München 1994, S. 51
52
KAST, B., NEUNER, G.: Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für
den fremdsprachlichen Deutschunterricht, Langenscheidt KG, Berlin und München 1994, S. 52
45
10.4 Schreiben

Mit der Rücksicht auf die Kommunikationsfähigkeit spielt das Schreiben


im Fremdsprachenunterricht nur eine untergeordnete Rolle. Aber doch ist das
Schreiben im Unterricht nötig. Dafür sprechen pragmatische (Tests,
Hausaufgaben) und lernpsychologische (die Rolle der Graphomotorik beim
Spracherwerb) Argumente. Im Prozess des Schreibens kommt es zur Verfertigung
der Gedanken und das Schreiben bekommt eine heuristische Funktion, da der
Schüler die Klarheit über sich selbst und sein Verhältnis zur geschriebenen oder
beschriebenen Wirklichkeit gewinnt.

Kast teilt die Schreibfertigkeitsübungen nach vier Bereichen ein:


1. Übungen, die schriftliche Kommunikation vorbereiten.
Diese Übungen erarbeiten, erweitern und systematisch üben den
Wortschatz, stellen Redemittel zur Verfügung, erarbeiten die
Rechtschreibung und die Zeichensetzung.
2. Übungen, die schriftliche Kommunikation aufbauen
Übungen, die sich mit der Satzkonstruktion beschäftigen,
Mehrsatzübungen, Textsalat, Paralleltextübung, oder Perspektivenwechsel
3. Übungen, die schriftliche Kommunikation strukturieren
Schreiben anhand von Vorgaben (erster Satz/Abschnitt ist vorgegeben),
Schreibaufträge, Redemittelangebote, Bildgeschichten usw.
4. Übungen, die Kommunikation simulieren
Ausarbeitung für Szenen, Simulationen und Rollenspiel, Stichwortskizzen
für ein Interview, Briefe – informelle und formelle usw.

Das Schreiben kann mit dem freien schriftlichen Ausdruck oder mit den
Satzübungen geübt werden. Für die Entwicklung von dieser Fertigkeit braucht
man eine systematische Planung (erste inhaltliche Vorstellungen, Stichwörter, der
Inhalt, das Ziel) eine Vorbereitung, wo man den Wortschatz und Redemittel

46
sammelt, erste Formulierungsversuchen (Sätze werden formuliert.) und lineare
Formulierung (Sätze werden zu einem zusammenhängenden Text, logische
Beziehungen zwischen den Sätzen). „Der Schüler beginnt beim Einfachen (Wort:
Assoziogramm, Cluster) und schreitet dann zum Komplexen (Satz: Parataxe,
Hypotaxe; Text), wobei er nicht linear, sondern rekursiv vorgeht.“53

Fragen ans Lehrwerk:

- Gibt es Übungen, die schriftliche Kommunikation vorbereiten, aufbauen,


strukturieren und simulieren?
- Gibt es satzüberschreitende Übungen?
- Gibt es neben pragmatischen Schreibaufträgen auch kreative, die Phantasie
ansprechende?
- Liegt den Schreibübungen ein erkennbares Modell zum Schreiblernprozeß
zugrunde?
- Gibt es Übungen, Hinweise, die den Schüler von ersten systematischen
Planungsschritten zum linearen Formulieren/Entwerfen führen?54

53
KAST, B., NEUNER, G.: Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für
den fremdsprachlichen Deutschunterricht, Langenscheidt KG, Berlin und München 1994, S. 54
54
KAST, B., NEUNER, G.: Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für
den fremdsprachlichen Deutschunterricht, Langenscheidt KG, Berlin und München 1994, S. 55

47
11. Grammatik, ihre Bedeutung und Darstellung in den
Lehrwerken

Im Bereich Deutsch als Fremdsprache hat sich die Grammatik aus der
Unterrichtspraxis nicht gedrängen lassen. Es wird ihr noch heute ein sehr hoher
Stellenwert in diesem Bereich zugewiesen. Der Begriff „Grammatik“ kann
Unterschiedliches bedeuten. Man unterscheidet zwischen „linguistischen
Grammatik“ und „pädagogischen“ bzw. „didaktischen Grammatik“.

„Nach Helbig kann Grammatik im Hinblick auf den Spracherwerb drei


unterschiedliche Bedeutungen aufweisen.
Grammatik A: bezieht sich auf das der Sprache selbst innewohnende Regelsystem,
unabhängig von dessen Beschreibung durch Linguisten bzw. dessen Beherrschung durch
die Lerner;
Grammatik B: bezeichnet die von linguistischen Theorien geleitete Abbildung dieses
Regelsystems, z. B. in Form einer linguistischen oder pädagogischen Grammatik.
Grammatik C: benennt die sog. „subjektive Grammatik“, d. h. das Regelsystem, das der
Lerner verinnerlicht hat, und aufgrund dessen er die betreffende Sprache beherrscht. 55

In Fremdsprachenlehrwerken findet sich die Grammatik in der zweiten


Bedeutung (Grammatik B). Es handelt sich hier nicht um eine linguistische,
deskriptive Grammatik, sondern um eine „pädagogische Grammatik“.
Wissenschaftliche (linguistische) Grammatiken stellen lediglich theoretische
Konzepte bereit, die dann im Hinblick auf die Lernenden didaktisch reflektiert,
reduziert und strukturiert werden. Die Linguistische Grammatik kann durch
folgende Merkmale gekennzeichnet sein: Totalität (besonders wichtig –
Ausnahmen von der „Regel“), Abstraktheit der Beschreibung, Kürze der
Darstellung, keine Rücksichtnahme auf die Lernpsychologie usw. Die didaktische
Grammatik kann im Gegensatz dazu folgende Aspekte auszeichnen: Auswahl der
grammatischen Phänomene, Ausführlichkeit in der Darstellung der als wichtig
erkannten Phänomene und Einhaltung lernpsychologischer Kategorien
(Verstehbarkeit, Behaltbarkeit, Anwendbarkeit).

