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Luthers Werke

in Auswahl
Zweiter Band
Luthers Werke
in Auswahl

Unter Mitwirkung von Albert Leitzmann

herausgegeben

von

O tto Llem en

Zweiter Band
S c h rifte n von 1520 bis 1524

Sechste, d»rehgesehe»e A u flä g e

Walter de Gruyter & Co., Berlin 1967


Bisher erschienen (ohne Auflagenbezeichnung):
Die e r s te Auflage im Verlag Marcus & Weber, Bonn, im Jahre
1912. Die nächsten Auflagen erschienen im Verlag Walter de
Gruyter & Co., Berlin, und zwar die
zw eite Auflage 1929/1930
d r i t t e Auflage i 933/ i 935
v ie r te Auflage 1950
f ü n f t e verb. Ausl. 1959

Photomechanischer Nachdruck 1983


ISBN 3 ii 003153 i
Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet,
dieses Buch oder Teile daraus
auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikro ko pie) zu vervielfältigen.
(Printed in Germany)
Bin Sendbrief an den Papst Leo X.
Von der Freiheit eines Christenmenschen. 1510.
Seit dem letzten drittel des Septembers 1520 betrieb Eck die Ver­
öffentlichung der bannandrohungsbnlle in den diözesen Meissen, Merse­
burg und Brandenburg, am 3. Oktober übersandte er sie der Wittenbeiger
Universität. Miltitz, der sich, durch Eck zurückgedrängt, unfreiwillig in
den ruhestand versetzt sah (Creutzberg, Karl v. Miltitz, Freibuig i. Br.
1907, s. 89), sich aber auf seine diplomatischen künste viel einbildete,
wagte eigenmächtig weitere Vermittlungsversuche. Am 12. Oktober traf
er mit L. und Melanchthon im Antoniterhaus zu Lichtenberg zusammen,
wo unter rückgang auf die Altenburger Verhandlungen verabredet wurde,
dass L. einen brief an den papst lateinisch und deutsch herausgeben und
ihn einer kleinen schrift voranstellen sollte, in welchem er seine geschickte
erzählen und zeigen könnte, dass er nie ein attentat auf Leo persönlich
beabsichtigt hätte; die ganze Verantwortung sollte er vielmehr auf Eck
wälzen; der nämlich — so hat Miltitz ihm die Sache offenbar darge­
stellt — habe das feuer erst wieder aufgeblasen. Sein büchlein ein­
schliesslich widmungsschreiben sollte L. in 12 tagen ausgehen lassen
und auf den 6. September zurückdatieren — 15 tage vor der Veröffent­
lichung der bannandrohungsbnlle in Meissen (21. sept.) — damit es nicht
so scheinen könnte, als hätte ihn Eck mit seiner bulle erst „darzu ge­
drungen' (W A Br *, 1973 1 L. brachte denn auch die 'Epistola ad Leonem
decimum summum pontificem’ und den ‘Tractatus de übertäte Christiana’
zu papier, arbeitete zugleich aber die Verdeutschung der beiden stücke
aus und gab sein ganzes mscrpt in die Grunenbergsche druckerei. Beide
ausgaben wurden nebeneinander her gedruckt. Der druck der deutschen
ausgäbe ging schneller von statten. Den „Sendbrief an den Papst Leo X .",
der zuerst fertig wurde, gab der spekulative buchhändler sofort nach er­
scheinen (kurz vor dem 4. nov.: CR 1, 268) separat ab. Dies veran­
lasste L., der nunmehr folgenden schrift von der freiheit eine neue kurze
Widmung voranzustellen und zwar an den Zwickauer Stadtvogt Hermann
Mühlpfort, dessen lieb und lust zu der heiligen schrift ihm soeben der
Zwickauer prediger Egranus gerühmt habe. Dieser ist kurz vor dem
4. nov. bei L. in Wittenberg gewesen (WABr2, 211,51 f.; Mitteilungen
des Zwickauer Altertums Vereins 6, 19), c. 4. nov. wird also L. die Wid­
mung an M. verfasst und in sein mscrpt. nachträglich eingeschoben haben.
Kurz vor mitte nov. dürfte sodann die schrift von der freiheit die presse
verlassen haben. Am 16. nov. schickt Miltitz von Erfurt aus ein exemplar
an Pirkheimer; 'in latino' sei der traktat noch nicht ganz gefertigt (— im
druck vollendet): W. A. 7, s. 2. 12. 39, Creutzberg s. 98. W ir re­
produzieren W . A. 7, A b und 15 A. Unter den anmerkungen geben
wir einige parallelen aus den latein. texten. Vgl. XV. Maurer, V. d. F rei­
heit e. Christenm enschen. Zwei Unters, zu L. s Ref. Schriften 1520/21.
1949.
2 E in Sendbrief an den Papst Leo X .

53. y b. Dem allerheyligsten in gvtt vatter


Leoni. dem czehenden. Bapst
zu Rom alle selickeyt ynn
Christo Ihesu vnßerm
hemn Amen. 5
Allerheyligster in gvtt vatter. Es zwingt mich b« f>«nb»u
vnd streyt / ynn milche ich mit etlichen wüsten menschen dißer tzeyt / nu
biß ynß dritte siar fnmen bynn / zuweylen nach dyr hu sehen vnnd deyn
ge&entfen / ia die weyll es dafürgehalten mirt / du seyest die einige heubt-
sach dißes streyttis / ßo kann iä>s ttit lassen / deyn on vnterlaß zuge- ,o
denckenn / dann wie wol ich von etlichen deyner vnchristlichen schmeychler/
milch on alle vrsach auff mich erhehit seyn gedrungen bynn mich auff eyn
Christlich frey Conciliv von deynem stuel vnnd gericht ynn meyner fach
znberuffen / ßo hab ich doch meynen mütt noch nie alßo von dvr ent-
pfrembdet / das ich nit anß allen meynen kreisten dvr vnnd deynem Römischen i 5
stuel das beste alheyt gemufcht / vn mit vleyßigem bereichern gepetr ßo
viel ich vormocht / bey gotr gesucht habe. War ist es das ich die ßo bißher
mit der Hobe vnnd größe deynes namens vnnd gemalt zubedremen / sich
bemühet habenn gar fast zuuorachten vnnd zuvbirwinden furgennmen habe.
Aber eyniß ist nu vorhandenn / milche ich nit thar vorachten / wilchs auch 2o
die vrsach ist / das ich abermal hu dyr schreybe / vnnd ist nein lieh / das ich
42 e vormerck / wie ich 1vorsprechen« vnnd myr vbell auß gelegt werde / das ich
soll auch deyner Person nit vorschonet Haben.
Ich w ill aber frey vnd öffentlich das bekennen / das myr nit anders
bewust ist / denn ßo offt ich deyner Person Habe gedacht / alheyt / das 25
4W erlichst vnd 1 beste von dvr gesagt habe / vnd wo ich das yrgend nit hetre
than / kund ichs selbs ynn keynnen weg loben / vnd müste meyner kleger
vrteyll mit vollem bekentniß bekrefftigen / vnd molt nit lieberß / dan solches
meynes freuells vnd boßbeyt / das midderspiel singen / vnd meyn strefflich
wort widderuffen / Ich hab dich genennet / eyn Daniel zu Babyionen / vnd 3o
wie ich deyn vnschuld ßo vleyssig habe beschuht wider deynen schendler
Syluestrn / mag eyn iglicher der es lißet vbirflussig vorstehen.
Es ist ia deyn geweht vnd deyns guttie lebens namen yn aller wett
beruffen / durch viel hochgelerten berlicher vnd besser gepreysset / denn das
es yemant möcht mit eyniger list antasten / er sey ia wie groß er müge / 35
Ich bvn nit ßo nerrisch dz ich allein denen angreyffe / den yderman lobet /
12 erbittert 14 am 28. nov. 1518 (K . K . 1, 217 s.) 20 zu
verachten wage 22 verleumdet 29 ‘palinodiam canere1 das gegen-
teil sagen 30 weder in der dedikation zu den Resolutiones (oben I
16 ff.) noch in dem konzept W A ß r i , 292s. (K . K . 1, 22Z f.), wohl aber
unten s. 4, z. 23 32 Pricrias (K . K . r, 189 ff.)
Von der Freiheit eines Christenmenschen. 1520.
3
dahu hab ich allyeyt die weyße gehabt vnnd fordan habenn will / auch die
nit anzutasten / die sonst für yderman eyn böge geschrey haben. M yr ist
nit wol mit der anderen fünde / der ich wol weyß / wie ich auch eynen
balcken ynn meynem äuge habe / vnd freylich d' erste nit seyn kan / der den
5 ersten steyn auff die ehebrecheryn werft.
Ich hab wol schärft angriffen / doch yn der gemeyn hyn / ettlich vn-
chnstlich lere / vnd auff meyne widdersacher peysstg geweßen / nit vmb yhres
bogen lebens / gondern vmb yhrer vnchristlichen lere vnd schuhs willen /
wilchs mych go gar nichts berewet / das ich myrg auch ynn synn genumen
10 hab / ym solcher emgickeyt vn scherpff zu bleyben / vnangesehen / wie myr
daffelb etlich auglegen / go ich hie Christus Exepel hab / der auch feyne
widdersacher / aug schärft« emgickeyt nennet / schlagen kinder / gleygner /
blinden / des teuffels kinder / vnnd santt Paulus den M agum heyffet eyn
kind des teuffels / vft der vol bogheyt vnd triegerey sey / vnd ettlich falsch
*5 Apo'stell schilt er / Hunde / betrieger vnd gottis wort vorderer / Wen die 43 e
weychen hatten oren solchs hetten gehöret / sotten sle auch wol sagen / es
were niemand go peysstg vnd vngedultig als S . Paulus / Vnd wer ist
peysstger den die Propheten? Aber zu vngern zceytten seyn vnger oren go
gar hatt vn weych worden / durch die Mennige der schedlichen schmeychler /
-0 das / go bald wyr nit ynn allen dingen gelobt werden / schreyen wyr / mä
sey peysstg / Vnd die weyl wyr vns sonst der warheyt nit erweren mügen /
entschlahen wyr vng doch der selbe / durch erdichte vrsach der peysstckeyt /
der vngedultickeit oft der vnbescheydenheyt. W as soll aber dz salcz / wen
es nit schärft beyffet? W as soll die schneyde am schwerdt / wen ste nit
*5 schärft ist zu schneyden? S a g t doch der prophett / der man sey vormale-
deyet / der gottis gepott obenhynn thut vnnd zu seher vorschonet.
Dammb bitt ich heyliger vatter Leo / wollist bige meyne entschuldigung
dyr gefallen lassen / vnnd mich gewig für den halten / der Widder deyne
person 1 nie nichts bogis habe for genümen / vnd der algo gesynnet sey /der 5 ^
y> dyr wünsche vnd gähn das aller beste / der auch keynen Hadder noch gezang
mit yemand haben wolle vmb yemands boges lebend / gondern alleyn vmb
des göttlichen wortis warheyt willen. I n allen dingen will ich yderman
geme weychen / das wort gottis / wil ich vft mag auch nicht vorlassen noch
vorlaugnen. H at yemand eynen andern wahn von myr / odder meyne
35 schriftt anders vorstanden / der yrrhet / vft hatt mich nit recht vorstanden.
D as ist aber wahr / Ich hab Kisch antastet den Römischen stuel /
den man nennet / Römischen hoff / milchen auch du selbs noch niemant auff
erden anders bekennen mizg / den das er sey erger vnd schendlicher den yhe
keyn Zodoma gomorr / odder Babylonien gewesen ist / Vnd go viel ich
4 Mt. 7, 3 5 Jo. 8, 7 6 ‘communiter* im allgemeinen
7 bissig 12 Mt. 23, 33. 13. 17. 13 Jo. 8, 44 AG. 13, 10
15 Phi. 3. 2 2. Ko. 11, 13. 2, 17 19 hat Ab 22 entziehen
23 Mt. 5, 13 25 Jer. 48, 10 26 oberflächlich 30 gönne 36 keck
4 Ein Sendbrief an den Papst Leo X .

merck / Bo ist seyner boßheyt hynfurt Widder -u radten noch zu helffen.


Es ist allis vbirauß vorhweyffett vnd grundloß da worden. Damm- hat
michs vordroffen / das man vnter deynem namen vnd der Römischen kirchen
44® scheyn / das arm 1 volck ynn aller wett betrog vnd -eschedigt / da «idder
hab ich mich gelegt / vnd wil mich auch noch legen / ßo lang yn myr meyn 5
christlicher geyst lebet / N it das ich mich vormeß solcher vnmüglicher ding /
oder vorhoffte / ettwas auß zurichten ynn der aller greulichsten Römischen
Zodoma vnd Babylonen / zuuor die weyl myr ßo viel wuttender schmeychler
widderstreben / ßondern das ich mich eynen schuldigen diener erkmne aller
Christen menschen daher myr gepüret yhn zu radten vnnd warnen / das fle *o
yhe doch weniger hall vnd mit geringern schaden vorterbet wurden von
den Römischen vorstorernn.
Dann das ist dyr selbs yhe nit vorporgen / wie nu viel iarlang auß
Rom ynn alle wellt nichts anders denn vorterben des leybs / der seelen /
der gutter vnd aller bbßen stuck die aller schedlichsten exempell / gleych ge- *$
schwemet vnnd eyngerjffen habenn. Wilchs alls öffentlich am tag yderman
bewust ist / da durch die Römisch kirche die vorheytten die aller Heyligist
war / nu worden ist eyn mordgruben vber alle mordgruben / eyn buben
hauß vber alle buben heußer eyn heubt vnd reych aller fund des todts vnd
vordampniß / das nit wol zudencken ist / Wds mehr boßheyt hie müge hu *>
nehmen / wenn gleych der Endchrist selbs keme.
Inn deß siczstu heyliger vatter Leo / wie eyn schaff vnter den wolffen /
vnd gleych wie Daniel vnter den lawen / vnnd mit Ezechiel vnter den
scorpion / W as kanstu eyniger Widder ßo viel wilder wunder / vnnd ob dyr
schon drey odder vier gelerte front Cardinal zu vielen / was were das vnter -5
svlchez Haussen? yhr mustet ehe durch gyfft vntergahen / ehe yhr furnehmet
der sachen zuhelffen. Es ist auß mit dem Römischen stuel / gottis Horn
hatt yhn vbirfallen on auffhoren / Er ist feynd den gemeynen Cöcilijs / er
will sich nit vntenveyßen noch reformieren lassen / vnd vormag doch nit
6W seyn wutrends vnchrist'lichs wetzen nit hindernn / damit er erfüllet / das ge- 30
sagt ist von seyner mutter der alten Babylonen. Hiere. W yr haben viel
geheylett an der Babylonen / noch ist fle nit gesund worden« / wyr wollen
fle saren laffenn.
45 b Es sollt wol deyn vn der Cardinal« werck seyn / 1 das yhr dißem
iamer weret / aber die kranckeyt spott der erhney / pfertt vtt wagen geben 35
nicht auff den furman / das ist die vrsach / warüb es myr alheyt ist leyd
geweßen / du frumer Leo / das du eynn Bapst worden bist / ynn dißer tzeyt /
der du wol wirdig wertst zu bessern» heytten Bapst seyn / der Römischen
stuel ist deyner vnnd deynis gleychen nit werd / ßondernn der büße geyst
8 schmechler Ab 11 weniger zahlreich 18 Mt. 21, 13 ^upanar’
22 Mt. 10, 16 23 Da. 6, 16 ff. Ez. 2, f> 29 W . A. streicht
Mt 31 Jer. 51, 9 35 geben nichts auf den F. (*nec cumis nec
equus audit habenas’)
V o n der F re ih e it eines Christenmenschen. 1520.
5
sollt bapst seyn / der auch gewißlich mehr denn du ynn der Babylonen
regiert.
O roolt gott das du entledig von der ehre (wie sie es nennen deyn
aller friedlichsten feynd) ettwan von eyner pfrund ob1 deynem vetterlichenn
5 erb dich halten mochtist / furwar mit solcher ehre sollt billich niemant denn
Judas Scharioth vnd seyniß gleychen / die gott vorstoffen hatt / geehret
seynn / Denn sag myr / wo tzu bistu doch nutz ynn dem Bapstum / denn
das yhe erger vnd vorzweyffelter ist / yhe mehr vnd starcker er deyner ge­
malt vnd titell mißpraucht / die leut zu beschedigen / an gutt vü seel / fund
10 vnd schand zu mehren / den glauben vnd warheyt tzu dempfen. O du aller
vnseligst Leo / der du fltzist ynn dez aller ferlichsten stuel / Werlich ich sag
dyr die warheyt / denn ich gähn dyr guttis.
Szo .S. Bernhard seynenn bapst Eugeniü klagt da der Römische
stuel / wie wol er schon auch zu der selben -eyt auffs ergist wäre / doch
15 noch ynn guter hoffnüg des beßerniß regiert / Wie viel mehr sollen wyr
dich klagen / die weyl ynn dißen drey hundert iarenn die boßheyt vnd das
vorterben ßo vnwidderstatlich hatt tzu vbir Hand gennmen. Jsts nit wahr
das vnter dez weytten hymel ist nichts ergers vorgijstigerß hesflgerß den
der Römische hoff / denn er weyt vbirtritt der Turcken vntugent / das es
»o war ist / Rom sey vortzeyte gewest eyn pfort des hymels / vnd ist nur eyn
weyt auffgesperreter rache der Helle / vnnd leyder eyn solcher rache / den
durch gottis tzorn niemand kan zu sperren« / vnd keyn rad mehr vbrig ist /
denn ßo wyr mochten ettlich warnen vnnd erhalten das ste von dem
Römischen rachen nit vorschlunden worden.
»5 Sihe da meyn H. vater / das ist die vrsach vnd bewegung warumb
ich -0 hartt Widder dißenn pesti'lenttschenn stuel gestoffenn habe / denn ßo 46 E
gar hab ich myr nit furgenummenn Widder deyne Person tzu wutten / das
ich auch gehoffet habe / ich würd bey dyr gnad vnd danck vordienen / vn
für deyn bestiß gehandelt erkant werden / ßo ich solchen deynen kerker / ia
30 deine Helle / nur frisch Dft scharff angriff / denn ichs acht / es were dyr vnd
vielen andern gutt vff 1 selig / alliß was alle vornüfftige gelerte menner 7w
Widder die aller wüsten vnordnung deynis vnchristlichen hoffs vormochten
auffzubringen / S ie thun für war eyn werck / dz du soltist thun / alle die
solche hoff nur allis leyd vü allis vbel thun / sie ehren Christü / alle die
35 dm hoff auffs aller meyst zu schänden machen. Kurtzlich / sie seyn alle gute
Christen / die boße Römisch seyn.
Ich will noch weytter reden. Es were mir auch daffelb nie ynn
meyn herrz kämen / das ich Widder dm Römischen hoff hette rumoret /
oder etwas von yhm disputiett / dm die weyl ich sahe / das yhm nit zu
40 helffen. kost vnd mühe vorloren wäre / hab ich yhn voracht/ eyn vrlaub
12 gönne 13 s. oben I 113, z. 2 0 18 gehässigeres 19 üb er­
t r if f t 20 NU? 25 das M o tiv 27 ita non . . . u t (so w e n ig . . .
dass vielm ehr) 3 0 keck 4 0 abschiedsbrief ( M t 5 , 31)
6 E in Sendbrief an den Papst Leo X

bzteff geschenckt vn gesagt. Adeh liebs Rom. stinck fürt an was da stinctr /
oft bleyb vnreyn für vn für / was vnreyn ist / hab mich alßo begeben yn
das stille gerügte studiern der Heyligen schrifft / damit ich forderlich were /
denen / bey wilchen ich wonet / da ich nu hie nit vnfruchtparlich handelte /
thet der boße geyst seyn äugen auff vnd ward des gewahr / behend erweckt 5
er mit eyner vnsynnigen ehrgittickeyt seyn diener Johanne Ecciü / eynen
sonderlichen feynd Christi vn der warheyt / gab yhm eyn / das er mich vn-
uorsehens ryffe ynn eyn disputation / vnd ergriffe bey eynem wortle von
dem Bapstum gesagt / dz myr angefehr empfallen war / Da warff sich auff
d' groß rumredticher hellt / spruet vnnd schnawbt / als hett er mich schon 1 0
gefangen / gab für / er wolt zu ehren Gott vnnd preyß der Heyligen Römi­
schen hrd)en / alle dingt wagen vnd außfuren / Miefs sich auff vnd vormaß
sich deyner gemalt / wilch er datzu geprauchen wolt / das er der vbirst
theologus ynn der wellt beruffen würd / des er auch gewiß wartet mehr
den deß bapstübs / ließ sich duncken es solt yhm nit wenig datzu furtreg- 15
47 £ lich seyn / wo er Doctor Luthern ym ' heerschildt füret / Da yhm nu das
mißlungen / will der sophist vnsynnig werden / denn er nu fület wie durch
seyn schuldt alleyn / des Römischen stuels schand vn schmach an myr sich
eröffnet hat.
Laß mich hie / Heyliger vatter / meyne sach auch eyn mal für dir *>
handeln / vnd dir deyne rechte feynd vorklagen. Es ist dir on zweyffell
bewust / wie mit myr gehädelt hab zu Augspurgk der Cardinal S . Sixti /
denn Legat / furwar / vnbescheyden vnd vnrichtig / ia auch vntrew / In
wilches Hand / ich vmb deynen willen / alle meyn sach alßo stellet / das er
frid gepieten solt / ich wolt der sachen ein end lassen seyn vn stille -5
schweygen / so meyn widdersacher auch still stunden / Wilchs er leycht mit
eynem wort bett möcht außnchten / Da iucket yhn der kutzel zeytlichs
rumß zu seher / vorachtet meyn erbieten / vnterstundt sich meyne Widersacher
zurechtfertigen i yhn nur lenger hawm lassen / vnd myr zu Widder ruffen
gepieten / des er keynen befelh hatte. Alßo ists geschehen / durch seynen 3 0
sw mutwillige freuet / das die sach / ist seynt viel erger 1 worden / die zu der
heyt an eynem gutten ort war. Darumb was weytter darnach ist gefolgt /
ist nit meyn / sondern desselben Cardinalis schuldt / der nit myr gönnen
wollt / das ich schweyge / wie ich ßo höchlich batt / Was solt ich da
mehr thun? 35
Darnach ist kummen er Carol von M iltitz / auch deyner H hott­
schafft ' wilcher mit vieler mühe hynn vnd her reyffend / vnd allen vleyß
furwendend / die sach Widder auff eynen gutten ort zu bringen. Davon
sie der Cardinal hochmlltig vnd freuelich vorstoffen hatt / Zu letzt / durch

i Thiele no. 349 A p k . 22t 11 3 ruhiger 8 K / K . 1, 230 ff.


10 ‘H ic Thraso ille gloriosus’ 1$ förderlich 16 nach analogie von
etwas im Schilde führen: petere aliquem, angreifen (‘si Lutherum duceret
in triumpho’) 19 offenbart 22 Cajetan (K . K . i. 202 ff.) 31 seitdem
V o n der Freiheit eines Christenmenschen. 1520.
7
hülff des durchleuchtigsten hochgebornenn Churfürsten Hertzog Fridrich zu
Sachsen rc. zuwegen bracht / ettlich mal mit mir zu besprechen.
Hie hab ich aber mals mich lassen« weyffenn / vnd deynem namen zu ehren
schweygenn / die sach / dem Ertzbischoff zu Trier / oder Bischofs zu Num-
s bürg / vorhören vnd scheyden zu lassen vorwilligt / wilchs alßo geschehen
vnd bestellet / Da solchs yn gutter Hoffnung vn frid stund / feilet eynher
deyn gr-ster rechter feynd Johannes Eccius mit seyner disputation zu
Leyptzick / die er hatt yhm furgenommen Widder Doctor Carlstatt / vnd
mit seynen 1 wetterwendischen Worten / stobt er eyn fundtlin / von dem 4« e
*0 Bapstumb / vnd keret auff mich vnuorsehens / seyne fanhen vnd gantzes
Here / damit des furgenömen frids furschlag gantz zustöret.
I n des warttet E r Carolus / die disputation gieng fürstch / Richter
wurden erwelet / ist aber nichts außgericht / wilchs mich nit wundert /
Denn Eck mit seynen lugen / sendbrieffen vn heymlichen bractiken / die fache
*s alßo vorpitteret / vorwerret vnd zurschellet / das auff wilch seytt / das orteyll
gefallen were / eyn grösser fewr / on zweyffel sich ertzundet bette. Denn
er sucht rum vnd nit die warheyt / Alßo hab ich altzeyt than / was myr
ist auff gelegt / vnd nichts nachgelassen / das myr zuthun gepärt hatt. Ich
bekenne / das auß dießer vrsach / nit eyn kleyn teyll / des Römische vn-
« christlichen weßens / ist an tag kummen / aber was daran vorschuldet / ist
nit meyn / sondernn Eccij schuldt / Wilcher eyner sach sich vnterwunden /
der er nit manß gnug geweßen / durch seyn ehr suchen / die Römische laster
ynn alle welt zu schänden gesetzt hatt.
Dißer ist H. D. Leo deyn / vnd des Ro. stuel feynd / von seynem
25 eynigen exempel / mag eynn yderman lernen / das keynn schedlicher feynd
sey / wenn eyn schmeychler. Was hatt er mit seynem schmeychlenn ange-
richt / denn nur solch vngluck / das keyn künig hett mügen zuwegen bringenn.
Es stinckt itzt übel des Römischen Hoffis namen ynn aller welt / Die
Bepstliche acht / ist matt / die Römische vnwiffenheyt hatt eyn boße ge-
30 schrey / wilcher keyniß were gehöret / ßo Eck / Carolis vnd meynem fur­
schlag des frids / nit hett vorruckt. Wilchs er auch nu selbs empfind /
vnd wie wol zu langsam vnd vorgebens vnwillig ist / übir meyne auß
gangene buchle / das solt er vorhynn bedacht / da er nach dem 1 rum / n>ie 9 w
eyn mütiges geyles roß / hymmert / vnd nichts mehr / den das seyne / mit
35 deynem grossen nach teyll suchet. Er meynette / d' eytell man / ich würd
mich für deynk namen furchten / yhm rawm lassen« vnd schweygen (den
der kunst vnd geschicklickeyt / halt ich / hab er sich nit vormeffenn.) Nu
ßo er sthet / das ich noch getrost byn vnd mich weytter hören lasse / kumpt
yhm die spate 1 rew seynes freuels / vnd w itt ynnk (ßo er anders ynnen 49 E

2 in Altenburg (K . K . i , 223 ff.), Liebenwerda 9. o k t (264 f.),


Lichtenberg 12. okt. (355) 10 vgL signa convertere ('in me vertit
arma’) 14 machenschaften 15 verwirret und zerschlägt 21 eynersach A b
26 als 33 W . A . ergänzt nach bedacht „haben" 34 wiehert
8 Ein Sendbrief an den Papst Leo X.

Wirt) das eyner / ym hymell ist / der den hochmütigen «idderstaht vnnd
die vormessene geyste demütigt.
D a nu nichts / durch die disputation wart außgericht / denn nur
grösser vnehre Römisches stuelS / Ist E r Carolus -u den vetternn meynß
ordenß summen / radt begeret / die fache zu schlichten vnd schweygen /alS 5
die den auff aller wußtist vnnd ferlichst stund / D a seyn ettlich tapffere /
von den selben zu myr gesand / die wevll eS nit zuuormütten / daS mit ge­
malt gegen myr mug etwas geschafft «erden. Haben -e-ert / daS ich doch
wolle deyne Person. H. D. ehren vnd mit vntertheniger schrifft / deyn vnd
meyn vnschuld entschuldigen / vormeynend / eS sey die fach noch nit ym 10
abgrund vorlorenn vnd vortzweyffelt / wo der H. D. Leo wolle nach seyner
angeporner hoch berumpten gütickeyt / die Hand daran legen». Die weyll
aber ich altzeyt hab frid angepotten vnnd begeret / auff daS ich stillem vnnd
bessern studiern wartten möcht / ist myr daS eyn liebe ftölich bottschafft
geweßen / hab sie mit danck auffgenommen vnnd mich auffS willigst lencken 15
lassen vnd für eyn sondere gnad erkennet / ßo eS alßo / wie wyr hoffen /
geschehen möcht. Denn ich auch auß keyner ander vrsach / ßo mit starkem
must / wortten vnd schreyben gewebt vnd gerumort hab / daS ich die nyder
legt vnd stillet / die ich wol sahe / myr weytt zu gering seyn.
Alßo kum ich nu H. V. Leo / vnd zu deynen fuessen liegend bitte / *>
ßo eS muglich ist / wollist deyne hend dran legen» / den schmeychlern / die
deS fridS feynd seyn / vnd doch frid furgeben / eynen -awm eynlegenn. DaS
ich aber sott widderruffen meyne lere / da witt nichts auß / darffS yhm
auch niemant furnehmen / er woll den die fach noch yn eyn grosser gewyrre
tteyben / datzu mag ich nit leyden / regel oder Masse / die schrifft außzu-^5
legen. Die weyl daS wort gottiS / daS alle fteyheyt leret / nit soll noch
muß gefangen seyn. Wo myr diße zwey stuck bleybenn / ßo soll myr sonst
nichts auffgelegt werden / daS ich nit mit allem willenn thun vnd leyden
will. Ich byn dem Hadder feynd / «il niemantS anregen» noch reytzen /
ich will aber auch vngereytzit seyn / werd ich aber gereyhet / wil ich / ob zo
50e 1 flott mtl /n it sprachloß noch schrifstloß sein. ES mag yhe deyne H. mit
leychten kurtzen «orten alle diße hadderey zu yhr nemen vnd außtilgenn /
vnnd daneben schweygen vnd frid -epieten / wilchS ich alltzeyt zuhören
ganh beging byn geweßen.
Darumb meyn H. vatter «oltist yhe nit hören / deyne ßuffen oren 35
stnger / die do sagen / du seyest nit eyn lautter mensch / sondern» gemischt
10W m i t ' flott / der alle ding zu gepieten vnd tzufoddern habe: ES wirt nit ßo
geschehen / du wirstS auch nit auß füren / Du bist eyn knecht aller knecht
gottiS / vnd ynn eynez ferlichern / elendern stand / den keyn mensch auff
i 1. Pt. 5, 5 4 zum augustinerkonvent nach Eisleben 28. bis
30. aug. (K. K. 1, ZZ9 t.) 6 ‘aliquot celebriores’ Staupitz, Link u. a.
18 mich geregt 24 nemant Ab 25 ‘leges interpretandi verbi dei*
32 vor ihr forum ziehen 35 ‘Syrenas istos’ 36 vgl. Köhler, L. und
die Kg., s. 113 s. und W. A. 7, 1761 blosser
Von der Freiheit eines Christenmenschen. 1520.
9
erden' Laß dich nit bekriegen / die dyr liegen vnd beuchten / du seyest eyn
Herr der wett / die niemant wollen lassen Christen seyn / er sey den dyr
vnterworffen / die do schwetzen / du habst gewalt / ynn den hymel / yn die
Hel / vn ynß fegfewr / sie seyn deyne feynd / vnd suchen deyne seele zuuor-
5 kerben. Wie Jsaias sagt. Meyn liebs volck / wilche dich loben vnd heben /
die bekriegen dich. Sie ynenn alle / die da sagen / D u seyest vbir das
Concilin vnd gemeyne Christenheyk. Sie yrren / die dyr alleyn gewalt
geben / die schrifft außzulegen / S ie suchen allesampt nit mehr / den wie sie
vnter deynem mimen yhr vnchristliche furnehmen / ynn der Christenheyk /
10 stercken mögen / wie den der büße geyst / leyder / durch viele deyner vor-
faren gethan hatt. Kurtzlich / glaub nur niemät / die dich erheben / sondernn
alleyn denen / die dich demütigen / das ist qottis gericht / wie geschrieben
stett. E r hatt abgesetzt die gewaltigen von yhre stüelen / vnd erhaben die
geringen.
rs S ihe wie vngleych seyn/ Christus vnd seyne statthalter / ßo sie doch
alle wollen seyne statthalter seyn / vnd ich ftirwar furcht / sie seyen altzu
warhafftig seyne statthalter. Den eyn stathalter / ist ym abweßen seynes
Herrn eyn statthalter. Wenn den eyn Bapst / ym abweßen Christi / der nit
ynn seynem hertzen wonet / regieret / ist der selb nit alyu warhafftig Christi
*> statthalter / Was mag aber denn eyn solcher hauffe seyn / den eyn samlung
on Christo? Was mag aber auch denn eyn solcher Bapst seyn denn eyn
Endchrist vnd 1 Abtgott? Wie viel besser thetten die Apostel / die sich nur $x e
knechte Christi ynn yhn wonend / nit stathalter / des abwetzendes /nenneten
vnd sich nennen ließen.
*5 Ich byn villeycht vnuorschampt / das ich ein solche grtße höhe / zu
leren / werde angesehen / von wilcher doch yderman soll geleret werden /
vnd wie ettttch deyner gyfftigen schmeychler dich auffwerffen / das alle sättig
vnd richter thron / von dyr vrteyl empfahen. Aber ich folge hyrynn S .
Bernhard / ynn seynem buch zu dem Bapst Eugeniü / wilchs billich sotten
30 alle Bepst außwendig künden. Ich thue es yhe nit der meynung / dich zu
leren / ßondernn auß lautier ttewlicher sorge vnnd Pflicht / die yderman
billich tzwingt / auch ynn den dingen für vnßer nehsten vns bekümmern /
die doch sicher seyn / vnnd leßsit vns nit acht haben auff wirde oder vn-
wirde / ßo gar vleyßsig / sie «arnympt / des nehsten far vü vngefar. Die
3$ weyll ich den weyß wie deyn H. webt vnd schwebt zu Rhom / das ist auff
dem höchsten «eher / mit vntzelichen ferlickeyten auff allen vrtenn / wüttend /
vfl ynn solchem iamer lebt vn erbeyttet / das dyr auch wol not ist / des
allergeringsten Christen hulff / ßo hab ichs nit für vngeschickt angesehen /
Das ich deyner maiestet / ßo lange vorgeffe / biß ich brüderlicher liebe Pflicht
außricht. Ich mag nit schmeychlen / ynn solcher ernster / fer'sicher fache / u w
ynn wilcher ßo mich ettttch nit wollen« vorstehen / wie ich deyn freund
5 Je*. 3, 12 13 Lc. 1, 52 25 ‘tantum verturem* 29 s.
oben s. 5, z. 13 35 hin und her fährt
IO E in Sendbrief an den Papst Leo X .

vnd mehr denn vnterthan sey / ßo Wirt er sich wol finden / der es vor.
steht.
Am end / das ich nit leer küme für d. H. ßo bring ich mit myr eyn
buchte vnter deynem namen außgangen / zu eynem gutten wünsch vnd an­
sang des frids vnnd gutter Hoffnung / darauß d. H. schmecken mag / mit 5
maß geschefften ich gerne wollt vtt auch fruchtparlich möcht vmgahn / wen
myrß / für deynen vnchristlichen schmeychlernn muglich were. Es ist eyn
kleyn büchle / ßo das papyr witt angesehen / aber doch die gantz summa
eyniß Christlichen leben drynnen begriffen / ßo der synn Vorständen» witt.
Ich byn arm / hab nit anders / damit ich meyn dienst ertzeyge / ßo darffstu «
auch nit mehr den mit geystlichen gutternn gepeffett werden». Da mit ich
s- e mich / d. H . ' befilhe / die yhm behalt ewig Jhesus Christus / A M E N .
Zu Wittenbergk Sexta Septembris. 1 5 20.

Dem fursichtigen VN weyßen hem


Hieronymo Mälphordt Staduogtzu Zwyckaw mey- *sl
nem besondern günstigen freund vnd Patron
Empiete ich genantt D . Martinus Lu­
ther August, meyne willige dienst
vnnd allis guttis.
1f Furflchtiger weyßer Hen / vnd Günstiger freund / der wirdig *>
Magister Johan Egran / ewr löblichen stat Prediger / hat mir hoch ge-
preyffet ewr lieb vnd lust / ßo yhr zu der Heyligen schüfst ttaget / wilch
yhr auch emßlich bekennen vnd für den menschen zu preyßen nit nachlasset.
Derhalben er begeret / mich mit euch bekennet zu machen / byn ich gar
leychtlich willig vnd sttlich des beredt / denn es mir eyn sondere steudt -5
ist / tzu hören / wo die göttlich warheyt geliebt w itt / der leyder ßo vill /
vnd die am meysten / die sich yhres tite lt auffwerffen / mit aller gewalt
vnd list widderstreben / wie wol es alßo seyn muß / das an Christum / zu
eynem ergernis vnd tzeychen gesetzt / dem widdersprochen werden muß / vill
176 e sich stoffen / fallen / vnd auff erstqhen muffen. Darüb hab ich an zu heben 30
vnßer kundschafft vnd steuntschafft / diß trattatell vnnd Sermon euch wollen
zuschreyben / ym deutsche / wilchs ich latinisch dem Bapst hab zu geschrieben /
damit für yderman / meyner lere vnd schreyben / von dem Bapstum / nit
eyn vorweyßlich / als ich hoff / vrsach angetzeygt. Befill mich hie mit /
euch / vnd allsampt / göttlichen gnaden. A M E N . Zu Wittem- 35
bergk. 1 5 2 0.
10 *nec tu alio eges quam spirituali dono augeri’ 23 emsig
25 dazu überredet 27 ihres vermeintlichen rechtsgrunds dazu rühmen
29 Lc. 2, 34 30 zum ansang 34 die m ir niemand verweisen kann
Von der Freiheit eines Christenmenschen. 1520. II

Jhesuö.
Zum ersten. Das wir gründlich «wn »kennen/ m t
eyn Christen mensch sey / vn wie es gethä sey / vmb die freyheyt / die yhm
Christus erworben oft geben hatt / dauon S . Paulus viel schreybt / will
5 ich setzen / dyße zween beschloß.
Eyn Christen mensch ist eyn freyer Herr / über alle ding / vnd niemanbt " w
vnterthan.
Eyn Christen mensch ist eyn dienstpar knecht aller ding vnd yder-
man vnterthan.
10 Diße zween beschlüß seynd klerlich santt Paulus .i. Cor. 12. Ich
byn frey yn allen dingen / vü hab mich eynß yderma knecht gemacht. Jte
Ro. 13. Ih r sott niemand ettwz vorpsiichtet seyn / den dz yr euch vnter-
nader liebet. Lieb aber / die ist / dienstpar / vü vnterthan dem das ste lieb
hatt. Alßo auch von Christo Gal. 4. Gott hatt seynen ßon außgesandt /
*5 von eynem weyb geporen vnd dem gesetz vnterthan gemacht.
1f Czum andern / Diße zwo widderstendige rede / der freyheyt vnd
dienstparkeyt zuuornehmen / sollen wir gedencken / das eyn yglich Christen
mensch ist zweyerley natur / geystlicher vn leyplicher. Nach der seelen
wirt er eyn geystlich / new / ynnerlich mensch genennet / nach dem fleysch
20 vnd blut roirt er eyn leyplich allt vnd eußerlich mensch genennet. Vnd
vmb dißes vnterschiediß willen / werden von yhm gesagt yn der schriist /
die do stracks widdernander seyn / wie ich itzt gesagt / von der freyheyt
vnd dienstparkeit.
% Czum dritten / So nhemen wir für vns den yn'wendigen geyst- w k
*5 lichm menschen / zusehen was datzu gehbre / dz er eyn frum frey / Christen
mensch sey vnd heyffe.So ists offenbar / das keyn eußerlich ding mag
yhn ftey / noch frum machen / wie es mag ymmer genennet werden / denn
seyn frumkeyt vff freyheyt / widerumb seyn bbßheyt vnd gefenckniß / seyn
nit leyplich noch eußerlich. Was hilffts die seelen / das der leyp / vnge-
30 fangen / frisch vnd gesund ist / yffzet / trinckt / lebt / wie er will? Widderüb
was schadet dasder seelen / das der leyp / gefangen kräng vnd matt ist /
hungert / dürstet vnd leydet / wie er nit gerne w o lt? Dißer ding reychet
teyniß / biß an die seelen / ste zu befreyhen oder sahen / frum oder böße zu
machen.
35 1 Czum Vierden / Alßo hilffet es die freie nichts / ob der leyp
heylige kleyder anlegt / wie die Priester vn geystlichen thun / auch nit ob
er ynn den kirchen vnd Heyligen stetten sey. Auch nit ob er mit heylige
dinge vmbgah. Auch nit ob er leyplich bette / faste / walle / vnd alle gute

3 stehe $ Thesen 10 1. K o . 9, 10 12 R ö . 13, 8


14 Ga. 4, 4 16 sich widersprechenden 17 zu verstehen
35 hilfftet A
12 Ein Sendbrief an den Papst Leo X .

werck thue / die durch vnd ynn dem leybe geschehen mochten ewiglich. ES
muß noch alliS etwas anders seyn / daS der seelen bringe vnd gebe fhmv
teyt vnd freyheyt. Denn alle diße obgenanten stuck / werck vnd weyßen /
mag auch an sich haben vnd üben / eyn b-ßer mensch / eyn gleyßner vnd
Heuchler. Auch durch solch «eßen keyn ander volck / denn eyttell gleyßner 5
werden. Widderumb / schadet eS der seelen nichts / ob d' leyp vnheylige
kleyder tregt / an vnheyligen trten ist / ' yßt / triftest / wallet / bettet nit /
vnd lessit alle die werck onstehen / die die -bgenanten gleyßner thun.
1f Czum funfften / H att die seele keyn ander dinck / Widder yn hymel
noch auff erden / darynnen sie lebe / fhrnt / frey / vnd Christen sey / den daS «»
heylig Euägelij / das wort gottiS von Christo geprediget. W ie er selb sagt.
Io h . 11. Ich byn dz leben vü aufferstehung / wer do glaubt yn mich /
der lebet ewiglich. Item .17. Ich byn der weg / die warheyt / vnd daS
leben. Item M att. 4. Der mensch lebet nit alleyn von dem brot /
178 £ sondern von allen Worten die do gehen von dem mund gottiS. S o muffen 15
wir nu gewiß seyn / daS die seele kan alliS dingS emperen on deS Worts
gottiS / vnd on daS wort gottiS / ist yhr mit keynem ding beholffen. Wo
sie aber daS wort hatt / ßo darff sie auch keyneß andem dingS mehr /
sondern / sie hat in dem wort / gnugde / speis freud / frid / licht / fünft /
gerechtickeyt / warheyt / weyßheyt / freyheit vnd alliS gutt überschwenglich. *>
^llßo leßen wir ym Psalter sonderlich ym .118. psalm / daS der Prophet
nit mehr schreyet den nach dem gottiS wort. P nd yn d' schüfst die aller
höchste plag vnd gottiS zorn gehalten w itt / ßo er seyn wort von den
menschen nympt / Widderumb keyn grbffer gnade / wo er seyn wort hyn
sendet / wie psalmuS .104. stet. Er hat seyn wort auß gesandt / damit er -5
yhn hatt geholffen. Vnd Christ' vmb keynS andern amptS willen / den
zu predigen daS wort gottiS summen ist. Auch alle Apostell / Bischofs /
Priester vü gantzer geystlicher stand / alleyn vmb deS wortS willen ist bf
rossen vnd eyngesetzt / wie woll eS nu leyder anders' gaht.
H Czum sechsten / Fragistu aber / wilchS ist denn das wort das solch y>
grosse gnad gibt. Dnd wie sol ichS gebrauchen? Antwort. ES ist nit
anders / den die predigt von Christo geschehen wie daS Euangeliü ynnehelt.
Milche soll seyn / vnd ist alßo gethan / daS du hbrist deynen gott zu dir
reden / Wie alle deyr. leben vnd werck / nichts seyn für gott / sondern
müßsist / mit allen dem daS ynn dir ist ewiglich vorterben. WilchS ßo du 35
recht glaubst / tote du schuldig bist / so mustu an dir selber voryweyffelnn /
vnd bekennen / daS war sey der spruch Osee. O Israel yn dir ist nichts /
denn deyn vorterben / alleyn aber yn mir steht deyn hulff. DaS du aber
auß dir vnd von dir / das ist auß deynem vorterben kömen mügist / ßo
IO erden darynnen / A 12 Jo. n , 25 13 Jo. 14. 6 14 Mt.
4. 4 18 bedarf 19 genüge 21 Ps. *19, 1 ff. 22 Am. 8, u f f .
25 Ps. 107, 20 26 geholffen Statt willen A 33 beschaffen
37 Hos. 13, 9
Von der Freiheit eines Christenmenschen. 1520.
13

setzt er dir für / seynen lieben ßon Jhesum Christü / vnd leßsit dir durch
seyn lebendig- tröstlich- wort sagen. Du sott ynn den selben m it festem
glauben btd) ergeben / vnd 1frisch ynn yhn 1vortrawen. So sollen dir vmb m e
desselben glauben- willen / alle deyne fund vorgeben / alle deyn vorterben 23w
5 vberwunden seyn / vnd du gerecht / warhafftig / befridet / frum / vil alle
gebott erfüllet seyn / cd allen dingen frey sein. Wie S . Paulus sagt.
Ro. l . Ein rechtfertign Christen / lebt nur von seynem glauben. Vnd
Ro. x. Christus ist das ende vnd fülle aller gebot / denen / die ynn yhn
glauben.
10 1 Czü siebenden. Drumb sott das billich aller Christen eynigs werck
vnd Übung seyn / das sie das wort vü Christü wol ynn sich bildeten /
solchen glauben stetig vbeten vü sterckte. Den keyn ander werck / mag
eynen Christen machen. Wie Christus Joh. 6. zu den Juden sagt / da sie
yhn fragten / was sie für werck thun sotten / dz sie göttlich vü Christlich
,5 werck thetten. Sprach er. Das ist das eynige gotliche werck / das yhr
glaubt yn denen / den gott gesandt hatt. Wilchen gvtt der vatter allein
auch dartzu vorordnet hatt. Darüb ists gar ein vberschwencklich reych-
tumb / ein rechter glaub yn Christo / denn er mit sich bringt alle seligkeit /
vnd abnympt alle vnseligkeyt. Wie Mar. vlt. Wer do glaubt vnd tauist
ao ist / der w irt selig. Wer nit glaubt / der w irt vordampt. Darumb der
Prophet Jsa. x. Den reychtumb des selben glaubens ansach vnd sprach.
Gott w irt eyn kurtz summa machen auff erden / vnd die kurtz summa w irt /
wie ein syndflut eynflieffen die gerechtickeit / das ist / der glaub / darynn
kurtzlich aller gebot erfullung steht / mixt vberflussig rechtfettige alle die
25 yhn haben / das sie nichts mehr bedurften / das sie gerecht vnd frum seyn.
Alßo sagt S . Pauel Ro. x. Das man von hertzen glaubt / das macht
eynen gerecht vnd frum.
T Czü achten / Wie gaht es aber zu / das der glaub allein mag frum
machen / vnd on alle werck ßo überschwencklich reychtumb -eben / ßo doch
30 souill gesetz / gebot / werck / stend vnd weyße vns furgeschrieben seyn / ynn
der schriftt. Hie ist fleyßsig zu mercken / vnd yhe mit ernst zubehalten / dz
allein der glaub on alle1werck frum / frey / vü selig machet / wie wir her- tso b
nach mehr hbren werden Vnd ist zu wissen / das die gantze heylige schriftt /
w itt yn zweyerley wort geteyllet / wilche seyn. Gebot oder gesetz gottt* /
35 vnd vorheyschen oder zusagunge. Die gebott / leren vnd schreyben vns für /
mancherley gutte werck aber damit seyn sie noch nit geschehen. Sie weyßen
wol / sie helffen aber nit / leren was man thun soll / geben aber keyn sterck
dartzu. Darüb seyn sie nur datzu geordnet / das der mensch drynnen sehe
sein vnuormügen zu dem gutten / vnd lerne an yhm selbs vortzweyffeln.
40 Dnd darumb heyffen sie auch das alte testament / vnd gehtren alle yvß
7 R ö . i, 17 8 Rö. io, 4 i i sich einprägten 13 Jo. 6t
28 s. 19 Mc. 16, 16 21 Jes. 10, 22 23 einfliessen machen,
einflössen 26 Rö. io. 10 35 verheissung
14
Ein Sendbrief an den Papst Leo X .

alte testament. Als / das gebott / Du sott nit M | -egird haben / beweyffet
24 w das w ir aUesampt sunder seyn / vnd kein mensch 1vormag / zu sein on bbße
begirde / er thue was er will / Darauß er lernet an yhm selbs vortzagen
vnd anderßwv -u suchen hulff / das er on bsße begird sey / vnnd alßo das
gebott erfülle / durch eynen andern / das er auß yhm selb nit vormag / alßo 5
sein auch alle andere gebott / vns vnmuglich.
% Czü neunden / Wen nu der mensch auß den gebotten sein vnuor-
mügen gelernet vff empfunden hatt / das yhm nu angst roirt / wie er dem
gebott gnug thue. Seyntemal das gebot muß erfüllet seyn / oder er muß
vordampt seyn. So ist er recht gedemütigt vnd zu nicht worden / ynn IO
seynen äugen / findet nichts yn yhm damit er müg frum werden. Dan ßo
küpt das ander wort. Die göttlich vorheyschung vnd zusagung / vnd spricht /
wittu alle gepott erfüllen / deyner b-ßen begirde vnd fund loß werden /
wie die gebott -wyngen vnd foddern. Sihe da / glaub in Christü / yn
wilchem ich dir zusag / alle gnad / gerechtickeyt / frid vn freyheyt / glaubst» 15
so hastu / glaubst» nit / so hastu nit. Den das dir vnmuglich ist / mit
allen werden d' gebott / der vill vnd doch keyrs nutz seyn muffen / das
witt dir leycht vnd kurh / durch den glauben. Den ich hab kurtzlich / yn
181 e den glauben gestellet alle ding / das / ' wer yhn hat / sol alle ding haben
vnd selig seyn / wer yhn nit hatt / soll nichts haben. Alßo geben die zu- 20
sagung gottis / was die gepott erfoddern / vnd volnbringen / was die gepott
heyffen / auff das es allis gottis eygen sey. Gepot vtt erfüllung / er heyffet
allein / er erfüllet auch alleyn. Darumb seyn die zusagung gottis / wort
des newen testaments vnd gehören auch yns newe testament.
1 Czum hebenden / N u seyn diße vnd alle gottis wort / heylig / »5
«arhafstig / gerecht / fridsam / frey vnd aller gütte voll / darumb wer yhn
mit eynem rechten glauben anhangt / des freie witt mit yhm voreynigt /
ßo ganh vnd gar / das alle tugent des m it 4 I and) eygen werden der
seelen / Dnd alßo durch den glauben / die freie von dem gottis wort / heylig /
gerecht / warhafftig / fridsam / frey / vnd aller gütte voll / eyn warhafftig y>
kind gottis witt / wie Johan. l. sagt. E r hatt yhn geben / das sie mugen
kynder gottis werden alle die ynn seynem namen glauben.
Hierauß leychtlich zu mercken ist / warumb der glaub ßo vill vormag / vnd
das keyne gurte werd yhm gleych seyn mugen / Den keyn gut werd /
hanget an dem göttlichen wort / wie der glaub / kan auch nit yn der seelen 35
seyn / sondern alleyn das wort vnd glaube regiren / yn der seelen / Wie dz
wort ist / ßo witt auch die freie vö yhm / gleych / als das eyssen witt
gluttrodt wie das fewr auß der voreynigung mit dem fewr. Alßo sehen
wir / das an dem glaubenn eyn Christen mensch gnug hatt / darff keynis
werds / das er frum sey / darff er den keynis werds mehr / ßo ist er ge- 4»

22 befehlen befiehlt 31 Jo. 1, 12 37 zu diesem bilde vgL


oben I 440, z. 29 39 bedarf
Von der Freiheit eines Christen menschen. 1520.
15

mißlich empnnden von allen 1 gepotten vnd gesehen / ist er empüden / so ist 25w
er gewißlich frey / Das ist die Christlich freiheit / der eynige glaub / der
dv macht / tut das w ir müßsig gähn ober übell thun mugen / sondern das
w ir keynis wercks bedurffen zur frumkeyt vnd seligkevr zu erlangen / davon
5 w ir mehr hernach sagen wollen.
% Czü eylfften / Weytter ists m it dem glauben alßo gethan / das / 182 e
wilcher dem andern glaubt / der glaubt / yhm 1 bannn6. das er yhn für
eynen frumen warhafftigen man achtet / wilchs die größte ehre ist / die ein
mensch dem andern thun kan / als widderumb die größte schwach ist / ßo
10 er yhn für eynen loßen lugen hälftigen leychtfertigen man achtet. Alßo auch
wenn die seele gottis wort festiglich glaubt / ßo helt sie yhn für war-
hafftig / frum vft gerecht / da mit sie yhm thut die aller größsiste ehre / die
sie yhm thun kann / denn da gibt sie yhm recht / da lessit sie yhm recht /
da ehret sie seynen namen / vnd lessit mit yhr handeln wie er w ill / denn
15 sie zweyffelt nit er sey frum / warhafftig ynn allen seynen Worten.
Widderumb kan man gott keyn grössere vnehre auffthun / den yhm nit
glauben / damit die seel yhn für eynen vntuchtigen lugenhafftigen leycht-
fertigen helt / vft ßouil an yhr ist / yhn vor leugnet m it solchem vnglauben /
vnd ein abgott yhres eygens synn / ym herhen widder gott auffricht / alß
*0 wolt sie es besser wiffenn den er. Wenn denn gott sitzet / das yhm die
seel / warheit gibt vnd alßo ehret durch yhren glauben / ßo ehret er sie
widderumb / vnd helt sie auch für frum vnd warhafftig / vnd sie ist auch
frum vnd warhafftig durch solchen glauben / denn das man gott die war-
heyt oft frumkeit gebe / das ist recht vnd warheit / vnnd macht recht vnd
*5 warhafftig. Die weyll es war ist vnd recht / das gotte die warheit geben
werd. Wilchs die nit thun / die n it glauben / vnd doch sich m it vielen
gutten wercken / treyben vnd mühen.
1s Czum zwölfften / N it allein gibt der glaub ßouil / das die seel /
dem göttlichen wort gleych w irt aller gnaden voll / frey / vss selig / sondern»
30 voreynigt auch die seele m it Christo / als eyne brawt m it yhrem breudgam.

Anß wilcher ehe folget / wie S . Paulus sagt / das Christus vn die seel /
eyn leyb werden / ßo werden auch beyder gutter / fall / vnfall vnd alle ding
gemeyn / das was Christus hatt / das ist evgen / der gläubigen seele / was
die seele hatt / w irt eygen Christi. E o hatt Christus alle gütter vnd
35 seligkeit / die 1 seyn der freien eygen. S o hatt die frei alle vntugent vnd 183 b
fund jauff T)f)ilk\t werden Christi eygen. Hie hebt sich nu der frölich
wechßel vnd streytt / Die weyl Christus ist gott vnd mensch / wilcher noch
nie Igesündigt hatt / vnd front frumkeyt vnubirwindlich / ewig / vnd al-
mechtig ist / ßo er denn der gläubigen freien fund / durch yhren braudtring /
40 das ist / y glaub / ym selbs eygen macht vnd nit anders thut / den als

6 steht es 9 w ie es andrerseits 21 Wahrhaftigkeit 31 Eph. 5,


30 32 glück, unglück
iö Ein Sendbrief an den Papst Leo X .

*6 W httt er sie gethä / ßo muffen die fund ynn yhm vor'schlunden vfi erseufft
«erden / Denn sein vnübinvindlich gerechtigkeyt / ist allen« funden -u-
starck / also mirs die freie ob allen yhren funden / lauterlich durch yhre
malschatzts / das ist des glaubens halben / ledig vnd frey / vnd begabt /
mit der ewigen gerechtickeit yhrs breudgamß Christi. Ist nu das nit ein $
fr-liche wirtschasst / da der reyche / edle / stummer breüdgam Christus / das
arm vorachte bbßes hürlein zur ehe nympt / vnd sie entledigt von allem
übell / zieret mit allen gutem. S o ists nit muglich / das die fund sie vor-
dümpne / den sie ligen nu auff Christo / vfi sein ynn yhm vorschlunden / so
hat sie ßo ein reyche gerechtickeyt ynn yhrem breütgam / das sie abermals / «>
wider alle fund bestahn mag / ob sie schon auff yhr lege. Davon sagt
Paulus . 1. Cor. 15. Gott sey lob vnd danck der vns hatt gegeben ein
solch übirwindung ynn Christo Jhesu / ynn wilcher vorschlunden ist / der
todt mit der fund.
I - Czü dreytzehenden / Hie flchstu aber / auß «ilchem gründ dem *s
glauben ßouil billich zugeschrieben witt / das er alle -epott erfüllet / vnd
on alle andere werck front macht. Denn du sitzest hie / das er das erste
gepott erfüllet alleine da gepotten witt / Du sott eynen gott ehren. Wenn
du nu eytell gutt werck «erist / biß auff die versenn / ßo weristu dennoch
nit stum vnd gebist gott noch keyn ehre / vnd alßo erfullistu das aller erst *>
gepott nicht. Denn gott mag nicht geehret werden / yhm werd dan / war-
heyt vnd allis gut zu geschrieben / wie er denn «arlich ist / D as thun
aber keyn gutte werck / sondern allein der glaube des hertzen.
,8< e i Darumb ist er allein / die gerechtickeit des menschen vnd aller gepott er*
fullung. Den wer das erste haubt gepott erfüllet / der erfüllet gewißlich *5
vnd leychtlich auch alle ander gepott. Die werck aber seyn todte ding /
künden nit ehren noch loben gott / wie wol sie mugen geschehen / vnd lassen
sich thun gott zu ehren vff lob / aber wir suche hie den / V nit gethan
witt / als die werck / sondern den selbthetter vnd werckmeyster / der gott
ehret / vnd die werck thut. D as ist niemät dan der glaub des hertzen / 30
der ist das haubt vnd gantzis weßens der frumkeyt / darumb es eyn
fettich finster rede ist / Wenn man Irret / die gottis gepott mit wercken
zu erfüllen / ßo die erfüllung für allen wercken / durch den glauben muß
geschehen seyn / vnd die werck folgen nach der erfullung / wie wir h-renn
werben«. 35
T Czum viertzehenden / Weytter zu sehen / was wir yn Christo
habe« / vnd wie groß gutt sey / ein rechter glaube. Is t hu wiffenn / das
für vnd ynn dem altenn testament / gott yhm außtzog vnd sürbehilt alle
erste menliche geputt / von menschen vn von thierren / Vnd die erste geputt
i verschlungen 3 nur 4 pfand bei der Verlobung und Ver­
mählung 6 hausstand 12 1. Ko. 157-57 15 abermals 19 fersen
31 «eßen ? 32 gefährliche ist. A 38 vor Ex. 13, 2 sich
ausnahm
Von der Freiheit eines Christenmenschen. 1520. 17

war köstlich vnd hatt tzwey grosse forteyll für allen andern kindernn / nem-
lich die hirschafft vnd 1 priesterschafft odder künigreych vnd priesterthum /
alßo das auff erden / das erste geporn kneblin / was eyn hen vbir alle
seyne brüder vnd ein pfaff odder Babst für gott Durch wilche figur be-
5 deutt ist Ihesus Christus / der eygentlich / die selb erste menlich gepurt ist
gottis vatters / von der Junpfrawen Marie. Darumb ist er ein künig vff
priester / doch geystlich. denn seyn reych ist nit yrdnisch noch yn yrdenischen /
sondern yn geystlichen guttem / als da seyn / warheyt / weyßheyt / frtb /
fteud / seligkeyt rc. Damit aber nit außgetzogen ist zeytlich gutt / denn es
*° ist yhm alle ding vnterworffen / ynn hymell / erdenn vnd Helle / wie wol
man yhn nit sicht / das macht / das er geystlich / vnsichtlich regirt.
Alßo auch seyn priesterthum steht nit ynn den eußerlichenn geperdenn /
vnd kleydern / wie wir bey den menschen sehen / ßondernn es steht ym
geyst vnsichtlich / alßo / 1 M tr für gottis äugen on vnterlaß / für die seynen -»s e
*5 steht vnd sich selb opffert vnd allis thut / was eyn frum Priester thun soll.
E r bittet für vns / Wie S . Paul. Ro. 8 . sagt. S o leret er vns ynn-
wendig ym hertzen / wilchs sein tzwey eygentliche recht ampt eyniß Priesters
Denn alßo bitten vnd leren auch eußerlich menschlich tzeytlich priester.
H Czum funffhehenden / Wie nu Christus die erste gepurtt hatt /
*> mit yhrer ehre vnd wirdickeit / alßo / teyllet er sie mit allenn seynen Christen /
das sie durch denglauben / muffen auch alle künige vnd priester seyn / mit
Christo / Wie S . Petrus sagt . 1. Pet. 2. Ih r seyt ein priesterlich künig­
reych / vü ein königlich priestetthü. Vnd das geht also zu / das ein Christen
mensch durch den glauben ßo hoch erhaben roirt vbir alle ding / das er
»5 aller eyn hen wirt geystlich / denn es kan yhm kein ding nit schaden zur
seligkeit. J a es muß yhm alles vnterthan seyn vnd helffen zur seligkeit /
Wie S . Paulus teut Ro. 8. Alle ding müssen Helffenn den außerwelten /
Su yhrem besten / es sey leben / sterben / fund / frumkeit gut vtt bößes / wie
man es nennen kan. Item .1. Cor. 3 . Alle ding seynd ewr / es sey das
30 leben oder d' todt / kegenwertig oder zukünfftig rc. N it das wir aller ding
leyplich mechtig seyn / sie zu besitzen oder zu brauchen / wie die menschen
auff erden / denn wir müssen sterben leyplich vnd mag niemant dem todt
entfliehen / ßo müssen wir auch viel andern dingen vnterligen / wie wir yn
Christo vtt seynen Heyligen sehen / Denn diß ist ein geystliche hirschafft /
35 die do regiert / yn der leyplichen vnterdruckung / das ist / ich kann mich on
allen dingen bessern nach der seelen / das auch der to d t 1 vnd leyden/ müssen «sw
mir dienen vnd nützlich seyn zur seligkeyt / das ist gar ein hohe ehrliche
wirdickeit vnd eyn recht almechtige hirschafft / ein geystliche künigreych / da
keyn ding ist ßo gut / ßo böße / es muß mir dienen zu gut / ßo ich glaube /
40 vff darff seyn doch nit / sondern meyn glaub ist mir gnngsam.
Sihe 1 wie ist das ein köstlich freyheyt vnd gemalt der Christen. i«6 E
7 ydernischen A 9 ausgenommen 16 Rö. 8, 34 22 I. Pt.
2. 9 27 RÖ. 8, 28 29 i. Ko. 3, 21 f. 38 geystlich? 40 bedarf
i8 Ein Sendbrief an den Papst Leo X.

% Czum sechtzehenden / D bir das seyn mir Priester / das ist noch vil
mehr / denn künig sein / danrmb / das das priesterthum vns wirdig macht
für gott -u ttetten vnd für andere zu bitten / D enn für gottis äugen zu
stehn vnd bitten / gepütt niemat denn den Priestern. Alßo hatt vns Christi
erworben / das mir mügen geystlich / für ein ander ttetten vü bitten / wie 5
ein Priester für das volck leyplich tritt vnd bittet. W er aber nit glaubt
yn Christü dem dienet keyn ding zu gut / ist ein knecht aller ding / muß
sich aller ding ergern. Datzu ist sein gepett nit angenehm / kumpt auch nit
für gottis äugen / W er mag nu außdencken / die ehre vnd h-he eyniß
Christen menschen? durch seyn künigreych ist er aller ding mechtig / durch xo
sein priesterthü ist er gottis mechtig / denn gott thut w as er bittet vnd
roil / wie do stet geschrieben im Psalter. G o tt thut den willen der / die
yhn furchten / vnd erhöret / yhr gepett / zu milchen ehren er nur allein durch
den glauben vnd durch keyn merck kumpt. D arauß ma clar sthet / wie eyn
Christen mensch frey ist von allen dingen vnd vbir alle ding / alßo das er xz
keyner gutter werck / datzu bedarff / das er frum vnd seligk sev / sondern
der glaub bringts ym alles ober flußsig. Vnd wo er ßo töricht were vnd
meyner / durch ein gutt werck / frum / frey / selig odder Christen werden /
ßo vorlür er den glauben m it allen dingen / Gleych als / b’ Hund / der ein
stuck fleysch ym mund trug vnd nach dem schemen ym waffer schnapt / damit / 20
flevsch vnd schem vorlör.
U Czum siebentzenden fragistu / W as ist den für ein vnterscheydt /
zwischen den Priestern vnd leyen ynn der Christenbeyt / ßo ste alle Priester
seyn? Antwort / E s ist dem wortlin Priester / pfass / geystlich vnd des
glevchen vnrecht geschehen / das ste von dem gemevnen Haussen seyn ge- *5
tzogen / auff den kleynen Haussen den man itzt nennet geystlichen stand.
D ie hevlige schrifft / gibt keynen andern vnterscheyd / denn das sie / die ge-
187 e lereren 1 odder geweyhete / nenet ministros / seruos / oeconomos / das ist /
diener / knecht / schaffner / die do sollen / den andern / Christü / glauben /
vnd Christliche freyheit predigen / D enn ob mir wol alle gleych Priester 30
senu / ßo künden mir doch nit alle dienen odder schassen vnd predigen.
Alßo sagt S . Paulus .1. Cor. 4 . W ir wollen nichts mehr von den leuthen
gehalten seyn / denn Christ" diener / vnd schaffner des Euangelij. Aber nu
29w ist auß der schessnerey worden eyn solch weltlich / eußer'liche / prechtige /
forchrsam hirschafft vnd gemalt / das yhr die recht weltlich macht / ynn 35
keynen weg mag gleychen / gerad als weren die leyen etwas anders demi
Christenleuth / damit hyngenummen ist der gantz vorstand Christlicher gnad /
freyheit / glaubens / vnd allis w as w ir von Christo haben / vnd Christ"
selbs / haben dafür vbirkümen / viel menschen gesetz vnd werck / seyn gantz
knecht wordenn / der aller vntüchtigsten leuth auff erden. 4»

i darüber hinaus, ausserdem 12 Ps. 145, 19 19 zu dieser


fabel vgl. W A 50, 442, 23 ff. 20 Spiegelbild 32 1. Ko. 4, 1 35 furchtbar
Von der Freiheit eines Christenmenschen. 1520. 19

1 Czum achttzehenden / Auß dem allen lernen wir / das es nit gnug
sey gepredigt / Wen man Christus leben vnd werck oben hynn vnd nur als
ein histori vnd Cronicken geschicht predigt / schweyg denn / ßo man seyn
gar schweygt / vnd daS geystlich recht oder ander menschen gesetz vfl lere
5 predigt. E r ist auch vill / die Christ» alßo predigen / vnd letzen / das sie
ein mit leyden vbir yhn habenn / mit den Juden zürnn odder sonst mehr
kyndisch weyß / drynnen vben. Aber er loll vnd muß alßo predigt sein /
dz mir vfl dir / der glaub drauß erwachß »fl erhalten werd. Wilcher glaub
da durch erwechst vnd erhalten wirt. Wen mir gesagt wirt. Warumb
*o Christus kümen sey / wie man sein brauchen vnd nießen soll / was er mir
bracht vnd geben hat / das geschicht / wo man recht außlegt / die Christlich
freyheit / die wir von yhm haben / vnd wie wir künig vnd Priester seyn /
aller ding mechtig. Vnd allis was wir th u n /d as sirr gottis äugen an­
genehm / vnd erhöret sey / wie ich biß her gesagt hab. D an wo ein hertz
*5 alßo Christü höret / das muß frölich werden von gantzem gründ / tröst
empfahen / vn 1 süß werden gegen Christo / yhn widderumb lieb zuhaben. 188 e
Dahyn es nymmer mehr mit gesetzt odder werck kummen mag / Denn wer
wil eynem solchen hertzen schaden thun / oder erschrecken»? fett die fund
vnd der todt daher / ßo glaubt es Christ" frumkeit sey sein / vnd sein fund
so sein nymmer sein / sondern Christi / ßo muß die fund vorschwinden / für
Christus frumkeit / ynn dem glauben./ wie droben gesagt ist / vnd lernet /
mit dem Apostell dem todt vnd funb trotz bieten / »fl sagen. Wo ist nu
du todt deyn stg? W o ist nu todt dein spieß? deyn spieß / ist die sund.
Aber gott sey lob vnd danck / der vns hatt geben den fleg / durch Jhesum
*5 Christü vnsern Herrn. Vnd der todt ist erseufft ynn seynem sieg rc.
% Czum neuntzehenden / D as sey nu gnug gesagt / von dem ynner-
lichen menschen / von seyner freyheit / vnd der heubt gerechtickeit / milch
keynis gesetzs noch gutten wercks bedarff / ya yhr schedlich ist / so yemant
da durch » o lt rechfertig zu werde sich vvrmeffenn. N u kummen wir auffs
30 ander teyll / auff den eußerlichen menschen Hie wollen wir antworten allen
denen / die sich ergern auß den vorigen reden »fl pflegen zusprechen Ey so
denn der glaub 1 alle ding ist vnd gilt allein gnugsam frum zumachen. 30W
Warüb sein denn die gutten werck gepotten? so wollen wir gutter ding
sein / vnd nichts thun. Neyn lieber mensch nicht also. E s wer wol /
35 also / wen du allein ein ynnerlich mensch werist / vnd gantz geystlich vnd
ynnerlich worden / wilchs nit geschicht biß am Jüngsten tag. E s ist vfl
bleybt auff erdk nur ein anheben vfl zunehmen / wilchs rotrt in yhener
welt volnbracht. Daher heyffets der Apostell primitias spirit" / das sein
die ersten frücht des geysts / drumb gehört hie her / das droben gesagt ist.
40 Ein Christe mensch / ist ein dienstpar knecht / oft ydermä vnterthan / gleych /
2 oberflächlich Z geschweige 5 Ihrer 6 vgl. oben I, 154,
*• Zo. 155, - 14 22 1. Ko. 15, 55 ff. 29 rechfertig vgl. leych-
fertig I 225, z. 12 u. 0. 38 Rö. 8, 23 40 d. i.
20 E in Sendbrief an den Papst Leo X .

wo er frey ist I darff er nichts thun / wo er knecht ist / muß er allerley


thun. Wie dz -ugahe wollen wir sehe.
189 e Czum zwentzigsten / Ob wol der mensch ynwendig 1 nach der freien /
durch den glauben gnugsam rechtfertig ist / vnd alles hatt was er haben
soll / on das der selb glaub vtt gnugde / muß ymer zunehmen / biß ynn s
yhenes leben. S o bleybt er doch noch ynn dißem leyplichen lebenn auff
erdenn / vnd muß seynen eygen leyp regiern vnd mit leuthen vmbgahen.
D a heben sich tut die werck an / hie muß er nit müßffg gehn / da muß
fürwar der leyb mit fasten / wachen / erbeytten vnd mit aller messiger Zucht
getrieben / vtt geübt sein / das er dem ynnerlichen menschen vtt dem glauben «>
gehorsam vnd gleychformig werde / nit hyndere noch widderstreb / wie sein
a rt ist / wo er nit getzwungen wirt / den der ynnerliche mensch ist mit gott
eyniß / frblich vnd lustig / vmb Christus willen / der vhm ßouil than hat /
vtt stett alle seyn lußt darynn / das er widderumb möcht gott auch vmb-
sonst dienen ynn freyer lieb / ßo stobt er ynn seynem fleysch eynen wider- *5
spenstigen willen / der wil der weit dienen vtt suchen was yhn lüstet
D as mag der glaub nit leyden / vnd legt sich mit lußt / an seynen halß
yhn zu dempfen vtt weren. Wie S. Panel sagt Ro. 7 . Ich hab ein lust /
yn gottis willen nach meynem ynnern menschen / ßo find ich eynen andern»
willen ynn meynem fleysch / der wil mich mit funden gefange nehmen. 20
Item ich züchtige meynen leyp vtt tteib yhn zu gehorsam / auff das ich nit
selbs vorwerfflich werde / der die andern leren soll. Item Gal. 5. Alle
die Christo angehören / creutzigen yhr fleysch mit seynen b-ßen lüsten.
1f Czü eyn vnd zwentzigsten / Aber die seihen werck / müssen nit ge­
schehn ynn der meynung / das da durch der mensch frum werd für gott / *5
den die falsch meynung kan der glaub nit leyde / der alleyn ist vtt sein muß
die frumkeyt für gott / sondern nur yn der meynung / das der leyp ge­
horsam werde / vnd gerevnigt von seynen bösen lüsten / vtt dz aug nur sehe /
auff die bösen, lüsten / sie auß zu treyben / Den die weyl die seel durch den
3* w glauben 1 reyn ist / vtt gott liebet / wolt sie gern das auch also alle ding 3°
reyn weren zuuor yhr eygen leyp / vnd ydennan gott / mit yhr liebt vnd
iyo E lobt / S o ge'schichts / das b1 mensch seyns eygen leybs halben nit kan
müßsig gehen / vtt muß vil gutter werck drober vben / das er yhn zwinge /
vnd doch die werck nit das rechte gutt seyn / dauon er frum vnd gerecht
seo für gott / ßondem thue sie auß freier lieb vmbsonst / got zu gefallen / 35
nichts darynn anders gesucht noch angesehen / denn das es gott also ge­
sellet / wilchs willen er gerne thet auffs allerbeste. Darauß denn ein yg-
licher kan selbs nehmen die maß vnd bescheydenheit den leyp zu Casteyen /
Denn / er fastet / wachet / erbeyt / ßouiell er sicht dem leyp nott seyn /
seynen muttwillen zu dempffen. D ie andern aber / die do meynen mit 40

i braucht er nichts zu tun 5 genüge 16 gelüstet 18 Rö.