55
BRILL, Lilli Marlen: Lehrwerke/Lehrwerkgenerationen und die Methodendiskussion im Fach
Deutsch als Fremdsprache, Shaker Verlag, Aachen 2005, S. 254

48
Was diese „didaktische Grammatik“ betrifft, die in den DaF Lehrwerken
erscheint, muss man noch den Begriff „Grammatik“ in einem engeren und in
einem weiteren Sinn verwenden. Im engeren Sinne bezieht sich die Grammatik
auf die Morphologie und Syntax. Im weiteren Sinne schließt sie dagegen das
Lexikon, die Semantik und Phonetik/Phonologie ein. Weiter ist sie auf die
regulären systemhaften Zuordnungsbeziehungen zwischen Lauten (Formen) und
Bedeutungen gerichtet.56

In jedem Lehrwerk ist dann die Form der Darstellung von grammatischen
Regeln anders. In manchen Lehrwerken verwenden die Autoren viel Platz für die
Darstellung der Regeln, in anderen Lehrwerken gibt es nur eine Beispieltabelle
oder gar keine Thematisierung der Regeln. Daraus folgt aus, dass es keine
allgemeinverbindliche „richtige“ Form der Präsentation von Grammatik gibt.
Über den Stellenwert der Grammatik im Lehrbuch sprechen schon allein die
Inhaltsverzeichnisse von Lehrwerken.57

Die Meinungen über die Bedeutung der Grammatik im


Fremdsprachenunterricht für den Erwerb einer Fremdsprache haben sich in der
Geschichte in Phasen geändert. Die Vertreter der traditionellen
grammatikalisierenden Übersetzungsmethode haben behauptet, dass ohne
Grammatik die Fremdsprache überhaupt nicht zu erlernen ist. Im Gegensatz dazu
waren die Anhänger der „direkten Methode“ der Meinung, dass Grammatik
keinen Platz im Fremdsprachenunterricht hat. Beide diese Meinungen hält Götze
für irreführend, weil sie von falschen Grundannahmen ausgehen. Im
Fremdsprachenunterricht geht es nicht darum, Linguistik zu lernen, sondern
sprachliche Fertigkeiten, für die die Kenntnis der grammatischen Regeln
notwendig ist.

Götze führt folgende Thesen zur Bedeutung der Grammatik im


Fremdsprachenunterricht an:

56
BRILL, Lilli Marlen: Lehrwerke/Lehrwerkgenerationen und die Methodendiskussion im Fach
Deutsch als Fremdsprache, Shaker Verlag, Aachen 2005, S. 255
57
FUNK, H., KOENIG, M.: Grammatik lehren und lernen, Goethe-Institut München, München
1991, S. 15
49
Beim Fremdsprachenunterricht hat Grammatik eine dienende Funktion, sie
ist kein Zweck, sondern Mittel. Die Grammatik für den Fremdsprachenunterricht -
didaktische Grammatik ist von didaktischen, lernpsychologischen und
methodischen Faktoren bestimmt und von einer Muttersprachengrammatik
unterscheidet sich durch die Erklärung von Phänomenen, die im
Muttersprachunterricht keine Probleme bereiten (z. B. Artikelgebrauch usw.) Die
Terminologie einer didaktischen Grammatik muss dem Kenntnisstande der
Benutzer entsprechen und explizit sein. Die Regelfindung sollte induktiv-
empirisch und nicht deduktiv-theoretisch erfolgen. Sie soll von einem Text
ausgehen und durch dem jeweiligen Stand der Progression entsprechende
Übungen vertieft werden. Die didaktische Grammatik sollte eine funktionale
kommunikative Grammatik sein, die die grundlegenden kommunikativen
Funktionen der Sprache mit den dafür geeigneten sprachlichen Mitteln
verbindet.58

Die Visualisierung von Grammatikregeln spielt auch eine bedeutende


Rolle im Grammatikunterricht und zwar im Hinblick auf verschidene
Lernertypen.

„Die Verwendung von Farben, Formen und visuellen Metaphern auf den
Grammatikseiten der Fremdsprachenlehrwerke ist mehr als nur ein Griff in die
Trickkiste der angewandten Motivationspsychologie. (…) Mit anderen Worten:
Eine Regel, die man nicht nur analytisch und abstrakt, das heißt
„linkshemisphärisch“ nachvollzieht, sondern zusätzlich mit konkreten Bildern,
Situierungen und Emotionen in Verbindung bringt und damit gleichzeitig
„rechtshemisphärisch“ erfaßt, wird leichter verstanden.“ 59

Mit folgenden Fragen ans Lehrwerk kann man die Grammatikdarstellung in


den Lehrwerken begutachten:

58
KAST, B., NEUNER, G.: Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für
den fremdsprachlichen Deutschunterricht, Langenscheidt KG, Berlin und München 1994, S. 55
59
BRILL, Lilli Marlen: Lehrwerke/Lehrwerkgenerationen und die Methodendiskussion im Fach
Deutsch als Fremdsprache, Shaker Verlag, Aachen 2005, S. 274
50
- Ist die Beschreibungssprache verständlich, entspricht die Terminologie
dem Kenntnisstand der Lernenden, und orientiert sie sich an der
Beschreibung der Muttersprache? Wendet sie in didaktisch geeigneter
Weise verschiedene Theorieansätze an, oder bezieht sie sich unflexibel nur
auf eine einzige linguistische Theorie?
- Ist Kontrastivität im lexikalischen, phonetischen, morphologischen,
syntaktischen und semantisch-pragmatischen Bereich beachtet?
- Ist die Regelfindung empirisch-induktiv oder deduktiv, oder fehlt sie
völlig bzw. teilweise? Gibt es grafisch anschauliche Hilfen?
- Werden grammatische Phänomene an dafür charakteristischen Textsorten
erläutert oder an beliebigen Texten?
- Werden die Gebrauchsbedingungen sprachlicher Formen bzw. Varietäten
angegeben? (durch Regeln, Beispiele usw.)
- Wird konsequent zwischen den unterschiedlichen Normen der
gesprochenen und geschriebenen Standardsprache unterschieden?
- Drücken die Regeln im Lehrwerk korrekt den aktuellen Stand der
Gegenwartssprache aus oder spiegeln sie veralteten Sprachgebrauch
wider?
- Geben die Regeln Aufschluß über die sprachlichen Beziehungen zwischen
Redeabsicht und sprachlicher Ausgestaltung, zwischen Syntax und
Semantik, zwischen Intention und Wortstellung, zwischen Aussprache
bzw. Prosodie und Redeabsicht? Handelt es sich also um eine Funktionale
kommunikative Grammatik, die die grundlegenden kommunikativen
Funktionen der Sprache mit den dazugehörigen Mitteln der
Verwirklichung verbindet?
- Entsprechen die Übungsformen (Nachsprechübung, Austauschübung,
Paraphrasierungsübung, Leseübung usw. der von der Regel beschriebenen
Sprachverwendung, oder üben sie nur formales Sprachwissen (z. B. Aktiv-
Passiv-Transformationen)? Sind sie kontextualisiert oder isolierte
Einzelphänomene, sind sie in den Text integriert oder davon abgehoben?
- Erfassen die Übungen den Gesamtbereich eines erweiterten
Grammatikverständnisses oder nur Teilbereiche?

51
- Ist im grammatischen Bereich eine Progression erkennbar? Ist sie
akzeptabel oder steil/zu flach? Ist sie konzentrisch oder linear aufgebaut?
Entspricht eine der linearen Progression überlegene konzentrische
Progression den im Lande/in der Region üblichen methodischen
Verfahrensweisen, oder steht sie dazu im Widerspruch?
- Werden die sprachlichen Fertigkeiten jeweils entsprechend den
Zielsetzungen der Kursteilnehmer angemessen berücksichtigt, oder gibt es
Defizite?
- Erlaubt die Art der grammatischen Regelfindung ein entdeckendes Lernen
der Teilnehmer?
- Ermöglicht die grammatische Darstellung den sprachlichen Transfer hin
zu anderen Verwendungsbereichen derselben Struktur?
- Werden Beziehungen zwischen Elementen des Wortschatzes erläutert
(nach Wortfamilien, Wortfeldern, Wortarten, Gegensatzpaaren,
Sachgruppen, Paraphrasierungen usw.)?
- Ist die Grammatik nach Mitteilungsbereichen und ihnen zugeordneten
sprachlichen Realisierungsmitteln geordnet oder nach formalen,
traditionellen Einteilungen strukturiert? Stehen Sprachverwendung oder
Sprachanalyse im Vordergrund?
- Gibt es Ansätze einer kulturkontrastiven Grammatik (Grammatik zur
Erläuterung fremdkulturellen Verhaltens)?
- Werden Sequenzen des ungesteuerten Spracherwerbs und Lernersprachen
berücksichtigt?60

60
KAST, B., NEUNER, G.: Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für
den fremdsprachlichen Deutschunterricht, Langenscheidt KG, Berlin und München 1994, S. 69/70

52
12. Landeskunde/Deutschlandkunde im Lehrwerk

„Der Begriff Landeskunde umfasst ganz unterschiedliche Bereiche:


Kultur, Geschichte, Geographie, Politik, dann das Wissen um Alltagssituationen
wie etwa den Kauf einer Fahrkarte, das Verhalten in einem Café oder bei einer
Einladung, kurz „alles, was man braucht, um sich in einem fremden Land weniger
fremd zu fühlen“, wie ein Teilnehmer aus Indien in einem Seminar formulierte.
Eins ist allen Antworten gemeinsam: Bei Landeskunde geht es nicht nur um
Faktisches der Zielkultur, wie die Zahl der Einwohner, sondern auch um
Wertvorstellungen, Glauben, Konzepte von Raum und Zeit, um Einstellungen.“61

„Landeskunde möchte das Wissen über die Zielsprachenkultur vermitteln


und zwar nicht nur faktisches Wissen, sondern ein Wissen, das Einblick gibt in
gesellschaftliche, politische, geschichtliche und geographische Zusammenhänge
und das den Lernenden befähigt, Verhaltens- und Denkweisen und soziale
Beziehungen zwischen den Menschen der Zielsprachenkultur besser zu verstehen
und entsprechend einzuordnen.“62

Eine schwierige Frage ist, welche Themen und Inhalte für den Unterricht
relevant sind. Es gibt nämlich sehr viele gesellschaftliche und kulturelle
Komponente einer Zielsprachenkultur. Nicht alle sind aber für den Unterricht
sinnvoll und nicht alle können behandelt werden. Ein Lehrer aus China
interessiert sich vielleicht für die Wohn- und Lebensverhältnisse im
deutschsprachigen Raum und im Gegensatz dazu möchte sich ein Lehrer aus
England mit Jugend und deren Freizeitbeschäftigungen befassen. In diesem
Beispiel wird veranschaulicht, dass die Auswahl an Themen und Inhalten, die die
Landeskunde betrifft, eine schwierige Aufgabe für den Lehrer ist. Einige brauchen
konkrete Themen, die anderen gehen mehr in die Tiefe und fragen nach Wert- und
Zeitvorstellungen, die im deutschsprachigen Raum gelten.