7, 22 f. 2i 1. Ko. 9, 27 22 Ga. 5, 24 38 verstand
Von der Freiheit eines Christenmenschen. 1520. 21

wercken frutn zu werden / haben keyn acht auff die casteyung / sondern sehen
n u r auff die werck / vnd meynen / wen sie der selben n u r v ie l vnd groß
thu n / ßo sey es w o l than vnd sie fru m w ürden / zu w eyllen zu brechen
die köpff vnd vorterben yhr leybe drüber / das ist ein große torheyt / vft
5 vnuorstand Christlichs lebens vnd glaubens / das sie on glauben / durch
werck frum vnd selig werden w ollen.
1 Czum zwey vnd -w e n ig s te n / D a s w t r des etlich gleychmß geben.
S o ll man die werck eynis Christen menschen der durch seynen glaube / oft
auß laurern gnaden g o ttis / vmbsonst ist rechtfettig vnd selig worden / n it
10 anders achten / den w ie die werck Adam vnd Eue ym paradiß geweßen
weren / D auo n G en. 2. stett geschrieben. D a s g o tt den geschaffenen
menschen / setzt ynß paradiß / das er dasselb erbeytten vnd fjiittr n solt.
N u w a r Adam von g o tt frum vnd w o l geschaffen / on fund / das er durch
seyn erbeytten vnd Hutten n it d u rfft fru m oft rechtfettig werden / doch
15 das er n it müssig gieng / gab yhm g o tt zu schaffen / das paradeys zu
pflantzen / bawen vnd bewarenn. W ilc h s weren eytell frey werck geweßen /
vmb keynß dings w ille n gethan / denn allem g o tt zu gefallen / vnd n it vm b
frumkeyt zu erlangen / die er zuuor h e tt / w ilch vns auch allen na türlich
were angeborn geweßenn. A lßo auch eynis gläubigen menschen werck /
-0 w ilcher durch seynen glauben ist widderum b ynß paradiß gesetzt / 1 vnd von 191 e
newen geschaffen / darff keyner werck fru m zu werden / sondern das er n it
müssig gahe vnd seynen leyb erbeytt vnd beware / seyn yhm solche freye
werck zu thu n alleyn g o tt zu gefallenst befolhen.
Ite m gleych wie eyn geweyheter Bischofs / wen der kirchen w e y h e t/
25 ferm elt od' sonst seynis ampts werck vbet / ßo machen yhn die selben werck
n it zu eynem bischoff / J a wenn er n it zuuor ein Bischofs geweyhet were /
ßo tüchte der selben werck keyniß vnd were eytell narrst werck. A lß o
eyn Christen / der durch den glauben geweyhet / gutte werck th u t / w ir t
durch die selben n i t 1 besser oder mehr geweyhet (w ilch n it denn des glauben 32 w
30 Mehrung th u t) zu eynem Christen / J a wenn er n it zuuor glaubet oft
Christen were / ßo gölten alle seyne werck nichts / sondern weren / eytell
nerrisch / strefslich vordamplich fund.
1 Czü drey vnd zwentzigsten / D ru m b seyn die zween sprüch w ar.
G u tte fru m werck machen nym mer mehr ein guten frum en man / sondern
35 eyn g u tt frum man / macht gutte frum werck Böße werck machen nym mer
mehr eynen bbßen man / sondern ein b-ßer man macht böße werck ' alßo /
das allw eg / die Person zuuor muß g u t oft frum sein vor allen gutren
wercken / oft gutte werck folgen vnd außgahn / von der frum en gutten
Person.
40 Gleych w ie C hristus sagt. E m bößer bawm tre g t keyn gutte frucht. E in
g u tte r bawm tre g t keynn boße frucht. Nu ists offenbar / das die frucht

ii Gen. 2, 15 14 n ic h t erst brauchte 21 bedarf 24 wey


heyt A 27 taugte 40 M t. 7, 18
22 Ein Sendbrief an den Papst Leo X .

tragen nit den bawm / -o wachßen auch die bamm nit auff den fruchten /
sondern widerumb / die bawm tragen die frucht / vnd die frucht wachßen
auff den bawmen. W ie nu die bawm muffen ehe seyn / den die frucht /
vtt die frucht machen nit die bawm wid’ gutte noch böse / sondern die
bawm machen die früchte. Alßo muß der mensch ynn der Person zuuor s
fntm oder böße seyn / ehe er gutte oder btße werck thut / Vnd seyne werck
machen yhn nit gutt odder btße / sondern er macht gutt odder btße werck.
19* e D e- gleychen sehen wir ynn allen Hand wercken. Ein 1 gutt oder böße
hauß macht keynen gutten oder b-ßen zymmerman / sondern ein gutter
oder bester tzymmerma / macht ein böß oder gutt hauß / keyn werck macht Xo
eynenn meyster / damach das werck ist / sondem wie d’ meyster ist / damach
ist sein werck auch. Alßo seyn die werck des menschen auch / wie es mit
yhm (lest ym glauben ob’ vnglauben / damach feint seyne werck gutt oder
b-ße. Vnd nit widerüb / wie seyne werck stehn damach sey er frum odder
gläubig / die werck / gleych wie sie nit gläubig machen / ßo machen fit auch 15
nit frum.
Aber der glaub gleych wie er frum macht / ßo macht er auch gutte werck.
S o dan die werck niemant frum machen / vnd der mensch zuuor muß frum
sein / ehe er rottest / so ists offenbar / das allein der glaub auß lauttem
gnaden / durch Christü vnd seyn wort / die Person gnugsam frum vnd selig 20
machet. Vnd das keyn werck / keyn gepott / eynem Christen nott sey zur
seligkeit / sondem er frey ist von allen gepotten / vtt auß lauterer frevheit /
vmbsonst thut / alls was er thut / nichts damit gesucht seyneß nutzs oder
selickeyt / Denn er schon satt vnd selig ist / durch seynenn glaubenn / vnd
gottiö gnaden / sondernn nur gvtt darynnen gefallen. 25
1 Czum .xxiiij. Widderumb dem / der on glauben ist / ist kein gutt
werck furderlich zur frumkeyt vnd seligkeit / Widdemmb keyn boße werck
33w yhn boße 1 vnd vordampt machen / sondern der vnglaub / der die Person vnd
den bawm böß macht der thutt boße vnd vordampte werck. Dammb wen
man frum odder boße wirt / hebet flchs nit an den wercken an / sondem 30
an dem glauben / Wie der Weyße man sagt. Anfang aller fund / ist von
gotte weychen vnd yhm nit trawen. Also leret auch Christ" wie man nit an
den wercken muß anheben vü sagt. Entweder macht den bawm gutt vnd
seyne fruchte gutt / oder macht den bawm böse / vnd seyne früchte b-ße /
193 e als sott er sagen / wer gutte frucht * habm wil / muß zuuor an dem bawm 35
anheben / vnd den selben gutt sehen. Alßo wer do wil gutte werck th un/
muß nit an den wercken anheben / sondem an der Person / die die werck
thun soll. D ie person aber macht niemant gut / denn allein der glaub /
vnd niemand macht sie boße denn allein der vnglaub. D as ist wol war /
die werck machen eynen frum odder boße für den mmschm / das ist / sie ^
zeygen eußerlich an / « e r frum ob’ böse sey. W ie Christus sagt. M att. 7 .
31 Si. 10, 14 s. 33 Mt. io. 33 37 an haben a 41 Mt.
7. 20
V on der Freiheit eines Christenmenscben. 1520.
23

Auß yhren früchten sollet vhr sie erkennen. Aber das ist alles / ym scheyn
vnd eußerlich. Wilchs ansehen« yrre macht viel leuth / die do schreyben
vnd leren / wie man gutte werck thun soll vnd frum werdenn. ßo sie doch /
des glaubens nymmer gedenckenn / gähn dahynn / vnd füret ymmer ein
5 blind den andern / martern sich m it vielen wercken vnd kämen doch nymmer
zu der rechten frumkeit / von milchen Sanct Panel sagt.2. Timo. 3. Sie
haben eynen scheyn der frumkeyt / aber der gründ ist nit da / gehn hynn
vnd lernen ymer vtt ymmer vnd kummen doch nymmer zur erkentniß der
waren frumkeit.
io Wer nu mit den selben blinden nit w il yrren / muß weytter sehen / den
ynn die werck / gepolt / odder lere der werck. E r muß ynn die person
sehen für allen dingen / m t die frum werd. Die w irt aber nit durch
gepott vnd werck / sondern« durch gottis wort (das ist / durch seyne vor-
heyschung der gnadenn) vnd den glaubenn / frum vnd selig / auff das be­
iz stehe seyn göttliche ehre / das er vns n it durch vnser werck / sondern durch
seyn gnedigs wort vmbsonst vnd lauter barmhertzickeit selig mache.
1f C-ü .xxv. Auß dißem allen ist leychtlich zuuorstehen / wie gutte
werck zu vorwerffen vtt nit zuuorwerffen seyn. Vnd wie man alle lere
vorstahn soll / die do gutte werck leren / dann wo der falsch anhang / vü
20 die vorkerete meynüg dryn ist / das durch die werck / w ir frum vnd selig
werden 1wollen / seyn sie schon nit gutt / vnd garrtz vordamlich / den sie seyn i94 e
n it frey / vnd schmehen die gnad gottis / die allein durch den glauben
frum vnd seligk macht / wilchs die werck nit vormügen / vn nehme es yhn
doch für zu thun / vnd damit der gnaden / ynn yhr werck vnd ehre greyffenn.
as Drumb vorwerffen w ir die gutte 1werck / nit vmb yhren willen / ßondernn / 34 w
vmb des selben boßen zusahs vnd falscher vorkerter meynung willen. Milche
macht / das sie nur gutt scheynen / vnd seyn doch nit gutt / bekriegen sich
vnd yderman damit / gleych wie die reyssend wolff / ynn schaffs kleydernn.
Aber der selb boße zusatz vnd vorkerete meynung / ynn den werckenn /
30 ist vnübirwindlich / wo der glaub nit ist. E r muß sein / ynn dem selben
wirckheyligenn / biß der glaub kum vnd vorstöre yhn / die natur vormag
yhn / von yhr selb nit auß tteybenn. Ja auch nit erkennen / sondern» sie
hell yhn für eyn köstlich / selig dingk / drumb werden yhr auch ßo viel da
durch vorfuret.
35 Verhalten / obs woll gutt ist / von rewen / beychten / / gnugthun / schreyben
vnd predigen« / ßo man aber nit weytter feret biß zum glauben / sein es
gewißlich / eitel teuffelische / vorfurische lere. M ä muß n it eynerley allein
pbigen / sondern alle beyde wort gottis / D ie gepot / sol mä predigen / die
sunder zurschrecken v - yhr fund zu offenbarn« / das sie rewe haben vnd
40 sich bekeren. Ader da soll es nit bleyben / mä muß / das ander wort / Die
-usagüg der gnaden auch predigen / den glauben zu leren / on wilchenn
6 2. Ti. Z, 5 ff. 19 klausel 29 vor kerete A 39 zur schrecken A
40 W . A . korr.; Aber
die gepott rew vnd allis ander vorgeben- geschicht. Es sein wol noch
blieben Prediger / die rew der fund vü gnad pdigen / aber fle streychen die
gepott vnd zusagung gottis nit auß / das mä lere / wo her vnd wie die
rew / vnd gnad kumme. Denn die rew / fleust auß dm gepotten / der
glaub / auß den zusagung gottis / vnd alßo Wirt d' mensch / durch den 5
glauben gotlicher wort gerechtfertiget vnd erhaben / der durch die furcht
gottis gepottis gedemütiget / vnd ynn seyn erkentniß summen ist.
195 b 1 1 Czum .xrvi. Das sey von den wercken gesagt ynn gemeyn vnd
die ein Christen mensch gegen seynem eygen leybe üben soL Nu wollm
wir von mehr wercken sagen / die er gegen andere menschen thut. Dmn »
der mensch lebt nit allein / ynn seynem leybe / sondern auch vnter andernn
menschen «uff erden«. Darumb kan er nit on werck sein gegen die selbmn /
er muß yhe mit yhn zu reden vnd zu schaffen haben« / wie wol yhm der
selben werck keyns nodt ist zur ftumkeit vnd seligkeyt. Drumb soll seyne
meynung ynn allen wercken« frey vnd nur dahynn gericht seyn / das er 13
andern leutten damit diene vnd nütz sey. Nichts anders yhm fürbilde /
dmn was den andern nott ist / das heyssit denn ein warhafftig Christen
leben / vnd da geht der glaub mit lust vnd lieb ynß werck / als S. Paulus
Irret die Galatas.
35W Dmn zu den Phi'lippen / do er sie geleret hatte / wie sie alle gnad vnd 10
gnugde hettenn durch yhren glauben yn Christo / leret er ste weytter vnd
sagt. Ich vorman euch allis ttosts / den yhr ynn Christo habt / vnd allis
ttosts / den yhr habt von vnßer liebe zu euch / vsi aller gemeinschafft / die
yhr habt mit allen geystlichen ftumen Christen / yhr wolt meyn her- er-
frewen volk-mlich / oft das damit / das yhr hynfurt / wollet eyniß synnes »5
seyn / eyner gegen dem andern lieb ertzeygen / eyner dem andern dienen /
vnd ein yglicher acht habm / nit auff sich noch «uff das seyne / sondern
«uff den andern / vnd was dem selbm nott sey. Sihe da hat Paul* flrr»
lief) / ein Christenlich leben dahynn gestellet / das alle werck sollen gericht
seyn / dem nehsten zu gutt / Die weyl ein yglicher für sich selb gnug hatt 3»
an seynen glauben / vN alle andere werck vsi leben yhm vbrig seyn/seynem
nehste damit auß freyer lieb zu dienen / Darhu füret er ein / Christ« zu
eynem exempell vnd sagt. Seyt also gesynnet / wie yrs seht yn Christo.
Wilcher ob er wol voll göttlicher form wäre vnd für sich selb gnug hatte /
vnd yhm sein lebm / wircken vnd leydenn nicht nott wäre / das er da mit 35
srum odder seligk würd. Dennoch hatt er sich deS alles geeußett / vnd
geperdet wie ein knecht / allerley gethan vnd gelidenn / nichts angesehm /
196B denn vnßer 1beßtis / Dft alßo ob er wol frey wäre / doch vmb vnßer willenn
ein knecht worden«.
f Czum .xxvij. Alßo soll ein Christen mensch / wie Christus seyn 40
heubt / voll vnd satt / yhm auch benugen lassen an seynem glauben« / den
2 betonen nicht 7 zur Selbsterkenntnis 16 sich vorstelle
19 Ga. 5. 6 21 genüge 22 P h i. 2, 1 ff. 33 ▼. 5 ff.
Von der Freiheit eines Christenmenschen. 1520.
25
selben ymer mehrenn / wilcher seyn leben / frumkeit vnd seligkeyt ist / der
yhm gibt allis was Christ' vnd gott hat / wie droben gesagt ist. Dnd
E . Paul Gal. l. spricht / W as ich noch ynn dem corper lebe / das lebe
ich ynn dem glauben Christi gottis söhn. Dnd ob er nu gantz frey ist /
5 sich widdernb williglich eyne diener machen seynem nehsten -u Helffenn /
mit yhm faren / vnd handeln / wie gott mit yhm durch Christ» handlet
hatt / vnd das allis vmbsonst / nichts darynnen suchen« denn göttliches
wolgefallenn / vnd alßo denckenn. Wolan meyn gott hatt mir vnwirdigen
vordampten menschen / on alle vordienst / lauterlich vmbsonst vü auß eytel
10 barmhertzickeit geben / durch vnd ynn Christo / vollen reychtumb aller frum­
keit vnd selickeit / das ich hynfurt / nichts mehr bedarff / denn glauben eS
sey also. Ey so will ich solchem vatter der mich mit seynen vberschweng-
lichen guttern alßo vbirschuttet hatt / widerumb / frey / frblich vnd vmb­
sonst thun was yhm wolgefellet / Dnnd gegen meynem nehsten auch werden
*5 ein Christen / wie Christus mir worden ist / vnd nichts 1 mehr thun / denn 36W
was ich nur sehe / yhm nott / nützlich vnd seliglich sey / die weyl ich doch /
durch meynenn glauben / allis dings yn Christo gnug habe. S ih also
flevffet auß dem glauben die lieb vfl tust zu gott / vnd auß der lieb / ein
frey / willig / frolich leben dem nehsten zu diene vmbsonst. Denn zu gleych
*> wie vnser nehst nott leydet / vnd vnßers vbrigenn bedarff / alßo haben wir
für gott nott geliden vnd seyner gnaden bedurfft. Darumb wie vns gott
hatt durch Christum vmbsonst geholffen / alßo sollen w ir / durch den leyp/
vnd seyne wtxd / mt anders den dem nehsten helffen. Also sehen wir
wie eyn hoch edliß leben sey vmb ein Christlich leben / das leyder nu ynn
•5 aller wett / m t allein nyderligt / sondern« auch nit mehr bekandt ist noch
gepredigt wirt.
V Czum .xrviij. Alßo leßen wir L uce.2. 1 D as die Zunpfraw 197 e
M aria zur kirchen gieng nach den sechs «ochen vnd ließ sich reynigen nach
dem gesetz / wie alle ander weyber / ßo fle doch nit gleych mit yhn vnreyn
jo war / noch schuldig d' selben reynigung / bedurfft yhr auch nit Aber fle
thetts auß freyer lieb / das fle die andere weyber nit vorachtet / sondern«
m it dem Haussen bliebe.
Alßo ließ S. Pavel / S. Timothen beschneytten / nit das es nott were /
sondern das er den schwachglaubigen Juden nit vrsach gebe / zu bösen ge-
35 dancken / der doch widderumb T itn nit wollt lassen beschneytte / da mä
drauff dringen wolt / er must beschult seyn / vnd were nott zur seligkeit.
Dnd Christus M att. 17. D a vö seynen Jüngern ward die tzinß Pfennig
gefoddert / disputiert er mit S. Peter / ob nit künigs kynder frey weren
zynß zu geben. Dnd sanct P eter / ia sagt. Hieß er yhn doch hynn gehen
2 oben s. 15, z. 33 ff. 3 Ga. 2, 20 16 W . A. korr. seyn,
aber sey Coni. Praes.! 20 nächster unseres Überflusses 27 Lc. 2. 22 ff.
32 mit der allgemeinheit 33 AG. 16, 3 35 Ga. 2. 3 36 W . A.
fcorr.: beschnitten 37 M
1 t 17, 24 ff.
26 E in Sendbrief an den Papst Leo X .

an dz mehr vnd sprach / Au ff das wir sie nit ergernn / ßo gang hyn /
den ersten fisch du fehist / den nym vnd yn seynem mault wirstu finden
eynen Pfennig / den gib für mich vtt dich. Das ist ein seyn exempell / zu
dißer lere / da Christus / sich vnd die fronen freye künigs kinder nennett /
die keynis dings -edurffen / vnd doch sich vnterlessit williglich / dienet vnd 5
gibt den hynß. Wie vill nu das werck / Christo nott war vnd dienet hatt /
zu seyner frumkeit oder seligkeit / so vil sein alle ander sein vnd seyner
Christen werck yhn not zur seligkeit / sondern sein allis frey dienste / zu
willen vtt befferung der andern. Also sotten auch aller Priester / klöster vnd
stifft werck gethä sein / das ein yglicher seynis stands vil ordens werck 10
allein darüb thet / den andern zu wilfaren oft fronen leib zu regieren / den
andern exempell zu geben auch also zu thun / die auch bedurffenn yhre leyb
zu zwingenn / doch altzeit fursehen / das nit da durch frum vnd selig werden /
37w furgenommen werd. Wilchs allein des 1glaubens vormügen ist. Auff die
weyße gepeut auch S . Paul Ro. 13. vfi Z it 3 . Das sie sollen weltlicher x$
198k gewalt1vnterthä vtt bereyt sein / nit das sie da durch frum werde sollen /
sondern das sie den andern vnd der vbirkeit da mit frey dieneten / vnd
yhren willen thetten auß lieb vtt freyheil. Wer nu bissen vorstand bette /
der kund leychtlich sich richtenn / ynn die vutzellichen gepotten vnd gesetzen
des Babsts / der Bischofs / der klöster / der stifft / der fürsten vtt henn / so
die etlich tolle prelaten alßo treyben / als weren sie nott zur seligkeit /
vnd heyffen es / gepott der kirchen / wie wol vnrecht. Den ein freyer
Christen spricht alßo. Ich w il fasten / betten / ditz vnd das thun / was
gepotten ist / nit dz ichs bedarff ob’ da durch wolt frum oder selig werden /
sondern ich wils dem Babst / Bischofs / der gemeyn / od’ meynem mit *s
bruder / henn zu willen / exempel vnd dienst thun vtt leyden / gleych wie
mir Christus viel grösser ding zu willen thä vnd geliden hatt / des yhm
vill weniger nott wäre. Vnd ob schon die tyranne vnrecht thun solchs zu
foddern / ßo schadets mir doch nit / die weyl es nit Widder gott ist.
% Czum .xxix. Hierauß mag ein yglicher ein gewiß vrteyl vtt unter, y>
scheydt nehmen / unter allen wercken vnd gepottenn / auch wilchs blind
tolle od’ recht synnige prelaten sein. Den wilchs werck nit dahynauß
gericht ist / dem andern zu dienen / oder fronen willen zu leydenn / ßo fern
er nit zwing / wider gott zu thun / ßo ists nit ein gut Christlich werck.
Daher kumpts / das ich sorg / wenig stifft kirchen / klöster / altar / meß / 35
testamet / Christlich seinn / Dayu auch / die fasten vnd gepett etlichen
Heyligen / sonderlich gethan. Denn ich sirrcht / das ynn den allen sampt
ein yglicher nur das frone sucht / vermeynend damit sein sund zu buffen
vnd seligk werden. Wilchs allis küpt auß Unwissenheit des glaubens vtt
Christlicher freyheit / Vnd etlich blind platen / die leuth da hynn ttevben 4°
vnd solch weßen preyssen / mit ablas schniucken vtt den glauben nyMer mehr
5 fügt 6 ebenso wenig nun wie 10 beschaffen 13 altzeit /
fursehen A 15 R ö . 13, 1 ff. T it. 3, 1 32 rechtgesinnte
Von der Freiheit eines Christenmenschen. 1520.
27
leren. Ich rate dir aber miltu etwas ftifften / betten / fasten / so thu es
nit der meynüg / dz du wollist dir etwas guts thu / sondern gibs dahin
frey / dz and'e 1 leuth desselben genißen mugen vtt thu es yhn zu gut / fr 199 £
bistu ein rechter Christe / wz solle dir dein gütter vtt gute werck die dir
s übrig fein / dein leyb -u regieren vtt Vorsorgen / so du gnug hast am glauben /
daryn dir gott alle ding geben hat. Sihe also muffen gottis gutter
flieffen auß eyne / yn den andern vtt gemeyn werde, dz ein yglicher flch
seynis nehste also annehm / als were erß selb Auß Chrö flieffen sie yn
vns / d' flch unser hatt angenömen ynn seyne leben / als were er dz ge«
xe wesen / dz wir sein. Auß vns sollen sie flieffen / yn die / so yr bedurffen.
Auch so gar / dz ich muß auch meynenn glaubenn vnd gerechtickeyt / für
meynenn nehsten setzen für gott / seyne fund zu decken / auff mich nehmen
vnd 1 nit anders thun / denn als weren sie meyn eygen / eben wie Christ' 3«w
vns allen than hatt. Sich das ist die natur der liebe / wo fle warhafstig
15 ist / D a ist fle aber warhafstig / wo der glaub warhafstig ist. Darumb
gibt der heylig Apostell / der lieb zu eygen .1. Cor. 13 D as fle nit sucht,
das yhre / sondern / was des nehsten ist.
1f Czum .xxx. Auß dem allenn folget der beschluß / das eyn Christen
mensch lebt nit ynn yhm selb / sondern ynn Christo vtt seynem nehstenn /
20 ynn Christo durch den glauben / ym nehsten / durch die liebe / durch den
glauben feret er ober flch yn gott / auß gott feret er Widder unter flch
durch die liebe / vnd bleybt doch ymmer ynn gott vtt göttlicher liebe /
Gleych wie Christus sagt Johan. 1. I h r werdet noch sehen den hymell
offen stehn / vtt die Engell auff vnd absteygenn vbir den S u n des
, 5 menschenn.
S ih e das ist / die rechte / geystliche / Christliche steyheyt / die das Hertz
stey macht / von allen sundenn / gesetzen / vnd gepotten / wilch alle andere
steyheyt vbirtrifst / wie der hymell die erdenn /
Wilch geb vns gott recht zuuorstehen vnd behaltenn /
30 A M E N .
ii 1. Ko. 13, 5 23 Jo. 1, 51
28 Warum des Papsts und seiner Jünger

W arum des Papsts und seiner Jünger Bücher


verbrannt sind. 1530.
Nachdem L . am io . dezember 1520 die bannandrohungsbulle und die
päpstlichen rechtsbücher verbrannt hatte ivgl. zuletzt Jos. Schlecht, K ilian
Leibs Briefwechsel und Diarien, Münster i. W . 1903, s. 89), veröffent- S
lichte er eine kurze rechtfertigung der tat in deutscher spräche; es er­
schienen auch zwei lateinische Übersetzungen. A m 20. dezember schickte
ein gewisser Joh. Caphan ein druckexemplar aus W ittenberg dem Thomas
M ünzer (Böhm er-Kim , Thomas Müntzers Briefwechsel, Leipzig und Berlin
1931, 8. 16). Als vorläge hat uns ein exemplar von W . A . 7, 155 Bc gedient.19

Jhesus.
Allen liebhabemn Christlicher
warheyt / sey gewünscht gnad
vnd fried von gott.

I c h Martmus Luther. genant Dock« b« h«yl>g«n fdjufft


Augustiner hu Wittenbergk / fug meniglich zu wissen« / das durch meyn
willen / radt vnnd zuthat / auff montag noch Sanct Nicolai ym M.D.xx.
*6aW Zar vorprennet1seyn die Bücher des Pabsts von Rhom vnd ettlich seyner
Jüngern«. Szo yemand sich des vorwundernn / wie ich mich wol vor- *
sehe / fragen würd / auß was vrsach vnd -efelh / ich das than habe / der
laß yhm hie mit geantwort seyn.
V Czum ersten / Jsts eyn alt herkumner prauch / vorgifftig boß
bucher zuuorprennenn / wie wyr legen in Actis Apostolorü 19. Da sie vor
fünff tausent Pfennig bucher vorpräten / nach der lere sanct Pauli. •$
Es Czum andern / So bynn ich yhe vnwirdig eyn getguffter Christen /
Dahu eyn geschworner Dottor der Heyligen schrifft / Dbir tas ein teglicher
Prediger / dem seynis namenß / stands / eydiß vnd ampts halben / gepurt /
falsch vorfurische vnchristliche lere zuuortilgen odder yhe wehren. Vnd wie
wol viel mehr ynn gleycher Pflicht seinn / die doch dasselb nit thun wollen jo
odder mochten« / villeycht auß vnuorstand oder geprechlicher furcht. Were
ich dennoch nit damit entschuldigt / ßo meyn gewissen gnugsam vorstendigt /
153 Bi 1vnd meyn -eyst / mutig gnug von gots gnaden erweckt / yemands exempell /
ließ mich auffhalten.
163w 1 % Czum dritten / Hett ich mich solches wercks dennoch nit vnter- 3$
wunden / wo ich nit hett erfaren vnd gesehen / das d' Pabst vnd die
Bücher verbrannt sind. 1520.
29

Bepftischen vorfurer / ntt alleyn yneten vnd vorfureten / sondern nach vielen
vorgebenß von myr geschehenen vnterrichtuügenn ynn yhrem vnchristlichen
yrthum / vnd seel vorterbenn / alßo gar vorstockt vnd vorharttet seynn / das
sie m t alleyn / nit wollen sich weysen noch leren lassen / sondern blmd hvnn
5 mit vorstopfften oren vnd äugen / die Evangelische lere vordamnen vnd
vorprennen / yhr Endchristische / teufflische lere ztt bestetigen vnd erhalten.
1 1 Czum vierden / Ich glaub auch nit / das sie des befelh haben / 155 e *
von dem Bapst Leo dem Hehendenn / ßo viel es an seyner Person ligt/ich
erfar es den. noch anderß. Wilchem ich auch hoff solch vor myr vor-
1® pranten / m t wol seyner vorfarn bücher selbs nit gefallen / vnd ob sie yhm
gefiellen / myr darumb nichts dran gelegen. Ich weyß auch / vnd hab deS
gewiße kundtfchafft / das die Kölner vnd Louener / wilch sich rümen / sie
haben Keyßerlicher M aiestat vrlaub vnd befelh meyn buchle zuuorprennen /
der warheyt sparen / denn sie 1 solch furnehmen / mit vielen tausent gülden 164 w
is werd geschenck / von etlichen ampt leuten / erkaufft haben.
F Czum funfften / D ie weyll dann durch yhr solch bücher vorprennen /
der warheyt eyn groß nachteyl / vnd bey dem schlechten gemeynenn volck /
eyn wahn da durch erfolgen möcht / zu vieler freien vorterbenn. Hab ich /
durch anregen (wie ich hoff) des geystes / die selben« zu stercken vnnd er-
*0 halten« / der widdersacher bücher widderumb vorprennet / angesehen« / yhr
vnh-ffliche befferunge.
Darumb wolt eyn yglicher sich nit lassen« bewegen« / D ie hohen
tttell j »amen / vnd geschrey / des Bepstlichen stands / des geystlichen rechts /
des langwerigen prauchs / diser vorprantten bücher / sondern« / hör zu vnd
*s sehe zuvor an / was der Bapst yn seynen buchernn geleret / vnd was ynn
dem Heyligen geystlichen recht / vorgifft vnd greulich lere stehen / vnd was
wir bißher 1 haben angepettet / an statt der warheytt. Vnd richte alß dan 154 e i
frey / ob ich rechtlich odder vnrechtlich diße bücher vorprennet hab.
12 l r t i t f t l l vnnd yrtumb. ynn des ««ystlichen «d)t< »nb.«5w
y> Bepstlichen buchen, / darumb sie billich zuuorprennen vnd zu meyden seyn.
D er erste.
D er Bapst / vnd die seynen / seynd nit schuldig gottis gepotten vnterthan
vnd gehorsam zu seyn.
Dise grewlich lere / schreybt er klerlich yn dem capttel. Sollte, de
35 maioritate et obedietia / da er ' sanct P eters wort / der do sagt. Ih r solt 156 ei
aller vbirkeytt vnterthan seyn / alßo außlegt. S . Peter hab nit / sich noch
seyn Nachfolger / sondern« seyne vnterthanen damit gemeynet.
9 von? 12 Löwen 8. okt., Köln 12. nov. 1520, vgl. Kalkoff,
Aleander gegen L., Leipzig und New-York 1908, s. 36 ff. 13 er­
laubn« 14 nicht bei der Wahrheit bleiben 21 ‘insperabili’ 31 vgl.
Denifle V, 862 f. 34 Solitae, 6. de maioritate et obedientia, tit. 33,
lib. I 35 1. Pt. 2, 13
20 *
30 Warum des Papst» und seiner Jünger

Der ander.
Es ist nit ton gepott / fonbemn eyn radt S . Peters / da er Irret / alle
Christen sollt« denn künigenn vnterthan seyn. ibidem.

Der dritte.
Die Sonne bebrütte / Bepstliche. der Monatt / die weltliche gewalt / ynn $
der Christenheyt. ibidem.
»«iw 1Der vierde.
Der Bapst vnd seyn stuel / seyn nit schuldig vnterthan hu seyn Christlichen
Concilijs vnd ordnungenn / cap. Signistcasti de elect.

Der funffte. »
Der Bapst hab / ynn seynem hertzen / vollen gewalt vbir alle rechte, in
prolo. Sexti.
Der sechste.
Darauß folget / das der Bapst / macht habe / alle Concilia vnd alle
ordnung zu reyffen/ wandeln vnd sehen/ wie er denn teglich th u tt Iba ,5
mit keyn macht noch nutz vbirbleybt / den Söcilijs vnd Christlichen
Ordnungen.
1Der fiebend.
Der Bapst habe recht / zu foddernn / eyd vnd Pflicht / von Bischoffen / für
yhre mentell c. Signistcasti / contra illud. Gratis accepistis / gratis bäte. M

,6*w 1Der achte.


Wen der Bapst / ßo boße wert / das er vnhehlich menschen / mit grossen
Haussen zum teuffell füret / durfft yhn dennoch niemät drum straffen / dis.
40. S i Papa.
i 57 es 1 Dißer artickel / wo er alleyn wert / sott er gnug vrsach seyn / alle a5
Bapsts bucher zuuorprennen / Was soltt sie nit teuffellisch vnchristlich für«
nemen / wenn fit solch grewlich dingt vnuorschampt / hatten vnd leren?
Sie da Christen mensch / was dich geystlich recht lere.

Der neund.
Nehst gott ligt die seligkeyt der gantzen Christenheyt an dem Bapst / ibidem 3®
contra illud / Credo Ecclesia sanctam rc. ßo müßten alle Christen vorterben /
ßo offt der Bapst boß ist.
5 mond 9 Significasti, 4. de electione, tit. 6 lib. I 12 Licet
Romanus, 1. de constitutionibus, tit. 2 in Sexto 15 zu zerreissen
20 Mt. 10, 8 24 Si Papa, 6. dist. 40
Bücher verbrannt sind. 1520. 31

D er czehend.
Den Bapst mag niemand vrteylen miss erdend / auch niemant seyn vrteyl
richten / sondernd er soll alle menschen richten miss erden. S. q. 3 . c.
Cuncta.
5 1 Dißer artickell ist der heubt artickell / vnd das er ia wol eynsesse /
ist er gar durch viel capitell / vnnd nahend durchs gantz geystlich recht /
ymmer an vnd angetzogen / das wol scheynet / wie das geystlich recht nur
darumb sey errichtet / das d' Bapst / frey möcht thun vn lassen / was er
ro olt / vrlaub zu funden vnd hynderniß zum gutten gebenn. Besteht dißer
10 artickell / ßo ligt Christus vnd seyn wort darnyder / Besteht er aber nit /
ßo ligt das gantz geystlich recht mit dem Bapst vnd stuel darnyder.
N u bestehet er yhe nicht / dann S . Peter gepeutt . 1. Pet. 6. I h r
sollet alle gegenander demütig seyn. 'V nd S . Panel Ro. 12. Ein yglicher i$6 Et
halt den ändernd höher dann sich. Vnd Christus viel mal sagt. W er der
15 größsist seyn will / der sey der geringist. D er maßen / straffet S. Paulus.
S . Petr« G al. 2. das er nit recht wandelt nach dem Euangelio. Vnd
Act. 8. w art S . Peter mit S . Iohanß außgesand / von den ändernd
Apostolen / als eyn vntertheniger. Darumb ists vnd mag nit war seyn /
das der Bapst niemat vnterworffen noch zu richten sey / sondem er soll
-0 vdermä vnterthan vnd zu richten seyn / die weyl er der vbirst seyn will.
'V n d das geystlich recht / weyl diy seyn gründ vn gantzs wetzen ist /s tre b t 158
es ynn allen stuckend Widder das Euangeliü.
E s ist wol war / das weltlich gemalt yhre vnterern nit sol vnterthan
1seyn / aber Christ" keret vnd wädelt das / vnd spricht. Ih r solt nit seyn / 169 w
-5 wie die weltlichen vbirherrnn / vnd will / das seynes volcks »bersten / sollen
vderman vnterthan seyn / vnd von yhn gericht leyden. Wie er sagt /
Luce .xxi. D ie Fürsten der Heyden seyn gewaltig vbir sie / yhr sollet aber
nit ßo seyn / ßondernn wer vnter euch will der vbirst seyn / soll der vnterist
seyn. Wie mag er aber vnterer seyn / wen er niemant vbir sich will
jo richten lassenn?
W il man Christus wort zwingen (wie ettlich thun) er soll nm hertzen
sich den vntersten achten / nicht eußerlich also ertzeygen / ßo muß man auch
sagen / das er ym hertzen soll sich den vbirsten halten / vnd nit eußerlich
sich alßo ertzeygen. Vnd also entweder / beydes geystlich ym hertzen halten /
35 oder beydes eußerlich ertzeygenn / das Christus wort bestehen mugen.
D iß ist der artickell / da alle vngluck auß kummen ist / ynn alle welt.
Darumb das geystlich recht / als eyn vorgifftig ding / billich zuuortilgenn
vnd zu meyden ist / D an darauß erfolget / wie dan erfolget ist / öffentlich

4 Cuncta per mundum, 17. IX . qu. 3 5 festsitze 12 1. P t


5, 5 13 Rö. 12, 10 14 Mt. 20, 26 f. 23, i i u. 6. 16 Ga. 2, I I ff.
17 AG. 8, 14 23 untergebenen 24 27 Lc. 22, 25 f.
32 Warum des Papste und seiner Jünger

yderman. Das man teynem boßen rotten / seyn guttis fbbbmt kan / vnb
«yr zu sehens muffen / das Euangeliü vnb glauben lassen vntergahn.
11 Der eylefft.
Der Römisch stuel / $ibt wol macht vnb crafft allen rechten / aber er ist
yhr keynem vntetthan. xxv. q. 1. D as ist souiel gesagt. Was er will 5
bas ist recht / doch ist er der keyniß schuldig tzuhalten. Eben wie Christus
M att. 23. sagt von den Indischen Phariseen. S ie laden schwere bürden
auff der menschen rucken aber fle wollen- nit mit eynem fdiger anrüren /
D a Widder sagt S . Panel Gal. 6. Steht ynn ewr freyheyt vnd seyt nit
vnterthan menschenn gesetzenn. 10

1Der czwolfft.
D er felß/da Christus M att. 16. seyne kirchen auff bawett / heyM der
Römische stuel. dis. xix. cum proximis suis. S o doch alleyn Christus /
der selb felß ist. 1 . Cor. 10.
Der dreycjchend --
D as dir schluffell seyn alleyn S . Petro gebe» / ßo doch R a tt. 18. Christus
A« / der gantzen gemeyn gibt.

1Der vierczehend.
D as Christus priestetthum sey vö yhm auff S . Petrü vorsetzt de constit.
c. ttanslatio. Dawider sagt Dauid. ps. 109. vki Paulus zu den Hebre. -o
das Christus eyn eyniger ewiger priester sey. Wilchs priestetthum nymmer
mehr vorsetzt werde.
Der funffczehend.
D as der Bapst / gewalt hab / gesetz zu machen vbir die Christliche kirche
xxv. q. l. ideo permittente. Dawider S . Paulus sagt. Gal. 5. Ih r seyd *s
ynn eyn freyheyt von gott beruffen.
Der sechcjehend.
D as er den sprach. Quodcunqne ligaueris rc. dahynn deuttet / das er ge*
wallt hab/die gantz Christenheytt mit seynen muttwilligen gesetzen zu
5 Confidimus, i. X X V . qu. i und Ideo permittente, 16. X X V .
qu. i 7 M t rz, 4 9 Ga. 5, 1 12 Mt. 16, 18 13 vgl. Ita
Dominus, 7. dist 19. In novo testamento, 2. d ist 21. Quamvis uni-
versae, 3. dist. 21. Saerosancta Romana, 2. dist 22 14 1. Ko. 10, 4
16 Mt. 18, 18 19 Translato, 3. de constitutionibus, ti t 2. lib. I
20 Ps. 110, 4 Hbr. 5, 6. 6, 20. 7, 21 ff. 25 Ideo permittente, 16.
X X V . qu. i vgl. Sunt quidam, 6. X X V . qu. I Ga. 5, 13 28 M t
16, 19
Bücher verbrannt sind. 1530. 33
beschweren / ßo doch Christus damit nit anderß will / 1den die sunder zur s» &
straff vnd puß treyben / vnd gar nichts die andern» vnschnldigen mit ge­
sehen beladen / wie die wort klar lautten.
Der siebencjehend. »iW
s D as er bey faim vnd fund gepeutt / ettlich tag nit fleysch /. eyer / butter /
ditz vnd das zu effzenn / ßo er doch 1 des keyn gewalt hat / vnd nur freunt- i *>e»
lich datzu vormanen soll eyniß -glichen freywillen vnd vnbedrungen lassen«.

Der achczehend.
Das er dem gantzen priesterstand / die ehe vorpotten hatt / dadurch viel
10 fund vnd schand on vrsach gemehret / Wider gottis gepott vnd Christliche
freyheyt.
Der neundczehend.
Das der Dapst Nicolaus / der dritt oder vierd/ ynn seynem end Christlichen
decretal / vnter vielen boßen stucken setzt / Christus hab mit den schlüsseln
i5 S . Petro vnd seynen nachkommend geben / gewalt des hymlischen vn
yrdenischen reychs. S o yderma woll weyß / wie Christus / das yrdenisch
reych floch / vnnd alle priester / die schluffell haben / doch nit alle keyßer
seynd vbir hymlisch vnd yrdenisch reych.
1Der xx.
m Das er die grosse »«christlich lugen / das keyßer Constantinus yhm Rhom /
land / reych / vnd gewalt geben hab auff erden / für war hell / vnd foddert /
dawider Christ* sagt. M at. 6. yhr sollit nit schetz samlen auff erden /
Item / yhr mußt nit zu gleych dem gutt vnd gott dienen.

Der M.
Az D as er sich turnet / er sey des Römischen reychs erbe / de sen. et. re. tut.
c. Pastoralis. S o es yderman woll weyß / das geystlich ampt vnd welt­
lich regiment / sich mit eynander nit leyden. Vnd S . Paulus 1 gepeut. 159 £>
Gyn Dischoff sol des wort gottis warten.
Der xxij. «««*•
30 D as er leret / E s sey billich / das sich eyn Christen mit gewallt -egen
gewall schütze / Widder vnd vbir Christ« M att. 6. Wer dyr den rock
nympt / dem laß auch de« mantell.
5 vgl. Denique Sacerdotes, 6. dist. 4 9 vopotten B° vgl. Pres­
byter«, 8. dist 37 Diaconi quicunque, 8. dist 38 Presbyter, si uxorem
9. dist. 38 13 Omnes, sive Patriarchae, 1. dist. 23 (von Nikolaus II.)
vgL De Elect. Fundamenta. lib. 6 (von Nik. III.) 17 Jo. 6, 15
20 Constantinus, 13. u. 14. dist. 96 22 Mt. 6, 19 23 Mt. 6, 24
25 Pastoralis, 2. de sententia et re iudicata, tit. II. in Gern. lib. 2
27 vertragen T it 1, 9 31 M t 5, 40
W arum des Papste und seiner Jünger
34

»74W 1Der xxiij.


Das die vnteren / mugen vn-ehorsam seyn yhren »birherrnn / vn die kümge
er entsetzen mugr / wie das an vielen ortten er setzt »nd offt gethan /
Widder »nd »dir gott.
Der xxiiij. 5
Das er auch alle eyd / pund vnd Pflicht / zwischen hohen vnnd nydern
stenden geschehen zureyffen / macht haben w il / wider vn vbir gott / der
gepeutt / yderman sol dem andern glauben halten.

Der xxv.
Der Bapst hab macht die gelubd got gethä ab zulege vn wädelnn / de io
vot. et vote. redemp. das auch wider vnd vbir gott ist.

Der xxvi.
Wer seyn gelubd vortzeugt zu erfüllen / auß des Bapsts gepot / der ist
nicht schuldig an des gelübdis vorprechen / ibidem / das ist ßouiel gesagt /
der Bapst ist vbir gott. *$
*75w 1Der xxvij.
Es muge keyner gott dienen / der ehlich ist / ßo doch Abraham / vnd vil
Heyligen ehlich geweßen. Vnd gott die ehe selbst eyngesetzt / antzweyfell.
Alßo steygt der Endchrist aber ober gott.

■60e> 'Der xxviij. „


162 Ha Das er seyn vnnütz gesetz / gleych macht den Euä'gelijs Vst heyliger schrifft /
wie das ym Decrett. viel mal er antzeugt.

Der xxix.
Das der Bapst macht habe / die Heyligen schrifft noch seynem eygen willen /
zu deutten vnd füren / vnd niemät lassen / die selben anders den er w ii -5
deutten / D am it er sich vbrr gottis wort setzt / vnd daffelb zurensset vnd
vortilget. S o doch S. Pauel .i. Cor. 14. sagt / Der oberer soll des
vnterernn erleuchtung weychen.

Der xxx-
Das nit der Bapst von der schrifft / sondern die schrifft vö yhm habe / 3°
176W glaubwirdigen bestandt / crafft vn ehre / wllchs der heubt1artickel eyner ist /
7 zu zerreisscn vgl. oben I s. 408, z. 8 ff. 11 De peregnnabonis
voto, I. de voto et voti redemptione, tit. 34 lib . 3 13 ‘differt* 14 N o n
est voti, 5 de voto et vo ti redemptione, tit. 34 lib . 3 19 Enchkist B e
22 vgl. Sic omnes, 2. dist. 19 Sicut sancti, 2 . dist. 15 In canonicis,
6. dist. 19 27 1. K o . 14, 30
darum- er als eyn rechter Endchrist / vordient / das yhn Christus vom
hymel selbst / mit seynem regiment zurstore / wie Paulus verkündigt hatt.
In n diffenn vnd der gleychen artickell / der vnhehlich viel mehr seynn /
doch alle dahynn geeicht / das der Bapst vbir got vnd menschen sey / vnd
5 er alleyn niemant / sondern ydermä yhm auch gott vnd die engell vntetthan
sey / das sie auch selb sagen seyne Junger / der Bapst sey ein wunderlich
ding. E r sey nit got sey auch nit mensch (villeycht der teuffell selbst)
W irt nu erfüllet der spruch Pauli / da er sagt. Es w irt erfur kummen
eyn mensch der sundenn vnd eyn kynd des vorterbenß / der wirt Widder
10 streben« / vnd sich erheben / vber alles / was eynn gott geehret vnnd ge-
heyffenn w irtt / durch wirckung / des boßen geystes rc. Das er yhn utniut
eynn mensch der sund vnnd kynd des vorterbenß / meynet er nit seyun
person alleyn / denn das were / kleyner schad / sondern« das seyn regiment /
nit anders sey / denn fünde vnd vorterbenn / vnd er nur regiren w itt/a lle
*5 wett zu sund vnd helle tzu füren. Wie dann 1auß solchen artickell woll hu 177w
mercken / vnd am tag ' ist / das von dem Bapst / nichts dann sund vnd vor- *6* Et
terben ynn die wett kummen ist / vnd noch teglich mehr kumpt.
1 Es habenn fit selbs / die das geystlich recht halten / wie woll ynn -6z
winckell / bekennet / das es stinck noch eytell geyh vnd gewalt / das ist auch
« war / vnd wer nit liegen w ill / muß das bekennen / dan wiltu wissen»
mit kurhen Worten / was ym geystlichen recht stett / ßo höre hu.
Es ist summa snmmarü.

Der Bapst ist eyn gott auff er-


denn vbir alle hymlische / erdisch /geystlich vnnd
»5 weltlich vnd ist alles seynn eygenn / dem
niemandt darff sagenn /
Was thustu?
Das ist der grewell / vnnd stanck / da Christus von sagt. M att. 24.
Wen yhr werdett sehen / den stinckenden grewell/der alle ding wüst macht /
3° das er stett / ynn der Heyligen statt / dauon Daniel gesagt hatt / wer das
ließet / der vorstehe es wol rc. Dnnd Santt Pauel. Er w itt fihenn ynn
dem tempell gottis (das ist ynn der Christenheyt) vnnd fich dar geben«/
als sey er eyn gott.
Das nu dem Bapst niemand oder wenig leuth / solch seyn grewel
35 haben dürsten sagen / ist nit wunder / denn es verkündigt ist / er werd alle
die vorprmnen lassen / die yhm Widder streben / vnd werd anhang aller
künig vnd fürsten habenn
Wenn des Endchrists vorfurung/ßo grob were/das fit yder'man möcht x7* w

8 2. Th. 2, 3 ff. 18 sebs B° 28 Mt. 24, 15 30 Da. 9, 27


31 2. Th. 2, 4
36 Warum des Papst« und seiner Jünger

mercken / odder ßo geringe / das die kunig vnd grossen Hangen nit die für»
nehmsten drynnen weren / hetten die Propheten vnnd Apostell vorgebenß /
ßo viel vnd ßo ernsthafftig dauon geschreyen vnd geschriebenn.
Da Christus auff erden gieng / sprachen viel leutt / die seynn wort
höreten vnd seyn werck sahen / wider die / die yhn nit wolten lassen §
Christum seyn/wen Christus schon kumpt/wie mag er mehr wunder
thun / venn dißer thut- Alßo mummellt mä itzt auch. Wen der Endchrist
schon kumpt / was mag er mehr boßes thun / denn des Bapsts regiment
than hatt / vnd teglich thut? Is t es doch nit glewblich / Wenn seyn regi­
er E» ment auß 1 gott were / das er solt alßo viel vorterben vnd fund drauß io
kummen / vnd den bosengeyst ßo gar gewaltig drynnen regieren laffenn.
164 Et Noch glauben wyr nicht / biß 1 das wyr verloren seynn / vnnd alhu lengsam
den Endchrist erkennen.
Gleych wie von anbegynn aller Creaturnn / das grbst übell ist altzeytt
kummen von dem besten / Denn yn dem übirsten kor der Engell / da gort 15
»79w am 1grostenn gewirckt hatt / sündiget Lucifer vnd thet grossen schadenn /
Im paradeyß / an dem ersten besten menschen / geschacb die groste fund vnd
schadenn. Darnach Gen. 6. Wuchßen die ryßen vnd tyrannen / von
niemant denn von den Heyligen gottis kyndernn. Vnd Christus gottis
sun watt nit gecreuhigt / denn ynn der Heyligen stat Hierusalem da er am *0
aller meysten / geehret war vnd viel wunder than hatt. vnd von memant
denn von den fürsten vnd übirsten Priestern / vnd aller gelertisten / aller
heyligsten. Vnd Judas mußt auch keynen geringen / sondern den Apostell
stant beschedigen / Alßo hatt gott auch keyn statt auff erdenn mit ßo viel
gnadenn vnd Heyligen gebenedeyet / als Roma / vnd yhr mehr than / den 25
keyner ander. Drumb muß fit auch yhm zu danck / wie Hierusale / den
grosten schadenn thun / vnd der welt gebenn denn rechten schedlichsten End­
christ / der mehr schaden thue / denn Christus vorhynn gutts than hatt.
Vnd alßo gaht es auch gewißlich / vnd das muß allis vnter dem namen
vnd scheynn Christi vnd gottis zu gahen / das es niemand glaub / biß das jo
er selb kumme vn erleuchte solch finsterniß mit dem liecht seyner zukunfft /
wie S . Panel sagt.
i*>w 1 Der artickell sey diß mal gnug / ist aber yemäd des Bapsts vor-
wadter / vn lustig / der vnterwind fich / die selben zu schuhen vnd vor fechten /
ßo w ill ich sie yhm wol klerer außstreychen vnd der selben viel mehr auff- 35
bringenn. Es sollen diße eyn anfangk der enists seyn / denn ich bißher
doch nur gescherht vnd gespielt hab mit des Bapsts fach. Ich Habs ynn
gottis namen anfangen / hoff es sey an der heytt / das es auch ynn dem
»65 E» selben vn mich fich 1selb auß füre. Hie bey will ich alle die attickett / die

4 jo . 7» Zi 7 murmelt 12 nebenform zu langsam 18 Gen.


6. 4 24 besthedigen Be 32 2. Th. 2, 8 I. Ko. 4, 5 33 fami-
liaris, vgl. Benrath, An den Adel, s. 90 s. a. 21 zu s. 22 35 ausmalen
Bücher ▼eibrannt sind. 1520. 37
durch des Endchrists hotten tyt von Rhom ynn der 1letzten Bullen vor- *63El
dampt vnnd vorprennet seynn / als die do Christlich vnd war seyn / be­
griffen / vnd ßouiel artickell / dem Bapst / auffgelegt / haben / die do End-
christisch vnd vnchristlich seyn / ßo viel meyner artickell vordampt seynn.
5 Dürsten sie meyn artickell / da mehr Euägeli vnd gegrundter Heyligen schrifft
ynnen ist (das ich an rum / mit warheyt sagen vnnd beweyßen will) denn
ynn allen Bapsts bucher / vorprennen / ßo vorpren ich viel billicher yhre
vnchristlich / rechts bucher / drynnen nicht güttis ist / vnd ob etwas guttis
drynnenn rotte / wie dan ich von dem Decret muß bekennen / ßo ists doch
10 alles dahynn getzogen / das es schaden thun soll / vnd den Bapst stercken
ynn seynem Endchristischem regiment / dartzu desselben keynis nymmer witt
gehalten / für übrigem vleyß / alleynn waß boß vnd schedlich / das drynnen
ist/z u halten.
1 Ich laß eynem yglichen seyn guttdunckel / mich bewegt das am meysten / isiw
15 das der Bapst / noch nie keyn mal hat mit schrifft odder vornunstt widder­
legt / eynen der Widder yhn geredt / geschrieben odder gethan hatt / sondern
alltzeit / mit gewalt / bannen / durch kunig / furstenn / vnd sonst anhenger /
oder mit listen vnd falschen Worten vortruckt / voriagt / vorprant odder
sonst erwürgt / des ich yhn mit allen Historien vbirtzeugen wil / hatt auch
20 darumb noch nie keyn richt noch vrteyll leyden wollen» / alltzeyt geplerret
er sey vbir alle schrifft / geeicht / vnd gewalt.
Nu ists yhe war / das die warheyt vnd gerechtickeit nit schewet das gericht /
ia nit lieberß hatt / denn licht vnd richt / leßstt ff* gernn ansehen vnd
probirnn. Die Apostell gaben. Att. 4. das vrteyll yhren feynden / vnd
•5 sprachen / richtet yhr selbs ab es billich sey euch mehr ftttm got gehorsam
-u seyn / so gewiß war die warheytt. Aber der Bapst / wjl yderman die
äugen blenden / niemät richten lassen» / sondern alleyn richten« yderman /
ßo gar vngewiß vnd furchtsam ist er seyner fach vnd hendell. Vnd ditz
seyn gemenckell ym finster vnd schew des lichteß / macht das / wen der
3» Bapst / eytell 1engel were / 1kund ich yhm dennoch nichts glaubenn. Eyn ^
yderman billich hasset das finster gescheffte / vnd liebt das licht.
AMEN.
I n diesem allen erbiete ich mich stehn zu ,6* El
recht / für yderman.
35 Somson Iudic. 15.
Sicut stemmt m ihi: sie stet eis.
12 'Omitto, quod nihil eorum pre nimm diligentia observatur, nisi
quod malum et noxhun est servasse’ 24 AG. 4, 19 29 flausen-
macherei 35 R i. 15, 11
Eine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form

Bine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze


Form des Glaubens, eine kurze Form des Vater­
unsers. 1520.
Das folgende schriftchen fügen wir unserer ausgäbe ein, weil es
„mit seinen hauptgedanken der Vorläufer für L.s wichtigstes, volkstüm- 5
liebstes werk, für seinen katechismus, geworden ist" (K. BL 1, 292, vgl.
ferner W . A. 301, 434 ff.)- Das 1. stück beruht auf der „kurzen er-
klärung der zehn geböte" von 1518, das 3. ist im wesentlichen eine
Wiederholung der „kurzen form, das patemoster zu verstehen und zu
beten" von 1519, das 2., die erklärung des apostolischen glaubens- 10
bekenntnisses, ist neu. Einer der frühesten nachdrucke ist am 27. juni
1520 in Augsburg herausgekommen (W. A. 7, 195s. C), die beiden
Grunenbergschen urdrucke (A und B) werden also wohl im mai er­
schienen sein. Wir geben B wieder1 nach dem einst dem Erfurter sub-
prior Joh. Hirsfeldensis gehörigen exemplar X X . V III. it0 der Zwickauer 15
Ratsschulbibliothek *.

”»43w Vorrhede.
4e 1s D as ist nit an Sonderliche ordenung gottiS geschehen / das für
den gemeynen Christen menschen / der die geschrifft nit leßen mag / vor-
ordenet ist zu leren vnd wissen / die tzehen gepott / den glauben vnd vatter -0
vnßer / in milchen drey stücken / für war aU ti was in der schrifft stett vnd
ymer geprediget werden mag / auch alles was eym Christen nott ist zu
1) Ob B oder A als originaldruck anzusehen ist, steht dahin. Be­
sonders kommen folgende zwei stellen in betracht: 1) W . A. 7, 222,
2 13 memant begeert werd B, niemant geergert werd A. Letztere lesart
gibt einen guten sinn (ärgern ---- Veranlassung zur sünde geben vgl. Mt.
5, 29. 18, 6), andrerseits aber kann man sich kaum denken, wie die les­
art von B, wenn dieser druck nachdruck von A wäre, entstanden sein
sollte, es sei denn durch abirren des auges auf begeren z. 14. — 2) W . A.
7, 226, z. 5 eyn teglicher lere B, eyn treglicher lere A. Hier scheint mir
doch B das ursprüngliche (vgl. AG. 2, 42) und A eine korrekter zu
bieten. Zwar kommt bei L. neben tzwitracht (so A und B W . A. 7,
221, z. I) auch zwitrag (W. A. 45, 409, z. 13) vor, aber für concors
nach Dietz nur elNtrechtig oder eintrechtlich (so A und B W . A. 7, 220,
z. 26 s.). Das betbüchlein von 1522, das die „Kurze Form44 nach dem
dritten Grunenbergschen druck K wiedergibt (W. A. io 1, 366) hat: YNN
teglicher lere (W. A. ioa, 402, z. 17).
2) das exemplar trägt auf dem titel die hdschr. bemerkung:
Recipiat pr. Io. Hirsfelden. subprior augustianus (vgl. Kolde, Die deutsche
Augustinerkongregation und Joh. v. Staupitz, Gotha 1879, s. 416). Auf
der Innenseite des Vordereinbanddeckels steht unter dem Inhaltsverzeichnis:
Conuentus Erffurdien. frin augustinen. Vgl. I, s. 11.
18 nicht ohne 19 kann 20 lernen
des Glaubens, eine kurze Form des Vaterunsers. 1520.
39
wissen / gründlich vnd überflüssig begriffen ist / vnd mit solcher kürtz vnd
leychte vorfaffet / daS niemant (lagen noch sich entschuldigen kan / es sey
zuml / odder zu schweer zu behalten / was yhm not ist zur selickeit Dan
drey dingk seyn nott eynem menschen zu wissen / das er selig werden müge.
3 Das erst / das er wisse was er thun vft lassen soll. 3 ü andern wen er
nu sicht das er es nit thun noch lassen kan auß seynen kreisten / das er wisse
wo erß nehmen vnd suchen vnd flnden soll / damit er daffelb thun vnd
lassen müge.
Zu dritten / das er wisse / wie er es suchen vnd holen soll. Gleych als
,0 eynem krancken ist zum ersten nott / das er wisse / was seyn kranckeyt tft /
was er mag oder nit mag thun oder lassen. Darnach ist nott / das er
wisse / wo die erhney sey die yhm helffe dar hu / das er thun vnd lassen
müg / was eyn gesunder mensch.
3ü dritten / muß er seyn begeren / das suchen vnd holen oder bangen
15 lassen.
Alßo leren die gepott den menschen seyn kranckheyt erkennen / das er
siht vnd empfindet /was er thun vnd nit thun / lassen vn nit lassen kan /
vn erkennet sich eynen sunder vnd btßen mensch-.
Darnach helt yhm d' glaub fpr vft leret yhn / wo er die erhney die
so gnaden finden soll / die yhm helff frum werden / das er die gepott halte.
Dnd zeygt yhm / gott / vnd seyne barmherhickeit ynn Christo erheygt vnd
angepotten.
Zum dritten / leret yhn das vatter vnßer / 1wie er die selben begeren / 205 w
holen vnd zu sich bringen soll / nemlich mit ordenlichem demütigem tröst*
25 lichem gepeet / ßo Wirts yhm geben / vnd wirt alßo durch die erffullung
1der gepott gottis selig. Das seyn die drey dingk in der ganhen schafft. 5 e
Darüb heb- wir am ersten / an den gepotten an zu leren vnd erkennen /
vnßere fund / bbßheit / das ist geystliche kranckayt / da durch wir nit thun
noch lassen wie w ir woll schuldig seyn.

y> J e erste v n n d rechte T a fe l! Most begreyfft / die ersten


b drey gepott / yn wilchen der mensch geleret w itt / was er gott soll
oft schuldig ist zu thun vnnd lassen / das ist / wie er sich gegen gott
halten soll.
DaS erst gepott leret / wie sich der mensch gegen gott halten soll /
35 ynnewendig im herhen / das ist / was er alheyt von ybm gebenden /
halten / vnd achten soll. Nemlich / das er sich alles gutes zu yhm vorsehe /
rote zu eynem vatter / vnd gutten freundt yn aller trew / gliuben vnd IteB /
mit furcht zu aller zeyt / das er yhn nit beleydige / wie ein kynd seonen
vatter. Dan das leret die natur / das eyn gott sey / der do alles gutis

2 leichtfasslichkeit 6 sich B sscht A 28 kranckiyt B kranckayt ^


40 Eine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form

gebe 9ft -n allen übel helffe / wie das anheygen die Abgötter bey den
Heyden. Dnd lauttet alßo.

D u solt nit andere gotter haben.


1 D as ander gepott irret / wie sich der mensch halten soll gegen
gott eußerlich yn Worten / für den leuthen odder auch ynnerlich für yhm s
selbs. Nemlich das er gottis namen ehre / dan niemant mag gott / Widder
für yhm selbs / noch für den leuthen tzeygen nach der göttlichen natur /
fiondern bey seynen namen / vnd lauttet alßo
D u solt den namen deinö gottis
nit vnnütz an nehmen. ,»
H D as dritt gepott leret / wie sich der mensch hatten soll gegen gott/
eußerlich yn wercken / das ist / in gottis diensten. Dnd lautt alßo.

D u solt den feyrtag hayligen.


6E % Alßo leren diße drey gepott den menjchen / wie 1 er mit gott soll
hanveln / yn g-dancken / Worten / wercken / das ist yn gantz seynem leben. i$

^ J e andere vn lincke Tafelt Most he» »nnt Mt M m


a«6W d folgerte gtpott / ynn «ilchtn der mensch g tltrtt wirf »«< et de«
menschen vnnd seynem nehsten schuldig ist zu lassen vnd thun.
1s D as erst leret / wie man (Id) halten soll gegen alle vbirkeit «ilch
an gottis statt flyen / drumb folget daffelb für andern gepotten den ersten *>
dreyen / die gott selb an treffen / als seynd patter vss mutter / penn / geyst-
lich vll wettlich rc. vnd lauttet alßo.
D u solt dein vatter vnd dein mut
ter ehren.
D as andere leret / wie man sich halt gegen seynen gleychen odder •$
nehsten / seyner eygen Personen halben / das man die selbe nit beleydige /
ßonder wo fle darff / foddere vß helffe / vnd lauttet alßo.

D u solt nit todten.


1 Da« dritt leret / wie man sich hatt gegen de« nehsten höchste«
gürt nach seyner eygen Personen / da« ist seyn ehlich gemahl / kind odder 3.
freund / da« man Mt selb nit sehende / ßondern Hey ehren behalte / ßo ferne
t« , dermal» möglich ist / vnnd lauttet alßo.

7 d sn td len »7 lie ’i bedttf, fördere 31 bfe B hihatte B


behatte A
des Glaubens, eine kurze Form des Vaterunsers. 1520. 41

Du solt nit ehbrechen.


H Das »ierb Irret / wie man sich halte gegen des nehsten / keytlich
gürt / das man nit nehme noch hyndere / ßondera fordere / »nd lauttet alßo.

Du solt nit fielen.


s f Das funfft Irret / wie MS sich halt gegen des nehsten / zeytlich
ehre vnd gutt gerächt / das man das nit schweche / sondern mehre schütze
vnd enthalte / vnd lautt alßo.

Du solt nit falsch geczeugnis rede


Widder deynen nehfien.
io f Alßo ist vorpotten / zu schaden yu allen güttern des nehsten / vnd
gepotten / den selben zu frummen. Wan wir nu das natürlich gesetz an­
sehen / ßo fin'den wir wie billich vnd gleych alle diße gepott seyn. Dan 7 e
nichts ist hie1gepotten gegen gott vnd dem nehsten zu halten / das nit eyn »07w
yglich wolt yhm gehalten haben / wen er gott / an gottis vnd seynes
15 nehsten statt were.
f Die letzten tzwey gepott / leren wie btß die natur sey / vnd mt
reyn wir von allen begirden des fleysches vnd gütter seyn sollen / aber da
bleybt krieg vnd arbeyt / die weyl w ir hie leben die lautten alßo.

Du solt nit begrren deines nehste


» hauß.
Du solt nit begeren seyns rveybs
knecht.magd.fihe.od' rvaö sein ist.
Kurczer beschluß der czehen
gebott. Spricht Christus selber.
•5 % Was yhr wtllet / das euch die menschen thun sollen / daßfelb thut
yhr yhn auch / das ist das gantz gesetz vnd all Propheten. M att. vij.
Dan niemant w ill vndanck leyden vor seyn wolthat / oder seynen namen
eym andern lassen. Niemandt w ill hoffatt gegen ym ertzeyget haben.
Niemant w ill vngehorsam tzorn / vnkeuscheyt seyns weybs / beraubung seyner
30 gütter / liegen / triegen / affteneden leyden / sondern lieb oft freundtschafft /
danck vnd hulff / warheyt vnd trew erfinden von seynem nehsten / das ge-
bieten aber alles die tzehen gebott.
I um B 2 Dos B hdlte B 7 bewahre 11 nützen 12 recht
26 M t. 7, 12 27 guten namen 30 kriegen alle Sonderausgaben.
Nach W . A. 7, 890 „lasst sich kriegen vielleicht doch halten". D. Wb.
5, 2242 — betrügen, stehlen, freilich erst im 18. jhrh. V g l. aber z. b.
W. A. 7, 222. z. 2: lige aber triege, s. 228, z. 17: liegen / triegen
42
Eine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form

gesien der seel nott / nur vmb heyt-


Die Vbertretug lich nutz willen ehret.
der selben. Wer gott nit vorttawtt alheit vnd
in allen seynen wercken nit zuuor-
H Widder das erst. stcht hat / in gottis barmherhickeyt. 5

1f Wer in seyner wid'wertickeit. Wer tzweyffelt an dem glaube odder


5 zeuberey / schwarhtüst / teuffels bund an gottis gnaden.
gnoßen sucht. Wer nit andern weret den vnglauben
Wer brieff/ zeychr / kreuter / wbrter/ hweyffeln vnd hilfst sie das glauben
fegen vnd des gleychen gebraucht. vn gottis gnade ttawen / ßo vill er 10

Wer wunschrütr / schatzbeschwerun- mag.


gen / cristallen sehen / mätell fairen/ Dü da gehöre her alle vnglauben /
milch steten vbet. vorzweyffeln / mißglaubk.
Wer seyn werck vn leben / nach er­
weitert tagen / hymels zeychen vnnd H Widder das ander.
der weyßsagern duncken richtet. T Wer an nott / od' auß gewöhnt *5
sxi 1Wer sich selb / seyn sich / hauß / kinder leychtlich schwerer.
vnd atterlefl gut/vor wulffen/eysen/ Wer falsche eyd schweeret / od' auch
ferner / roaffer / schaden mit ettlichen seyn gelubd bricht.
gebeeten segnet vnd beschweert. Wer vbell thun gelobet odder fchweett.
208 w i Wer seyn vngluck / vnd widerwerti- Wer mit gottis name fluchet. -0
20 ckeyt dem teufel od' bößen menschen hu Wer nerrisch fabeln von gott schwehet /
schreybt/vnd nit mit liebe vnd lob/ vnd die wort der geschrifft leycht-
als bbß vnd gutt/von gott alleyne fertig vorkeret.
auff nympt / vn yhm Widder heym Wer gottis namen nit anrufft in seyner
tregt mit dancksagen / vnd williger widderwertickeyt vnd nit gebenedeyt / -§
25 gelaffenheyt. in lieb vnd leyd / yn gluck vnd vn­
Wer gott vorsucht / vnd in vnnttige gluck.
ferlickeit leybes oder seel sich gibt. Wer rum vnnd eer / vnd namen
Wer in seyner frumkeyt / vorstät oder sucht / von seyner frumkeyt / weyß-
andern geystlichen gaben hoffertig ist. heyt rc. z»
30 Wer gott vnd die Heyligen mit vor- Wer gottis name anrufft fälschlich /
4 not 7 himroels- und 15 ohne 25 lobt
teufelsbricfe 5 schatzbeschwö-
rungen 10 vgl. Fauste zauber-
mantel 11 vgl. W . A. To9, 516
und Mitteilungen der Geschichts-
und Altertumsforschenden Gesell­
schaft des Osterlandes 10, 340
15 vieh 16 zu segen vor wölfen
vgl. Job. Wolffs Beichtbüchlein ed.
F. W . Battenberg (Giessen 1907),
s. 7, ed. F . Falk (Münster i. W .
1907 ), s. 25 17 W . A. korr.:
errichten 23 zuschreibt
des Glaubens, eine kurze Form des Vaterunsers. 1520.
43
als die ketzer / vnd alle hoffettige Wer nit von hertzen / groß von yhn
Heyligen. haltet vmb gottis gebott willen.
9 e 1Wer gottis «amen nit lobet in allen Wer fle nit ebrtt / ob sie gleych vn-
dingen wz ym furkompt recht vnd gewalt thun.
5 Wer nit weeret andern die gottis Wer die gebott der Christliche 5
«amen vneeren / felschlich brauchen/ kirchen nit haltet / mit fasten /
vnd durch denselben bößes wircken. feyren rc.
M da her gehört / die eytel ehre Wer priesterstäd vneret / nachredt /
rhum/vri geystlicher hoffatt. vnd beleydigt.
Wer seyne Hern vn vbirkeyt nit 10
9” 1 V Widder das dritt. t u t l U m t vnd gehorsam ist / fle
f Wer fressen / sauffen / spielen / seyn gut oder btße.
tantzen / müßganck / vnkeuschheyt Hierynne seyn alle 1 ketzer / abtrin- *o b
treybt. nigen / apostaten / vorbanten / vor­
Wer faulheit / ampt gottis vor- stockten rc. 15
»5 schloffen/vorseumen/spaciere / vnnütz Wer nit hilfst zu dißem gepott vnd
schwetzen übet. wider steht den vbettretern desselben.
Wer an sunder nott arbeit vnd Dü da gehört her alle hoffatt vnd
handeltt. vngehorsam.
Wer nit betet/nit Christi leyden
*0 bedenckt / nit seyne fünde berewt i Widder das fünfft.
vn gnade begeret. Also nur mit f Wer mit seynem nehsten zbrneth.
cleyder / effzen / gebeerden eußerlich Wer tzu yhm sagt Racha (dz seyn
fevrtt. allerley zvrns vnd Haffes zeychen.)
Wer nit gelassen stett/yn allen Wer zu yhm sagt / fatue / du nan /
25 seynen werden / vn leyden / das das seyn allerley / schandwort / fluch / 25
gott mit ym mache wie er wil lesterung / nachreden / richten / vr-
Wer nit den andern alles diß zu teylen / honsprach rc.
thun / hilfst vnd yn weret da Widder Wer seyns nehsten fund odder ge­
tzu thun. brechen rüget / vfl nit bedecket vnd
30 Vnd da gehört her / tragkeyt zu entschuldiget. y>
gottis dienst. Wer seynen feyndr nit vorgibt nit
vor fle b itte t/n it freundlich is t/
f Widder das vierdt nit wolthut.
1 " Wer sich armuts / gebrechks vor- DK hierynne sein alle fund des
achtung seyver eldern schemtt. zorns vn haß/als todtschleg/krige/ 35
35 Wer yn nit yhre notdürfst mit speyß rauben / brennen / zencken / haddern/
vnd cleyder vorsorgt. ttawren des nehsten glucks / stewen
D il mehr «er yhn -lucht / schlecht/ seins vnglucks
nach redtt / haßset / vnd vngehor- Wer nit übtt die werck d' barm-
sam ist. hertzickeyt auch kegen seynen feynden. 40
14 messe 17 ohne besondere 21 vgl. M t . 5, 22
not 18 geschlfte macht
Eine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form
44
W er die leuth zusammen hetzt odder Wer vordienet Ion vorhelt/vfl schuldt
henget. vorleucknet.
W er vneynickeyt macht zwischen W er seym nehsten dürfftigen / nit
andern. borget odder leyet an allen auff satz.
5 W er nit vorsunet die vneynige. Alle die geytzig seyn / vnd eylen reych 5
W er nit » tret oder furkumpt zvrn zu werden.
vü vneynickeit wo er kan. Vnd wie sunst frembd gutt behalten /
od' zu sich bracht witt.
1 Widder das sechst. W er des andernn schaden nit weeret.
1f W er iunckftawr schwecht / W er den andern nit warnet für 10
»o erbrecht / blutschanden / vtt der gleych schaden.
vnkeuscheit wircket. W er seyns nehsten vorteyl hindett
W er vnnaturliche weyße oder Per­ W er seynes gewinst verdrieß hatt.
sonen (das seyn stummen sunde)
gebraucht. 1 Widder das acht.
*5 W er mit schandparn Worten lydlin /
1 W er vor gericht die warheit *s
Hysterien / bilden / die büße lust reytzt schweygt vnd vnderdruckt.
odder tzeygt. W er schedlich leugt vnnd betreugt.
W er mit sehn / greiffen / willige Item alle schedliche schmeichler vü
gedancken / sich reytzet vnnd be- orrbleßer / zweytzügiger.
ao fleckt. W er des nehsten gutt / leben / werck »<>
W er die vrsach nit m eydet/als vnd wort vbel außleget vnd schmechet.
fressen/ sausten / müflckeit / faulheyt / W er den selben büßen tzungen statt
schlaffen / vnd weybs od' manß personr gibt / hilfft/vnd nit widdersteet.
gemeinschafft. W er seyn tzungen nit braucht zu
25 W er mit vberigez schmuck ge- entschuldigen seyns nehsten namen. 25
beerden rc. andere zur vnkeuscheyt W er nit strafft den affteneder.
reytzet. W er nit alles gutis von yderman
ix b 1W er hauß / rawm / zeyt / hülst sagt vnnd alles btßes schweygt.
stattet solche sunde zu thun. W er die warheyt schweygt oder nit
30 W er eyns andern keuscheyt nit hilfft vorficht. 30
bewaren / mit radt vnd tadt. 1s Widder die letzten tzwey.
211 w 1% Widder das siebend.
1s D ie zwey letzten gepott höre nit
in die beycht / Sondern seyn tzil vn
1f W er dieberey vnd rauberey vnd mal gesetzt / da wir hyn kummen
wucher tteybt. sollm / vnnd teglich durch puß dahyn 35
35 W er falsch gewicht vnd maß braucht/ arbeyten mit hilff 1 vnd gnaden 12 b
odder büße wahr vor gut auß gibt. gottis / dan die büße neygung stirbt
W er vnrecht erbgütter vnnd tzinß nit eer gründlich / das fleysch werde
eyn nympt. dan zu puluer / vnd new geschaffen.
2 vgl. oben I s. 383, z. 1 6 ver- 4 zinsen 33 als ideal
hindert 18 nachgiebigen 25 über­
flüssigem , üppigem 29 leiht
des Glaubens, eine kurze Form des Vaterunsers. 1520. 45
1s Die funff synn werden ein geschloffen ym .v. vnd .vi. gebot.
Die .vi. werck der barmhertzideit ym .v. vnd .vij. Die .vij. todt fund.
Hoffatt ym .i. vnd .ij. Vnkeuscheyt ym .vi. Zorn vnd haß ym.v. Fraß
ym vi. Trackheyt im .iij. vff 1 wol in allen. Die frembden fund seynd in 21a w
5 allen gepotten / dan mit heyffen / radten vnnd hülff «idder alle gebott /
gesundet -an «erden. Die ruffenden vnd stumen fund seynd wider das
»v. vnd .vi. vnd .vij. gebot rc.
I n allen dißen werden flcht man nit anders / dan eygen lieb die das
yhre sucht / nympt gott was seyn ist / vnd den menschen was derselben ist /
10 vnd gibt nit noch gott noch menschen / ettwz von bttalM fle h a tt/ i ß t /
vnd mag / das woll Aug. sagt. Der ansang aller sund ist die eygene seyns
selbs liebe.
Auß dißen allen folget das die gepott / nit anders dan liehe ge*
pieten / vnd lieb vorpieten / vfl die gepott nit erfüllet dan lieb / auch nit
15 vbertrit dan lieb. Drumb spricht S. Paul / das die lieb sey erfullung
aller gepott / gleych wie die böß lieb ist / vberttettung alller gepott.

D ie erfullunge der selben.


1s Des Ersten.
Göttis forcht vnd lieb yn rechtem glauben vnd altzeyt in allen werden
ao fest vortrawen / gantz bloß / lauter in allen dingen gelaßsen steen / fle seyn
böß odder gutt.
D a gehört her / alles was in der gantzen schüfst vom glauben / Hoffnung
vff der lieb gottis geschrieben ist / welchs alles kurtzlich in dißem gepott
begriffen ist.
*5 1s Des Andern.
80b / eer / gebenedeyung vnd anrüsten gottis namen / vnd seynen
eygen namen vnd eer gantz vornichten / das allein got gepreyßet sey / der
alleyn alle ding ist vnd wirdt.
1D a gehört her / alles was von gottis lob / ehre / band / namen / freute / *3K
30 in der schüfst geleret ist
1 D es dritten.
Sich -u gott bereyten / vn gnade suchen / das geschieht / mit beeten /
Meß vnd Euägelij hören / vnd Christi leyden bebenden / vnd alßo geyst«
lich zu sacrnt geen / dan dyß gepott / füttert eyn geyst arme seel / die do
35 yhres nicht sein vor gott opffert / das er yr gott sey vnd in yhr seyns

i vgl. Cohra, Die evangel. Katechismusversuche vor L.s Enchiridion


IV , 269 f. 4 trägheit 11 Sermo 96 cap. 2 (MSL. 38, 585): ‘Prima
hominis perdido fuit amor sui* 15 Rö. 13, 10 32 sich für Gott
vorbereiten, sich auf ihn rüsten 34 Mt. 5,
46 Eine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form

s ijw werck- vnd tutmen betonte / nach den tzweyen ersten gebott. Da ge-
Hort her / alle- was von gotti- dienst / prediget hören / vnd gutten wercken
den leyb vnter den geyfl zu »ersten befölen ist / das alle vnser werck gvtti-
seyn vnd nit vnßer.
f Des vierden. 5
Williger gehorsam / demütickeit / vndettmickett aller gemalt vmb
gotti- wolgefallen willen / als der Apostel S . tyttx9 sagt an alle- wtdder-
pellen / (lagen vnd murmulen.
Da gehört her / alle- «a- von gehorsam / demut / vntertenickeit / ehrbietung
geschrieben ist. xo
1s D e- sunfften.
Gedult / sanfftmütickeit / güttickeit / fndlickest, darmhertzigkeyt / vnd
aller dinge ein süße- freundlich- Hertz / an allen haß / zorn / bitterkeit gegen
eynem -glichen mensche / auch den feyndr.
Da gehören her / alle lere von der gedult sanfftmätigkeit / fnd / eynickeit. xz

5 De- sechsten.
Keuscheyt / -acht / schamhafftickeit in wercken / Worten / beerden / vnnd
gedancken. Auch meßickeit yn effzen / tnncken / schlaffen / vnnd als wa-
ber keuschest fürderlich ist.
Da gehören her / alle lere vö der keuschest / fasten / nächter / mesflg sein / w
beetk / wache / arbeyte / vnd «0 mit keuschest behalten witt.

1s De- siebenden.
m e Armut de- geyste- / mildickeit / Willigkeit seyner 1 gütter zu leyhen /
vnd geben / an allen geytz vnd begirde leben.
Da gehören her alle lere / von dem geytz / vnrechtem gut / wucher / list / «5
betrüg / schaden / hynderniß de- nehsten am zeytlichen gut.

1s De- achten.
Gin fridsame / haylsame zunge / die niemöt schadet vnd yderman
fnnmnet / die die vneynigen sunet / die vorlesterten entschuldiget / vsi Vor­
sicht /d a - ist / warheit vnd eynfeltickeit in Worten. 3»
Da gehören her / alle lere / vom schweygen vnnd reden / da- de- nehsten
ehre / recht / fach / vnd selickeyt antrifft.

2I4W 1 H Der letzten zwey.


D a- ist / volkömende keuscheit / vnd vorachtung tzeytlicher lust vnnd
gutter / gründlich / da- allein yn gehnem leben volnbracht w irt. 3$

3 dem geizt zu unterwerfen 7 1. P t 2, 18 9 ehrerbietung


17 gebärden 29 nützt versöhnt 35 jenem
des Glaubens, eine kurze Form des Vaterunsers. 1520.

I n aüen dißen wercken sicht mä nit anders / bä frembb / gemeyn /


bas ist / gottis vn des nehsten lieb / die sucht nit was yhr ist / fonbet
was gott vnb des nehsten / vnb ergibt sich yberman frey zu eygen / bienst
vnb willen.
5 T Szo sihstu bas in den tzehen gepotten gar orbenlich vnb kurtzlich
begriffen seyn alle lere / die dem menschlichen leben nott sein / «ilche ßo
er halten wil / hatt er all stund gut werck zu thun bas yhm nit nott «ere /
andere werck tzu erwelen / hir vnnb bar lauffen / vnb bas thun / da nichts
von gepotten ist.
10 H Das alles ist mercklich angeheygt / da mit / bas nichts in dißen
gepoten geleret ist / was der mensch yhm selb thun / lassen / ober von andern
begeren soll / sondern was er andern / gott vnb den menschen thun vnb
lassen soll / das wir es greyffen müßen / bas die erfullung stett in der liebe
gegen andern vnb nit gegen vns / ban der mensch thut / testet vnb suchet
15 yhm selb schon zuuill / bas nit zu leren / sondern zu weren nott ist. Darüb
lebet der am aller besten / der yhm selb nichts lebet.
Vnb der lebet am aller ergisten / der yhm selbs 1 lebet / ban alßo *5 e
leren die pehen gepolt / barauß man sihet / wie wenig menschen wol (eben /
ia als eyn mensch / niemant mag wol leben / drumb ßo wir bas erkennen /
10 muffen wir nu leren wo wirs nhemen sollen / bas wir woll leben vnb die
gpott erfüllen.
Jhesus.
Er Glauben teylet sich yn heubtstück / nach v«m e«
b drey Person der heyligen göttlichen dreyfalttckayt drcyn ertztlet
s5 werden / das erst dem Vatter / das ander dem Sun / das teilt dem
heyligen Geyst / zu zueygen /d a das ist der höchst artickell ym glauben /
barynnen die andern alle hangen.
1 Hie ist zu mercken / bas zweyerley weyß glaubt witt / zum ersten / ai5w
von gott / bas ist / wen ich glaub bas war sey / was man vö gott sagt /
30 gleych als wen ich glaub / bas war sey / was mä vom Turcken / teuffei /
hell sagt / bißer glaube / ist mehr eyn wiffenschafft obber merckung ban eyn
glaub. Zum andern / w itt yn gott geglaubt / bas ist / wen ich nit alleyn
glaub / bas war sey / was von gott gesagt witt / ßonbern setze meyn traw
yn yhn / begeh vnb erwege mich mit yhm zu handeln / vnb glaub on allen
35 zweyffell er «erb mir alßo seyn vnb thun / wie man von yhm sagt / miss
mild) weyß ich nit glaubte dem Turcken ober menschen / wie hoch man
seyn lob preyffete / ban ich glaub leychtlich / bas eyn man frum sey / ich
«ags drumb nit/miss yhn -u bawen. Solcher glaub / der es wagt auff
2 1. Ko. 13, 5 23 dem entsprechend, dass . . . 24 darin
aufgeführt 31 hell / sagt B consideratio 33 vertrauen 34 er­
gebe und unterwinde mich
E in e kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form

gott rote von y-m gesagt wirk / es sey ym Üben oder sterben / der macht
alleyn eynen Christen menschen vnd erlanget von gott alles was er rotl /
den mag keyn btße falsches Hertz haben / dan das ist eyn lebendiger glaub
vnd der roirt gepoten ynn dem ersten gepott / das do sagt ich byn deyn
gott / du solt keyn ander götter haben / drüb ist das roortlin / Inn / fast s
rool gesetzt vnd mit vleyß war zu nehmen / das wir nit sagen. Ich glaub
*6 b i gott dem Datter / odder von dem vatter / sondern Inn gott den vatter.
In Ihesum Christu / In den Heyligen geysk Dnd den glauben soll man
niemant geben / dan alleyn gott / darumb / roirt die gottheyt Jhesu Christi
vnd des Heyligen geystes damit bekant / das wir ynn yhn gleych rote ynn x«
den vatter glauben. Dnd wie es eyn gleych glaub ist in alle drey Person /
ßo seyn die drey Person auch eyn gott.

Das Erst Teyll des Glaubens.


I CH glaub in gott Vatter almechtigen schopfer
hymels vnd der erden. »$
5 Das ist. Ich vorsag dem bbßen geyst / aller abgttterey aller tzeuberey
vnd mißglauben.
Ich setz meyn traroen auff keyn menschen auff erden / auch nit auff
mich selbs / auch auff meyn geroalt / kunst / gutt / frümkeyt odder was ich
haben mag. •©
Ich setz meyn ttaro auff keyn creatur / sie sey ym hymel oder auff
erden.
2x6W 1 Ich erroege vnd setz meyn ttero / aleyn auff den blosse« vnstchtlichen
vnbegreyflichen eynigen gott / der hymell vnd erden erschaffen hatt / vnd
allein vbir alle creature ist. *s
Widderumb entsetze ich mich nit / ob aller b-ßheyt des teuffels / vnd
seyner geselschafft / dan meyn gott ober sie alle ist.
Ich glaub nichts beste weniger yn gott / ob ich von allen menschen
vorlassen odder vorfolget roere.
Ich glaub nichts beste weniger / ob ich arm / vnuorstendig vngeleret / 3®
voracht byn odder alles dings mangelt.
Ich glaub nichts beste weniger / ob ich ein sunder byn. Dan dißer
meyn glaub soll vnd muß schweben ober alles / was do ist vnd nit ist /
ober fund vnd tugent / vnd vber alles / auff das er ynn gott lauterlich
vnd reyn sich halte / wie mich das erste gepott dringt. 3$
Ich begere auch kein tzeychen von yhm / ybn zuuorsuchen.
Ich traro bestendiglich ynn yhn / wie lang er vortzeugt / vnnd setze
i 7 e yhm keyn tzill / tzeyt / maß / odder roeyße / ßon'dern stell es alles heym

seynem göttlichen willen ynn eynem freyen richtigem glauben.


6 mal B, woll A 16 entsag
des Glaubens, eine kurze Form des Vaterunsers. 1520.
49

Szo er dan almechtig ist / was mag mir geprechen / das er mir tut
geben vnd thun müge?
Szo er schipfer hymell vnd erden ist / vnd aller ding eyn hen wer
w il mir ettwas nehmen oder schaden? ia wie wollen mir nit alle dingk
5 zu gutt turnen vnd dienen / wan der mir gutt gan / dem ste alle gehorsam
vnd vnderthan seyn?
Die weyll er dan gott ist / ßo mag er vnd weyß wie ers machen
mit mir soll auffs beste.
Die weyll er vatter ist / ßo wil ers auch thun vnd thut es hertz-
10 lich gerne.
Die weyll ich daran nit zweyffell vnd setz meyn trew alßo in yhn /
ßo bin ich gewiß sein kindt / diener vnnd erbe ewiglich vnd wirt mir ge­
schehen wie ich glaub'

Das Ander Teyll.


»» p N d in Jhesum Christü seynen eymge» Sun »nß,m
Herrn / der empfangen ist von dem Heyligen geyst / geporen von der
Junckfrawen Maria / gelitten vnter pontio Pilato / gecreutzigt / 1gestorben 217w
vn begraben / Nider gestigen zu der Helle / am dritten tag aufferstanden
von den todten / auffgestigen zü hymell / Sitzend zur rechten g ittis des
»o allmechtigen vatter / Don dannen er zukünfftig ist zu richten die lebendigen
vnd die todten.
! Das ist.
Ich glaub nit allein/das Jhesus Christus warhaffttger eyniger
gottis Sun ist / in eyner ewigen göttlichen natur vnnd «eßen von ewickeit
*5 ymmer geporen / ßondern auch das ym von dem vatter alle ding vnter-
worffen sein / vnd nach der menscheit meyn vnd aller ding ein hen gesetzt
ist / die er mit dem vatter nach der gottheit geschaffen hatt.
Ich glaub / das yn den vatter glauben / vn zu dem vatter niemant
kummen mag / Widder durch tunst / werck / vornunfft / noch alles das man
30 nennen kan yn hymell vnd auff erden / dan allein / yn vnd durch Jhesum
1Christü seynen eynen Sun / das ist durch glauben / yn seynen namen / is b
vdn hirschafft.
Ich glaub fest glich / das er mir zu gutt empfangen ist / von dem
heylige geyst/on alles menschlichs vtt fleyschlichs werck on leyplichen
35 vatter odder manßsamen / auff das er meyn vnd aller die in yn glauben /
sundtich / fleyschlich / vnreyne / vordamplich / empfengniß reynigete vnd
geystlich machette / durch gnedigen willen feint vnd des almechtigen vatters.
Ich glaub das er mir geporen ist / vö der regnen iunckfrawen Marien /
on allen schaden yhrer leyplichen vn geystlichen iunckfrawlchafft / auff das
5 guts? gönnt hehorsam B II vertrauen 31 ist fehlt B
37 gleystlich B
50 Eine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form

er / noch ordnüg vetterlicher barmhertzickait / meyne funblid) vnd Vor­


bau, pte gepurt vnnb aller seyner gläubigen gebenebeyt vnscheblich vnb reyn
machte.
Ich glaub / bas er seyn leyben vnb creuh für meyne vnb aller
gläubigen sunbe getragen hatt / vnb ba burch alle leyben vWb creutz ge- $
segnet vnb nit allein vnscheblich / sonbern auch haylsam vnb hoch vorbienst-
lich gemacht hatt.
Ich glaub / bas er gestorben vft begrabe ist / meyne frnib vft aller
seyner gläubigen gantz zu tödttn vnnb begraben / dartzu den leyplichen tobt
erwürgt / vnb gantz vnscheblich / nützlich / heylsam gemacht hatt. 10
Ich glaub /b a s er zu ber Helle nibergestigen ist / ben teuffell / oft
alle seyne gewalt / list vnb boßheyt mir oft seynen gläubigen zu bempffen
« s w vnb 1 gefangen zu nhemen / bas mir ber teuffell / hynsürt nit schaben kan /
vnb mich von der helle peyn erlöstet / die selben auch vnscheblich vnb vor-
bienstlich gemacht. *$
19 e > Ich glaub / bas er sey aufferstanben am britten tag von ben tobten /
mir vnb alle seyne gläubigen ein news leben zu geben / vnb alßo m it yhm
in gnaden vnb geyst erwecket hatt / hynfür nymmer zu sündigen / sondern
yhm allein zu dienen in allerley gnaden vnb Lügenden.
Ich glanb / das er auffgestigen sey zu hymett / vnd von dem vatter 80
empfangen gewalt vnd ehre vbir alle engele oft creaturen vnd alßo sitzet
zu der rechten Hand gottis / das ist / er ist eyn künig oft hen vbir alle
gottis gütter yn hymell / hell vnd erden.
Derhalben er helffen kan m ir vnd allen gläubigen / in allen vnßern nötten /
Widder alle vnster widdersacher vnd feyndt. »5
Ich glaub / das er Widder von dannen / von dem hymell kümen « irt
an iungstk tag / zu richten / lebendigen / die dan erfunden «erden / vnd
todten / die ynn des verstorben seyn / vnnb alle menschen / alle engele vnb
teuffell / für seyn gerichts stull kümen müssen vnb yhn leyplich sehen / mich
vnb alle seyne gläubigen / zu erlösten von dem leyplichen tobt vnd allen *>
geprechen / vnd zu straffen ewiglich vnster feind vnd Widder sacher / vnd
von yhrer gewalt ewiglich zu erlösten.

D as Dritte Teyll.
IC H glaub ynn den Heyligen w / w he»««» ShnA.
liche Kirche / eyn gemeynschafft der Heyligen / eyne vorgebung der 35
fund / auffersteung des fleysches / Vnd eyn ewiges leben / A M E N .
aoE 1 1 D as ist.
Ich glaub nit allein / das der heylig Geyst / ein «arhafftiger gott
ist mit dem Vatter vnd Sun / Sondern auch ynn vnd zu dem Vatter /
10 heyfam B 21 vyd (st. vnd 1.) B
des Glaubens, eine kurze Form des Vaterunsers. 1520.
51
durch Shristü vn seyn leben / leyden / sterben ond alles was von yhm ge­
sagt ist / niemant summen noch ettwas desselben erlangm mag / on des
beyligen geysts werck / m it milchen der D atter vnd der S u n / mich vnd
alle die seynen / rüret / wecket / ruffet / heucht / durch vnd ynn Christo
5 lebendig / heylig vnd geystlich macht / vnd alßo zum D atter bringt / dan
er ist bas / da mit der vatter durch Christum vnd ynn Christo / alles wirckt
vnd lebendig macht.
1 Ich glaub / das do sey auff erden / ßv weyt die wett ist / nit mehr / «9W
dan eyne heylige gemeyne Christliche kyrche / «ilche nicht anders ist / dan
ie die gemeyne odder samlung der Heyligen / der fhimett / gläubigen menschen
auff erden. Milche durch den selben Heyligen geyst vorsamlet / erhallen
vnd regiret wirt / vnd teglich yM den sacramenten vnd wort gottis ge-
mehret.
Ich glaub / das niemant kan selig werden / der nit ynn dißer gemeyne
x5 erstünden wirt / eyntrechtlich mit yhr haltend / in eynem glauben / wort /
sacramenten / Hoffnung vnd lieb / vnd keyn Jude / Ketzer / Heyd oder sunder /
mit yhr selig werde / es sey dan / das er sich mit yhr vorsune / voreynige
vnd yhr gleychformig werde / in allen dingen.
Ich glaub das in dißer gemeyne odder Christenheit / alle ding ge-
ao mevn seynd / vnd eyns -glichen guter des andern eygen / vnd niemant ichts
eygen sey / dammb mir vnd eynem -glichen gläubigen / alle gepett vnd
gute werck der gantzen gemeyne / tzu hülst kurnmen / beystehn vnd stercken
muffen / zu aller tzeyt ynn leben vnd sterben / vtt alßo ein yglicher des
andern pürden ttegt / wie feitet P aulus leret.
25 Ich glaub / das do sey yn der selben gemeyne / oft sonst nyrgend /
vorgebung der fund / das außer der sel'ben nit helff / wie vill vnd groß die -- ®
gute werck ymmer seyn mügen / hur fund vorgebung / aber ynner der selben
nit schade / wie vill / groß vnd offt gesundiget «erden mag / zur vorgebung
der sunde / milche bleybt / wo vnd wie lange / die selben eynige gemeyne
30 bleybt. Milcher / Christus die schluffel gibt vnd spricht M atth, xviij.
M as yhr werdet auff binden auff erden / soll auff gepunden seyn yn dem
hymell. Desselben gleychen zu dem enhelen Desto an statt vnd bedeutüg
der entzelen eynigen kirchen M att. xvi. M as du wirst auff binden rc.
Ich glaub / das do zukunfftig ist eyn aufferstheüg der todten ynn
35 «ilcher / durch den selben Heyligen geyst wirt Widder auff erweckt werden /
alles Aeysch / das ist / alle menschen noch leyb odder fleysch / frum vnnd
btßen / alßo das eben das selb fleysch das gestorben / begraben / vorweßen
vnd mancher weyß vmbkummen ist / Widder kurnmen soll vnd lebendig
«erden.
40 1 Ich glaub / das noch der aufferstehung seyn w itt ein ewiges leben **>w

8 ist B 20 etwas 24 Ga. 6, 2 30 Mt. iS, 18 32 ein­


zelnen 33 M t 16, 19 36 noch dem leyb A 37 verwest
52 Eine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form

der Heyligen / tmb ewiges sterben der sunder / vnd tzweyffell on dem allen
nit / der Datter durch den Sun Jhesum Christum vnßern henn / mit vnnd
yn dem Heyligen Geyst / werd mir bise stuck alle lassen geschehen / das
heyst / A M E N / das ist. Es ist trewlich vnd gewiß wäre.
% Hie nach folget das Datter vnßer. 5

Vorrede vnd bereytunge czu


bitten die sieben bitt von gott.

Vatter vnßer der du bist. im hy-


mell. V Die Meynung.
% C almechtiger gott / die weyll du durch deyn grundloß bann- io
hertzikeit / vns nit allein zu gelassen / ßondern auch gepoten vnd geleret
» e hast / durch deynen eynigen 1 lieben S un / vnsern henen Jhesum Christ» /
das wir durch sein vordienst vü mittell dich eynen vatter achten / vnd
nennen sollen / ßo du doch billich / nach aller gerechtickeit / ein gestrenger
richtet sein müchtist / ober vns sunder / die wir / ßo vil vnd schwerlich x$
Widder deynen göttlichen aller besten willen gethan / vnd dich ertzürnet haben.
Szo gib vns / durch die selb barmhertzickeit / yn vnßer Hertz eyn
ttostliche zuuorsicht / deyner vetterlichen lieb / vnnd laß vns empfinden
den aller lieblichsten schmack vnd süßikeit / der kindlichen sicherheit / das wir
mit freuden / dich eynen vatter nennen / kennen / lieben / vnd anruffen *o
mügen / yn allen vnßern nbdten / behüt vns / das wir dein tynder bleyben /
vnd nit vorschulden / das wir auß dir allerliebsten vatter / eynen erschreck­
lichen richtet / vn vns selb auß kinder / zu feynden machen.
D u roilt auch / das wir nit allein vatter / sondern / yn gemeyn vnser
vatter / dich anruffen / vü also eyntrechrlich / für allesampt bitten. Darumb -5
gib vns / eyn eintrechtliche / brüderliche liebe / das wir vns allsampt war-
hafftige brüder / vn schwester erkennen vnd achten / vnd dich eynen ge-
meynen vnßern lieben vatter / für alle vnd yderman bitten / als ein kind
für das ander / gegen seynem vatter thut / laß niemant / vnder vns / das
m W seyn suchen / odder des andern 1 für dir vorgeffen / sondem abgethan allen Z0
haß neyd vnd tzwittacht / vns alls die waren frumen gottio kinder / vnter
eynander lieben / vnd alßo eintrechtlich sagen mügen / nit meyn vatter /
sondern vnßer vatter.
Auch die weyll / du nit eyn leyplicher vatter bist / der auff der erden
ist / sondern der dn im hymell bist / ein geystlicher vatter / der nit stirbt / 35
vnd vngewiß ist / vnd yhm selb nit helffen mag / wie d' yrdenisch vnnd
leypliche vatter / da mit du vns antzeygist / wie vbermessig / du ein besser
vatter bist / vnnd lerest / tzeytlich vatterschafft / vatter land / freund / gut /
ly kinlichen B 30 prae te 35 zm B
des Glaubens, eine kurze Form des Vaterunsers. 1520.
53
fleysch vnd blut / für dir / vorachten. 1 Szo gib vns / O vatter / das wir -3 e
auch dein hymlisch kind seyn mügen / lere vns / der freien / vnd des
hymelischen erbteyls allein warnehmen / das vns / das tzeytliche vatter land
vnd yrdische erbgut / nit betriege / vmfange / hyndere / vnd gany zu yrdischen
5 kindern mache / das wir mit rechtem waren gründ mügen sagen. O hyme-
lischer vatter vnßer / vnd wir warhafftig deyn hymlische kinder seyn.

D ie erste b itt.
Geheyliget werde dein name.
% Die Meynung ist.
10 1s O almed)tiger got / lieber hymelischer vatter / dein heyliger namen
w itt duff dißem elenden iamettal / leyder / ßo manichfeltig / vorunheyliget /
belestett vnd geschmecht / w itt vielen dingen zu geeyget / da deyn eere nit
an ist / w itt auch in vielen stücken / vn zu funden mißpraucht / das auch
das schendlich leben / wol ein schand vnd vneer / deyns Heyligen namens
15 möcht heyffen.
Szo gib vnß deyn göttlich gnade / das wir vns vor alle dem be­
hüten / das nit zu eer vnd lob / deynes Heyligen namens reycht. H ilff das
alle zeuberey / vnd falsche fegen abgethan werden.
H ilff das allerley beschweren des teuffels oder creaturen / durch deynen
*0 namen / auff höre. H ilff das alle mißglauben / vnd vbirglauben / außge-
wurhelt werden. H ilff das alle ketzerey / falsche lere / die sich yn scheyn /
deyns namens dargeben / zu nicht werden. H ilff das aller 1 falscher 2mW
scheyn / der warheit / frumkeit / heylickeit / niemSt betriege. H ilff das
niemat bey deynem namen schwere / lige oder triege. Behüt vns vor
•5 allem falsch- tröst vnter deynem namen errichtet. Behüt vns vor aller
geystlicher hoffatt/ vnd eyteler ehr / zeytlichs rumbs od' namens. H ilff
das wir / yn allen vnßern ntdten vnnd geprechen / deynen heyligen namen
mugen anruffen. H ilff das wir in der angst vnßers gewissen / vnd am
leyten sterben / deynen namen nit vorgeffen. H ilff das wir / in allen
30 vnßern güttern / «orten vki wercken / dich allein 1loben vnd eeren / nit vns u e
dauon eyn namen geben odder suchen / sundern dir allein / des alle ding
allein seynd Behüt vns / vor dem schendlichen lasier der vndanckparkayt.
H ilff das auß vnßern guten wercken vnd leben / alle andere gereytzt werden /
nit vns / ßondern dich in vns zu loben vn deynen namen eeren. H ilff
35 das auß vnßern btßen wercken odder geprechen / niemant geergett werd deyn
namen / zu vneeren / odder deyn lob nach zu lassen. Behüt vns / das
wir nichts begeren Widder zeytlich noch ewig / das nit deynes namens
eere vnd lob sey / vnd ßo wir solchs werden bitten / wollest vnßer torheyt

i pro te 17 dient 20 superstitio 27 geprchen B 35 be-


geett B (s. E in l.) 36 zu unterlassen
E ine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form
54
nit erhören. Hilff das vnßer leben alßo sey / das wir als warhafftig
kinder gottis erfunden werden / das deyn vetterlicher name / nit vmbsnnst /
odder fälschlich ober vns genendt werde.
A M E N
Dnd in das gepett hören alle Psalmen vnd gepeet / da man gott ynnen
lobet / eeret / finget / dancket / vnd das gantze Alleluia.

Die andere bitt.


Zu kome dein reych.
Die Meynung.
T Diß elend leben / ist ein reych / aller sund vn boßheit / darynne
ein bene ist / der böß geyst / aller boßheyt vnd sund eyn ansang vnd haubt-
ichalck. Deyn reych aber ist / eyn reych aller gnadk vnd tugent. Darynne
ein bene ist / Jhesus Christus deyn lieber Su n / aller gnaden vnd tugent /
ein haubt vnd ansang. Darüb ßo hilff vnd gnade vns lieber vatter. Gib
vns für allen dingen ein rechten bestendigen glauben in Christo / ein vner-
223 w schrockene Hoffnung / in deyn barmhertzickeit / wider alle blödickeit vnßers
sundlichen gewissen. Eyne gründ gütige liebe zu dir vnd allen menschen.
Behüt vns vor vnglauben vnd vortzweyffeln vnd endlichen neyd. Hilff
vns von der vnfletigen Inst der vnkeuscheit vn gib vnS eyne liebe zu der
2 5 e iunckfrawschafst vü allerley keuscheit. Hilff vns / auß der zwittracht / krieg /

vnd vnfrid / vnd laß zu kummen deyns reychs tugent / den frid vnd eynickeit /
vnd M e rüge. Hilff vns / das nit zorn / oder ander biterkeit / yn vns
seyn reych vbirkomme / ßondem durch deyn gnade / yn vns regire einseitige
süßickeit / vn brüderliche trew / vn allerley frundtschafft / miltickeyt / sanfft-
mütickeyt rc. Hilff / das nit vnordige betrübniß vü schwermntickeit / yn
vns sey / sonder laß zu fönten die freudt / vnd lust / yn deyner gnade vnd
barmhertzickeit. Dnd endlich das alle sunde von vns gewandt werden /
vnd wir deyner gnaden aller tugent vnd guter werck voll / mügen dein reych
werden / das alle vnßere Hertz / mut / vtt synn / mit allen crefften inwendig
vnd außwendig / dir / deynen gepoten / vnd willen vntetteniglich dienen /
vnnd sich allein von dir regiren lassen / nit yhn selbs noch dem fleysch /
weit odder teuffell folgen. Hilff / dav solch dein reych. angefangen in
vns / zunehme / vnd teglich fich bessere vnd mehre / das vns nit vberfalle /
die listige bößheyt / die tragheit zu gottis dienste / auff das wir / nit wider
zu rücke fallen / sondern gib vns ein ernsten fursatz vnd vormügen nit allein
antzuheben frum sein / sondern vill mehr kecklich darymen fortgehn vn voln-
brengen / wie der Prophet sagt. Erleucht meyn äugen / das ich nit ent*
schlaff odder faull werde ym angefangen guten leben / vnd der feyndt/meyn
16 Zaghaftigkeit 18 eifrigem 24 brüderlche B 25 undiszipli­
nierte 28 werck / voll B 34 teagheit B 38 einschlafe
des Glaubens, eine kurze Form des Vaterunsers. 1520.
55

alßo widderüb gewaltig werde. Hilff das wir alßo bestendig bleyben /
vnd das deyn huküfftig reych dißes angefange dein reych beschließ vii volende.
Hilff vns auß dißem sundlichen / ferlichen leben. Hilff vns / yhenes leben
begeren / vnd dißem feynd werden. Hilff vns / den todt nit fürchten /
s sondern begeren. Wend von vns die lieb vü anhangen dißes lebens / auff
das alßo dein reych / yn vns aller ding volnbracht werde. Dnd in diße
pitt gehören / alle Psalm / verß / vnd gepeet / da mä gnad / vn tugent vö
gott bittet.
11 Die dritte bitt.
«• Dein rville geschehe als im hymell
vnd auff der erden.
1 Meynung.
V Vnßer wille / gegen deynem willen geachtet / ist nymmer gut /
sondern alheyt böß. Dein wille aber / ist alheyt der beste / vberauß auff
*5 das höchste zu lieben vnd hu begeren. Darnb erbarme dich vnßer 0 lieber
vatter. Vnd laß nit nach vnsern willen ettwas geschehn. Gib vnd lere
vns / xtö)t I gründliche gedult haben / wen vnßer wille geprochen wirt
odder vorhindert. Hilff / ßo yemand ettwas redt / schweygt / thut oder
lest / das vnßern willen Widder ist / das wir nit drumb hornigk vnd böß
*> werden / nit fluchen / nit clagen / nit schreyen / nit richten / nit vordamnen/
nit vorsprechen rc. Hilff das wir vnsern widdersachern vn vorhindern
vnsers willens / demütiglichen weychen vnd vnsern alßo faren lassen / das
wir fle loben / gebenedeyen / wolthun / als denen / die deynen göttlichen
allerbesten willen / wider vnßern willen vvlnbrengen Gib vns gnade /
85 das wir allerley kranckeit / armut / schwach / leyden / vnd widerwertickeit /
willig ttagen / vü erkennen das daffelb dein göttlicher wille sey vnsern
willen zu creuhigen. Hilff vns / das wir auch vnrecht gerne leyden /
vnd behüt vns vor der rach / laß vns nit böß mit böß betzalen / gemalt
mit gemalt vortreyben / sondern in solchen deynen willen der vns daffelb
30 zufügt / wol gefallen haben / dich loben vnd dir dancken. Laß vns qit dem
teuffell / oder büßen menschen zu rechnen / wan vns ettwas wider vnsern
willen begegent / sondern allein deynen göttlichen willen der solchs alles
ordinet / zu vnßers willens hindemiß / vnd zu mehrer selickeit / yn deynem
reych. Hilff vns / das wir willig vii frtlich sterben / vnd den todt / in
35 deynem willen / gerne auffnehmen / das wir nit mif vngedutt odder vor-
hagung / dir vngehorsam werden.
Hilff / das wir alle vnßer glid / äugen / Hungen / herhen / hend vtt füeß /
nit yhrer begirdr / noch willen / gelassen werden / sondern in deynen willen
gefaugen / 1 gestockt vnd geprochen werden.
5 anhlngiichkeit an 21: verklagen 33 höherer 38 ergeben
39 festgelegt (vgl. Hi. 13, 27. 33. 11)
E ine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form

Behüt vns / vor allen bößen spenstigen / hardmütigen halßstarcken / eygm


synnigen / vnd eygen willen. Gib vnS enn rechten gehorsam / eyn vol-
»»5W komene ledige gelaffenheit / yn allen 1dingen / geystlich / weltlich / ewiglich /
vnd -eytlich. Behüt vns vor dem grausamen laster des nachredens / vor-
leumbdö / affterrede. freue! richten / vordänen / vorsprechen anderer menschen. 5
O das große vngluck vnd die schwere plage / solcher Hungen wendt ferne
von vns / ßondern lerne vns / das / man w ir etwas sehen odder hören
streflich vnd vns mißfellig von andem / das w ir daffelb schweygen / hu
decken / dir allein (lagen / vnnd deynem willen heym geben / oft alßo /
allen vnßern schuldigern herhlich vorgeben / mit leyden / m it yhn haben. «o
Lerne vns erkennen / das vns niemant schaden thun mag / er thu
yhm dan selbs vorhin / tausentmal mehr schaden / für deynen äugen / auff
das w ir da durch / mehr zur barmherhickeyt vbir yhn / dan zu Horn be­
wegt werden / mehr yhn zu iamern / dan zu rechnen. H ilff vns das w ir
vns n it frawen man es vbell geht / denen die vnsern willen / nit gethan / *$
oder leyde gethan / oder sonst mißfallen yn yhrem leben. Auch das w ir
vns n it betrüben wen es yhn wol geht.
Dnd in diße p itt / gehören alle psalm / otrft / vnd gepeet / do man
Widder die fünfte vnd fevnd / ynnen pittet.

D ie Vierde b itt. *>


V n ß e r teglich brott gib vns heut.
H Die MevilUttg.
Das brott / ist vnser Herr Jhesus Christus / der die seel speyßet
vnd tröstet. Darumb o hymelischer vatter / gib gnade das Christus /
leben / wort / werck / vnd leyden vns vnd aller weit / geprediget / bekandt / »5
vnd behalten werde. H ilff das w ir seyn wort / vnd werck in allem
leben / f u eyn crefftig exempell / vnnd spiegel aller tugent haben. H ilff
t8E das w ir in leyden / vnd wider'wertickeyten / vns durch vnd yn seynem leyden
oft creuh stercken vnd trösten mügen H ilff das w ir vnßer todt / durch
seynen todt / ym festen glauben vbirwinden / vnd alßo kecklich den lieben 3»
fürgenger / in yhenes leben folgen. G ib gnade / das alle Prediger / dein
wort vnd Christü / in aller welt nutzparlich / vnd seliglich predigen. H ilff
das alle die dein wort predigen hören / das ste Christ« leren / vnd daran
sich redlich bessern.
D u wollest auch gnediglich / alle frembde prediget vnd lere / do Christus 3s
*»6W n it erlernet Wirt auß der heyligen kirchen 1 treyben.
Erbarme dich aller bischoffen / Priestern / geystlichen / vnnd aller vbirkeit /
das ste durch deyne gnade erleucht / vns recht leren vnd füren / mit Worten /
vnd guten exempell. Behüt alle schwach gläubigen / das ste sich nit
i widerspenstigen eynen synnigen B 14 rächen 26 erhalten
des Glaubens, eine kurze Form des Vaterunsers. 1520. 57

ergern / ob dem btßen exempell der vbirkeyt. Behüt vns vor ketzerischen /
vnd abtrinnigen lerem das wir in eynem teglichen brott / eyn teglicher
lere / vnnd wort Christi / eyns bleyben. Leme vns / durch deyne gnade.
Christus leyden / recht betrachten / hertzlich fassen / vnd seliglich yn vnßer
s leben bilden. Laß vns / des Heyligen waren leychnamß Christi an vnßerm
letzten ende nit beraubt werden.
Hilff das alle Priester / das hochwirdig sacrament / wirdiglich vnd seliglich
zu der gantzen Christenheit befferung handeln vft brauchen. Hilff das
wir vnd alle Christen / das heylige sacrament / zu seyner tzeyt / mit gnaden
1 0 seliglich empfahen. Vnd summa summamm / gib vns vnßer teglich brott /
das Christus in vns vnd wir in yhm ewiglich bleyben / vnd dm namen /
das wir vö yhm Christen heyffen wirdiglich tragen. I n biße pxtt / ge­
hören alle gepeet oder Psalmen / das man für die vbirkeyt pittet / sonderlich
wider die falschen lerer / für die Juden / Ketzer / vnd alle / yrrigen menschen /
*5 auch für die alle betrübte / vnd trostloße leydende menschen.

1Die funffte bitt.


Vnd vorlas vns vnßere schulde.
als wir vorlassen / vnsem schuldigem.
IT Die Meynung.
-e H Diße bitte / hatt eyn anhang vnd eyn bedingung / das wir zuuorn
sollen vnsem schuldigem vorgeben / wan das geschehn ist / ßo mügen wir
dan sagen / Vor gib vns vnßere schulde.
Vnd das ist oben in der dritten bitt gepeten / das gottis Wille geschehe /
der wil das man alles gedultig leyden soll / vnd nit büß vor btß geben /
»s nit rache suchen / sondem gut vor btße geben / als vnser vatter thut ym
hymel / der seyn sonne lest auff gehn vbir die frumen vnd btßen / vnd lest
regm vber die yhm dancken / oft die yhm nit dancken. D rum b1 bitten wir. a»7 W
O vatter ttöst vns / vnßer gewitzen itzt / vnd an vnßerm letzten ende / wilchs
für vnßem funden vnd deynem gericht / grewlich erschrickt / vnd erschrecken
3® Wirt. Gib vnßem Heryen / deynen frid / das wir deyns gerichts mit fteudm
ermatten mügen. Gang nit mit vns yn die scherpfe deyns gerichts / dan
do w itt keyn mensch rechtfettig erfünden.
Leme vns lieber vatter nit auff vnßer gute werck odder vordimst /
vns vorlassen odder trösten / ßoudem alleyn auff deyne gnmdloße barm-
35 hertzickeit / lauter vnd fest vns wagm vnd ergeben. Desselben gleychen /
laß vns auch nit vortzagm vmb vnßers streflichs sundigm lebms mitte /
sonder dein barmhertzickeit höher / breyter / stercker achtm / dan all vnßer
lebm.
2 eyn tteglicher A (s. Einl.) 17 erlass 25 Mt. 5. 45 31 Ps.
143. -
Eine kurze Form der zehn Gebote, eine kurze Form

Hilff allen menschen / die in todts nüten / vnd in der anfechtung solcher
vortzweyffelng gemgstet sein /vnd -onderlich dem. N. odder dem .N.
Erbarme dich auch aller armen seelen/ym Fegfewr / sonderlich.N. vnd
.91. Vorgib yha vnd vnß allen vnßere schulde / trifft fle / vtt nym fit
zu gnaden. Mb vns deyne güte vor vnßer büßheit / wie du vns ge- $
y>E poten hast zu thun Stille den grausamen affter'reder / anclager / vnd groß-
macher vnßer suude den büßen geyst / itzt vnd an vnßem ende / vnd yn«
alle« engsten des gewissen / die weyll wir auch affterreden vnnd der menschen
fund groß zu mache« / vns enthalten. Richte nit vns nach anclage /
des teuffels / vnd vnßerS elenden gewissen vnd erhüre nit die stymme u>
vnßer feynde / die vns tag vnd nacht / für dir schuldigen / gleych als wir /
nit hören wollen / die affterreder / vnd vorclager / der ander. Nym von
vns die schwere last aller fünde / vnd gewissen / auff das wir mit leychten /
frilichen hertzen / in gantzer zuuorstcht / deyner barmhertzickeit / leben vnd
sterben / leyden vnd thun mugen. Vnd in diße pitt gehören alle Psalm 15
vnd gepeet / die vmb fund / die barmhertzickeit gottis anruffen.

Die sechste bitt.


Vnd nit einfure vnS. yn vorsuch-
uvgen.
t Die Meynung. *
T Drey vorsuchung od' Anfechtung haben wir / das fleysch / die welt /
«»sw den teuffev. Drumb bitten wir. 1Lieber vatter / gib vns gnade / das wir
des fleysches lust tzwingen. Hilff das wir seynem vbrigen essen / vnd
trincken / schlaffen / faulentzen / musstggang / widderstreben / Hilff das
wir / das selb / mit fasten messtgem sütter / clayder / lager / arbeyt / wachen / *$
vnnd arbeyten / dienstpar / vnd zu guten wercken geschickt machen.
Hilff vns / das wir seyne büße neygung hur vnkeuscheit / vü alle segne
begirde vnd reytzen mügen mit Christo anß Creutz schlagen vnd todten /
das wir segnet segnet anfechtung / bewilligen vnd folgen. Hilff ßo wir
sehen / ein schon mensch / bild oder andere creature / das / das nit ein an- 30
fechtung / Sondern vns ein vrsach sey / keuschest zu lieben / vnd dich yn
deynen creaturen zu toben. Hilff ßo wir ettwas süßes hüren / ettwas
lieblichs empfinden / das nit darynnen lust / sondern deyn lob vnd ere ge-
31 b sucht werde von vns. 1 Behüt vns vor dem großen lastet / des geytzs /
vnd begirden der reychtumer dißer wett. Behüt vns / das wir nit die 35
eer vnd gewalt dißer welt suchen / odder yn die selb neygung vorwilligen.
Behüt vns / das der welt vntrew / falscher scheyn vü reychung / vns nit
bewege / yhr zu folgen Behüt vns / das wir nit / von dem büßen vü
6 veigrösserer 8 den menschen B 23 vbringen B üppigen
29 in keine seiner Anfechtungen willigen 37 darreichung reytzung A
des Glaubens, eine kurze Fo rm des Vaterunsers. 1520.
59
widerwertickeiten der wett / zu vngedult / rache / zorn / oder andere vntugent /
getzoge werden. H ilff das w ir der welt liegen / triegen / vvrheyffen /
vntrew / vnd alles yhrem gut vtt bösen absagen / vorsachen (wie w ir dan
ym der Tauff geredt haben) vnd darynne feste besteen vnd teglich mehr
s vnd mehr zunehmen. Behüt vnß / vor des teuffels eyngeben / das w ir
nit yn hoffatt / vnd vnßer eygen wolgefallen / vnd anderer vorachtunge be­
willigen / vmb reychtumb adel / gewatt / kunst / gestatt / odder anderer
deyner gutter willen. Bhüt vns / das w ir n it in haß oft neyd fallen /
auß yrgend eyner vrsachen. Behüt vns / das w ir nit folgen der anfechtung
10 des glaubens der vortzweyffelung / itzt vnd an vnßern letzten ende.
Las dir befolen seyn hymelischer vatter / alle die / Widder diße grosse /
1manichfettige anfechtung / streyten / vnd arbeyten / stercke die do noch steen / 229w
hilff wider auff / denen / die gefallen seynd vnd ligen darnyder. Vnd gib
vns allen deyne gnade / das w ir yn solchen elenden vnstchern leben / m it
15 ßouill feynden / an vnderlas vmbgeben / m it einem ritterlichen festen glauben /
bestendiglichen fechten vnd die ewigen krön erlangen.

D ie siebende bitt.
Sondern erloße vns vö dem vbell.
V Die Meynung.
so 1 Diße bitt / bittet vor alles büße der peyn vnd straffe / wie dan
die heylige kirche thut in den litanien. Erloße vns O vatter / von
deynem ewigen tzorn / vnd der hellischen peyn.
Erloße vns / von deynem gestrengen vrteyl / ym todt / vnd am Jüngsten
tage. Er'ltße vns von dem schnellen gehenden todte. Behüt vns vor e
ss waffer vnd Um / vor blitzen vff hagell Behüt vns vor Hunger vnd tewre
zeyten. Behüt vns vor kriegen / vnd blut vorgiffen. Behüt vns / vor
deynen grossen plagen / pestilentz / ftantzoßen vnd andere schwere kranckheyt.
Behüt vns / vor allem vbell vnd nöten / des leybs. Szo doch das yn
dißen allen / deyns namens eere / deyns reychs mehrunge / vnd göttlicher
30 Wille sey. AMEN.
Amen.
T H ilff gott / das alle diße bitt / w ir vngetzweyffelt erlangen vnd
laß vns n it daran tzweyffelln / du habst vnd wirst vns hyrynnen erhören /
das es ia / vnd nit neyn odder tzweyffell sey.
ss Szo sprechen w ir frölich. Amen. 2)as ist war vnd gewiß.
_________________________ A M E N _________________________

2 vvrheyffen (— versprechen) B 3 entsagen 4 gelobt 24 eilenden


25 vorblitzeu B 27 Syphilis
6o Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

G rand and Ursach aller A rtikel D. Martin


Luthers, so durch römische Bolle anrechtlich
verdammt sind. 1521.
Auf die bannandrohungsbulle hatte L. zuerst für die gelehrten mit:
‘Adversus exsecrabilem Antichristi bullam’, dann für die laien m it: 5
„W ider die Bulle des Endchrists“ geantwortet (an Spalatin 4. nov. 1520:
‘Edidi Latinum Antibullam, quam mitto; cuditur et eadem vemacula’:
W A Br 2,211,26t). Da er aber darin nur e i n i g e der verdammten sätze
verteidigt hatte, ersuchte ihn der Kurfürst durch Spalatin, eine recht-
fertigung a l l e r sätze zu veröffentlichen. Auch jetzt wieder begann L. 10
zugleich eine lateinische (Assertio omnium articulorum M. Lutheri per
bullam Leonb X. novissimam damnatorum) und eine deutsche (Grund
und Ursach . .) schrift: an Spalatin 29. nov., W A Br2, 220,5ff. Da L.
sich den titel Fabian v. Feilitzschs ‘et Latine et Germanice1 ausbittet
(W A Br2,22of 15ff.), ist anzunehmen, dass er diesem nicht bloss die 15
Assertio, sondern auch „Grund und Ursach44 widmen wollte. Am 7. dez.
schrieb L. Spalatin auf die nachricht vom tode des ‘aulicus’, die Ass.
wäre schon so weit gedruckt, dass die Widmung an F. nicht rückgängig
gemacht werden könnte. In „Gr. u. U ." ist an die stelle einer Widmung
an F eine solche an alle frommen Christen getreten, während L. am 20
7. dez. noch erwog, ob er die schrift Franz v. Sickingen zueignen
könnte(WA Br2,229t,7ff.). Daraus folgt, dass das mscrpt. zu „Gr. u. U."
damals noch nicht im satze war. Am 29. dez. schrieb L. an Spalatin:
•Vemacula iam iuxta Latin am excuditur’ ( W A Br 2,24 z, 47 s.). Am
16. jan. 1521 schickte L. Spalatin ein vollständiges druckexemplar der »z
Assertio1 und stellte ihm „Gr. u. U.44 in aussieht (‘vemacula erit planier
et simplicior*: WA Br2,249,6 ff.). Am 21. jan. sandte er ihm die ersten
sechs druckbogen von „Gr. u. U." (‘Vemacula melior est, quam sit latina*:
W ABrz.zgi, 7s.); am 17. febr. folgten die bogen G—K, am 27.
L —N, am 6. märz der rest der schrift, die am 1. märz fertig gedruckt 30
worden sei ( W A. Br2, 26b, 9 ff; 270, $f.; 275,6 s,). W ir haben ein
dem der Knaakeschen Sammlung gleiches (vgl. W . A. 7, 321, z. 12 anm.)
exemplar von W. A. 7, 302 A abgedruckt und L.s originalmscrpt. (in
Wolfenbüttel) berücksichtigt.

Jhestis. 35
M n fmmen Christen Die Diß buch
lin lesen obber Horen / ©nab tmb frib von 90t / Amen.
fEt<£benebepet bff gelobt sey got bet vatter vnsers Hern Jesu Christi /
v ? J b e t zu hießen zeit? ßo viel Hertzen erleucht / vn Christlichen vorstanb
auch in be leben erweckt bas man in aller weit ansähet / rechten vnter- 40
scheyb zusehen / der geserbeten vnb gleyffenber kirchenn / obber geystlickeit /
1) Das exemplar X X . VIII. 35,4 der Zwickauer Ratsschulbibl. trägt
die Widmung von L.s hand: Herrn anno Molphordt.
so durch römische Bulle unrechtlich, verdammt sind. 1521. Hx

vonn der recht grundgutten kirchen / die vns biß her ßo lange mit Heyligen
kleydern / Herden / wercken / vnd der gleychen euserlichen scheynen vnd
menschen gesehen vorporgen vnnd vorseht geweßenn / das wir auch zuleht /
mehr mit gelt geben / den mit gleuben / selick zuwerde geleret sein. Es
5 » tl vnd mag (als wir sehen vnd billich hoffen vnd bitten sollen) sein got-
liche gute / solchen grewel vn yrthum in seiner kirchen wutend nit lenger
dulden Amk Ame. Wilcher seyner gotlichenn gutte / vnter andern / das
nit ein gering zeychenn ist / das er newlich etliche tyrannen der Christen­
heit / ßo blind vnnd mit einem schwinde! geyst yrr gemacht hat / das sie
10 eine Bullenn habenn zu yhrer selbs höchsten schand vnd mercklichem vn-
widderstatlichem abfal lassen außgahn / darynnen sie auch des vergessen / da
mit 1 sie bißher / die welt betrogen vnd generret ^aben. Nemlich / den 57 Er
guten scheyn vfl gleyffende färbe / dann 1 sie ßo öffentliche warheit vordampt 54 ei
haben / das gahr nah / stein vnd holh Widder sie schreyen / vnd nie kein
15 Bulle ßo schmechlich / vorachtlich / schimpflich empfangen ist. G ot wolt
solch sein werck angefangen / noch seyner bannherhickeit / volhihen vn vns
gnad geben / solch sein gnade erkennen / bedancken / vn vmb ein seligs auß-
furen ernstlich bitten / das die arme feien nit mehr / so kleglich durch solch
triegerey vü gauckel vorfuret werden / Amen / Amen.
*0 1 Derhalben ich genent D . M artinus Luther von herhen erfrewet / 3, x w
mir furgenummenn / zu weyterer vnterricht vnd endtdeckng der falschen ge-
ferbeten kirche / die artickel allesampt mit grüdlicher schrifft bcweysen /
damit ein yglicher sich selb muge schuhen / Widder die blinden schyrmschleg /
ßo solche gauckeler pflegen furhuwenden / ob sie villeycht ein mal zu sich
*5 selbs woltk kommen / vnd yhr gleyssen der warheit / yhr gauckelen dem
ernst / yhr färbe de grüd / raume lassen / doch muß ich zuuor ein außrede
thun duff etliche behichtigung / ßo sie auff mich treybe. Dnd zum erst laß
ich die fare / da sie myr schult gebenn / ich sey peyssig odder ungeduldig /
de ich mich des nit fast entschuldig / darumb das ich das nit than hab in
30 den buchlin / da ich Christlich lere gehandelt habe / ßondern allein in den
Hadder fachen / vnd Herrischen question / vom Bapstum / ablaß / vnd der
gleychen gauckerley / dareyn sie mich gedrunge habk / das auch fachen sein /
die nit wirdig noch leydig sein geweßen / ßo vieler / schweyg dan / simntlicher
vnd fridlicher wort.

35 ( S s 3 t hebenn myr auff / das ich eyniger allein mich erfur thue yderman
^ ^ z u lerenn / da antwort ich auff / das ich mich selb noch nie dar than
habe / ßondern alheit zu winckel krauchen geneygt / sie habenn mich aber
mit list vnd gemalt erfur tzogen / preyß vnd ehre an mir zuerlangr. Nu
2 gebärden 3 verdeckt 11 verfall, der nicht wieder rückgängig
gemacht werden kann 14 fast 16 Phi. 1 ,6 23 törichten luftstreidle
26 weichen Verteidigung 29 hab fehlt hs. 32 gjutkeley hs. (vgl.
W. A. 7, 892) 33 vertragen hätten dan fehlt hs. 35 werfen mir vor
62 Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

ßo yhn das spiel mißlingt / bin ich für yhne der ehrgeytzickeit schuldig.
Vnnd ob es gleich war were / das ich allein mich hette auff geworffen /
^ f i weren fle1 dennoch damit nit entschuldigt / wer weyß ob mich 1 got datzu
beruffen vnnd erweckt hat / vnnd yhn zufurchten ist / das fle nit got in mir
vorachten. $
Leßen wir nit daS got gemeyniglich nur einen Propheten auff eine
zeit auffweckt ym alte testament? Moses war allein ym außgang von
Aegyptenn / Helias alleyn zu kunig Achabs zeyttr / Heliseus auch allein nach
vhm / Jsaias war allein zu Hierusalem / Oseas allein zu Israel/Hieremias
allein in Jude« / Ezeckel allein zu Babylonien / vnd ßo fort mehr / ob fle *o
schon viel iunger hetten / die auch Propheten kinder hieffenn / ließ ehr doch
nit mehr den einen allein predigen / vnd das volck straffen«.
Datzu hat er noch nie kein mal de vbirsten Priester odder andere
hohe stend zu prophete gemacht / sondern gemeyniglich nyderige / vorachte
Person aufferweckt / auch zuletzt den hirtten Amos / außgenummen den i5
konig Dauid / wie wol er auch von nydrigem stand zuvor kam. Alßo
haben die liebenn heyligenn altzeit Widder die vbirsten / kunig / fürsten /
Priester / gelerete / predigen vnd schelten muffen / den halß dran wagen vnd
lassen / wie es dan auch geschehen. E s fureten auch zu den selbigen
3ijw zeyttenn / die großen hanßen Widder 1die heylige Propheten« / kein ander so
widderwort / denn das fle die vbirsten weren / man solt yhn gehorchen /
vnd nit den geringen vorachtk Propheten / wie das Hiere. xviij. schreybet /
alßo thut man itzt auch. Es sol alles vnrecht sein / was der Bapst / die
Bischoff vnd gelereten nit leyden wollen / man sol fle nur Horen / ob fle
schon sagenn was fle wollen. sz
Dnd ym newen testament / sein fle nit auch seltzam geweßen / die
rechten bischoff vnd lerer? Sanct Ambrosius war zu seyner zeit allein /
nach yhm S . Hieronymus / vnd darnach sanctus Augustinus. Datzu hat
got nit viel hohe grosse bischoff datzu erwelet / sanct Augustin war in einer
kleynen vnberumpten eynigen stad Bischoff / hat er aber nit mehr than dan 30
alle Römische Bepst mit alle yhren mit bischoffen / das fle yhm auchs
56 ei waffer nit reychen mugenn. Szo ists yhe war /das alle ketzerey 1 durch
bischoff vnd gelerete entstandenn odder yhe gesterckt sein / wie sol man denn
59 Ei nw flcher sein bey yhn / 1 nw sie nit mehr der kirchen wartten / vtt weltliche
Hern worden sein / so zu der zeyt fle ßo ferlich waren / da fle besser / ge- 35
lereter / heyliger vnd sieysflger waren / noch wollen wir yhe blind sein.
Ich sage nit / das ich einn Prophet sey / ich sag aber / das yhnen ßo
viel mehr zufurchten ist / ich sey einer / ßo viel meer fle mich vorachten /
vil flch selb »achten / Got ist wüderlich in seink wercke vü richte / der nit
achtet hohe Mennige / grosse / kunst odder gewalt. wie psal. c.rxxvi. sagt / 40

i in ihren äugen 21 gegenrede 22 Jer. 18, 18 26 selten


35 so sie. schon . . . 39 gerichten 40 Ps. 138, 6
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521.

Atta 0 longe cognoscit. Byn ich nie rinn Prophet / ßo bynn ich yhe doch
gewiß für mich selbs / das das wort gotis bey mir / vnd nit bey yhnen
ist / denn ich yhe die schufst für mich habe / vn sie allein obre eygene lere /
D as selb mir auch de mut gibt / mich ßo wenig zufürchten sirr yhnen /
5 also viel sie mich vorachte vn vorsvlge. E s warenn gar viel Esel in der
wett zu Balaams zeitten / noch redet got durch keynen / denn allein durch
des selben Balaamß esel / E r spricht ym.xiij. Psalm / zu den selben grossen /
Ahr habt geschendet die gutten lere / des armen Predigers / darumb das er
in got trawet / als sott er sagen / die weyl er nit groß / hohe / vnnd ge-
10 wältig ist / muß sein lere für euch falsch sein.
S ie sagen auch / ich bring new ding auff / vnd sey nit zuuormutten /
das alle andere ßo lange geyrret haben. D as musten auch die alten
Propheten Horen / Wen der zeyt lenge sott gnugsam sein / zur außrede /
hette die Juden die allerbesten fache wider Christum gehabt / des lere
15 anders wäre den sie in tausent iaren gehört hatten. Auch hetten die
Heyden billich die Aposteln vorachtet / die weyl yhr forfahrn / mehr de drey
tausent iare viel anders geglaubt hatten / es sein morder / ehebrecher / dieb /
blieben von ansang der weld / bleybenn auch biß anß ende / sols drüb recht
fein? Ich predige nit newe ding / ich sag das alle Christliche ding sein
*0 bey denen vntergangen / die es sotten 1 habe hatten / nemlich die bischoff 57 &
vnnd gelereten / daneben ist mir nit zweyffel / es1 sey die warheit bißher 3*5 w
bliebe in etlichen herhen / vnd soltens eyttel kind in der 1 wigen sein. E s L o s
blevb auch der geystlich vorstandt des gesehs / ym alteü testament bey
etlichen geringe / er ging aber vnter bey den hohen Priestern vnd gelereten /
*5 die yhn hatten sotten. Also spricht Hiere. v. das er bey den vbirsten
weniger vorstand vnnd recht fünden habe / den bey den leyen^ vnnd ge-
meynem volck. Alßo ists auch itzt / das arm pawrn vnnd krnder baß
Christum vorstan / den Bapst / Bischoff / vnnd dottores / vnd ist alles
vmbkeret.
y> Wollen sie aber yhe nit anders / wolan sie lassen mich einen Heyden
sein / was wolten sie antwortten / odder wie wollen wyr vns dar zu
stellen, wen vns der Turck vmb vnsers glaubens gründ stagette / der nichts
dar auff gebe / wie viel / wie lange / wie groß leut ßo adder fünft gehalte
hetten? W yr mustr yhe aller dinge schweygen / vnd yhm die Heyligen
35 schufst ym gründ anheizen. E s olt gar schimpflich vnnd lecherlich seyn /
ßo man yhm « o lt sagen. S ih e da / ßo viel pfaffen / bisschoff / kunig /
fürsten / land vnd leut haben ßo lange das vn das gehalten. Alßo thu
man mir itzt auch / laß doch sehen / wo stet odder ligt vnßer gründ vnnd
bester vorrhadt / lasst yhn vns ein mal ansehen / zum wenigsten vmb eygener
40 sterck odder andacht «ille. Sollen wyr so grossen gründ haben / vnnd den
selben nit wissen/ vnd für yderman pergen/ßo yhn Christus hat wollenn

6 Nu. 22, 28 7 Ps. 14, 6 25 Jer. 5, 4 5. 33 so oder sc


64 Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

so gar öffentlich gemeyn vnd yderman bekant haben. Wie er sagt Matth, v.
Man zündet nit eyn licht an vnnd setzet das vnter eyn körn maß / ßondern
auff de leuchter / auff das es allen denen leuchte / die yhm hawße seyn.
Lies doch Christus seyn hend / fuß vnnd seyten tasten / auff das die iunger
seyn gewiß weren. Warumb sotten wyr den auch die schrifft / die do war- 5
lief) Christus geystlicher leyb ist / nit tasten vnnd pruffen / ob es die sey /
ynn wilch wyr glewben odder nit / de alle ander schrifft sein ferlich /
58 ei 1mochten vielleicht fliegende geyster seyn / die nit fleysch noch beyn haben /
wie Christus hat.
Damit ich auch dene w il antwvrttet haben / die mir schuld gebe / xo
61 e* ich vorwerffe alle heylige lerer der kirchen. 1Ich vorwirff fle nit. Aber
die weil ydermS wol weyß. das ste zu weilen geyrret haben / als menschen /
wil ich yhn nit weytter glawben geben / den ßo fern fle mir beweysung
yhrs Vorstands auß der schrifft thun / die noch nie geirret hat. Vnnd
das heyffet mich santt Pavel .i. Tessal. vlt. da er sagt. Pruffet vn be-1$
»erst zuuor alle lere / wilche gut ist / die behaltet. Desselbr gleiche schreibt
sant Augustin zu sant Hieronymo. Ich hab erlernet, allein denen bucher
die die heiligen schrifft heissen / die ehre zu thun / das ich festiglich glewbe /
keiner der selbe beschreiber habe yhe geirret / alle ander aber / leße ich d'
Massen / das ichs nit für war hab / was fle sagenn / fle beweisen mirs den -0
mit der heiligen schrifft odder öffentlicher vornunfft.
317 w 1 Es muß yhe die heilige schrifft klerer / leichter vnnd gewisser sein /
den aller anderer schrifft. Synte mal / alle lerer / yhre rede / durch die
selben alß durch klerer vü bestendiger schrifft / beweren / vnnd wollen yhre
schrifft / durch fle befestiget vnnd vorkleret haben / ßo mag yhe niemäd ein -z
türfei rede durch ein mehr tunckel rede beweissen / der halbenn vns die not
dringt / mit aller lerer schrifft / yn die Biblien zulauffen / vnd alda gericht
vtt vrteil vber fle holen / den fle ist allein der recht lehen Herr vnd Meister
vber alle schrifft vnnd lere auff erden. So aber das nit sein sol / was sol
vns die schrifft? ßo mehr vvrwerffen wir fle / vn lassen vnß genügen an 30
menschen bucher vnd lerer.
Ob mich nu wol viel großer hansenn darumb neyden vnnd vvr-
fvlgenn / erschreckt mich nit / ia es ttostet vü sterckt mich. Syntemal es
offenbar yn aller schrifft ist / das die vorfolger vn neider gemeinickglich
vnrecht / vnd die vorfolgete / recht gehabt haben. Dnnd altzeit / der großer 3$
Hauff bey der luge / der weniger bey der warheit gestanden ist. Ja ichs
weiß / wo mich geringe vnd wenig menschen drumb anföchte / das es noch
59 ei nit auß got 1 were / was ich schrieb vnnd leret. Es hat sanctus Paulus
62 E- durch sein lere viel auffruhr erweckt / wie wyr yn Actis leßen / es war
darüb nit falsch seine lere. Warheit 1 hat alltzeit rumort / falsche lerer 40
i M t 5, 15 4 Jo. 20, 27 8 Eph. 2, 2 14 Verständnisses
15 1. Th. 5, 2i 17 ep. 82, 3, 24 (MSL. 33, 286) 20 hat A
28 lehnsherr
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. 65

haben alyeyt / frid vnd frid gesagt / wie Esaias vnd Jhere. schreibe.
Darumb ßo w il id) / vnangesebenn den Bapst mit seinem grossen Haussen /
die artickel ßo yn der Bulle vordäpt mit freuden / ßo viel mir got gnad
gibt / erretten vnnd schützen» / traw sie von gottis gnaden für vnrecht wol
5 -»erhalten / für gewalt aber / ist n it mehr hie dan ein armer Corper /
den besilh ich got / vnd seiner heiligen / oft durch den Bapst / vordampten /
warheit. Amen.

Der Erst Artickel.


Es ist keherey / wo man heit / das die Sacrament gnad gebe;, /
10 allen / die nit einen rigel für stecken.
Dißen artickel zuuvrstehen / ist zu mercken das mein Widder part /
alßo geleret haben / das die heiligen Sacrament / gnade gebenn ydennan /
ob er schon nit rew habe für sein fund / obbet auch kein gut gedancke /
ßonderen sey genug / das er nit eine rigel für steck / das ist / das er nit
15 einen mutwilligen fursatz zu sündigen habe. Da Widder hab ich bissen
artickel gesetzt oft noch setz / vnd sag / das es vnchristlich / vorfurisch vnnd
ketzerisch ist / dann es ist ober den abgethanen rigell vnnd boßen fursatz
n it allein not warhafftiq rew für die fund / die Sacrament zu empsahen /
ßonderen es muß auch ein fester glaub da sein ym hertzen / das Sacrament
*0 wirdiglich zu empsahen.
Das beweisset Christus M atth, ix. da er den gichtpruchtigen menschen
gesund macht vnd zuuor zu yhm sprach / glaub / mein sun / ßo sein dir dein
1 sund vorgebe. Were nit der glaub not geweßenn / da- yhm sein sund 3i 9w
vorgeben wurden / warumb het yhn Christus gefoddert? Dartzu ßo lesen
*5 w ir das Christus kein zeichenn 1 than hat / noch yemand yhe geholffenn / 60 e *
es hat müssen glawben da sein / das er es thun kund vnnd wolt / alßo
das auch sant Joänes schreibt. E r hab yn seine vatterland kein zeicke
thun kund / vmb yhrs vnglawbe wille.
Ite m da er bettenn leret M a r. xi. sagt er / wen yhr bettet / ßo solt
3c yhr glawben / das yhrs er'lange werdet / ßo habt yhrs gewiß / was ist 63 e *
aber Sacrament empsahen anderß / de eyn begird gotlicher gnad haben /
was ist aber gotlich gnad begerenn / anders den eyn warhaftigs hertzlich
gebet? wie solt es den nit vnchristlich seinn / ßo man leret / die Sacramtt
vnnd gnade gottes empsahen / on solch begird / on glauben / ia on rew der
3$ sund / on alle gutte gedancke? Jsts nit erbermlich ding / solchs zu horenn /
ynn der Christenheit? D ie weil den ditz der heupt artickel is t/d a die
andernn alle / ynnhangen / muffen wyr yhn weitter befestigen vnnd vor-
kleren / ob es helffen wolt.

i Jes. iz , 10. 16. Jer. 6, 14. 8, 11 8 oben I 40, z. 30 ff.


17 ausser abtuung (wegschaffung) des riegels 21 M t 9, 2 27 M t
13, 58 (Jo. 4, 4 4 ?) 29 Mc. 11, 24
66 Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

Santt Jacobus .i. Jacobi spricht/ wer do bedarff weißheit/ versuch


vnd bitte fle von gott / der yderman gibt vberflusflg / ßo roirt fle yhm
geben. E r sol aber bitten mit einem festen glawben vnnd nit zweifele«.
Den ßo er zweiffelt / ist er gleich / wie eynn welle odder bulge des mehreß /
die vom wind hyn vnnd her getrieben wirt / der selb mensch nehm yhm s
nit für / das er etwas von got erlange. Es ist ein solch man / vnbestendig /
yn allem seynem wandelt / barum6 das er ein zwaifaltig her- hat.
Is t das nit klar gnug gesagt / das der mensch / nichts empfahenn kan
von got / der do bit / vnnd nit festiglich glewbt er werd es empfahenn /
wie viel wenyger mag der empfahenn / der nit bittet / nicht glewbt / nicht io
berewet / nichts guttis gedenckt / sunderen nur den rigell boßes fürsatz
abthuet / wie fle leren? wie kundenn denn die Sacramet gnad geben
solchen vnglewbige / vnberewetten / vngutigem / begirdloßen hertze? Behüt
61 ei got alle sein Christen / für solche vnchristlichen / dießer 1 vorfuriffchen
Bullen vnd der gleichen meister / yrthüb der noch nie gehöret ist von ansang 15
der welt.
Datzu spricht santt Paulus Rom. xiiij. Alles was nit auß dem
glawben geschicht / das ist sund / wie mugen den die Sacrament / gnad
geben« / den vnglewbigen / die eytel sund thun / ynn allen stucken vnd
wercke / ßo lange sie nit glewbe / ya wie ists muglich / das fle dk rigell ao
abthun / wenn fle ym vnglawbk bleiben. Durch wilchen alle yhr dinck
b4 Et ßund ist / wie hie santt 1Paulus sagt. Noch leren fle / der glawb sey nit
not / zu den Sakramenten vnd gnad zu empfahen / vnd vordamn? mit mir
solch öffentliche schufst.
331 w 1 Der Meinung nach / füret santtus Paulus Rom. i. vnnd Heb. x. den 25
spruch des Propheten Abacuck .tj. für ein heubt stuck aller Christliche lere /
da er sagt. Justus ex stde sua viuet. Ein gerechter mensch / wirt leben
auß seynem glawben«. E r spricht nit alßo. Eyn gerechter mensch wirt
leben auß den Sacramente / sondern auß seinem glawbk / denn nit die
Sacrament / ßondern der glawb zu den Sakramenten / macht lebendig vnnd 30
gerecht. Seyntemal viel das Sacrament nehmen vnnd doch nit dar auß
lebendig odder fhmt werden« / wer aber glawbt der ist fhrni vnd lebet.
Das w ill auch der spruch Christi. Mar. vlti. Wer do glewbt vii
taufst ist / der wirt selig. E r setzt dk glawben für die tauff / denn wo der
glawb nit ist / hilfst die taufst nit / wie er selbs hernach sagt / wer nit 35
glawbt / der wirt vorloren / ob er schon getaufst würd / denn nit die tauff /
ßondernn der glawb zw d' tauff macht selig. Drüb leßen wyr Act. viij.
das S . Philipps / de Eunuchü nit wott tauffen / er fragt zuuor ob er auch

i ja. 1, 5 ff. 4 woge 6 eyn solch man ist hs. 10 bettett hs.
i i betrewet A, berewet hs. 17 Rö. 14. 23 25 Rö. 1, 17 Hbr.
io, 38 26 Hab. 2, 4 allet A 27 viuer A 33 Mc. 16, 16
36 die wirt der tauff / a 37 AG. 8, 37
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind 1521. 67

glewbte. Vn wyr sehen noch teglich / das yn aller wett / wo man teuffet /
-uuor fragt / das kindt obbr die gefattern an stat des getaufften / ob er
glewbe / vnd auff yhren glawben vnd bekentniß / tauffet man vud gibt hyn
das Sacrament. Wie vormiffet sich den nu diße ketzrische lesterliche
5 bullen / Widder alle schufst / Widder alle wett / Widder aller Christen brauch

vnd glawben / -u leren / man durste1nit glewbe / noch rewen / noch guttis 62 x»
gebende / ist das doch so grob vnchristlich / das es niemät glewben würd /
wo die Bullenn nit vorhanden« were / das ymand alßo vnsynnige lere
sott halten / ich hoff sie werden sich der Bullen / yn yhr her- scheinen /
1 0 vnd yhn nit lieb were / das fle teusch von den leyen geleßen würd.

Weytter sagt sanct Paulus / Ro. x. auff das mä frum werd / ist
not / das man von hertzenn glewbe. Spricht nit / ist not / das man bte
Sacramet empfahe / denn an leiplich empfahen der Sacrament.1(ßo sie nit 65 e*
vorachtet werden) kan man frum durch den glawben werde / aber on den
15 glawben / ist kein Sacrament nutz / ya aller ding tödlich vnd vorderplich.
Auß d' vrsach schreibt er. Ro. iiij. Das Abrahä hat got geglawbt odder
getrauwet / vnd der selb glawb ist yhm gerechnet / für gerechtickeit odder
stumkeyt / wie das Moses Gen. xv. zuuor geschriben hat / vnnd sey darumb
geschribenn / das w ir wissen sollen / wie das auch vnß kein ander ding /
2 0 frum vnd gerecht mache / de der glawbe / on welchen yhe niemät mit got

handele / niemant sein gnad erlange mag.


Diß alles beweiffet auch die vornunfft vnnd gemeiner synn aller
mensche. Denn wo man mit Worten vtt zusagung handelt / da muß 1 glawbr m w
sein / auch vnter de menschenn auff erdenn. Es möcht sunst / kein Handel
2 5 noch kein gemein lange bestahen / wo niemant / des anderen wortte odder

briefen glawbete. Nu handelt got mit vns nit anders / wie wyr sehe
öffentlich / denn mit seinem heiligen wort vtt Sacrament / milche sein gleich
wie zeichen odder sygel seiner wort. Szo muß yhe not seyn für allen
dingen / der glaub / zu solchen Worten vnd zeichenn / denn wo got redet
jo vnd zeichet / da muß man glewbi auß gantzem festen hertzen / es sey alßo /
wie er redet vnnd zeichet / auff bas wir yhn nit für einen lugener odder
gauckeler haltenn / ßondern / für trew vnnd warhafftig. Vnd dießer glawb
gesellet got auffs aller hohist / vn gibt yhm die hohisten ehre / als / das
er warhafftig sey vnd ein gerechter got. Darumb auch de selbenn er»
35 widerumb vnß rechnet / als eyn grundgutte / gnugsam frumkeit / zur
selickeit.
Die weil denn yn einem iglichen Sacrament ist ein 1 gotlich wort 63 e

7 doch das hs 10 eine | von Spalatin verfasste deutsche Übersetzung der


bulle erschien bei P ete r Quentel in K ö ln ( O k t . / N o v . 1520) und dann
bei V alen tin Schumann in Leipzig (Zeitschrift f.B ib lio th ek sw es en und
B ibliograp hie 5, 195 B , 94 s no. 10) U R ö . IO, 10 auff
fehlt hs. 16 R ö . 4, 3 18 Gen. 15, 6 30 zeichen gibt 33 Mt]
VL A
68 Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

vnd zusagen / darynn got vns anbeut vnd zusagt seyn gnade / ists werlich
nit gnug / de rigel abzuthun / wie sie sage / Sondern es muß ein vn-
wamkender vnschwanckender glawb da sein ym hertzen / der die selbige
zusagung vnd -eichen auffnehm / vnnd nit zweiffel es sey alßo / wie got
aldo / zusagt vnd zeichet. Szo voxxt yhm gewißlich die gnad gebr / noch 5
laut der züsagüg / vnd außweisen des Zeichens odder Sacraments. Is t
66 £• der 1glawb nit da / ßo ist nit allein vorlore / der abgethane rigell / Sondern
got w itt aldo auffs hohist gelestett vü vnehret / alß were er ein lugener
odder leichtfertiger gauckler. Vnd geben alßo dan die Sakrament / nit allein
kein gnade dene / die de ngel abthun / ßondem alle vngnad / zorn vü vn- xo
gluck / das es besser ist / wett von de Worten vnd zeichen odder Sacra-
mentr gottis / ßo der glawb nit da ist.
Alßo / die «eil die tauffe ein gotlich zeiche odder sygil / w itt geben /
yn crafft der zusagung vnd wort Christi. Marci vlt. Wer do glewbt vü
taufst ist / der w itt selig. Szo muß yhe der do taufft w itt / biege wort /15
für warheit halten / vnd glewben er werd gewißlich selig / wo er taufst
w itt / lauts der selben wort / vnd deutung deffelbe zeichks / gleubt er aber
nit / ßo seind diße wort vnnd zeichenn gottis Vorgebens da / vnnd w itt
damit got vorachtet. Denn der vnglawb lesflt yhn da stehen als einen
narre odder lugener. Szo gar ein schwere vnchristlich / grewlich / schreck- so
lich / fund ist der vnglawb odder mißtraw / yn den Sakramenten. Vnnd
zu solcher vntugend / w ill vnß biege lesterlich vordäpte Bulle treybe.
Dnd macht auß de glawben ein keherey / auß gottes lesterng ein christliche
warheit. Behüt got / für de grewell der do stet yn der heiligen stat
M att. xxiiij. ss
325W 1 Alßo / die weil das gotlich zeiche odder Sakrament der puß geben
wirt / ynn crafst / des worts vnnd zusagen. Matth, xvi. was du auff-
bindest auff erdenn soll loß seyn ym hymell rc. Szo muß der do bricht
64 E> vnnd puffet / für allen dingen / ya fleyssig warnehmen / das er diße1wort /
warhafstig halte / vnnd festiglich glewbe er sey loß für got ym hymell / y>
wo er absolviert w itt auff erdenn. Glewbt er das nit odder zweyffelt /
ßo muß got seyn lugner seyn / vnnd w itt durch solch seyn vnglawbenn
odder zweyffell / von yhm vorleugnet / was hilfst yhn de sein rigell abthun
odd' boßes fursatz ablegung / ßo er behelt den aller groMen rigell vü
ergiste fursatz / des vnglaubens / zweyffelns vü gottis vorleuckung. 35
Alßo ym Sakrament des Altars / die weil es geben witt / ynn
crafft dyßer wort Christi Matth, xxvi. Nemet ond esset / das ist meyn
67 e i leichnam / der für ewch 1gebenn wirdt. Szo muß der zum sacrament geht /
festiglich glewben / das wie die wort Christi lauten / ßo sey es yn der
warheit / das sein leichnam / sey für yhn geben vnd sein blut für yhn vor- 40
5 zeichen gibt 14 Mc. 16, 16 25 Mt. 24, 15 26 gotlich
odder zeiche A, korr. nach hs. 27 Mt. 16, 19 auffbinbest A 37 M t
26. 26
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt < n d . 1521.

gossen. Gleubt er das nit / odder glewbt es sey ntt für yhn ßunder für
ander geben / ßo ist Christ* aber mal ein lugener vnd muß sein wort oft
zeichen zu nicht werden. O der ontzelichen / grewlichen ßunden / die heut
zu tagen geschehen / ynn solchem vnglawben oft mißpreuch der sacramenten /
5 darüb das man solchen glawbenn nyndett Irret / datzu itzt durch die Bulle
oordäpt / lerne nit mehr / den de rigel abthu / rewen oft beichten / odder
ßo man 00m glawben prediget / geht es nit weitter denn das christ* war-
hafftig da sey / oft nit brot ßondern gestalt des brottes da sey / waS er
aber da mache ond warumb er da sey / höret man 00 niemant predigen
10 odder recht leren.
Auß dißen allen / meine ich / sey es klar wie das zum sacramkt / d'
glawb not sey / d' do nit zweissel es geschehe yhm / was die wort lautte
oft die sacrament deute. Vft nichts nutz ist / was sie 00 de rigel abthun
schwetze / ya ketzerisch ist / das de selbk bloße abthun des rigels / on glawbe /
15 die gnade durch die sacramet gebe werde / auf das es mit warheit bestehe /
das man sagt auß der lere sant Augustini. N it das sacramkt / ßondern 1 b’ 65 0
glawb / des sacramets / macht frum oft selig. Vnd abermal der selb S .
Aug. super Joä. spricht oon d' tauff. Es kumpt das wort zu elemet oft
w itt «n sacramet. Vft das waffer trifft den leyp / oft remiget bod) die
*° seel / nit des wercks halbe odd' begiessens / sondem des glaubks halbe.
Widder solch starcke bewerüg dießes Christliche artickels / habe meine
widderpatt / doch nit ein tuttel der schrifft / noch ein fundet d' oornunfft /
für yhre meynug onnd rigel abthun / ßondern ist alles zu mal / eyn lauter
nackt 1 ongegrüd mensche gedicht oft ttaum. Vft möcht gerne Horen vhr 327w
*5 widderlegen. Jsts dk nit ein iamer / ob es schon nit ketzerisch were / das
He ons lerenn thurenn yhre eygen gedicht ynn der Christenheit / da allein
gottis wort sol geleret werden.
1 Sie haben ein einige bewegung yhrer Meinung / die ist alßo gethan. 68 e *
Wen die Sacrament des newen testaments nit gnad geben / den rigel ab-
3° jetzern ond onglewbigen / ßo würd man keinen onterscheid der newen oft
alten Sacramenten haben. Die weil nn die alten Sacrament / crefftig
waren den glewbigk gnad zu geben. Vnd die newen sollen crefftiger ond
besser sein den die altenn / ßo muffen sie auch denen gnad geben / die noch
nit glewben / milchen die alten nit gnad gaben. Ditz ist ein weytleufftig
3* dinck / dauon oiel zusagen were / kurtzlich / sie sagen das alles auß einem
falschen ond yrrigen vorstand. Denn es ist kein onterscheyd / zwischen alten
oft newen Sacramentk / es geben widd' diße noch ihene die gnade gottis /
ßondern wie gesagt ist / d' glaub all« auff gottls wort oft zeiche / gab
dort oft gibt / hie gnade. Darumb habe die alten eben ßowol durch de
40 selbk glawbe gnade erläget als wir / wie S . Peter sagt Att. xo. wir o w
5 nirgend 14 ist) A 16. 18 in Joannis ev. 80, 3 (M S L . 35,
1840); vgl. schon oben I 105, z. 18 ff. und 177, z. 7 ff. 22 fünkchen
26 zu lehren wagen 28 beweggrund 40 A G . 15, 11
Grund und Ursach aller A rtikel D . M a rtin Luthers,
70

trawe durch den glawbe selig zu werde wie vnßer alte Vetter, oft S .
paul" .ij. Cor. iiij. W ir habr ebe den selben geist des glaubes / de sie ge­
habt habe. Vft .t. Cor. x. Vnßer Vetter haben eben die geistlich speiß
66 ei geffen vnd geistlichen tranck 1ttuncken / die w ir essen vnnd trinckeu / das ist /
sie habe glewbt wie wyr. 5
Das ist wol war / die ftguren deS alten testaments gaben kein gnade /
aber die heissen n it Sacramet / wie sie meinen / dan ynn den figurenn
war kein wort odder zusagüg gottis / wilchs sein muß / wo ein Sacrament
sein sol / ßondern waren bloße figuren odder zeichen / gleich wie noch itzt.
Leiplicher schmuck vnd lust ist ein bloß figur odder zeichen / dar ynn keyn
wort odd' solch zusage ist vö got / das wer yhn habe / ditz odd' das habe
sol / wie ynn der tauff wyr sehen die zusagung / das er selig werde soll /
wer glewbt oft taufst ist. Was nu solcher vnd gleicher zusagüg gottes ge»
weßen seyn / ym alten testament / dar eynn sie glewbt haben / die sein
vnßern sacramenten aller dinge gleych geweßenn / on das sie yhr viel 15
hatte vft mancherley / wyr aber yhr wenig vn eynerley ydderman gemeyn
ynn aller welt.
Widderumb / was wyr für figur vnd zeichen habe / die nit sacrament
69 e i fein / vnnd da kein gottis wort neben 1 geht / sein gleich den alten stgnrk /
alßo ist / eyn biffchoff kleyd itzt eben ßo wol / eyn figur / als vorzeytten
Aaronis kleidt / gibt keins nit gnaden Darumb sotten sie nit die sacrament
329W yn d ie 1 figur menige / einis für das ander nehmen / ßo weren sie nit ynn
solchen yrthumb gefalle / das sie die newen von den alten sacramenten
teyleten / ßo sie den newen vnd alten glawben doch muffen vngeteilet lassen.
Wen nu dißer artickel wol gefaffet vnnd vorstanden w irdt / so werde 25
leichtlich die andern alle Vorstande vn die gantzen Bulle klerlich zu schänden /
dann an diffem artickel ligt die groste macht / die weil er den glaube
betrifft.

Der- Ander.
Wer do leugnet / das nach der Tauffe / ynn eine igliche kind / fund 3 0
vberbleibe / der vndertrit Christum vft santt Paul.
67 ei Säct Paul" Ro. vij. spricht. Ich wist 1nit / das boße lust vnnd be
girde fünde were / wen gottis gepot nit het gesagt / du sott n it boß begirde
habe. Nu war der Apostel / nit alleyn getaufft ßondern auch heilig / da
er von solcher seiner vnd aller heiligen boße begirde schreib / wo kam nu 35
yhm die selb boß begirde her / nach d' tauf? nit anders / denn das sie
noch der tauff vberblib.
I te zu den Galatern am .0. schreibt er zu den getauften vnnd Heyligen

2 2. K o . 4 ,1 3 3 1. K o . 10, 3 s. 7 figurenn / A 22 mengenn


hs. 29 aus den Resolutiones Lutherianae super propositionibus suis
Lipsiae disputatis ( W . A . 2, 410, 36 ff.) 31 conculcat 32 R ö . 7, 7
35 boßer hs. kan A 37 vberbliebenn hs. 38 Ga. 5, 17
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521.
71

alßo. Das fleysch begert vnnd lüstet Widder den geyst / vnnd den geyst ge*
lüstet Widder das fleysch. Diße zwey seyn widemander vn machen / das
Yhr nit thun kündet / das yhr wol gern woltett / Was will odder kan zu
diffem öffentlichen sprach yemant sagen? Er spricht klerlich / das sie fleysch
5 vnd geyst / vnnd zweyerley widderspestige begirde odder lust yn yhn haben /
60 hatt / das / ob sie gleich gerne woltk / on fleischlich begirde sein / doch
nit vormugk / wo kumpt die selb boße lust yn die getaufften vnd heiligen?
On zweiffell / von der leiplichen geputt / ynn wilcher angeporn w itt solch
erbsund boßer begirden / vnd weret biß ynn 1 den todt / dauon wir habe 7° e*
10 streit vnd widderstand vnßerm geist die weil wyr leben.
Alßo auch. Ro. vij. Ich find yn mir / das ist yn meynem fleisch /
kein guttis / de das boße / das ich nit w il / das thu ich / vtt das gutte
das ich w ill / das thu ich nit. Was meinet damit sanct Paulus anders /
denn wie wol er nach dem geist gerne wolt wol thu / das ist / on fleisch-
15 lid) begirden vnd bewegng sein / ßo ist doch das fleisch ßo boß vtt vol
lüsten / das ers nit thut / noch on solch luste sein kan / vtt alßo / das boße
seiniß fleisches / das er nit wil noch de geist / thut er / das ist / er hat boß
begirde / wie wol er da widd' streyt das sie nit vberhant nehmen vnd
volnbracht werden mit den wercken / wie er auch thü leret Ro. vi. Laßt
*0 die fund nit vberhäd haben / ynn ewrem / sterblichen corper / das yhr
folget seynen lüsten odder be'girden / alß sprech er. Sund ist ynn ewrem z z in
corper / vnnd boße lust / sehet aber zu das yhr ste zwinget vnd yhn nit
vorwilligt nach folget.
De solche streit vnßerS fleiffches vtt geistes / 1 mit widerspenstige »sei
85 begirde / legt got auff alle / die er tauffet vtt beruffen leffet / wie Gen. iij.
verkündet ist / da er zu der schlänge sagt. Ich wil ein feintschafft zwiffchen
dyr vtt eine weib mache / vtt zwiffchen deine samen vtt yhre samen. Sie
sol dyr dein hewbt zu tretten vtt du wirst lautren auf ybren fuß. Das ist /
das geist vtt fleisch widdernäd' streiften / aber d' geist / wie wol mit
3° muhe vtt erbeit sol oben lige / vtt das vngehorsam fleisch vnterdrucken /
wie Paul^ Gal. v. sagt. Alle die Christen sein oder christü angehören die
creutzigen yhr fleisch / mit seine luste vtt lästern. Vnd S . Petr* / liebe
bruder enthaltet ewch vö de fleischlichen Mste / wilch nur alzeit Widder die
selen streiten.
3$ Es ist yhe hie mit offenbar / das noch sunde yn de getaufften vtt
heilige bleibt / ßo lange ste fleisch vtt blut habe vtt auff erde leben / das
dißer artickel gar vnchristlich vordäpt ist vö diser Bulle. Doch weitter
zubewere spricht aber S . Paul* Ro. vij. 1Ich hab ein lust in gottis gesetz / 7i £•
nach mein? ynnerliche mensche / ich sehe aber ein and' widderspenig geseh /
4° yn meine glidern / wilchs mich wil gefangen nheme / ynn der funden
6 gerne A ; gern hs. 10 solange als 11 Rö. 7, 18 15 regung
19 Rö. 6, 12 25 Gen. z, 15 31 Ga. 5, 24 32 1. Pt. 2, 11
34 seele hs. 35 Es ists A , Szo ists hs. 38 Rö. 7, 22 f.
7 - Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

gesetz oder gemalt / vft widderstreittet dem gesetz meines geistes. Hie be­
kennet yhe S. Paulus / das er ein guttes gesetz vnd willen ynn seinem
geist / oft auch eyn boßes gesetz vnd willenn ynn seinen gelidernn findet /
wie kan man denn leugnen / das noch vbrig fund sey / ynn einem heiligen
getaufften menschen? Jsts nit fund / was da widd' den gutten geist »ft $
gottis gesetz streittet? was ist denn sund? möcht ich yhe gerne Horen /
wo her kumpt aber sulch streit des boßen widd' das gut ynn vnß selb.
Den von der leiplichen Adams gepurt / milch nach dem angefangen gutten
geist yn der tauff vn puß / vberbleibt / biß das es durch widderstreit vnd
gottes gnaden vnd des geistes zunehmen vberwunden / vnd zu letz durch xo
den todt erwürgt vnd außgetriben werde.
69 ei Item er spricht noch mehr vnd klerer an dem selben 1 ort. Ich selber /
nach dem geyst diene ich gottes gepott. aber nach de fieisch / diene tch der
funden gesetz. Ist das nit klar gnug / das eyn eyniger mensch zwey stuck
ynn yhm selb findet / durch den geyst wil er das gutte »ft dienet dem gesetz *s
gottes vnd ist frum/ hat auch tust vnnd lieb dar ynn / aber durch das
widderspennige fieisch / wil er das boße vnd hat lieb vnd tust darynnen /
de selben zu dienen. Vnnd alßo die weil fleisch vnd geist eyn mensch ist /
333w ßo w irt yhm zu gerechent1 beyderley / ob sie wol widdernander sein / art /
werck / lieb vnd tust. Vnd des geistes halben ist er frum / des fieisches 80
halben hat er sund /wie samt Paulus Ro. vi. sagt. Der geyst lebt für
got »tfi seiner gerechtickeit willen. Das fleisch aber ist todt für yhm /
vmb seiner sund willen / den die weyll das edliste / beste / hohiste stuck /
des mesche / der geyst / durch den glawben frum vnnd gerecht bleibt /
rechnet yhm got nit zum vordamniß / die vberige sund des geringsten stucks / *s
des fieisches.
72 e* Wie wol ich vnnd yderman sich billich solt vorwun'demn / das man
dißen artickel nit / für die aller gewisseste bekätte empfindlichste warheyt
habt I schweig dan das er solt von yemand vordampt werden. Was leßen
wyr doch / ynn aller heiligen leben? was bekennen vnd beweren sie doch 3°
mit allen yhren werckenn / betten / fasten / erbeitten / »ft mancherley
vbungenn / denn das sie da mit streitten Widder yhr eigen fleisch / das selb
zu casteien vnd dem geist vnderthenig zu machen / vnnd seine böse lust
vnnd begirdenn zu dempffenn / wie santt Pauel zun Colloffern schreibt.
Tobtet ewre gelid die auff erde fein / die vnkeuscheit / vnreinickeit / boße 35
begirde / geizickeit. Item Ro. »ttj. Szo yhr durch den geyst tobtet / die
werck des fieisches / ßo werdet yhr lebe für got / werdet yhr aber nach dem
fleisch leben / ßo werdet yhr sterbe, vnd zun Pbilippern. Ich casteie meinen

7 woher anders aber kommt solcher streit . . . als . . . 8 ge-


purtt vnnd wilch hs. 9 durch gottes gnaden vnnd des geystes Widder-
streytt vnnd zmnehmen hs. 12 Rö. 7. 25 13 fleish / A 28 fühlbarste
29 hält geschweige 34 zum A, zcun hs. Kol. 3. 5 36 Rö. 8, 13
38 zu A , zcun hs. 1. Ko. 9, 27
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521.

leyb tmnb zwing yhn zum dienste / auff das ich nit andern» predige »ft
selbs vorwerflich werde. S o fori 1mher / welcher heylig sufftzeit / schreiet / 70 ei
klagt / rufst nit / ober seyn eigen fleisch vnd -oßen lust?
Wie offt klagt santt Hierony. das ynn seinem fleisch wuttet die boße
5 lust / nit allein nach seiner tauff / ßondemn auch wen er gleich sich mat
gefastet / gewachet / gearbeitet hat / vnd am aller heiligste war? Vnd
santt Ciprianus / yn einer predig vö der pestilentz / zum todt nimpt kein
andern tröst / den von de funden »ft spricht. Muffen wir doch on vnterlaß
fechten mit dem geitz / mit der vnkeuffcheit / mit de zorn / mit der ehr»
10 geiiickeit. Muffen wir doch stettiglich vnd durch muhe vnnd vnlust streikte /
mir den fleischlichen begirden / mit de reitzungen der Welt. Des menschen
geist ist vmblagett / »ft mit des teuffels anfechtung »mb geb- / mag schwer­
lich allen stucken begegnen / schwerlich allen widderstahn / ist der geitz
nidder druckt / ßo stet auff die vnkeuscheit / ist die vnkeuscheyt nidder ge-
15 schlagen / so folget die eytel ehre / wirt die eitel ehre voracht / so erbittett
sich der zorn / blist sich auff die hoffatt / ficht an die trunckenheyt / der haß
zw reyßt die eymgkeytt / das eyuern zutteilet die fruntschafft. Hie mustu
fluchen / das g o t 1vorpottt hat / hie mustu schwere das doch nit zimet. Szo 73 &
manchfeltig vorfolgung muß leiden der geist des menschen / ßo viel ferlickeit
20 muß das Hertz gewattten / vnd vnß solt noch 1 lüsten hie vnter solchen» 335w
schwertten des teuffels lange stehe? Szo viel mehr zu wünschen »ft zu
bitte ist / das durch eilende hilff des tods / wyr zu Christo mochten bald
kummen.
Szo denn diser vnd aller heiligen leben vnd eigen bekentniß / be-
25 wrisset den spruch Pauli. Ro. »ij. Ich hab lust ynn gottes gesetzen nach
de geist / »ft find doch ynn meinen glidernn ein widderspenstig gesetz der
funden. D as niemant leugnen mag / es sey noch fund / yn allen getauffte
vn heilig? mensche auff erde / da mit sie streitten muffen. Was macht
denn diße ellende Bulle / das sie das alleß vordäpt. Mußenn denn nu
30 solch schüfst »ft alle heilige / yhr lugner sein? Last ein iglich? sich selb
vorsuchen »ft fulen. Er faste / 1 wache / erbeitle / biß auff den todt / »ft sey 7* Ei
ßo heilig er ymmer mag. Vft sage ob er nit noch ynn yhm finden werde /
boße lust vft lieb. Es sey zu vnkeuscheit / zorn / haß / hoffatt odder des
gleiche. Den nit allein die vnkeuscheit / ßondern alle boße lust vft begirden /
35 werden durch des fleischs begirden vorstanden / die durch das fieysch geschehen
mugen / wie Paulus. Gal. v. erhelet.
J a ich sage / das diße Bulle durch vordänung dißes attickels / got
luge strafft vn lestett / denn alßo sagt sant Ioänes der Apostel .i. Ivan. i.
Szo wir sagen / wir haben kein fund / ßo bekriegen wir vnß selb / vnd die
40 warheit ist nit ynn vnß. Szo wir aber vnßer fund bekenne / ßo ist er trew
2 fortt an hs. seufzet (auch hs. sufstzeyt) 7 de mortalitate 4
t. I p. 299 Hartei 17 eynern A, eyüernn hs. 25 Rö. 7, 22 5.
36 Ga. 5, 18 ff. 38 1. Jo. 1, 7 ff.
74 Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

vnd frum / das et vnß alle vnser fund vorgebe / vü reinige von aller vn-
tugent / ßo wyr sagen / wir habe nit gesundiget / ßo machen wir yhn znm
lugner / vn sein wort ist nit yn vnß. Ist das auch nit klar gnug / das
wir noch zu reinigen sein / vn sund haben? Desselben gleichen -u denn
Hebreern spricht santt Paulus / laßt vnß ab legen alle last vnd die an- 5
klebende sund rc. Hie menget sich der Apostel mit eyn / vnnd bekennet das
7; E2 noch ynn yhn sey / 1nit alleyn die sund / ßondernn eyn anklebende / das ist /
die mutwyllige boße lust / die nit abe leßt dve weil wyr leben / hannget
ymmer an / vnd sichtet wydder den geist / da von er ein last vnd beschwerde
hat / wilchs d' Apostel heißt beide ablegenn. 10
Alßo Joä. xiij. da Christ hatte gesagt zu sein! iungern / yhr seyt
nit reyn / durch das wort das ich ewch gesagt habe. Spricht er doch
hernach / ym .xv. Ich bin ein weinstock yhr seyt meine Weinrebe / vü mein
vatter eyn weinmä / welche rebe frucht tregt / den wirt er reinigen das er
mehr frucht trage. Hie sehe wir / das die reben / die doch fruchtpar / das 15
ist / frum vnd heilig sein / doch noch vnreyn vü mehr zu reinig! sein. Alßo
Dauid psal. L da er schon frn vn rein war / sprach er doch. O Herr /
37 ? S schaff ynn m ir ein 1reiniß Hertz vü mach ein newen 1richtigen geist ynn mir /
widerüb sagt er psal. xviij. O Herr / wer mag wissen alle sein sund / mach
mich rein vö meinen heimeliche vorporgen fünde. -0
J a das wirs recht vorstehen. Szo ists nit muglich das widd' vü
von den fünde bitte odd' begere / denn die do schon frum seinn. D er an-
gehabende geist / vü das erste stuck der gnaden / hat allein die art / das es
widd' die vbrige fünde erbeittet / vnd wolt gern allein durch vnd durch
frum sein / vü vormag doch nit / für dem widderspanst des fleisches. D en -5
wilche nit angefangen habe frum zu sein / die streitte nit / klagen nit /
bitten nit Widder yhr fleisch vn sund / ia sie fulen nichts widerspenstiges /
faren vnd folgen / wie das fleisch wil / wie sanct Paul^ Sphe. iiij. von
yhn sagt. S ie sein da hyn kümen das sie nit mehr fulen / darumb be­
geben sie sich yn die vnreinickeit vnd geitzickeit rc. 30
Hie her dienen die parabole des Euägelij. D ie erste vö de
Sam aritano / b’ den halb lebendig! mrsche miss sein thier legt / weyn vnnd
ole ynn seyn wunden goß / vnnd dem stalknecht befalh / sein zu warten.
Denn er macht yhn nit auff eyn mal gantz gesund / alßo wyr auch durch
75 e i die tauff odd' büß / werde nit gätz 1 gesund / ßondem werden angefangen 35
vnd vorbunden mit der ersten gnade / das wyr teglich mehr vnnd mehr
heilen vnd gesund werden. Darumb santt Jacob spricht Jaco. i. G ot
hat vnß geporen durch sein wort / auß lautter gnedigem willen on vnßer

4 jcstn hs. 5 Hbr. 12, 1 11 Jo. 15, 3 13 Jo. 15, 1 f.