61
Bischof, M., Kessling, V., Krechel, R.: Landeskunde und Literaturdidaktik, Goethe Institut
München 1999, S.7
62
Bischof, M., Kessling, V., Krechel, R.: Landeskunde und Literaturdidaktik, Goethe Institut
München 1999, S.24
53
Die Auswahl landeskundlicher Themen hängt von mehreren Faktoren ab. Es
sind diese:
- Lernkontext
Findet der Unterricht in einem Land statt, das dem deutschsprachigen Raum
kulturell nah oder fern ist?
- Unterrichtende
Sind Sie eine muttersprachige Lehrerin/ ein muttersprachiger Lehrer, der
Angehörige einer fremden Kultur die eigene Kultur vermittelt möchte?
Oder sind Sie ein fremdsprachiger Lehrer, der Angehörigen der eigenen Kultur
Wissen über die fremde Kultur vermitteln möchte?
- Lernniveau
Sind Ihre Lernenden Anfänger oder Fortgeschrittene?
- Zielgruppe
Arbeiten Sie mit Schülern, Studenten oder mit Erwachsenen, die bereits im
Berufsleben stehen?
- Lernende
Wofür interessieren sich Ihre Lernenden?
Waren sie schon einmal in der Zielsprachenkultur?
Besteht eine Beziehung zur Zielsprachenkultur und ihren Angehörigen?
Welche Einstellung haben sie zur Zielsprachenkultur?
Was bringen sie an Vorkenntnissen mit?
- Institutioneller Rahmen
Wo findet der Unterricht stat: Schule, Hochschule, andere Einrichtungen der
Erwachsenenbildung?
Lassen sich landeskundliche Inhalte z. B. fächerübergreifend vermitteln?
Wie viel Zeit steht zur Verfügung?
- Zweck
Wofür brauchen die Lernenden landeskundliches Wissen?
Möchten sie sich ein Bildungswissen aneignen?
Brauchen sie ein berufsbezogenes Handlungswissen, das es ihnen ermöglicht, die
im Beruf erforderliche Kommunikation (schriftlich wie mündlich) zu bewältigen?
Oder geht es um ein Wissen, das es ihnen ermöglicht, sich im deutschsprachigen
Raum aufzuhalten, zu kommunizieren und mehr noch sich in dieser zunächst
fremden Welt orientieren zu können?63
63
Bischof, M., Kessling, V., Krechel, R.: Landeskunde und Literaturdidaktik, Goethe Institut
München 1999,S.25
54
13. Bewertung und Vergleichung von gewählten
Lehrwerken

In diesem Teil der Diplomarbeit befindet sich ein kürzeres Beispiel für
eine Bewertung und Vergleichung von gewälten Lehrwerken. Es wurden zwei
Lehrwerke gewählt, die oft im Fremdsprachenunterricht auf den
Fachmittelschulen und an Gymnasien in Tschechien genutzt werden. Diese beiden
Lehrwerke sind vom Schulministerium empfohlen. Es geht hier um eine
komparative Methode der Lehrwerkanalyse, die in diesem Falle zwei Lehrwerke
eines Faches aus der Sicht der Unterrichtspraxis vergleicht. Für diese
Komparationsmethode werden hier einige Kriterien von D. Eggers genutzt.

13.1 Eine kurze Beschreibung der Lehrwerke

Sprechen Sie Deutsch? (1), Dusilová, D. und Kollektiv, Verlag Polyglot, Praha
2000, 296 Seiten
Dieses Lehrwerk ist für den Fremdsprachenunterricht an Gymnasien,
Fachmittelschulen und Sprachkursen bestimmt. Es besteht aus vier Lehrbüchern
die aneinander anknüpfen. Jeder Teil besteht dann aus einem Lehrbuch mit
Arbeitsheft und einem Schlüssel mit richtigen Angaben. Am Ende des Lehrbuchs
befinden sich noch eine Anlage mit Mapen der deutschsprachigen Länder und ein
Überblick mit der Grammatik, die im Lehrbuch enthalten ist. Die Autoren des
Lehrwerks setzen voraus, dass jeder Teil in circa 160 Unterrichtsstunden
durchgemacht werden kann. Der erste Teil entspricht dem Niveau A2 nach dem
Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen. Für den Lehrer gibt es dann ein
Lehrbuch mit dem gleichen Inhalt wie für die Lernenden. Am Rand von jeder
Seite findet der Lehrer den Schlüssel mit richtigen Angaben zu den Übungen, mit
Bemerkungen und verschiedenen Vorschlägen für weitere Arbeit im Unterricht.
Zu diesem Lehrbuch gehören auch Teste für Lernende und 5 CDs.

55
Direkt (1), Motta, G., Cwikowska, B., Vomáčková, O., Verlag Klett, Praha 2010,
212 Seiten
Das neu erschienene Lehrwerk Direkt ist für den Deutschunterricht an
Gymnasien und Fachmittelschulen bestimmt. Es besteht insgesamt aus drei Teilen
(A1-B1), die aneinander anknüpfen und es zielt auf die Vorbereitung für das neue
Abitur. Nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für
Fremdsprachen entspricht der erste Teil dem Niveau A1-A2. Jedes Lehrwerk
besteht aus einem Lehrbuch, einem Arbeitsbuch und einer CD, die für die
Hörübungen im Arbeitsbuch bestimmt ist. Die Autoren setzen voraus, dass jeder
Teil in einem Schuljahr durchgemacht werden kann. Der Lehrer hat ein
methodologisches Handbuch zur Verfügung, das verschiedene Vorschläge für
einzelne Unterrichtsstunden, Teste und Schlüssel mit richtigen Angaben zu den
Übungen enthält.