1/4 Wilcher hs. 17 Ps. 51, 12 19 Ps. ly, 13 22 Part. piaet.
von anheben = anfangen 25 widerstand 28 füren hs. Eph. 4,
17 ff. 32 Le. 10, 34 s. 37 Ja. 1, 18
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521.

vordienst / auff das wyr eyn ansang seyen seynes wercks odder creaturn /
alß sott er sagen / wyr sein ein angefangen werck gottis / aber noch nit
volnbracht / die weil wyr hie auff erden / yn de glawben seins worts
kebenn. Nach dem tod aber / werdenn wyr volkommen sein ein gotlich
5 werck on alle snnd vn geprechen.
Die and' Parabel Matt. xiij. vö de sawr teyg / de das weyb menget
ynn drey scheffelt meel / so lange biß das es durch vnnd durch sawr würd.
Der selb new sawr teyg / ist der glawb vnd gnade des geistes / 1 aber er 73 ei
machts nit auff ein mal durch sawr / ßondern seyn vtt seuberlich mit d'
10 weile / macht er vnß gar yhm gleich new vnd ein brot gottis. Das alßo
ditz leben nit ist / ein frükeit / ßondern ein frumb werd? / nit ein gesunt-
heit ßondern eyn gesunt werdenn / nit eyn weßen sunderen ein werden /
nit ein rüge ßondernn eyn vbunge / wyr seyns noch nit / wyr Werdens
aber. Es ist noch nit gethan vnnd geschehenn / es ist aber ym gang vnnd
15 schwanck. Es ist nit das end / es ist aber der weg / es gluwet vnd
glintzt noch nit alles / es fegt sich aber alleß.
Vnnd das wyrs ein end machen / alleyn das vatter vnßer beschleust /
das wyr noch alle ynn funden seyn / Die weil auch alle heiligen muffen
bettenn / deyn nam werd geheyliget / deyn will geschehe / deyn reych kome rc.
2 0 Damit sie eygentlich bekennen / das fle gottes name noch nit gnugsam

Heyligen / 1vnnd doch das nit betten künden / wo nit der geyst schon ange- j 39w
fange hette yhn zu Heyligen. Alßo bekennen fle das fle noch nit thun den
willen gottes / vn doch nit bitten mochten / wen fle nit angefangen hetten
seinen Wille zu thun. Denn milche nit angefangen haben / die achten
25 gottes namen vnnd willen nichts / bitten nichts / fragen auch nichts dar
nach. Man kan auch nit sagen / das ynn dißen gepet? / 1die heiligen / 7öL-
fur yhr vorgangen fund allein bitten / vnd nit für die kegenwertigen vbrige
fund / denn für die Vorgängen fund / stet ein eygen sunderlichs gepet ym
vatter vnßer / das laut alßo. Vorgib vnß vnßer schult / alß wir vorgeben
30 vnßernn schuldigernn. Aber dieße gepet / lauften klarlich auff die vbrigen
kegenwertygen fund / die weil fle bitten noch die zukunfftig ehre gotlichs
turnt? / zukunfstigen gehorsam gotlichs willenß / zukunfftige befltzung gotlichs
reichs / alß die noch eins teyls seynn ynn des teuffels reich / vngehorßam
vnd vnehr gottes namen.
35 Ich weiß aber wol / was fle zu diffem allen pfleg? zu sagen. Nem-
lief) / das sulchs vbel / das vbrig bleibt nach der tauff / sey nit fund / vnd
ertichten yhm ein newen namen / sagen. Es sey ein pein / vnnd nit schuld /
1 ia es sey mehr ein feyl odder gepreche / denn fund. Hie antwort ich / 74 D
vnd sag / das fle das alles auß eignem Mutwillen / on schrijft / gründ vnd

t seyner wercke hs. 2 alßo hs. 6 Mt. 13,33 12 sein 13 ruhe


15 glüht 16 glänzt reinigt 17 beweist 25 bittten A 34 vnehr-
lief) ( = unehre bringend) hs. (vgl. W . A . 7, 892) 38 fehl
76 Grand und Urach aller A rtikel D. Martin Luthers,

vrsach sagen. Dapu Widder die schrifft / denn sanct Paul" sagt nit alßo /
ich find einen feyl ynn mir / ßondernn mit außgedruckten wortten / ich diene
nach dem fleisch / dem gesetz der sundenn. Jte die sund die yn mir wonet
thut das boße. Bund santt JoäneS sagt nit / wen w ir sagen das wir
keinen feyl haben / ßondern / wen wir sage / das wir kein sund habe. 5
Es leidet sich nit / das menschlicher freue! wvlt gottes wort zwingen
vnnd feyl heissen / was got letzt sund heissen / man möcht sunst die gähen
schrifft mat mache vnnd sagen das das wortlin sund an allen orttenn/feyl
hisse / vnd nichts mehr fund were / ßondernn eytell feyl vn geprechenn.
Wer wolt weren ßo yemant sprech / ehebruch / mord vnd raub / sey nur 10
feyl / vn nit sund? freylich sein es feyl vn geprechenn. Es seyn aber sund-
lich feyl vn geprechen / die durch gnade mutzen heil werden. Zorn / boße
lust / vnd neigüg zu allem boßen / seind feyel / sein es aber nit auch sund?
Sein sie nit Widder gotteS gepot der do gepeut / du solt nit boß begird
haben/du solt nit zornen? was wolle sie sund heissenn/wen sie was 15
Widder gottes gepot is t/n it wollen sund heissen? Hat doch S . Paul"
77 e» eben 1 bey de text / darynnen er vö der getaufften menschen sund redet /
einsüret gottis gepot vnd gesagt. Ich hette nit gewist das boß begirde
sund were / wenn das gepot nit het gesagt / du solt nit begeren / alß solt
er sagen. Eben diße begird ynn mir vnnd allen getaufften vbrig / ist nit »
allein feyl / ßondern die sund / die Widder ditz gottes gepot t(l vn drynnen
vorpottk ist.
341w 1 Solch wild rencke vn ausfiuchtige wort / die schrifft zuuorstellen /
nennet santt Paulus auff kriegsch / kybia vnd panurgia Ephe. tiij. das ist /
kauckeley / spielerey / doppelerey / darub das sie die wort gottes nach yhrem 25
Mutwillen / hyn vnd her werffen / wie die toppeler die wurffel werffen /
75 e i vnd wie die gauckeler 1 den dingen eyn ander nasen vnd ansehen geben / da
mit sie der schrifft / nehmen yhren einigen einseitigen bestendigen sonn / vn
vorblende vnß die augr / das wir hynn vn her wanckr / kein gewissen sonn
behalten / vnd gleich von yhn bezaubert / vn begauckelt werde / vn sie mit 30
vnß spiel- / wie die spieler mit den worffeln. Also thun sie dießem öffent­
lichem text Dft wortlin / sund / auch. Vü sagen / sund heiß nit sund / es
heiß eyn feyl oder geprechen / gauckeln für vnß / das wir das nit sehe / das
klar da steht für den äugen / gleich wie er zu de Galatern schreibt. O yhr
toll- galatern / wer hat ewch bezaubett vnd begeuckelet das yhr die war- 35
heit nit höret?
Wen wir yhn die macht ließen / die gotlich wort alßo zuuorstellen /
mochten sie zu letzst wol sagen / das eyn bawm ein stein hiesse / oft ein

2 Rö. 7, 25 3 v. 20 4 1 . Jo. 1, 10 6 geht nicht an


7 das hs. 12 durch gottes gnade hs. 17 geredet hs. 18 Rö. 7, 7
23 zu verdrehen 24 Eph. 4, 14 25 betrügerei (beim Würfelspiel)
27 Thiele no.394 34 Ga. 3, 1 37 zu verdrehen
so durch römische-Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521.
77
pferd ein tue were / wie sie dann leyder than haben vnd nach thun ynn
den wortlen / glawb / lieb / Hoffnung / gerechtigkeit / gutte werck / fund /
gesep / gnad gottes / vn der viel mehr. Milche ich auff mein eyd erhalt-
wil / auch wol beweissen / das die ynn dießen vierhundert iaren geschrieben
5 haben ober die Sententias / noch nie vorstandenn habenn. Szondernn /
haben da mit nach yhr- vnuorstädt / geworffelt vn gegauckelt / das d' gany-
schüfst vorstannd ist vnder gangen / vn wir eytel fabelln vn mehrlin dafür
gelertt habe. Darüb sol sich niemät yrren lassen menschen freuel vü geticht.
Was got mit außge'druckten wortten / fund heisset / das sol man lassen war 7» &
10 sein vnd für warhafstig sund haltenn. Got leugt nit wie ein mensch thut.
Nneri xxiiij. Szo spielt vnd gauckett er auch nit mit wortten / wie die
menschen thun / ßondern sein wort seind / ernst vnd warheit Psal. cxviij.
vnd cx.
Was soltk sie nit gespielet habe / «0 d' Apostel hett anpogen / d'
*5 hohen gepot eins vö abtgotterey ynn d' ersten taffel Most / do die hohe
geister nü gnugsam vorstand haben / ßo sie yhr kauckeln tut lassen ynn dk
nydernn gepot / d' bogen begirden / die yderman empfind / das sic widd'
gottes gepot seind / vn 1 dennoch sund nit wollen sund sein lassen / vn on 76 e *
zweiffel S . Paul ein solch nyd' gepot erfurzoge / auff das er allen das
30 maul stopfst / mit eygener empfindüg vnnß vberwund vtt beschluß / vn
niemant da gegen 1 reden kund. Noch hats nit geholffen. Noch ertichte 343 w
sie kauckel spiel / damit sie solche klare warheyt vü selb eygen empfindung
Widder fechten.
Doch wollen yhr vrsach horenn / warumb sie nit zulassen / fund
ss nach d' tauff ober bleiben. Sie sagen es were der tauff schwach vn schand /
ßo man sagt das sund vbrig blieb. Seyntemal w ir glewben / das yn der
tauff alle sund vorgeben werden / vnd der mensch sey reyn vsi new ge-
poren. Seyn denn alle sund vorgeben / ßo muß das nit sund heissen /
was vbrig bleibt.
30 Alßo geht menschen vornunfst / wenn sie on gotlich licht/ynn gottis
wort vnd werck fettet / w ill sie rechnen vn messen nach yhrem vormugen.
Was sol ich aber hie antwortte / denn eben das santt Augustin seinen
Pelagianis antwort/die auch mit dem stroern spieß auff yhn stoche.
Etlich sund (sagt er) als die wircklich sein / vorgehr nach dem werck /
35 bleibe aber nach der schult / denn ein todschlag ist bald geschehen vnd Vor­
gängen / aber die schuldt bleibt / biß er puffe. Aber «idderumb biege erb-
sund / die ym fleisch geporn ist / vorgeht yn der tauff nach der schütt / sie
bleibt aber nach dem werck / den wie wol sie vorgeben ist / democh / 1lebt 79

6 gewürfelt 11 Nu. 23, 19 12 Ps. 119, 86 Ps. i n , 7


15 abtgotteren A , abtgotterey hs. 22 solcher klarer hs. 34 Denup-
tiis et concupiscentia 1, 26, 29 und Contra Juliannm PelagUnum 6, 19
60 (MSL. 44, 430 und 858) (vgl. schon oben I 189, z. 31 ff.)
78 Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

webt vk tobet fle / vnd ficht vnß an / biß yn den leiplichen todt / da sie
aller erst « ir t vortilget.
M ditz woll ich sanct Augustins nit glawben / wen nit fanct Paulus
bey yhm stund / der Ro. viij. sagt. Alle die ynn Christum glewbenn haben
nichts vordamlichs ynn yhn / die weil sie nit folgen dr fleisch. Er spricht 5
nit / es sey nichts sundlichs ynn yhnen / ßondernn nichts vordamlichs /
denn er hatt zuvor gesagt / wie yn denn glidern vn ym fleisch fund sey /
die widd' den geist streit / aber / die «eil der geist Widder sie ficht / vnnd
yhr nit folget / ßo thut sie nit schaden« / vnnd got den menschen richtet /
nit nach der sund die yhn anficht ynn seinem fleisch / ßondernn nach dem xo
77 e i geist / der 1Widder die sund streit / vnd damit gotlichem willen gleich ist /
der die sund hasset vnnd vorfolget. Alßo das es zweyerley gesagt ist /
sund vorgeben sein / vnnd kein sund da seyn / nach der tauff vnnd puß /
sein alle sund vorgeben, es ist aber dennoch sund da biß ynn den todt /
wye wol sie durch die vorgebüg / nit schadet an der selickeit / ßo ferne /15
wir Widder sie streikten vn yhr nit folgen«. Drumb sotten fle nit leugnen /
sund nach der tauff vberbleiben / gerad alß dorfften w ir keiner gnad mehr /
die do sund vortreibet / ßondernn sotten leugnen / das / nit alle sund vor­
geben« werenn / so hette ich mit yhn / vn fle mit mir recht / vnd ein-
trechtig wol geleugnet. *>
Denn das ist die reich gnade des newen testamets / vnnd vbergutige
barmhertzickeit des himliffchen vatterß / das w ir durch tauff vnd puß / an­
heben frum vnd rein zu «erden / was aber noch für vnß ist vö sunden /
die auß zu treiben seinn / hellt er vnß zu gut vmb der angefangen frumkeit
345W vnd 1stetigs vben streit vnd außtreiben der sund. Dnnd wil vnß die selben *5
nit zu rechnen / wie er wol möcht von recht / biß das wir volkommen
reyn werden«. Darüb hat er vnß einen Bischofs gebr Christum der on
sund ist / vnnd die «eil für vnß stehen soll / ßo lang biß wir auch yhm
gleich gantz rein werden. In n deß / muß Christus frumkeit für gottes
äugen / vnßer schanddeckel seinn / vnd sein volle frumkeit lassen ein schütz 30
80 !• vnd schirm sein / das vmb seinen willk / nit werde1gerechnet / die vbrige
sund der / die ynn yhn glewben / wie das sanct Paulus meisterlich beschreibt
Roma. iij.
Alßo wollen w ir dießen artickel / der fast der best vn notigist ist /
beschließen mit dem hübschen spruch sanct Augustini. Die sund w itt ynn 3$
der tauff vorgeben / nit das fle nit mehr da sey / ßondernn das fle nit werd
gerechnet. Hie sehen wir klar / das sund vberbleibe / aber fle w irt nit ge­
rechnet. Vnd das vmb die zwo vorgesagten vrsach. Die erste / das wir
ym Christü glewbenn / wilcher durch den glawbk für vnß tritt / vff fle

4 Rö. 8, i 7 hartt hs. 12 viel anderß gesagt hs. 17 be­


dürften 27 Hbr. 7, 26 Rö. 8, 34 28 uns vertreten 33 Rö.
3, 24 ff. 35 De nuptiis et concupiscentia 1, 25, 28 und Contra
Julianum Pelagianum 6, 17, 51 (MSL. 44, 430 und 852) 39 uns vertritt
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. yg

vordeckt mit seiner vnschuldt. Die and' / das wir da Widder 1 on vnderlaß 7»51
streikten / fle zuuortilgenn / dann wo die zwey nit sein / da Wirt sie ge­
rechnet / vn ist nit vorgeben« vnnd vordäpt ewiglich / D as ist die freud /
tröst vn selickeit / des newk testaments / hyrynnen lemet man wo zu christus
5 gut vft not ist / hirauß wechst lieb vft tust / lob vnd danck gegk Christo
vft de vatter aller barmhertzickeyt. Hyrauß werden frey / froliche / mutyge
Christen / die auß liebe / die fund vorfolgen vnnd mit lust puffen. D tt
vnß aber die fund vorpergen vtt nur ein geprechr drauß machen« / machen
vnß sicher fawl vnnd verdrossen« / nehmen vnß Christ» hyndann / oft lassen
io vnß gehen / on forcht oft sorge die fünde zuuortilgen / VN alßo ynn grew-
licher vormeffenheit vorhartten / das vnß wedder Christus noch got schmeck
oder suß ist / da behüt vnß got für / vnd helff herauß allen die drinnen
sein Amen.
Der Dritte.
15 D er zunder der Erbsund / ob schon keyn wircklich fund da sey /
hyndert doch den eynganck des hymelreychs.
D ie obgenäte vbrige fund nach der tauff / davon wir ym nehste
artickel gesagt / heisset man zunder / darumb das sie leichtlich empfahet /
vnd zu boßer lieb lust vnd wercke bewegt Wirt / wie der leiplich zunder
*> leichtlich fewr sehet / wie ein iglicher ynn yhm selb befindet. N u ist dißer
artickel bißher von mir noch nie gehaltenn anderß denn ein wahn vnnd
guttdunckell / nit für eyn be'stedige gewiße warheit zur lere / das on not si r -
geweße ist yhn zuuordammen. Aber seintemal meyn widderpart nichts
dar mitbtx ausbringe / denn allein das eynige wort. E r gesellet vnß nit / 347w
»s vnd mir nichts dran gelege / was yhn gesellet odder nit gesellet / datzu ich
mich ynn mitler zeit baß bedacht Setze ich ihn alß ein bestedige lere d'
warheit / bekenne yhn oft rot! yhn auch erhalten / trotz sey yhn gepottr /
das sie yhn mit schrifften / odder mit vornunfften vmbstoffen / vnd beweyß
yhn alßo.
y> 1 Sanct Petrus .ij. P et. vlt. S a g t / das got Wirt new hymel vnnd 79 ei
new erdenn schaffen am iungsten tag / ynn milchen nit fund / wie ynn dißen /
ßondernn nur gerechückeyt «onen soll. Weyll dann ym Vorgängen artickell
tm ditt ist / das der zunder fund sey / ists yhe aller vornunfft offenbar /
das ynn den hymel niemät w itt kummen / die selb fund sey denn zuvor
35 abgelegt. S ie werden nit mit funden« hynein faren on zweiffell. Wie
wol aber dyße warheyt ßo offenbar ist / das keyn not were fle zu beweren.
Sintem al niemant ßo töricht ist / das er hallt / man muge mit funden«
gen hymel kummen / doch weil das ßo eyn tolle Bulle ist / vnd fle ßo
töricht odder vnuerschampt sein solchs zusagen vnnd setzen / für ich noch
40 einen spruch.
11 1. Pt. 2, 3 Hbr. 6, 5 14 oben I, 75, 38 s. 17 letzten
28 vemunftgründen 30 2. P t 3, 13
8o Grand und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

Sanctus Paulus Eph. v. Christus reiniget seyne Christenheit/


Lurch die taust des Wassers vnd Euangelij / miss das er yhm selb -u hauß
füre eyn brawt / die herliche Christenheit / die do keinen fleck noch
runtzell noch etwas der gleichen / habe. Ich meine yhe das hie fand
Paul / lere öffentlich / es muß kein fund mit gen hymel farenn / ßo widder 3
fleck noch runpel / odder yrgend ein boße maltzeichen hyneinen soll.
Dn ob schon der genante zünd' yhrer / yrrigk meinüg nach / nit fünde /
sondern« allein ein krSckheit vn geprechen were / acht ich dennoch / ydermä
gnugsam erkrne / das d' selb geprech / gleich wol hindert dr eynganck des
himelß. Denn es muß yhe zuvor abgelegt werden alle kranckheit vn ge- xo
prechen / alle fleck alle runtzeln vn alles des gleiche / wie fand Paul" sagt /
82 e i foin w ir gen hymel kummen / das erfüllet werd d ie 1flgur Exo. xiiij. da die
kynder vö Israel nit allein starck vn gesundt / ßondern auch gewapnet auß
Aegypten zogenn / davon David ym Psalter Psal. ciiij. Es war nit eyner
vnter yhn / der krack odder geprechlich were geweßen / wie viel mehr /1$
muffen alle geprechenn absein / wenn wir ynß rechte gelobet landt des
himelreichs / auß dyeßer wellt vnd rechtem Aegypto farenn.
Doch schertzt villeicht der Bapst mit den seinen / 1yn dißer Bullenn
80 bi vnnd redt villeicht von dem hymel / der yhm vfl allen den seinen / die mit
349W yhm die 1 gotliche warheyt lesterenn vnnd voruolgen bereyt ist / ym abgrund 20
der Hellen / r \t Lucifer vnd seine Engelln. I n dießen hymel wirt nem-
lich nit allein der zünd' / ßondernn das fewr aller fund vnd alles iamerß
faren. Ich kund sunst nit dencken was er für ein andem hymel hab / da
fund vnd kranckheit den eingag nit hinderen. Vnßer hymel da got ynnen
«onet / leffet sich hinndernn von der aller kleinisten fund vnd geprechenn / *s
vnd muffen austs reynist leuchte wie die Sonn / alle die hynein sollen« /
wie die schrifft sagt. Es were denn / das der Bapst vfl seyn Bepstischenn /
ohn selbs eyn eygen hymel wie die gauckler / vö leynen tuchernn / yn der
faßnacht bawen woltenn. Ists nit vordrießlich / das man ßo nerrisch vnnd
kindisch ding / ynn Bepstlichenn Bullen leßen muß / vnd gepietenß dennoch / y>
für ernste Christliche artickel des glawbens zu haltenn.

D e r Vierde.
Die vnuolkommende liebe gottis / ym sterben / hat mit yhr / on
zweistell / ein grösst forcht. Milche / wol allein möcht ein fegfewr sein /
vnd hindern den einganck des hymels. 3$
Itzt ist aller erst gesagt vnd beweiset / das nichts geprechlichs ynn
den hymel hmraim mag / es muß alleß seiner maße / vorkommen vnd on
fund vii on geprechen sein. Denn es werden wol nit alle heiligen gleich

i Eph. 5, 26 s. 12 Ex. 13, 18 14 Ps. 105, 37 27 Mt.


13, 43 28 vgl W . A. 14, 428 z. 18 und die Anm. z. d. St. S. 758
32 oben I 53, z. 4 ff.
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. gj

seyn rnn hymel / aber doch ein iglicher ferner maß / gnugsam rein vnd vol-
kommen. D ie weil denn vnuolkomene liebe / eyn geprechen hat / vnnd so
viel fund an *1 yhr ist / ßo groß der selb geprechen ist / halt ich / es sey szE»
klar / daö vnvolkommene liebe hynderlich sey zum eyngang deS hymelS.
5 D aS aber die vnuolkomene lieb neben yhr fürcht habe / laß ich samt
JoäneS den Apostel vorantworten / d' do sagt .i. Jo ä. iiij. Wo furcht ist /
da ist die lieb nit volkomen / denn die volkomene lieb tre ib t1 auß die furcht / 81 e »
w er diffem spruch nit glewbt / den beger ich nit daS er m ir glewb / die
weil aber diß Bulle den selbe vordäpt / were m ir leyd / daS sie mein
Ie artickel ynn dißen S . Jo änis spruch gegrund / nit auch vordampte.
D aS aber die grosse furcht / möcht wol ein fegfewr sein / hab ich /
dunckelS weiß gehalten / weiß daS selb Widder zu sehen noch zu entsetzen /
die erfarung wirtS wol lere / ist auch nichts dran gelegt / ob wirß tut
wtffenn. M ich dunckt aber / die schrifft / weiße auß / daS d' Helle sein
, s (wilch fit alle sampt de fegfewr vorgleichen) sey forcht / schrecken / grawen /
flucht vü vortzagk / gleich wie Psal. ij. sagt / Wirt er sie ansprechen ynn
sein- zorn / vnd ynn seinem grym / w irt er sy erschrecken. Vnd psal. vi-
Alle mein gepein fein 1 erschreckt vnd mein sele ist feer erschreckt. Vnd 351 w
Prouer. xxvi. D er sunder fleucht vnd niemat iagt yhn. Item D eutro.
so rrrviij G ot Wirt dir gebe ein forchtigeS vortzagteS Hertz. M an fiht auch
teglich / wie grosse peilt sey / die selben grewlichen schrecke / daS einteilt
gahlich drob sterben / etlich wäfinnig werden« / vnd gleich yn ein ander
weßen augenblicklich kümen / daS w irs bekennen muffen / kein peyn gleich
sey / den rechten ernsten grewlichen erschrecken / daS auch darumb vom ge-
•s rechten Psal. crt. geschrieben stett. E r w irt nit erschrecken für dem boßen
geschrey / dafür alle sunder erschrecke werden. Solch forcht vnd schrecken
macht nit anders denn das boß gewissen / da lieb vnd glaub gepricht.
D er halben ich acht dießer artickel soll scheinß gnug haben / doch werß nit
glewbk will / d' laß anstehn / die Bulle weiß nicht drumb m it allen yhren
zo meisteren«.

Der Funffte. »♦»


ES ist nit gegrundt ynn der schrifft / noch ynn den heiligen allten
lerern / daS die puß hab drey stuck / R ew / bricht vnd gnugthuung.
,
Hie ist zu mercken daS ich noch nie hab geleugnet / 1 das got zuweilk a» D
35 die fund straff / wie w ir lesen / ynn M ose / Aarö / D auid vfl vieler mehr.
Ic h hab aber gesagt / daS btt gnugthuüge / ßo der Bapst durchs ablas vor-

$ lieb fehlt hs. 6 i. Jo. 4, iS 8 bissen hs. 10 vordamp-


tenn Im. 12 in dubio gelassen behaupten negieren 16 Ps. 2, 5
17 Ps. 6, z k. 19 Pr. 28, i Dt. 28, 65 22 jäh 24 erschercken A
25 Ps. I I 2, 7 26 erschreckt hs. 28 Wahrscheinlichkeit 31 oben
I i i , z. 17 ff. 32 gegrudt A
82 Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

meinet abtzulegen / sey nichts vnd ynn keiner schrifft gegrüdet / ßondernn
durch menschen gesetz auffkümenn das beweiße ich.
Zum ersten» / mit yhren eygenen wortten / da sie vnd recht sage / die
rew möcht alßo groß sein / es were kein gnugthüung nott / wo aber die
gnugthuung were ynn der schrifft gegrund / were sie not oft must geschehen» / 5
vnangesehen die grosse der rew / odder reinickeit d' peicht. Denn was ynn
der schrifft gepotten ist / muß man vmb keinß andern dings willen nach
lassen / die weyl Christus sagt / nit ein buchstab noch tuttell soll vorgehen /
es muß alle geschehen / drumb ists klar auß yhren eygen wortten / wie
sie sich selbs ynn die zunge beißen / vnd das vordamnen das sie selbs leren. 10
Zum andern«. Christus absolviert die Eheprecherinn on gnugthun
Joan. viij. Vnd vorgab die fund de gichtpruchtigenn auch on gnugthun
M att. ix. wilchs Christus nit het than / wo ynn der schrifft das gnug,
thun were gegmndt / den er spricht. Er sey nit kummen das gesetz auff
zuloßenn ßondernn zu erfüllen» / Wo aber ein exempel Christi widder eyne 15
lere ist / da ist die selb lere / on zweiffell nit rund noch ynn der schrifft
gegrundt. Vnd hilfst nit ob man da gegen ein ander widderwertigs
exempel auff bringt / von dem gnugthun / alß etlich einfuren Mariam
Magdalenam / die Christus fuß wusch mit trenen. Denn ich leychtlich hie
353W sagen kan / es sey nit gnug'thun geweßen / seyntemal viel werck sein vü ge- so
schehen mugen / die nit gnugthun sein / aber kein nachlassend d' gnugthung
85 es mag gedeuttet werden dahynn / das es etwas anderß sey / denn 1ein nach*
lassen der gnugthuung / darumb wo sie nachgelassen wirt / beschleuffet sie /
das sie nit gepotte sey yn d' schrift / wo aber eyn werck geschicht / be­
schleuffet es nit / das gnugthung / odder zu thun gepotten sey. ,5
83 ei Widderüb / wo got strafft die fund / es sey 1gnugthuung obtr nit / ßo
mag sie niemät ablegenn / wie er sagt / psal. lxxxviij. Ich wil ihre sund
heim suche mit d' rüste / vü mit schlegen od' straffen durch menschk Hand /
biege wort muffen auch erfüllet werden auff eyneu vuchstab vü tuttel / vff
mag der Bapst solch straff für die sund nit ablegk / den er nit mag die 3«»
schrifft vü gottes wort abthu War ist es / das d' mensch mag got furküme
vü sich selb straffen odd' straffen lassen / das got die rutte ynnehalt / wie
sanct Paul sagt .i. Cor. xi. wen w ir vnß selb strafften ßo wurden wir von
got nit gestraffet / vnnd alßo mags geschehen / das die rew ßo groß ist /
das got kein straff mehr forddert. 35
Auff die weiße / haben vortzeiten die heiligen Vetter / Canones gesetzt
der puß vber die sund / wilchs man gnugthung nennet / das sie got für-
kemen / vnd wir vnß selb strafften / den es muß gestraffet seinn / es sey

i zu erlassen 7 unterlassen schriff hs. 8 M t. 5, 18 9 alliß hs.


10 lügen strafen 12 Jo. 8, 11 13 M t. 9, 2 14 M t 5. 17
16 klar 17 angeblich das gegenteil beweisendes 19 Lc. 7, 36 ff.
denn man hs. 21 nachlassen« hs. erlass 27 Ps. 89, 33 31 zuvor-
kommen 33 i. Ko. i i , 31 35 foddettt hs.
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521.

durch vnß selbs odder durch andre von gottis wegen«. Darumb hab ich
gesagt / vnd sage noch / das es lautier liegenn vnd triegen ist / mit de
ablaß des Bapstes / denn ist die strafft der fund von got gefoddert. (wie
es war ist vff die schufst leret.) so kan ffe der Bapst nit ablege / noch die
5 schufst niderlegen vnnd betreugt die leut. Ist aber kein straff da (alß wen
die rew ßo groß ist odder wir vnß selb straffen.) ßo legt er aber keinß
abe / vnnd treugt abermal die leut.
Darauß hab ich gesagt / das die drey stuck der puß / nit ynn d'
schufst gegrundt sein. N it das ich rew / deicht vnnd straffe leugne / ßondernn
10 das ablaß vornichtige / dz vnß ein naße macht / es lege das dritte teil die
gnugthung abe / vnd ist nit war / ich hab klerlich gesagt / das die gnug-
thunq / die durchs ablaß wirt odder sol abgelegt werden / sey nirgen be­
schriebe. D a mit hab ich nit geleugnet / das kein straff odder gnugthun
für die 1 sund sey. Ich sag sie sey / aber sie mag nit abgelegt werden« / 86 je»
wilch aber abgelegt wirt / die ist ertichtet von menschn on gründ der
schufst / derhalben ich auch feind bin de wort / gnugthun / wolt es were me
auffkummen. Die schufst / nennet es / straff vnd 1 casteiung der sund / denn 84 Ei
gotte kan niemät für eyn teglich sund gnugthn / er mag aber wol für
alle sund gestrafft werden / etwa mit gnaden zeitlich / etwa mit zorn
20 ewiglich.
1 Alßo besteht dißer artickel / das die puß nit drey stuck habe / nach 355 w
des Bapsts vnnd der seinen schwehen vnnd liegen / das das dritte / ynn
seiner gemalt sey / mit ablaß abtzulege. S ie hat aber drey stuck / nach got-
licher heiliger schüfst / das das dritte zu weilten / nach bleibt / vmb der
grossen rew / odder eigen straff willen / doch bleibt nymmer mehr ein sund
vngestraffet / wie sanct Augustin sagt. Nullum malum impunitum / kein
boßes bleibt vngestraffet / wie auch das sprich wort leret / wo mensch nit
straffet / da straffet got. Drumb hat der Bapst die straff der sund / eben
ßo wenig nach zw lassen alß die rew vnd peicht / denn puß ist ein Sacra-
y> met / das nit sein ist / hats auch nit zu wädellen ynn keynem stuck.

Der Sechste.
Die rew / die mä zubereittet durch erforschen« betrachtüg vff haß der
sundenn / alß wenn ein ßunder / mit bittrickeit seines hertzen / seine zeyt
bettacht vff bewigt die grosse / Mennige vff schand der fünde / datzu die vor-
35 tust ewiges lebens vnd gewinst ewiger vordänuß / die macht ünen Heuchler
vnd grosser« ßunder.

2 oben I 427, z. 11 f. sagge A 9 strafst hs. 10 vortäuscht (Thiele


no. 394) 26 Sermo 19, 2. 20, 2 (MSL. 38, 133. 139) 27 Wander,
strafen no. 17 31 Sermo de poenitentia 1519 W. A. 1, 319,2. 12 ff.
34 betracht fehlt hs. erwägt
84 Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

Alles was nit auß dem glawbe geschicht / ist ßund / sagt sanct Pawel
Rom. xinj. Szo sagenn auch fle selb alle meine wyddersacher / das die
rechte rew ober die sund / sol ynn der lieb geschehen / vnd wo fle nit ynn
der lieb geschicht/ ists nit rew. Eben daffelb hab ich ynn dießem artickel
auch geleret / noch vordamnen fle yr eygenn lere / darüb das ich fle auch 5
87 es lere / ob nu 1 schon yemant sein sund vnnd aller sund schaden« / on lieb vnnd
glawben betracht / ßo hilfst es doch nit für got. Den d' teuffei vnd alle
vordampren haben auch solche rew / die heisset man aufs deutsch / Judas
rew / oft galgen rew.
«5 Ei 1 Vnnd die ist alßo gethan / die weil fle gnad log seyn vnd den geyst 10
gottis nit habenn / ßo mugen sie die gerechtickeit nit lieb haben / vnd ob
sie wol mit angst vnnd muhe / ihre ßund bebenden muffen / gehwunge
durch das gepot der kirchenn odder des tods notten / gern sie doch / ym herhen
alßo geschickt / das wenn keyn Helle were / odder on schand oft on furcht
sein künde / ließen sie Rew / deicht / oft gnugthuüg viel lieber anstehen / oft 15
ist nit muglich das fle ein ander Hertz mugen haben ob eigener macht der
natur / on die gnade gottis / denn der mesch vormag ob yhm selbs kein
guttis / ßondernn eyttel boßes / wie ich ym .xxxvi. attickel beweißen wil.
Dft ob er sich schon stellet alß thu er gut. ists doch erlogen / betrogen /
vnd geheuchlet. ao
Drumb hab ich gelert. Eyn yglicher soll zuuor seyn Hertz erforschen /
ob er gründlich auß lufl vnd willigem hertzen die sund Haffe / oft wo er flch
357w n i t 1 alßo findt / das er sein re« nur voracht / oft zuuor nidder falle / vnd
bitte seinen Herren oft lasse für sich bitten / vmb ein rechte wäre rewe /
wie die kirche bittet. E t cor penites tribue / oft denn bebend sein sund. ,z
E s ist gar ein seltzenn ding on hohe gnade ein rewiges Hertz / oft leffet
sich nit mit sund vnd Helle bedencken bereittenn / ßondernn allein durch
den heiligen geist eingiffenn. E s hette ßonst Judas die beste rew %tbabt /
der sein sund wol bedacht mit grossem leyd. Widderumb ist gemein / ein
getzwngen ertichte rew / wie die erfarug außweißet / das ßo viel beichte 30
geschicht ynn der fasten / vnnd doch wenyg beßerüg.
Solch falsch lerer / der heuchlischen falschen rew / hat sanct Paulus
vvrkundigt .t. Timo. iiij. E s werde lerer kummen / die den vorfurischen
geystern anhangen vnd mit Heuchlerey vnd gutten scheyn werden fle lugen
leren / vnnd haben ein braut maltzeichen ynn yhrem gewissem! / ists nit 35
ss es lugen geleret / wenn man die rew 1 für gut leret / die nur scheynet flut / oft
doch on glawb / lieb / lust vnd willen (wilche die gnade gottes allein gibt)
86 ei geschicht? Ein brant zeichen machen fle ynn yhren 1 gewiffenn / gleich wie
ein solch brant-eichen ist nit recht angeporn noch gewachßen / ßondern mit
gewalt 00 außen eingedruckt / alß ist yhr gewissen auch nit auß gnade er» 40
2 Rö. 14, 23 7 bettacht fehlt hs. 10 beschaffen 14 ge­
stimmt on (3 .) fehlt hs. 25 Denifle V, 413 26 seltsam 33 1. Ti.
4. * ff- 34 guttem hs.
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521.

wachßen / ßondermi mit falschen ertichten gedancken ertzwungen vnd zu-


berett / stellet sich als berew fle sich / vnd ist nit war.
Ein solch falsch gewissen vn rew / macht nit allein eine Heuchler /
ßondernn auch einen grossem ßunder / Wie auch samt Hierony. sagt.
5 Simulata sanctitas / est duplex iniquitas. Eyn gleissende frumkeit / ist ein
zwifaltig boßheit. Eyne ist / das da kein gründ gutte frumkeyt ist / ßondernn
eyn vnwilligs vnliebendes Hertz zur gerechtickeit. Die ander / das solch
grud boßheit / mit erzwungen gedancken vnd erdichten rew / wirt bedeckt
vnd furgewand / alß ein rechte rew vnd frumkeit damit sie got will be-
10 frieden yff liegen / Widder solch falsche rew / die der Bapst vnnd seyne
lugener leren alß ein gute rew ynn allen yren bnchern / hab tch dießen
artickel gesetzt vfi setze vnd halt yhn auch noch.
Es geschicht auch das solch falsche pußer / ynn betracht yhker fund /
widderumb (wie wol tieff ym hertzen) empfinden / flammen vn funckell der
15 lust voriger fund / odder boße bewegung voriges hasss vnnd neyds / vnd
gleich / ynn der rew allererst recht lust zu funden gewinnen / der sie vllleicht
vergessen hetten / wo sie sie nit hetten betrachtet / ßo gar ist keyn nutz /
was nit auß gnedigenn gottes wircken fleusset / das auch sanct Paulus
sagt / die fünde nehme *1 nur zu / wo fle on gnade bedacht vfl erkennet 359 w
-o werden / Ro. v. Gala. iij. vnd .i. Corint. xv. Noch streben biege brät
vortzeichnete blindenleytter / vnß zu betriegen / vnd die selben ergennß vnd
mehrüg der fund / für ein gutte rew / furzubilden vü einzureden.
Das ist wol war / das durch straff vnd solch erzwungene puß / die
hartboßen vorstocketen ßunder / eyn jeit lang / für der menschen äugen /
»5 werden vorhindert vnd ! auffgehalten / yhre boßes zu thun / aber yhr Hertz 89 ei
wrrt da durch für got nit frum. Szo lassen fle yhr boßheit auch nit leger /
den die weil sie sich für de1leuten schewe vnd furchten muffen. Ich aber 87 ei
hab dar nach mit meyner lere geerbeittet / das dißer Heuchler vnnd braut
uortzeichente gewissen wenyger wurdenn / die der Bapst vnnd die fernen /
30 mit den teuffels leren teglich mehren. Vnd die red)te gutte gnadennche
reme / mehr vnnd gemein wurde / das Iroir nit den almechtigen got / mit
den falschen leren vnd rewen / mehr ertzurneten / denn wir mit den funden
gethan haben. Er wirt nemlich zu den selben sagen / das Matth, xn.
Hurn vtt buben werden für ewch gabn ynß himelreich / ßo gar viel mehr
35 erbittern yhn / bte gleiffende falschen rewlinge / vnd ertzwungene frumkeit /
denn die öffentliche fünde vnd sunder.
Vnd das ichs noch klerer beweiße. Ich hab ym ersten artickel
erubert vnnd enveißet / das auch die heiligen / ynn gottes gnaden lebend /
4 Commentariorum in Isaiam prophetam lib. V I cap. 16 (M S L .
24, 240): ‘Levius malum est aperte peccare quam simulare et fingere
sanctitatern' 7 vnliebendens A und hs. 20 R ö . 5, 12 ff Ga. 3. 21 f.
I. K o . 1 5 ,5 6 24 verhärtet bösen 27 so lange als 32 sunnen A
33 M t. 21, z r 36 öffentlichen hs. 37 vielmehr im zweiten, oben
s. 72, z. 30 ff. 38 erobert
86 Grund und Ureach aller Artikel D. Martin Luthers,

m it grosser muhe vnd erbeit / die gerechtickeit lieben vnd yhren fleischlichen
lüsten vft Kunden widderstrebenn / ßo dann dieße / n it kundenn / yhre fund
gnugsam Haffen / was sotten die thun / die noch ausser der gnaden sein /
vnd keinen widderstreit d' ßund habenn? was sott d' fleischlich mensch
thun / ym abwesen des geistes odder der gnaden / Widder die ßund / ßo 5
er ym beyweßen des geistes / streiktet Widder got für die sund? wie möcht
yemät törichter reden / den das die natur sott von yhr selb / für vnd an die
gnad / ßund Haffen vft meidenn odder berewen / ßo sie ynn dyr gnadenn
begriffen / die sund liebet / sucht / begeret / vnd Widder die gnade streiktet
vnd wuttet / wie alle heiligen geklagt habe. S o l nu die natur von yhr 10
selb thü / das yhr die gnad gottes mit vnauffhorende streit / nit mag ab­
gewinnen / das were eben ßo viel gesagt / ein grosser Bawm / den ich mit
macht nit beugen kan / ßo ich yhn lasse / beuget er sich selb / vnnd ein
wafferstram de ich m it keine kam noch gewere tan schuhe / wen ich yhn
90 Ei gehe lasse / ßo helt er sich selb auff. Alßo leren vnnß *1Bapst vff Bebstische 1$
auch / das die gnad kan die sund nit zwingen gnugsam / aber on die gnad /
88 L, zwinget vnd 1 weret ffe yhr selb. Nur ynn die Hunds tage mit denn
predigernn.
361 w 1 Darnmb ists eytel erlogen erstuncken vnd vorfurisch Heuchlerey / das
man rew bereiste Irret / durch betrachtung allein der ßund vnd yhres 20
schadenß / ßo man sott zuuor Christum ynn seine wunden sehen / vnd auß
den selben / sein lieb gegen vnß / vnnd als dann vnser vndanckbarkeit be-
wigen / vnnd alßo auß herhlicher gründlicher gunst zu Christo / vnd vngunst
auff vnß selbs / die sund betrachten / das ist ein rechte rew vnnd fruchtbar
puß. Denn die rew soll zuuor sein die sund zu betrachten» / das der sund »5
betrachten auß der rew flieste vnnd bereit werde / nit widderumb / die rew
folge vnnd auß der betrachtng bereit werde. Es muß rew da sein / für
aller betrachtung der sund / gleich wie lieb vnnd lust da sein muß für allen
gutten wercken vnnd yhrer betrachtung / die Betrachtung ist ein frucht der
rew / die rew ist der bawm. Nu wachsen ynn vnßernn landk die frucht 30
auff vnnd auß den bawmen vnnd sund betrachten auß der rew / aber ynß
Bapsts vnnd Bepstischer Heyligen landen / wachsen vylleicht die Bewm
auff den fruchtenn / die rew auß den funden / gleich wie ffe auch auff den
oren gehen / oft all dinck Yorkeren.

Der Sybende. »
W ar ist das sprichwort oft besser den alle lere / die ffe bißher ve der
rew habe geleret / das man sagt. NyMer thun ist die höchste puß / vnd
ein new leben ist die peste puß / odder vmbkeren ist das beste.
i yhrem A , yhrenn hs. 7 vor und ohne 14 wafferstrom hs.
dämm wehr 17 were A , werett hs. W . A . 7, 3591. 6661 23 er­
wägen 34 Thiele no. 224 36 Sermo de poenitentia 1519 W . A.
1, 321, z. 2 ff. 38 Thiele no. 280
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521.

Ist nymmer thun nit die höchste puß / wie man ynn aller wett /
vnnd ynn der warheyt sagt / was ist den die höchste puß? sag an du
heiliger vatter bapst / wyr wollen dir zu horenn. O du wolff der Christen­
heit / ists nit war / das nymer thun / nit allein bit rechte rew d' fund /
5 ßondernn auch des gantzk lebenß wandeln- / 1 ynn sich begreiffet? warüb ists 9* E2
den nit die höchste vü peste puß? denn wo die rew recht angaht / durch
gottis gnadenn / da roirt zugleich der mensch gewandelt ynn eyn ander
mensch / Hertz / mut / synn vnd lebenn / vü das heyß ich / nymmer thun /
vnd eyn new leben.
xo 1 Die weil denn der Bapst leugnet / das nyMer thun die höchste puß *9 L»
sey / wolle wir sehr / was er die höchste puß heissen will. Er roirt yhe
nit sagen / das ymer thu / vnd für vnd für sündigen / die peste puß sey /
wie wol er vü bi* seine / miss die selbe weiße puffen / vn yhn / d' erste
buchstab am 1nyMer thun zw vil ist / vnnd auß nymmer thun / eyn ymmer 363w
15 thun machenn. Szo muß er gewyßlich sage / das die Judas rew vü galgen
rew / die peste puß sey / wilch on gotlich gnade auß lautter natur vor'
muge gemacht / ym grüd falsch ist / vü nit macht ei new leben / auch nit
auffhoret zu sündige / ernster vü hertzlicher meinng / wie drobe gnugsam
erweyset ist / das on gnad kein guttis nit ist ym meschen / ßo auch die ynn
»o d' gnaden leben / boß vü sund ynn sich streyttend habe.
Es bewegt aber de lieben Bapst / das wortlin Christi. Was du
wirst auffbinden auff erdenn / soll lvß sein ym hymel / denckr villeicht / wo
nymmer thun die höchste puß were / kund ein mensch / wol do heym frum
werden / durfft nit gen Rom lausten / odder schickenn / damit wurde d'
ts Römisch treudelmarckt / da mä schluffell brieff / siegel / sund / gnad / got /
hell / alle ding keufft vnd tauffchet / gantz vnnd gar vorgehen / drumb muß
er die beste puß gen Rom hassten / an seine beutel vü kästen.
Aber wir wollen vnßer artickel beweißen mit schnstenn. Alßo sagt
S . Paulus Gal. vi. I n einem Christlichen stand gilt Widder das be-
30 schnitten noch vnbeschnitte / ßondern allein ein new wetze. Lieber Bapst /
vordäne dießen Apostell auch / der do frey erauß redt / das alles was nit
ein new wetzen ist / gilt nichts ynn d' Christenheit. Nu ist die Judas
rew / on die gnade gemacht / yhe nit eyn new weßenn / hebt es auch nit
an / ßondernn ist ein Heuchlerey / ßo gilt sie auch gewißlich nichts / wie
35 kan sie den die peste puß seynn?
1 Wol ists war / das ein new wetzen vnnd einfluß der gnaden anhebt / 9- e»
mit einer -rossen anfechtung vnnd erschrecken des gewiffenß / odder sunst
mit -roßen leyd / vü vnfal / wilchs Apo. iij. heisset / gottis anklopsten 1 od' or e «
heimsuche / vü thut bitterlich wehe / dz d' mesch wil -atz vorgehen vnnd
40 meinet er muß vorterbenn / aber da selb wirt zugleich die gnad vü sterck

21 M t. l6 , iq 2 x brauchte r; tr-'de!m .ukt :■> ' >.» h


38 A p k . 3, 20
88 Grand und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

eingossen / das d' mesch nit vortzage / vst alßo wirk alda ein new wetzen /
vnd gutter fursay angefangen / wilchs heisset den dte rechte gutte rew /
gleich wie w ir von S. Paul* bekerung leßenn / das er vo hymel mit
einem licht vmbfangen erschreckt / zugleich die gnad empfieng vnd sprach /
Herr was sol ich thun / alßo ym sturm vnd widderwertickeit / geußt got $
gnade ein / wie geschriebn stet Esa. xli. Got vorfolget sie vnnd alßo
wandelt er fridlich ynn yhnn. Vnd der Prophet. Nahum c.i. Got ist ein
Herr / des wege seyn eyttell donnern / plixen / vnnd vngewitter. vnnd seine
fußstapfen sein gleich tmt dick puluer wolcken / alß solt er sage. Got
welchen er w ill begnaden / den greifft er alßo an / das er all vngluck ober *o
yhn füret / ynwendig vnnd auß'wendig / das der mensch mehnet / er soll
vndergahn vor grossem sturm vnd anfechtung.
Vnd wilche solch sein werck vnd wege nit leydenn / die treiben von
sich seine gnaden / vnd künden gott j der yhn begegnet / nit gruffen / vn
seine grüß noch vorstehn noch dancken / Den grewlich ist sein grüß ym 15
ansang / doch tröstlich am ende. Wye auch der Engel Gabriel Mariam
ym grüß grewlich erschreckt / vnd doch auffs aller lieplichst wider tröstet /
darumb die puß / die mit den fridlichenn qedancken sich vbet / ist Heuchlerey.
Es muß ein grosser ernst vst tieff weethung da sein / sol der alt mensch
außyvgen werden / gleich alß wyr sehen / wenn der plix eynen bawm odder -
menschen schlecht / ßo thut er zu gleich zwey werck / das erst / er zureisset
de bawm vst würget den menschen schwind dahin / das ander / er keret
vmb das Angesicht des todten mensche vnnd des Baums bruch odder
scheyd zu sich gegen hymell / alßo die gnad gottes zu gleich den menschen /
93 ex erschreckt / 1 iagt / vnnd treybt / vnnd zu sich keret. Solch werck der rew »5
91 Ei ynd gnaden / kennet mein lieber Bapst weniger / den der große bloch 1 der
do ligt / vtt w il dennoch drnnnen richten vnd vrtetllen.
Es ist vorzeitten eyn keherey geweßen / die hießen Donatisten / die
lereten alßo. Es kundt kein mesch die wäre fauff odder sacramet empfahen /
der Priester odder biffchoff / der sie gebe / were denn heilig / btt hat S.
Augustin vberwunden / vnnd beweiffet / das die sacrament / nit der menschen /
ßondernn allein gottes seyn / der sie gibt / durch front vnd boße diener.
Da die keyerey ernieder legt ist / kompt des Bapsts ketzerey an ihre stat /
vst leret alßo. Ob wol / der die sacrament gibt / nit muß front sem / ßo
muß er doch / hoch vnnd gewaltig seyn / vnd was ihene ketzer / der 35
menschlichen heilickeyt gaben / das gibt der Bapst menschlicher gewalt vnnd
hohe / vst w ill / das niemant sacrament zu geben habe / den er allein /
odder durch seyne gewallt / gott gebe / yemantz habe glawben euangelh /
gottes geyst odder alle heylickeit. Die sacramet sein nu an die gewalt ge-
püde / die vor zeitten an der heylickeit nit hassten mochten / vst kleben nu 40
3 AG. 9, 3 ff. 6 Jes. 41, 3 7 Na. 1, 3 16 Lc. 1, 28 f.
17 erschrekt A 19 schmerz 22 geschwind 23 brachstelle 24 scheite
26 block, klotz 28 RE* 4, 788 Schäfer s. 273 f. yemant hs.
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. ßg

an den rotten Huten / gülden krönen vn infulen / wie die Jacobs moffchelln
an den oiltze Huten / oft wallmentellen.
Daran nit gnug / leret weitter / oft gibt seinen schluffelln solch ge­
malt / ob yemant kompt / der Widder glewbt noch rewet / ob er schon
5 kaumet eyn halb galgen rew habe / die sie nenne A tttitio / ßo kan er durch
krafft der schlussell / 1 auß der selben halb galgen rew / machen ein gantz 367W
gutte gründ gnadenreyche rewe / ßo fern der selb mensch nit eynen rigel
fursteck / dauon droben ym ersten attickell gesagt / alßo kan nu der Bapst
ynn vnß machen / die gnade oft rew / ob wyr schon onglewbige / Heyden
xo ond iuden / ond on alle rew sein / ond muffen die sacrament nu gehen nit
allein ovn der heylickeit der Priester / wie die Dvnatisten / sagten / ßondernn
oon der gewalt ond hohe der menschen / damit der glawb oortilget oft
oorgeffen wirt. Sihe nu / das dem Bapst solch ketzerey ond ertichte ge­
wallt nit empfalle / da mit er die pesten puß machen kan wenn ' er will / 9- E»
15 muß er leugnen / das nymmer thun sey nit die peste puß.
1 Hut dich nu für dem Endchrist dem Bapst / onnd sey gewiß / das die 94 e *
sacramet / widd' an d' heilickeit noch an d' hohe / noch an d' gewalt. noch
an de reichtüb. noch an Huten / noch an Handschuhe / noch an Bapst / noch
an Bisschoffen / noch an pfaffen / noch an München Häge. Sondern an
9 c deine eyge glanbm / das / wer dich absoluiert / er sey heilig oder onheilig /

hoch oder nyd' / arm odd' reich / bapst odder Pfarrer / ßo glewb das dich
got durch yhn absoluiert / ßo bistu absoluiert / Den ßo die sacramet / nit
an d' heilickeit Häge / wie oiel weniger werde sie an d' hohe / gewalt /
grosse / ehre oft reichtüb Hägen? ßo heilickeit ober alle dinck das groste ist
15 auff erde. Vft das wollen die wort Christi / do er sagt / Was du wirst
auflösen auff erde / sol loß sein ym hyMel / damit ctui(tp kein oberkeit gibt /
ßondeni eyniß ygliche christen Hertz -um glawbe reitzet / das er gewiß sem
sol / wo er oon de Priester absoluirt Wirt / das er sey für got absoluirt /
ond die schluffel nit mehr oormuge / den ßo oiel du gleubist / oft nit wie
30 oiel d' bapst oft die seine wolle. Wie wol zu leyde ist / ihre tolle ange-
nöme freuet gewalt oft obirkeit / ßo ferne doch / das du den rechte glawben
behaltest / das dir niemät kan weniger odder mehr geben / den so oiel du
gleubst / oft erlogt sey / das d' bapst oft die feint mugt ynn drr ynn
schluffels krafft / ein rew macht / on deynen glawbenn.

3$ Der Achte.
Nym dirß nit für / alle teglich fund zu beichtk / ia auch nit alle
todfund / denn alle todsund mag niemät erkennen / ond oortzeitten beichtet
man nur die öffentlichen bewusten todsund.
i kardinalshüten muscheln zum zeichen der seercise an den filz­
hüten und wallfahrtsmänteln der nach St. Jago di Compostella pilgernden
8 oben s. 65, z. 11 ff. 35 Sermo de poenitentia 1519 W . A . 1, 322,
Z. 22 ff.
90 Grind und Ursach aller Artikel D . Martin Luthers,

Das keyn teglich fund -u beichten not sey / leren sie allesampt selber /
on die weil ichs sag / muß es ketzerey seyn. Ich halt / wen ich sprech /
9j Et das ein got were / oft alle artickel des glawbens bekente / ßo muste 1 es
alles ketzerey sein / nur dammb das ichs sage / ßo frum vnd warhafftig ist
der Bapst / vnd die seinen gegen mir. 5
36^ w 11 Das aber nit alle todsund gepeycht noch erkennet werden mugen /
ist die klare schrifft Psal. xviij. Herr / wer kan sein fund alle erkennen?
mach mich rein vö den selben heimlichen funden. Hie leres vnß der Pro­
phet / das wyr dye heymlichen ßundenn / nit beichten künden / denn gott
Ne allein weiß / vnnd w ir ste mit bitten sollen ablegenn / Das es aber u>
todsund seyn / bezeugt Psal. cxlij. Herr kum nit zu gericht mit deynr
knecht / den es wirt für deine äuge keyn lebendiger mensch / rechtfertig er­
funden. So die lieben heilige / oft gottes diener solch fund haben (die wir
doch on fund achte.) das ste nit mugen für got gerechtfertigt werden /
was machstu elender Bapst / das du auch die w ilt für got rechtfertigen« / 15
die on glawbe oft rechte rew / mit yhrer vordäpten galge rew / die puß
anfahk? Es muffen yhe todsund sein / vmb wilcher willen auch die heylige
für got nit rechtfertig mugen sein. Den was die rechtfertign- hindett /
das ist ein todsund / vnd widerumb.
Drumb hab ich geleret / oft solt auch alßo yderman leren die leut / so
das ste got furchten / vnd nach allem gethane vleyß der deicht / zu got alßo
mit David sagen, sthe lieber got / das vnd das hab ich gepeycht. Nu seyn
deyne gericht heymlich vnd schrecklich / ßo du mit mir ynß gericht gehen
w ilt / werd ich nymmer für dyr bestehen / ich thu yhm wye ich ym thu /
wer erkennet seyn fund alle / darumb flihe ich von deynem gericht zu deynen 25
gnadenn / oft bitte / mach mich reyn vö allen meine vnbekäten funden.
Alßo kundten die leut lerne auff gottes gnade sich tröste / oft nit auff ihre
eige rew / peicht oft gnugthun / wye der Endchrist mit seinen ingern Irret.
Das aber vor-eytten nur die offentlichenn funden beichtet wurden /
laß ich die Historien sagen on beweyffen / neben de Episteln S . Pauli. Ich 3 0
94 ei hab nur ob den todsunden gesagt / die dem menschen selb bewust 1 sein /
ob ste gleich heimlich sein vndern leutten. Dber die selben / sag ich / seyn
yhr noch mehr / die niemant den gott weiß / darumb soll man die leut mit
96 e* friden lassen / vnnd nit treiben alle yhr fund zurforschen / seintemal das 1on«
muglich ist / vnd ste lassen beichten / die yhn zur zeit eynfallen ebbet be« 3$
wüst sein / auff das ste den glawben gotlicher gnaden mehr denn yhr volle
deicht achten».

D e r Neunde
Wenn wir furnehmen alle fund reyn auß zupeichte / thun wir nit

2 nor weil 7 Ps. 19, 13 9 denn alleyn Gotte der ste hs. 11 Ps.
143, 2 32 ausser 38 Sermo de poemtentia 1518 W .A. 1, 323, z. 4 ff.
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. 91

anderß / denn / das w ir d' gotlichen barmhertzickeit wollen nicht lassen das
sie vorgebe.
D ießer attickel ist schon beweret auß dem nehst vorgangen vnd dem
andernn / den ßo es w ar ist / das D auid sagt. psal. xviij. D as niemät
5 alle sein fund erkennet / muffen w ir von not / der barmhertzickeit go ttit die
selben vnbekanten Kunden lassen / oft alßo nit «uff vnßer deicht / noch rew /
sundern 1 «uff seine gnade vnß vorlassen / m it demütige furchtsam gepett z?- w
bitten / das er vnß davon reyn mache / wie gesagt ist.
Auch ßo w ir ym ersten oft andern attickel beweiset / wie alle heiligen /
10 yhr fünde ym fleisch klagen / der sie nit muge loß sein / muffen w ir be­
kenne / das auch die selb vbrige fund / gottes gnade befolhen sein müßen /
wilch ßo er schwind vrteillen wolt. (wie er thun w itt denen die sie vor-
achten.) wurden alle sampt tödlich erfunden / das nu der Bapst solchs vor-
däpt / ist nit wunder / den sie vnß leren / ynn allen stucken / «uff vnßer
15 werck vnnd seine gemalt / vnnd nichts «uff gottes barmhertzickeyt bawenn /
damit gotteS forcht vnnd Hoffnung vortilget w irt / ynn den Christlichen
Heryen. Aber S . August, sagt confeff. ix. W e allem leben der menschen /
wye gut es auch ist / ßo es gericht würd ßond' barmhertzickeyt. S zo hie
S . Aug. auch das gutte leben will der barmhertzickeit befolhen haben / oft
»o gottis gericht nit leyden mag / wye wollen w ir denn nit etlich vorporgen
ßunde seyner gnaden lassen? Ach es 1 ist vordrießlich / solch klar w arheit yz
zuhören / vo Bapst vordäpt fein. E s ist Endchristisch weßen mit Bapst
vnd Bepstischen.

D e r Czehende e.
*5 N iem ant seyn die fund vorgeben / er glewb denn das sie yhm vor­
geben werdenn / wen yhn der Priester absolviert. J a die fund bliebe / ßo
er nit glewbt / das sie vorgeben sey / denn es ist nit gnug / die vorgebüq /
odder der gnaden eynfluß / ßondern man muß glewben / das die fund vor­
geben sey.
3° Auß dießes attickels vordampnnge / folget / zum ersten / das der
attickel des Christenglaubens falsch oft ketzerisch sey / da alle Christen sagen.
Ich glewb ynn de Heyligen geyst / eine heilige Christlich kirche / vorgebunq
der fund / den dießer mein attickel nit anderß leret / den das w ir glewben
sollen vorgebng der fund / gleich wye der Christglewbige attickel lauttet.
35 Danck hab du aller heiligister vatter Bapst / dz du vnß nu lerest / das die
welt vor nie gewist hat / wie der artickell / vorgebng der fund / ketzrisch
sey / Is t aber diß eyn stuck deß glaubes ketzrisch / ßo sei gewißlich alle stuck
ketzrisch / alßo vordampt hie der allerheiligste vater Bapst / den gantzen
Christen glawben ßo gröblich / das ich nur furcht / niemant glewben w erte /
i nichts hs. 4 Ps. 19, 13 12 scharf 17 s. oben 1 120, 2. 15
23 BepstyNN hs. 24 oben I 38, z. 39 ff.
22 Luthers Werke II
Y2 Grund und Ursach aller Artikel D . Martin Luthers,

das solch ding yn der Bullen stehe. Nu stehet es yhe drinnen / drum
schemen fit sich auch / das die Bulle vorteutscht mtrt / vnd yhre End-
christisch / ketzerisch wutterey an tag kummet.
373w 1 Zum andernn folget / das der ßunder sol sagen zum Priester d' yhn
absoluiert / du leugist / mein fund sein mir nit vorgeben wie du sagist / $
den d' heilige vatter Bapst / hat newlich eyn Bulle gebe / darynn er vor-
dampt alle die do glewben / das yhn yhr fund vorgeben / vnnd die abso­
lutio» war sey / ßondernn wer zur peicht geht sol also denckenn / ich w il
beichten / aber ich w ill a. e absolution für lugen / ketzerey / yrthum halten /
96 ei oft alle Priester / lugener / ketzer vnd vorfurer 1 schelten / die do yemat ab- xo
soluieren / der Bapst hat michs geheyffenn yn seyner Bullen.
Zum dritten folget / das Christus selb eynn lugener vnd ketzer ist /
da er sagt zu Petro Matth, xvi. was du loßest miss erden / sol loß syn
98 ex ym hymel / 1 dan dieß zarte Bulle gepeut bey Bann vnnd feur / das niemant
glewben soll / daß es loß sey / was der Priester loßet / das ist / er sol yhe 15
nit glewben / das yhm seyn sund vorgeben» seyn / wie mein Artickel laut /
Is tyemät / d' nit glewbt / das solcher grewel ynn der Bulle stet / der
laß sie yhm leßen / vnd sehe drauff was sie vordampt. I ch het auch ehe
giewbt das der hvmel viele / ehe solch ding solte vö Bapst außgehn / ich
mei d' bapst sey an sein end küme.
Wie wol aber dießer arttckel ßo öffentlich war ist / das aller Christen
oren billich erschrecken vnd sich entsetzen für des Bapst vordamnuß.
Seyntemal es ynn aller Christenheyt die groste vbung ist / das eyner den
andernn tröstet / zum glawben vnd trawen auff gottes barmbertzickeyt / die
yhm sein sund vorgebe / on das d' Boße geist / an den leisten notten des *5
sterbenß / pflegt dem mensckenn / eyntzublasen / wye der Bapst ynn dyßer
Bulle leret / sie sollen nit glewben / das yhn yhr sund vorgeben sey / doch
thut er das nit / alß sey es recht vnnd wol than / ßundernn alß eyn
feynd der gnaden glawbens vnd warheit. Aber der Bapst erger den alle
teuffel / leret solchs alß recht / vnd gutte lere / sitzet an gottis stat / vnnd y>
vordampt den glawben / das kein teuffell nie thä hat. O es w il am end
mit dyr sein / du kindt des vorderbens vü Endchrist / hör auff Bapst du
machsts zu grob vnd zu viel.
Doch wolle w ir de Arttckel beweysenn / denn Christus Matth, ix.
da er den gichtpruchtigen gesund macht / sprach er zuuor. Mein söhn / ge- 35
traw vnd glewb / ßo sein dir deyn sund vorgeben. Hye sihestu klar / das
die sund nit vorgeben werden / er glewb denn das sie yhm vorgeben sein.
375w Dnd 1 mariam Magdalenam absoluiert er vmb yhrs glawbens willen
Luce .vij. denn alßo lauten seine wort / gang hyn mit fridenn / dein glawb

2 s. oben s. 67, z. 10 3 hellisch hs. 5 lügst 13 M t


16, 19 18 sich vorlesen 19 einfiele 20 das alle teuffel auff eyn
mal ynn den Bapst gefarenn seynn hs. 26 wilchs der Bapst hs.
30 lere A 35 M t. 9, 2 39 Lc. 7. ro
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521.

hat dir geholffen. Sihestu da / 1das der glawb zuvor gewesen ist / der yhr -7 e *
halff vnd yhre fund vortilget / das Christi auch selb / nit seiner absolutio /
noch schlüsseln / noch gemalt / ßondernn yhrem glawben zu schreib die tot*
gebüg d' fund. Aber d' Bapst gibt für / es sey seiner 1gemalt schult / vnd 99 E-
5 nit des mensche glawben / das die fund vorgeben werden / was für ein geist
yhn das heyffet rede / ist wol zu merckenn.
Es weiß yhe yderman / das des Priesters absolution ist ein vrteil
dav mt sein / ßondern gottis ist / wilchs yn misst der wort Christi / da er
sagt / was du losest sol loß seyn / foddert den glawben / oft laut alßo / ich
10 absolvier dich / das ist ßo viel gesagt / ich loße dich auff / ad' deyn fund
seyn dir vorgeben / wye reimet sichs nu / das solchem gotlichen vrteil / d'
fund nit glewben sol? Nu brenne vnnd vordamme bucher/Papst. Szo
soll dich got stortzenn / vü ynn eynen tollen synn vorwerffen / die weil
du gotlicher warheit alzeit Widder strebist / das du deinen vordiente lohn /
*5 empfahist / zweiffel nu wer do wil / ob der Bapst / der sollcher yrthumb
mehr denn zu viel ynn die welt treibt / vnd aller land gelt vnno gut da
für nimpt / der recht heubt letzte Endchrist sey / ich danck got / das ich
yhn kenne.

Der Eylffte.
10 Du solt yhe nit vorrrawen / das du absolviert werdest / vmb deiner
rew willen / ßondernn vm des wortS Christi willen / da er sagt zu Petro.
Was du wirst auff binden / soll auffbunden sein. Hie sag ich / ßo du ab.
solmert wirst vom Priester / soltu festiglich glewben / das du absolviert
seyest / ßo bistu gewiß absolviert / es sey mit deiner rew / wie es mag.
*5 Dißer artickel ist gnugsam beweiset / ynn de nehsten vorgangnenn /
den wer wolt doch beichten odder pussenn / wenn er nit solt glawben das
yhm sein fimb vorgeben» wurden»? was wolt der Priester sagenn / wenn
ich kem 1 vnd sprech / Herr ich hab alßo gesündigt vnd ist mir leyd / id) 98 b *
glewb aber nit / das ich absolviert werde vö ewch. E r würd freylich drucken
3° ich rotte vnflnnig. Noch leret dieße Bulle alßo zu thun / vnd vordäpt
solchen glawben / den mein artickel leret.
1 SoltS aber war sein / das vmb vnßer rew willen die ßund vorgeben 100 e*
wurden / wie die Bulla leret / vnnd nit vM lautter gottes worts wille /
wie meyn artickel sagt / ßo möcht ein mensch sich gege got turne / das er
35 durch sein rew vnd vordienst / vü nit durch lautter barmherhikeit gottes
erlangt het / gnade vnnd vorgebung / wilchs grewlich vff schrecklich ist zu
Horen / 1vü die gnad würd gantz vorleugnet / Den gottes barmhertzickeyt vü 377W
gnade / roirt vmb sonst / den vnuordienten geben / wie Ro. v. Paulus sagt.
W yr seyn begnadet vü rechtfertig worden vmbsonst vnd auß lautter barm-

15 rweiffel nn A 19 Sermo de poenitentia W . A . 1, 323,


z. 23 ff. 38 R ö. 3, 24
Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,
94

hertzickeit. V n n d psal. x x iiij. H e rr du w o ltis t meinen funden gnedig sein


mb deines namenß W ille. Er spricht n it / vm b meynet odder meines
namen / odder vordiensts w ille n .
Auch ßo droben gnugsam gesagt / das die liebe heyligen / noch fund
haben / vnd wie die fund streitet Widder die gnade / vft gnade w id d ' die 5
fund / ists klar gnug / das die gnad n it alleyn w y rt geben / den vnuordienten /
ßondernn auch denn vbel vordienten mmschen vft feinden der gnade / w ie
sott den vnßer rew ßo w ird ig seyn / das vmb yrend w ille n / got die fund
vnd n it vm b seynet w ille n vorgebe / der durch den Propheten Esaiam sagt
x l v iij. . Ich w ill meine vngnad vö d ir wende / vmb meines namens w ille n / «
vnnd w ils alles th u n vmb meinet w ille n / auff das ich n it werd vorlestert /
vnd w il meyne ehre keinem andernn geben rc. wen nu vm b vnßer rew
w ille n die fund vorgebe w urde / ßo were die ehre vnßer vnd n it gottes /
er w ü rd auch vorlestert / alß were n it blos vmb seines namens w ille n die
fund vorgeben. 15
A lß o bat d' kunig Manasse / das yhm got seyn fund vorgeben w o lt /
vmb g o ttis guttickeit vnnd seiner zusagüg w ille / n it angesehn sein vordienst
ei odder 1 re w / Dü w as sol ich lang sagen / ist yrm and dem vmb seiner rew
w ille n / die fund vorgeben werden / wye diß vorfluchte B u lle leuget vnnd
lestert / der leffche das gemeyn gepet auß / da w ir alle sagen / her biß m ir 20
vnw irdygen arme ßunder gnedig / oft sage er allein alßo / her / vorgib m ir /
e» w irdigen vnd w ol vordienten vnnd ganh 1 gnugsamen heiligen mein ßund /
vnd straff den C enturio ym Euägelio der do sprach. H e rr ich bin n it w ird ig
das du gehist vnter mein dach. W enn yhe der Bapst vnnd seyne heiligen
ßo w ird ig seinn / das got vmb yhrer rew w ille die ßund vorgebe muß / *5
were mein rad / er setzt sein dreyfeltige krön auff / vnd sattelt seinen hengist
m it g o lt vnd perlen / ritte ynn alle seiner Pracht / fü r got / oft trotz yhm
m it seiner eigenn groffenn w irdickeit / vnd w o lt er yhm n it fund vorgebenn /
das er yhn vorbannet / vnd auß de hymel ia g t / w o w iltu doch zu letzst
hynn / du teuflische Hoffart? W o la n mä fleht w o l / w arum b du dich leffest 3»
nennen der allerheyligist fü r alle w ett / far n u r fort / es w i r t ein end ge­
w inne / dein lestemn oft toben w id ' got.
w 1 D a ru m b sag ich noch / vnd warne einen ydennan / das er got die
ehre gebe / oft yhe n it vortraw e / das vmb seiner rew w ille n die fund vor­
geben werden / denn keyn re w ist gnugsam fü r got / ßondernn vmb g o ttis 35
lauster barmhertzickeit w ille n / der do w il geehret / gelobt / vnd gelibt sein /
alß der gnade ertzeyge / vnß vnw irdigen oft vnuordienten. H ü tte dich fü r
solcher bulle vnnd yhrer gleichen lerer.

i Ps. 25, II 2 meyne A , 3 vordienst A , korr. nach hs. 10 Jes.


48, 9. i i 73 vorbebk A 16 Geb. Man. v. 5 23 M t. 8, 8
31 alle r hs.
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521.
95

D er Czrvelffte.
Wenn es muglich were / da- yemand kund beichten on rew / odder
ßo ein Priester leichtfertig odder schertzend ihn absolviert / ßo er doch glewbt
er sey absolviert / ßo ist er gewißlich absolviert.
5 Christus ym gantzen Euangelio / hat alle ding auff 1 den glawbe -vor­
stellet / da er sprach / alle ding sind muglich dem d' do glewbt. Jte / dyr
geschieht wye du glewbist. Darumb ists war / das / ob d' Priester schertzet /
ßo ich doch seyn absolutio mit ernst empfahe / oft glewbe / ßo geschicht mir /
nit wie er thut / Sondern wie ich glewbe D as hab ich gesagt zu beweiße /
io wye gar groß vft nottig d' glawb sey ynn d' puß / das alliß an yhm ligt.
D ü wie wol es nit muglich ist / on rew / glewbe / wie ich droben gesagt
hab / da ich beweiffet / wie der glawb vnnd gnad mit eynem grossen sturm
wyrt 1 eyngoffen. Szo es aber muglich were / were der glawbe dennach 102 e »
allein gnug / den got nit auff rew / noch auff yrged ein werck / ßondernn
15 nur auff den glawben seyne gnad erbotten hat / da er sprach / wer do
glewbt / der witt selig.
Dnnd warumb solt nit ein leichtfertige absolution seltenn / so S .
Paulus sagt Eph. i. das auch das wort gottes gilt vnd hilfst den glewbigen /
wen es gepredigt witt von seinen feindenn vnd vorfolgernn / Vft fle alle
» sampt bekennen / das die sacramet auch von boßen vnglewbigen priesternn
geben / dennoch trafst haben / ob er gleich feind sey dem pußer. E s ist
yhe fund vnd vnglawben grosser den schertzen odder leichtfertikeit / vft das
ich noch mehr sage / sie muffen bekennen / das der auch des sacramentz
nutz empfehet / der es hertzlich begeret / obs yhm schon vom Priester mut»
-5 willig vorsagt w itt / ßo gar ligts am glawben des bueffers / wie d' ge-
schickt ist / so sehet er / der Priester geb / odder geb nit / schertze odder sey
ernst / wie das sacrament kumpt feilt geredt / so ist- gottis sacrament / vnd
leffet (Id) sahe mit de glawbe. Aber der frundt gottes zu Rom d' Bapst /
wolt gerne vnß dießen glawben vortilgen vtt vorfuren / das wir seiner ge-
jo walt mehr / denn gottes sacrament vorttawetten / alß kund er / on vnßern
glawben / auß lautter gewalt fund vorgebe / behüt got alle Christliche
hertzen / für dem Endchrist vnd Satanas Apostell.

11 D er dreytzehende.
I n de sacramet d' puß oft vorgebüg d' schult / thut der Bapst ad'
3$ biffchoff nit mehr / den d' geringst Priester / ya wo ein Priester nit vorhandk
were / thut ebe ßo viel / eyn vglicher Christen mensch / ob er gleich eyn
weid odder kind were.
i Sermo de poenitentia \V. A. 1, 323, z. 32 ff. ö Mc. 9, 23
Mt. 8t 13 9 zu beweiße fehlt hs. 15 angeboten Mc. 16, 16
18 Phi. I, 15 ff. 26 empfängt 27 zusagt 28 lcsterer gottes hs.
31 da behutt hs. 33 s. oben I 178, z. 1 ff.
96 Grand und Ursach aller A rtikel D . M artin Luthers,

Da da / der artickell hat den rechten blutschweren troffen / hie ist not
geweßen zu weren / vn vordamnen / denn der artickel solt machen / das de
103 e» abtgot zu Rom / die schluffel auß de schild fielen / wo er yhn gähn 1ließ /
aber doch sol es yhn nit helffen / er sol mir yhn mit recht ntt widder-
legenn / vnd beweiß yhn alßo. 3
Es ist bißher gnug beweiset / das nit des Priesters werck / ßondernn
der glawb / des puffers / vorgebung dir sund wirckt / den ßo der Bapst vfi
alle Priester auff einen hauffen vorsamlet / ein absolutio ober einen ßunder
sprechen / ßo gilt vnd hilfst sie nichts / wo er der selben nicht glewbt /
denn das wort steht fest / wer nit glewbt / der ist vorloren / da hilfst nichts xo
Widder. Ja wie solt des Bapst vnd aller Priester absolution helffen on
glawben / wen fle Christ* auch got selber sprech / hulfft fle dennoch nichts /
on den glawbe. Jsts nit alßo? das got teglich prediget vnd wund' wirckt
für den mensche / vnd hilfst doch nit / denn allein die yhm glewben? Szo
denn die vorgebung gantz ligt am glawbenn / vnnd nit am Priesters ampt 5
odder gemalt / vnnd der Bapst eben ßo wenig vormag / den glawben zu
geben / alß der vnterist Priester / der Priester ßo wenig als ein weib vfi
kind / möcht ich gerne geleret werden von dem Bapst / was er mehr dartzu
thet / denn ein schlechter Priester? last Horen ewr weißheit lieber Bapst?
Ich w il wol sage / was du mehr thust / den ein ander schlechter Priester / so
du hengest große fanen auff mit schluffelen / vnnd vorkeuffist Bullen / lessist
glocken leuttenn / betreugist land vfi leut vmb gelt / gut / leyb / vnd seel /
vnnd furist sie mit dir ynn abgrund der hellen / das thustu mehr dann
ander Priester vnd Christen.
xo» ei Szo ist droben gesagt / wie die ketzer Donatisten die alle sacramet / -5
an die heylikeit d' Priester pinde wollen / vnd nit an den glawben der
pußer / von Augustin vberwunden / dennoch leydlicher vnd peffer geweßenn
sein denn der Bapst vnd seine Bischoff / die do wollen die sacramet an die
hohe vfi gewalt pinden / Denn ßo eyn heyliger Priester nit mehr thut ynn
den sacramente wen eyn sündiger / wye mag eyn großer hoher Priester mehr 3°
thu / den ei nidriger vfi geringer? ßo heilickeyt viel mehr denn gewalt gilt /
drumb ists klar das der Bapst yhm allein die schluffel zu eyget / mit
104 ex g^ichem recht / wie Lucifer ym hymel yhm woll / got'liche stuel zu eyge.
383w Seyntemal 1 die schluffell nit anderß / den zum sacrament der puß geben
seinn / wilchs alle Chuste gleich gemein ist / vnnd niemät mehr odder 35
weniger dran hat / denn wer mehr odder weniger dran glewbt.
Ich frag weitter / du allerheiligst vatter Bapst / ob du auch eyn ander
sacrament der tauff habist / den alle Priester vnd Christen / vnd ob du vmb
deiner hohe willen / mehr thust / wen du teuffest / de ein Capellan / leye /
weyb odder kindt. Sag an / bistu hie ein stumm wordenn? hastu ein ander *°
i eiterbeule (vgl. Erasm., Adagia: tangere hulcus) io Mc. 16, 16
I I Priesters hs. 18 belerett hs 19 einfacher 21 vgl. den holzschnitt
Flugschriften 1, 345 25 oben s. 88, z. 28 ff. 30 denn hs. 31 VN
fehlt hs. 40 Szo hast» hs.
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521.

taust ßo strafft dich S . Paulus Ephe. inj. E s ist ein glawb / ein taust /
ein Herr rc. Szo denn das sacrament der taust / gleich ist bey allen
Christenn / das es zur not mag ein ley / weyb vnd kind gebe / wie teglich
geschicht. Warumb soll nit auch gleich vnd gemein sein das sacrament
5 der schluffell puß odder absolution? Jsts nit ßo wol ein sacrament alß
die taust? W eitter / hastu auch ein and' meß / denn alle andere Priester?
odder magst» mehr gebe vö de ftonleichnä Christi / denn vnßer Capellan?
was zeyhestu den der schluffel sacrament / das du mehr darinne thun w ilt /
den die gantz Christenheit? du suchst deine freuet geroalt ober die kirchen /
10 vimd machst auß der schluffel gleichen gemeynen sacrament / dyr selbs ein
eygen vngleich vngemeine gewalt vü tyranney. S ein alle sacramet gleiches
vormugen bey yderman der fle geben kan / ßo magst du nit allein die
schluffel dir außtzihe / vü dir ein ander eygen sacrament machen wen ge­
meine Christeheit habe.
15 1 Darüb Hutten sich hie alle Christen für des Bapsts Endchristischem 103 e
gistt. S-o alle tauffe vü messen gleich gelten / wo vnd durch welchen sie
geben werden / ßo ist auch die absolution gleich / wo vnd durch milchen fle
geben wirk / denn es ligt alles am gIamben des d' fle empfehet / nit an
der Heiligkeit / kunst / hohe / geroalt des der sie gibt / vnd wie man nit mag
io die taust teilen / vnd dem Bapst vnd Biffchoffen / ein and' stuck dran geben
den allen Christen / alßo mag man auch nit teilten die meß vnnd schluffel /
das der Bapst ein ander sacrament der schluffel vnd messe habe / den die
1gantze Christenheit / hat er aber ein ander / ober mehr / ßo schleustet yhn 105 B*
S. P aulus auß der Christeheit / da er sagt Eph. iiij. Eyn glawb / ein
*5 taust / ein Herr.
D as ist wol war / das Bapst vü Biffchoff yhn für behalten etlich
feile vnd fund / aber das ist Herkummen von menschen gesehen / vnnd ist
mit geroalt eingeriffen / damit aber thun fle nit mehr ynn d' vorgebüg d'
schuld / fle thu nur mehr ynn d' vergebüg d' peyn / ad' straff. Aber die
30 vergebüg d'schuld ist eygentlich d' schluffel vü sacramet d' puß / die soddett
de glawbe / die vorgebügd' pein / soddett nit glawbn / ßondern 1mä fulet 385 w
fle empfindlich / vü geschicht on gIamben / vü gehöret nit eigentlich zum
sacrament der schluffell. M ein attickel aber sagt vö der vorgebung der
schuld / die ist yderman gemeine wie die taust vü meße / vü mag vo
35 keiner hohe ad' gewalt gefangen werde / wie d' Bapst mit de seyne für
gibt vü leugt.
Der Viert;ehende.
Niemant soll dem Priester antwortten. E r sey berewet / vnd der
Priester sols auch nit fodderenn.
i Eph. 4. 5 6 alle fehlt hs. 10 gleychem gemeynem hs.
13 ausnehmen 24 Eph. 4, 5 32 merklich 37 Sermo de poeni-
tentia W . A. 1, 322, z. 16 ff. 38 zerknirscht
98 Grund und Ursach aller A rtikel D . M artin Luthers,

Das muß dir auch yrthumb sein / du heyliger vatter Bapst / nu mustu
es lassen warheit sein / vnnd beweiße das alßo. Den die weil es steht /
n it ynn vnßerm dunckenn / ßondernn ynn gottes geeicht / ob vnßer rem
104 e i recht 1 sey oder nit / ßo mag niemant on vormeffenheit / sagen er sey recht
brnroct / den sanct Paulus .i. Corin. x. sagt. N it der sich selb lobet ist 5
bewerbt / ßondernn wilchenn got lobet. Vnd .i. Corinth. inj. Ich htm
m ir nichts bewust / aber damit bin ich nit gerechtfertigt / ich vrteil mich
selbs ntt. G ott d' Herr aber ist der / der mich vrteilet / datzu sagt David
Psal. xviij. Herr wer erkennet all sein sund.
6$o nu der mensch solt sagen. E r sey warhafftig berewet / ßo würd 10
er gedrungen zu eygener vormessenheyt vnnd zu vnmuglichen werck / das er
all sein sund vnnd boßes erkennet. Ja die weil / alle Heyligen noch boßs
vnnd sund ynn sich habenn / ists nit muglich das yemand rew hab / die
106 E- für gottes gericht gnug sey / ßondernn sie1sprechen alle sampt mit Dauid.
Herr / gang nit ynß gericht m it deynem knecht / denn für dir w irt kein 15
mensch das do lebet / rechtfertig erfunden / ßo keiner w irt rechtfertig er­
funden / wie mag er den berewet erfunden« werden / ßo die rew ein anfang
der rechtfertigung ist? Warumb w ilt du denn O Bapst / die Christen
Hoffart / vnnd vormeffenheit leren / das fle ynn gottes gericht lauffenn?
Alßo solt man die Christen lere / das ein deicht kinb wiste / wie für 20
got kein rew wirdig ist / vnnd gnugsam. Vft solt alßo sage. Sihe lieber
Herr ich weiß das ich nit recht rewig erfunden werd für deyne gericht / oft
noch viel boßer tust ynn m ir ist die vorhyndern rechte rew / doch weil du
zugesagt hast gnade / ßo fliehe ich von deinem gericht / vnd Otc weil meine
rew nichts ist für dyr / vorlaß ich vnnd erwege mich auff deine zusagung *$
ynn dießem sacrament. Vnd ob der Priester forschet noch d' rew / sol er
sage. Herr / für m ir bin ich berewet / aber für got ists ein schlechte rew /
do ich nit mag m it bestahn / hoff aber auff seine gnade / die yhr m ir itzt
auß seyne befelh sollet zu sage. Szo solt man die leut ymmer zu dem
glawben treyben / denn ym sterben / w irt die rew altzu groß werden« / 3°
387 w vnd der glawb altzu klein / 1 Gottes zusagen ist gewiß ym sacrament / vnßer
105 ei rew ist nimmer gewiß / drumb 1nit auff die vngewiffe rew / ßondernn auff
seinn gewisse zusagung er vnß w il gepewet haben / das w ir bestehn mugen
ynn aller not.

D e r Funfftzehende. »
Es ist eyn grosser yrthum / welche zum sacrament gähn / vn sich vor­
lassen darauff / das sie beichtet habe / odder yhn nicht bewist sein einer

5 2. K o . 10, 18 6 1 . K o . 4, 4 9 Ps. 19, 13 14 Ps.


143. 2 25 hoffe 33 gebauet, gegründet35 Sermo de digna praepa-
ratione cordis pro suscipiendo sacramento eucharistiae 1518 W . A . I,
330, z. 36 ff. 37 nichts hs.
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521.
99
tobfunb / vnnb yr gepetle gesprochen haben. M e bieße / essen vnnb trinden
yhn bas gericht. Szonbern ßo sie glewben onb h a tte bas sie alda gnade
empfahe / der selb glawb allein / macht sie rein tttb wirdig.
D ießen artickel hab ich geleret / vmb der blöden gewissen willenn j
5 die sich / zu den Sacram ent m it ßo v ie l 1 muhe vnd m arter bereiten / vnnb «>7 e »
doch nimmer keynen frib haben / vnnb nit wissen wye sie mit gor dran sein.
Seintem al es nit muglich ist / das ein Hertz frib habe / es vorhatte denn
gotte / tttnb nit seyn selbs werden vleiß vnd gepetten. Sanct P au lu s
R o. v. sagt. Durch den glawben Haben w ir frib m it got / ßo dann der
10 frib buch bett glawben allein kum pt, ßo kan er nit durch w erd / gebet /
obder yrgent ein ander ding hinten / das leres auch die erfarung / ob sich
yemant zu tobt arbeittet / Hat sein bertz doch nit frib / biß er anhebet / sich
ynn gottes gnaden zu ergeben wagen vnd fnuten.
S zv auch S . P e h u s Actu. xv. leret / das got alleyn durch den
*5 glawben / reyn macht das Hertz. Szv muß yhe jtint sacrament der glawb
zuuor sein / on milchen alle gepet nit rein machen / wie dießer artickel leret.
Szo ist auch gnugsam drobe gesagt / das alle w erd on glauben / tobt tnh
funb sein / wie S . Paul^ R o. xiiij. leret / Alles was nit auß be glawbe
ist / bas ist funb / wie mugen denn / deicht / gepet / vnd allerley bereytung
ro on funb sein / ßo sie on glawben geschehen? drumb muß yhe der glawb
allein sein / die reinigung vnd wirdige bereitng.
N it das ich vorwurff / solch beten vnd bereitng / ßondernü das sich
niemant braust lassen sol / vnd m e h r1 den solchbereitng haben muß / nemlich 106 e »
den glawbe / D en die weil got / mit sacrament seine gnade zusagt vnd dar-
25 gibt / wie ym ersten artidel gesagt ist / ist pete vn wircke mt gnug / es
muß der selben gotlichen zusagung geglawbt sein / das wir yhn nit zum
lugner machen burd) vnßern vnglawben. W as ists anderß gethan / wen
du zum sacrament gahst on solch h atten mit vielen bereytungen / denn alß
sprechstu zu gott / du leugist / ynn deyner zusagung dießes sacramets / vft
zo wirst m ir nit gnad geberu 0 0 0 du lasier B ulla / wab lerestu? was
vordampstu?
1 D on solchem glawben vnd prauch des sacraments / Haben sie vnß 389w
trieben / durch den spruch sanct P au li .i. Cor. xi. D er mensch fule sich
selb / vnd esse als dann vo dissem brot / vn h tn d von dißem kilcb / 1 wilchs 108 E-
35 sie auff das gewissen der funb zurforschen zogen Haben / ßo es viel mehr
auff den glawben vnnd trawen lauttet / seintemal kein mensch / erforschen
kan alle seine tobfunb / wie drobenn beweisset auß be Psal. rviij. H err
wer erkennet fein* funb? Datzu nit gnug ist / ob du keiner tobfunb dir
bewust seiest / wie sanct P aulu s .i. Corint. iiij. sagt. Ich binn mir nit
40 bewust / aber da m it binn ich nit gerechtfertigt / w as treibet man vnß den
4 furchtsamen 5 jeU betn hs. 9 Rö. 5, i 14 AG. 15, 9
18 Rö. 14, 23 2 2 oortttrff hs. 23 verlassen 29 lügst 33 1. Ko.
11, 28 37 Ps. 19, 3 39 1. Ko. 4, 4
IOO Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

zu solche vnmugliche / vorgebenen / vorlorne «erck / vft schweigt den glawven /


darnach der mensch am meisten sich buffen oder fulen sott. Wie ym Vor­
gänge artickel gesagt ist / man « il vnß yMer vom glawben ynn die werck
treibe / ßo wolt ich / man trieb vnß von den werden ynn den glawben /
dem glawben werden / werck wol folgen / den werden aber folget nymmer- 5
mehr glawben.
Der Sechtzehende.
E s were gut / das die kirch / ynn eine gemeinen Cöcilio ordnette /
den seyen beyd' gestalt des sacraments / zugeben / oft die Behemen / beider
gestalt niesend / seyn nit keher noch zwispaltig. 10
107 ei Den artickel gewinnet sanct Paulus / dem Dapst leichtlich *1abe / vft
will dennoch von seiner heilickeit vnuorbannet seyn / vnnd gibt nichts auff
die Bulla / ia er vorbannet Bapst / Bullen vnd alle seine folger auff eynen
Haussen / da er spricht Gal. i. Wer euch anders prediget den yhr geleret
seyt ym Euangelio / wen es gleich ein Engel were vo himel / der sey vor- ,5
bannet vnnd maledeyet. Hör Bapst / das gilt dyr. Christus ym Euägelio
M atth. Marci. Luce / ym letzsten abend essen / hat beyde gestalt eingesetzt
vnd allen geben / vnd zu allen gesagt. D as sott yhr thun / ßo offt yhrß
thut / mein da bey zu gebenden. Nu Irret der Bapst vnß anderß / oft gibt
nur ein gestatt oft das halb sacramrt / drüb ist er gewißlich vormaledyeet 20
oft vorpänet / ob S . P au l' / Wen du Bapst mit alle de deinen / diß nußlin
109 E» auffbeiffest / vnd dich nit vorbauet noch vormaledeyet für got be'weisen
kanst / will ich alles widderruffen / was ich mein lebe lang geschrieben hab /
oft sage das du eyn Bapst seyest. Thuestu dz nit / ßo halt mirs nit für
vbel / das ich dich den Endchrist schelte / den Paulus vorbannet vnd vor- 25
maledeiet alß den / der seines Herrn ordnng endert / seynem Euangelio
widderstrebt / vnd das selb vmkeret / du vormagst yhe dawidder nichts
reden noch auffbringen / das weistu / warub treibestu den / deinen Mutwillen /
j9iw 1 wydder ßo offenen klaren text des Euangelij? liber heyß vnß auch das
Vatter vnßer leugnen. 30
S ie sagen Christus / hab nur den Aposteln oft priesternn beyde ge*
statt gebenn / oft yhn befolhenn die ordnung eyne ab’ beyde gestalt den leyen
zu gebk. Szo frag ich / wo steet der befelch beschrieben? ich halt ym finster
rauchloch. Es ist ein mutwillig lugen oft erttchte gloßenn. Den Christi
da er den kilch gab / thet er das wortlin / alle / daryu vnd sprach / trinckt 35
alle darauß / wilchs er nit thet da er dz brot gab / on zweiffel / das er de
Römischen freuet vnd U$extt) I hat wollen zuuorkummt / gesehen / das sie
wurdm der mal eynß den kilch berauben seinen Christen / And das Euan-
108 bi geliü baß leyden möcht / das fle / 1 das brot / vorsagten / die weil er nit sagt /
7 s. oben I 196, z. 28 ff. 10 geniessend 13 anhänger 14 Ga.
1, 8 22 beweisen kannst, dass du nicht . . . 31 vgl oben I,
s. 432. z. 35 ff.
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. IO I

Effet das alle / ßvndern trinckl darauß alle. D wie sollen sie schreyen vnd
toben / wo das wortlin / alle / bey de brot / vnnb nit bey dem kilch gesagt
were. E s wutt sie niemant halten kundenn. Noch wollen sie mit klarem
text / ßo öffentlich beschlossen vngefangen vff vngehalte seyn.
5 Die kirch singt auch yn de hymno. Verb« supernü. E r hat seine
iügern geben vnter zweie gestalt sein fleisch vff blut / auff dz er de gäye
mesche speiset / wilcher vo zweie naturn gemacht ist. Ist die kirch yn dieße
gesang recht Szo sollen yhe beide gestalt geben werden allen Christen.
Seyntemal nit allein die pnester / ßondernn auch die leyen menschen seyn
10 von zweyen naturen / milchen dieße speiß gantz / vnnd ganyen menschen
zu gesungen wirt. Doch wollen stercker gründ seyen. S a n tt Paulus
.i. Corinth. x. W yr sein ein brot vnd ein leyp / alle die wir von eynem
brot / vnnd von eynem kelch teyl haben. Hie frag ich / ob die leyen auch
1Christen seyn / vnnd glid des Christlichen corpers / dauon hie S . Paulus ho e *
1$ sagt / wir feint alle ein leip? ich hoff / man muffe ia sage. Worumb wil
fle denn der Bapst abßondernn / vnd allein die Priester lassen Christe seyn/
ßo er nit wil alle vö einem brot vnd von eine kilch lassen teil haben / wie
S. Paul* hie sagt / das sie alle / die zu de leybe gehören / vö einem brot
vff von einem kelch sollen teil haben / wo Ile es vormugen / vnnd nit vor-
•o hindert werden / dauon hernach mehr.
Darnach .i. Cor. xi. sagt er nit zu den Priestern / ßondernn zu allen
Christen der selben (lat / ich hab von dr Herrn empfangen / das ich auch
ewch gelert habe, (spricht nit das ich auch ewr Priester alleyn geleret habe.)
der Herr Jesus / ynn der nacht da er vorradten wart / nä er das brot vnd
*5 danckt got / brachß vnd sprach. Nemet hynn vnnd esset / das ist mein leip /
1 der für ewch geben w irt / das thut / mein da bey -ugedencke / Deffelbe 393W
gleichen / den kilch / da er geffen hatte / vnd sprach / das ist d' kilch / ein
new 1 testamet ynn meinem blut / das G ut / ßo offt ihr trinckt / zu meym »09 D
gedechtnyß rc. Hye sthestu was der Apostell von dk Heren empfangen vff
y den Corinthern geben hat / wie er sagt nemlich beyde gestalt / mit ßo
klaren außgedruckten wortten / das mich wundert / wie die schismatici
parteischk Rouüffche christe / vnd halb facrameter / nit rodt ad' bleych
dafür werdk.
E r sagt weitter. Szo offt yhr esset diß brot / vff trinckt dißen kilch /
35 sott yhr vorknndigen de tod des Herrn / ßo läge biß er kommet. Spricht
nit / ßo offt yhr priester alleyn esset vnnd trinckt / ßondernn redt zu yhnn
allenn. Spricht auch nit / das sie das alles thun sollen / biß der Dapst

4 vnnd gefangen vngehallten hs. 5 W ackemagel I no. 232 (Tho­


mas v. Aquino, In festo corporis ad laudes) v. 3 (s. 145): 'Quibus sub
bina specie / camem dedit et sanguinem / ut duplicis substantiae / totum
cibaret horninern' 12 1. K o. 10, 17 21 1. K o. 11, 23 ff. 34 1. Ko.
11, 26
102 Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

küme vnd ordinier es anderß / Sondern« so lange biß der Herr selbs kumme
am iungstm tag.
Mehr / wilcher big brot iffet vnd dißen kilch trinckt vnwirdig / der
ist schuldig an dem leib vnnd blut des Herrn / spricht nit / welcher Priester /
Sondern yn gemei / welcher vnter euch allen. Spricht auch nit. Er ist z
in L- schuldig allein des leibs / Sondern auch des bluts Christi. 1 setzt ymmer
beyde zusammen / esse« vnd trincken / brot vnd kilch.
Ite / Der mensch pruffe slch selb / vtt alßo esse her vö diffem brot /
vn trinck von dißem kilch. Er spricht nit / allein der Priester pruffe sich
selb / ßondernn ein iglicher mensch / der do Christenn zu Corinthen ist / io
denn er schreibt yhe diß Epistel / nit den Heyden. Spricht auch nit / der
mensch esse allein vom brot / vnd trinck nit den kilch / wye der Bapst vnß
leret vnd ledigt von vnßerm eygen sacrament.
Item wer do iffet vnd trinckt vnwirdig / der iffet vtt trinckt yhm das
gericht / als der des Herrn leyp nit achtet. Aber mal ist das zu allen 15
gesagt / vtt trincken an das essen gepunden / milche der Bapst Sondert vtt
nit groß achtet.
Am letzten spricht er / darnb seind yhr viel vnter euch kranck vnnd
schwach vnd gestorben / das yr vnwirdig esset vn trinckt. Ich mein solch
n o & straff vnd 1 plage / sey nit vber die Priester allein gangenn / die weil er sagt / 20
viel vnter euch seyn kranck / het Sonst gesagt / viel ewer Priester sein
kranck u.
Was mag nu der Römisch vorkerer / Widder biege gewaltige spruch
sanct Pauli auffbringen? Dayu stet yhm Widder / der langwerende brauch
der gantz Christenheit ynn aller Welt / der auch noch bey den kriechen 25
weret / milche auch Rom selbs / nit hat darumb durffen ketzer odder ab-
395w drynniger schelten / warumb 1 solt ich denn leyden / das die Behemen odder
yemant anderß drob ketzer gescholden wurde / ob sie beider gestalt messen /
wie Christus vtt sanct* Paul' leret / vnd alle welt on der Bapst / ym
prauch hat. Datzu ists zn Basel ym Concili beschlossen / das ste recht thun / 3o
was däpt den biege Bulle / auch yhr eygen Concili?
Drumb hab ich biegen artickel widderruffen / vnd pnch itzt widder-
ruff / als den ich viel zu mild vtt sänist gesetzt habe / vno sage nu alßo.
Die kriechen vtt Behemen sein ynn diße stuck nit ketzer noch parteische /
ßondernn die aller Christlichsten / vnnd besten folger des Euangelij auff 35
11212* erden. Vnnd bitte sie durch Christum vnßern Herrn / m it 1 dießen schrifften /
das Ke iah bleiben bestendig ynn yhrer Meinung / vnd lassen sich nicht
yrrenn / des Römischen Tyrannen vn Endchrists / vorkerete frevele gesetzt /
welcher auß lautter Mutwille eyne gestalt / vnd das halbe Sacrament

2 1. K o . 11, 27 8 1. K o . 11, 28 i i Epistol hs. 13 be­


raubt unseres Sakraments 14 1. Ko. 11, 29 18 1. Ko. 11, 30
21 ßo viel ewrer Priester hs. 24 steht ihm entgegen 30 Köhler,
L. und die Kirchengesch., s. 119 31 verdammt
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. K )Z

nimpt von den Christen / milchen es Christ* selbs vtt alle Apostel geben /
vtt die kirch lLgetzeit gepraucht hat ynn aller wett.
Er gepeut den priesternn beyde gestatt zu nemen / vtt gibt die vrsach.
Es leyde sich nit / eine zu nehmen 1 seintemal beyde gestatt / ein gantz vol
5 sacrament sint / das nit zu teile ist. Widerüb / ba er &e leien vorpeut
eyne gestalt / gibt er aber vrsach / eyne gestatt sey eyn gantz vol sacrament /
vn wurffelt alßo mit gottes motten vtt sacramenten / wie ein gauckeller.
Es ist ym gantz vnd nit gantz / wen vnnd wo er wil / darff yhm selbs
frey Widder sprechen / vnd auff beide seitten liegen vnd triegen. Alßo
10 haben die Priester nu ein ander sacrament denn die leyen / gleich toit er
droben auch andere schluffel vtt sacramet der puß / yhm zueigent / denn alle
Christenheit hat.
1 3 um andern sag ich / das der Bapst vtt alle sein wissentliche vor- m ei
wandtenn ynn dißem stuck ketzer / abtrinnige / vorpanner / vnd vormaledeiet
*s sein. Darumb das sie anders leren / denn das Evangelium ynnen hat / vtt
folgen ihrem eigen kopff / Widder den gemeinen prauch der gantzen Christen­
heit. Denn das heissen ketzer vnd abtrinniger / milch vbertretten die lere
yhrer Vetter / vnd ßondernn sich selb / von gemeiner weiße vtt prauch der
gantzen Christenheit / vtt errichten new weiße vtt masse auß lautier mut-
-0 willen / on vrsach / Widder das heylig Evangelium / das thut der Endchrist
zu Rom / ynn dießem vnd viel mehr stuckenn / noch erhebt er sein vn-
uorschampts lasier maul ynn den hyMel / vtt tastett die kriechschen kirchenn /
das sie zwispaltig vnd abtrinnig sey. Szo er der erst vtt allein ist aller
abtrinnüg vnd par'teyen heupt vrsach vtt anheber / wie das am tag ist / 397W
»5 vnd alle Historien beweisenn.
Doch w il ich hie de arme Haussen außgenümen vtt entschuldigt have /
wilcher kein schuld dran hat / ' dz er nur ein gestalt empfahet / d' Bapst vtt » j ei
sein anheger seyn allein schuldig / die mer ich auch allein. Den zu gleich /
ob yemant d' tauff begeret / vtt d' Bapst sie yhm vorpotte / vtt freuelich
30 neme / würd sein glawb vtt begird für got angenöme / alß roere er getaufft /
seintemal an yhm nit gelege ist die Hinderniß / doch were d' Bapst eyn
ketzer vtt vnchriste / d' die tauff vhm vorhilte. Muffen wir doch auch leyde
das d' Bapst vtt die seine nit predige / das sie doch mit viel hoher Pflicht
vnß schuldig sei vtt wir drüb nit mit yhnen vnrecht thu / ßvndern nur vn-
35 recht leyde.
Alßo wie wol der Bapst vnß schuldig ist beide gestalt zu geben.
Szo erß doch nit thut / vtt vnß beraubt / leiden wir solch seine gemalt vnd
vnrecht / bleiben dennoch für got frum Christen / vnd vberknmen doch des
gantzen sacraments frucht / durch vnßern glawben vtt andachr. Wie musten
40 w ir thun / wen er odder d' Turck vnß alle beyd gestalt neme? wie thun

3 vgl. oben I 434, z. 4 ff. 9 tragenn hs. 26 vgl. oben I 437.


z. 24 ff. 27 empfahe hs.
104 Grand und Ursach aller A rtikel D . M artin Luthers,

iiaE* itzt die gefangen lige / kracken vtt iüge kindle? 1 die alle sampt keyne gestalt
empfahen kundm/vnnd dennoch alle die frucht des sacraments behalten?
Alßo haben vor zeiten etlich heylig Vetter / viel iar lang ynn der wusteney /
nit zum sacramet gangenn.
Ich rede aber nur von denen / die beyde gestalt begeren / den sott $
man fle geben vnd nit weren / denn der Bapst ist nit ein Herr / ßondernn
eyn knecht des sacraments / schuldig zu reichen / wenn vff wer es habe
w il / gleich wie die tauff vnd puß rc. Christus hat auch niemant dahu
drungen / denn er spricht nit / das solt yhr thun / ßondernn alßo / wenn yhr
das thut / ßo gedruckt mein / hat nit gepottr das wirs thun / ßondernn sein 10
gedechtniß haltenn / wenn wirs thun. E r hats aber frey gelassen / wenn
wirs thun wollen. Diße freyheyt seht vnd helt der Bapst ynnen / widdrr-
umb dringt er datzu ein iar ein mal / das doch Christ* nit thut / das yhe
sein weßen mit gepot vnd vorpot Widder Christum gahe / wie es gepurt
einem rechten Widderchrist zu thun. 15
Das sag ich darumb / nit das ich wolle yemant mit freuet hie handeln
1x4 L- wydder des Bapst tyranney / denn 1 tyranney vnd vnrecht sollt wir leide /
thut vnß auch nit schaden / ßondernn das ein yederman der fache ein vor­
stand vnd vnderricht habe / vü sehe wie Christus vnd Bapst sich gleichen /
vnnd wie es gehn odder nit gehn solt ynn der Christenheit / das nit «o
yemant sich ynn des Bapsts fund yrthum vnd vorterben menge / yhn reckt
399w fertige / vnd 1 wie seine buben thun / sein vnrecht / für recht halte odder
preisse / ßondernn gleych alß wenn vnß ymant nehm leib vnd leben / sollenn
wirß leiden gedultiglich / vnd got vnßer schuld bekennen / doch dem nit
recht geben / noch loben datzu / alß het er wol than. Alßo ob vnß wol »s
der Bapst / das Evangelium vnd Sakrament entzeuchet vnd nimpt / sollen
w ir leiden / vnnd gott vnßer fund bekennen« / der den Bapst alßo eyn
plage leffet seynn vber vnß / wir habenß wol vordienet / das der Endchrist
ober vnß regire / doch sollk wir yhn nit datzu loben vnd rechtfertigm / alß
113 Ei thu er wol dran / vnd sanctiffimum datzu heissen. Szondernn 1 gege yhm 3°
öffentlich seyn teuflisch ketzrische Tyranney bekennen vnd straffen / wie Christi
der Juden vnrecht straffet / vnd doch daffelb vnrecht von yhn lith.
Zu beschliessen / endere ich dißen artickel / vnnd sag. Es were gut /
das nit allein ynn einem gemeynen Concilio / ßondernn ein iglich Biffchoff/
ynn seine bistum widderumb ordenette / beyde gestalt / vnd das gantz sacra- 35
ment den leyen zugeben / vnd folget alßo dem Euägelio / on des Bapsts
däck / den ein Biffchoff ist schuldig sich gegen dem wolff zusetzen / für die
schefle Christi / die yhm Christus befolhen hat / vnd sol das Euägelium
handhaben mit leib vnnd leben / die weil er an (lat ßfoifti sitzt.

5 soll hs. 13 Innocenz I I I . , Omnis utriusque sexus fidelis


16 wolle, dass jemand hier handele 32 die Juden A , korr. nach hs.
36 wider willen des Papst 37 den wolff hs. A G . 20, 28 f. 39 aus­
führen
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. io ^

Wo aber das rnt sein mag / rad ich eine igliche Christen leyenn /
das er gedenck / wie sein Herr Christus beide gestalt ynn einem sacrament
gesetzt / vnnd dem noch sie ave beid ym hertzen begere vnd glawbe. Bund
alßo das heilig sacrament / halb leiplich / halb geistlich empfahe / die weil
5 dieße ferlich $eit des Endchrists nicht weitter zu leffet. E r klage auch
got / das w ir vmb vnßer sund willen / berawbt sein / vnßers eygen guttis
vnd sacraments das vnß Christus geben / vnd sein Widder christ genummen
hat. Denn ßo yemant vorachtet beyde gestalt / zum wenigsten 1begeren / d' 115 e *
ist kein Christen / Laß sich n it bewege / yhr geschwetz da sie sagen. Es
*0 werd vnter dem brot / das gantz sacramet empfangen / Christ- wist auch wol /
das / alliß vnter einer gestalt / ia alleyn ym glawben on dz sacramet /
empfangen würd / dennocht hat er nit vorgebenß beide gestalt eyn gesetzt.

Der Sybentzehend.
Die schetz der kirchen / da vö der Bapst ablaß gibt / seyn nit die vor-
1$ dienst Christi vnd der hexligenn.
Der Bapst vnd seine Heuchler / auff das sie das Ablaß köstlich thewr
machten für de armen volck / vft der wett schätz zu sich rissenn / ertichtenn /
vnd zur aller grostenn schwach Christi / leren sie / Christ- vordienst 1 sey xi4 f i
der schätz des Ablaß. Wen man aber fragt / wo sie des ynn der schrifft
10 gründ 1 habenn / blaßen sie sich auff / vnd brüsten sich mit yhrer gemalt / vnd 401 w
sagen. Jsts nit gnug das wirs sagen / da Widder sag ich dießen artickell /
vft kann yhn ynn die schrifft gründen«.
E r sagt selbs Joä. dl das er sey das lebedig brot vö hymel / wer
dauon iffet d' lebet ewiglich. Szo sagt Esaias .liij. das er vnßer sund trage
»5 habe. Dn ist kein Christen mesch ßo gering / d' n it wiß / das Christ- vor­
dienst vn leyde vnßer sund ablege / vsi vnß selig mache / glewbe allesampt /
er sey für vnßer sund gestorben« / darauß klar Wirt / dz Christ- leyde vff
vordienst eyn lebendiger schätz ist / oft gibt ewigs lebe / allen die sei teil­
haftig werden«. Nu muffen sie alle selb bekennen / dz Ablaß n it leben
y gibt / oft ist ein tod ding / dauon niemant gepeffert / schweig dann / lebendig
Wirt. Es nympt nit die sund abe / ßondernn die straff der sund. N u ist
niemant ßo nerrisch (außgennmen der Bapst vnd seine schmeichler) der do
halt / das ablegung odder nachlaffung der straff / yemand bessere / ßondernn
anflegung der straff / mag wol yemand bessern / wie alle vornunfft / erfanig /
j$ schrifft vnd warheit leren«.
1 Dammb reimet flch / Ablaß vft Christus vordienst zusammen / wie »6L«
das leben vnnd der tod / wie tag vnnd nacht / wie Christus vnd Belial /

1 ihliche A 2 hestalt A 8 beiderlei gestalt nicht einmal be­


gehren w ill 13 s. oben I , 7, these 56 und 58 20 brüsten m it hs.
23 Jo. 6, 51 24 Jes. 5Z, 4 26 aufhebe, sühne 28 lebendinger hs.
(vgl. oben I 413, z. 9) alle A , korr. nach hs. 33 aufhebung oder
erlass 37 2. K o . 6, 15
io 6 Grund und Ursach aller A rtikel D . M artin Luthers,

rote der Bapst vnnd eyn Christen man. Vnnd hat auch seinen rechten
mimen / denn Ablaß heyffet ßo viel alß «belassen ad' nachlassen / es leffit
ab alles gut / oft leffit zu alles vngluck / leffit die fund vngestrafft / ia legt
abe die straff d' fund / die doch got aufflegt vnd soddert. L n ßo viel an
vhm ist / leffit es fund frey gehen vn roeret yhnn nit / ya schuht vff hilfst 5
yhn / die weil es alle straff abelefstt / vnd leffit gelt da für geben vn nemen.
Vmb roilchs willen S Paul^ zu de Teffal. den Bapst nennet eyne mensche
d' fünde / vn kindt des vorterbenn / darumb das er fund zu leffit / vnd
soddert / vnnd da m it alle well zum Teuffel füret mit yhm durch seyn
lugenhafft betrieglich Ablaß. io
ns e i 1 Szo sie mit dißer roarheit für den kopff gestoffenn / nit haben was
sie antwortten. Errichten sie ein solchen träum / die vordienst Christi muge
«uff zweierley weiß gepraucht werde. Ein mal / rote iht gesagt / das fie
lebedig machenn / zum andern das fie auch gnug thun für vnßer fund. D a
antwort ich / Za fie werden auch wol mehr mal gepraucht. Man praucht 15
sie das mehr mal / gelt da m it zu losen / Hobe stend vnd ehre zurlange /
wol lust vnnd gutte tag zu haben / die wellt ynn krieg / blut / vnd alle
iamer zufitren. Vnd was ist iht zu Rom / vnd der gähen Römischen
kirchen / ynn eyne schendlichern prauch denn Christi namen vn fein vordtenst /
403xv d' Bapst 1m it allen feinen buben roere lengiß eyn betler / wenn er nit het 20
Christum zuuorkeuffen / vnd allen feinen tucken furtzuschlahen. Es muß
alles iht Christus namen decken / was des Endchrists regiment ynn der
wett vorterbet / wie er selb vorkundigt hat M a tt. xxiiij. Es werden vhr
viel kummen / ynn meinem namen vnd viel vorfuren / alßo kumpt das
Ablaß pnd seine gauckler / auch ynn dem namen Christi vnd feiner vor- »5
dienst / vnnd vorfuret die ganhe weit / das auch die außerweleten kaum et /
ficher vor yhm fein.

117e* 1Der Achtzehend.


Ablaß / ist ein gotlicher betrug der Christen / vnd Nachlassung guter
werck / vnd von der dinger zal die zugelassen vnd nit fodderlich fein. 30
Etlich die deö Ablaß vntucht erkenneten / vn doch dem fundlerer zu
Rom nit torsten widderstreitten / haben ein fprichwort gehabt / vnnd ge­
sagt / das ablaß sey ein gotlich betriegenn / das ist / ob es wol nichts roere /
vü das volck bettuge / ßo es doch ein vrfach ist / gelt ynn käste zugebe /
roilchs ein gut werck geachtet ward / roere es wol ein triegery / doch zü 35
gutten gotlichen werck / dißen hab ich zu der zeyt folgert / vnnd auch alßo
gesagt / denn ich wisset zu der -eit kein beßerß.

3 hebt auf 7 2. T h . 2, 3 20 längst 21 vorzuschlagen,


zum deckmantel aller seiner tücken zu nehmen 23 M t. 24, 5 28 XV. A .
2, 356, z. 36 ff. Disputatio Joh. Eccii et M artini Lutheri 1519 30 ge­
hört zu den dingen, die . . . nicht geboten sind 31 untauglichkeit
32 nicht zu widerstreiten wagten 33 Indulgentias esse pias fraudes
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. 107

1 Nu aber mir der heilig vatter Bapst / einen Widderspruch zuthun ho ei


gepeut / vn dißen artickel vordampt / will ich gehorsam sein / on sage. Ich
bekenne mein yrthum / der artickel ist nit war / vnnd sag nu alßo. Ablaß
ist nit ein gotliche triegerey / ßondernn eyn hellisch teuffeiisch Endchristisch
5 triegerey / dieberey / reuberey / da durch der Römisch Nimrod vnnd sund­
lerer aller welt / sund vnd helle vorkeuffr / vnd alle yhr gelt vmb solchen
vnseglichen schaden / außseugt vn abeleckert / ist der Widderspruch nit gnug /
ßo w ill ich yhn ein ander mal bessern / vnnd beweiß yhn alßo. Gor
spricht Psal. tzrxviij. Ich wil yhr fund heimsuchen mit der rutten / vnd
xo yhr vntugent straffenn mit menschen schlegen. Vnd sanct Paulus .i. Corint. xi.
Wenn wir vnß selbs straffen / ßo wirt vnß got nit straffenn / wenn er vnß
aber strafft / ßo züchtiget er vnß / dz wir nit mit dyßer welt vordäpt werde.
Hie sthestu / das die sund muß gestrafft sein / es thu got / mensch /
odder wir selb / sollen wir anderß nit vordampt werden mit dyßer welt.
15 Noch wil der Bapst / den klaren spruchen / dye äugen blendenn / vnnd alle
sund vngestrafft habe durch sein Ablaß / auff das wyr mit der welt vor­
dampt werden solle / wie hie S . Paulus sagt / vnnd solchen grewel wil ev
mit Christus vordienst decken vnd vorkeuffen. Vnd Christus vordienst muß
yhm Widder solch öffentlich gottis wort dienen / O Bapst Ö Bapst / laß
20 einmal gnug sein.

11 Der Neuntzehende. ww
Ablaß / dienet nit abzulegen die straff oder peyn / ßo gotlich ge-
rechtickeit foddert für die gethanen sund.

Der Czrventzigste.
25 Sie werden vorfueret / wilch do glewben / das Ablaß selig mache /
vnd der freien nutz sey.

Der Eynvndtzrventzigste
Ablaß / ist allein not den öffentlichen todsundernn / vnnd 1 w irt vor- »zB1
lihen eygentlich nur den faulenn vnnd weichlingenn.

3« Der zwey vnd tzwentzigste.


Ablaß / ist sechßerley menschenn wedder nutz noch not / den todten /
den krancken / den die redlich vorhyndert / die nit todsund haben / die nit
öffentlich todsund haben / die etwas befferß thun.

i zu widerrufen 3 vgl. oben I, 427, z. 10 ff. 7 ablockt (wie


oben I. 327, z. 30) 9 Ps. 80, 33 10 1. Ko. 11, 31 11 strafften
hs. würd hs. 2i W . A. 2. 357, z. 4 ff. Disputatio Eccii et Lutheri
24 oben I 95, z. 15 s. 27 oben I 127, z. 33 s. 30 oben I 50,
z. 15 ff. 33 bosßes hs.
io8 Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

Zu ehren der heylligen hochgelarte Bulle widderruff ich alles waS ich
yhe vom Ablaß geleret habe / vn ist mir auß gantz meinem hertzen leid /
waS ich yhe gnrtiS von yhm gesagt habe. Laß dich nit anfechten lieber
mensch / daS der Bapst hie für gibt Ablaß sey der seelen nutz / vnd mach
sie selig / daS ist vorhyn. nie gehört worden» / auch von yhn selbS nit. Der 5
alte krache auß abgrund der Hellen redt ynn dießer Dullenn / last vnß
darauff bleibe / daS Ablaß nicht ist / wie eS der Bapst gibt / denn wie ge­
sagt ist / kevn sund bleibt vngestrafft / Wen nu ein Engel anderst sagt vom
himel / ßo sol man doch nit glewbenn. Vnnd ist meynen buchernn recht
geschehen daS fle vorprant seyn / ßo istS gewißlich darumb geschehen / daS xo
ich dem Bapst vn den feynen ynn dem Ablaß zu viel geben vnd gedienet
habe / vnnd ich selb solch lere zum fewr vrteylle.

1Der drey vnd zrventzigst.


Der Dann / ist nur ein eußerlich straff / beraubt den menschen nit
deS gemeinen gepetS der Christenheit. 15
Sihe da / wie strebt d' Bapst got zu sein / ynn vorige Arti ekeln / hat
er yhm selb die gewalt genümen / die seelen durch Ablaß selig zu machen /
ynn diffem nimpt er gewalt / die seelen zu vordammen / durch den Bann /
wilchS beide werck sein / allein d' hohen gotliche Maiestet vn kein Creatur
vormag / daS hat sanct Paul* von yhm vorkundigt. Er wirt sitzen vnd »e
1.8 Fi regieren yn der kirchen gottiS / vnd sich dargeben 1 alß sey er got / wirt
widderstreben / vnd sich erheben» vber alles / waS got ist.
407w 1 Dyffen attickel hab ich ym sermon von dem Bann gnugsam beweret /
vnd sag noch kurtzlich. Eyn Christlich wetzen / stet ym glawbe / wilche
widd' Bapst noch Teuffel geben odder nemen kan. Wo der bleibt / da ist s$
alle ding vnschedlich / auch der tod vnnd hell / auch die gethane sund / wie
sanct Paul* Ro. viij. sagt. Alle ding wircken daS beste / denn glewbigenn
odder Christen / drumb kan der Bann nit mehr sein den eyn eußerliche
straff / daS ist / eyn abßonderung von der gemeyne auß der kirchen vn sacra-
menten. Auch sagt der Bapst selb ynn seinen rechten, (wye er eS vorsehen
hat / daS er eyn mal waS guttiS Irret) daS der Bann sey ein ertzney / vff
nit eyn vvrstorung / ßo muß er yhe nit schaden thun ynnerlich / ßondernn
helffen vnd bessern.

Der vier vnd t;rvent;igste.


Man soll die Christen leren / daS sie den Ban mehr lieben / denn 35
furchten».
i hochgelartten hs. 7 nichts hs. 8 Ga. 1, 8 n dem teuffell
vnnd Endchrist hs. 13 W . A. 1, 639, z. 19 s. 33 f. Sermo de virtute excom-
municationis 1518 20 2. Th. 2, 4 23 oben I , 214, z. 16 ff. 27 Rö. 8, 28
30 Sexti Decret lib. V tit X I cap. I : ‘Cum medicinalis sit excommuni-
catio, non mortalis, disciplinans, non eradicans1 34 oben I 221, z. 1 ff.
Das ist darüb vordampt. Das b’ Bapst möcht got bleybenn / vnnd
sich yderman für yhm furchtet mehr den für der hohen waren Maiestet /
doch ist der Artickel auß dem vorigen schon beweysset / die weil d' Ban
eyn straff ist der fund vnnd ertzney der seelen / fol / der yhn vordienet /
5 wiliglich vnnd gerne tragen / wyewol er sich furchten soll für fund / damit
er den Bann vordiene / 1 wye eyn kindt soll furchtenn vbel -u thun / ßo td wo es
aber vbel thut / die straff gerne levden / vnnd die rutten küssen / w ill doch
got das wir den todt gerne leyden / vn alle leiden lieben / wie viel mehr
sollen wir diffen fuchsschwantz vnnd mutter rutten lieben vnd gerne habenn
10 Außgenummen d' Bapst vnd sein kirche / die furchten sich billich für yhren
eygen staren ym äuge / wye geschrieben stet / die vnchristlichen ßunder
furchten sich vnd niemant Lagt sie.

' 1 Der Funff vnd zrventzigste. ^


Der Römisch biffchoff santt Petri nachkomling / ist nit Christus stat-
15 Halter vö Christo vorordnet / ober alle kirchen der gantzen welt.
Das ist auch der heupt puntt eyner / der das heylig Euangeliü vor-
tilget / vnd für Christü eynen Ölgötzen ynn die Christenheit gesetzt hat /
da Widder ich diffen artickel gesetzt vn noch setze / vnd beweiß yhnn alßo.
Zum ersten. Seintemal alles was vnn der kirchen geschicht / mit
*0 klaren öffentlichen spruchen der schufst / ist vorkundigt / ists vhe ein wunder /
das von dem Bapstthum nichts öffentlich ynn der gantzen Biblien erfunden
w irt / ßo sie doch das Bapstum fast das grossist / nottigist / Sonderlichst / ynn
d' kirchen wollen gehalten» habenn / für allen dinge. Es ist ye vordechtig
vn boßes wanß wirdig / das viel geringer ding / ynn der schrifft / ßo viel
»5 mal / ßo klar / ßo starck / gegrndt ist / vn dießem grossem dinge kan niemant
auff den heuttiaen rag evn eynigen klaren grüd anyeigen. Es ist ßo klar
ym Euagelio / das sanct Petr'' ein fischer vnd Apostel ist / wilchs sie gegen
dem Babstum gering halte» / aber keyn buchstab der do sprech. Santt
Peter / ist vber alle kirchen der welt.
30 Ich bedinge aber alhie / das ich dießen artickell nit darüb halte / das
ich den Bapst wolle vorwerffen. Er hab gewalt wie groß er w il/d a ligt
mir nicht an / kann sie yhm wol gönnen / das will ich aber nit leyden noch
schweigen. Zum ersten / das sie das heilig gottes wort matternn zwyngen
vnnd schenden / auff dieße gewalt zubestettigen. Zum andernn / das sie /
35 schelten / lestern / vor'fluchen die kriechen / vn alle die nit vnter dk Bapst 12t e*
seyn« / als weren sie nit Christen / gerade als were der Christen stand an
den Bapst vnnd Rom gepunden. Szo yhn sanct Paulus vnd Christi /

i darümb gesagt hs. 11 vor ihrem eigenen augenstern, vor sich


selbst, Thiele no. 15 P r. 28, 1 13 W . A . 2. 628, z. 5. Defensio
contra malignum Joh. Eccii iudicium 1519. 24 bösen wahns würdig
— muss ein ungünstiges Vorurteil erwecken 30 mache den vorbehält
HO Grund und Ursach aller A rtikel D . M a rtin Luthers,

nur an de glawben vnd gottis wort gepunden ha-enn / bauen niemät


wenigerß weiß noch hat / denn der Bapst mit den seinenn / vn wil dennoch
wo ei on glawben vnd gottes wort * nit allein Christen / ßondernn aller Christen
got sein / vnd alle die vordamnen / die yhn nit anbete / ob sie wol glawben
vnd Euangelij haben« auffs aller beste. $
Auch wenn der Bapst vornunfftig were / solt yhm lieb sein / das er
der muhe weniger hette / vnnd nit aller wett hedel auff flch lüde. Es ist
ihe vnmuglich / das die gantze wett an einen ort gepunden sey / vnd yhr
geschefft da außrichte / Doch wollen sehe / wie fle die heilige gottes wort
matterenn vnnd schendenn / yhre erlogene gewalt zubestettigenn. *>
Christus spricht M att. xvi. -u santt Petto. Du bist Pettus (das
ist ein felß.) vnd auff den felß / wil ich bawen meine kirchen / vnd dyr wil
4,i w ich 1 die schluffel des hymelreichs gebenn / was du wirst auff bindenn auff
erden / sol loß sein ym hymel. Alhie deuten sie de felß S . Petrum / vnd
geben für / es sey / die Bepstisch gewalt / darauff Christus sein kirche bawe /15
alßo / das alle kirchen des Bapsts gewalt solln vnterthan sein / vn / dem
Bapst vntetthan sein / Heysset nu bey bissen meisternn / die kirch auff den
felß gebawet / die gloß hat Christus viel iar leyden must ober seine wort.
Nur das wir die lugen vnnd schalckheit / öffentlich an tag bringen»
vnd schamrot machen / wollen wir die wort Christi ansehen. Szo der 10
kirchen baw auff den felß / nit anderß ist denn dem Bapst vntetthan seynn /
wie sie sagenn / ßo folget / das die kirch mag erbawet sein vnd bestahn /
on glawb / on Euangelij / vnd on alle sacramenten / denn was gebawet ist /
das ist gebawet / darff nichts mehr zum bawen / die weyl denn / Bapsts
irr xr gewalt vnd gehorsam eyn ander ding ist/ denn glawb / sacra'ment / vn »5
Euangelij. Vn die kirch doch da durch gepawet wirk / ists offenbar / das
zu yhrem baw gnug ist Bapsts gewalt vnd gehorsam / vnd nit not d' glawb
odder etwas anderß. Sonderlich / die weil Bapst vnd seyne gewalt mit
seynen vnterthanen / gemeinicklich / on glawbe / Euangelij / vnd sacrament
leben / ia vorachte / wie die Heyden / vnnd doch / felß / baw / vnd kirch 3 0
i2i Ei bleybet / wie sie sagen. Siche da / das heisset1Christ* wort glossiert / wer
will werenn / das nit ein ander sage / der felß vnnd baw der kirchenn heyffe
ein Esell vnnd tue / odder was yhm ttewmet / ßo die Bepstischen macht
habenn / auß Christus wortten zu machen was sie wollen.
Weitter Christus spricht von dem selben felß / vnnd seiner kirchen / 35
an dem selben ort. Vnnd die Pforten der Hellen / sollen nichts da widder
vernmgen. Hie spricht Christus klar / das Widder seinen felß / baw vnnd
kirchen / die teuffei sollen nichts vormugen. Szo denn der felß / Bepstliche
gewalt ist / vn der baw / gehorsam der selben« / wie gabt es denn zu / das
der selb baw vnd gehorsam gefallen ist / vnnd die pfortten der hellen wydder 40
sie vermocht / das die ganh Cbristenheyt ist vom Bapst abgefallen / alß die

11 M t. 16, 18 f. 15 qawalt A 24 braucht nichts mehr ZI Sihe hs.


so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. iz r i. in

kriechen. Behemen. Affrica vff b’ gantz Omttf / ia fle sein noch nie drauff
gepaue geweßenn. Szo bah alhie Christi zusagt / der nit liegen kan / das
die Pforten oer Helle nichts vormugen sollen widd' seine baw / vn doch
niemat leucken kan / den abfal ynn oriente / ßo folget dz Christ* war sagt /
5 vn d' Babst leuget vn d' baw nit sey gehörst seiner gewalt / ßondern ein
anderß / de die hellische pfortten nichts abbrechen kundenn
1 Man darff auch nit sagen / das sie darumb nit mehr Christen seyn / 413w
weil sie nit dem Bapst gehorsam / vnnd nit miss yhn gepawen seynn.
Seyntemal der Bapst vn sie alle / wollen dennoch Christen sein / ob fle schon
10 got nit ein tuttel gehorsam seinn / vü mehrteils on glawben leben. Aber
sie Habens mit yhrem liegen bißher erstritten / das die ketzer sein / die ynn
diffem stuck nit mit yhn halten / vn sie selb gute Christen seyn / ob fle yn
keynem stuck mit got vnd Christo halten / alßo essen vn turnn sie die wett /
heissen Christen / vn ketzer was sie wollen.
15 1 Aber das lassen wir faren / vnd nemen für vnß den rechten vorstandt 123 e»
- dißer wort. Das du pfortten der Hellen / nichts widd' bissen baw vor­
mugen / muß das heissen / das der teuffel keynn gewalt drüber habe / wilchs
denn geschieht / so der baw ym festen glawben / vnd on 1 ßund bestehet / 122 r»
denn wo der glawb feilet obbet fund sein / da regirt der teussell vn vormag
20 Widder den baw / Alßo leret vnß sanct Peter / das wir solle streitten ynn
eynem starckenn glawben wydder den teuffel / wilcher Widder den glawben
sichtet am sterckiste. Darauß folget / daß dyßer felß ist Christus selbs /
wye yhn sanct Paulus nennet .i. Cor. x. / vnd der baw / ist die glewbige
kirche / da kein fund ynnen ist / vnd bawen ist nit anderß / denn glawbig
25 vnnd ßundloß werden / wye auch S. Petr* i. Pet. ij. leret / das wir auff
Christ« de felß. sollen vnß bawen lassen ein geystlich gepewe.
Die weil denn Bapst vnnd seine gewalt / datzu die yhm gehorsam
sein / ynn funden vnd grewlichem mißprauch gähn / vn des teuffells vnter»
than / wie yderman sihet. Szo muß ertichtet vnd erlogen sein / das d' felß
30 vn baw (die Christ* vber die hellischen Pforte setzt) heysse Bepstliche geroalt
vn regimet / die yhm d' teuffel vnderworffen hat / Es were vnmuglich / das
Bepstlich gewalt ettvas boßes thet / wenn sie durch denn felß / ynn Christ*
wortte bedeut were / den Christ* leugt nit / ßo sihet man für äuge / dz
Bepstlich gewalt gaht ynß teuffel* gewalt / vnd thut vbel / hat auch viel
35 mal vbel than.
Hertzu nn alle yhr Bepstischen / auff einen Haussen / beisset das nußlen
auff / der spruch ist euch abelauffen / dz schloß ist erubert/da fellit / da ligt
Bapst / mit grud vnnd poden / denn dißer spmch Christi / ist der eynige
grub geweßen / darauff sich das Bapstum hat vorlassen vnd erhaben / ßo
40 viel iar / vnnd ist nu klerlich erfunden / sein lugen vnd falscheit. Haben
wir nit mehr / ynn dyßem streyt vom Bapst erlanget / so haben wyr doch
i i yhren hs. 20 1. Pt. 5, 9 23 1. Ko. 10, 4 25 1. Pt
2, 5 28 dem teuffell hs. 37 abgejagt, abgewonnen
12 Grund und Ursach aller A rtik e l D. M artin Luthers,

bissen spruch frey vnd ledig gemacht. Ja hie mit ist der krieg gar ge-
415W roonntn / fctm Bapstü 1 der kopff abgeschlagen / weil dißer spruch stercker
Widder ybn gaht / denn für yhn. W er nu ein mal leuget / der ist gewißlich
124 e i nit auß got 1 vnd vordechtig ynn allen dingen / die weyl den der Bapst /
ynn dißem heubtstuck vnd gnidspruch ein lugener erfunden / der gottes wort
123 e i vorkerer / 1 vn die Welt betrogen hat / mit einem falschen regimet / ists gewiß­
lich war / das 6 . P a u l' vö yhm sagt / des Endchrists eyngang sol ge­
schehen / durch wirckung des Bosen geistes / der nur mir liegen / vnnd
falscher außlegung der schrifft eyngehet. Da ligstu lieber Bapst / wen du
dich hyrauß redlich erredtist / vnd die lugen zur warheit machist / w il ich 10
sagen / du seiest von got Bapst gemacht. Diß alliß / hat Joannes huß ge­
than / vnd nit Luther / wie geschrieben ster. Condemnat iustus mortuus
impios viuos.
Es hilfft nit das man w il etliche heilige veter antzihen / die S .
Petrum haben den felß / vnnd eyn fundament der kirchen genennet. 3 um 15
ersten darüb / Christ' wort / gehn für aller heiligen wort / die viel mal ge-
irret / Christus aber noch nie geirret har. Zum andern / hat kein heilige
noch nie gesagt / das der Bapst dyßer felß heisse / ßo habe sie santt Petern /
nit vmb d' gemalt / ßondernn vmbs glawbenß willen / einen felß geheiffenn /
ynn wilchem ßo yhm b' Bapst folget / wollen w ir yhn auch eine felß *>
heissen / das d' felß / glawbe bleibe / vn nit gemalt werde. Wo er aber
nit glewbig ist / sol er nit eyn felß genennet sein.
Noch einen grüdspruch fiire sie. Ioä. vlti / da Christ' zu Petro
sagt drey mal. Petre hastu mich lieb? vst P e tr' antwort drey mal. Ja
Herr ich hab dich lieb / da sprach Christus auch drey mal / weyde myr meyne -5
schaff. Hierauß wollen sie de Bapst ober alle Christe seyen / aber es ist
noch keyn klarer spruch da / der solch groß dingt beweisse / vnd dießer ist
noch gar finster. V n (wie gesagt.) nit zuuormute ist / dz got eyn solch
groß ding / alß sie daß Bapstü mache / solt nit doch m it eine einige klaren
spruch eyngeseyt haben. Nu stosset dißer spruch auch dz Bapstü zu poden / y>
dz ist leichtlich zu mercken.
Denn Christus foddert hie von santt Petto drey mal die lieb / ehe
er yhm die schaff befilhet / damit er klerlich anyeigt / wo nit liebe ist / da
gehört das schaffweyden n i t 1 hynn. Die weil de Bapst vn Bapstum 1 an
lieb ist / kanß nit sein / das schaff weidenn solt Bapstü heissenn / darumb 35
ist erlogen vnnd vorkerete gloß / das sie dae wortlin / weyde / deutten miss
das liebloß regimet / vnd gemalt des Bapstumbs Wenn man das gestatte
w il / das Christ' wort alßo zurrissen vn vorstellet werden / möcht ich wol
sage I das des Turcken regiment / hieß auch / schaff weidenn / ßo sie aber
417w bleibe ynn yrem 1rechten synn / ßo muß liebe da seyn / odd' ist keyn weidder 40
da / wer w ill hie für ober?
7 1. Th. 2, 9 10 vgl. oben I 325, z. 3 12 Wei. 4, 6 23 Jo.
11, 15 ff. 34 ohne 40 weidder / da A
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521.
HZ

Auch hat fle das d' boß geyst geleret / das dz wortlin werde / heyß
obe an sitzen / wo wolle sie den vorstand bewere? muffen w ir glewbe / vn
gnuge dran hab- / das sie daher sich brüste vn rüffeln / wir habeß alßo ge-
deuttet / schweig vsi red nit äderß - Nu ich w il weitter / Dz wort weiden /
5 ist ßo hoch geistlich/dz/ob d' Bapst schö ßo heilig were alß S . peter/vn
seyn geistlich recht leres vn hielte auffs aller sieissigst/were er dennoch nit
ein weid'. Weide Heist die lere gebt / da die seele vö lebt / wilche ist d'
glaub vn Euägeli / wen dz d' Bapst treiben solt/must er all augenblick
des todts wartten / vtt sein seel für die schaff setze / alßo dz S . Augustin
*0 recht hat außgelegt / weide heiße alhie / dz lebk für die schaff gebe vmb des
Euangeliumbs willen / darmnb auch Christus bald drauff/ die weydung selbs
außlegt / vn Petro die marter vorkundigt / die er ober dem weyden vnnd
schaffen leid- muffe / wilchs on liebe nit muglich war zu thun.
Der halben ists yhe vordrießlich / dz man die hohe / geistlich / starcke /
«5 köstlich? wort Christi / ßo schendlich martert/vn zeucht sie auff de mussigen /
prachtlichen / lustreichk gemalt des Bapstumbs / vri wen sie es schon auffs
beste zihen/bring- sie es auffs des Bapsts gesetzen/da mit die schaff mehr
vorgifftet/den geweidet werden/darüb lassen wyr hie Christi meinüg sein/
wie sie sanct Augustin auch helt. Es sey in Petro / allen Predigern lere
ao gemeine gebe / dz sie yhe nit predig- / sie liebe d- Christ» / vn bereit sein
dz leben für die schaff zu setzen.
1 1 Vnd / wo / weyden hieß ein Bapst sein / ßo must die kirche ßo offt »5 »
an Bapst seyn/ßo offt er nit liebt noch prediget/das ist auch war/den xa6
wo das Euangeliu nit gaht / da ist kein kirche / vn diß Bapstüb ist d' kirche
as ebe ßo nutz / alß dz funfft radt am wag- / ia gätz schedlich / davon ich mehr /
ein and' mal. Auch wo lieb- vn weid- Bapstü hieß/kund man nit weren /
es muffen ßo viel Bepst sein» / so viel lieber vsi weyd' weren / wilchs auch
war ist / den wer do liebt vn weydet d' ist ein Bapst / alßo gehn auff alle
weiß / die wort gottes roib' dk banst/wilche er ftrr sich zeucht/vn hilfft
zo nit/das sie sagen / der Bapst weide nit durch sich selbs / ßondern durch
andere/warumb ist er nit auch eyn Bapst durch andere? heisset werde ein
Bapst / ßo kan er eben ßo wol Bapst sein alß weid- durch andere / kan er
aber iheniß nit/ß o kan er diß auch n it/ vn muß durch sich selbs weide /
od' mag nit durch sich selb Bapst sein / das wort weyden / lessit sich nit ßo
js melken vn treiben«.
1 Nu w il ich beweiffen dz S . Petrus vnter d- andern Aposteln / vn 4*9w
nit vber sie sey. Act. viij. lesen wir das die Apostel vn eldistr / haben S.
Petn» vn ZoSnes außqesand gen Samarir die Crist- zu sterck- / so den
S . P e tr"/ ein vntertheniger pot ist d' andern / wz gibt für seyn Nachfolger /

2 diese auffassung 3 ereifern 6 geistlcth A 9 I n Ioannis


ev. 123, 5 (M S L . 35, 1967) 20 insgemein 23 am A , korr. nach
hs. ( = ohne) 25 W an d er, R ad no. 52 35 hin und her wenden
37 A G . 8, 14 Abosttl A
114 Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

ia voruolger./ d' Bapst / dz er rotl niemät vnterthan sein? Were S . Peter


auß gotlicher ordnüg der vbirst gewesen / solt er gesessen habe. vfi wie b’
Bapst iy t thut / gepiete vn sende / nit sich sende lassen / solt ehe drob -ehe
tob libbc habe / ehe er widd' gottes ordnüg sich het lassen niddernn / wye
die Bepst thun / die ehe alle welt ym blut fchwemmed mathi / tf)t sie nhr 5
vberkeit lassen.
Daß stuck ist noch nit auflöset / es flösset sie auch für de topf / dz sie
schwindeln / nir wissen drauf zu ätworte / doch nit schweige / kauckeln dort
Her vö de Arriane / dz d' Heilig geyst driib nit kleiner ist / de d' vatter / ob
er wol gesandt ist von yhm. Sehen aber nit / das das sich hie her reimet / 10
127 e * wie das Bapstum nnn 1 die kirchen / der heylig geyst w irt nit ynn sevner
120 Ei Person gesendet / wye sanct Peter / ßondernn er 1 sendet sich selb m it got dem
vatter vnnd sun / das ist / er offenbart sich ynn der tauben / wolcken vnd
glewbigen berye / wie d' Sapies sagt / vn Aug. außlegt / drumb muffen
albte des Bapsts secten stehen vnd bekennen / das d' Bapst / nit der vbirst / *5
ßondernn gleich adder vnter den andem is t/w o er gotlich vnd nit teuflich
regieren rotl. Es ist Widder got vn seyn heyligs wort / das er sich eygener
freue! gewalt ober all erhebt / ßo erß nur leiden solt / wenn w ir yhn er­
huben.
Szo schleußt yhe die schrifft auch klerlich / das sanct Peter keyne *>
Apostel noch nie gemacht / gesand / odder gepotte hat / alßo das er auch sanct
M atthia nit kund machen m it zuthun aller Aposteln / ßondernn erworbe
nbu vom hymmel / damit Christus festiglich bewert / das die Apostel alle
gleich von yhm selbs allein gemacht / auch alle Bisschoff gleich machen
jvtrenn / vnd nit ynn die eynickeit d' gewalt vn vberkeit / wve deß Bapst 15
secren vnß betreugt / ßondernn / des glawbenß / d' taust der iitb t vnd geistis /
sich voreinigen / vnd ein folg fern seltenn / wie sanct Paulus Eph. iiij.
leret. O wie sotten sie sturmen / wo sie finden mochten / das sanct Peter
einen Apostel gesand bette / wye w ir finden das er gesand ist / noch sol das
vnßer nit gelten / vn yhr fabel dennoch recht sein. Hie m it meine ich sey 30
gnug beweysset / wie das Bapstum nit allein on eynigen grüd d' schrifft
schwebt / ßondernn auch Widder die schrifft tobet.

«,,w 1Der Sechs vnd zrventzigst.


Das wort Christi zu Petro / was du auffpindest miss erde / soll
loß sein vm himel / erstrecket sich nit weitter / denn auff die / die Peter ge- 35
punden hat.
Wie gern were der Bapst ein got / das er möcht pinden / was got
loset / vnd losen was got pindet / auff das er Christus wort vmbkeret / vnd

4 erniedrigen 5 die (2.) fehlt hs. 7 diß stückle hs. 14 W ei. 19, 7
22 AG . 1, 22 ff. 27 volk Eph. 4, 4 f. 33 oben I 29, z. 40 ff.
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521.

alßo sehet / Was ich bynd vnnd loße ym hymell / sott du loßen vnnd
byndenn 1 auff erden / das vnßer got vortrieben Hinfurt1 nichts mehr thun f[
kund / den was der Bapst wolt. Alßo ist geschehen zu den zeitten Joannis
huß / das d' Bapst den Engeln ym hymel gepot / der Römischen walbruder
5 ferten gen himel zu füre / die auff der Romfart stürben / Widder solchen
schrecklichen freuell / vn mehr den teuflisch vormessen / sich Joannes huß
legt / vn wye wol das leben drüber ließ / dennoch ßo viel erlanget / das d'
Bapst die selb pfeiffen einhihen / vnnd sich des freuels schemed / bißher ent­
halte muß. Noch kicket d' schalck erfur / vnd weil er den himel vnd hell
*0 nit erhalte möcht ynn seiner gemalt / vn zu hoch gefare wäre / will er den­
noch das fegfewr gefangen nemen / vnnd ob er wol bekennen muß / das
er niemant drinnen binde kan / noch hynein stoffen / wil er doch drynnen
loßen / vnd herauß ziehenn.
Wenn man fragt / auß was gmnd er das thun muge / spricht er / ich
x5 bin Bapst / damit soll es gnug seinn / den der spruch Christi druckt klerlich
auß / das sein gemalt nur auff erden / nit vnter noch ober der erden sey /
vnd pinden vnd loßen gleich groß sein / denn alßo lautten die wort / was
du pindest auff erden / was du löstest auff erden / das pinde ßo weit vn
breit ist alß dz loßen / vnnd wo einß nit hyn reicht / da reicht das ander
ao auch nit hyn. Drumb bleiben wir bey dem wort Christi / vn vorachten
den Bepstlichen freuet.
Dber das / ßo prauchen alle Priester dyeßer wort Christi / wenn sie
absolviern / vnd absolviern nit denn yn crafft der selben wort vnd zusagung
Christi / ßo den einerley wort hie sein / was nimpt yhm denn der Bapst
-5 für / etwas mehr da durch zu thun / denn d' geringst Priester? Seynß
einerley wort / ßo ists auch einerley crafft / kan den der Bapst da mit ynß
fegfewr greiffen / ßo kan auch ein iglicher Priester hinein greiffen. Sihe
alßo gauckelt vn füret d' Bapst die ganh wett / nympt auß dem gotliche
wort was er w ill / ob es wol ydermä gleich vn gemein ist / vn gibt für
3 0 auß de faß malmaster trincken / da and' leut säumet waffer außtrincken /

gottes einfeltig einiges wort mit einerley crafft / gilt yhm golt / vnd wils
andemn nit kupffer lassen gelte/hör auff Bapst / des spiels ist gnug.
111 Auch ist das ein ferlicher syn / dz man solcher schlussel braucht zur 128 0
pein abtzulege. Christi hat ste nit geben / das S. Peter sott gemalt damit w
35 habe etwas zu thun / ßondern vnßerm glawbe sein ste gebe / d' selb sol (Ich
drä halte / dz yhm die sund vorgebe werde / vn S. Peter ist ein knecht
darynnen / mag ste vnß furhaltenn / aber kan nit mehr da mit thun / den
ßo viel w ir glewben / wen er thausent mal auflöset / pein vn schuld / ßo
thut er nichts ich glewb den dran / d' glawb macht die schlussel tettig vn

i Was du wirst pinden vnnd losen soll gepundenn vnnd loß seyn
YM hymel VNNd erden ha. 3 ists hs. 4 vgl. oben I 479, z. 3,
bes. K öhler, L . und die K g ., s. 206 9 gucket 28 verführt
30 Malvasier (oben I 339, 35) 34 strafe zu erlassen
X 16 Grund und Ursach aller A rtikel D . M artin Luthers,

tüchtig / d' vnglaub macht fit vnttettig vn vntuchtig / ßvnst ist kein gemalt
drinnr / d' fich der Bapst anmasfit fich vn vnß betriegen / kan doch got sel­
be hymel nit geben de d' nit glewbt / wz solt den d' Bapst mit de schlüsseln
thun / an de d' nit gleubt. Aber pein abtzulege gehöret nit -u de schlüsseln
eygttlich / den dz geschicht öffentlich / vn ist nit rawm da de glawbk / wilcher r
nur vnfichtlich ding glewbt / nemlich Vergebung der fund / für gottes
augenn.
Sie sein auch geweßen / die durch dießen spruch den Römischen
biffchoff Bapst machen / weil Christ sagt. Alles wz du bindest / sol ge-
punde sein. Aber die weil all Priester / ynn trafst d' selben wort absolviern/ *<>
mugen sie S . Peters vnd Bapsts nit eige / ßondern muffen gemein sein /
alßo dz entwed' alle Priester Bepste seyn / die yn crafft differ wort absoluiem /
ad' niemat absolvieren muge den d' Bapst / sol das Bapstü darinne gebe
sein / vn ßo wenig er mag dz Bapstü gemein machen / ßo wenig mag er
die Absolution gemein mache / die weil es einerley wort ist vn ding / *s
pinden vn Bapstum / wie fie sagen. Sihe alßo vorstelle fie die Heyligen
gottes wort / was gemein ist / sol des Bapst eygen sein / was vnßerm
glawbe geben ist / soll sein gewalt vn tyranney stercken.

Der Sieben vnd tzrventzigste.


Es ist gewiß / das d' Bapst gar nit macht hat / noch die kirche / zu- 20
setzk. Artickel des glawbenß / noch gepot d' fitten / odder gutter werck.
Ije E M ^ lieberß möcht ich Horen / den wilchs die artickel des glawbens /
vn gepot gutter fitten / vnd guter werck wertn / die d' bapst odder kirche /
stelle mugen / auff das wir de heilige geist vn Christü ein mal zur schul
furete / vn eyne guten schilling geben / das fie ßo vorgeffen vnd seumig -5
gewesen sein, habe vnß nit recht vn gnug geleret de Christlichen glawben
vn gute werck. Hochgelerete bapsts iunger / thut das maul ewr weißheyt
auff / vnd nennet vnß die selbenn / wolt ihr? ßo wil ichs sagen.
Christ* hat fie verkündigt Mat. xxiiij. Wen yhr werdet sehe den
grewel / dauö Daniel gesagt hat / dz er stett ynn d' heilige stat / wer das 30
425w 1 liefet / d' vorstehe es wol. Es werde auffstehe / falsche Christe vn falsche
Prophete / vnd werden viel vorfuren / vnd solch zeichen thun / das fie ynn
yrthum füren, (ßo es muglich w ert) auch die außerwelete. Dn S . Paul'
.i. Thimo. iiij. Der geist sagt offenbar / dz ynn de letzte tagen werde yhr
viel abtretten vö glawben / anhägen den yrrigen geysten/ vn teuflische leren/ 35
vn lugen zu leren / vn haben ein prandtzeichen yhn yhre gewissen / vorpiete

I fie fehlt ha. 2 zm betriegenn hs. 14 wenih A 19 W . A .


2, 427, z. 8 ff. Resolutiones Lutherianae super propositionibus suis
Lipsiae disputatis 1519 25 schulmeisterten und züchtigten 27 Hey-
liger Datter bapst hs. 28 Wiltu nit? hs. 29 M t 2 4 .1 5 ff. 34 1. T i.
4. i ff.
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. jjy

de ehliche städt / vn abtzihe die speiß/die got gebe hat/den glewbigen zu­
gemessen.
Sihe da / solt der Bapst nit macht haben / lere vnd Artickel zu setzen /
wenß ßo klar von yhm vorkundit/ das auch sein geiste/die es yhm ein-
5 blasen / außgedruckt sein. Datzu leret auch sanct Paulus Colo. ij. wie wyr
solch lere Horen sollen / vnd spricht. Sehet euch für / das euch nit yemäd
betnege / durch die eyttel Philosophia vn trieglichen schein der menschen
lere / vn zeitlichen gepottenn / die nit von Christo leren. Hie sehen wir /
das wir nur Chnstum Horen sollen / vnnd fliehen die menschen gepot / die
to wol scheinen / als wollen sie frum machen / vnd ist nur triegerey / vnnd vor-
storung des glawbens. Vnd Christ' sagt auch M att. xxiij. Ahr solt euch
keynen meister nennen auff erden. E s ist nur einer ewr Meister Christus.
Auch santt Jacob vorpeut. A hr solt nit viel meister werde lieben 11 prüder. A %
Sanct Peter schweigt auch nit .ij. Pet. ij. E s werden vnter euch falsch
*5 lerer knmen / die nach yhrem eigen Mutwillen leren / vn der selben spruch
on zal viel.
D a her ists kommen / das nervlich zu Rom / furwar meisterlich be­
schlossen ist/der heylig Attickel/das die seele des mensche sey vnsterblich/
den es war vorgeffen ynn dk gemeinen glawbe / das wyr alle sagen / ich
*> glewb eyn ewigs leben. Jte es ist auch beschlossen / durch hilff Aristoteles
des grossen liechts der n atu r/d as die seele sey ein weßenlich form des
leybes/vn der selben seiner artickel viel m ehr/dye auffs aller zymlichst
wol anstehen d' Bepstlichen kirchk/auff das sie menschk ttew m /vnnd
Muffels lere behalte/die weil sie Christ' lere vnd den glawben mit süssen
»5 tritt / vnd vortilget.
Doch wollen sehen yr grüd / da her sie yhn die gemalt nemen /
Artickel vnnd gesetz zu machenn / J a sagen sie. E s ist nit alles geschrieben /
ynn b’ Biblia was not ist/drum b hats Christus der kirchen befolhen/alß
santt Ivan. vlti. sagt. Diel mehr zeichen hat Christus than / die nit ge-
3° schrieben sein / ynn dyffem buch / vnnd wenn manß alliß solt schreibe / acht
ich / die well kund die bucher nit begrciffen / die zu schreiben werk. Hie
last vnß spuren / dk hohen vorstäd b' Bepstischen secte. Joänes sagt nit vö
allen zeichk1 Christi / ßondernn vö vielen / die er nit geschrieben hab / datzu
spricht er / die selben vielen sein nit ynn dysem buch geschrieben / deuttet
35 auff seyn buch / da mit er nit leugnet / ia bekennet / sie mochten geschrieben
seynn / ynn den andemn buchernn. Szo deutten vnßer lerer seyn wort auff
die gantz Biblien / vnnd muß nu S . Joannes Euangelium die gantz Biblien
heissenn.
Aber das ist noch aller feinst, Joannes sagt. Christus -eichm / seyn
4° nit alle geschrieben / ßo deuttenß vnßern herrnn tqff vnßer thun vnnd yhr
i entziehen 4 vvrkUNdigt hs. 5 Kol. 2, 8 11 Mt. 23, 10
13 Ja. 3, i 14 2. P t. 2, i 17 vgl. oben I 389, z. 12 20 Köhler,
s. 112 29 Jo. 2i. 25 39 zeihen A 40 vnßer Herrn hs.
118 Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

gesetz / das dye nit alle geschrieben sein / wie buntst dich? ich meyn des Bapst
setten/ kan die schrifst auslegen/ lieber last vnß die meyster aller Christen/
von Rom nu Horen. Diel Christus zeychen ynn Ioannis buch nit ge-
*j2 e i schrieben / ist ßv ' viel gesagt. Es ist nit gnug ynn der Byblien geschrieben /
i 3i E1 was w ir wissen vnd thun sollen. Der heylig geyst 1 sol es dem Bapst sagen 5
mehr gesetz zu geben vnd leren. Sihe nu weystu / warüb d' heylig geist
de Bapst vnd den Christen geben ist.
Samt Paulus vnd alle schufst / leret / das der heilig geyst geben sey /
die gesetz zurfullen / wenigem vnß dauon entpinden / vnd frey machen / wie
er sagt .ij. Corin. iiij. Der buchstab des gesetzs tobtet / aber der geist macht »
lebendig / vnnd Ro. viij. Der geyst des lebens hat mich erlöset vom gesetz /
wilchs mir nur sund vnnd tob bracht. Aber d' Meister aller Christe zu
Rom / mit seine setten / haben eynen andern heylige geyst / der bit gesetz
mehret / leut anpindet / vnd gefangen nimpt mit menschen gesehe. Dortzeihe
mirs mein got / das ich deines heiligen geystes namen daher nenne / ich 15
weyß nit was ich dencken vn sagen sol Widder den vnauffprechlichen grewel
des Endchrists zu Rom / der mit deinem wort nit allein nerrisch / ßondern
auch gleich spotlich feret / alß were es faßnacht schimpff. Ach got wo sein
sie / die dich ernstlich bitte / vn solchen deynen vnbegreiflichen zorn ab-
wendenn? 20

Der Acht vnd zrventzigst.


Wenn der Bapst mit einen grossen anhange der kirchen / ßo odder
sonst hielt / vnd gleich nit yrret / were es dennoch nit sund / noch ketzeren /
eyn anderß haltenn / ßonderlich ynn den dinge / die nit not sein zur selickeit /
biß das durch eyn gemein Concili / eyn teil vordampt / das ander be- 25
stettiget würd.
429w 1 Warüb wollen sie mir bissen Artickel nit lassen. Seintemal er nit
saget / denn von vnnotigen dingen zur selickeit? Habe sie doch zugelassen /
ynn vnßer frawen empfengniß / es sey nit ketzerey / noch ytthumb / das etlich
halten / sie sey ynn erbsunden empfangen / ob wol Concili. Bapst / vnnd das 30
mehrer teyl anderst haltenn / darumb das es vnnotig zur selickeyt geachtet
133^ roirt? odder wie 1 kummen wir armen Christen datzu / das wyr nu glewben
sollen / alles was der Bapst vnd seyne Papisten gedencke / obs wol nit not
132 e i ist zur selickeit? 1 Hat die Bepstliche gewalt nu die macht / dz vnnotig
ding / muffen nottige Artickel des glawbens seyn / vnd kan ketzer machen / 35
ynn den dingen / da kein not an ligt?
Drumb muß ich den Attickel selbs widderruffen / vnnd zum fewr
vrteyllen. Ich hab fast nerrisch darynn geredt / das man dem Bapst ynn

2 Drumb last vnß hs. 5 Szondernn der hs. 9 zu verringern


10 2. Ko. 3, 6 I I Rö. 8. 2 14 vnendlichen gesetzen hs. 21 oben
I 90. 5 ff. 22 sic vel sic 30 Köhler, s. 116 35 M U- 1| sen A
38 sehr
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521.

vnnotigen s-chenn muge nit glewbenn. Alßo sott ich gesagt haben. Wenn
der Bapst vnd seine Papisten ynn einem Concilio ßo leichtfertig / vnnd
mutwillig weren / das sie / zeit vnnd kost vorlore / ynn vnnotigen fachen /
ßo doch eyttel groß mechtige nottige fachen zu handeln seinn / sott man nit
5 allein vhn nit folgen / sondernn alß die vnsynnigen / ad' boßwicht halten /
die auß den nottigen ernsten geschehen der elende kirchen ßo kindisch vm
notige fach mechtenn / was thun sie da mit anderß / denn als spotten sie /
die elende durfftigen Christenheyt? Solch thorheit vn leichtfertigkeit ists
aber/das man vo Ablaß/vö Bapstü/vö stuele vn vberkeite / leyder ynn
"» allen diße letzten Concilijs / vn fünft nichts das zur not dienet / hadelt.
Doch thut die Bulla recht / das sie den Papisten gibt vnnotige ge-
scheste zu hädeln / vn zu glewbe yn yhre Cöcilijs / den solch spotter d' kirche
solle vö gottes zorn / vnn solche vorkette synn vorstoffen werden / das sie nottige
fache nit zu hertzen nehmen / vn nur mit vnnotigen zu schaffen haben / sie
*5 seinß nit besser werbt.

Der Neun vnd t;rventzigste.


W yr haben nu ein recht vberkümen zu matte die macht der Cocili /
vn widderspreche yhren Hendeln/auch zu richten yhr gesetz vnd frey be­
kennen / was vnß recht dunckt / es sey vordampt / odd' bestettiget von wilchem
80 Concilio es mag.
Dissen lArtickel setzen meyne Papisten ßo hessig vn gifftig / als wolt
ich lere ein yglicher möcht mutwillig / on vrsach den Concilijs widd'streben /
wilchs mir 1 nie ynn synn noch fedd' gefalle ist / fiondern ich hab 1 gesagt / A ^
wo sie etwas Widder die schrifft setzten ym Concilio / solt man der schrifft
as mehr denn dem Concilio glewben / die schrifft ist vnser recht vn trotz / da
mit w ir 1auch einem Engels von hymel mugen Widder streben / wye santt 43«w
Paulus Gal. i. Gepeut / schweyg einem Bapst /vnnd Concilio.
Vnd warumb vordammen sie mich ynn diffem Artickel? worumb vor-
dammen sie nit die / die yhn setzen / vnd ich für meinen gründ / hab einge-
3® fürt? alß S . Paulus Gal. i. Szo euch yemand anderß leret/denn yhr
gehört habt / ob er gleich eyn Engel were vo himel / d' sey vorpannet vnd
vormaledeyt / höret yhrß Papisten? eynen Engel vormaledeyt Paulus / ßo
er anderß Irret / den die schrifft / vn ich sol nit macht haben / einen menschen
vorachten / ßo er anderß leret. Warumb damnet yhr auch nit Panor. c.
35 Significasti / de Elect. de ich einfuret. wie er sagt. Das man mehr glewben
sol eine leyen/ßo er klare schrifft /odder Helle voruufft furlegt / den Bapst
vnd Concilio / wilchs m it yhm hatten fass die alle Juristenn / ßonderlich die
besten vn gelertistenn.

12 vnnd glewben hs. 16 W . A . 2, 406, z. 1 t. und 404, z. 14 ff.


Resolutiones Lutherianae 17 schwächen 19 vom A , korr. nach hs.
21 gehässig 27 Ga. 1, 8 35 W . A . 2. 10, z. 19 ff. 36 Uns II en A
120 Grand und Ursach aller A rtikel D . M artin Luthers,

Vnd was wil folgen auß diesem Artickel / den das menschen lere /
ober gottes wort sey / vn der Bapst ober got / vnd alle der grewel / der da
neben mit eingeht/das auch Lucifer nit ßo freue! ym himel geweßen ist /
der nit mehr denn got gleich -u seyn sich vormaß. O hilff got/ists dahynn
kummen ynn der Christenheit solchs zu Horen / das got mit seine wort/sol $
weichen dem Bapst mit seinem gesetz. Hie were eS zeit / hundert tobt zu
leydenn.

Der Dreyffigst.
Etlich Artickel Joannis huß zu Costnitz vordampt sein die aller
Christlichste / warhafftigsten / vnd gantz Evangelisch / wilchs nit vordamnen i©
möcht die gantz Christenheyt.
*34 E1 Für mv/iö) hab hie fast geirret / vnnd hab ' auch zuvor / diffen
Artickel widderruffen vnnd vordampt / ynn de das ich gesagt habe. Etlich
artickel Joänes huß rc. Alßo sag ich itzt. N it etlich allein / ßondern alle
135 E2 artickel1Joannis huß zu Costnitz vordäpt / seynn gantz Christlich / vri bekenne 5
das der Bapst mit den seynen / als ein rechter Endchrist hie gehSdelt/das
heylig Euangeliü mit Johanne huß vordampt / vnd an sein stat des
hellischen trackr lere gesetz hat / des erbiete ich mich zuuorantwortten / wo
ich sol / vnd wilß mit gottes hülst wol beweysenn vnd erhaltenn.
Es hat auch © . Joannes / zu wenig than / vnd nur angefangen / *©
das Euangelin auff zu «ersten. Ich hab funffmal mehr thä / dennoch hab
ich sorg / ich thu yhm auch zu wenig. JoSnes huß leugnet nit / das d'
Bapst der vbrist sey ynn aller wett. Nur dz w il er / Eyn boßer Bapst
sey nit ein glid der heilig- Christenheit / wiewol man yhn dulden muß /
wie einen Tyrannen / Den alle glid der heiligen Christeheit / muffen heilig •$
433 w sein / odder 1 noch heylig werden». Ich aber / wenn heuttigs tags / sanct
Peter selbs zu Rom sesse / vorneine ich dennoch / das er Bapst were auß
gotlicher ordnug / ober alle andere Biffchoffe. Es ist ein menschenn fund /
das Bapstü / da got nichts vö weiß. Es seyn alle kirchen gleich / vnnd
yhr eynickeit stett nit ynn dißer einigen vberkeit/ßondernn wye S . Paulus 30
^»h. iiij. sagt. In n eynem glawben / einer taust/einem Herrn Christo /
wilch / alle gemein / vnd gleich sein allen pfarren ynn der wett.
Auch die Decretal / sag ich nit das fle Apocryphe sein« / das ist / vm
nottig zu halten» / wie Joannes vigleph* sagt / ßondern / vnchristlich / widd'-
strebkd Christo / auß eingeben des boßen geystis beschrieben / darumb ich 35
Ke auch / mit frolichem mut/vorprant habe.

8 W . A . 2, 279, z. i i ff. Disputatio E c d i et Lutheri 12 sehr


18 Drachen 20 Huss 23 K öhler, s. 187 f. 31 E ph . 4, 5
34 K ö h ler, s. 223
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. 12 1

D e r E in v n d dreisilgst.
Eyn fhim mensch / sündigt ynn allen gutten werckenn.
Differ Attickel vordreuffet die grossen werckheyligen / die yhren tröst /
auff yhr eigen gerechtickeit vnd nit auff gottis 1 barmheryickeit bawe / dz *35 e>
5 ist / auff de sand / drumb witts yhn auch gehen / wie dem hawß auff den
sand gepawe M att. vij. Aber ein frum Christe mesch / sol lernen vn wissen /
das alle seine gutte werck / vntuchtig vnd nit gnug sein für gottes äugen /
mit allen lieben Heyligen an seynen wercken vortzagen / 1vn auff die bloß 136 e *
barmher-ickeit gottes sich mit aller zuuorsicht / vnd festem ttawen erwegenn /
-o drumb wollen wir diffen artickel wol gründen vnnd sehen / was die lieben
heiligen dartzu sagen
Esaias .lxiiij. sagt alßo. W ir sein alle sampt vnreyn erfunden / vnd
alle vnßer gerechtickeit ist / wie ein besudlet stinckend tuch. Hie Merck/der
Prophet nympt keine auß / spricht alle sampt seyn wir vnreynn / vnnd er doch
ein heilig Prophet war. Item ßo vnßer gerechtikeit vnrein ist / vn stinckt
für got / was wil die vngerechtickeyt thun? dahu sprüht er / alle gerechtickeit/
schleußt keyne. auß / ist nu eyn gut werck on fund / ßo leugt dißer Prophet/
da sey got für / Is t dyßer spruch Esaie nit clar gnug? worumb vordäpt
man den meynen attickel/der nichts anderß sagt / denn dyßer Prophet?
so doch wyr wollen gernn mit dem heyligen Propheten vordampt seynn.
Item Salomon Eccleflastes .vij. Es ist keiner ßo frum auff erden /
der ein gut werck thue / vnnd sündige nit. Ich acht / differ spruch sey klar
gnug / vnnd schier vö m i t zu wort meinenn Artickel außdruckt. Nu Salo­
mon ist hie vordäpt / last sehe / seyn datier Dauid / muß auch vordampt sein /
*3 wilcher sagt Psal. cxlij. Herr gang mit mir deynem diener nit ynß gericht /
den es w itt für deinem angeflcht kein lebendig mensch / rechtfertig erfüden /
«er ist 1 gottis diener / den «er gute werck thuet? wie geht es denn zu / 435w
das der selb nit mag leyden gottis gericht? Is t doch gottis gericht nit
vnrecht / wo nu dz werck gantz gut were on fund / ßo würd es gottes recht
3° gericht nit fliehen / ßo muß von not der feyl am werck sein / das nit rein
ist / darumb kein lebendig mensch für got rechtfertig ist / ßondernn alle /
seiner barmherhickeit durffenn 1auch ynn yhren gutten werckenn. Hie sottet 136 D
yhr Papisten ewr kunst beweisen / nit allein Dullenn lichten / ßondernn zu
solchen sprachen antworttenn.
33 640 hab ich droben / ynn den ersten zween Attickell beweiset / wie
alle heiligen / Widder yhr sundigs fleysch streitten / vnnd ßo viel noch sunder
seyn/ßo lang ste ym fleisch leben« / wilchs Widder den geist sichtet / der
halbe« /ste zu gleich / 1got dienen nach dem geist / vnnd der funden nach 137&

i W . A . 2, 416, i f . Resolutiones Lutherianae 6 M t 7, 26 s.