13.2 Vergleichung der Lehrwerke nach den Lernzielen und


Lernmethoden

In der Einleitung des Lehrwerks Sprechen Sie Deutsch? sind folgende


Zielsetzungen für Bereiche Grammatik und Linguistik angeführt: Der Anfänger
sollte den Wortschatz mit circa 840 Wörtern aus der alltäglichen Kommunikation
beherrschen. Was die Grammatik betrifft, sollte der Lernende nach dem
Durchmachen des ersten Teiles fähig sein, syntaktische Erscheinungen wie
Hauptsätze, Fragesätze und Nebensätze zu bilden und morphologische
Erscheinungen wie Deklination von Substantiven und Pronomina, Konjugation im
Präsens, Perfektum und Präteritum zu beherrschen. Im Unterschied zu Sprechen
Sie Deutsch? enthält das Lehrwerk Direkt in seinem ersten Teil weniger
Grammatikstoff. Der Lernende sollte nach dem Durchmachen des ersten Teiles
elementare Grammatik beherrschen (kein Perfektum oder Präteritum, keine
Nebensätze oder präpositionale Phrasen). Dieses betrifft auch den Wortschatz. Die
Zielsetzungen des Lehrwerks Direkt findet man in der Anlage, die als Portfolio
bezeichnet wird. Ihre umfangreiche Übersicht ist also ein Bestandteil des

56
Lehrwerks. Lernende sollten selbst versuchen ihre Kenntnisse des Deutschen mit
der Hilfe vom Portfolio und dem Fragebogen zu bewerten. Die Zielsetzungen der
einzelnen Teile sind bei diesen Lehrwerken unterschiedlich, weil die einzelnen
Teile unterschiedlich umfangreich sind. Direkt orientiert sich vor allem an die
Vorbereitung für das Abitur, was sein Hauptlernziel bestimmt.

Nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen unterscheiden


sich die Lehrwerke durch ihr Niveau. Sprechen Sie Deutsch? (Teil 1) – Niveau B1
und Direkt (Teil 1) – Niveau A1-A2.

Man kann bei diesen Lehrbüchern nur schwer über eine konkrete
Lernmethode sprechen, nach der die Lehrwerke geschaffen wurden. Es geht hier
vielmehr um eine Kombination von mehreren Lernmethoden. Sprechen Sie
Deutsch? ist mehr an die Grammatik angelegt und dieser Wirklichkeit
entsprechen auch zahlreiche Grammatikübungen, die im Direkt nicht so häufig
enthalten sind. Es sind zum Beispiel Übersetzungsübungen vom Tschechischen
ins Deutschen oder Übungen, die für das Ziel die Produktion von korrekten
Sätzen halten, die durch Anwendung von Regeln erfolgt. Weiter handelt es sich
um Ergänzungsaufgaben, Umformung von Sätzen nach formalen Grammatik-
kategorien und Formulierung korrekter Einzelsätze nach einer Regel. Die Texte
der Lektionen in Sprechen Sie Deutsch? wurden von dessen Autoren verfasst, um
neuen Wortschatz und neues Grammatikpensum einzuführen. Es sind also sog.
grammatikalisierende Texte. Trotzdem kann man nicht sagen, dass das Lehrwerk
Sprechen Sie Deutsch? nur nach der Grammatik-Übersetzungs-Methode
geschaffen wurde, weil es hier nicht alle entsprechende Merkmale von dieser
Methode vertreten sind und von einigen rückt das Lerhwerk ganz ab. Für die
Grammatik-Übersetzungs-Methode sind nämlich Merkmale wie z. B. keine Folge
von Lektionen, sondern Blöcke oder keine bemerkbare Progression des
Grammatikstoffes typisch. Das Lehrwerk Sprechen Sie Deutsch? kann der Lehrer
„von vorne nach hintern durchnehmen“, was bei den Lehrbüchern, die nach der
Grammatik-Übersetzungs-Methode geschaffen wurden, meistens ausgeschlossen
ist.

57
Was die Lernmethode in Direkt betrifft, würde ich sagen, dass es teilweise
um die audiolinguale Methode geht. Dafür sprechen folgende Bemerkungen: Jede
Lektion des Lehrwerks beginnt mit einem kürzeren Text und einem großem Foto,
das die Funktion der Aufmachung hat. Die Texte wirken authentisch und es
handelt sich oft um verschiedene Dialoge oder Aussagen zu einem konkreten
Thema, um Textsorten, die ihren Sprachstil vertreten. Die Fotos gibt es nicht nur
am Anfang von jeder Lektion, sondern auch in anderen Teilen der einzelnen
Lektionen. Die Zusammenhänge in der Grammatik werden oft in Tabellform
verdeutlicht. Auch die Übungen im Arbeitshelf stimmen mit den Übungen der
audiolingualen Methode überein. Oft sind das Übungsformen wie Lückentexte,
Dialogübungen, Frage-Antwort-Übung oder die Satzbildung nach einem
vorgegebenen Muster.

13.3 Vergleichung der Lehrwerke nach ihrer Struktur

In dem Lehrwerk Sprechen Sie Deutsch? findet man 14 Lektionen. Jede


Lektion ist dann in drei Teile gegliedert. Der erste Teil A umfasst einen längeren
Text, dessen Autor ein Muttersprachler ist, weiter den neuen Wortschatz und neue
Grammatik mit kürzeren Übungen. Neue Wörter und Phrasen sind durch das
tschechische Äquivalent ergänzt. Auch die neue Grammatik ist auf tschechisch
erklärt. Im Teil B befindet sich eine große Reihe von Übungen, mit denen man die
neue Grammatik, Wortschatz, Phonetik und Leseverstehen überprüfen kann. Teil
C muss in dem Unterricht nicht durchgemacht werden. Darüber entscheidet der
Lehrer. In diesem Teil gibt es eine Ergänzung zum Konversationsthema, Anlässe
zur Diskussion, Vorschläge für Spiele usw., was auch eine unterhaltende Funktion
hat. Informationen über Realien der deutschsprachigen Länder findet man gerade
in diesem Teil. Nach der vierzehnten Lektion befinden sich Mapen der
deutschsprachigen Länder: die Mape von Deutschland, von Österreich und der
Schweiz und auch von der Stadt Wien. In der Anlage gibt es einen Überblick mit
der Grammatik und ein Wörterbuch mit allen Wörtern, die in den Lektionen

58
erscheinen. Diese Wortliste ist im Gegensatz zur Wortliste in Lehrwerk Direkt
abecelich und unabhängig von Lektionen organisiert.