9 verlassen 12 Jes. 64, 6 21 P rd . 7, 21 25 Ps. 143, 2
28 ertragen 30 mangel 32 bedürfen 33 verfassen 38 dieNeM A
122 Grund und Ursach aller A rtike l D. M artin Lutherst

dem fleisch. Szo den nu eyn frum mensch zu gleich ist rechtfertig des
geistis halben / vnd sündig des fleischis halben / ßo muß gewißlich das werck
sein wie die Person / die frucht wie d' pawm / vii so viel d' geist / am werck
hat so viel es gut ist / ßo viel aber dz fleisch drä hat ßo viel es boße ist.
den Christi sagt / ein guter bäum tregt gute frucht / ein boßer bau / tregr 5
boße frucht / ßo misset got altzeit die werck nach d' Person / wye Gen. iiij.
steet. Got hat angesehe Abel / vn sein opffer / aber Cain vn sein opffer
hat er nit angesehen. Erst Abel vii Cain vnd darnach yhr opffer. Alße
hie auch / weil die Person nie gantz rein ist / kan das werck immer gantz
rein seyn. Wen b* meyster nit gäy gut ist / ßo kan das werck auch immer 10
gantz gur sein. Esmuß yhe ein iglich werck seynem Meister ehnlich vnd
gleich seinn / wie alle vornüfft vnd erfarung leret.
Ob sie aber wollen hie sage / wie sie pflegen. Ja solch vnreynickeir /
ist nit fund / ßondern ein vnuolkomeheyt vnd geprechen odder feyl. Antwort
ich / freylich ists ein feyll vnnd geprechen. Soll aber das nit ßund heissen j 15
w il auch ich sagen / das mord vnnd ehebruch nit fund sey / ßondernn nur
ein feyl vnd geprechen. Wer hat aber ewch Papisten gewalt geben / alßo
zu reyssen gottis wort / vnd solch vnreinickeit des guttenwercks / geprechen
vnnd nit fund zu nennen? wo ist eyn buchstab der schrifft für euch?
Müssen wyr ewren schlechte trewme glewben on schrifft / vnd yhr woll nit ao
glewben vnßern klaren schrifftenn? Ists nit yderman kund / das für got
rz? nichts hindert / denn allein die 'fund / wie Esaias sagt c.lix. Ewr fund
haben euch von ewrem got gesundert / Szo dann Dauid sagt / das auch
gottes diener sein gericht nit leiden mugen / vn keyn lebend mensch fitr yhm
rechtfertig ist / ßo muß dysser geprech gewyßlich fund seinn. Vnd wer do 25
keinen lebenden menschen rechtfertig lernt / d' zeelet gewislich auch die / die
ynn gutten wercken gahen. Es were den das die selben / nit menschen
o noch lebend werenn.
437w 11 Ite 5 . Augustin confeff. ix. We allem menschlichem leben / obs gleich
dz löblichst sey / wo es würd on barmhertzickeit gerichtet. Sihe da / der 3°
grosse ketzer S. Augustin / wye redet er Widder dysse heylige Bullen / ßo
frech vnd freuet / das er nit allein / de gutten leben fund zu schreybt /
ßondernn das allerbest leben, (wilchs on zweiffel ynn gutten wercken gaht.)
auch vordäpt ßo nit die barmheryickeyt hilfst / alß rotten es eyttel todsund.
O S . Augustin / furchtestu nit de aller heiligiste vatter Bapst? Datzu S . 35
Gregvrius / vo dem heilige Job. ix. sagt alßo. Der heilig man Job / sah
wol / das alle vnßer gute werck / eittel fund seyn / ßo sie got richtet / drumb
spricht er. Szo yemant mit got rechten wil / mag er ym nit eynis auff
tausent antworttenn. Wer du Gregon? Soltestu sagen thuren / das alle

5 M t. 7, 17 6 Gen. 4, 4 t. 14 mangel 22 Jes. 59, 2


23 Ps. 143, 2 29 vgl. oben I 120, z. 15; H 91, z. 17 36 H i. 9. 3
37 ßo es hs. 39 zu sagen wagen
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. 123

vnßer glitte rotrtf / ttfUl fund feinn? du bist ynß Bapsts bann / VN ein
ketzer / viel erger de Luther / wilcher sagt nur / dz ynn allen gutten wercken
fund sein / vnd du machst eytel fund drauß. O ich sihe mol / du wilt nit
erhaben sein vom aller heilligsten vatter Bapst / wilchem du widdersprichst/
s vnd machst yhn zu einem keher vnnd Endchrist / ynn disser heiligen Bullenn.
W eitter spricht der selb Gregorius .c. eodem / W ier habenß nu viel­
mal gesagt / das alle menschliche gerechtikeit / vnrechtickeit erfunden rotrt /
ßo fle streng gerichtet roirt / drumb spricht Job / wen ich gleich etwas
rechtfertigs hett tha / wil ich got nit antwortte / mit yhm zu rechten /
10 ßondernn yhm flehen alß meynem richter. N u ist gottes gericht nit falsch
noch vnrecht / ßondern 1 war vn gerecht. Szo es den vngerechtickeit findet *3« &
ynn vnserer gerechtickeit / muß die selb vngerechtickeit nit ettichtet / ßondernn
warhafftig da feinn / vn nit allein ein feil / odder geprechen / ßondernn ein
vordamlich fund / die an der selickeit hindett / ßo nit die barmheryickeyt
*5 furkumpt / vnd auß lautier gnaden die selben werck annimpt vnd betonet.
Helffen bisse spruch meinem Artickel nit / ßo helff yhm got. Szo wil ich /
mit Esaia. Dauid / Salomon / Paulo / Augustino / Gregorio / yhe lieber
vordampt sein / denn mit de Bapst / allen Bisschoffen / vnd Papisten gelobt
sein / well die wett gleich eyttell Bepst / Papisten / 'vn Biffchoff rotrt. O 139 L-
-0 selig wer ober der sachenn sterbenn sott. Amen.

D e r zwey vnd dreyffigst.


Ein gut werck auffs aller beste gethä / ist denoch ein tegliche fund.
Dießer Attickel folget klar auß de vorgangenen / den Dauid spricht
nit alßo. E s wirt für dir kei lebed mensch wirdig betonet / ßodern alßo /
-5 es wirt für dir kein lebed mesch rechtfertiget. N u ist nit rechtfettig sein /
keyn anderß / den vordälich sein. Vnd Allgustinus sagt nit/ w ee 1 etlichem 4J9w
guttem leben / ßondemn / wee de aller löblichsten lebe / ßo es on gnad ge­
richtet w itt / dz wee / bedeuttet auch nit btn vordäpniß.Vnd S . Greg,
spricht nit / alle meschlichgerechtickeit wird vnuolkome / ßondern / wird
30 vngerechtickeit erfundenn. J te sagt nit / alle gute werck sei sundlich /
ßödem / seind selb fund / darüb muß ich bissen Artickel auch wid'ruffen /
vn sage alßo.
Ein gut werck auffs beste gethä / ist ein teglich sund / nach der barm
hertzickeit / vnd ein todsund / nach de gestrenge gericht gottes. S ihe wye
35 treibet mich der aller Heyligist vatter ßo zu wonderlichen widderspruchen
durch bisse Bullen / ynn wilcher er die schaff Christi alßo weidet / das sie
yhr sund / sich selb vnd gottes gericht nit erkennen / vnd nach seiner barm-
hertzickeit'nit seuffyen / ßondernn mit auffgesehten hornernn der boffart / IJ9 e *

2 der sagt hs. 8 Hi. 9, 15 14 hyndere hs. 15 dazwischen­


tritt 21 oben I 121, z. 34 s. 29 wird (2.)] würd A, w ittt hs. 38 zu
Widerspruch und streit gerüstet (Thiele no. 352)
23 Luthers Werke II
124 Grund und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

gegen got lausten / vnd ynn abgrub der Hellen sich sprengen sollen. Wehe
dir Endchrist

D er drey vnd dreyffigst.


Die ketzer vorprenk / ist mib' dk mitte des heilige geistis.
Daß beweiße ich -um erste / durch die erfarung / den bißher vö ansang $
hat die kirch noch nie kein ketzer vorprant / vnd Wirts auch nywer mehr
thun / ßo doch vor -ritten ßo mancherley vnnd viel ketzer waren / zum
andemn / du| yhren eigen wortten / denn ßo ein Bapst ketzer were odder
i4o e * Biffchoff / setzen fle yhn nur abe / vnnd vor'prennen yhn nit / wie yhr eigen
recht leret / dz sie auß dk heilige geist wollen geflossen habenn. Zum dritten /10
ßo habe sie yhe kein schnstt dar ober / da mit fle des Heyligen geistes
willen mochten antzeigenn.
Sagk sie aber / Joänes huß vn Hieronym* von Präge / seind zu
Costnitz vorprkt. Antwort ich / dz ich vö ketzern habe geredt. Joänes huß /
vn Hiewnim^ frü christk / sein vorprät vö ketzem / abtnnnige vn Endchrist- 15
de Papistk vmb des heiligk Euageli mitte / wie ich drobi gesagt. Auß
«ilchk Exipel b’ Bapst vk sein ketzer Meister / auch etlich andere fru Christe/
ynn andem örtern vorprät habe / wie dan vö Endchrist vorküdigt ist/ dz er
die Christ- sol yn die backosten stoffen. Aust die weiße ließ Alexäder sext*
b’ frü mä / zu Floretz vorpr?nk Hieronymü Savanorola Prediger ordens mit ie
fern? brudern. Solch gottis dienst treibet itzt die heilige kirche b’ Papistenn /
were schad / dz sie etwas beffers thun soltenn.
Nu beschreibt Esaias .ij. vrl 4 t die Christliche kirche ihe on blut-
uorgiffen vii spricht. Eie werd? yhr schwert wädeln yn Pflugschar / vil
yhre spie- / ynn sicheln ob' sensen / vil werd? nit todt? noch letzk auff meine «5
140 E* beilig? 1 berge / dz ist / in d' Chüstkheit. DK Christi 8u. ix.1da die iüger
wvltk feur vö himel gepit? ober die stat / die yhn nit herbergk roolt /
strafft er sie vü sprach. Wisset yhr nit wilchs geists kind' yhr seind / des
mensch? fun ist nit kümk die leut zu todt? / ßödern zu behalten. Zu bissen
spruch? sott Bapst vk papist? antwort? / ßo brüst? sie sich / mit yhr? freuel/ y
woll? vnß zwing- es sey gnug / das yr sinn vn thun recht sey / obs wol
«idder die schriist sey.
Auch ßo ist ym geistlichen recht ßo streng vorpotten / dem geistlichen
stand / gewere vnnd «apen zu tragen / vnd vorgeuffet doch niemät mehr
Christen blut / denn der aller heiligist vatter der Bapst / der weidet tut 3s
die schaff Christi / mit eyßen / buchßen / feur / vnd ist erger denn der Turck/
mmtt kunig / Fürsten / Land vk S te t ineinander / ist dennoch banraib kein
141 ei ketzer noch Turck /' noch morder / noch Tyran / ßondernn Christus stathatter/
i stürzen 3 oben I 142, z. 24 ff. 16 oben II 120, z. 8 ff.
18 Preass, Die Vorstellungen vom Antichrist, Leipzig 1906, s. 21
20 Saranorola A 23 Jes. 2, 4. 11, 6 ff. 25 verletzen 26 Lc. 9,
54 ff. 34 wehr und Waffen 37 wirret
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. 125

onb gibt Ablaß / sendet auß botschaift vfl Cardinal / vmb krieg widd' den
Turcken. Dnd sein Papisten entschuldigen yhren Ölgötzen vnd idolü alßo.
Der Bapst streittet nit / prenet auch niemant / sitzt ynn seine heiligen stul
zu Rom vn bettet / vrlleicht / completen / ßondernn er gepeut dem welt-
5 lichen schwert zu kriegen vn zu prennen / das ist gleich wie die Juden
theten / gaben Christum Pilato vnd den Heiden zu Creutzigen / aber sie wie
die grossen heilige / wolten auch nit ynn Pilatus hauß gehen / wie wol sie
doch sanct Stephan Act. vüj. Christmorder nennet / vnnd drob starb. Alßo
das ich den Bapst / den grosten morder nenne / den die erden von anbegin
10 tragen hat / der leib vnd seel mordet / bin ich / got lob / ynn seiner heilickett /
vnnd seiner Papisten äuge eyn ketzer.
Alßo ist nu die letzte Babylon gleich wie die erste / vnnd was die
mutter zu wenig than hat / erfüllet die tochter / die erste Babylon vor-
teydingte yhren glawben / auch nur mit fewr / vnd vorprant Christus grosse
15 vetter / wie Gen. xi. anzeigt wirt / diße Babylon von Rom vorprennet
Christus kinder / den der1Boße geist weiß wol / §0 der Bapst solt mit »♦* ei
schrifften sich vorteydingen / möcht er nit ein augenblick bleiben / vnd würd
erfunden / aller ketzerey / die recht gründ siip vnnd Endchrist / drüb dz er
sich der schrifft erwere / hat er fewr / vnd freue! gemalt furgenvmen / vnnd
»6 ist nu eme Babylon ßo frum alß die ander. Vnd trotzen mir / warumb
ich ßo zag sey / vnd nit gen Rom kumme / gerad alß her Christus mut­
willig / zu Annas / Cayphas / Pilatus / Herodes hauß gelausten / vnd sich
heissen todten / ich meinet es were gnug / wenn ich still stund mt flöhe /
vn yhr warttet / wo ich bin / biß das sie mich wie Christu holeten vnd
»5 fureten / wo sie hyn wolten / ßo soll ich yhn nach lausten / vn ' sie treiben 443w
mich zu todten / ßs klüglich geben sie alle ding für. Warüb sein sie denn
nit auch ßo keck / vnd loßen mir meine schrifft auff / odder kummen zu mir /
vnnd bestreikten mich mit yhr hohen kunst? ach laß blinden blind seinn.

1Der vier vnd dreyssigst. .«»e»


30 Widder die Turcken streikten / ist nit anderß / denn widder got strebe /
der durch den Turcken vnßer fund strafft.
Ach wie schendlich hat vnß der Bapst / mit de Turcken streit / nu läge
zeit / vmbfuret / vmbs gelt bracht / vn ßo viel Christen vortilget / vnd vn-
gluck angericht / wen wollen wir doch ein mal des Teuffels aller ernst-
35 hafftigs affenspiel ym Bapst erkennen? wie ist der feyne kunig Ladislaus
zu Hungernn vnnd Polen / mit ßo viel tausent Christen vom Bapst an den

i vmb fehlt hs. 2 vgl. oben I 385, z. 24 3 stul fehlt


hs. 7 Jo. 18, 28 8 A G . 7, 52 15 Gen. 11, 1 ff. 18 boden-
satz 28 ach fehlt hs. 29 oben I 29, z. 9 ff. 33 an der nase
wie einen bären umherge/iihrt (Thiele no.394) 35 vgl. oben I
408, z. 36
I26 Grund und Ursach aller Artikel D . Martin Luthers,

Turcke gehetzt / oft ßo iemerlich erschlagen zu Varna / das er de Bapst


folget / vnnd brach den eyd m it dem Turcken zuuor gemacht / auß seynem
geheiß / Denn von eyd brechen leren / das der Bapst hab macht eyd zu
preche / ist kein ketzerey? wie solt d' ketzer mugen werden / der aller ding
mag thun was er nur w il? Item was ist am letzste ynn Hügern für ein s
iamer angericht / durch den selbe Turcken krieg / m it Römischen Ablaß an-
gefangen»? noch muffen wyr dem Bapst blynd bleybenn.
Nu hab ich dyffen Attickel n itt alßo gesetzt / das wydder den Turcken
M2 e i nit zu streitten sey / wie der heylyge1ketzermecher der Bapst / myr alhie
aufflegt / ßondrrnn wyr sotten zuuor vnß beffernn / vnnd eynen gnedygen i«
got machen / nit einhyn plumppen / auffs Bapsts Ablaß vorlassen / wye er
byßher die Christen» vorfuret / vnnd noch ymmer vorfuret / denn was vnter
eynem vngnedygen got streytten sey / auch wydder die vordienten feyndt /
weyffen vnß wol die Historien des alten Testaments / ßonderlich Iosue.vij.
vnnd Judic. xviij. vnnd viel mehr / d' Bapst thut nit mehr mit seine *s
creutz Ablaß außgebe / vn himel zusage / den dz er d' Christen leben ynn
tod / yhr seelen ynn die Helle füret m it grossen Haussen / wie den de rechten
Endchrist geputt. Got fragt nit nach kreutze / Ablaß / streitten. E r w il
ein gut leben haben / da fleugt d' Bapst für m it den seinen / mehr den
sonst niemät / vn w il denoch de Turcken fressen / drüb geht es vnß auch »
M3 E» ßo glücklich wydd' den Turcken streytten / das w o1er vorhynn eyne meyl
gehabt / hat er nu hundert meyl landt / noch sehen wyr n it / ßo gar hat
vnß der Römisch blinden furer gefangen«.

445W 1 Der Funff vnd dreissigst.


Niemant ist gewiß / das er nit alzeit tödlich fund vmb des aller- *s
heimlichsten lasterß willen der Hoffart.
Differ Attickel ist klar gnug / auß dem ein vnd zwey vnd dreyssigsten /
denn alßo spricht Dauid. Herr gang nit ynß gericht mit deine knecht. Es
w itt für dir keyn mensch nit rechtfettig. Vnnd santt Gregorius in fine
moral. Wye mugen w ir ymmer selig werdenn / wenn vnßer boße werck y>
lautter boße seynn / vnnd vnßer gute werck / nymmer lautter gut fttnn /
Ite m Job. ix. Ob ich gleich frum were / ßo weiß doch meyne seel nichts
drum. Ite m ich hab mich ynn allen meinen wercken geforcht / den ich weiß /
du schonist keinem funbet. Darauff spricht santt Gregorius / alß solt der
heilig man sagen. Was ich öffentlich than habe / flhe ich wol / aber was 35
ich heimlich erlitte hab / weiß ich n it / das ist / die heimlich hoffatt kan
143 Ei niemant1gnugsam erkennen / wye der selb lerer vyel mal sagt / durch welch

4 ist er keyn ketzer? hs. I I blind zufahren 14 Jos. 7. 1 ff.


15 R i. 20, 12 ff. 19 davor flieht 24 oben I 51, z. 15 f. 28 Ps.
143, 2 31 syNN A , korr. nach hs. 32 H i. 9, 21 33 v. 28
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. z 27

alle werck vorunreynet gottes recht vrteyl nit leyden mugen / alß auch
David sagt. Psalmo. xviij. Herr mach mich reyn von meynen heymlichen
funden / wer kan sie alle erkennen«.
Drumb muß ich den Artickel auch widderruffen / vnnd nu alßo sagen,
s Es soll niemant dran zweiffelnn / dz alle vnßer gute werck todsund sein /
ßo ste nach gottes gericht vnnd ernst geutteilt / vn nit allein auß gnadenn /
für gut angenommen werden / auff das bestehe der spruch santt Pauls.
Roma. iij. Die schüfst beschleußt vns alle vnter der fund / auff daS alle
welt für got schuldig werd / vnnd erkenne / das niemant durch gutte werck
10 muge rechtfertig sein / ßondernn das sich got ober alle erbanne / vnnd
allein auß gnaden rechtfertige / dz ist die rechte Christliche lere / da durch
ein mensch lernet got fürchten vnd trawen / da her er denn got lieben
1vnnd loben kan / das er an yhm selb vorzweifell / vnd an gottes gnaden 144 E2
alles guttes sich vormeffe. Solch lieb lob vnnd furcht gottes vnnd glawben /
15 gedruckt der Bapst mit seinen Papisten zuuortilgen / wye er denn than hatt
vnnd tfölid) thut / ynn aller welt / wye Micheas .tj. sagt / Ih r habt von
yhn genümen mein lob ewiglich.
D er sechs vnd dreyssigst.
Der frey wille / nach dem fal Ade / odder nach der gethanen fund /
*0 ist eyn tptUUv nanu / vnd wenn er thut das seine / ßo sündigt er tödlich.
Dißer Artickel sott yhe klar gnug sein auß den vorigenn / die weil
S . Paulus Ro. xiiij. sagt. Alliß was nit auß dem glawben ist / das ist
fund / wo ist denn die freiheit / ßo ste nit mehr denn sündigen kan ton yhr
selb? Item S . Augustin de Spi. et lit. ca. iiij. Der frey wil / on gottes
as gnade / taug nichts / denn zu sundigenn / was sagistu hie Bapst? ist das
frey / das 1nirgen zu taug / den zum Boßen? ßo mochtistu auch sagen. Ein 447 w
hinckend mensch sey 1gerad / ob er wol nichts den hincke kan / vn nymmer 144 ei
gerad gähn / das ist eben gesagt / alß wenn ich sprech / der Bapst ist der
allerheiligst / ßo yhn doch S . Paulus nennet / hominem peccati et stliü
zo perditionis / vnd Christus abominationem / ein hewbt aller fund / vn ver-
terbenß. Szo gar haben die Papisten alle wort vorkeret / ein new sprach
auffbracht / alß vnternäder gemengt / wie die bawleut zu Babytonir / das
weiß muß schwarh / schwär- muß weiß heissen, mit vnseglichem schaden
der Christenheit.
35 S . Panl^ .ij. Timo. tj. spricht vnterweiße die / die widderstrebk d' war-
heit / villeicht gibt yhn got ei mal rew / dz ste die warheit erkenne / vn
2 Ps. iy. 13 7 sprucht A 8 Rö. z, 19 s. n , 32 14 stch
fehlt hs. 16 Mi. 2, 9 fyat A, korr. nach hs. 17 on aufhoreNN hs.
18 W . A. i, 354 13. der Heidelberger thesen (ZKG. 21, 518 ff.) 22 Rö.
14, 23 24 De spiritu et littera 3, 5 (MSL. 44, 203): ’Nam neque
liberum arbiuium quidquam nisi ad peccandum valet, si lateat veritatis
via* 29 2 Th. 2, 3 30 Mt. 24, 15 35 2. Ti. 2, 25 s. spricht
fehlt hs.
128 Grand und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers,

«id'küme auß dk stricken des Teuffels / vö wilchem sie gefangen sein / «ach
fein? willen. Wo ist -ie der frey will / der des teuffels gefangener ist?
nit das er nichts thu / ßondernn das er alle- nach des teuffels willen
thue? ist das freiheit/nach des teuffels willen gefangen sei«/das kein
*45 ei hulff da ist/ got gehe de yhn'rew vn pesserüg. «ie er auch sagt Io ä viij. $
da die Juden sprach? sie weren frey. Sprach Christi / für war sag ich
euch / alle die do sündigen / seyn knecht odder eygen b’ fund / wen euch
nu 'd' ßon erlöset / ßo werdet yhr recht frey. Alßo «endet S . Aug. das
«ortlin / frey wil. Con. Jul. lid. ij. vn heisset yhn. Seruü arbitrium /
ein gefangen willen. 10
Jte Moses Gen. vi. vn .viij. Alles was des mensch? Hertz ge-
denckt vn hegerd / ist nit mehr den boß -u allen stunden. Höret hie lieb?
Papist?. Moses thut hie sein? mund wol auff widd' euch / was wolt yhr
datzu sagen, ist ein guter gedäck ob1 will / ym mensch? / zu einer stüd / ßo
muffen wir Mosen lug? straffen / der alle stund / alle gedancken / alle de-1$
gird / des menschlich? hertzen boße schilt. Was ist den dz für ein frey-
heit / die nit mehr / den zum boßen geneigt ist? / vn dz wir- ein end
machen.
*43 ei Droben ist mehr den ein mal gesagt / wie die1frftm? heiligen menschen /
die ynn gottis starcker gnad leben / widd' yhr fleisch mit grosser muhe vn *>
far streikten / vnd dz fleisch mit ganyer nativ widd' die gnad fichtet. Jsts
den nit ein grosser blinder yrthü / das man leren thar / d' natürlich frey
wil / mug sich wende zu de geyst außer der gnaden / die gnade suchen vii
begeren / ßo er ßo fast fleucht / ya «idder sie wuttet / wen Ae kegenwertick
ist? wilchs vornunfft entsetzt Ach nit dafür / das geist vnnd fleisch / die -rosten ,z
zween feind sein / vnnd sol doch das fleisch / seinen feind den geist begeren
vnd suchen. Szo yderman ynn yhm selb fulet / wie alle trefft Widder die
gnade fechte/Ae -uuoriag? vn vortilgen? das were eben alß wen yemät
sprech. Ein wilt wuttend thier mag niemant mit banden zeemen / aber
wenn es loß ist / zeimet Achs selb / vnd geht willig ynn die band. 30
449W 1* Drumb sein solch lere nur zur schwach / vnd abbruch gotlicher gnaden /
vnd zu stercke der funden vn mehrüg d' teuffels reich erdacht / die schrifft
nennet d? mensche / er sey gantz fleisch. Gen. vi. Szo ist fleysch auffs
t46Es 6o6t(l «idder den geist. Gal. v.'noch tempern Ae es vntemander/ das
der frey will / der eyttel fleisch ist / soll den geist suchen. Vnd zwar des 35
Bapsts vnnd der seinen leichtfertickeyt vnnd blintheit were zu dulden / ynn
andern« stucken / aber ynn dißem hewbt Artickel / ists zurbarmen das fle
ßo vnsynnig sein / denn damit vortilgen ffe doch allis gantz / was wir vö
got durch Christum haben / dz S . Peter recht davon vorküdigt hat .ij. Pe. tj.
5 J°- 8» 33 ff- 6 für war — r. 7 knecht fehlt A, ergänzt
aus hs. 9 Contra Julianum Pelagianum II, 8, 23 (MSL. 44, 689)
i i Gen. 6, 5. 8, 21 30 zcymett hs. 33 Gen. 6 ,3 34 Ga. 5, 17
wirren 37 zur barmen A 39 2. P t 2, 1
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. 129
E s »erb? vnter euch falsch lerer seyn / die ihren Herrn / d' (ie taufst ftat /
vorleugnen werd? / wer ist der Herr den Christ" / d' vnß kauft hat mit
sein? eig? theure blut? wer vorleugnet yhn mehr / den die seiner gnad zu
wenig / vn de freyen willen zu viel gebenn / den dieweil fle das nit wollen
5 lassen fund vnd boß sein / das warhafftig boß vnd funb ist / ßo lassen
sie auch das nit gnade fein / das gnade ist / vö wilcher die funb sott vor­
trieben werden / als ' wer nit wil tränet sein / d' leßt auch die ertzney yhm 146 e «
kein ertzney seyn.
V nd ob sie schon recht hett? / rocre es dennoch sicherer / dz sie alles
10 gut d' gnaden allein / vn alleß vnser dyng funb sein ließ?. C s ist on fer*
licheit / -0 ich auch ein gut werck für got funb bekenne / vn seyn gnad
drob suche / wilche ich nit tan zu viel suchen. Aber graußä far ists / -0
ch ein gedancken gut betennette / die nit gut were / die weil sie denn die
ferlichen weg suchen / folgen / vnd ßo hart vorfechten / vnd lassen den
13 sicheren faren / ia vorfolgen yhn / ists gut zu merck? / das yhr lere nit got-
lich sey / ßondernn gantz vordechtig.
Darum b w olt ich / das wortlin / frey wille / were nie erfunden / es
steht auch nit ynn der schüfst / vn hieß billicher / eygen Wille / der kein nutz
ist / od' so man es yhe behalten w il / sol man es deutten auff den ne«
so geschaffen mensch? / das da durch werd vorstand? / d' mensch d' on fünde ist /
d' selb ist gewislich frey / wie Adam ym Paradyß war / vö wilch? auch die
schrifft redet / wo sie vnßer freiheit ruret / die aber ynn den fund? lieg? /
sein vnfrey vnd des Teuffels gefangen / doch « eil sie müßen noch frey
werden durch die gnade / magstu fle nennen / frey willige / wie du ein
«5 reich? m an1nennest / der ein B ettler ist / vn doch reich werd? tan. Aber , 47 e *
es ist nit recht noch gut / alßo wurffeln m it wortte / ynn solchen ernst?
großen fachen / den es ist ein einfeltiger leycht damit betrogen / vnd solch
lerer heissen Sophisten. Dauern Ecclesiastici .xxxiiij. Ich habe mancherley
ding auß etlicher wort vornümen / vnd ist d' wortter brauch seltzam vnnd
30 wild / da durch ich etwa byn 1 nun tödliche far meyner frei summe / aber 4$ iw
gottes gnade f>at mich erredt. Drüb solt man die Sophisten meiden / vnnd
wye die schrifft th u t / eynfeltiglich / herlief) / vnnd lautter / ßonderlich von
den hohe gotlichen dingen / rede. D ießer ytthum von freyen willen / ist
eyn eyg? Attickel des Endchrist / darumb ists nit wunder / dz er so weit
35 ynn alle welt ist getrieben / denn der Endchrist / sol die gany welt vorfuren /
' wie von vhm geschrieben ist / vnd gar wenig Christen für yhm behalten i47 es
werden. De illi.
Der Sieben vnd dreyssigst.
D as eyn fegfewr sey / tan man nit auß der schrifft beweysen / die do
40 sey beweret / vnd glawbwirdig.
13 der ferlichen hs. 22 ben] D ie At korr. nach hs. 28 Si. 34, 12 f.
36 2. Th. 2, 10 38 W . A. 2, 324, z. 10 f. Disputatio Job. Eccii
Grund und Ursach aller A rtikel D . M artin Luthers,
130

Ich hab das fegfewr noch nie geleucknet / halt es auch noch / wie ich viel
mal geschriebe vn bekät / wiewol i&ji yn keynen weg / Widder auß d' schrifft
noch vornunfft vnwidderfprechlich beweißen kan. Ich find wol ynn der
schüft / dz Christ". Abrahä / Jacob. moses / iob / dauid Ezechias / vü etlich
mehr / ym leben / die helle vorsucht haben / wilchs ich ad)t sey das feg- 5
fewr / vnnd ist nit vnglewblich / das etliche todten des gleichen leiden.
Taulerus sagt auch viel dauon / vn kurtzlich / mich hab ich beschlossen / es
sey ein fegfewr / kan aber keynen andern alßo beschlieffen.
Das hab ich nur angefochten / das fle ßo vneben spruch der schrifft
drauff füre / das gleich schimpfiich ist zu Horen. Nemlich den Psal. lxv. ic
Wyr seyn durch fewr vnd waffer gangen, ßo der gantz Psalm von den leyde
der Heyligen singet / wylche niemät inß fegfewr orttert. Item S. Paulus
.i. Corin. iij. spricht vö dem fewr am iungsten tag / es werd die gutten
x48 es werck1 probiern / vnnd durch das selb werden etlich selig werde / ob yhr werck
wol schaden nemen / weil fle den glawben behalten / vö dissem fewr machen 15
fle auch ein fegfewr / wie fle den gewollt sein / die schrifft zu reisten / vnd
drauß mache was sie wollenn.
Alßo ist auch der spruch / mit den Haren herhw zogen / da Christ"
sagt Matth, xij. Wer do redt ein schmachwort ynn den heiligen geist / dem
witts nit vorgebe / wydder ynn differ / noch ynn ihener wett / da mit
Christus w il / es sol yhm nyKer vorgeben werden / wie auch Marci .iij.
die selb Meinung erkleret / vnnd spricht. Wer ynn den heiligen geist sündigt/
mit schmachwortten / b’ hat kein Vergebung ewiglich / ßondernn ist schuldig
x48 ei an einer ewigen sund / wiewol auch S. Grego. 1 das wort Matth, xij.
dahynn deuttet / es werden etlich sund ynn ihener wett vorgeben / aber --
S. Marc leffet solche außlegung nit bestahn / vnd gilt mehr denn alle lerer.
♦53 w 1 Das alliß hab ich darumb gesagt / das wir wyssen / wie niemant
schuldig ist mehr zu glewben / denn ynn d' schüfst gegrundt ist / vnd die das
fegfewr nit glewben / drüb nit keher zu scheldenn sein / ßo fle ßonst die schrifft
gantz halten / wie die küechisch kirch thut. Den das ich glewb S . Peter 30
vnnd sanct Jacob fein heilig / zwingt mich das Euangeli / das aber S . Peter
zu Rom / vnd sanct Jacob zu Compostel begraben fein / vnd da selb
liegen / ist kein not zu glewben / weil das die schüfst nit meldet. Item
das ich d' heiligen keinen für heilig hielt / die der Bapst erhebt / ist on
sund / vnd die heiligen zürnen nit drüb. Seintemal viel heiligen ym hymell 35
sünd / die w ir nit wissen / ob fle etwas sein / schweig denn heylig / vnd
zürnen nichts drumb / halten vnß auch drumb nit für ketzer. Der Bapst
mit seyner fetten / treibt solch spiet / das er nur viel wilder Attickel des

i vgl. oben I 150, z. 6 ff. 2 fetten A , korr. nach hs. 5 erfahren


7 K öhler, s. 246 ff. ich hab mich darauf festgelegt, kann aber keinen
andern darauf festlegen 10 Ps. 66, 12 12 verlegt 13 1. K o . 3, 13 ff.
14 prüfen 16 zu zerreissen 19 M t. 12, 32 21 M c 3, 29 38 un­
begründeter, unberechtigter
so durch römische Bulle unrechtlich verdammt sind. 1521. 13 j

glawbeß auffricht / da neben die rechten Artickel d' schrifft geschwiegen vnd
vordruckt werden«.
D as fle aber auß dem buch .ij. Macab. xij. für wendenn / wie Judas
Maccabeus gelt zu Hierusalem schickt / zu bitten für die erschlagene ym
5 streit / schleustet nicht / denn daffelb buch ist nit vnter den Büchern d' heyligen
schrifft. Dnnd wie santt Hieronym" sagt / find1mä es ynn der Hebreischen mq Et
zungen nit / nnn wilcher doch alle Bücher / des alten Testaments / funden
werden / Auch hat sunst daffelb buch wenig glawbenn / den es wydder das
erst buch Maccab. stymmet ynn des kunigs Antiochus beschreiben / vfi hat
xo viel fabeln mehr die yhm den glawben nemen. Vnnd obs schon gulte /
were denoch not / ynn solchem grossen Artickel / dz auch zum wenigste
noch ein spruch / auß einem der hewbt bucher yhm zu Hilst keme / auff das
alle rede bestund / ynn zweer odder dreyer zeugen mund. Es ist vordechtig /
das auff diffen'Artickel allein ynn der gantzen Biblyen nit solt mehr / denn 149 Ei
15' eyn spruch erfunden werden / datzu ynn dem geringsten vorachtistem buch /
Szo er ßo groß / vfi ßo viel an yhm gelege ist / das das Bapstu vnd ganh
Priesterschafft hier auff fast gebawen / vnd alle yhr gut vnnd ehr dauon
haben. Vnnd on zweiffel das mehr teyl hungerß sterben wurden / wo das
fegfewr nit were. Ey man solt vnßerm glawbe nit ßo loß vnnd schwach
« gründ gebenn.
D er Acht vnd dreysiigst.
Die freien ym fegfewr sein nit sicher yhrer selickeyt / von allen zu
rede. Es ist auch nit erwunden mit schrifft odder vornunfft / das fle nit
mehr vordienen / noch die liebe gottes mehren.

-- 1Der Neund vnd dreyssigst. 455w


Die seelen ym Fegfewr / sündigen on vnterlaß / die weil sie rüge
suchen / vnd peyn fliehen.

D er Viertzigst.
Die seelen auß de fegfewr erledigt durch furbit der lebendigen / haben
30 weniger lohn / denn ßo sie selb gnüg than hetten.
Dieße drey Artickel / hab ich auff schulrecht nur disputirt / offt be-
kenntt / es sey mein gut duncke / ich wisse aber nichts gmnds / noch ge­
wisses dauö anhutzeigk / Dnnd was ich dauon halte / mag man leßen ynn
meynen Reso'lutionibus. D as aber die Papisten vfi Bullisten / mich dar 1 5 0 ei

3 2. Makk. 12, 43 5 beweist nichts Bücher A, korr. nach hs.


6 im Prologus galeatus (R E *68 1, 648, z. 18 ff.) 21 W . A. 2, 342,
z. 32 ff. Disputatio Joh. Eccii 23 erwiesen 25 oben I 63, z. 5 s.
28 W . A. 2, 340, z. 39 f. Disputatio Joh. Eccii
*32 Grand und Ursach aller Artikel D. Martin Luthers.

ynn vordammen / vnnd kein ander vrsach sehen / denn / yhren eygen mut­
willigen dunckel on schrifft vnnd vornunfft auffgeblaßen. Dahu auff meyne
schrisst vnd vornunfft nit antwortten / laß ich mich nit anfechte / voracht
yhre blosses vordammr -o hoch / alß sie mein gründ vnnd vrsach vorachten.
Der Bapst mit seynen Bullisten wissen weiniger von dyffen dyngen / denn s
der grob bloch / der do ligt.
150 ei Szo ist mein rad /d as niemät yhm laß den Bapst'new Artickel
sehen / ßondernn bleibe gern mit S . Augustino vnwiffend / was die seelen
ym fegfewr mache / vnd wie es vmb sie gethan ist / ist gnug / das du wissest /
wie sie ynn grosser vntreglicher peyn sein / vnnd deyner hilff begeren. xo
Wiltu aber yhe davon dispuliem / ßo laß doch ein wahn bleib- / vnd gutte
meynng wie ich thue / mach nit Artickell des glawbenß auß deynen ge-
dancken/wye d' grewel zu Rom thut /d as nit villeicht auß deynem
glawben eyn trawm «erde. Halt dich an die schrifft vnd gottis wort/da
ist die warheyt/da wirstu sicher sein / da ist trew vnd glawb / ganh / »5
lautter / gnugsam / vnd bestendig,

Der Letzte.
Die geystlichen Prelaten / vnnd weltlich Fürsten / testen nit vbel / daß
sie alle Bettel secke außleffchetten.
457 w 1 I n dießem Artickel ist Iohan Eck /des Bapsts heyliger geyst ge- 20
wetzen / ya ynn d' ganhen Bullen / wilcher wol ßo vngern leugt / alß feite
er schwetzt / auff das bietet heilig geyst / sey gleich wie der lerer, vnd ttn
Bube / wie der ander. Ich hab nit von Prelaten vnd Fürsten gesagt /
ßondernn alß ich wolt / es were keyn Bettell ordenn / das sag ich auch
noch / vnnd mit myr viel fhim leut Amen. 25
6 block, baumstumpf 8 vgl. oben I 54, z. 20 ff. 18 W . A.
6, 42, z. 12 s. (grosser) sermon von dem wucher 1520 20 Schluss in
hs. abweichend, s. W . A. 7, 454 und 456.
Das Magnificat verdeutschet und ausgelegt. 1520 und 1521. 133

Das Magnificat verdeutschet und ausgelegt.


1530 und 1531.
A n dem magnificat hat L . zuerst von november 1520 bis in den
märz 1521 hinein gearbeitet. U m m itte märz wurde der druck einge-
S le ite t D ie Vollendung des manuskripts und des drucke« wurde dann
aber durch L n reise nach W orm s unterbrochen. A m 31. märz schickte
er die ersten drei bogen an Herzog Johann Friedrich von Sachsen (m it
der an diesen gerichteten Widmung vom 10. märz); „der vierte quatem
liegt noch in der presse" ( W A B r2,29c,20ff.)„ E tw a s mehr also als das
erste drittel des ganzen ist in dieser zeit verfasst41 (W . A . 7, 539 *). A u f
der W artbu rg hat dann L . im letzten drittel des mai und im ersten des
ju ni das manuskript vollendet, der druck zog sich aber bis ende august
oder ansang September hin. — Eine englische Übersetzung (Soutbwark,
James Nicholson, 1538) verzeichnet bücher-katalog 328 von Otto
*5 Harrassowitz, Leipzig 1910, Bibliotheca Theologica, enthaltend unter
anderem die Sammlung W illia m Jackson, Paris, Ö , s. 100 no. 1099. —
W ir drucken den Lotthersehen urdruck W . A . 7, 540 A ab.

Ihesus. M
Dem Durchleuchtigen vnd Hoch-
so gepornenn Fürsten vnnd hemm. Herrn. Io«
han- Fridrich / -ertzog zu Tachßen /
Landgraff ynn Duringen / vnnd
Margraff zu Reyffen / mey­
nem gnedigen Herrn / oft
ss Patron.
Dntettheniger Capellan
D . M att. Luther.
<5N93rd)leud)figer Hochge-omer Fürst / gnediger Herr / E. F. G. sein
mein arme gepet / oft dienste altzeit beuohr. Gnediger Herr / ich
30 ha- E. F. ®. gnedig- schreiben iungist mir vberantwott / vntetteniglich

empfangen» / vnd alles trostlichs ynnhalts mit sreuden vornomme / Die


«eil aber ich S. F. G. tut lange zeit vorheiffen / oft schuldig / das Magni-
-cat zu vorklere / davon mich die vngeschickten Hendel vieler «iddersacher
so offt getrieben / ha- ich E. F. G. schrifften zu gleich mit dießem Buchle
ss turgenummen zu aatwortean / gedacht / es möcht mein vortziehea die lenge /
mir eia rodte vnd schäm zu -rin-enn / vnd 1der -ehelff ferner auß rede sich -1? e

39 zuvor 30 vom 20. des. 1520 ( W A B r2^1.303) 35 auf die


länge 36 die ansflucht
Das Magnificat verdeutschet
134

nit reymen / damit sich nit vorhinderte E. F . G . ingis gemut / dz zur liebe
gotlicher schrifft geneiqt / vn durch weitter vbug d' selbe mehr erhitzt vst
gesterckt würd / zu milche ich E . F . G . wünsch gotlich gnade vn beystandt /
wie dann groß von notten / die weil an eines solchen» grossen Fürsten
Person vieler leut heil ligt / ßo er yhm selb genummen / von got gnedig -
geregiert w irt / widderumb / vieler vorterben / ßo er ym selb gelassen vnd
vngnedig regiert w irt. Denn ob wol aller menschen hertzen ynn der al«
mechtigen Hand flotte* sein / ists doch nit vmb sonst allein von den Kunigen
vnd Fürsten gesagt / das Hertz des kunigs ist ynn gottis häd / der kan es
wende wo er hynn will / damit got seinn furcht ynn die grossen Herren *>
treiben w il / das sie leren solle / wie gar nichts sie gebenden mugen / das
got nit Sonderlich yhn ein gibt. Anderer menschen thun / bringt nur yhn
selb / oder gar wenigen leutten frommen odder schaden. Aber Herrn sein
545 w nur datzu gesetzt / das sie ander leutte schedlich od' nützlich 1seynn / ßo viel mehr /
ßo viel w eitter sie regiere / darumb auch die schrifft / frum gotfurchtige Fürsten n
nennet Engel gottis / ia auch gotter / widerumb schedliche Fürsten / nennet
sie Lewen / Trachen / vnnd wuetende thier / milche got selb heisset seiner
vier plage eine / da er zelet / pestiletz / thewre / krieg / vst wuetende thier /
D ie weil den eyn menschlich Hertz von natur fleisch oft blut / auß ihm
selb sich leichtlich vorrmffet / vtt wo ihm / gemalt / gut / vnd ehre / datzu *>
ynn die Hand geben / w irts durch solch starck vrsach / zur vormeffenheit /
vnd altzu freyer ftcherheit viel mehr bewegt / das es gottis vorgisset /
seiner vnterthanen nit achtet / vnd die weil es rawm hat on straff vbel
zuthun / feret es dahin / vnnd w irt ein thier / thut nur w as yhm gelüstet /
vnd ist m it name eyn Herr / aber m it der that ein vnhuld / das auch der -5
2i4 e m eiste1 man B ias wol geredt hat. M agistratus virum ostendit. Regiment
weiffet auß / was einer für man ist / den die vnterthanen thuren nit erauß
füren für furcht der vberkeit. D arum b ists not allen vberherrn / dieweil
sie menschen nit haben zu furchten / dz sie got für andernn mehr ftrrchten /
yhn und seine werck wol erkennen / vnd mit Sorgen wandeln / wie sant 3°
P a u lu s sagt Rom. xij. W er do regiert / der sey sorgfeltig. N u weiß ich
ynn aller schrifft nichts / das also wol hie zu dienet / alß dieß heyrig-?«-
lieb / der hochgebenedeyten m utter gottes / wilchs warlich allen die wol
regieren / vnnd heylsam herrnn seyn roolten / wol zu lernen vnnd zube­
halten ist. S ie singt furwar hyrynn auffs aller lieblichst / von der gottis 35
forcht / vnd w as er für ein Herr sey / zuuor milch seyne werck seyn ynn
den hohen vnd nydngen stenden. Laß ein andernn zu Horen seiner metzen /
i schicken 5 von gott seiner selbstbestin:mxmg entnommen
6 sich selbst tiberlassen 9 Pr. 21, 1 16 I. Sa. 29, 9 Ps. 82, 6
17 Ze. 3, 3 Jer. 51, 34 18 Ez. 14, 21 (2. Sa. 24, 12s.) 26 vgl.
Erasmus, Adagia: Magistratus virum indicat, wo aber bemerkt wird:
•Quidam Pittaci Mitylenaoi putant apophthegma. Sunt, qui Soloni tri-
buant* 27 wagen nicht, aus sich herauszugehen 31 Rö. 12, 8
37 geliebten
und ausgelegt. 1520 und 1521.
135
die do finget eyn weltlich lieb / dießer züchtigen Junckfrawen / höret billich
zu ein Fürst vnnd Herr / die yhm eyn geistlich reyneß heylsamß lieb fingt.
ES ist auch nit ein vnbillicher brauch / daS ynn allen kirche dieß lieb teg-
lich ynn ber Vesper/datzu mit ßonberlicher zimlicher weiß für anberm
5 gesang gesungen wirt. Die selbige -artte mutter gotteS wolt mir er-
werbenn / denn geyst / der solch- yhr gesang muge nützlichen vnnd gründ-
lich außlegen. E. F. G. vnnd vnß allen« / heylsamen vorstand / vnnd lob-
lichS lebenn darauß zu nheme / vnd dar durch ym ewygen leben / loben
vnnd fingen mugenn ditz ewige Magnificat / daS helff vnnß got Amk.
10 Hie mit befilh ich mich E. F. G. vntertheniglich bittend E. F. G. wolt
mein geringS vormugen mit gnedigem willen an nehmen / zu Wittemberg /
am zehenden tag Marcij. Anno. M.D.Xxi.

11 Das Magnificat. $w
i M eyn Seel erhebt G o tt den Herrn
*5 tj Vnnd meyn geyst frewet flch ynn Gott meynen heyland,
iij Den er hat mich seine geringe magd angesehen / dauon mich werden
selig preyßen kyndß kynd ewiglich.
iiij. Den er / der alle ding thuet / hat groß ding mir gethan / vnd heylig
ist sein mime.
*° 9 Vn seine barmhertzickeit läget vö eyne gefchlecht zum andern / allen
die sich für yhm furchten.
vi. Er winket geweltiglich mit seine arm / vn zurstoret alle die hoffettigr
ym gemut yhrS hertzenn.
vij. E r absetzet die große Herrn vö yhrer herschafft / vn erhöhet die da
*5 nydrig vnd nichts seyn«
viij. Er macht sät die hungrigen mit allerley gutter / vnd die reichen leffit
er ledig bleyben.
ix E r nympt auff sein volck Israel daS yhm dienet / nach de er gedacht
an seine barmhertzickeyt.
3° x Wie er den vorsprochr hat vnßern veternn / Abraham vnd seynen
kinden ynn ewickeyt.

Dorrhede vnd eyngang.


£ N 3 e fk n heiligen lobesang ordenlich zuvorstehen / ist zu merckenn / daS
die hochgelobte iunckfraw Maria auß eygner erfarüg redet / darynnen
35 fie durch dm Heyligen seist ist erleucht vnnd geleret morde. Den es mag
memant got noch gotteS wort recht vorstehr / er Habs denn on mittel von
4 das M . w ird je tz t noch in der kathol. K irche höher und lang­
samer gesungen als die vorangehenden psalmen (vgl. R E * 12, 74, z. 53 ff.
und Haberl, Magister chondisu , Regensburg 1896, s. 123. 129), auch
w ird dazu au^estanden. Bei der festvesper endlich w ird dabei der altar
incensieit 13 Lc. 1, 46 ff. 29 barmheryickyt A 36 unmittelbar
*i6E dr Heyligen geyst. Niemät kanß aber von dem heiligen geist 1 haben / er
erfareß vorsuchs vnd empfinds denn j vnnd yn der selben erfarung / leret
d' heylig geyst / alß ynn seiner eygenen schule / außer wilcher wirk nichts
geleret / denn nur schein wort vnnd geschwetz. Alßo die heylig Jückfraw
da sie ynn yhr selb erfaren / das got ynn yhr ßo groß dingk wircket / ßo 5
sie doch gering / vnansehlich / arm vn voracht geweßenn / leret sie der heylig
geyst dieße reiche tunst vff weißheyt das -ot eyn solcher Herr sey / der nit
anderß -u schaffen habe / denn nur erhöhe was nydrig ist / nydern was da
hoch ist / vnd kurtzlich / brechen was do ist gemacht / vff machen was -u
brechen ist. xo
547W 1 Denn -u gleich / als ym ansang aller Creaturn / er die wett auß
nichtß schuff / dauon er schepffer vn almechtig heyffet / ßo bleibt er solcher
A r t zu wircken vnuorwandelt / vnnd sein noch alle seine iwerck / biß an­
ende der wett alßo gethan / das er auß de das nichts / gering / voracht /
elend / tod ist / etwas / kostlichs / ehrlich / selig vff lebendig macht, xz
Widdernb alleß was etwaß / köstlich / ehrlich / selig / lebendig ist / zu nichte /
gering / voracht / elend / vnd sterbend mach. Auff wilche weiße kein
Creatur wircken kan / vormag nit auß nicht / machen icht. Alßo dz sein
äugen nur ynn die ktieffe / nit ynn die hohe sehen / wie Daniel tij. sagt.
D u sitzest vber dk Eherubin / vnd sitzest ynn die tiefst oder abgrund. Dff »
Psal. M v ij. Gvt ist der aller hohist / vnnd sihet erunder auff die
nydrigen / vnd die hohen erkennet er vö ferne. Item Psal. cp. Wo ist
ein solch got / als der vnßer / der do sitzt am hohisten / vnd sihet doch
erund' auff die nydrigen ynn hymel vnd erdenn? Denn die weil er d'
aller hohist / vnd nichts vber yhn ist / mag er nit vber sich sehen / mag 15
auch nit neben sich sehen / die weil yhm niemant gleich ist / muß er von
not ynn sich selb / vnnd vnter sich sehen / vnnd ohe tieffer yemat vnter
yhm ist / yhe daß er yhn sihet.
Aber die weit vnd menschen äugen thun widdersinnisch / die sehen
«7 e nur vber sich / wollen ya hoch fa'renn / wie Prouer. gg. steet. E s ist ein 30
volck / dem sein äugen >yhn die hohe sehen / vnnd seine augprau yn die
hohe gericht. D as erfaren wir teglich / wie yderman nur vber sich / zur
ehre / zur gewalt / zum reichtumb / zur hm fl / zu gutem leben / vnd allk
was groß vnnd Ihoch ist / sich bemühet. Vff wo solche leut sein / den
bangt ydermä an / da leuffet man zu / da dienet man gem / da wil ider- 3$
man sein / vff der hohe teilhafftig werde / das nit vmbsonst / ynn der
schrifft -0 wenig kunig vnd Fürsten frum beschrieben sein. Widderumb
ynn die tiefst wil niemant sehen / wo Armut / schmach / not / iamer / vnd
angst ist / da wendet yderman die äugen von. Dnd wo solch leut sein /

14 beschaffen 17 W . A. korr.: macht 18 etwas 19 Da.


3» 31 21 Ps. 138, 6 22 Ps. n 3, 5 s. 29 das gegenteil (vgl.
w. a . 30*, 715 zu s. 453) 30 Pr. 30, 13 31 augpran?
und ausgelegt. 1530 und 1521.
137

da leuffet yderman von / da fleugt / da schewet / da letzt man sie / vnd


denckt niemant yhnen zu helffen / bey stehn vn mach- / das sie auch etwas
sein. Mußen alßo ynn der treffe vnnd nidrigen vorachten maß bleiben«.
Es ist hie kein schepffer vnter den menfchen / der auß dk nicht wolle etwas
$ machen / wie doch sanct Paulus Ro. xij. Irret / vnnd spricht / lieben
bruder / achtet nit die hohen dinge / ßondernn fugt euch -u den nidrigenn.
Darüb bleibt !got allein solchs ansehen / das ynn die tieffe not vkl
iamer flhet / vnd ist nah allen den / die ynn der tieffe sein. Und als
Petrus 1sagt den hohen Widder steet er / den nidrigen gibt er seine gnade. 54®w
xo Dnd autz dießem gründ fleuffet nu die lieb / vnnd das lob gottis. Etz
mag yhe niemant got loben / er hab ihn dan -uuor lieb / -0 mag yhn
niemant lieben / er sey ym dann auffs lieblichst vnd aller best bekant. Szo
mag er nit alßo bekät werden / den durch seine werck ynn vnß erzeygt /
gefuelet vnnd erfaren / wo aber erfarenn wirt / wie er ein solcher got ist /
15 der ynn die tieffe sihett / vnd nur hilfst den armen / vorachten / elenden« /
iamerichen / vorlaffenen / vnnd die gar nichts seint / da w irt er ßo Hertz-
lich lieb / da geht das Hertz ober für freudenn / hupfst vn springet für
grossem wolgefallen / den es ynn got empfangen. Vnnd da ist denn 1 der >l8 E
heilig geyst / der hat solch ober schwencklich kunst vnd lust/ynn einem
*> augenblick ynn der erfarung geleret.
Darumb hat got auch den tod auff vnß alle gelegt / vnd das Creutz
Chnsti mit vntzelichen leydenn vnnd notten / seinen aller liebsten kindernn
vff Christen« geben / ia auch zu weilen ynn sund fall? leffit / auff das er
ia viel -u sehe hette ynn die tieffe / vielen helffen / viel winken/sich einen
•3 rechten schepffer herzeigen / vnnd da mit sich bekandt / lieblich vnd löblich
machen möcht / dar ynn doch yhm leyder die welt / mit yhren vberffchtigen
augenn on vnderlaß widderstrebt / vnnd an seinem sehen / wirckk / helffen /
erkentniß / lieb vnd lob hindert / vff yhn aller solcher ehr / datzu sich selb /
yhrer freud lust vff seligkeit beraubet. Altzv hat er auch seinen einigen
30 liebsten sun Christum selbs / ynn die tieffe allitz iamers vorworffen. Vnnd
an yhm furtreftich ertzeigt / seyn sehen / werck / hilff / art / radt vnnd
«illenn / wo das alliß hyn gericht sey / darumb auch Christus solchs für»
treftich erfarn / voller bekentnitz / lieb vnnd lob gottis ewiglich / bleibt.
Wie der .xv. Psal. sagt. Du hast yhn erfrewet mit eyttel freuden / für
35 deynem angesicht / das ist / das er dich sitzet vnd erkennet. Davon sagt
auch Psal. xliiij. Das alle heiligen werden nit mehr thun / den got
loben ym tzimel / das er sie ynn yhrer tieffe angesehenn / vnnd sich alda
yhn bekentlich lieblich vnnd löblich gemacht hat.
Alßo thut auch hie die zartte M utter Christi / leret vnß mit dr
40 Exempel yhrer erfarung / vnd mit worttr / wie man got erkennen / lieben /
i flieht 5 RO. 12, 16 7 got Dat. 9 1. Pt. 5, 5 16 mi-
seris 19 gyest A 26 weitsichtigen 27 wickk A 33 expertus
34 Ps. 2i, 7 36 Ps. 45, 18 38 bekannt 39 lere A
iZL Das Magnificat verdeutschet

vnd loben sol / denn die weil fit mit frolichem springenden geyst hie sich
rumet vnd got lobet er hab sie angesehen / ob sie wol nidrig vn nichts
geweßen sey. Muß man glewben / das sie arm / vorachte / geringe Eltern
gehabt. Vnnd das wirs für die äugen bilden vmb der einfeltigen wille.
Es sein on zweiffel zu Hierusalem der vbirsten Priester vnnd radherrn $
tochter reych / hübsch / iung / geleret / oft auffs ehrlichst gehaltr / onn an-
549W sehen des gantzen lands / xoit iyt 1 der Kunge / Fürsten / vnnd reichen
2x9 £ tochter / geweßen / alßo 1 auch ynn andern vielen mehr (letten. Auch zu
Nazareth ynn yhrer stat ist sie nit d' vbirsten regenten / Sondern einiß ge­
meinen arme Burgerß tochter geweßen / auff milche niemant groß gesehen /10
noch acht gehabt. Dnd sie vnter yhren nachpawrn vnd tochtern ein
schlechts megdlin / das des sihes oft hauß gewart / on zweiffel / nit mehr
geweße / den itzt sein mag / ein arm hawß magt / die da thu was man
sie ym hauß zu thun heisse.
Den alßo hat Esaias vorkndigt. Esaie .xi. Es wirt eyn rutte auß- rz
gähn von dem stam Jeffe / vnd auff wachsten ein blume von seiner
wurtzlen / auff wilcher Wirt rügen der heylig geist / Der stam vn wurtzel
ist das geschlecht Jeffe / oder Dauid / ßunderlich die iunckftaw Maria / die
rutte vnnd blume ist Christus. Nn wie es vnansehelich / ia vnglewblich
ist / das aus einem dorren faulen stam vnnd wurtzel ein schone rutte vnnd 20
blume wachße. Szo wareß auch nit anzusehen / dz Maria die Junckfraw
solt eynis solchen kinds mutter werden. Denn ich acht / sie sey nit allein /
darumb ein Stam vn wurtzel genennet / das sie vbernaturlich / vnuorsereter
Junckfrawschajst / ein mutter worden ist / wie es ober / natürlich ist / ein
rutte von eine todten bloch wachßen. Szondern auch darumb / das der -r
Kuniglich stam oft geschlecht Dauid / wilchs / etwa grünet vn bluehet / yn
grosser ehre gemalt vnd reichtumb gluck zu Dauid oft Salomons zeitten /
auch für der welt ein höh ding wäre. Aber am End da Christus summen
solt / hatte die Priester die selbe ehre vnter sich bracht / vnnd regietten
allein / vnd das Kuniglich schlecht Dauid / vor armut vnnd voracht wäre / 30
wie ein todter bloch / das nit mehr Hoffnung noch ansehen da war / das
vö yhm solit widderumb ein kunig kummen zu grossen ehren. Vn eben
da solch vnansehlich gestalt am höchsten stund / kumpt Christus vnd w irt
von dem vorachtem stam / vö dem geringe armen dyrnleynn geporn. Wechst
220 E bie rut oft die blumen daher von der per'son / milch Her Annas vnd 35
Cayphas tochter / nit hett wirdig geachtet / die ihr solt yhr geringste
magd seyn. Alßo gähn gottes werck oft gesicht ynn der tiefst / menschen
gesicht vnd werck nur ynn der hohe. Das ist nu die vrsach yhrs lobßangs /
de wollen wyr nu Horen / von wort zu wort.

4 anschaulich machen 15 Jes. 11, 1 f. vgl. Beissel, Gesch. der


Verehrung Marias in Deutschland während des Mittelalters, s. 114,
221 f., 257 u. S. 25 baumstumpf 30 geschlecht Verachtung
37 äugen
und ausgelegt. 1520 und 1521.
139

' Meyn seele erhebt got den Herrenn. s s -w

Das wort geht da her auß grosser brunfl oft oberfchwenglicher


frewd / dar ynn sich gätz yhr gemut oft lebe von ynnwendig ym geist er­
hebt / darumb spricht sie nit. Ich erhebe got / ßondernn meyne seele / als
s solt sie sagen. Es schwebt mein leben / vnnd alle mein sonn ynn gottis
iitb I lob oft hoben freuden / das ich mein selb nit mechtig / mehr erhabr
werde / den mich selb erhebe zu gottis lob / wie den geschicht allr dene /
die mit gotlicher suffickeit oft geyst durchgoffen werden / das sie mehr
füele / den sie sagen kundenn. Der? es ist kein menschen werck / got mit
to fremden loben. Es ist mehr ein frolich leyde ,/' oft allein ein gottis werck /
dz sich mit Worte nit leren / ßondern nur durch eigenn erfarung kennen
lessit. Wie Dauid psal. xxxiij. sagt. Schmeckt ond sehet wie fuß ist got
der, her ' selig ist der mensch der ym trawet. Erst setzt er schmecken den
das sehen / darüb dz sich- nit erkenneleffet / oh eyqe erfarng oft fule / zu
5 wilcher doch nuntat küpt / er traw den got mir gantze hertze / wen er vn
d' tieffe oft not ist / darüb setzt er beheb drauff. Selig ist d' mensch der
got trawet / den d' selb wirt gottes werck ynn yhm enare / oft alßo zu
V empfindliche suffigkeit / da durch zu allem oorstand oft erkentnisi kämen.
Wollen ein wort nach de andern bewiegen / das erst Meon seele.
•0 Die schrifft teilet de mesche yn drey teil / da S. Paul" .i. Lhessal. vlt.
sagt. 1Got d' ein got des frids ist / d' mache euch heilig durch oft durch / e
alßo / dz ewer gätzer geist / oft seele oft leip / onstreflich erhalte / anff die
zukunfft onßers Herrn Ihesu Christi. Vnd ein iglichs di eher dreier / säpt
de gätze mesche / wirt auch geteylet «uff ein and' weiß yn zwey stuck / die
»5 da heissen / geist oft fleisch / milch teilung nit d' natur / ßondern d' eyge-
schaff ist / dz ist / die natur hat drey stuck / geist / seel / leip / oft muge
alle sampt gut od' boß sein / dz Heist den geist oft fleysch sein / dauo itzt nit
zu rede ist. Dz erst stuck / d' geist / ist dz hohste / tieffiste / edliste teil des
mesche / damit er geschickt ist / onbegreiftich / onsichtige / ewige ding zu
3° fassen. Vn ist kuetzlich / dz hauß da der glawbe ond gottis worr inne
wonet. Dauö Dauid psal. l. sagt. Her mach ynn meinr ynnewedigistk
ein richtige geist /dz ist einen auffgerichte stracken glawben. Widderüb
oon den vnglewbigen psal. lxxoij. Ih r her- war nit richtig zu got / oft
yhr geyst war nit ym glawben zu got.
3$ Das and' / die seele / ist eben d' selbe geist nach d' natur / aber doch
tim eink andern werck. Nemlich ynn de / alß er den leyp lebendig macht /
1vnd durch ynn wircket / oft wirt offt ynn der schrifft / für das leben / ge- ss<w
nummen / denn der geyst mag wol on den leyp leben / aber d' leyp lebet
nit on den geyst. Diß stuck sehen wir / wie es auch ym schlaff onnd on

12 P t. 34, 9 13 dann 16 d'er A 18 fühlbaren 19 er­


wägen 20 1. Th. 5. 23 27 fleysch sei A 31 Pt. 51, 12
32 strammen 33 P t. 78, 37
140 Das Magnificat verdeutschet

vnterlaß lebet vnnd wurckt. Vnnd ist sein art / nit die vnbegriflichen ding
zu fassen / ßondern was die vornunfft erkennen vnnd ermessen kan.
Vnd ist nelich die vornunfft f>tt das liecht ynn dießem hauße / vnnd wa
der geyst nit mit de glawben / als mit eynem hohern liecht erleucht / diß
liecht der vornunfft regiert / so mag fle nimmer on yrthum sein. Denn fle $
ist zu geringe ynn gvtlichen dingen zu handelln. Dießen zweien stucken
--- e rygent die schrifft viel dings / als sapientiam vnd scientiam / die weiß'heit
dem geist / die erkentniß der seelen / dar nach auch haß / liebe / lust / grewel
vn des gleichenn.
Das dritte ist der leip / mit seinen gelidernn / wilchs werck sein nur io
vbungen vnd prauch / nach dem die seel erkennet vnd der geist glawbt.
Vnnd das w ir des eyn gleichniß antzeigen auß der schrifft. Moses macht
eyn Tabernakels mit dreyen vnderschiedlichen gepewen. Das erst hieß /
sanctum fanttorü / da wonet got ynne. vnnd war kein liecht dünne. Das
ander / sanctum / da ynnen stund ein leuchter mit sieben rohren vn lampen. 15
Das drit hieß / atrium / der hoff / das war vnter dem hymel öffentlich
für der sunne liecht. Inn der selben figurist ein Christe mesch abgemalet/
Sein geist ist santtum sanctorum / gottis wonung ym stnsternn glawbe on
liecht / den er glewbt dz er nit sihet / noch fulet / noch begreiffet. Sein
seel ist santtu / da sein sieben liecht / das ist allerley vorstannt / vnderscheid / *>
wissen / vnnd erkentniß / d' leiplichen / sichtliche dinger. Sein corper ist
atrium / der ist yderman offenbar / das man sehe kan was er thut / vnd
wie er lebt.
Nu bittet Paul*. Got der ein got des frids is t/ wolte vnß heilig
machen / nit ynn einem stuck allein / ßondern ganh vnd gar / durch vnd 13
durch / das geyst / seel vn leib vnd alliß heilig sey. Don vrsachen / solch
gepettis were viel zu sagen / kurhlich. Wen d' geist nit mehr heilig ist /
ßo ist nichts mehr heilig. Nu ist der groste streit vnnd die groste far ynn
des geistis heilickeit / wilche nur ynn dem blossen lautternn glawben steet /
die weil der geyst nit mit begreiflichen dingen vmbgaht / wie gesagt ist. y >
Szo kommen denn falsche lerer / vnnd locken den geist erauß / einer gibt
552w für dz werck / d' ander 1die weiße frum zu werden. Wo denn der geist hie
mt bewaret w itt / vn weiße ist / ßo fellet er erauß vn folget. Kumpt auff
die eußerlichen werck vnd weißen / meinet da mit frum zu werden / ßo bald
ist der glawb vorlorenn / vnd der geist todt für got. 35
223 e Do hebe1sich den an / manicherley sette VN orden / dz d' ein Catthußer /
d' ein Barfüßer wirt / d' mit fasten / d' mit betten / einer mit de / der and'
mit eine andern werck wil selig werden. Vnd sein doch alle sampt eygene
erwelete werck vnd orden / von got nie gepotten. nur vö menschen erdacht /
da neben sie nimmer mehr des glaubes warnehmen / leren ymmer an hynn 4°
auff die werck bawen / ßo lange biß das sie ßo tieff dreyn kummen / das
12 Ex. 26, 33 f. u. 40, 1 ff. 16 hiezs A 24 i. Th. 5, 23
30 greifbaren
und ausgelegt. 1520 und 1521. 141

sie drob vneiniß werde. Ein iglicher das best sein wil / vnd den andernn
vorachtet / wie itzt vnßer obseruante sich brüsten vnd blaßen. Widder solid)
wirck Heyligen vn ftumscheinende lerer / bittet hie Paul* / vn spricht / got
sey eyn got des frids vn b’ einigkeit / milchen solche vneinige vnfridsame
L heiligen nit haben noch behalten mugen / es sey denn das sie yhr dingt
fallen lassen / vnd allesampt / ynn den geist vnd glawben zusammen kummen /
vnd erkenne / wie das die werck nur vntterscheid fund vnd vnfrid mache /
aber allein der glawb mache frum / einiß / vn fridsam. Wie psal. lxvi.
Got macht daswir einiß ynn de hauß wonen. Dn psal. cxxix. Ey wye
10 seyn vnnd lustig ists / das die bruder eyniß wonen bey einander.
Der frid kompt nirgen von / denn so man leret / wie kein werck /
keyn eußerliche weyße / ßondernn nur der glawb / dz ist / gutte zuuorstcht /
tnn die vnsichtliche gnade gottes vnß vorsproche / frum gerecht vn seelig mache
dauö ich ynn de gutten wercken viel gesagt. Vnd wo d' glawb nit ist /
zs da müßen viel werck / darauß den vnfrid vn vneinickeit folget / vii alßo kein
got mehr da bleibt. Darumb hie santt Paulus nit benuget zu sagen / das
ewr geist / ewrseel rc. ßondern ewr gätzer geyst an ti es gar ligt. E r
braucht hie einseyn wort yn kriecher sprach To olocleron pneuma emon /
dz ist. Ewer geist / d' das gätz erbe besitzt / alß sott er sagt. Lasset euch
*0 kei lere vö d e 1wercke yrren / der glewbige geist / hats allein gar vnd gantz. «4 e
Es ligt nur am glawben des geists / den selbenn gätzerbbesitzendr geyst /
bit ich / got euch behüte wolt / für de falsche leren / die durch werck /
wollen zuuorsicht machen zu got / wilchs doch falsche gewissen seyn / die
weil sie nit bloß auff gottes gnaden solch zuuosicht bawen / wen nu solcher
*5 gantz erbbesitzender geyst erhalte wirt / mag darnach auch die seele vn d'
leip / o tt1 yrthn vn boße werck bleiben / ßonst ists nit muglich / wo d' geist ssjW
glawbloß ist / dz da die seel vn gantzes leben nit vnrecht vn yrrhe gahi
sott / ob sie wol / gutte meinüg vn gut dunckel für wende / vn eyge andacht
vn wolgefallr drinnen hab. Szo sein darnach / vmb solchs d' seele yrthumb
je vsi falsche gut dunckel / auch alle werck des leibs boß vnd ftrrworffen / ob
gleich sich yemät todt fastet vtt aller heilige werck thet. Darüb ists not /
dz vnß got zum erste de geist / darnach seel oü leip behüt / das wir nit
vmb sonst wircken vn leben / vn alßo recht schaffen heilig werde / nit allein
vö den öffentliche sunde / ßondern viel mehr / auch vö den falschen vnd
3S scheinenden gutten wercken.
D as sey diß mal gnug gesagt zuuorklerüg / d' zweyer wort / seel vn
geist / darüb / dz sie fast gemein seynn ynn d' schrifft. Darnach ist dz wortle/
Magnistcat / dz heisset / groß mache / erhebe vn viel vö yhm halt- / alß
von dk d' groß vtt viel vnd gutte dingk / vormuge wisse vnd wolle thuen /
40 wie den folget inn dieße lobesang / dz gleich das wort. magnistcat. wie ein

2 aufblasen 8 Ps. 68, 7 9 Ps. 133, 1 14 oben I 229,


». 27 ff. 20 irre machen 37 sehr häufig
142 Das Magnificat verdeutschet

tiftel einß buchs antzeigt / wo vö barynn- geschriebn sey / alßo zeygt fle
auch mit biege wort an / wa vö yhr lobsang lauttS sol / nemlich vö grossen
thatte vü wercken gottis / zu stercken vnßern glawbeu / -u ttvste alle geringe /
vn zu schrecken alle hohe menschen auff erden. Auff biege drey brauch od'
« sE nutz muffen wir be lobesang lassen 1 gerichtet seyn / vü erkkne / bett fle nit s
yhr allein / gonbent vng alle gesunge hat / dz w ir yhr nach singen solle.
Nu mags nit seinn / bas yemät erschrecke / ob' sich tröste / aug solchen
grossen thatten gottes. E s sey den dz er nit allein glawbe / got vormuge
vü wisse grosse that zu thun. Szondemn muß auch glawben / dz er wolle
alßo thun / vü eyne liebe hab solchs zu thun. J a ist auch nit gnug / bas «
du glewbist / er wolle mit andern» / vü nit mit dir grosse that thun / vnd
algo dich solcher gotlicher that eugent / wie die thü / die got nit fürchten
ynn yhrer gewalt / vnnd die kleinmütig vorzagen ynn yhrem gedrenge.
Den solche glawbe sein nichts / vn gar tobt / gleich eine wahn vö einer
fabeln empfange / gonbent du must on alliß wäcke / on alliß zweiffeln seine 15
will» ;er dich dir furbilden / dz du fest glewbist / er werd vnd wolle auch
mit dir grosse ding thun / br selb glaub lebt vü webt / bet* dringt durch /
vn endert dk gätze mesche / br zwmgt dich das du must furchte / go du hoch
554w bist / VN getrost seyn / go du nidrig bist. Vn yhe hoher 1 du bist / yhe mehr
dich furchte must / yhe tieffer du vnterdruckt bist / yhe mehr du dich trostr to
kanst / wtlchs ihener glawbe keiner thut. Wie wiltu ynn tods nobten thun /
da mustu yhe nit allein glawben das er muge vnnd wisse / gonbemn auch
wolle dir freisten? va doch gar ein vnseglich groß werck geschehe mug /
auff das du vom ewigen todt erlöget / ewiglich selig / vn gottes erbkind
werdist. D iger glaub vormag alle ding / wie Christus sagt / der bestehet *s
alleyn / der kumpt auch ynn die erfarung gotlicher wexck. vnd da durch ynn
gotlich liebe / vn algo yn gotlich lob vnd gesangk / das der mensch grog
von got freit / vnnd yhn recht grog macht.
Denn got wirt nit ynn seiner natur grog von vng gemacht / der vn-
wandelbar ist / gonbent ynn vngerm erkentnig vnd empstndung / das ist / ßo z»
226 e wir viel von yhm Hattenn vnnd yhn grog achten / zuuor nach 1 seiner gutte
vnd gnadenn / barüb spricht die heilig mutter nit / mein stymme obber mein
mund / auch nit mein Hand / auch nit mein gedancken / auch nit mein vor-
nunfft / ober Wille / macht grog den Herrn. Den yhr viel sein / die got mit
grosser styMe preisten / mit köstlichen wortten predige / viel von yhm reden / 35
disputieren / schreiben vnd malen / viel die von yhm gebenden / vnnd durch
die vornunfft nach yhm trachten vnnd speculiem / dapu viel die mit falscher
anbacht vnd willen yhn heben / gonbent algo sagt sie. M ein seel macht
yhn grog / das ist / mein gähes leben / weben / synn vnd trafst / hatten
viel von yhm / alßo das sie gleich ynn yhn vorzuckt vnd empor erbebng 4«

4 anwendungen 12 von solcher g. tat ausnehmen 16 vor-


stellen 25 Mt. 17, 20 30 enkentnig A 38 erheben
und ausgelegt. 1520 und 1521.
M3
fueler ynn seinen gnedigen gurten roittenn / wie der volgend verß weyßet.
Auff die weiße sehen w ir / ßo vnß yemant etwas ßonderlichs guttes thut /
das gleich all vnßer leben sich gegen yhn bewegt / vnd sprechen. O ich
halt viel vö yhm / das heisset eygentlich / mein seel macht yhn groß. Wie
5 viel mehr wirk solch lebendig bewegng sich regen / ßo wir gottes gurte
empfinden / die vberschwenglich groß seind ynn seinen wercken / das vnß alle
wort vnd gedancken zu wenig werden / vnd das gantz leben vn Seele
müssen sich bewegen lassen / alß wolts alliß gerne singen vnd sagen was
ynn vnß lebet.
10 Aber hie bey seind nu zweierley falsche geister / die dz Magnificat
nit mugen recht singe. Die ersten / die yhn nit ehr lobe / er thu yhn den
wol / wie Dauid sagt. Sie loben dich wenn du yhn wol thuest. Dieße
scheine fast sehr got loben. Aber die weil sie nymer leyden wollen / vnter-
druckung vnnd die liesse / mugen sie nymer / dir rechte werck gottis erfaren /
15 vnd darumb auch nymmer recht got liebe / noch loben. Alßo ist itz alle
welt vol gottes diensts vn lobeß mit Singe / Predige / Orgeln / vn Pfeiffen.
Vn das Magnificat w irt herlich gesungen / aber danebe zurbarme / dz solch
köstlich 1gesang / sol ßo gar on krafft vnd fasst / von vnß gehandelt werden / ss$w
die wir nit ehr singen / es gehe denn wol / wo es ' aber vbel gaht / ist das --7 £
*> singen auß / da helt man nichts mehr von gof / meyne / got muge / odder
wolle nichts mit vnß wircken / damit muß das Magnificat auch aussen bleibe.
Die andere / sein noch ferlicher / die auff die and' seitte weichen /'die
sich erheben ynn gottis guttern / vnnd die selben nit lautter gottes gurten
zu eyqenn. Wollen auch was dran haben / wollen dauon geehret vnd ge-
25 haltenn sein für ander mensche / schawen an yhr groß gut / das got mit
yhn gewirckt / fallen drauss / vn turnen sich sein an / alß des yhren / vnd
halten sich gegen die andern / die solchs nit habe / alß etwas ßonderlich /
hie ist furwar ein glad schlupfericher stand. Gottis gutter mache / natür­
lich hoffartig / vn eygengefellige heryenn. Darüb ist hie not / dz letste
zo wortle zu merckk: Got / de Maria sagt nit / mein seele macht groß sich
selb l od' helt viel vö mir. Sie wolt auch gar nichts vo yhr gehalte
haben. Szondern alleyn got macht sie groß / de gibt sie es gar allein.
Zeucht sich auß / vn tregts alliß lauter wid' auff zu got / von dt sie es
empfange hatte. Den ob sie wol solch vberschwectliche that gdttis yn yhr
35 empfand / war sie doch vn bleib alßo gesinnet / dz sie sich nit erhub vber
den geringsten menschen auff erdk / vn wo sie es than het / trete sie mit
Lucifer ynn der hellen abgrund gefallenn.
Sie bat nit anders gedacht / wenn ein andere magt solch gutter hette
vö got / »olt sie ebe so frolich sein / vn ihr ßv wol gonnr / alß ihr selb /

4 feil A 12 Ps. 49t 19 20 meytte A 21 ausbleiben, ausser


kraft bl. 26 klamm em sich daran 30 nuttt?. A 33 nim m t sich
aus und schreibt alles ausschliesslich gott zu
Das Magnificat verdeutschet
144

ia sich allein solcher ehre vnwirdig / vn alle and' wirdig achte / vn auch
noch wol zu fride were geweße / ßo got von yhr solch gutter gennmen/ vn
ynn hhre äugen / einer andern het gebenn. Szo gätz vn gar hat fle sich
d' aller nichts angenüme / vn got seine gutter frey / ledig vn eige gelassen /
nit mehr den ein frolich herberg / vn willige w irttin solchs gasts geweßenn / s
darüb hat fle auch dz alleß ewiglich behalten. Sihe dz heisset got alleyn
groß mache / nur vö yhm alleyn groß halten / vn vnß keyniß dings äneme.
a*8 e Darauß mä flhet / wie ynn grosser vrsach 1zu falle vn sündige fle gestäden /
das es nit ein weniger wund' ist / wie fle flch d' Hoffart vnd annehmung
enthalten / denn dz fle solch gutter vberküme hat. Meynstu nit / wie ein «>
wunderlich her- dz sey? S ie findet flch eyne gottes mutter ober alle mensche
erhübe / vn doch ßo einfeltig vn gelassen bleibet / dz fle darumb nit eyne
geringe dinst magt het vnter flch gehalte. O w ir arme meschk / wen w ir
556 w ein wenig guttis / gemalt ob’ ehre habe / 1 ia ein wenig hubscher den andere
fein / kude w ir vnß nit gleiche eyne geringern / vn ist des an nemes kein 15
maß./ was wolte w ir thü / ßo w ir große hohe gutter hette?
Darnb lest vnß got auch arm / vnselige bleibe / dz w ir sein zartte
gutter nit vnbeschmeiffet lassen / künde nicht vö vnß gleich haltt wie vor-
hynn. Szondern lassen den mut ymer mit wachßen vn abnemk / darnach
die gutter käme od' gähn. Aber diß Hertz M arie steet fest vn gleich yn »
aller zeit / lesflt got ynn yhr wircken nach seinen willen / nympt nit mehr
dauö / den ein gutte tröst / freud vn zuuorflcht mit got. Alßo sotten w ir
auch thü / dz were ein recht Magnificat gesungen.