Das Lehrwerk Direkt ist auch in Lektionen gegliedert. Insgesamt gibt es


hier 10 Lektionen. Am Anfang von jeder Lektion findet der Lernende
Informationen, was er in der Lektion lernen wird und wie es bei der Vorbereitung
für das Abitur helfen wird. Im Gegensatz zu Sprechen Sie Deutsch? beginnen die
Lektionen nicht mit einem längeren Text, sondern mit Fotos und ihren
Beschreibungen oder Gesprächen der Personen, die auf den Fotos sind. Die
Übungen der Lektionen sind in Lesen, Hören, Sprechen oder Schreiben und ihre
Kombinationen wie z. B. Hören/Sprechen oder Lesen/Schreiben eingeteilt. Erst
am Ende von jeder Lektion findet man den Teil mit Grammatik, die auf
tschechisch erklärt ist. Nach der fünften und zehnten Lektion gibt es längere Teste
– sog. (ABI)FERTIGKEITSTRAINING. Diese Teste orientieren sich ans Üben
der vier Sprechfertigkeiten: Hörverstehen, Leseverstehen, Schreiben und
Sprechen. Weitere Teste, die dem Lernenden zur Verfügung stehen, befinden sich
am Ende des Lehrwerks. Sie dienen dem Lernenden zur Selbstbewertung und
können sofort von dem Lernenden korrigiert werden, weil sie durch einen
Schlüssel ergänzt sind. Im Unterschied zu Sprechen Sie Deutsch? sind die
Wortlisten im Direkt nach den Lektionen eingeteilt. Den neuen Wortschatz findet
man also nicht in jeder Lektion, sondern als eine Anlage am Ende des Lehrwerks.

13.4 Vergleichung der Lehrwerke nach Fertigkeiten und


Übungen

13.4.1 Hören

Wie schon erwähnt wurde, orientiert sich das Lehrwerk Direkt gerade an
die Entwicklung von vier Sprechfertigkeiten, die dann auch bei dem neuen Abitur
getestet werden sollten. Die einzelnen Fertigkeiten werden im gleichen Maß
angeboten und es sind für alle Teilfertigkeiten gesonderte Übungsangebote

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vorhanden. Was die Fertigkeit Hören betrifft, bietet das Lehrbuch Direkt die
interaktionslose, indirekte Kommunikation an. Die Übungen sind oft eine
Kombination vom Hören und anderer Fertigkeit z. B. Hören/Lesen oder
Hören/Sprechen. Jede Lektion enthält eine Hörübung, die sich mit Phonetik
beschäftigt. Diese Übung orientiert sich dann an die richtige Aussprache und
Intonation im Satz. In den Übungen erscheint vor allem die gesprochene Sprache,
die spontan in vorbereiteten Textsorten vorkommt und die nichtauthentisch ist.
Die Hörübungen stellen oft eine Motivation für Sprechen dar, die daran
anknüpfen und deswegen kommt die Kombination von Hören/Sprechen Übungen
im Lehrwerk Direkt sehr häufig vor. Es sind hier Übungen zur Lenkung der
Hörerwartung als auch Übungen zur Kontrolle des Hörprozesess vertreten.

Im Lehrwerk Sprechen Sie Deutsch? erscheint das Hören in einem


größeren Maß gleich am Anfang von jeder Lektion und zwar wie eine Begleitung
zum Einführungstext. Im Gegensatz zu Direkt üben weitere Hörübungen sehr oft
auch die neue Grammatik, die im ersten Teil der Lektion erklärt wurde. Sie gehen
oft auf den Einführungstext zurück. Die Funktion der Motivation für das Sprechen
haben die Übungen in Sprechen Sie Deutsch? im Vergleich zu Direkt nur selten.
Genauso wie in Direkt erscheinen in Sprechen Sie Deutsch? wie die Übungen zur
Lenkung der Hörerwartung als auch Übungen zur Kontrolle des Hörprozesess.
Auch in diesem Lehrwerk steht auf dem ersten Platz die gesprochene Sprache in
nichtauthentischen Texten. Was die Phonetik betrifft, beschäftigen sich die
Übungen oft mit dem Wortakzent und der richtigen Aussprache.

13.4.2 Sprechen

Eine andere Sprechfertigkeit, die in beiden Lehrwerken vertreten ist, ist


das Sprechen. Hier geht es vor allem um die direkte face-to-face Gespräche, die
die Fähigkeit des Lernenden entwickeln, spontan, in einfacher und verständlicher
Form seine Meinungen, Wünsche, Bedürfnisse oder Gefühle zu äußern. Nach dem
Portfolio in Direkt sollten die Lernenden nach dem Durchmachen von dem ersten
Teil fähig sein: einfache Begrüßungen, Vorstellungen, höfliche Phrasen zu

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äußern. Sie sollten mit einfachen Sätzen gestellte Fragen beantworten, die mit den
Themen wie Familie, Hobbys, Lieblingsfächer oder Essen zusammenhängen und
einfache Fragen auch stellen zu können. Sie sollen fähig sein, ihre Wünsche und
Bedürfnisse äußern, aber auch erkennen, wenn jemand anderer etwas Ähnliches
von ihnen fordert. Auch der Umgang mit nummerischen Angaben ist in diesem
Lehrwerk berücksichtigt. Informationen über Alter, Zeit, Telefonnummer, Preise
oder Entfernungen sollten für den Lernenden keinen größeren Problem darstellen.
Diese Zielsetzungen gelten im Direkt für das Niveau A1.