Vnd meyn geist frervet sich yn got


meynen heyland. *5
Was d' geist sey / ist itz gesagt / Nemlich d' die vnbegreifliche ding sehet
durch de glaube / darub nennet fle auch got ihre heyläd / od' selickeit / dz
fle doch nit sah noch empfände / ßonderü ynn fester zuuorsicht ttawet / er
were yhr heylat vn selickeit / milche glawben fle auß de gottis werck yn ihr
beschehe / empfägk. Dn furwar ordklich sehet fle an / dz fle got ehe nennet *>
yhrn herrü / den yhm heylädt / vn ehe yhm heiläd / den sie seine werck
ertzelet. Dam it fle vnß leret / wie w ir solle got bloß vfi recht ordenlich
liebe vn lobe / vn ia nichts dz vnßer an ihm suchen / d' liebt aber vü lobet
bloß vn recht got / d' ihn nur danib lobet / dz er gut ist / vn nit mehr
229 e den seine bloße guückeyt an'flhet / vn nur yn d' selbe sein tust vn freude 35
hat / wilchs ist ein hohe reine zarte weiße zu lieben vn loben / die wol
eigtt einr solche hohe zatte geist / alß dißer iückfrawe ist.
Die vnreine vn vorkerete liebhaber / milche nit mehr den lautter nießlinge

3 vor ihren äugen 4 nichts von alledem angemasst 9 an-


matsung 15 einem geringeren an die seite stellen 18 unbefleckt
26 erfasst 30 neNNkt A 38 egoisten
und ausgelegt. 1520 und 1521. 145

sein / vn dz yhre an got suchen» / die liebe vn lob? nit seine bloße guttickeit /
sondern seh? «uff sich selb / vn acht? nur / wie viel got ober sie gut sey /
dz ist / wie viel er seine gutte empfindlich yhn ertzeyge / vnnd thue yhn
wol / vnnd halten viel von yhm / seyn frolich / singen vnd loben yhn / ßo
s lange solch empfind? weret. Wenn sich aber got vorpirget / vnd seiner
gutheit glentze zu sich zeugt /d as sie bloß oft elend sein / ßo gabt auch lieb
vn lob zu gleich au- / vnd mugen nit die bloße vnempfindliche gutte ynn
got vorporge / lieben noch loben / damit sie beweissen / daS nit yhr geyst
sich ynn got dem heyland / erfrewet hat / ist nit rechte lieb vn lob d'
10 blossen 1gutte da geweßen / ßondern viel mehr hab? sie tust gehabt ynn dem 557w
heyl / denn ym heyland / mehr ynn den gaben / denn ynn dem geber / mehr
ynn der Creaturn den ynn got. Denn sie turnten nit gleich bleiben /
ynn haben vnd mangelln / ynn reichtumb vnd armut / wie S. Paul* sagt.
Ich hab erlernet / das ich kan vberig haben / vnd Mangel habenn.
*5 Von dießem sagt d' .xlviij. Psalm. S ie loben dich ßo lange du yhn
wolthuest / alß solt er sag? / sie meinen sich vnnd nit dich / hetten sie nur
lust vnd gut von dir / sie geben nichts auff dich / wie auch Christus Joan. vi.
sagt zu denen die yhn suchten. Furw ar sag ich ewch / yhr suchet mich /
nit darüb daS yhr zeichen gesehen / ßondern das yhr geeffen vn gesettigt
20 seyt. Solch vnreyne falsche geyster / beschmeiffen alle gottiS gaben / vnnd
hindern yhn / daS er yhn nit viel gibt / auch nit seliglich mit yhn wirckenn
kann. Dauon wollen wir ein seyn ex?pel horenn. ES hat ein mal ein
front «eyp ein gesicht geseh? / wie drey Junckfrawen bey eynem altar
saffenn / vn vnter der meß / liess ein hübsch kneblin von dem altar / vn
*5 gieng zu der ersten ZunckKaw? / thet freundlich zu ihr / hertzet sie vnnd 23o k
lachet sie lieblich an / dar nach gieng er zu der andernn / vnnd thet nit ßo
freuntlich zu yhr / herpet sie auch nit / doch hub er yhren schleyer auff /
vnnd lechelt sie Kenntlich an. D er dritten aber / thet er keyn Kenntlich
zeichen / schlug sie ynß angeflcht / muffet sie vn stieß sie / gieng gantz vn-
30 Kenntlich mit yhr vmb / oft liess schnell Widder auff den altar vnd vor­
schwand.
D a watt dem selben weybe diß gesicht außgelegt / daS die erste
iunckkawe / bedeut die unreinen genießsuchtigen geyste / wilchen got muß
viel gutteS / vnd mehr yhrenn willen denn sie seinen thun / wollen nichts
35 mangellnn / altzeit tröst vnd lust an got haben / nit benuget an seiner gutte.
Die ander bedeuttet die geyste / die angefangen got zu dienenn / vnnd wol
etwas Mangel leyden / doch nit gantz / noch on eygen genieß vnd gesucht
sein. E r muß yhn zu weylenn ein lieblichen blick geben vnd sie empfinden
lassen seinn gutte / daS sie damit lernen auch seine blosse guttickeit lieben
40 vnd loben. Aber die dritte / daS ann affchen prodlin / hat nichts den eyttel
3 fühlbar 6 glanz einschluckt 7 nicht fühlbare 14 Phi.
4, II 15 dießen? Pi. 49, 19 16 lieben 18 Jo. 6, 26 20 beflecken
38 frentlich A 37 Selbstsucht 40 aschenbrödlein (vgl D. Wb. i, 581)
146 Das Magnificat verdeutschet

Mangel vnd vngemach / sucht kein genieß / lesilt yhm benug? / das got gut
ist / ob sie es auch nymmer mer empfinden sott, (das doch vnmuglich ist.)
bleibt gleich vrl einförmig / auff beyder seitten / liebet vnd lobet eben ßo
wol gottes guttickeit / wen sie ait empfunden / alß wen sie empfunden
« ir t / feilet nit auff die gutter wen sie da sein / fettet auch nit abe / wenn 5
ffe abe sein / das ist die rechte braut / die zu Christo spricht / ich will nit
dz deine / ich will dich selber haben / bist mir nicht lieber / wenn mir wol
ist / auch nit vnlieber / wenn mir vbel ist.
ss»w Solch geist erfüllen das / da geschrieben stet / yhr sottet nie weichen
von d' gleichen richtigen gottis straffen / Widder zur linden noch zur rechten 10
seitten / das ist / sie sotten / gleich vnd richtig got lieben vnd loben / nit stch
selb suchen / vn yhr geniß. Eyn solchen geyst hatte Dauid da er von
Hierusalem getrieben durch seinen son Absalon / vil drauff stund / das er
ewig furworffen nimmer mehr kunig / vnd zu gottes gunst summen würd.
Sprach er / gehet hynn / wil mich got haben / er wird mich wol Widder 1$
*3* e hyn'ein für? / spricht er aber / ich wil deyn nit / ßo bin ich bereit. O wie
ein rein geist ist dz geweßenn / d' vö gottis gutte zu lieb? / lob? vnd folg? /
nit abelessit ynn d' höchsten not / Ein solch? geist / ertzeigt hie die mutter
gottis M aria/dz sie mitten ynn d? grossen vberschwencklich? gutternn
schwebed / d?noch nit drauff feilet / nit yhren genieß darynn sucht/ßondernn 20
yhrn geist rein behett / ynn lieb vn lob d' blossen -utickeit gottis / bereyt
willig vnnd gern anhunehmen / ob sie got der selben Widder berawben /
vnd ein armen nacketen mangelhabenden geyst yhr lassen wolt.
Nu wie viel ferlicher ist / ynn reichtum vnnd grossen ehren od' gemalt
sich messigen / denn ynn armut / schänden vnd schwacheit / die weil reichtüb ,z
ehre vnd gewalt starcke anrevtzüg vnd vrsach geben / zu d? boßen. Alßo
viel mehr / ist hie der wunderbar reyne geyst Marie zu preiffen / das sie
ynn solchen vbermessigen ehren is t/v n dennoch sich nit anfecht? lessit/thut
alß sehe sie es nit / bleibt gleich vn richtig auff d' straffen / hafftet nur an
d' gotlich? guttickeyt / die sie nit sihet noch empfindtt / leffet faren die gutter y>
ßo sie empfindet / lüstet sich nit darynnen / sucht nit yhren genieß / das sie
für war / auß rechtem waren gründ singet. Meyn geyst erfrewet stch ynn
got meynem heylandt. Warlich ists eyn geyst / der nur ym -lawb? da er
springt I vff hupfst nit von den gutternn gottis / die sie empfand / ßondernn
nur von got / den sie nit empfand / frolich ist / als vö yhrem heyl / den sie 3$
nur ym glawben erk?net. O das seind die recht? / nydrigen / ledig? /
hungerigen / gotfurchtigen geyste / dauö hernach folgen »irt.
Auß dem mugen wir erkennen vnd richten / wie vol itzt die »eit /
falscher Prediger vnnd heyligenn sein / die dem armen volck von gutten
werden viel predigenn. Vnnd wie wol yhr wenig seyn / die auch daffelb 40

5 klammert sich nicht an die g. 9 Jes. 30, 21 15 2. Sa. 15»


25 f. 33 daherspringt exsultat 36 demütigen
und ausgelegt. 1520 und 1521. 147
predigen / wie ste gutte werck thun sollr / das mehrer teil menschen lere
vnd werck predigen / die ste selb er'dacht vnnd auffgeseht haben. Szo sein -z- b
doch leider die aller besten 1 vnter yhnen / noch ßo weyt von d' rechten 559 w
richtige straffen« / das ste das volck yMer auff die rechten seitten treiben /
5 da mit / das ste die gutte werck vn guttis lebk / nit leren vmb gottes
blosser guttickeyt willen zu thun / ßondemn vmb ihrß eygen geniestes
willen. Denn wo kein hymmel noch hell m m / vnd wissen gottis gutte
nit zu genießen / ßo liessen ste seyn gutte wol faren vngeliebt vnnd vnge-
lobt / Das seynn eytell nießling vnd midlinge dienstknecht / vnnd nit kynder/
10 srembling vnd nit erbenn / die machen flch selb zum abgot / vnnd got soll
ste lieben vnnd loben / eben das yhn thun / das ste yhm thun sotten / frit
haben keynen geyst / Got ist auch nit yhr heyland / ßondernn seyne gutter
seyn yhr heyland / ynn milchen yhn got alß eyn knecht muß dienen. Das
seyn die kynder von Jsrahell / die ynn der wüsten nit benugt am hymel
15 brot / wolten auch fleysch / zuppel vnnd knoblouch essen.
Nu ist leyder alle wett / alle kloster / alle kirchen solchs volcks vol.
Die alle sampt ynn de falschen vorkerett vnrichtige geist wandeln / tteiben
Vst iagk / heben die gutte werck so hoch / das ste den hymel vormeinr da­
mit zu uordienen / ßo doch für allen dingen solt geprediget vtt erkennet
*> werd- die blosse guttickeit gottis / vn wir wissen soltk / dz zu gleich / wie
got auß lauster gutte vnß selig macht on alle vordinst der werck / alßo
sotten wir widderumb die werck / on allen lohn od' genieß suchen vmb d'
blossen gutte gottis will- thun / nichs mehr den sein wolgefalle daryn be-
geren / nicht für de lohn sorgen / er w itt stch selb wol finden / vü on vnßer
*5 gesuch folgen / den wie wol es nit muglich ist / daS der lohn nit sott folgen /
ßo wir auß reynem richtigen geist / ohn lohns vnd genieß gesuch / wol thun.
Szo wil doch got den selben genießsuchtigen vnreynen geyst nit haben« /
w irt auch dem selbr nymmer der lohn / gleich alß ein kind dienet de vatter
willig vmb sunst / alß ein erbe / nur vmb seinß vatter willen / vnnd wo
3» ein kind dem vatter / nur vmbß erb vnd gut dienet / das ist bil'lich ein *33 ®
feyndselig kindt / vnd wirdig das der vatter vorstoffe.

Denn er hat angesehen die nichti-


ckeyt seyner magt.
Davon werden mich selig preyffen alle kinds kind.
35 Das mottle humilitas / habenn etlich hie / zur demut gemacht / alß
het die iunckfraw Maria / yhr demut anzogen / vnd flch der herumet / daher
es kumpt / das flch etlich Prelatk auch / humiles nennen / wilchs gar wett
von der warheit ist / denn für gottis äugen kan stch niemant eyneß gutten
dings 1 on fund vnnd vorterben rumen. R an muß stch für yhm nit mehr/ s6»w

9 egoistcn, mietlinge 15 zwicbel Nu. i i t 4 ff. 36 angeführt


'46 Das Magüificat verdeutschet

den feiner lautternn gutte vnd gnaden / vnß vnwirdigenn erzeigt / romen /
auff das nrt vnßer ßondemn allein gottis lieb vn lob ynn vnß bestehe vnd
vnß erhalte / wie Salomvn lerer Prouerb. xxv. D u solt nit rumlich er­
scheinen für de kunig / vnd nit stehn (das ist etwas sein) für den grossen,
berrh / es ist dir besser / man sag zu dir / sitz herauff / den das du ernydert $
werdest für dem fürsten / Wie sott mä denn solche vormeffenheit vnd hoh-
mut / dießer reynen richtigen Iunckfrawen zu schreiben / das fle sich yhrer
demut rumette für got / wilchs die aller höchste tugend ist / vnd niemant
sich demütig achtet odder rumet / den wer der aller hohmutigist ist. Got
erkennet alleyn die demut / richtet auch vnnd offenbart sie alleyn / das der io
mensch nymmer welliger vö d' demut weiß / den ebenn wenn er recht
demütig ist.
Der schrifft brauch ist / das sie humiliare heisset / nydrigen vnnd zu
nicht machen» / vnnd darumb heyffen die Christen ynn der schrifft an vielen
orttenn / pauperes afflicti humiliati / arm / nichtige / vorworffene leut / 1$
Wie psal. cxv. Ich bynn fast seer zu nicht worden / oder genidrigt. Szo
ist humilitas nichts anderß / denn eyn voracht / vnansehelich / nidriges wetzen
odder stad / als da sein die armen / krancken / hungrigen / durstigen / ge-
e fangen / leydende / vnd 1 sterbende menschen / Wie Job wäre ynn seiner an-
fechtung / vn Dauid ynn seiner vorstossung vom reich / vnnd Christus mit *>
allen Christen ynn yhren ttotttiL Wilchs sein die tieffe / dauon droben
gesagt ist. D as gottis äugen nur ynn die tieffe sehr / vff menschen äugen
nur ynn die hohe / dz ist fle sehen nach dem ansehelichenn scheynenden /
prächtigem weßen vn stadt. Darumb heisset Hierusalem ynn der schrifft
eyn stett / da gottis äugen auffsehen / das ist / die Christenheit ligt ynn der -5
rieffe / vnd ist vnansehelich / für d' wett / drumb fthet sie got an / vnd hat
sein äugen steet vber sie / wie er sagt psal. yxi. Ich wil meyn augr steet
auff dich habenn.
Szo sagt auch S . Paulus .i. Corinth. i. G ot erwelet alliß was
nrrrisch für b’ «eit ist / auff das er zu schänden mache / alliß was do klug y>
ist für der weit / vnd erwelet was da schwach vnnd vntuchtig ist / auff das
er zu schänden mache / alliß was do starck vnd gewaltig ist / E r erwelt
was do nichts tff für der wett / auf das er zunichte mach / alliß was
etwas ist für der wett / vnnd da mit macht er die wett zu narheyt / mit
alle yhrer weißheit vndvormugen / vnd gibt ein andere weißheyt vnd 35
Vormagen / die weil den nu sein att ist / ynn die tieffe vnansehelich ding
zu sehen / hab ich das wortlin / humilitas vorteutscht / nichtickeit / oder vn­
ansehelich wetzen / dz die meynüg M arie sey die. G ot hat auff mich annß
5öi\v vorachtis vnansehelich 1 megdlin gesehen / vnd het wol funden« / reiche hohe/
edle / mechtige kunigynn / fürsten vnd grosser Herrn tochter. Het er doch 40

3 Pr. 25, 6 f. dich rühmend 16 Ps. 116, 10 21 oben s. 136,


2. 18 ff. 25 Sach. 12, 4 27 stets Ps. 32. 8 29 1. Ko. 1, 27 f.
und ausgelegt. 1520 und 1521. 149

wol mugen finden Annas vnd Cayphas tochter / milch die obersten ym
läd geweßrn / aber er hat miss mich sein lautter gültige äugen geworffenn /
vnd -0 ein geringe vorschmechte magd dahu gepraucht anff das niemät für
yhm stch rume / das erß wirdig geweßen tont odder sey / vn ich auch be
$ kennen muß / das lautter gnade vnnd gutte ist / vnd gar nichts mem vor­
dienst odder wirdickeit.
Nu habr wir droben gnug gesagt / mit die 1 zarte iunckfraw sey vn- 235 e
ansehlichs weßens vn stands gar vnnorsehens zu disser ehre kummen/das
ffe got hat ßo vbergnedig angesehen / vnd darumb rumet sie sich nit yhrer
-0 wirdickeit / noch yhrer vnwirdickeit / sondern« alleyn des gotlichen ansehens /
wilchs alßo vbergutig vnnd vbergnedig ist / das er auch eyn solche gerynge
magt hat ansehenn / vnnd ßo herlich vnnd erlich ansehen wolt / derhalben
thun fit yhr vnrecht / die do sagen/fle hab sich nit yhrer iunckftawschafft /
sondern« yhrer demut gerumet / fit hat sich wedder Iunckftawschafft noch
*5 demut gerumet / ßondernn des eynigen / gnedigen gotlichen ansehenß /
darumb ligt die wage nit ynn dem worttle / humilitatem / ßondernn ynn
dem wortle Respexit. Denn yhr nichtickeit ist nit zu loben / ßondernn
gottes ansehen / gleich alst wo eyn Fürst eynen armen bettler die Hand
reicht / ist nit des betlerß nychtickeit / ßondernn des Fürsten gnade vnnd
*° gutte zu preyffenn.
Das aber solcher falscher wahn vortrieben / vn die rechte demut von
der falschen erkant werde / wollen« wyr eyn wenig außlauffen / vnd von
der demut sagen / denn darynnen von vielen seer geyrret w itt / Demut
heyffen «yr zu deusch / das sanctuS Paulus auff kriechifch nenet Tapino-
»5 phrosyne / auff latinisch / affettus vilitatis / seu senfus humilium rernm.
Das ist eyn w ill vnnd gemut zu geringen vorachtenn dingenn. Nu findet
man hie viel die das waffer ynn den brun ttagenn / das sein die / ßo sich
mit geringen kleydernn / Personen / geperden / stetten / wortten / stellen /
auch von den selben gedencken vnnd damit vmbgahn / doch der Meinung /
3° das sie da durch / für den hohen / reychen / gelereten / heyliyen / ya auch
für got mochten angesehen werden / alß sie gernn mit geringen dingen
vmbgahn / den wo sie wissen / das man dauon nichs halten wolt / ließen
fle es wol an stehen / das ist eyn gemachte demut. Den yhr schalckhafftig
äuge / sihet nur auff den lohn / vnnd folge der demut / vnnd nit auff die
35 geryngen dinge on den lohn / vnnd folge / Darumb wo der lohn vnnd die
folge nymmer scheynett / da ist die demut auß. Solche mag man nit
heyßen Affectvs vilitate / 1die eyn willen vnnd Hertz ynn-geringen 1 dingenn ^ e ,
haben / ßondernn / nur die gedancken / den mund / die Hand / das kleyd / ‘
vnnd geperd drinnen haben / das hertze aber sihet ober sich ju hohen grossen

7 oben 8. 138, z. 2 ff. 15 das A 16 der Schwerpunkt 22 ab­


schweifen 26 gedankenrichtung 27 Thiele no. 117 28 äusserlich
heuchlerisch darstellen 36 in die äugen springt
150 Das Magnificat verdeutschet

dingen. Datzu es durch solch demütig gespenst gedenckt zu kümen / vn dieße


achten sich selb für demütige heylige leut.
Die waren demütigen sehen nit auff die folge der demut / ßondernn
mit eynfeltigem Heryen / sehen fit ynn die nydrigen ding / gehn gernn da
mit vmb / vnnd werden selbs nymmer gewar / das sie demütig sein / da 5
quillet das wasser auß dem brunn / da folget von yhm selb vngesucht / das
sie gering / geperde / wort / stets / Person / kleyder füren vnd tragen / meyden
wo sie kunnen / höh vnnd groß dinck / davon Dauid sagt. psal. cxxix.
Herr mein her- ist nit erhaben / vnd mein äugen habk nit empohr ge-
sehenn rc. Vnd Job. xxij. W er sich ernidrigt der wurt zu ehren kum m en/10
vnnd wer sein äugen nyder schlegt / der wirt selig werden». Darumb ßo
geschichts auch / das den selbigen al-eit / die ehre vnuorsehens widderferet/
vnd yr erhohung kumpt yhn vnbedacht. Denn sie haben yhn benugen
lassen an yhrem geringen weßen eynfeltiglich / vnd nach der hohe nie ge­
dacht. Aber die falschen demütige wundert es / dz yhr ehre vnd erhohung 1$
ßo lang außbleibt / vn ihr heimlich falsche hohmut / leffet sich nit benugen
an seyn? geringe weßen / denckt heimlich nur hoher vnd hoher.
Darumb wie ich gesagt habe. Rechte demut weyß nymmer das sie
demütig ist/ denn wo sie es w iß te/ß o würd sie hohmutig von dem an­
sehen der selben schonen tugent / ßondernn sie hasstet mit her- / m ut/ vnd 20
allen sinnen / an den geringen dingen / die hat sie on vnterlaß ynn yhren
äugen / das sein yhr bilde / da mit sie vmbgaht / vnnd die weil sie die ynn
yhren äugen hat / kan sie sich selb nit sehen / noch yhr selb gewar werden /
viel weniger der hohen dinge ynnen werden / drumb muß yhr die ehre vnd
hohe vnuorsehens zukummen / vnd sie finden» gar inn frembden gedancken *s
237 e gegen der ehre vnnd hohe / alßo spricht1 Lucas .i. D as der Engelisch grüß
war M arien wunderlich ynn yhren äugen / vnd btbaö)t was dz für ein
grüß wert / des sie sich nie hatte vorsehe. W ert der grüß Cayphas tochter
bracht / sie würd sich nit bedacht habe / was das für ein grüß were / tyt
ihn bald angenümen vnd gedacht / ey das ist gut ding / vnd wol gethan. 30
Widderumb falsche demut / weyß nymmer das sie Hochmut ist / denn
wo sie das mißte / würd sie bald demütig vö de ansehen der heßlichen vn-
tugtt / ßondernn sie hasstet mit Hertz mut vnd synn an bi hohen dingen /
die hat sie on vnterlaß ynn yhren äugen. D as sein yhr bilde da mit sie
563 w 1 vmb gaht. Vnd die weil sie damit vmb gaht / kan sie sich selb nit sehen 35
nach yhr selb gewar werden» / darumb kumpt ihr die ehre / nit vnbedacht
noch vnuorsehens / ßondernn findet gleichförmig gedancke / aber die schand
ofi nidrigung kumpt yhr vnuorsehenß vnd gar ynn zu vielen andernn ge-
danckenn.

l getue 8 Ps. 131, 1 10 Hi. 22, 29 12 gk-1| schichts A


13 unerwartet 22 ihre Vorstellungen 25 in von der ehrsucht ab­
gekehrten, ihr entgegengesetzten gedanken 26 Lc. 1, 29
D er halben ists nicht- nutz / dz man demut lere / auff die müsse / da-
man ynn die äugen bildet / geringe / vorachte ding / widderumb roirt niemant
dauon hohmutig / dz man hohe ding ynn die äugen bildet. N it die bilde /
Sondern da- gesichte muß man abethun. wir muffen hie leben vnter
5 hohe vnd nidrigen bilden / aber wie Christu- sagt / da- aug muß aufge­
stochen fronn / Mose- Gen. iij. spricht nit / da- Adam vnd Eua and' ding
gesehen haben nach dem fall denn vorhynn / ßondernn er sagt / yhr äugen
sein auffgethan / da- sie sich nacket sahen / ßo sie doch vorhynn auch nackt
waren / vnd wurdenß nit gewar. Die kunigyn Ester trug ein reiche krö
*0 auff yhrem hewbt vnd sprach doch / e- were ynn yhren äugen wie ein vn-
reine tuch / da waren nit die hohe bilde von yhr genummen / ya mit Haussen
furgesetzt / alß einer mechtigenn kunigynn / vnnd kein nidrig bild fnr yhr /
aber da- gesicht war nidrig / Hertz vnnd mut sahe nit nach grossen dingr /
darumb thet got wüder durch sie / alßo muffen nit die dinge / 1 ßondernn 238 e
*5 wir vorwandett werden / ym gemut vn synn / al- dan roirt sich- selb leren /
hohe ding vorachten vnnd fliehen / nydrig ding achten vnd suchen / da ist
die demut gründ gut vnd bestendig auff alle seitten/ vnnd roirt yhr doch
selb nymmer gewar / da- geht mit lust zu / vnd bleybt da- Hertz gleich
vnnd eyn- wie die ding sich wandeln odder geben / höh odder nydryg /
20 groß odder klein.
O e- ligt gar große hohmut vnter den demütigen kleydernn / wortten
vnnd geperdenn / der itz die Welt vol ist / die sich selb alßo vorachten /
da- sie dennoch wollen von yderman vnuorachtet seyn / die ehre alßo
fliehen / da- sie dennoch damit wollen geiagt seyn / die hohe ding meyde /
ss dz man sich yhr dennoch an nehm / sie preyße / vnnd laß yhr ding nit da­
geringste frgnn. Aber hie dieße iunckfraw / zeygt nit mehr an denn yhr
nichtickeyt / darynnen sie gern gelebt vnnd blieben ist / nie gedacht noch
ehre odder hohe / auch nit ynnen worden / da- sie demütig geweßen sey /
Die demut ist ßo zart vnnd ßo köstlich / da- sie nit leyden kan yhr eygen
jo ansehen / ßondernn da- bild ist allein dem gotlichen gesicht behatten / wie
der .cxij. Psalm sagt. E r sihet an die nydrigen ym hymell vnnd erden« /
denn wer do kund sehen sein demut / der kund sich selb vrteyllen zur
selickeit / vnnd were gotte- geeicht schon auß / die weil wyr wiffenn / da-
got die demütigen gewißlich selig macht / darumb 1 muß sie -ot yhm selb 564 w
Ls vorbehalten zu erkennen vnnd ansehen/vnnd sie für vnß pergenn/m it
furbildung vnnd vbungen der geringen dyngen / bey wilchen wir vorgeffen
vnß selb antzusehe. Dartzu dienen nu ßo viel leyden / sterben vnnd allerley

i weise 2 sich vorstellt 3 nicht die Objekte der Vorstellung,


sondern das sich vorstellen 5 Mt. 5, 29. 18, 9 6 Gen. 3, 7
9 stücke in Esther 3, 11 10 vielmehr 18 bewusst 29 es nicht
vertragen kann, sich ihrer selbst bewusst zu werden 30 vorbehalten
31 Ps. 113, 6 36 Vorhaltung
152 Das Magnificat verdeutschet

vngemach auff erbenn / da mit wyr zu schaffen / vnnd das falsch äuge anß
zustechenn / muhe vnnd arbeit haben.
Nu haben wyr klar auß dießem wortle / humilitas / das die iunck-
fraw Maria / eyn vorachts / gerings / vnangesehenß Megdlin ist geweßen /
darynnen sie got gedienet / nit gewist / das yhr vnansehlicher stand / ßo r
groß angesehen were für got / damit wyr gettostet werden« / das / ob wyr
J39 e wol gernn sollen genydrigt ' vnnd vorachtet seyn« / doch darynnen nit vor­
zagen / alß sey got zornig ober vnß / ßondernn viel mehr hoffen / das
er vuß gnedig sey / Alleyn da für sorgen / das wyr nit willig gnug vnnd
gerne ynn solcher nydrynge seyn« / das villeicht das falsch äuge nit zu
weyt offen stehe / vnnd vnß bettiege / mit heymlichem gesucht der hohe /
odder eygen wvlgefallenß / da mit die demut gar zu drummern. gaht /
denn was hilffts die vordampten / das sie auffs nydrigst seyn vordruckt /
die weyl fle nitt gern vnnd willig drynnen seynn. Vnnd was schadet
allen Engeln / das fle auffs hohist seyn er haben / die weyl fle nit mit *s
falscher lust drynnen hassten? Kurtzlich / Es leret vnß dießer verß recht
flott erkennenn / ynn dem das er anheygt. Got sehe auff die nydrigenn /
vorachten. Dnd der erkent got recht / der do «eyß das got auff die
nydrigen flhet / wie droben gesagt ist / vnd auß dem erkentniß folget denn
lieb vnnd ttaw zu got / das flch der mensch yhm willig ergibt vnd folget. *>
Davon sagt Hieremi. ix. Nyemant rume flch seiner sterck / reych-
tumb / noch weißheyt / -onder wer flch nrmen will / der rume flch / das er
mich erkennet vn weiß wie auch S. Paul" leret.ij. Corin. x. Der flch
rumet d' turnt flch von got. Alßo nach dk die mutter gottis hat yhrn got
vnnd beyland mit blossem reynk geyst gelobt / vri flch seiner gutter nichts -s
angenümen / vri damit yhm recht gesungen von seyner guttickeyt / tumpt
fle nit ordenlich / auch auff seine werck vnnd gutter zu lobenn / denn wie
gesagt / man muß nitt auff die gutter gottes fallen / vnd flch vhr an
nehmen / ßondernn durch fle hinauff zu ihm dringen/an yhm allein
hangen / vki von seyner guttickeyt viel halten / vnnd alß denn auch yhn 3»
ynn seinen wercken loben / ynn wilchen er vnß solch guttickeit zu lieben
ttawen vnd loben erzeygt hat / das die werck nit anderß sein / denn viel
vrsach / seine bloße guttickeit ober vnß regierend / zu lieben vnd lobenn.
1?» L 1 Sie hebt aber an von yhr selb zum ersten / vnd 1 flngt was er yhr
gethan hat / damit fle vnß leret zwey stuck / das erst. Ein iglicher sol 35
drauff a&ft haben« / was got mit yhm wirckt / für allen wercken / die er
mit andern« thut / den es »ist keinß selickeit darinnen stehen / was er
mit einem andernn / ßondern was er mit dir wirckt / alßo Johan. vlt. da
santt Petrus von santt Johannes sprach / was soll aber disser thun / ant­
wort vhm Christ" vnd sagt / was gaht es dich an? folge du mir / alß sott «>

13 auf die niedrigste stufe herabgedrückt sind 19 dann 21 Jer.


23 f. 23 2. K o. 10, 17 38 Jo. 21, 21 f. 40 g frifV A
und ausgelegt. 1520 und 1521.
153

er sagen. Johannes werck werdk dir nit (rissen / du must selb dran / vn
wartte was ich mit dir thun w il / wie wol itzt ein grewlicher mißbrauch
ynn der wett regiert / mit außteilen vff vorkeuffen gutter werck / da etlich
vormeffene geister wollen andernn leutten helffen / Sonderlich denen die on
5 eigen qottis werck leben oder sterben / gerad alß hetten sie gutter werck
zuviel / so sanct Paulus clar spricht .i. Corint. iij. Ein iglicher roirt lohn
emphahe nach seiner arbeit / on zweiffel nit nach einiß andern erbeit.
Es were zu leide / wenn sie für andere leut betten od' yhre werck
alß ein furbit / got furtrugenn. Nu aber sie nit anderß / denn alß mit
10 einem geschkck da mit faren / ists ein schendlichs furnehmen. Vnb das
nochs aller ergist ist. Sie geben yhre werck von sich / die sie selb nit
wissen wie sie für got gelte / denn got nit die werck / ßondernn das Hern
an sihet / vnd den glawben. Da durch er auch mit vnß wircket / wilchs
sie gar kein acht habe / nur auff die eußcrliche werck pawen / sich selb vnd
15 yderman damit vorfüren. Auch ßo weyt einreyssen / das sie die leut be-
reden Munchkappen antzihen ym sterben« / geben für / wer in solchem
Heyligen kleyd sterb / hab ablaß von allen funden / vnd werd selig / sahen
an die leut nit allein mit frembden werckenn / ßondern auch mit frembden
kleydern selig zumachen.
-o Ich acht sihet man nit drauff / der bvße geyst w irt sie noch ßo weyt
füren / das sie die leut mit kloster speyßen / behaußuna vnd begrebniß zum
hymel füren / hilf got wilch greyffliche finsterniß sein mir das / das sinn
Munchs 1kappen / kan frum vnd selig machen, was ist den nodt der glaube? 241 e
lasset vns alle mund) «erden odder alle in kappen sterben. Es sott mit
»5 der weyße wol hub zurynnen allein zu Mnnchkappen. Hut dich / Hut dich
für den wolffen in solchen schaffskleydern / sie zureyssen vnnd vorsiiren dich.
Da gedenck nach / das got mit dir auch wircke / vnnd deyne selickeit nur
durch dir wercke / die got in dyr allein wirckt / vnd auff kein ander stellist /
wie du hie sitzest / die iunpfraw Marien thun / ob du aber durd) ander
30 furbit dir datzu helffen lessist / ist recht vnnd wol gethan / für einander
sollen wir alle bitten vnnd thun / aber niemandt sol on engen gotlich
werck / auff anderer werck sich vorlassen / ßondern mit allem fieyß seyn vn
gottis warnhemen / nit anders / 1den als were er vnnd got allein / rm hymel 5(* w
vnd erden / vnnd got mit niemant den mit yhm zuschaffen het / vnd darnach
35 auch auff anderer werck sehen.
Das ander das sie hyrinne lettt / Einn yglicher soll der erst sein
wollen / in gottis lob / vnnd seine werck in yhm geschehen / erfur tragen /
vnd darnach auch in anderer wercken loben. Szo leßen wir das Paulus
vnd Barnabas / den Aposteln vorkundigtenn yhre gottis werck / vnd sie
40 widderumb die yhren. Desselben gleychen Luce vlt. tbeten sie von der er-
6 1. Ko. z, 8 15 eindringen 16 vgl. W . A. 30*, 267108*
308, 316, z. 35 f. 38, 105, z. 2 f. u. ö. 25 zerrinnen, verbraucht
werden 26 M t. 7, 15 38 A G . 15, 12 40 Lc. 24, 34 f.
154 Das Magnificat verdeutschet

scheynung nach der aufferstehung Christi. Da hebet sich den rinn gemeyn
freut vnd loh -u got / da ein yglicher des andern gnad vnnd doch sein am
ersten preyffet / ob sie auch gleich geringer sey den des andern / begerd nit
der erst Otter köderst -u sein / in den guttern / Sondern ym lob vnd liebe
gottis / denn yhn an got vnd seyner blossen guttickeit benugt / wie gering s
auch die gäbe sey / ßo gar feynn einseitig ist yhr Hertz. Aber die nießlinge
vnnd eygensuchtige sehen krum vnd scheel / wen sie gewar werdenn / das sie
nit die hohisten vnd besten sind in den guttern / murren für das loben das
sie andern gleych oder geringer sind / wie die ym Euangelio M at. xx. die
»4* e Widder den haußvater murret* / nit das er yhn vnrecht thet / sondern 1 das 10
er sie den andern vorgleychet / mit d* teglichen Pfennige.
Alßo findt man itzt viel die gottis guttickeit nit loben / die weil sie
nit sehen das sie ßo viel haben als sanct Peter Otter sonst ein heylig Otter
als dieffer vnd der auff erden/Meynen/ßo sie auch ßo viel fressen / wolten sie
auch wol got loben vnnd lieben / achten gering / das sie doch mit guttern 1$
gottis vbirschuttet sind / die sie nit erkennen / als do ist leyb / leb* / vor-
misst / gut / ehre / freund vnd dienst der sonnen mit allen creaturn / die selbe /
wen sie gleich alle gutter Marie hetten / wurden doch drynn nit got er­
kennen vnd loben / den wie Christus sagt Luce .xvi. Wer ym geringen
vnnd wenigen tret» ist / der ist auch ym grossen vnd vielen gettew / vnd *»
wer ym wenigen vnttew ist / der ist auch in viel* vnttew / drumb sein
sie werd / das yhn das viele vnd groß nit wirt / weil yhn das kleyne vnd
wenige vorschmahet / lobt* sie aber got ym kleynk / so würd yhn das groß
$07w auch vbirflusilg / das macht sie ' sehen vbirstch / vnd nit vntersich / wo sie
vnter sich sehen / wurden sie yhr viel find* / die villricht nit die hellst yhn *s
gleich stnd / vnnd doch wol mit got zustiden / vnd loben yhnen. Ein fogel
singt vnnd ist frolich / in dk das er kan vn murret nit / das er nit red*
kan. Ein Hund springt frolich vnd ist zustiden ob er nit vornunfftig ist/
alle thier lassen yhn benngen vnd dienen got mit lieb vn lob / on das
schalckhafftig eygen nutzige äuge des menschen / das ist vnsetig / vn schickt 3°
sich doch nit recht / das es möcht vol werd* / vmb seynis vndacks vn hoh-
muts willen / das es wil oben ahn sitzen / vnd der beste lernn / wil nit
got ehren / Sondern vö yhm geehret sein.
Also legen wir / das zun zeytt* des Costnitzer Söcili zween Cardinal
ym feit reyttend / sahen einen hirtte stehen vnd weynen / vn der ein Cardinal 3$
ein guttig man / woll nit furvbir reytten / sondern den man trösten / vnd
reyt zu yhm / stagt yhn was yhm were / da der hitt seher weynet / vnd
343 e lang mt sag* wolt / das der Car'dinal sich bekümert / zu letzt hebt er an
vnd zeygt auff eine krotten vü sprach / das weyne ich / das mich got so
ein segne creatur geschaffen / nit ßo vngestalt wie den worm/ vnd ich das 4»
8 statt des lobens 9 Mt. ro, n t . 11 gleich stellt mit dem
tagelohn 14 MtyNeN sie A 19 Lc. 16, 10 30 unersättlich
Z4 Köhler, s. 184
und ausgelegt. 1520 und 1521. 155
nie erkennet noch yhm band vnnd lob gesagt / der Cardinal schlug in sich
vnd entsetzt sich für dem wort / das er vom M au l fiel / vn man must yhn
hynein trage / vn schrey / O S . Augustin wie w ar hastu gesagt / die vn-
gelerett stehen aufs / oft nehme de hymel für vns hyn / oft wir m it unser
5 kunst walle in fleisch vn blut. N u acht ich bT Hirt sey nit reich noch hübsch
noch mechtig gewesen / oft hat drnoch gotis gutter so tieff betracht vn be
däckt / das er mehr in yhm fünde / hatt er hat vbersehe künden.
D a s erst w erd gottis in yhr bekennet sie / E s sey das ansehen /
wilchs auch das grost ist / daryn die andern alle hangen / vnd auß yhm
10 alle flieffenn / D en wo es dahynn kumpt / das got seinn angesicht zu yemandt
wendet / yhn antzusehr / da ist eytel gnad vn selideit / da muffen alle gaben
vnnd w erd folgen. Alßo leßen wir Gen. iiij. das er Habel an fach vnnd
sein opffer. Aber Cain vnd sein opffer sah er nit an / da her kämen die
gemeyn gepet ym Psalter / das got seinn angesicht zu vnß wenden / nit vor-
15 pergen / vbir vns erleuchten wolle / vnd der gleychen. V nd wie sie selb
auch das für das grossist achtet / zeygt sie damit / das sie spricht. S ih e
da / vmb des ansehens wille / w irt mich selig spreche kinds kind.
Merck die wort / sie sagt nit / man werd yhr viel guts nach sagen /
yhr tugent preyffen / yhr iunpferschafft oder demut erheben / odder etwa ein
20 liedlin von yhrer that singen / ßondern allein dauon / das sie got hat an­
gesehen / dauon w irt man sagen sie sey selig / das ist doch die ehre gotte
alßo reyn gebenn / 1 das n i t 1 reyner sein kund. Drumb zeygt sie aufs das ££%
ansehen / vnnd spricht / Ecce enim ex hoc. S ih e da / von nw an / werden
mich selig sagen rc. das ist / von der zeyt an / alß got hat mein nichttdeit
25 angesehen werd ich selig gesprochen werden. D aryn Wirt nit sie gelobt
ßonder gottis gnade vbir sie / J a sie w irt voracht / vnd voracht sich selb /
in de das sie sagt / yhr nichtickeit sey von got angesehen. Drumb rumet
sie auch yhre selideit ehe sie die w erd ertzelet / die got yhr than hab / vnd
gibts gar allssampt dem gotlichen ansehen auff yhr nichtideyt.
30 Auß dem mugen w ir lerenn / wilchs die rechte ehre sey / damit man
sie ehren vnd yhr dienen solle. W ie muß man sagen zu yhr? S ih e die
wort an ßo lerenn sie dich alßo sagen. O du selige iunpfraw vnnd m utter
gottis / wie bistu ßo gar nichts vnnd gering voracht geweßen / vnd got hat
dich doch ßo gar gnediglich vnd reychlich angesehen / vnd groß bind in dyr
35 gew irdt / du bist der selben yhe keyniß wirdig geweßen / oft ist vbir alle
dein vordienst / weyt vnd hoch / die reyche vbirschwencklich gnade gotis in
dyr. O wol dyr / selig bistu vö der stund an biß in ewideit / die du eine
solchen got fundk hast rc Darffist nit dende das sie das vngerne höre /
das man sie vnwirdig solcher gnade nennet. D en sie hat on zweyffel nit
4« gelogen / d a sie selb bekennet yhr vnwirdideit oft nichtickeit / wilche got

2 maultier 3 Conf. VIII, 8, 19 (MSL. 1, 757) 12 Gen. 4,4s.


14 Denisle V, 401
24 Luthers Werke II
Das Magnificat verdeutschet
IZ6
gar nichts auß yhrem vordienst ßondern auß lauster gnaden hab an­
gesehen.
D ie vnnutze schwetzer höret sie vngern / die viel predigen vnd schreyben
vö yhrem vordienst / damit ste yhr grosse eygen kunst beweyßen wollen /
vff sehen nit / wie sie das M agnificat dempffen / die m utter gottis lügen- *
straffen / vnd die gnade gottis vorkleynern / den ßouiel wirdigs vordienst
man yhr zulegt/ßo vil man der gotlich gnade abbricht/v n d des M agni
ficat » arb eit mindert. D er engel grusset ste auch nur / von gotis gnaden /
245 e vnnd das d e r 1 Herr m it yhr were / dauon ste gebenediget were vnter allen
weyben. Drumb alle die so viel lob vü ehre auff ste treyben / vnd alles
das auff yhr lassen bleyben / stndt nit weyt dauon / das ste einn abtgor
auß yhr mach? / gerad als were es yhr zuthun das man sie ehret / vnd zu
yhr stch guts vorsehe/ß o ste es von yhr w eyß et/vn d wil got in yhr
gelobt / vnd durch stch / yderman zu gutter zuuorstcht in gottis gnaden
bringen. *5
D rum b wer ste recht ehr? w il / muß ste nit allein für sich bilden /
ßondern ste für got vnd ferr vnter got stellen / vnd sie alba bloß m achen,
vn yhr nichtickeit (wie ste sagt) ansehen / darnach sich wundern der vbir-
schwecklichen gnaden gottis / der ein solch gerings / nichtiges mensch / ßo
569W reych'lich / gnediglich ansthet / vmbfehet vn gebenedevet / das alßo auß dem *0
gestcht / dw bewegt werdest / got zu lieben vnd loben in solchen gnaden / vn
dadurch gereytzt «erdist dich alles gutten vorsehen zu solchem got / der
geringe / vorachte / nichtige menschen so gnediglich ansthet vn nit vor-
schmehet / das also dein Hertz gegen got ym glaub? / lieb vnd Hoffnung ge-
sterckt «erde. W as meynstu das yhr lieber begegen mag / den ßo du durch »s
sie also zu got kömist / vnd an yhr lernst / in got trawen vst hoffen / wen
du auch voracht vnd vornichtet wirst / waryn das geschehe / ym lebe odder
sterbr / ste w il nit dastu zu yhr kümist / sondern durch ste zu got.
Widderumb das du lerest dich forchten / für all? hohen wetzen / da
die mensch? nach tracht? / ßo du sthest / das got auch in seiner m utter kein 30
hohis ansehen fandt noch haben wolt. Aber die meyster / die vns die selige
iunpfra« also abemalen vnd furbild? / das nichts vvrachts / sondern eytel
groß hohe ding in yhr antzusehen sind / was thun ste anders / den das ste
vns gege die mutter gottis halten allein / vnd n it ste gegen got / damit ste
vns blöd vst vortzagt machen / vtt das tröstlich gnaden bild vorblend? / als 35
246 £ man d? taffel thut in der 1 fasten. D e es bleybt kein exempel da / des wir
vns trösten mugen / sondenr ste w irt außgetzog? vbir alle erepel / so ste dock
solt vnd gerne wolt das aller fumhemist exepel der gnaden gottis sein/alle
weit zureytz? in gotlicher gnad? zuuorstcht / lieb vn lob / daß alle hertzen vö
yhr ein solchen wahn gewunen zu got / d' do möcht mit aller zuuorstcht 40
16 vor sich hinstellen 17 weit 36 in der fastenzeit werden
die bilder in den kirchen verhängt und die altarschreine geschlossen
(W. A. 30*, 257®)
und ausgelegt. 1520 und 1521.
157

spreche / Ey du selige iunpmtro vnd mutter gottiS / wie hat vn< got / in
dir eryeigt so eine grossen tröst / die weil er dein vnwirdickeit vn nichtickeit
hat so gnediglich angesehen / dadurch w ir ermanet / hynfurdt / er werd vnS
armen nichtige menschen / deynem exempel nach / auch nit vorachten / vnd
5 gnediglich ansehen.
Meynstu ßo / Dauid / S. Petrus / S. Paulus / S. M aria Magda­
lena vnd yhr gleychen / durch die grosse gnad die yhn vnwirdiglich / zu aller
mensche tröst / gebe ist / Exepel sind / gotlicher zuuorstcht vn glauben zn-
stercken / das nit auch die selige mutter gottiS gern vnd billich ein solch
10 exempel aller welt were. N u mag sie eS nit sein / für de vbirflusflgen
lobe Prediger oft vnnutz schwetzer / die nit antzeygen auß dießem verß / wie
in yhr die vberschwecklich reychtumb gottiS / mit yhrer Liessen armut / die
gotliche ehre / mit yhrer nich'tickeit / die qotlich wirdickeit mit yhrer vor- 570w
achtüg / die gotlich grosse m it yhrer kleynheit / die gotliche gutte / mit
15 yhre vnuordiest / die gotlich gnade mit yhrer vnwirdickeit zu samme kümen
sind. D a r auß lust vn lieb zu got erwuchße / in aller zuuorstcht / Darumb
auch yhe oft aller Heyligen lebe oft that beschriebe sind. Aber nw findt
man wol etlich die bey yhr alS bey eine got hulff vnd tröst suchen / daS
ich besorg es sey abgotterey itzt mehr in der welt / denn yhe geweßen t|t /
20 daS sey ditz mal qnug.
DaS latinisch / OmeS generatoeS / hab ich verdeutscht Kinds kind / wie
wol eS vö wort zn wort Heist / alle geschlecht / daS ist aber so ducket gered /
daS etlich sich hie fast bemühet habe / wie eS war 1 sey / daS alle geschlecht 247 2
sie selig sage / so doch Jude / Heyden / vn viel böser Christen sie lestem /
25 oder ibe vorachte selig zusage / daS macht sie vorstehn daS wortlin geschlecht
op den samlunge der mensche / so eS hie mehr Heist. Die folge der gelid
iiahtrlnl'tr gepurd / alS eyuis nach de andern geporn Wirt / d' vater / der
fun / snnß fun / oft ßo fort an / ein iglich gelid / heyst ein geschlecht / daS
die Junpfraw M aria nit anders meynet / yhr preiß werde auch also were
vo eim geschlecht inß arider / daS kein zeit sey darin sie nit werd gepreiffett/
Vnd daS zeigt sie an da sie sagt. Sihe da vo nw an alle geschlecht/daS
ist / iyt hebtS an vnd weret in alle geschlecht / zu kindS kind.
DaS wortlin auch Macariust streckt sich weitter de selig sagen / vnnd
heisset / Seligen odder selig machen / daS eS nit allein mit sagen odder
35 wortten geschehe / odder mit kniebogen / mit heuktneygen / mit Hut abthun /
mit bild machen / mit kirchen bawen / wilchS auch wol thun die boßen /
Sondern auß allen trefften vnnd mit gruntlicher warheit / das geschieht /
wen daS Hertz (wie droben gesagt) durch yhre nichtickeit vnd gottiS gnaden
ansehen / freud vnd lnst durch sie zu got gewinnet / vnd mit gantzem hertzen
4° sagt odder gedenckt / O du selige innpfraw M aria / solch seligen / ist yhr
rechte ehre/wie gehört ist.

8 ift. A 17 immer yhr? Z7 geschickt A


Das Magnificat verdeutschet
15 «
Den er t>at m ir gethan groß ding
Der bo ist mechtig / vnd heylig ist sein name.
Hie fingt fit «uff einenn hauffenn alle werck die yhr got gethan hat /
vnd hett ein gutte ordnung. Am vorigen verß hat fit das gotlich ansehen
vü gnedigen willen vbir sie gesungen / das auch das grost ist (wie gesagt) 5
vnnd heubt stuck aller gnaden. Hie fingt fit von werck vnnd gaben / den
S7iW got 1 gibt wol viel gutter etlichen vnnd zirt sie höchlich / wie Lucifer ym
hymel / vnnd wirfst seine gaben vnter den hauffenn / aber ehr sitzet sie
drumb nit an. Die gutter sind nur geschkck die do zeitlich wertn / aber
248 e die gnade vss 1ansehen ist das erbe / wilchs ewig bleybt. wie santt Paulus 10
sagt Ro. vi. Die gnad ist das ewige leben. 3n den guttern gibt er das
seyne / ym ansehen vn gnaden gibt er sich selb / in den guttern / empfehet
man seyne Hand / aber in der gnade ansehen / empfehet man sein Hertz /
geist mut vnnd willen / drumb gibt die selige iunpfraw das grosstst vnd
erste dk ansehen / vnd spricht nit -um ersten / alle kinds kind werden mich 15
selige / er mir ßo groß dinck than hat / da dißer verß vö sagt /
ßondern / das er auff mich nichtige vnd meyne nichtickeit gesehr hat / da
der vorige verß vö sagt, wo gnediger wille ist / da sind auch gaben / aber
nit widderumb / ist gnediger wille / wo die gaben sind / drumb folget differ
verß recht de vorige. Szo leßen w ir Ge. xxv. das Abrahä gab geschkck 20
dk kindern seyner beyweybern oder neben frawen. Aber Jsaac de rechten
firn vö der rechten haußfrawenn Sara / gab er das gantz erbe. Alßo w il
got / das seine rechte kinder / nit auff seine gutter vnd geschenck sich ttosten /
sie sein wie groß / viel sie mugenn / geystlich odder leyplich / ßondern auff
seine gnade vnd yhn selbs / doch vnuoracht die gaben. a5
S ie ertzelet auch keine gutter in sonderheit / sondem mit einem wort
fasset fit die alle auff einen hauffen vnd spricht. E r hat mir grosse ding
gethan / das ist / Es ist alles groß / das ehr m ir than hat. Da bey leres
fit vnß / das yhe grosser die andacht ist ym geyst / yhe weniger wort sie
macht. Denn sie fulet / wie gar nicht sie es m it wortten errevchen kan / 30
mit sie wol gedruckt vnd gerne «o lt. Drumb sind die selben wenigen wort
des geystis alletzeit / so groß vn tieff / das fit niemant vorstehe mag / denn
«er auch den selben geyst / yhe zu eym teyl fulet. de geystloßen aber find
solch wort gar geringe antzusehe / vnd gantz on fasst vnd schmack / wilche
mit viel worttk vnd groß geschrey yhr ding außrichten. Also leret auch J$
Christus M a tt. vi. das w ir nit viel wort sollen mache / wen w ir betten /
den solchs thund die vngleubigen / die meynen sie werdenn durch viel wort
249E erhöret, wie auch itzt in allen kirche / viel leutten / pfey'ffen / fingen / schreyk
vnd leßen ist / aber ich besorg / gar wenig gottis lob / der do w il ym geyst
vnnd »arbeit gelobt sein, wie ehr sagt Johan. iiij. 40
und ausgelegt. 1520 und 1521.
159

Salomon Prouerb. xxvij. spricht / wer seinen nehisten lobet mit 57-^
groffem geschrey / vnd steht frue anst / der ist zu achten wie ein lesterer /
den er macht die fach vordechtig / das yderman denckt / ehr wol ein boße
fache schmucken / das erß ßo heyß machet / macht damit die fach nur erger.
5 Widderumb / wer seinen nehistenn mit grosser stym lestert vnd frühe auff-
stet (das ist / er ist nit faul / thuts mit groffem eylendenn vleyß) ist gleich
wie ein preyßer zuachte. Den man denckt es sey nit war / vn er thue es
auß haß vnd boßem hertzenn / macht damit sein fach erger / vn seynis
nehisten besser. Also wen man got auch mit viel wortten / geschrey vnd
!<> klang vormeynt zulobe / thut man als were er thaub / oder miste nichts /
als wolten wir yhn auffwecken vnd vnterweyßen. Ein solcher wahn vonn
got / langet mehr zu seiner schwach vnd vnehre / den zu seinem lobe /
ßondern wer seine gotliche thatten mit tieffem hertzen wol bedenckt / vnd
sie mit wunder vnd danck anflhet / das er für brunst erauß feret / mehr
'5 sufftzet denn redet. Dnd die wort selb giessend (nit erticht noch gesetzt)
erauß breche / das gleich d' geist mit erauß schewmet / vn die wort lebe /
hend vn flleß habe / ia das zugleich d' gantz leyp / vn alles lebe / vn alle
gelid gern rede wolten / das heyst recht auß de geist vn in der warheit
got lobe / da sind die wort eytel feur / licht / vn leben, wie Dauid psal. cxviij.
20 Herr deine außrede synd gantz fewrig. Item / Meyne kippen sollen dyr
ein lob erauß schewmen / zugleich wie ein heyß waffer ym sieden vbirgeht
vnd schewmet / das stchs nit mehr enthalten kann / für grosser Hitze ym
topffen. Alßo sind auch ave wort / dißer seligen iunpfrawen in diffem
gesang / der wenig sind / vn doch tieff vn groß. Diese nennet santt Paulus
*5 Ro. xij. spiritu feruentes / die geystlich brunsten vnnd schewmen / vnd leret
vnß alßo sein.
' Die grossen ding / sind nit anders / den das sie gotis mutter ist 250 e
vorden / in werck / ßo viel vnd groß gutter yhr geben sind / das
fle niemant begreiffen mag / den da folget alle ehre / alle selickeit/ vnd das
30 sie ym gantzen menschlichem geschlecht / ein eynig Person ist / vbir alle /
der niemant gleich ist / das fle mit dem hymlischen vatter ein kind / vnd
ein solch kind hat / vnnd fle selb kan yhm kein! namen geben / für vbir-
schwenglicher grosse / vnd muß lassen bleyben dabey / das fle erauß brunstet
vnd schewmet. Es sein groß ding / die nit außtzureden sein noch zumessen.
35 Drumb in eink wort hat man alle yhre ehre begriffenn / ßo man fle gottis
mutter nennet / kan niemand groffers 1 von yhr noch zu yhr sagenn / wen 573 w
er gleich ßouiel zungen het / alß laub vnd graß / (lern am hymel / vnd
(and ym mehre ist. Es w il auch mit Hertz- bedacht sein / was do sey /
40 gvltis mutter sein.
Sie gybts auch frey / gottis gnaden / nit yhrem vordienst / denn wie

i Pr. 27. 14 12 gereicht 15 nicht erdacht noch zusammen­


gestellt 19 Ps. 119, 140. 171 26 Rö. 12, i i sieden
I CO Das Magnificat verdeutschet

wol tu on funden geweßen / lft doch dlße gnade ßo vortrefflich / das in


ffiuett weg sie des wirdig geweßenn. Wle solt ein creatur wirdig sein
gvttis m utter zu ftinv ? wie wol etlich Scribenten hie viel schweren vo
yhrer rotrbicftit zu solcher mutterschafft. Aber ich glewb yhr selb mehr
denn nhnen. Sie spricht yhr nichrickeit sey angesehenn / vnnd got hab nit 5
yhren dienst damit betonet / ßondernn / E r hat m ir gethann grosse ding.
Von« ohm selb har erß thau / on mein dienst / denn sie hat yhr lebtag
nie darnach gedacht / viel weniger sich dayu bereyt vnd geschickt / das sie
solt gottis mutter werden. E s kam yhr die selb botschafft gar vnuorsehens /
wie 2m as schreybt. Aber ein vordienst / ist nit vnbereyt auff seinen lohn / io
Sondern wol bedacht vnd furgefeyt in das lohn.
D as man aber singt ym Regina celi letare rc. D en du hast vordient
zutragen. vnd am andern ort / D es du wirdig bist gewesen zutrage rc.
schleusslt nit. stngt man doch auch vom Heyligen 1 Ereuh eben die selben wort /
das doch ein hold war on nichts vordiene kund. Also ist diy auch zu- *s
vorstehen / das solt sie ein m utter gottis sein / must sie ein weybßbild sein /
ein Junpfraw / vom geschlecht Ju d a / vnd der Englischen botschafft glewben /
auff das were dayu tuglich / wie die schlifft vo yhr gesagt hat / gleych wie
des holys kein« ander vordienst vnd wirdicteit ist geweßen / den das zum
Creuy tüglich / vnd von got vorordenet war / Alßo ist yhr wirdickeit zu -o
disser mutterschafft kein geweßen / den das sie tuglich vnd verordnet dayu
gewesen lst / das es ia lauter gnade vnd nit ein lohn werde / auff daS
man gottis gnaden / lob vnd ehre nit abbreche / ßo man yhr zuuiel gibt.
E s ist besser yhr zuuiel abbrochen / den gottis gnaden. J a man kan yhr
nit zuuiel abbrechen / ßo sie doch auß nichtem geschaffen ist / wie alle -5
creaturn. Aber gottis gnaden hat man leicht zuuiel abbrochen / das ist
ferlich / on geschieht yhr nit lieb dran. E s darff auch wol ein maß / das
man litt zuweyt treybe / den namen / das man sie ein konigyn der hymel
nennet / wie wol es war ist / aber doch sie da durch keine abtgottin ist /
57 4w das sie geben odder helffen muge / wie etliche meynen / die 1 mehr zu yhr 30
denn zu got ruffen vnd Zuflucht haben. S ie gibt nichts / ßondern allein
got / wie folgt.
D er do mechtig ist / D am it nympt sie doch alle macht vnd krafft
allen creaturn / vnd gibts allein gotte. 0 das ist ein grosse kunheit vnd
grosser raub von solchem iungen / kleynenn M egdlin / darff mit einem wort / 35
alle mechtigen fron cf / alle großtettigen krafftloß / alle weyßen narren / alle
berumpten zuschanden machen / vnnd allein dem eynigen got / alle macht /
that / weyßheit vnd rum zueygen. D en das mortlin der do mechtig ist /
ist alßo viel gesagt. E s ist niemant der etwas thue / ßondern wie samt
i i vorbereitet auf 12 Wackernagel 1, no. 301 (s. 193): ‘Quia
quem meruisti portare’ ebenda no. 242 v. 1 (s. 150) und 243 v. 2 (s. 151)
14 ebenda no. 78 und 79 v. 10 (S. 61 u. 62): ‘Sola digna tu fuisti ferre
precium saeculi* beweist nichts
und ausgelegt. 1520 und 1521. l6l
Paulus Eph. i. sagt / Allein got wirckt alle ding / in allen dingen / vnd
aller creaturn werck sind gottis werck. wie wir auch sprechen ym glauben /
Ich gleub / in g o t 1 vatter den almechtigen. Almechtig ist er / das in allen / -5- e
vnnd durch allen / vnd vbir allen / nichts wirckt / denn allein seine macht.
5 Szo stngt auch Samuels mutter S . Hanna .i. Re. ij. E s ist kein man
mechtig etwas zuthun auß seinem vormugen. Vn S . Paulus .ij. Corint.
iij. wir flnd nit ßo viel geschickt / das wir etwas von vns selb mochten
gedencken / Sondern wo pu wir geschickt sind / das ist vonn got. Dip ist
gar ein hoher artickel / vn begreifst viel yhnem / legt alle Hoffart / vor-
10 meffenheit / freuet / rum / falsch vortrawk / zumal dernyder / vnd erhebt nur
got. Ja -eygt vrsach an / warumb got allein zurheben sey / Nemlich das
er alle ding thue. Es ist leichtlich gesagt / aber höh zugleuben / vnnd ynß
leben zihen. Den die solchs ym lebe vben / flnd gar fridlich / gelassene /
einfeltige menschen / nemen sich keyniß dings an / wissen wol das nit yhr /
*5 ßondem gottis ist.
Ist nu der Heyligen gottis mutter / meynung in Visen worttenn. Es
ist nichts mein in allenn dieffen dingen / vnnd grossen guttern / Sondern
der / der allein alle diug thut / vnd seine macht in allen allein wirckt / der
hat mir solch grosse ding than. Den das wortlin Mechtig / sol hie nit
80 heyffen / ein stillrugende macht / wie man vö eink zeytlichen kunige sagt /
ehr sey mechtig / ob er schon still flpt vnd nichts thut. Szondem / ein
wirckende macht / vttd stettige tettickeit / die on vnterlaß geht ym schwäck
vnd wirckt. Den got rüget nit / wirckt on vnterlaß. wie Christus sagt
Johä. v. Mein vatter wirckt biß hieher / vnd ich wircke auch. Auff die
*s weyße / sagt S . Paulus Ephe. iij. Er ist mechtig zuthun mehr den wir
bitten. das ist / E r thut alpeit mehr / den wir bitte / das ist sein att /
ßo thut seine macht. Drumb hab ich gesagt / Maria die wil nit ein abt-
gottyn sein / Sie thut nichts / got thut alle ding. 1Anrüsten sol man fle / 575 w
das got durch yhrk willen gebe oft thu / was wir bitte / also auch alle andere
30 hey'ligk anpuruffen flnd / das das werck yhe gäp allein gottis bleybe. -53 &
Darumb thut fle dapu vnd spricht / Vnnd heylig ist sein name. Das
ist / wie ich mich des wercks nit annheme / so nehm ich mich auch des
namens vnd der ehren nit an. Denn dem gepurt allein die ehre vnd namen
der das werck thut. Es ist vnbillich das einn ander das werck thu / vnd
35 eia ander hat den namen vnd laß flch dauon ehren. Ich byn nur die
werckstat / darynnen ehr wirckt / aber ich hab nichts zum werck than /
drumb sol auch mich niemant loben oder die ehre geben / das ich gottis
mutter byn worden / sondern got vnd sein werck sol man in mir ehren vn
loben / Ist gnug / das man flch mit mir frewet vnd mich seliget / das mich
4° got braucht hat solch seine werck in mir zuthun. Sihe wie rein ttegt

I Eph. 1, 11 5 1. Sa. 2, 9 6 2. Ko. 3, 5 9 in ihm, sich


12 schwer zu glauben und ins leben zu übertragen 24 Jo. 5, 17
25 Eph. 3, 20
162 Das Magnificat verdeutschet

fle alle ding in got / wie gar nympt sie sich teynis wercks keyner ehre /
keyniß rumiß an / thut doch eden wie vorhyn da fle der keyniß hatte / fragt
auch nicht mehr noch ehren den vorhyn / brüst flch n it / bricht nit auff /
rufst nit auß / wie fle gottis mutter morde sey / foddett kein ehre / geht
hyn vnnd schafft ym hauß wie vorhyn / milckt die kuhe / kocht / weschet $
schussel / keret / thut wie ein haußmackt odder haußmutter thun sol / in
geringen vorachten wercken / als were yhr nichts vmb solch vbirschweckliche
gutter vnnd gnaden. Sie ist vnter andern weybern vnd nachpawrn gehalten
nichts hoherß / den vorhyn / fle hats auch nit begert / ist ein arm burgeryn
-lieben vnter dem geringen hauffenn. O wie ein eynfeltig / reyn her- ist io
das / wie ein wunderlich mensch ist das / wie seynd da -o groß ding vvr-
porgen / vnter solcher geringen gestalt / wie viel haben fle angriffen / mit
yhr geredt / geeffen vnd truncken / die fle villeicht voracht vnd einn gemeyn /
arm / schlecht burgerynn geacht / die flch sonst sirr yhr entsetzt hettenn / ßo
fle solch ding von yhr gewist hetten. 13
-54 e Das heyst nu seinen namen heylig sein / denn 1 heylig heyst / das ab-
gesondett / got zugeeygent ist / das niemät angreyffen vnd beflecken sol /
Sondern in ehren Hattenn sol. Szo heyst / Name / ein gut gerucht/rum/
lob vnnd ehre. Szo sol flch yderman enthalten von dem namenn gottis /
sol yhn n it antasten / yhm nicht zueygenn. Alßo stet Exo. xxx. flgurirt / *>
das ein köstlich / heylige salb gemacht watt von Mose / durch gottis
576W befelh / vnd hatt gepotten / 1 das kein mensch sein leyp damit sott salbenn.
das ist / gottis namen sol yhm niemant zuschreybenn / denn das heyffet
gottis nam vorvnheyliget / so w ir vns rumen odder ehren lassen / odder
vns selb wolgefallen / vnd rumen von vnßern wercken odder guttern / wie »L
die wett thut vnd gottis namen on unterlaß vorvnheyliget vnd entweyhet.
Szondern wie die werck allein gottis sind / sol auch yhm der nam allein
bleyben / vnd alle die alßo seynen namen Heyligen / flch der ehre vnnd
rumiß eußem / die halten yhn recht in ehren / drumb werdenn fle davon
auch geheyliget. wie Exo. xxx. geschriebenn stet/w ie die köstliche salb ßo *>
heylig war / das sie heyliget allis das fle anrühret / das ist / gottis namen /
wen er vo vns geheyliget ist / vn w ir vns keynis wercks / keyniß rumiß /
keynß eygen wolgefallens drynnen annehmen / ßo ist er recht geehret / so
ru tt er vnß an vn heyliget vnß.
Drumb ist hie zuwachenn / weyl w ir auff erdenn nit mugen on 35
G ottis gutter sein / vnnd dadurch auch nit vn namenn vnnd ehre / ßo vns
yemandt lobt vnnd namenn davon gibt / sollen w ir hie der M u tte r gottis
Exempel fassen / vnnd yhe m it diffem verß bereyt sein / drauff zuantwortten /
vnd die ehre vnnd lob recht brauchen / vnd öffentlich sagen odder yhe ym
hertzen gebenden. O Herr got / das werck ist dein / das da gelobt vnd 40
gerumpt w irt / laß auch den namen dein seinn. N it ich her / sondern du
3 erhebt sich nicht 12 berührt 19 vnd (st. von) A 20 E x .
30, 25 ff. 29 entäussem
und ausgelegt. 1520 und 1521. 163

hast ditz than / der du mechtig alle ding thuest / vnd heylig ist dein name.
Alßo sol man das lob vnd die ehre nit leugnen / als sey es vnrecht / odder
vorachten a ls1sey es nichts / Sondern nit annehmen als ein alhu edel / 2ss *
köstlich ding / vnnd dem heym tragen des es ist / ym hymel. Sihe das
5 leret diser edel verß / damit ist geant«ort/ßo yemand fragt / ob den niemanr
den andent ehren sol. Ja fettet Paulus sagt / wir sollenn vns bmmb
dringen / mit ehren / ein yglicher dem andern vortzukümen / Rv. xij. aber
die ehre sol niemand annehmen als yhm geschehn / odder auff yhm bleyben
lassen / Sondern sie Heyligen vnd gotte heym tragen / des sie ist / mit
xo allem gutte vnd werck / darauß die ehre kumpt. Denn niemant sol ein
vnerlich leben füren / sol er denn erlich leben / ßo muß ehre da sein / aber
wie das erlich lebenn gottis gäbe vnd werck ist / so sey auch der name sein
allein heylig vff vnbetastet mit eygene wolgefallen. Das bttl w ir ym
Vater vnser / dein name werde geheyliget.

*s 1Vnd seyne barmhertjickeit rveret $77w


von einem geschlecht ynß ander /
Denen die yhn furchten.
Wyr muffen der schafft gewonenn / die do nennet / geschlechte / die folge
der natürlichen -ichtung odder gepurt / als ein mensch vom andern für
« vnnd für geporn Wirt / wie drobenn gesagt. Darumb das deutsch wort
geschlechte nit gnugfem ist / weyß aber doch kirnt beffers. Den geschlechte
heyffen w ir / die stpschafften vnd samlung geblutter freuntschafsten. Aber
es sol hie heyffen die natürliche folge / vom vater in kinds kind / das
ein yeglich gelid der selben folge / heyffe ein geschlecht / das ichs acht / es
•$ sott nit vbel alßo vordeutscht sein. Dn seine barmhertzickeit weret vö kind
zu kind / denen die yhn furchten / vnd ist fast gemeyn dieß« weyß zureden
in der schafft / vrsprunglich auß den wortten gottis / die er sagt auff dem
berg Sinai vnter dem erstell gepot zu Most vnnd allem volck / alßo. Ich
byr. dein got / starck vnd emsig / der do strafft d ie 1fund der Vetter in den 256 e
30 kindern ynß dritte vnd Vierde geschlechte / denen die mich Haffen / vn
byn barmhertzick in viel tansent geschlecht / denen die mich lieben vnd hatten
meyne gepot.
Nu ste von yhr vnd yhren gottis guttern hat außgesungen vnd got
gelobt / Spaciert ste nu durch alle gottis werck die er in gemeyn wirckt in
3$ allen menschen / vn finget yhm davon auch / leret vnß recht erkennen» die
werck / art / natur vnd willen gottis. Es habe viel hoch vornunfftige
menschen vn philosophi auch damit vmbgangen / das ste gern hetten gewist /
was doch got were / viel von yhm geschrieben / einer sonst der ander ßo /
7 drängen Rö. 12, 10 13 unberührt 18 uns an die schritt
(an ihren Sprachgebrauch) gewöhnen 19 erzeugung 20 s. 157, z. 21 ff.
22 blutsverwandter 28 Ex. 20, 5 f. 38 so
164 Das Magnificat verdeutschet

aber (tob all drob vorblendet / haben den rechten« blick nit ersehen / vnd
ist furwar das grosflst in hymel vnd erden / das man got recht erkenne / ßo
es yemand werden mag. D u mutter gottis leret es hie fast wol / wer fit
vorstehen wolt / wie sie auch droben / an vnnd in yhr selbs / daffelb leret
Wie mag man aber yhn baß erkennen den auß seynen eygen wercken? wer $
sein werck recht erkennet / der mag an seiner natur/ willen / Hertz / vnd mut
nit feylen. Drumb ists kunst seine werck zurkennen. Dnnd das wirß
faffenn / sechß gotliche werck / in sechßerley mensch- zelet sie durch diese vier
verßen nacheinander / vnd teylet die welt in zwey teyl / auff -gliche seytten
drey werck vnd dreyerley menschen / vn ist ein teyl ymer Widder das ander /10
da «eyßet fit / was got auff beyden seytten thu / malet yhn alßo abe / das
er nit baß möcht abgemalet werden.
Vnd die selbe außteylung ist wol vnd ordenlich gefaffet / vnd an mehr
ortten der schrifft gegrundt. Nemlich Hiere. ix. da er alßo sagt / Es
prange kein weyßer mensch auff seine weyßheit / Es prange kein geweltiger *5
578 w auff seine 1 gemalt / Es prange kein reycher auff sein reychthumb/ sondern
oarauff prange wer do prang- wil / das er mich erkenne vnd wisse / wie ich
ein got byn / der do barmhertzickeit / gericht / vnd gerechtickeit auff erde
»57 e mache. Solchs gesellet mir 1wol / spricht got. das ist ein edler text / vnnd
stympt mit dießem gesang der mutter gottis. Hie sehenn w ir auch / das 20
er allis was die welt hat teylet in drey teyl / in weyßheit / gemalt / vnnd
reychtumb / vnd zubrichts allis damit das er sagt / man solle nit drauff
prangen / denn man werd yhn nit da finden / er hab auch kein gefallen
drynnen. Setzt ander drey teil da gegenn / barmhertzickeit / gericht / ge>
rechtickeit. Da byn ich (spricht er) ia ich mache solchs allis / ßo nah byn -5
ich / vnd machs nit ym hymel / sondern auff erden / da stobt man mich /
wer mich alßo erkennet / der mag auff solchs wol trotzen vnnd prangen.
Denn / ist er ntt weyße ßondern armß geystis / ßo ist da mein barmhertzickeit
bey yhm / ist er nit geweltig / sondern vntertruckt ßo ist da mein gericht /
vnd w itt yhn erredten. Is t er nit reych ßondern arm vnd dorfftig / ßo 30
ist bey yhm so viel nur meyner gerechtickeit.
I n die weyßheit begreifst er allis / was do sind geystliche gutter vn
hohe gäbe / davon ein mensch ein wolgefallen / rum vn gutdunckel haben
mag. wie der volgend verß geben w itt / als da sind / vorstand / vornnfft /
witze / kunst / frumkeit / tuget / gut leben, kurtzlich / allis was in d' federt 35
ist / das man gotlich vn geistlich nennet / wie hoch gäbe es sein mugen / d'
keiniß got selber ist. In die gemalt begreyfft er alle vbirkeit / adel /
freundt / wirde / mmb ehre / es sey vbir zeitlich odder geistlich gutter
vnnd volck (wie wol in der schrifft / kein geistlich vbirkeit noch gemalt ist /
sondern nur dienstparkeit vnd vnrerkelt) mit allem recht / freyheit / forteyl rc. 4o
das drynne mag sein. Im retchtumb ist begriffenn / gesuntheit / gestalt /
i einblick nicht gewonnen 3 zu teil werden 4 s. 152, z. 34 ff ;
s. 158, z. 3 ff. 14 Jer. 9. 23 f. 15 poche
und ausgelegt. 1520 und 1521.
'65

lust / stercke vnd allis was dem leyb euserlich guttis begegen mag. Da
gegen sind nu ander drey / Geist armen / vnterdrucktenvn durfftigk an
leibs notdurfft. N u wollenn w ir die sechs werck vnnd stuck ordenlich
sehen nacheinander.

5 1Das erst werck gottis / die Barmherhickeit / 258 e


Dauon sagt dißer verß / Seine barmhertzickeit weret von kind zu
kind / denen die yhn furchten. S ie hebt am vbirsten vnd grosflsten an.
Nemlich an de geistliche inwendigen guttern / wilche mache die hoffertigisten /
stolyiste / halstercksten leut auff erden. Es ist kein reycher man / kein
10 mechtiger Herr / ßo auffgeblaßen vn mutig /als ein solcher klugeler d' sich
fulet vn 1 dunckt das er recht habe / die fachewol vorstehe / weißer sey daN $79 w
ander leut / ßonderlich wo es zum treffen kumpt / das er weichen obbT vn-
recht habe sol / da ist er so frech / vn gar on alle gottis furcht / das er sich
darff rume / er muge nit yrre / got sey bey yhm / die andern sein des teuffels/
15 darf auff gotiS gericht sich beruffen / vnd kan er fug vnd gewalt habr / ßo
ferett er einhin / m it de kopff hindurch / vorfolget / vtteilt / lestert/ würget /
voriagt / vorstoret / alle die yhm widderstehenn / vnnd spricht damach / ehr
Habs got zu dienst vnnd ehren than. Is t ßo sicher vnd gewiß / einiß
grossen« dancks vnd vordiensts für got / dasdie Engel kaum ßo gewiß sein
•o ym hymel. O wie eine groß blaße ist das. O wie viel handelt die schrifft
vö solchen leutten / wie grewlich drawet fle yhnen / aber sie fülenß weniger
denn der anboß des schmidts die hemmerschleg fu le t, vn ist bi§ stuck ein
groß weytleufftig ding.
Don denen sagt Christus Zoban. xvij. Es rotrt die zeyt kümen /
*5 da die ßo euch todten vnd voriagen / werden meynen / fit thun gotte ein
grossen dinst. vnnd psal. von dem selben Haussen. E r vbirweldigt alle seine
widdetteyl vnd spricht / Es rotrt mir kein vbilß beqegenn / als sott er sagen«.
Ich hab recht / ich thu wol / got rotrt m ir groß lohn drumd gebe rc. solch
volck war Moab dauon Isaias .got. vnnd Htere. glviij. W ir haben vonn
30 Moab gehöret / er ist vbir die maß hohmutig / sein hohmut, Inn auff
blaßen / fein vormessen / sein rhum / vnnd sein zorn / ist grosser denn seine
macht. 1Alßo sehenn w ir das solch leut für grossem vbirmut gem mehr 259 e
tettenn / denn sie vormugen. Ein solchs volck waren die Juden vbir Christü
vnd die Aposteln. Solch leut / waren die freund samt Job / die auß der
35 mästen weyßlich redten Widder yhn / vnd got sehr hoch lobten vnd predigeten.
Solch leut / Horen nit / lassen yhn nit sagenn / das ist nit muglich / das sie
vnrecht haben odder weychenn. N ur hyndurch / vn sott die wett gar drob
zu drümern gähn f Es kan die schrifft nit gnugsam straffen solchen vorlore
Haussen. I h t nennet ste yhn/ein schlänge die vhr orenn zustopff / das sie

9 hartnäckigsten 12 zutrifft 20 aufgeblasenheit 24 Jo.


16. 2 26 Ps. io, 5 f. 29 Jes. 16, 6. Jer. 48, 29 f
i66 Das Magnificat verdeutschet

nit höre / itzt timt vnbetzwinglich einhorn / itzt ein wutend lawen / itzt ein
gwssen unbeweglichen felß / itzt ein trachen vnd ßo fort viel mehr.
Aber nit baß sein fit abegemalet den Job .xl. vff .xli. da nennet er
den selben Haussen Behemoth. Behema heyst ein thier / Behemoth ein
Haussen thier / das ist ein volck / das ein thierlich vorstand hat / vn nit 5
gottis g«st in yhm regirn lest / da beschreybt yhn got / wie er äugen habe
580W als die morge1rodte. dan yhr klugheit ist on maß / yhr haut alßo hart /
das ßo man drauff schewst odder sticht / er einspot drauß macht / das ist /
wen auff sie predigt w irt vorlachen fle es / de yhr recht sol nit strefflich
sein. Ite m ein schupe klebet an der andern / das nit ein lufft da-wischen 10
geht / denn sie halten vbirnander / daS kein geyst gottis in sie kämen kan.
Sein Hertz (spricht got) ist vorharttet / wie einis schmyds amboß. Es ist
des teuffels corper / drumb gibt er auch solchs alles de teuffel an de selben
ort. Ein solch volck zu vnsern zeytte für allen andern / ist der Bapst mit
seinem Haussen / vü lange zeyt gewesen / die thun auch alßo / vnd mehr denn 15
es yhe gewesen ist / da ist keinhorenn / kein gelengk / da hilfst kein sagen /
kein radten / kein bitten / kein drewen / kurtz vmb nit mehr / denn w ir
haben recht / da bleybs bey / trotz yemand anderß / vnd wenß die welt wert.
260 e 1 Möcht aber yemand sage / m t w il sich das fugen / sol man das recht
nit halte? sol man die warheit lassen? Jsts nit gepotten man sol vmbS 20
rechts vn der warheit willen sterben? Haben nit die heylige Marterer
vmbs Euangelium willen gelittenn? hat nit auch Christus selbs wolt
recht habenn? Es geschicht yhe / das solch leut etwa öffentlich (vnd wie
sie plerren für got) recht haben / wol vnd weyßlich handeln. Antwort
ich / Hie ists zeyt vnd nodt die äugen auffthun / hie ist der rechte knodte / -r
da ligts gar an das man recht vnterricht / des recht haben. Es ist yhe
war / vmb d' warheit vn rechts willen sol man allis leyden / vnnd sie nit
leucken / sie sey wie geringe sie wolle. Es mag auch sein das etwan sie
recht haben / aber damit Wirts vorterbt / das sie recht / nit rechtlich auß-
furen nit m it furchten drynnen handeln / nit got für die äugen bilden / 3°
meynen es sey gnug das recht sey / sollen vn wollen auß eygener gewalt
fortfaren / vnnd das spiel alßo hynauß machen / damit sie yhr recht vnrecht
mache / wen es schon tmt gründ recht were. viel ferlicher aber istS / wen
es sie dunckt recht sein vnd wissenß nit gewiß / m t es geschicht in den hohen
fachen die got antreffen / vnnd seyne recht. Aber wollen zum ersten von 35
de groben menschlichen recht sagenn / vnd ein grob greyfflich exempel setzen.
Jsts n it war / das gelt / gut / leyb / ehre / weyb / kind / vnnd freund ic
fint auch gutte dinck von got selber geschaffen vnd gcben? ßo es denn

i Ps. 58, 5. 22, 22. 7, 3 2 Jer. 5. 3 Ps. 74, 13 3 H i.