Zu den Zielsetzungen zum Niveau A2, die im Lehrbuch Direkt teilweise


auch enthalten ist, gehören dann folgende Punkte: Der Lernende ist fähig einfache
Informationen über die Reise und den öffentlichen Verkehr festzustellen, schafft
einen einfachen Austausch von Informationen über Alltagsthemen und kann sich
angemessen in Alltagssituationen z. B. im Geschäft verhalten. Der Lernende soll
auch fähig sein im Gespräch seine Meinung oder Preferenzen zu äußern,
Vorschläge von anderen anzunehmen oder abzulehnen und beziehungsweise eine
andere Alternative vorzuschlagen. Weiter gehört dazu die Fähigkeit bekannte
Personen und Situationen zu beschreiben, einfach über seine eigenen Erfahrungen
zu reden, nummerische Angaben klar zu äußern und einfach auszudrücken, wie
man etwas machen kann (z. B. beschreiben, wie man von einer Ort zu einer
anderen kommt).

In Sprechen Sie Deutsch? sind die Zielsetzungen für diese Sprechfertigkeit


nicht formuliert. Genauso wie im Direkt findet man aber in diesem Lehrwerk
Übungen zu direkten face-to-face Gesprächen, die in jeder Lektion vorkommen
und in kurzen Phasen in jeder Unterrichtsstunde genutzt werden können. Die
allgemeine Zielsetzungen wie die Fähigkeit seine Bedürfnisse, Wünsche und
Meinungen zu formulieren und an einfachen Gesprächen teilzunehmen, gelten für
dieses Lehrwerk auch. Auch hier gibt es Übungen, die mündliche Kommunikation
vorbereiten, aufbauen, strukturieren und simulieren. Am meisten erscheinen dann
symmetrische Dialoge, wo sich A und B gleich stark am Gespräch beteiligen.

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13.4.3 Lesen

Im Unterschied zu Direkt enthält das Lehrwerk Sprechen Sie Deutsch?


mehrere längere Lesetexte, mit deren Hilfe der Lernende Lesestrategien lernen
kann und die Fähigkeit das Wichtigste von dem nicht so sehr Wichtigen
entwickeln kann. In Sprechen Sie Deutsch? erscheinen vor allem Texte, die die
Form eines Dialogs haben. Es werden Übungen angeboten, anhand derer gelernt
werden kann, Wichtiges von weniger Wichtigem zu unterscheiden. Zu diesen
gehören Übungen, die üben, Informationen aus dem Text vorherzusagen.

In Direkt gibt es, wie schon erwähnt wurde, keine längere Texte, die
Bestandteile der einzelnen Lektionen wären. Zum Üben von Leseverstehen dienen
vor allem Texte mit Übungen in den Testen, die (ABI)FERTIGKEITSTRAINING
gennant werden und die nur nach der fünften und zehnten Lektion erscheinen. Die
Aufgabe des Lernenden ist, Informationen im Text auszusuchen und im Übung
nutzen. Es geht um die Aussagen, die in der Übung entweder richtig oder falsch
angeführt sind. Weiter gibt es in Direkt Übungen, in denen der Lernende
Überschriften zu den kürzeren Texten zuordnen soll.

13.4.4 Schreiben

Da die Kommunikationsfähigkeit nicht so stark von dem Schreiben


beeinflußt wird, beschäftigen sich diese beiden Lehrwerke mit dem Schreiben
nicht so intensiv wie mit anderen Fertigkeiten. Das Schreiben wird aber auch
geübt. In Direkt sind es dann Übungen in den Testen
„(ABI)FERTIGKEITSTRAINING“, in Sprechen Sie Deutsch? befinden sich
diese Übungen gerade in den einzelnen Lektionen. Es geht vor allem um
Übungen, die die schriftliche Kommunikation strukturieren und simulieren.
Anhand der Vorbereitung sollte der Lernende eine E-Mail oder einen Brief
schreiben. Dazu stehen ihm Vorgaben zur Verfügung wie das Vorgeben von
Sätzen oder Abschnitten oder Beispiele an den sich die Lernenden halten können.

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13.5 Vergleichung der Lehrwerke nach der Grammatik-
darstellung

Die Darstellung der Grammatik ist in beiden Lehrwerken ganz


unterschiedlich. Sprechen Sie Deutsch? kennzeichnet sich durch seine
umfangreiche Auffassung der Grammatik, die eine große Rolle spielt. Die Regel
sind auf Tschechisch geklärt und die Progression vom Einfachen zum
Schwierigen ist erkennbar. Manchmal werden zuerst die Regel tabellarisch
angezeigt und dann folgen die Beispiele, manchmal gibt es zuerst Beispiele und
erst dann die Klärung der Grammatik. Wo es möglich ist, werden auch Bilder
genutzt, die eine didaktische Funktion haben und die dem Verstehen der neuen
Grammatik helfen. In diesem Lehrwerk gibt es eine große Reihe von Übungen,
die die Grammatik üben und der Festigung nachhelfen. In der Anlage befindet
sich ein Überblick über die ganze Grammatik, die im Lehrwerk enthalten ist.

In Direkt findet man den Überblick mit dem grammatischen Teil am Ende
von jeder Lektion. Die Regel sind hier vor allem tabellarisch dargestellt und im
Unterschied zu Sprechen Sie Deutsch? sind hier nur wenige Beispiele angeführt.
Die Regel sind auf Tschechisch geklärt und die Beschreibung der Regel ist viel
knapper als in dem anderen Lehrwerk. Auch die Menge der Übungen, die zur
Grammatik gehören, ist in einzelnen Lektionen geringer als in Sprechen Sie
Deutsch?. Im Arbeitsbuch, der Bestandteil des Lehrwerks ist, befinden sich
mehrere Übungen, was vergleichbar mit dem Arbeitsbuch von Sprechen Sie
Deutsch? ist.

Da die grammatischen Übungen in Sprechen Sie Deutsch? in der


„Vergleichung der Lehrwerke nach den Lernzielen und Lernmethoden“
beschrieben sind, werden jetzt nur die Übungen zur Grammatik in Direkt
beschrieben. Die Grammatikübungen, die in einzelnen Lektionen vorkommen,
üben nicht nur die neue Regeln und ihre Anwendung, sondern sie sind
Bestandteile der Übungen zur Sprechfertigkeiten. Das heißt, dass z. B.
Ordnungszahlen mit den Übungen geübt werden, die sich auch mit dem Sprechen
beschäftigen – wo es zur Bildung von Dialogen kommt oder z. B.
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Possesivpronomen, die durch das Ergänzen in einem Interview zum Fertigkeit
Schreiben geübt werden. Diese Formen von Übungen wirken unterhaltsam und es
is wahrscheinlich, dass sie die Aufmerksamkeit des Lernenden besser erregen
können, als die Übungen, die in Sprechen Sie Deutsch? vorkommen und die sich
am meisten mit der Bildung von Sätzen nach dem Muster oder mit der
Umformung von Wörter oder Sätzen nach verschiedenen Regeln beschäftigen. In
dem Arbeitsbuch findet man aber ähnliche Formen von Übungen wie in Sprechen
Sie Deutsch?. Es sind z. B. Übersetzungsübungen, Lückentexte, Ergänzungen von
verschiedenen Tabellen oder Verbindungen von zusammenpassenden Fragen und
Antworten. Obwohl es auf den ersten Blick scheint, dass im Lehrwerk Direkt die
Grammatik nur im geringeren Maß dargestellt wird, wird die Vorbereitung für das
Abitur mit den zahlreichen Übungen im Arbeitsheft gesichert.

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14. Nachwort

Diese Diplomarbeit behandelt die Lehrwerke für Deutschunterricht. Am


Anfang werden Begriffe wie Lehrmaterial, Lehrbuch und Lehrwerk erklärt, die
den Gegenstand von dieser Diplomarbeit darstellen.

Weiter beschäftigt sich diese Arbeit mit der Bedeutung und der Nutzung
der Lehrwerke im Deutschunterricht und hebt die Wichtigkeit der Auswahl vom
passenden Lehrwerk hervor.

Was aber auch für das Lehrwerk wichtig ist, ist die
Lehrwerkanalyse/Lehrwerkkritik, die mit der Forschung von Lehrmaterialien
zusammenhängt. Erörtert wurden also auch dieses Thema und einige Kriterien,
von denen die Lehrwerkanalyse ausgeht. Die Diplomarbeit beschreibt dann näher
die einzelnen Kriterien, die sich an die Unterrichtspraxis orientieren. Es sind die
Lehrmethoden in den Lehrwerken (die Grammatik-Übersetzungs-Methode, die
direkte Methode, die audiolinguale Methode, die audiovisuelle Methode, die
kommunikative Methode und der interkulturelle Ansatz).

Zu diesen Kriterien gehören dann auch vier Sprechfertigkeiten wie Hören,


Sprechen, Lesen und Schreiben, Grammatik und ihre Darstellung im Lehrwerk
und die Landeskunde.

Am Ende der Arbeit befindet sich ein kurzes Beispiel für eine komparative
Vergleichung von zwei gewählten Lehrwerken: Sprechen Sie Deutsch? und
Direkt. Die Vergleichung und Bewertung der Lehrwerke geht anhand der oben
vorliegenden Kriterien vor.

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15. Literaturverzeichnis

Primäre Literatur:

Dusilová, D. a kol.: Sprechen Sie Deutsch?, Polyglot, Praha 2000

Motta, G., Cwikowska, B., Vomáčková, O.: direkt Němčina pro střední školy,
Klett, Praha 2010

Sekundäre Literatur:

Brill, Lilli Marlen: Lehrwerke/Lehrwerkgenerationen und die


Methodendiskussion im Fach Deutsch als Fremdsprache, Shaker Verlag, Aachen
2005

Valynseele – Grosse, Waltraud: Deutsch – Lehrbücher im Ausland, Verlag Alfred


Kümmerle, Göppingen 1974

Fery, Renate, Raddatz, Volker: Lehrwerke und ihre Alternativen, Verlag Peter
Lang, Frankfurt am Main 2000

Bausch, Karl-Richard / Christ, Herbert / Königs, Frank G. /Krumm, Hans –


Jürgen: Die Erforschung von Lehr- und Lernmaterialien im Kontext des Lehrens
und Lernens fremder Sprachen, Gunter Narr Verlag, Tübingen 1999

Průcha, Jan: Učebnice: Teorie a analýzy edukačního média, Paido, Brno 1998

Duisburger Institut für Lehrende und Lernende und zur Förderung der deutschen
Sprache: Lehrwerke für Deutsch als Fremdsprache (Auswahlführer für Lehrende
und Lernende), Incidum, München 1998

Neuner, G., Hunfeld, H.:Methoden des fremdsprachlichen Deutschunterrichts,


Eine Einführung, Universität Gesamthochschule Kassel, Kassel 1993

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Janíková, V.: Methodik und Didaktik des Unterrichts Deutsch als Fremdsprache,
Masarykova univerzita v Brně, Brno 2001

Neuner, G. : Zur Analyse fremdsprachlicher Lehrwerke, Peter Lang Verlag,


Frankfurt am Main 1979

Kast, B., Neuner, G.: Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von
Lehrwerken für den fremdsprachlichen Deutschunterricht, Langenscheidt KG,
Berlin und München 1994

Funk, H., Koenig, M.: Grammatik lehren und lernen, Goethe-Institut München,
München 1991, S. 15

Bischof, M., Kessling, V., Krechel, R.: Landeskunde und Literaturdidaktik,


Goethe Institut München 1999

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