40, TO ff. 41, I ff. 9 unsträflich, unangreifbar 14 zn A 16 ge­
lenke (gebildet wie getue, gelaufe), kein einlenken, nachgeben 23. 28 irgend
einmal 25 die hauptschwierigkeit (Thiele no.2) 29 ihr recht nicht
auf rechte weise zur geltung bringen
und ausgelegt. 1520 und 1521. 167

gottis gaben sind vnd nit deyn / vnd er wolt dich vorsuchen / ob du auch
die selben vmb seynen willen mochst lassen faren / vnd mehr an yhm allein /
denn an solchen 1 seynen guttern hangen. E r fugt dyr zu eine feynd der dyr S8xW
sie gar oder ein teyls nehm vnd dich beschediget / odder durch sterben vnnd
3 vorterben sonst drumb kennst. Meynstu das du hie billich vrsach hettist /
-u toben / wutten / mit sturm vnd gemalt sie Widder holen / odder vnge-
dultig zu sein 1 biß du sie Widder hettist / gebst ft»r / es weren gurte dinck / 26x e
vnnd gottis creatur / die er selb gemacht hette. Vnd die gantz schüfst nennet
solche ding gut / drumb woltistu gottis wort halten vnd solch gut mit leyb
xo vnnd leben schützen vnd wibderholen / odder yhe nit mit willen emperen /
noch mit gedult sie faren lassen / were das nit ein feyner scheyn? Woltistu
nu hie recht wol thun / ßo mustu nit mit dem kopff hyndurch faren / wie
denn? du fort got furchten / vnnd alßo sagen / Nu lieber got / es sind gurte
dinck vnd deyne gutter / wie deyn eygen wort vn schrifft sagt / aber ich
15 weyß nit ob du mir sie wilt gönnen / wen ich miste Vas ichs nit fort haben /
so wolt ich sie nit mit ein? hör widderholen / wist ich aber das du sie bey
mir wortist haben / mehr denn bey yhenem / so wolt ich deynem willen
daryn dienen / vnd mit leyb vnd gut Widder holen / weyl ich aber der
keyniß weyß / vnd sehe das gegenwertig geschicht / das du mir sie nehmen
•o lesstst / befiel ich dyr die sach / wil wartten was ich drvn thun sol vnd
bereyt sein / sie zuhaben vnd emperen.
Sie das ist ein rechte seel / die furcht got / da ist barmhertzickeit bey /
wie hie die mutter gottis singet / daraus kan man mercken auß wilchem
gründ Abraham / Dauid / vnd da- volck von Israel vorzeytten stritten /
as vnnd viel erwurgeten / sie giengen auß gottis willen hynan / stunden in
furcht vnnd stritten nit vmbs guts willen / ßondem das got von y,hn haben
wolt / wie daS die Historien geben oft antzeygen / gemeyniglich zuuor den
befelh gottis. N u sitze wie hie die warheit w irt nit vorleugnet / die war-
heit sagt / es sein gurte ding vnd gottis creatur. Za eben die selbe war-
3 0 heit / sagt auch vnd leret / dw fort solch gurte ding faren lassen / vnd alle

stund bereyt sein yhr zuemperen / ßo es got haben w il / vnd allein an got
hangenn. Die warheit dringt dich nit / das du die gutter fort wider
holen / damit das sie sagt / sie sein gut / dringt dich auch nit / das du fort
sagen / sie fein nit gut / ßon'dern das du fort der selben gelassen stehen / -6, b
3$ vnd bekennen das sie gut sind vnd n it boße.
Alßo muß man auch thun m it dem recht oft allerley gutter der vor-
nnnfft odder weyßheit. Recht ist ein gut ding vnnd gäbe gottis / wer
zweyffelt daran? G ottis wort spricht selb / Recht sey gut / vnd sol yhe
niemant bekennen das sein gutte odder rechte sach vnrecht odder boße sey /
4® sol ehe dmber1 sterben / vnd allis was got nit ist / faren lassen , denn das ss*w
were got vnnd sein wott vorleugket / der do sagt / recht sey gut vnd nit
16 haar; durchaus nicht 34 ihnen innerlich frei gegenüberstehen
38 z. b. Ps. 37, 28. 94, 15
i68 Das Magnificat verdeutschet

boße. woltistu aber darumb schreyen / mutten / toben / vnnd alle wett
erwürgen / das dyr solch recht würd genummen / odder vordruckt? Als
etlich thun die in den hymel rossen / alle iamet anrichten / land vnd leut
vorterben / m it kriegen oft blut vorgiffen die wett erfüllen. W as weystu
ob got dyr solche gäbe vnnd recht lassen wil? Ists doch sein/m ag dyrß 5
nehmen heut vnd morgen / drauß vnd drynnen / durch feynd vnd freund /
vnnd wie er wil. E r vorsucht dich ob du auch vmb seinen willenn wollist
des rechten emperen / vnrecht haben vnd legten / vmb seyn? willen die
schände tragen / vnd an yhm allein hangenn. Bistu nw gotfurchtig / vnd
denckist / Herr / es ist deyn / ich wils nit haben / ich wisse denn / das du 10
myrß gönn? wilt / far m i da feret / sey du nur mein got. Sihe dann
gehet disser verß / Dnd seine barmhertzickeit ist bey denen die yhn furchten /
die nichts thun wollen / on seine willen. Sihe da ist gottis wort in
beyden stucken gehalten / Sum ersten / das du bekennist das recht / dein vor-
nunfft / dein erkentniß / dein weyßheit / vn alle dein meynung sey recht 15
vnnd gut. wie gottis wort selb bauon redet. Sum andern / das dw solchs
guts gerne mangelst vmb gottis willen / zu vnrecht vorterbt / vnd zuschaute
werdist für der wett. wie gotis wort auch Irret. Es sein zwey ding gut
odder recht / bekennen / vnd gewinnen / D yr ist gnug das bekentmß / das
du gut vnd recht habist / kanstu nit gewinnen / laß got befolen seinn. dyr »
263 e ist befohlen zu befennenn / got hat yhm behalten das gewinnen. 1W il er
das du auch gewinnen sott / ßo Wirt er eß selber thun odder dyr alßo für-
bringen on deynn gedancken / das du es must in die Hand nehmen vnnd
gewinnen / auff die weyß du nymmer gedacht noch begeerd hettist. wil er
nit j laß dvr benugen an seiner barmhertzickeit. Nympt man dyr den sieg -r
des rechte ßo kan man doch das betennenn / dyr nit nehmenn. Sihe ßo
muffen wir abstehen nit von den guttero gottis / ßvndern von boßem vor«
keretem aufleben der seltenn / das wir yhn mangeln oft brauchen hinten
mtf gelaffenheit das in allem fall / wir an got allein hange. O solch ding
sotten alle surften vnd vbirkeit wissen / die nit benugen am bekennen des 3»
rechten / ßondern auch stracks gewinnen vnd vbligen wollen / on alle gottis
-urcht / machen die wett voll bluts vnnd iamers / meynen sie thun wol
vnd recht dran / die weil sie recht fach haben odder vormeynen zuhabenn.
W as ist das anders denn der stoltz vbirmutige M oab / der sich selb wirdig
macht oft acht / der das edle schone gottis gut vnnd gäbe (das recht) 35
5*3 'V hoben 1solle / so er nit wirdig ist / wen er sich recht ansehe für gottis äugen /
das yhn die erbe tregt / vnd die rinden vom brot esse / vmb seiner sunt
willen. O blindheit / O blindheit / wer ist wirdig einer kleynsten gotis
creatur? vnd wir wollen die hohisten creatum / das recht / weyßheit vnd
ehre der selben nit allein haben / ßondern auch mit wuttend / blutvorgiffen 40
11 es fahre dahin 12 passt 19 gewinnen A 2 3 vorlegen
ohne dass du daran gedacht hättest 29 mag kommen was da will
37 ringen A
und ausgelegt. 1520 und 1521. 169

vnd allem vngluck behalte vnd holen / gehn darnach hyn / bete / fasten /
Horen meß / stifften kirchen / mit solchem bluttichtem / wuttichtem / rasen­
dem gemut / das nit wunder were die steynn zursprungen für vnßerm
angestcht.
5 Hie fellet zur seyten ein / eine frag. S ol denn nit ein Herr sein land
vnd leut schuhen für vnrecht / sondern so still halten / yhm allis nehmen
laffenn / was wolt darauß werden in der welt? Dq w il ich mein duncken
itzt auffs kurtzist sagen. Weltlich gewalt ist schuldig yhr vnterthan zu-
schutzenn / wie ich offt gesagt / denn darumb tregt sie das schwert / das
10 man die / 1 ßo sich nit an solch gotliche lere keren / in der furcht behalte / *** e
damit sie de andern frid vnd rüge lassen. Auch daran sucht sie nit yhr
eygenß / ßondern des nehisten nutz / vnnd gottis ehre / were wol gern auch
stille vnnd ließ yhr schwert liegen / wen got solchs nit verordnet hette den
boßen zusteure / doch das solcher schütz geschehe nit mit viel großerm
15 vnradt / vnnd ein leffel auffgehaben werd / da man ein schuffel zutrit. Es
ist ein schlechter schütz / so man vmb einer Perlon willen ein gantz stad in
die fahr setzet / oder vbir eine dorff odder schloß / das gantz land dran setzet.
Es were denn das got fionderlich / wie vorzeitten / befelh thet solchs
zuthun. Es nympt ein Reuter einem burger sein gut / vnnd du brichst auff
ec mit einem Here / das vnrecht zustraffenn / schatzist das gantz land / wer
bat hie mehr schaden than? der reutter odder der Herr? Danid der sah
vielmal durch tu ffnger / wo er nit kund straffen / on der andern schaden.
Also muß alle vbirkeit thun / es muß auch widderumb ein landfeß etwas
leyden vmb der gemevne willen / vn nit tegeren / das vmb seinen willen /
*5 alle die andern in grossem schaden kummen. Es w il nit altzeit gleich seinn /
Christus wolt nit das hedderich anßrotte lassen / das nit auch der weyß
mit außgervttet wurde. Solt man auff alle antastung streytten 1 vnd gar 584W
nichts vbirsehen were nymmer kein srid / vnnd dennoch eyttel r 02fetten
datzu. Drumb ist das recht oder vnrecht nymmer mehr gnugsam vrsach
30 on vnterscheyd zustraffen odder kriegenn. Es ist wol gnugsam vrsach / mit
fugen vnd on eynß andern vorterben / straffen. Es muß yhe ein her odder
vbirkeit mehr auffsehen was dem gantzen Haussen dienet / denn eine eyntzelen
stuck. Es wirt nit ein reycher haußvatter werden / der die ganß hvnach
wirfft / drumb das man yhr ein feddern hat außgeraufft. Lon kriegen aber
35 ist ytzt nit zeyt zuredenn.
Alßo auch in gotlicken fachen zuthun ist / als mit de glauben vnd
Euangelio / das die hohisten 1 gutter sind / vß sie niemand faren muß lassen. *65 e
A ber das recht / gunst / ehre / zufallen vff anhang der selben / muß man
auch in die wage lege / vff got damit walde lassen / nit vmb das gewinne
4° sondern vmbs bekenne sorgfeltig sein / vn gern leyde ob er als ein vn-

5 obvenit 15 schaden Thiele no. 276 (u. 477) 23 bürger


26 M t. IZ , 29 f. unkraut weizen 33 W and er, Gans no. 145 hinter­
drein
Das Magnificat verdeutschet
* 7°

gerechter / ein vorfurer / ein -eher / tin yrriger / ein freueler rc. drob für
aller well werd geschmecht / vorfolgt / voriagt / vorbrennet odder sonst er­
würgt / den da ist gottis barmhertzickeit bey. Man kan yhm yhe den
glauben vnd die warheit nit nehmen / ob man yhm das leben nympt /
wiewol in diffem stuck wenig sind / die vmb das gewinnen vnd obligen $
toben oft wundern / wie ym zeitliche gut vnd recht geschicht / den yhr ist
auch wenig die es recht vnnd auß gründ bekennen / doch sol ein solcher
mensch leyd vnnd klag haben vmb anderer willen / denen durch vnterligen
des Euägelij jan der seelen selickeit hynderniß geschicht / ia viel mehr hie
(doch für gottis äugen) klagen vnd erbeyte / für solchen der seelen schaden / «>
den die Moabiten thun vmb yhre zeytliche gutter vnd rechte / wie droben
gesagt ist / denn es erbermlich ist / wo gottis wort nit gewynnet vnd
obligt / nit vmb des bekennerß willen / sondern deren / die da durch sotten
behalte worden sein. Daher sehen wir in den Propheten / Christo vnd
Aposteln ßo groß leyd vnd klag vmb des gottis Worts vordruckung willen / i $
die doch frolich waren / allis vnrecht oft schade zuleyden / denn hie hars
ein ander vrsach / vmb daS gewinnen / für allenn andern guttern. wie wol
doch niemant selb darynnen mit gewalt faren sol / vnnd solch- recht des
Euangelij mit dem sturm vnd vnuornunfft behalten odder holen / sondem
sich demütigen für get / als d' villeicht nit wirdig sey / das solch groß gut *>
durch yhn geschehe / vnnd alles mit bitten vnnd klagen seiner barmhertzickeit
heym geben.
$8$w 1 Sihe das ist da- erst rottet gottis das er barmhertzig ist vbir alle /
166 e die yhr dunckel / recht / weyß'heit / vnnd was geystlicher gutter flnd / geme
mangeln vnd willig geystarm bleyben. da- sind die rechten gotfurchtigen / -5
die sich keinis dings wirdig duncken / wie gering es sey / gern für got vnd
welt nackt vnd bloß sein/was sie aber derselben haben/nur als auß
lautter gnadr den vnuordienten geben / der selben mit lob / danck oft furcht
brauchen / gleich als frembder gutter / nit yhren willen / lust / lob nach ehre /
ßondern allein des / des ste sein / suchen / oft zeygt an wie viel mehr lust 30
got habe / solch barmherhickeit / sein edlist rottet / zuthun / den das gegen-
werck der sterck / damit das sie sagt / Es were solch rottet gottis on auff-
horen von kind zu kind / in den fürchtsamen / da yheniß werck in das drit
oder vierd gelid weret / oft in diffem volgende verß / kein ziel noch zeit
gesetzt ro irt / wie folget. 35
Das ander werck gottis / Geistliche Hoffart zestoren.

Er hat gervalt vbet mit seyne arm:


Vnd zurstrewet die hoffettige ym gemut yhres hertze.
Niemant laß sich yrren die vorteutschung / das ich droben alßo vor-
teuscht habe / Er rottest gewelttglich / oft hie / E r hat gewalt vbet. Es
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- 4 0
i i s. 165, z. 29; s. 168, Z. 34 27 sey A 32 währe 33 gottes-
ftirchtigen
und ausgelegt 1520 und 1521.
17 »

geschicht darumb / das p ir die wort deste baß vorstehen / wilche sollen an
keine zeit gepunden sein / ßondern gottis art vnd werck frey antzeygenn /
die er alltzeit than hat / alheit thut / alheit thun w irt / das gleich viel were /
ßo ichs in solch weiß auff deutsch redet. Got ist ein solcher Herr / des
5 werck der Massen gehe / das er krefftiglich zurstrewet die hohmutigen vft
barmherhig ist vbir die furchtsamen. Gottis arm wirt in der schüfst ge-
nennet sein eygen geroalt / damit er on mittel der creaturn wirckt / daffelb
geht stil vnd heymlich -u / das sein niemät gewar wirt biß das geschehen
ist. Alßo / das die selb gewalt odder der arm nit mag denn allein durch
10 den glauben vorstanden vnd erkant werden / das auch Jsaias liij. drob
klagt / das so wenig glauben 1 haben zu solchem arm / vnd spricht / wer *67 e
gleubt vnßer predigt / vnd wer sind die den der arm gottis bekant ist /
das macht allis wie da selbs folget. Es gehet heymlich vnter einem vn-
gleichen ansehen solcher gewalt. Auch Abacuc. iij. spricht / das Horner in
15 gottis henden sein / anhuheygen sein grosse stercke. vnd spricht doch / sein
sterck sein vorporge daselbs. wie geht das zu.
Es gaht also zu / wen got durch mittel der creaturn wirckt / so flhet
man öffentlich / wo gewalt oder schweche sey / daher das sprichwort tumpt /
1Got hilfst de sterckisten. Alßo wilcher fürst den krieg gewinnet / durch 586W
-0 de f)at got die andern geschlage. Fnst ein wolff yemats odder w irt sonst
beschediget / ßo ists durch die creatur geschehen / also macht vn zubricht got
ein creatur durch die andern / wer do ligt der ligt / wer do steht der steht/
Aber wen er selb wirckt / durch seynen arm / da gaht es anders zu / da
ists zustoret ehe wen man meynet / widderumb erbawet ehe man meynet /
•5 vnd niemant flhet. solchs werck thut er nur zwischen dk beyden teylen der
welt / den frumen vnnd boßen / da lessit er die frumen krafstloß werden
vnd vnterdruckt / das yderman meynet / es sey mit yhn auß / es hab ein
end / vnd eben in de selbe ist er am sterckisten da / ßo gar vorporgen oft
heymlich / das die auch selb nit fulen / die da leyden das drucken / sondern
30 glawbens / da ist voll gottis sterck vnnd der gantz arm. Denn wo menschen
krafst außgaht / da geht gottis trafst ein / ßo der glaub da ist / vnd warttet
des. Wen nu das drucken auß ist / so brichts erfur / was für ein sterck
sey geweßenn vnter der krenck. Sitze alßo watt Christus krafstloß am
Creutz / vnd eben da selb thet er die groste macht / vbirwand die fund /
35 tod / wett / Helle / teuffei vnd allis vbel. Alßo haben alle Matterer starck
geweßen vnnd gewonnen / alßo gewinnen auch noch alle leydenden vnnd
vordruckten. Drumb spricht Johel. ij. Der do krafstloß ist / der sol
sagen» / ich byn krafstreich / aber 1 ym glaube vnd vngefulet / biß das anß 268 e
end kumpt.
40 Widderumb das ander teyl lesflt got / groß oft mechtig sich erheben.
7 ohne Vermittlung 10 Jes. 53, 1 14 H ab. 3, 4 18 Fortes
fortuna adiuvat (vgl. Erasm., Adagia) 24 eher als 33 krankheit»
Schwachheit 37 Joe. 3, 15
172 Das Magnificat verdeutschet

E r zeugt seine trafst erauß vnd lessit sie nur von eygener trafst sich auff
blaßenn. wen wo menschen trafst eingeht / da geht gottis trafst auß. wen
n « die blaße voll ist / vn yderman meynet sie liege oben / haben gewannen /
vnd sie selb nu auch sicher sind / vnd habenß anß ende bracht / ßo sticht got
ein loch in die blaßen / ßo ists gar auß. Die narren wissen nit / das eben $
in dem sie auffgehen vnd starck werden / das sie vö got geeuffert sind / vnd
gottis arm nit bey yhn ist. Drumb weret vhr ding seinn zeyt / darnach
vorschwind es / wie ein waffer blaßen / mixt als were es nie geweßenn.
Davon sagt psal. lw j. da ehr sich sehr vorwundett / wie btt boßen / ßo
reich / sicher vnd mechtig weren in der w eit gu letzt sprach er /I c h Habs io
nit mugen vorstehen / biß ich in die heymlickeit gottis sah / vnd warnahm
wie es yhn am letzten würd -ehenn. da sah ich / das sie nur zu yhrem
5*7 w eygen betrug also 1erhaben waren / vff eben daryn genydret / daryn sie er­
haben waren, wie bald sind sie vorstoret / wie schnei ists auß mit yhn
worden / als weren sie nie geweßen / wie ein trawm vorgeht / dk der do 15
auff wacht. Dnd psal. M i . Ich hab einen gotloßen man gesehen auff*
gewachsen vff erhöht / wie ein Eeder bäum auff dem berge Libani / ich bin
nur ein wenig für vbir gangen / vnd sie zu / da war er schon dahyn / Ich
fragt nach yhm / da war sein nicht mehr da.
E s gebricht nur am glauben das wir nit auch alßo ein wenig harren *>
tunden der zeit / -vnst wurdenn wir auch seyn sehen« / wie die barmhertzickeit
sey bey den furchtsamen mit aller stercke gottis / vnd der arm gotis Widder
die hvffettigen mit allem ernst vff gewalt / wir glaublvßen tappen mit der
saust nach der barmhertzickeit vnd nach dem arm gottis / vnd wen wir nit
*9 e fulen / ßo meynen wir / es sey mit vns 1 vorloren / vnnd mit den seynden ,z
gewonnen / als sey gottis gnade vnd barmhertzickeit von vnß / vnd sein arm
Widder vns / das macht wir tennen seine eygen werck nit / drum feinten
w ir yhn auch nit / Widder seine barmhertzickeit noch arm / den er muß vnnd
wil ym glauben ertandt werden / drumb muffen die syn vsi vvrnunfft zusein/
yhr äuge das ergett vnß / drumb sol man es außstechen vnnd wegwerffen. y>
S ih e das sind zwey werck gottis widdernander / auß wilchen wir lerne /
wie got alßo gesynnet sey / das er ferne von den weyßen vnd trugen sey /
vnd nah bey den vnweyßen / vnd die vnrecht haben muffen / das macht den
got lieblich vff löblich / tröffet seel vff leyp vff alle trefft.
N u sie die wort / E r zustoret die hoffertig sind ym gemut yhres 35
hertzen. D ie zustorüg geschihet (wie gesagt) eben wen sie am aller tlugisten
sind / vnnd voll eygener weyßheit / ßo ist gotis weyßheit gewißlich nym
dar. wie kund er sie aber baß vorstore / de sie ledig mache seyner ewigen
weißheit / vnd vol lassen werden yhrer zeitlichen turtz vorgenglichen weyß*
heit? E ie spricht nemlich / die do hoffertig sind ym gemut yhres hertzen / 40
das ist / denen yhr meynung buntfei vnd vorstand / den nit got ßondern
3 zu Wasserblase vgl. W. A. io \ 508. 11, 2471 6 verlassen
9 73. 16 ff. 16 Ps. Z7. 35 *7 auffgewachen A 30 Mt 5, 29
und ausgelegt. 1520 und 1521.
173
yhr her- gibt / wolgefellet / das der alleinn der aller rechtist / beste / weysest
sey / darüber sie sich erheben Widder die furchtsamen / dempffen yhre
meynung vnd recht / machens zuschanden vnd vorfolgens auffs eußerst / das
ia yhr eygen ding nur recht sey vn 1 bestehe / vnd wen sie das erlange / 5«sw
s rhumen vn erheben sich hoch / wie die Juden Widder Christum tethen /
sahe aber nit damit yhr dinck zustoret vnd zuschanden / vn Christus zu
allen ehren erhaben. Alßo sehen wir das differ verß redet von den geyst-
lichen guttern / vnd wie man darynnen gottis werck erkennet auff beyden
seytten / das wir gern sollen geystarm sein / vnd vnrecht habe / vnßer
10 widderpart lassen recht haben / sie werdenß doch nit lange1treyben / die zu- 270 e
sagung ist hie zustarck / sie mugen dk gottis arm nit entrynnen / sie müssen
vnter / ßo hoch als (le sich erhaben / ßo wir das glewben. wo aber der
glaub nit ist / da wirckt got solch werck nit / lessit gehen / vnnd wirckt
öffentlich durch die creaturn / wie drvben gesagt ist / das sind aber nit die
15 rechten werck damit man yhn erkenne kan / den es lauffen der creatur trefft
mitvnder / vnnd sind nit bloß eygen gottiS werck / milche muffen sein / das
niemandt mit yhm wirck / ßondern er allein / das geschicht / wen wir
krafftloß werden vnnd vnterdmckt in vnßerm rechten odder syn / vnd leyden
gottis trafst in vnß / das sind edle werck.
so Wie meysterlich trifft sie aber die falschen gleyßner / vnd flhet yhn
nit auff die hend noch vnter die äuge / sondern ynß Hertz / spricht / die
hoffertigen ym gemut yhres hertzen / damit sie Sonderlich ruret die feynd
gotlicher warheit / als die Juden waren Widder Christum / vnd itzt auch /
denn die selben gelerten vnd Heyligen / sind nit hoffettig in kleydern odder
25 geperden / beten viel / fasten viel / predigen vnd studirn viel / halten auch
Meß / trag- das heubt demütig / vnd nit köstliche kleyder / wissen» selbs
nit anders / den das kein grosser feynd d' Hoffart / des vnrechten / der
gleyßnerey sey denn sie selb / vnd kein grosser freund der warheit oft gottis /
den sie. wie tunte sie schaden thun der warheit / wen sie nit solch heylig /
3 0 frum / gelert leut weren? Solchs yhr wetzen das gibt den schein vnd
gleyffet vnd bewegt den Haussen». Ach sie meynenß ßo hertzlich gut / ruffen
den lieben got an / vnd erbarmen sich vbir den armen Jhesus / das er ßo
vnrecht thut vnd hoffertig / vnnd nit ßo frum ist als sie sein», von denen
sagt er N att. xi. die gotliche weyßheit roirt vonn yhren eygen kindern
35 gerechtfertiget / das ist / sie sein gerechter vnd weyßer denn ich selb / der
die gotlich weyßheit byn / wie ich mach ßo ists nit recht / vnd werd von
yhnen gemeystett.
Das stnd die gifstichstenn / fchedlichsten men'schenn auff erden» / das -7- e
ist ein hertzlich gründ tieffe teufflisch hoffatt / der kein radt ist / denn die
40 hdren nit / was man sagt / das geht sie nit an / laffenß gehn vbir die arme
suuder / der solch lere bedarff / ste durffens nit. Johannes nennet sie
2 unterdrücken 22 trifft 34 M t. 11, 19 40 beziehen
es auf
Das Magnificat verdeutschet
i7 4

589w schlangen gepichte' Lnce. tij. Christus auch / daS sind die rechtschuldigen
die got nit furchten / vnnd nur dahu dienen daS sie got mit yhrer Hoffart
zustrew / darumb das niemant recht vnd warheit mehr vorfolget denn fit /
doch (wie gesägt) vmb gottiS vnd der gerechtickeit willen / drumv muffen
sie die ersten sein auff dißer seytten / vnter den dreyen feynden gottiS / den 5
die reychen find die geringsten feynd / viel mehr thun die geweltigen / aber
solch gelerten find vbiranß / die reytzen die andern. Die reychen vortilgen
die warheit bey yhn felbS / die gewaltigen voriagen fie von den andern /
aber die gelerten leschen fie gar auß in yhr selbS / vnd bringen anders auff/
yhrS hertze eygen dunckel / das fie nit mag Widder auff kummen. AlS 10
weyt nw die warheit in yhr selb besser ist / denn die menschen in den fie
wonet / also viel sein die geletten erger denn die geweltigen vnd reychen.
O got ist yhn ßonderlich feynd / wie billich.

DaS dritte werck / Nydrigen die hohen.

Er hat abgesetzt die gewaltigen vo »$


yhren stuelen.
Dieß werck vü die nachfolgend find nu leichtlich zuuorstehen / auß
den vorig- zweyen, denn gleich wie er zustort die weyßen vnnd klugler in
yhrem eygen sin vnd gutdunckel / darauff fie fich lassen vnd yhren hohmut
treybe Widder die gotlichen furchtsamen / die do vnrecht haben muffen / »
vnnd vordampt sein yhr fin vnnd recht / wie denn geschicht am meysten
vmb daS gottiS wort willen. Alßo auch zustoret her vn setzt abe die ge-
272 e weltigen vnd grossen 1 mit yhrer macht vn vbirkeit / darauff fie fich lassen
vnd yhren vbirmut oben gegen die enteren vnd fronten demütige / die do
muffen vö yhn leyden schaden / pein / tod / vnd allerley vbel. Dü wie er 2 5
die tröstet / die do vnrechr vn schad habe muffen vmb yhreS rechten /
warheit vnd wort willen / also tröst er auch / die da schaden vnd vbel
leyden muffen / vü wie viel er diffe tröstet / so viel erschreckt er ihene.
DaS muß aber auch alliS ym glauben erkennet vnd außgewattet sein /
denn er zustort die geweltigenn ßo bald nit alS fie eS vvrdienenn / lesfit je
ein weyl fie gehn / biß daS yhre gemalt auffS hohist vnd letzt kumpt / ßo
helt fie denn got nit / ßo mag fie auch fich selb nit halten / ßo vorgeht fie
590W in yhr selbS / on alles rumorn vnd brechen / vnd 1summ* denn empohr die
vordrucktenn / auch on alles rumor / denn gottiS trafst ist in yhnen / die
bleybt denn allein / wen ihene vnter ist. 3$
Merck aber / fie spricht nit / daS er die stuel zubreche / ßondern wirfst
die geweltigenn erauß. Spricht auch nit / Er lest die nydrigen hie nyden /
ßondern erhebt fie. Denn die weil die wett steht / muß vbirkeit / regiment /

i Lc. 3 , 7 - M t . 23, 33 7 die ärgsten 29 abgewartet


33 krachen 38 solange als
und ausgelegt. 1520 und 1521.
*75
gemalt / vnnd die stule bleyben. Aber das sie der selben vbel vnd Widder
got brauchen / vnrecht vnd gemalt zuthun denn krummen / vnd das sie ein
wolgefallen drynnen habenn / sich des erheben / nit mit furcht gottis der
brauchen zu seinem lob vnd zu schuh der gerechtickeit / das leydet er mt
5 lange. Alßo sehen« w ir in allen Historien vnnd erfarung / wie er ein reich
auffwirfft / das ander nyder / ein Furstenthumb erhebt / das ander vor-
druckt / einn volck mehret / das ander vortilget, wie ehr Assyrien / Babylon /
Persen / Kriechen / Rom / thann hat / die doch meyneten sie wurdk ewig
sitzen in yhrem stuel. Alßo vorstoret ehr auch nit vornunfft / weyßheit /
xo vnd recht / Denn sol die Welt bestehen / muß man vornunfft / weißheit vnd
recht habe / sondern den hohmut 1vnd die hohmutigen / die yhn selbs damit *73 e
dienen / wolgefallen drob habenn / got nit furchten / vnnd die fhmttn vnd
das gotlich recht damit vorfolgen / vnd alßo der schonen gaben gottis miß­
brauchen Widder got.
-z Nu geschichts in gottis fachen / das die klugler vnd hoffertigen dunckler
sich gemeiniglich schlahen zu den gewcltigen / vnnd die selben bewegen
Widder die warheir. wie psal. ij. stehet / Die kunige der erden haben sich
auffgericht / vnnd die fürsten sind zusammen getretten Widder got vnnd
seinen gesalbetenn rc. Das alleyeit / das recht vnnd die warheit muß zu-
ao gleich Widder sich haben / die weyßen / die geweltigen / die reicherm / das
ist / die wett mit yhrem grosten vnnd höchsten Vormagen. Drumb tröst
der heylig geist die selben drrrch den mund differ mutter / das sie sich nit
yrre noch schrecke, laß sie weyß / mechtig / reich seinn / es weret n it lange.
Denn wo die heyligen vnd gelerete mit den geweltige vnd Hern / datzu
*5 m it de reychen / nit Widder ßonder bey das recht eft die warheit trettr /
wo wolt vnrecht bleibe? wer würd etwas boßes leyden? Neyn / nit
alßo / die gelerten / die heyligen / die nichtigen / die grossen / die reychen /
vnd das beste an der welt muß Widder got vnnd recht streyten / vn des
teuffels eygen sein, wie Abacuk .i. sagt / Sein speyß ist zertlich vff auß-
3° erwelet / das ist / der boß geyst hat ein vorleckert maul / frist gem das aller
best / das niedlichst / daS außerweltist / wie der Beer das honnig. Drumb
sind die gelerten die heylige gleyßner/die grossen Hern / die reychemr /
des teuffels lecker bißle. widderumb / was die welt vorwirfft / die armen /
1nydrigen / einfeltigen / geringen / vorachten / erwelet got / wie sanct Paulus 59*w
3$ .i. Corint. i. sagt / vnd macht das von dem besten teyl der welt leyde muß
das geringste / auff das ia erkennet werde / wie n it in menschenn / ßondern
allein gottis vormugen vnd wercken vnser heyl bestehe, wie auch santt
Paulus sagt. Daher kumpts / das man m it rechter 1warheit sagt / D ie ge- *74 e
Irrten die vorkeretenn. Ein fürst wiltprett ym hymel. Hie reich dort arm.
den die gelerten lassen den hohmut yhrs hertzen n it / die geweltigen lassen
yhr drucken nit / die reychen lassen yhre lust nit / ßo gaht es dahyn.
17 Ps. 2, 2 29 Ha. 1, 16 35 1. Ko. i, 28 38 I. K o.
3, 7 39 Thiele no. 7 und Flugschriften 1,48 s.*0. Oben I 420, *. 19
176 Das Magnificat verdeutschet

Das Dierd werck / Erhöhung der nydrigen.


Vnd er hat erhaben die nydrigen.
Nydrige sollen hie nit heyffen die demutigenn / ßondern alle die für
der wett vnansehelich sind vnnd gantz nichtig. Denn es ist eben das wort-
lin/das fle drobenn von yhr selb sagt / Er hat die nichtickeit seiner magd 5
angesehen, doch milche gem -0 nydrig vn nichtig sind vö hertzen / vnd suchen
nit hohe zusein / die sein gewißlich demütig. Das erheben ist nu nit zu-
vorstehen / das er sie in die stuel vn an die stadt setze der die er abgesetzt
hat / zugleich wen er den furchtsamen barmhertzig ist / setzt er sie nit an
die stadt der hochgelertt / das ist / der hoffertigenn / ßondern gibt yhn viel *o
mehr das fle in got vnnd geistlich erhaben vbir stuel vnd gemalt / vnnd
alle kunst richtet werden hie vnd dort / denn fle mehr wissen wen alle ge-
letten vnd geweltige. wie nu das zugeht ist gesagt droben ym ersten werck /
ist nit not widertzuholen. Es ist alles -utrost den leydenden / vnd zu­
schrecken den tyrannen gesagt / wo wir ßo viel glauben» hettenn / das 15
wirß war achten.

Das Funfft vnd Sechst werck.

Er hat die hungrigen gesettiget mit


Vnd die reichen hat er leer gelassen. (guttern /
Wie droben gesagt ist / das die nydrigr nit sollen heyffen / die in 20
nichtiger vorachter form sind / ßondern die gerne drynnen sind odder sein
275 e wollen» / zuuor ßo vmb gottis worts willen odder des rechten / 1fle drey»
gedrngen werden». Alßo sollen die hungrigen» auch nit die sein/die wenig
oder kein speyse habe / sondern die selbs gerne Mangel leyden/zuuor so fle
592W vö andern mit gemalt 1 vmb gottis odder warheit willen datzu gedrungr 25
werden, was ist nydriger / nichtiher / durfftiger denn der teuffel vnd die
vordampten / item die vmb yhre Missetat gemartett / erhungett / erwürgt
werden / vnd alle die nydrig vnd durfftig flnd mit vnwillen / vnd hilfst fle
doch nichts / ia mehret vnd groffett yhren iamer. Don denen redet die
mutter gotis nit / sondern vö denk / die mit got vnd got mit yhnen einiß 30
ist / die in yhn gleubk vtt trawk.
Widderumb / was hindett die heiligen vatter Abraham / Jsaac vnd
Jacob das fle reich waren- was hindert Dauid sein kunigstuel / Daniel
sein gemalt zu Babylonien / vnnd alle die in hohem stand odder gwffen
reichtumb wäre oder noch flnd? so yhr Hertz nit drauff gibt / noch das seine 3$
dryn sucht. Salomon spricht / Prouerb. xvi. Got der wigt die geyster /

9 gleicherweise: 12 als 13 s. 165, z. 5 ff. 20 s. 150, z. 3 ff.


26 ärmer 27 durch hunger getötet 36 Pr. 16, 2
das ist / E r richtet nit nach dem eußerlichen ansehen vnnd formen / ob sie
reich / arm / hohe / nydrig sein / sondern nach dem geist / wie sich der drinnen
halte. E s muffen solch form vnnd vntekscheyd der Person vnd stend bleiben
anff erden in diffem leben / aber das hery sol nit anklebe noch fliehe /
5 nit hangen an den hohen vnd reichen / nit fliehen die nydrigen vnnd armenn.
Alßo sagt auch psal. vij. Got der forscht das hery vnd die nieren / drumb
ist er ein rechter richten Menschenn aber richten nach dem angestcht /
drumb feylen sie offr.
Dieße werck geschehen auch wie die droben / heimlich das fle niemäd
ie fulet / biß am end. Ein reich mesch wirt nit gewar / wie gar leer vnd elend
er sey / denn ßo er stirbt / odder sonst vortirbt / ßo slhet er wie gar es
allis nichts geweßenn ist / alle seine habe, wie psal. lxxv. S ie sein ent'
schlaffen (das ist / gestorben) vnd alda befunde sie / das nichts in yhren
henden haben alle menner der 1 reichtumb. widderumb die hungrigen wiffenn -76 e
15 nit wie vol sie sein / biß das anß ende kumpt / ßo finden sie denn das wort
Christi Luce. vi. Selig sein die hungerigen vnd durstigen / den sie werden
satt werden / vnd hie die tröstliche zusagung der mutter gottis / E r hat die
hungerigen erfüllet mit guttern. E s ist yhe nit muglich / das got lasse
yemand leiplich hungerß sterben der in yhm vortrawet / es musten ehe alle
so engel kämen vnd yhn speyßen. Helias watt von der raben gespeyßet / vnd
von einer Hand vol meelß watt ehr erneret / mit der witwe zu Sarepta
eine lange zeit. E r kan nit lassen die yhm vortrawen. drumb spricht Dauid
psal. xxxvi. Ich 1 bin iung geweßen vnd alt worden / hab noch nie sehen 593w
einen gerechten vorlassen / oder seine kind nach brot gahen / wer aber got
KZ trawet / der ist recht. Item psal. xxxiij. Die reychen sind durfftig vnd
hungrig blieben / aber die got suchen haben keinen geprechen in yrgent
eintin gut. Vnnd Sam uels mutter sinnet Hanna .i. Reg. ij. die vorhyn
fat vnd vol waren / haben sich muffen lagern das sie mochte brot haben /
vnd die hungrigen sind gesettigt worden,
je E s ist aber der leydige vnglaub alyeit ym Wege / das got solch werck
nit invnß wircken mag / vnnd wir sie nit erfaren noch erkennen mugenn.
D ir wollen satt sein vnd aller ding gnug haben ehe der Hunger vnd die
notdurfft kumpt / vnnd Vorsorgen vns mit furrad / auff zutunfftigen Hunger
vnnd durfft / das wir gotri6 vnnd seiner werck nymmer bedurffenn. W as
3$ ists für einn glaub der do got trawet / die weil du fulest vnd weissist
furrad / wie du dir helffen magist? der vnglaub macht / das wir gottis
wort / die mxbtit / das recht / sehen vnterligenn / das vnrecht obligen /
vnnd schweygen still / straffen nit / reden nit drumb / weren nit / lassen
gehenn was da gehet, warumb? habenn sorg man greyff vnß auch an /
40 vnd mach vnß arm / das wir denne hnngriß ster'ben vnnd ewig ernydrigt 277 e

6 Ps. 7, 10. 12 12 Ps. 76. 6 16 Lc. 6, 21 20 I. Kö.


17, 6. 15 23 Ps. Z7, 25 25 Ps. 34, 11 27 1. Sa. 2, 5
i 78 Das Magnificat verdeutschet

«erden / das heyffet denn zeitlich gut hoher denn got geachtet / vnnd an
sein statt zum abgot gemacht / damit wir denn nit wirdig «erden zuhören
noch vorstehen dieffe tröstliche gottis -usagung / das er die nydrigen erhebe /
die Hohr nydrige / die armenn erfülle / die reichen ledige / vnnd alßo auch
nymmer zurkentniß seiner «erck kummen / on «ilche doch kein selickeit ist / r
vnd muffen alßo ewig vordampt sein». wie psal. xxvij. sagt / Sie haben
der werck gottis keine künde / vorstehenn auch die geschefft seiner hend nit /
drumb «irstu fle zubrechenn vnnd nymmer mehr bawenn.
Vnd das auch billich / darumb das sie solchen seine zusagen nit
glewben / yhn achten wie einen leichfertigen lugenhafftigen -ot / dursten i«
auff seine wort nichts wagen noch ansahen / ßo gar nicht halten sie vö seiner
warheit. Es muß yhe vorsucht vnd gewagt sein auff seine wort / denn
sie spricht nit / Er hat die vollen erfüllet / die hohen erhaben / ßondorn die
hungrigen erfüllet / die nydem erhaben. Du mast ym Hunger mitten in
die durfft kummen sein / vnd erfaren was Hunger vnd durfft sey / das nit *5
da sey vorrahd noch hülst bey dir odder menschen« / ßondern allein bey got /
59*w das yhe das werck als vn'muglich allen andern/allein gottis sey. Alßo
mustu nit allein gedencken vnd reden vö nydrigunge / sondern drein kümen /
drin sticken / hulffloß werden von yderman / das got allein da wircken muge /
oder yhe solchs begeren vnnd nit schewen / ßo es mit der that nit datzu
kümen mag. Darumb sind wir Christen vnnd haben das Euangelin /
wilchs der teuffel vnnd die menschen nit leyden mugen / das wir dadurch
zu durfft vnd nydrigung / vnd alßo in vnß auch got / zu seinen wercken
kümen muge. Denck dw selbs / solt er dich fettigen ehe dich hungett /
odder erhöhen ehe du rrnydret werist / so must er sich nur stellen gleich «s
wie ein keuckeler / vst kund nit thun das er furgebe / vnd weren seine werck
78 e nichts / denn ein spot. ßo doch 1geschrieben stet Psal. c.x. Seine werck sein
warheit vn ernst. S olt er auch alß bald ym anheben deiner durfft vnd
nydrung wircken / odder in kleiner durfft vnd nydrung helffen / ßo weren
die «erck -ugeringe gotlicher gewalt vnd maiestet, vö denen doch psal. c.x. J°
sagt / Gottis werck sind groß vnd ersucht noch allem seinen begeren.
Laß ansehen das gegen teil / solt er die hohen vnnd reychen zubrechen,
ehe sie hoch vnd reich wurden / wie wolt er sich datzu stellen- ffe muffen
zuuor ßo gar in die höh vnd reichtumb kümen / das fle selbs vnd yderman
dunck / ia auch ym gründ alßo sey / das fle niemant -rechen / niemant yhn 35
weren muge / vn fle yhr fach gewiß werden / vnd sage / wie vö yhn vnd
Babylonien spricht Jsaias .xlvij. Höre hu du zatte / die du ßo flcher fltzist
vnd sprichst in deinem hertzen / Hie byn ich vnnd niemandt thut mir / ich
bin gewiß das ich nit ein witwe noch on kinder sein «erd (das ist on
sterck vn beystäd) «olan es sollen dyr diß alle beyde kummen auff einen 40

6 Ps. 28, 5 15 notdurft 26 gaukler 27 Ps. 111, 7


30 Ps. i n , 2 'exquisita* 37 Jes. 47, 8 f.
und ausgelegt. 1520 und 1521.
*79
tag rc. da kan denn got wircken in yhn sein werck. Also ließ er Pharao
vbir die kinder von Israel flch erhöhen vnd sie vnterdrucken. wie Exo. ix.
got selb sagt vö yhm. Darumb hab ich dich erhaben / miss das ich an
dyr ertzeyge meine tadt / vnnd dauon mein lob werd vorkundiget / ßo weyt
5 die welt ist. Dnd der exempel ist die Biblie vol / die do nichts anders
denn gottis werck vnnd wort leret / menschen werck vnd wort vorwirfst.
N u flhe ein starck trostüg / das ist / das nit ein mksch ßondem got selb /
nit allein etwas gibt den hungrigen / ßondem sie erfüllet vnnd settigt.
Datzu spricht sie/m it guttem / das ist/solche fülle sol vnschedlich / nützlich /
xo vnd seliglich sein / das sie leyb vnd seel mit allen kreisten wol thu. Aber
das zeigt auch an das ste zuvor ledig sind aller gutter vnd vol alles mangels
Den wie droben gesagt/der reichtumb sol alhie begreiffen allerley zeitlich
gutter zu des leybs gnugde/ dauon die seel auch fro'ttch witt. Alßo sol
'lwidderumb Hunger alhie nit allein der speyßen / ßondern aller zeitlichen »79E
15 gutter Mangel bedeuten. Seintemal der mensch aller ding kan etwa mangeln / 595w
on der speyse / das fast alle gutter vmb narüg willen da sein, on speyß
mag niemant leben /ob er auch on kley d /h au ß /g elt/g u t vnnd leut leben
möcht. Drumb ergreifst hie die schrifft / das zeitliche gut bey dem aller
uotigisten nutz vn brauch / vn aller vntteglichstem Mangel / alßo das fle auch
die geytzigen vnnd zeitlichs guts beging sind/nennet diener des bauchs/
so vnnd Paulus dk bauch yhren got nennet. Wie möcht nu yemand stercker /
tröstlicher reytzen zu willigem Hunger vn arm ut/denn solch tteffliche wort
dißer mutter gottis? das got mit guttem erfüllen mit alle hungrig??
wilche die wort vnd solch ehre vnd preyß der armut nit reyhet / der ist ge­
wißlich on glaube vnd ttaw wie ein heyde.
•3 Widderumb wie möcht einer den reichtumb hoher vorsprechen / vnd
die reichen grewlicher schrecken/denn damit das fle got lehr lefftt? O wie
seyn- beyde so groß vbirschwengliche ding / gottis erfüllen vnd gottis vor­
lassen / wie gar mag alda keine creatur Widder radten noch heissen. E s
erschrickt ein mensch wen er höret/seynes vatters entsagen / odder sevniß
30 htm vngnade/ vnd wir hohen vnnd reychen erschrecken n i t / 60 wir Horen
das got vn- absagt /ia nit allein absagt / sondern dreuet zubrechen/nydrigen
vnd außledigen. widderumb / ists ein steud/ßo der vatter guttig/der Herr
gnedig ist / vnnd vorlefllt mancher flch -0 drauff / das ehr leyp vnnd gut
drob lefllt. Dnnd wir haben hie solch zusagung gottis / ßo starcke ttostung/
LZ vfl künde« Widder brauchen noch nießen/noch dancken noch frewen. O
du leydiger vnglaub / wie stockhart / wie fiepn dürre bistu / das du solche
grosse ding nit füllst. D as sey von den sechs «ercke gottis gnug gesagt.

2 Ex. g, 16 20 Rö. 16, 18. Phi. 3, 19 26 verklagen


30 dass sich sein V. von ihm lossagt 33 auszuleeren, arm zu
machen
i8 o Das Magnificat verdeutschet

,8oB 'Er fyat auffgenomen Israel seinenn


diener/Nach betn er gedacht an seine barmhertzickeit.
Nach ben gottis wercken in yhr vnd allen menschen kumpt sie Widder
auff den ansang vnd das erste / vnnd beschleusflt das Magnificat / mit dem
heubtgroffenn werck aller werck gottis/das ist/die vormenschung gottis 5
sunß. Vnd bekennet hie frey / das sie ein magd vnd dieneryn sey aller
welt / in dem das sie das selb werck in yhr volnbracht / nit allein yhr
Sondern dem gantzenn Israel zu gut geschehen sey bekennet. Doch scheydet
sie den Israel in zwey stuck / vnd zeugt allein das teyl erfur das got dienet/
niemant dienet aber got / denn wer yhn lesflt sein got sein / vnd seine werck 10
596 w in yhm wircken/dauon 1drobe gesagt ist / wie wol man itzt leyder das wottlin/
gottis dienst / ßo in einen frentbben vorstand vnnd brauch hat bracht / das
wer es höret/gar nichts an solche werck denckt / Sondern an den glockenn
klang / an steyn vnd holtz der kirchen / an das reuchfaß / an die frönten der
liecht / an das geplerre in den kirchen / an das golt / seyden / edelstein der 15
korkappen vn meßgewädt / an die kilch vnd monstrantzen / an die orgeln vn
taffeln / an die procession vnd kirchgang / vn das grossist an das maulpleppern /
vnd pater noster steyn zelen. Da hyn ist gottis dienst leyder kummenn /
dauon doch er ßo gar nichts weiß / vnd w ir sonst nichts den solchs wissen /
singen teglich das Magnificat mit hoher stymmen vn herlicher Pracht / vnnd so
schweygen doch seinen rechten dohn vnd vorstand yhe lenger yhe mehr.
Aber es steht der text starck/wo wir diffe werck gottis nit leren vnd
leydenn / ßo w itt auch kein gottis dienst da sein / kein Israel / kein gnad /
kein barmhertzickeit / kein got/wen wir gleich vnß zu todt sungen vnnd
klungen in den kirchen / vnd der welt gut hynein geben allesampt. E r hat »5
nichts dauon gepotten / drumb hat ehr desselben auch gar kein gefallen / on
allen zweiffal.
281 e 1 Nu solchem Israel der got dienet / dk tontet die vormenschüg Christi

zu gut/das ist sein eygen liebs volck/vmb des willen er sich auch vor-
menscht hat/sie auß der gemalt des teuffels/der sund/des tods/der hell 30
zuerloßen / vnd in die gerechtickeit / in ewiges lebe vii selickeit furtzubringen /
das ist das auffnehmen das sie hie singet, wie Paulus Z it t. sagt / das
Christus hab sich für vnß gebe / das er yhm ein erblich eygen volck reynigete.
vnd santt Petrus .i. Pet. ij. Ahr seyd das heilige volck / das volck das
got selbs erworben« hat / ein kuniglich priesterthum rc. das sind die reich- zz
tum gotlicher grundloßer barmhertzickeit/ die w ir auß keinem vordienst/
ßondern auß lauttem gnade vbirkümen haben, drumb spricht sie / E r hat
gedacht an seine barmhertzickeit. spricht nit / er hat gedacht an vnßer vor­
dienst vnnd wirdickeit / nottig waren w ir / aber gätz vnwirdig / darauß

5 mcnschwerdung 11 s. 142, z. 29 ff. 17 bildet 18 vgl.


oben I 151, z. 12; 256, z, 30; 264, z. 24 20 vgl. oben s. 135, z. 4
31 zu befördern 32 T it. 2, 14 34 1. Pt. 2, 9 39 bedürftig
bestehet nu sein lob vnd ehr / vnnd muß still schweygen vnßer rumen vnd
vormeffen. Er hatte nichts antzusehr das yhn bewegt / denn das er barm-
hertzig wäre / vnnd den selben name sott er bekant machen, warumb spricht
fle aber mehr/Er hab gedacht denn / angesehenn seine barmhertzickeit?
5 darumb / das er sie vorsprachen hatte wie der folgend verß sagt. Nu har
er fle lange auffgetzogen zugeben / das es flch ließ ansehen / er hette yhr vor-
geffen (wie den alle seine werck scheyne als vergeß er vnßer) aber da er
kam / da wart erkat / das er nit vorgeffen het / sondern on vnterlaß gedacht
die selben zurfullen.
10 1 Aber es ist war/das durch das wortlin Israel allein die Juden vor- S9?w
standen werden / vnnd nit wir Heyden / doch weil fle nit wollen yhn haben /
hat er doch etlich auß yhnen erleßen / damit de namen Israel gnug than /
vn hynfurt geistlich Israel gemacht / das wart beweyßet Gen. xxnj. da der
heylig Patriarch Jacob / mit de engel rang / vnnd er yhm die hufft vor-
'5 lemet / antzutzeygen / das sein kind hynfutt sotten nit von fleischlicher geputt
flch rumen wie die Juden thun / daselb er auch de namen vbirkam das er
hynfutt Israel heyffen solt / als ein Patriarch / der nit 1 allein Jacob der E
leyplichen / sondern auch Israel der geystlichenn bindere vatter were /
datzu stymmet das wortlin Israel / das heyst / Ein Herr gottis / das ist gar
80 ein hoher heyliger name vn begreifst in flch das groß wunder / das ein
mensch durch die gotlich gnade / gleich gottis mechtig würd / alßo das got
thut was der mensch w il / wie wir sehenn / das durch Christum die Christen­
heit mit got also voreyniget ist / wie ein braut mit yhrem breudgam /
das die braut recht vnd macht hat zu des breudgamß leyb / vnd allis was
*5 er hat. wilchs geschicht allis durch den glaube / da thut der mensch was
got wil / vnd widderumb got was der mensch w il / alßo das Israel ein
gotformiger vnnd got mechtiger mensch ist / der in got / mit got / vn durch
got ein Herr ist / alle ding zuthun vnd vvrmugen.
Sihe das heyst Israel / denn Saar Heist ein Herr / ein fürst / El heyst
3° got / thuß zusammen ßo w itt auff Hebreysche weyß Israel drauß. Ein solch
Israel w il got haben / drumb da Jacob mit dem Engel hatte gerungen
vnnd gewunnen / sprach er zu yhm / Du solt Israel heyffen / den so du
mechtig bist mit got / ßo wirstu auch mit den menschen mechtig sein / da
ist viel vö zusagen / denn es ist Israel ein seltzam höh Mysterium.

* Vuie er gered hat ju vnsern vettern


Abraham vnd seinem samen in ewickeit.
Da ligt ernyder aller verdienst / vormeffenheit / vnd ist erhaben die
lautter gnad vnd barmhertzickeit gotis / denn got hat nit Israel ange-
nummen vmb yhriß vordiensts willen / sondern vmb seyniß eygen vorsprechenß

6 hingehalten 13 Gen. 32, 2 4 ff. 29 vgl. Hieronym i über


Hebraicarum quaestionum in Gen. zu 32, 27 f. (M S L . 23, 988)
182 Das Magoificat verdeutschet

willen. Auß lautier gnad hat er sich vorsprochenn / auß lautier gnadenn
hat er eg auch erfüllet / drumb spricht sanct Paulus Gal. iij. das got vier-
»83 e hundert iar zuuor sich zum Abrahä 1 vorsprach / ehe er das geseh M oll gab
auff das yhe niemant rumeii odder sagen möcht / er het durchs gesetz oder
gesetzs werck vordienet vn erlanget solche gnade vn zusagung / die selbe zu- 5
sagung preyffet vn erhebt hie die mutter gottis auch vbir allis / vn gibt
solches werck d' vormenschng gottis / lautier de gvtlichen gnedigen vnuor-
diente zusage / die er Abrahä hat getan.
598W 1 D as vorsprechen gottis zu Abraham steht Gen. xij. vnd .xrij. für*
nemlich / vnd witt auch sonst an viel ortten angehogen / vnd lauttet alßo / IO
Ich hab geschworn bey mir selbs / I n deinem famen sollen gebenedeyet
werde alle geschlecht odder volcker der erdk. Dieße wort gottis hebt S .
P aulus hoch vnd alle Propheten / wie M ich. Denn in den wortten ist
Abraham erhaltenn / mit allen seinen nachkämen / vnd selig worden / vnd
muffen auch noch wir alle drynnen selig werden / den es drynnk Christus 15
begriffen ist / vnd zugesagt aller weit heyland. Vnd das ist der schoß
Abrahe / darynnen blieben sind alle die do vor Christus geport selig worden
sind / vnnd on diese wort ist niemant selig worden / ob er gleich alle gutte
werck than bette / das wollen wir sehen.
E s folget zum ersten auß frugen gottis wortte / das alle weit außer 2 0
Christo / in funden / vordampniß / vnnd vormaledeyet ist mit allem yhren
thun vnd wissen, denn ßo et sagt / nit etlich ßvndern alle volcker sollen
gebenedeyet werden in Abrahamß famen / ßo w itt on den selben famen
Abrahe kein gebenedeyung sein in allen volckern. W as durfft got ßo mit
grossem ernst vnd thewrem eyde benedeyung vorsprechen / so bereyt bene- 25
deyüg vnd nit eyttel vormaledeyung da were? vnd auß diffem spruch habk
die Propheten viel gesogen vnd beschlossen / als / das alle menschen bog /
eyttel / lugen / falsch / blind / vn kurhlich on got se in /d a s in der schrifftnit
groß ehre ist / ein Mensch heissenn / denn es gilt der selb nam nit mehr
für got / denn als wen yemand für der weit ein lugener vnd trawloßer 30
284 e würd genknet / ßo gar ist er durch Adamß 1 fall vorterbet / das yhm die
vormaledeyung angeporn gleich sein natur vnd wegen witt.
Zum andern fdlgt / das dieffer sam Abrahe must nit natürlicher weyß
von man vnd weyb geporn werden / denn die selb geputt ist vormaledeyet
vnd gibt eytel vormaledeyete frucht / m t ipt gesagt. S o lt nu in dießem 35
famen Abrahe alle weit von bieget vormaledeyug erlöst vnd dadurch
gebenedeyet werden / wie die wort vnd eyd gottis lautiert / ßo must der
sam zuuor gebenedeyet / mit ßolcher vormaledeyung nit berutt noch be­
fleckt sein / ßvndern eytel benedeyung sein / voller gnaden vnd warheit.
widderumb / ßo denn got / der nit liegen mag / geredt vnnd schnüret / eö 40

2 Ga. 3, 17 s. 7 menschwerdung 9 Gen. 12, 3. 22, 18


16 vgl. oben I 446, z. 12 32 gebenedeyung A 40 zusagt
und ausgelegt. 1521 und 1521. 'LZ
sol Abraham- natürlicher samen feinn / das ist / ein natürlich warhafftig
kind / das von seinem 1 fleisch vnnd blut geporn wurdt. Szo muß der selb 599w
sam/ein recht natürlich mensch sein /von fleisch vnd blut Abrahe / da steht
nu eynß Widder das ander / Natürlich fleisch vn blut Abrahamß sein / vnnd
s doch nit von mann vnnd weyb natürlich geporn werden. Denn darumb
braucht er das wort / Dein samen / vnd nit daS wort / dein kind / daS yhe
klar vnd gewiß were / eS solt sein natürlich fleisch vnnd blut sein / wie denn
der same ist. Ein kind mag wol nit ein natürlich kind sein / wie man
weyß. wer wil hie ein mittel tteffen / daS gottiS wort vnd eyd war bleyb /
10 darinnk solch widderstreittige dinck auff einander stoffen.
DaS hat got selber than / d' kan erfülle waS er zusagt / obS wol
niemät begreift ehe eS geschicht / drnb sein wort vnd werck nit der vornunfft
gründ / sondern eine freyen lauttern glauben foddern. Sihe wie er diße
zwey stuck voreiniget hat. E r macht Abraham den samen einen natürlichen
*5 ßon von seiner tochter eine / einer reynen iunpfrawenn Marie / durch den
Heyligen geist/on manß werck/da ist die natürlich gepurt vnd empfengniß
nit geweßen m it1 yhrer vormaledeyung / hat nit mugen dießen samen ruren/ 2858
vnd ist doch natürlich samen Abrahe alhie so warhafftig / alS in alle andem
kindern Abrahe. S ie das ist der gebenedeyete sam Abrahe / daryn alle
20 wett yhrer vormaledeyung ledig wirt. Den wer an dießen samen gleubt/
anrufft / bekennet / vnnd hran bleybt hangen / dem ist alle vormaledeyung
vorgeben / vnd alle benedeyung geben / nach dem die wort vnnd eyd gottiS
lautten / I n deinem samen sol gebenedeyet werden all volcker der erde /
daS ist/alliS waS gebenedeyet sol werden/muß vnd sol durch diffen samen
25 vnd sonst durch keinen weg gebenedeyt werden. Sihe das ist der same
Abrahe / der von keinem seiner sone / darauff die Juden altzeit gesehen vnd
gewarttet / sondern allein von seiner eynigen tochter M aria geporn ist.
DaS meynet nu hie die zartte mutter dießeS samenS da sie spricht /
E r hab Israel angenummen lautS seiner vorsprechung zu Abraham gethan/
32 yhm vnd allen feint samen. Da sah sie wol daS die zusagung in yhr er­
füllet war/drumb spricht fle eS sey nu erfüllet/vnd er hab angenummen/
seinem wort gnug gethan/auß Imitter andrucken seiner barmherhickeit.
Alhie sehen wir den gründ deS Euägelij / warumb alle lere vnd predigt
darynnen auff den glaubenn Christi / vnnd in den schoß Abrahe tteyben /
35 denn eS ist sonst kein rad noch hulff/wo dißer glaub nit ist/darinnen der
gebenedeyete sam ergriffen werde, vnd fürwar eS hangt die gantz Biblia
in dießem eydspruch 1gottiS / den eS ist alles vmb Christus zuthun / in der 60©w
Biblien. weitter sehen wir daS alle veter ym alten testament mit allen
Heyligen Propheten / haben eben den glauben vnnd Euangeliü gehabt daS
40 wir haben, wie santt PauluS .i. Corint. x. sagt / denn in diffem eydspruch

12 geschicht A 18 berühren 26 keiner A 32 nur weil er


an seine B. gedachte 40 1. Ko. io t 1 ff.
gottis vnd schoß Abrahe / (Int sie alle Blieben mit festem glauben / vnd alßo
behalten / on das sie haben in den zukunfftigen vnd vorsprochenen samen
a86 e gegleubt / wir in den erschienen vnd dargebenen glewben. E s ist aber allis
eine warheit des zusagens/ alßo auch ein glaub/ ein geist/ein Christus/
ein her / heut wie zu b’ zeit vn in ewigkeit. wie S . Paulus sagt Heb. xiij. $
D as aber hernach den Juden das geseh gebr wart ist dießer zusagung
vn\t gleich / vnd darumb geschehen / das sie durch das licht des gesetzes yhr
vormaledeyet natur beste baß ertennefen / vnd nach biedern zugesagte samen
der gebenedeyung beste hitziger vnd begirlicher vorlangen sollen / darinnen
sie ein forteil für den Heyden aller wett gehabt. Aber sie haben das for- ™
teyl vmkeret / vnd ein Nachteil drauß gemacht / vnd furgenümen das gesetz
durch sich selb zurfullen / vnd nit yhr durfftig vormaledeyung da durch er»
kennen / haben damit yhn selb die thur zuthan / das der same hat muffen
furvbir gehe / vnd bleyben noch alßo / got gebe nit lange Amen. Vnd das
ist der streit aller Propheten geweßen mit yhnenn / denn die Propheten vor- xs
stundenn des gesetzs meynung wol / das man darinnen sott erkennenn vnßer
vormaledeyte natur/vnd Christum leren ruffen/darumb furwurffen sie alle
gutte werck vn lebe der Juden / wilchs in biedern weg nit gienck / ßo
worden den ihene zornig auff sie vnnd todten sie / als die da vorwurffenn
gottis dienst / gutte werck vnnd guttis leben / wie denn altzeit die gleyßner *°
vnd gnadloße Heyligen th u n /davon were viel zureden.
D as sie aber spricht/Sein- samen in ewickeit / die ewickeit sol vor­
standen «erden / das solch gnad « tret in Abrahamß geblute (wilchs da sind
die Juden) vö der -eit an durch alle zeit / biß an de iungisten tag. Den
ob wol der grosse Hausse vorstockt ist / sind dennoch altzeit / wie wenig yhr "
sey / die zu Christo sich beferen vn in yhn gleuben / den dieße zusagüg
gottis leugt nit / das Abraham sey die zusagung geschehen / vnd seine samen
«87 e nit auff ein iar / nit auff tausent iar / ßondern in secula / 1 das ist / von einer
menschen zeit in die andern on auffhoren. Drumb sotten wir die Juden
nit so vnftuntlich handeln/den es sind noch Christen vnter yhn-ukunfftig / 3°
vnd teglich werden/ datzu haben sie allein/vnd nit wir Heiden solch zu­
sagung /das altzeit in Abrahams samen foUetr Christen sein / die den
toxw gebenedeyeten samen 1 erkennen. Vnßer ding steht auff lautter gnaden on zu­
sagen gottis / wer weyß wie vnd «ernte / wen wir christlich lebten vnnd
sie mit gutte zu Christo brechten / were wol die rechte maß. Wer wolt 35
Christen werden / ßo er sihet/Christen so vnchristlich mit menschen omb«
gähn / N it alßo liebe Christen / M an sag yhn -uttich die warheit / wollen
sie nit / laß sie faren. wie viel sind Christen die Christü nit achten / Horen
seine wort auch nit / erger den Heyden vn Juden / vn lassen sie doch mit

4 Eph. 4, 5 5 Hbr. 13, 8 12 armselige 17 verwarfen


22 zum folgenden vgl. R . Lewin, Luthers Stellung zu den Juden, Berlin
1911, s. 22 f.
und ausgelegt. 1520 und 1521.
185

fride gähn ia fallen yhn zufuß / betten sie schier für abgot an. Alhie
lassen wirs dih mal bleyben / vn bitti got vmb rechten vorstand dießes
magnificat / der do nit allein leuchte vn rede / ßondem brenne vnd leb yn
leyb vnd seel / das vorleyhe vnß Christus durch furbit vnd willen seiner
5 liebe mutter M aria. Amen.
1 Am end kum ich Widder zu e. f. g. Gnediger Herr vnd bit e. f. g.
wolt mir mein vormeffenheit für gut halten. Den ob ich wol weiß das
e. f. g. iugent vbirflussige gutter vnterweyßung vnd vormannng teglich hat /
kan ich doch meiner pflichtiger vntertenickeit vnd ttew / dahu meineß ge-
wiffenß sorg vnd erynnerug gegen e. f. g. nit lassen. Denn wir alle hoffen
in zukunfftigen zeiten / das got gnediglich vnd seliglich fuge / das regiment
zu Sachsen in e. f. g. Hand kümen sol / wilchs den ein groß köstlich werck/
ßo es wol geredt / widderumb ferlich vn iamerlich ßo es vbel geredt. wir
sollen in allen dingendes besten hoffen vnd bitten / aber nicht beste w eniger288E
*5 furchten vnd sorgen des ergistenn.
E. f. g. sol das bedenckenn / das got in der ganhenn schrifft keinen
heydnischen kunig noch fürsten yhe hat lassen loben / so weyt vn lang die
wett gestand- / sondem altzeit mehr straffen lassen / das ist ein groß furcht­
sam bild allen vbirhern. bahn in dk volck Isra el/d as doch sein eyge volck
20 war / hat er auch keine kunig nie löblich vn vnstrefflich funden. Vbir das
allis ym volck Juda / das da ist geweßen das heubtstuck vom ganhen
menschliche gefchlecht / das got vbir alle erhaben vü geliebt hat / sind
d-noch wenig vfl nit vbir sechß kunig gelobt / vnd das allerhartist stückle
der allertheurist surft Dauid / der fein? gleichen / hynder sich / neb? sich /
»5 nach sich gelassen b a t / 9nt weltlichen regim -t/ wie wol er volgottis fürcht
vnd weißheit/ alle sein ding/allein auß gotis befelh / nit nach seiner vor-
nunfft richtet vnd füret / noch strauchlet er etlich mal / das auch die schrifft /
da fle sein regiment nit kund taddeln / vnd doch des volcks vnfal sotter-
helen / dasdurch Dauid vbir fle viel / gab fle es nit Dauid / sondern d?
zo volck schult / vii sprach / G ot sey zornig vbirß volck gewesen / vü hab
Dauid de heylige man vom teuffel lassen be'wegen / das er das volck ließ
Helen / vmb wilcher tadt willen / flbenhig tausent man an der pestilenh
sterben musten.
D iß allis hat got ßo vorordnet / die vbirkeit zuschrecken vnd in fürcht
zz zuhatten fle yhrer ferlickeit zuuormanen / den das groß gut/die groß ehre/
die groß gew alt/die groß guttst/datzu die schmeichler der kein her mag
an sein / flnd gleich vmb eyniß fürsten herh gelegt vnnd sturmen daffelb /
zur Hoffart/zu gottis vorgeffen / zu vnacht des volcks vnd gemeynes n u h s/
zu wollust/zu freue!/zu vormeffenheit/zu musflggang / vnnd kurhlich zu
40 allem vnrecht vnnd vntugent/das freylich kein schloß noch stad / so hatt
18 schrecklich 23 Asa, Josaphat, Joas, Amazja, Asaija, Jotham,
Hi skia, Josia 27 2. Sa. 24, i ff. 30 wolck A 36 ohne die kein
herr sein kann 37 gleichsam treiben 40 kaum ein
i86 Das Magnificat verdeutschet

189 e mag belagert vnd bestürmet werde / Wer sich den nit hynder solch 1 exempel
legt / vn yhm die forcht gottis zu eine gutten schudt vnd wallen macht /
wie mag er bleyben / denn wo ein Herr vnd vbirkeit nit sein volck lieb
hat / vn das lesflt sein sorg allein sein / wie nit er selb gut tag habe/Sondern
wie seinn volck durch yhn befferung empfahe / so ists schon auß mit yhm/ 5
vn fürt seiner vbirkeit stand / nur zu seiner frei vorterben / vn wirt yhn
nichts helffen / das er da gegen wolt groß iartzeyten / kloster / altar / ditz
odder das stifften. G ot roirt seines stands vnnd ampts rechenschafft von
yhm foddem vnd an kein anderß keren.
Darumb mein g. h. vn fürst / befil ich e. f. g. das magnificat / ßonder- xo
lieh den funfften vnd sechsten verß / dabey es in der mitten gefastet wirt /
bit vnd vorman e. f. g. wolt sich alle yhr lebtag für keinem ding auff erden /
ia auch für der hell / nit ßo fast furchten / als für dem das hie die mutter
gottis nennet / Mens cordis sui. das ist / der groste / nehiste / mechtigster /
schedlichster feynb aller menschen / zuuor der vbirhern / das heyst / vornunfft / xz
gutte meynung / odder gut dunckel / auß wilchem / alle radschleg vnd regi.
ment fiieffen muffen / vnd e. f. g. mag nit sicher für yhm sein / wo sie daffelb
nit altzeit vordechttg helt / vnnd in gottis furchten yhm folgt. Ich meine
nit e. f. g. radt alleinn / ßondernn aller der die mit yhm rad sitzen / keyniß
sol voracht werden / auch auff keyniß vortrawet werden, wie dan? 80
Alßv das e. f. g. nit das gepet in die mund) kuttenn odder vnter die
kilch sturtze / wie itzt der leydige brauch ist / auff ander leut gepet bawen
vnd trawen mit nachlassen eygenß gepets / sondern e. f. g. sol einen freyen
freydigen mut schepffen / vnd bit blodickeit ablege / selb ym hertzen odder
an heimlichen ortten / mit got reden / vnd yhm die schluffel frey für die fuß -5
werffen / vnd yhn mit seiner eygen ordenung dringen / der masten. Sihe
603 w mein got vnd vatter / 1 das ist dein werck vnd ordnüg / das ich in diffem
stand zu regirn byn geporn vn geschaffen / das kan yhe niemant leugken /
»9o b vn du selbist erkennists auch / ich sey wirdig odder vnwirdig / ßo 1 byn ich
yhe / mit du vnd yderman sihet / drumb gib mir mein Herr vn vatter / 3C
das ich deinem volck muge furweßenn / zu deinem lob vnd yhrem nutz /
laß mich nit folgen meiner vornunfft / ßondern sey du meine vornunfft rc.
Auff solch meynung gehe denn was do geht / in gottis befelh / wie
wol solchs gepet vn gmuet gotte gefalle / zeygt er selb ym Salomone / der
auch solch gepet thet / wilchs ich hie bey vorteuscht habe / das e. f. g. solchs 35
zu einem exempel dißer predigt am end behalt / vnnd ein tröstlich zuuorsicht
in gottis gnaden erwecke / das alßo beydes bestehe / gottis furcht vnd barm-
hertzikeit / wie der funfft verß singt. Befil mich hiemit e. f. g. die got
selicklich zu regiren yhm laß befohlen sein Amen.

2 erdaufwurf 7 anniversaria sacrifida 9 sich kehren 21 den


mönchen und priestem überlasse 24 Schüchternheit 25 sich ihm
ergeben 31 praeesse 33 nach gottes fügung
und ausgelegt. 1520 und 1521. 187

V uie kunig Salom on ein fürstlich


gepet bettet zu got/allen« fürsten vnd Hern
zu einem gutten exempel/auß
dem buch .iij. Re. iij.
s I n der stadt Gideon ist got erschienen dem Salomon ym ttawm des
nachts vn hat zu yhm gesagt. Bitte von mir / was sol ich dyr geben / da
hat Salomon gesagt / Mein got / du hast meinem vatter Dauid / deine
diener große gnade than / als er den für dyr gewandelt h a t/in der warheit
vnd gerechtickeit / vn sein her- war richtig mit dyr / vnd du hast yhm be-
10 halten dieße grosse gnade / das du yhm hast geben einenn ßon / der do st-t
auff seinem thron / wie denn i-t am tag.
Nu lieber got mein Herr / du hast mich deinen diener zu einem kunig
gemacht / an stadt meyniß vatters Dauid / ßo bin ich ein klein iungling /
der do nit weyß wen er auß odder ein gehen« sol. Szo byu ich dein
*5 diener / mitten vnter deine erwelten volck / des do viel ist / vn nit getzelet
noch genant mag werde / für grosser Mennige.
Szo woltistu mir deynem diener geben ein hörend (das yhm lest
sagen vnd gehorcht) Hertz / damit ich muge dein volck richten / vnd vorstehen
was gut vnnd boß sey / denn wer mag richten ein solch dein volck/das do
30 groß vnd tapffer ist.
Solch wort haben got wolgefallen / das Salomon solch dinge hat ge«
peten / vnnd got hat zu yhm gesagt / weyl du das bittest / vnd bittest nit
vmb langes leben / vnd bittest nit vmb reichtum / vnd bittest nit vmb den
tod deiner 1feynde / ßondern bittest vmb vorstand das du mugist Horen was 604w
*5 du richten» sollist. Sihe da / ßo thu ich / wie du gepeten hast / Sihe da
ich gebe dyr ein weyß vnd vorstendig Hertz / das für dyr dein gleich nit
gewest / vnd nach dyr dein gleich nit kummen wirt.
Auch die ding / die du nit gepeten hast gebe ich dyr auch / solch
reichtum vnd glorien / das dein gleich vnter den kunigen nit ist gewest keyne
zozeyt. Dnd ßo du wirst wandeln in meinen wegen/das du haltist mein
satzüg vnd gepot / wie dein vatter Dauid hat gewandett / ßo « il ich auch
dein leben vorlengen.
4 1. Kö. 3, 5 ff. 20 ansehnlich zu z. 23 f. am rande: D as
gemeyn gepet d' fürsten vnnd Hern ist das
i88 De votis monastidus

D e votis m onasticis iudicimn. 1521.


ManuÄcript begonnen um 11. nov. 1521, mscr. der vorrede (vom 21.)
am 22., das übrige vor dem besuch in Wittenberg (4.—9. dez.) an Spalatin
geschickt, zunächst von diesem zurückgehalten, dann aber nach mitte
dezember auf L.s drohen in die Lotthersche druckerei gegeben, druck be- 5
endigt kurz vor 25. febr. 1522, 2. anklage bei Grunenberg um 11. juni
eingeleitet. Im übrigen vgl. die Anleitungen von G. Kawerau W . A. 8,
564 ff. und von O. Scheel, ergänzungsband I der Berliner ausgäbe (1905),
s. 201 ff. In den anmerkungen und erläuterungen, ergänzungsband II,
s. 3 ff., polemisiert Scheel besonders gegen Denifle, L. u. L.tum I 2, 29 ff.; 10
dagegen wieder N. Paulus, Histor. Jahrbuch 1906, s. 487 ff. Ueber
Schatzgeyers gegenschriften vgl. N. Paulus, Kaspar Schatzgeyer, Strass­
burg 1898, s. 63 ff. W ir geben die 1. aufläge (W. A. 8, 570 A) unter
berücksichtigung der 2. (C) wieder.

r I HESVS. ,$
IOHANNI LVTHER PARENTI
SVO, M A R T I N VS L V T H E R
FILIVS IN CH RI ST O
S A L V T E M.
TJTVNC librum tibi, parens carissime, nuncupare Consilium ao
A lf u it, non ut nomcn turnn ferrem in orbem, et in came
gloriaremur aduersus doctrinam Pauli, sed ut occasionem
apprehenderem, quae sese inter te et me oportune obtulit,
breui prologo et causam et argumentum et exemplum huius
libelli piis lectoribus enarrandi. Et, ut hinc ordiar, Scire te *5
uolo, filium tuum eo promouisse, ut iam persuasissimus sit,
nihil esse sanctius, nihil prius, nihil religiosius obseruandum,
quam diuinum mandatum. Infoeliciter (inquies) scilicet de
hac re unquam dubitasti, et nunc tandem haec ita habere
dididsti ? Imo infoelicissime, non solum enim dubitaui, sed 30
plane ignoraui haec ita habere. Quin si pateris, promptum
est mihi et communem tibi mecum fuisse eam ignorantiam
demonstrare. Annus ferme agitur decimus sextus monachatus
mei, quem te et inuito et ignorante subiui. Metuebas tu
paterno affectu imbecillitati meae, cum essem iam adulescens, 35
secundum et uicesimum annum ingressus, hoc est, feruente
(ut Aug. uerbo utar) adolescentia indutus, quod multis
22 Ga. 6, 13 30 foelictssime A 37 Gons. II, 3 (MSL. 32,
677): 'inquieta indutum adolescentia’
iudicium. 1521. 189
exemplis didiceras hoc uitae genus infoeliciter quibusdam
cecidisse. Destinabas uero me uincire honesto et opulente
coniugio. Hic metus erat tua cura, erat et indignatio tua in
me aliquandiu implacabilis, frustra suadentibus amids, ut, si
5 quid offerre deo uelles,1charissimum et Optimum turnn offerres. 239K
Interim dominus in tuas cogitationes illud psalmi sonabat, sed
surdo: Deus seit cogitationes hominum quoniam uanae sunt.
Tandem cessisti, et uoluntatem deo submisisti, sed nequaquam
posito mei timore. Memini enim nimis praesente memoria,
10 cum iam placatus mecum loquereris, et ego de coelo terroribus
me uocatum assererem, neque enim libens et cupiens fiebam
monachus, multo minus uero uentris gratia, sed terrore e t 1agone 57 * w
mortis subitae circumuallatus uoui coactum et necessarium
uotum: Vtinam (aiebas) non sit illusio et praestigium. Id
15 uerbi, quasi deus per os tuum sonaret, penetrauit et insedit
in intimis meis, sed obfirmabam ego cor, quantum potui
aduersus te et uerbum tuum. Addebas et aliud: cum tibi
iam opprobrarem Mali fiducia indignationem, repente tu me
reuerberas et retundis tarn opportune et apte, ut in tota uita
so mea ex homine uix audierim uerbum, quod potentius in me
sonuerit et heserit: Et non etiam (dicebas) audisti tu parenti-
bus esse obediendum? Verum ego securus in iustitia mea
te uelut hominem audiui et fortiter contempsi, nam ex animo
id uerbi contemnere non potui.
15 Hic uide, an non et tu ignoraris, mandata dei praeferenda
esse omnibus. Nonne si scisses, me adhuc tum fuisse in
manu tua, plane e cucullo autoritate patema extraxisses?
Sed nec ego si sciuissem, te ignorante et inuito id tentassem,
etiam si multis mortibus pereundum fuisset Neque enim
30 meum uotum ualebat hunc floccum, quo me subtrahebam
parentis autoritati et uoluntati diuinitus mandatae, imo impium
erat, et ex deo non esse probabat non modo id, quod peccabat
in tuam autoritatem, sed etiam quod spontaneum et uolun-
tarium non erat. Deinde in doctrinas hominum et super-
35 stitionem hypocritarum fiebat, quas deus non praecepit Verum
deus, cuius misericordiae non est numerus, et sapientiae eius
non est finis, ex omnibus his erroribus et peccatis, quanta
bona, ecce, pro'mouit. Nonne centum Klios nunc malles 240e
amisisse, quam hoc bonum non uidisse ? Videtur mihi
4» Satanas a pueritia mea aliquid in me praeuidisse eorum, quae

6 Ps. 94, 11 30 vgl. Erasm., Adagia: ‘Flocci non facio, aut


flocci facio’ 36 Ps. 147, 5
25*
ig o De votis monastidus

nunc patitur, idco ad perdendum, ad impediendumque me


insaniuit incredibilibus machinis, ut saepius fuerim admiratus,
Ego ne solus essem inter mortales, quem peteret. Voluit
autem dominus (ut nunc uideo) Academiarum sapientias et
monasteriorum sanctitatea propria et certa experientia, hoc est, 5
multis peccads et impietatibus mihi notas fieri, ne impiis
hominibus occasio fieret in futurum aduersarium gloriandi,
quod ignota damnarem. Igitur uixi monachus, non sine
peccato quidem, sed sine crimine. Nam impietas et Sacri­
legium in regno Papae pro summa pietate habentur, nedum 10
crimina censentur.
Quid igitur nunc cogitas ? An adhuc me extrahes ? adhuc
enim parens es, adhuc ego filius sum, et uota omnia nullius
sunt momenti. A parte tua stat autoritas diuina, a mea parte
stat praesumptio humana. Neque enim ipsa adeo continentia, 15
quam tantis bucds crepant, quicquam ualet sine obedientia
mandati dei. Continentia non est mandata, obedientia uero
est mandata. Quanquam insani et fatui Papistae* uirginitati
et continentiae nihil padantur aequari, prodigiosis mendadis
utranque iactantes, ut ipsa mentiendi insani a, tum ignorantiae -0
575 w magnitudo utra et sola debuerit suspectum reddere,1 quicquid
fadunt et sapiunt Quae est enim intelligentia, illud sapientis:
Non est digna ponderatio continentis animae, eo torquere,
ut uideatur uirginitatem et continentiam Omnibus praetulisse,
incommutabilem et indispensabilem fedsse ? cum hoc uerbum 2$
Iudaeus Iudaeis scripserit, de casta coniuge, apud quos uir-
ginitas et continentia damnabantur. Sic et illud pudicae
uxoris praeconium: Haec est, quae nesduit thorum in delicto,
aptant uirginibus. Breuiter, cum uirginitas in scripturis non
» 4* e laudetur, sed tantum probetur, praeconiis coniugalis 1 castitatis 30

ceu alienis plumis uestitur ab istis, qui ad pericula salutis


animas prompti sunt inflammare. An non et obedientis
animae non est digna ponderatio? plane ideo non est digna
ponderatio continentis animae, id est, pudicae uxoris, non
solum quia praecepta est a deo, uerum etiam, ut et uulgatum 33
prouerbium habet, quod uxore pudica nihil est in hominibus
expetibilius. At illi fideles scripturae interpretes, quod de
continentia praecepta didtur, de continentia non praecepta
intelligunt. deinde ponderationem hum an am faciunt aesti-
mationem diuinam. Eine omnia dispensant, etiam obedientiam 40
dei. Continentiam uero aliquando et prohibitam, scilicet
iudidum. 1521. I QI

aduersus parentum autoritatem susccptam, non dispcnsant O


dignos et uere papisticos doctorculos et magistellos! Viiginitas
et castitas laudandae sunt, sed sic, ut magnitudine earum
magis absterreantur, quam alliciantur homines, sicut Christus,
5 cum discipuli continentiam laudarent dicentes: Non expedit
nubere, si sic homini cum uxore est, Mox retraxit eos et dixit:
Non capiunt omnes uerbum hoc. Capiendum uerbum, sed
pauds uoluit intelligi.
Sed ad te reuertar, parens mi, Et iterum dico: Nunquid
xo me extrahes adhuc ? At ne tu glorieris, praeuenit te dominus
et ipse me extraxit Quid enim, si uestem et rasuram uel
gestern uel ponam ? Nunquid cucullus et rasura fadunt
monachum? Omnia uestra, ait Paulus, uos autem Christi, et
ego cuculli ero ac non potius cucullus meus? Consdentia
13 liberata est, id quod abundantissime est liberari. Itaque iam
stim monachus et non monachus, noua creatura, non Papae,
sed Christi. Creat enim et Papa, sed puppas et pappos, hoc
est, sibi similes laruas et idola, quorum et ego afiquando
unus fui, seductus uariis uerborum consuetudinibus, quibus
*0 et sapiens periclitatum sese dicit ad mortem usque, et Uberatum
gratia dei. 1 Sed numquid iterum tuo te iure et autoritate 24a E
spolio? plane autoritas tibi in me manet Integra, quod ad
monachatum attinet, uerum is iam nullus in me est, ut dixi.
Caeterum, is qm me extraxit, ius habet in me maius iure
»5 tuo, a quo me uides positum iam non in fictitio illo monasti-
corum, sed uero cultu dei. In ministerio enim uerbi me esse,
quis potest dubitare? At hic cultus plane est, cui cedere
debet parentum autoritas, dicente Christo: Qui amat patrem
1et matrem plusquam me, non est me dignus. Non quod 57*w
3 0 parentum autoritatem hoc uerbo euacuauerit, cum Apostolus
toties inculcet, ut filii obediant parentibus, sed si pugnet
parentum et Christi uocatio uel autoritas, Christi autoritas
regnare sola debet Itaque sub consdentiae meae periculo
tibi non obedire non possem (ita sum modo persuasissimus),
35 ubi ministerium uerbi ultra monachatum non accessisset Hoc
est, quod dixi, neque te nequc me sduisse antea, Mandata
dei Omnibus praeferenda esse. Sed totus ferme orbis hac
ignorantia laborat, regnante operatione erroris, sub abomi-
natione Papali, quod et Paulus praedürit, dicens, fore homines
40 parentibus non obedientes, quod in monachos et sacerdotcs
5 Ml 19, iof. 13 1. Ko. 3, 22 f. 17 vgl. oben I 136, z. 4
20 SL 34, 12 k. 28 Mt IO, 37 30 euacuerit A Eph. 6, 1
Kot 3, 20 39 2. Ti. 3, 2
192 De votis monasticius

quadrat, eos potissimum, qui specie pietatis et titulo seruitutis


dei, parentum autoritati se subtrahunt, quasi ulla sit semitus
dei alia, quam mandatis eius obedire, inter quae est et ob-
edientia parentum.
Mitto itaque hunc librum, in quo uideas, quantis signis $
et uirtutibus Christus me absoluerit a uoto monastico, et
tanta libertate me donarit, ut, cum omnium seruum fecerit,
nuili tarnen subditus sim nisi sibi soli. Ipse enim est meus
immediatus (quod uocant) Episcopus, Abbas, Prior, dominus,
pater et magister. Alium non noui amplius. Sic spero tibi 10
filium unum rapuerit, ut multis aliis filiis suis per me consulere
incipiat, quod tu non modo übenter ferre, sed et multo
gaudio gaudere debes, nec aliud te facturum esse mihi cer-
*43 E tissime persua'deo. Quid si me occidat Papa aut damnet ultra
tartara? Occisum non suscitabit, ut bis et iterum occidat. 15
Damnatum uero, ego uolo, ut nunquam absoluat. Confido
enim instare diem illum, quo destruetur regnum istud
abominationis et perditionis. Vtinam nos primum digni simus
uel exuri uel occidi ab eo, quo sanguis noster magis
clamet et urgeat iudicium illius accelerari! sed si digni non »
sumus, sanguine testificari, hanc saltem oremus et implo-
remus misericordiam, ut uita et uoce testemur, quod
Ihesus Christus solus est dominus deus noster,
benedictus in secula seculorum Amen. In
quo bene uale. carissime parens, et -z
matrem meam, Margaritam tuam,
cum uniuerso sanguine,
Saluta in Christo. Ex
Eremo, Vicesi-
ma prima y>
No-
uembris.
AN. M. D. XXI.

577W 1 IHESVS.
IVDICIVM MARTINI LVTHERI 35
DE V O T I S M O N A S T I C I S .
T N PRIMIS denunciatum esse uolo iis, qui iamdudum
inueterato nominis mei odio ipsam manifestissimam ueri-
tatem propter me damnant, ad ipsos nihil a me scribi hoc
libro, quod nolim aspidibus illis surdis et aures obturantibus 4°
40 Ps. 58, 5 obdurantibus A
frustra uoccm incantationis meac obstrcperc, ncc iuxta Salo­
monen! uerbum effundere, ubi non est auditus, nec sanctum
dare canibus, nec margaritas proiieere ante porcos, Legant
illi creatoris sui decretales et suas sapientias. quando ita
5 uolunt Illia tantum seruio, qui fomace ferrea Aegypti et
aestuantisamo Babylonis igne, hoc est, consdentiae et peccati
tyrannide torquentur. De uotis enim monastids agemus, quae
multiplicata et uulgata uidemus, cum summa Christianismi
pemicie, et immensa animarum calamitate. Deus misereatur
ienostri et benedicat nobis, illuminet uultum suum super nos,
ut cognoscamus in terra uiam eins, in Omnibus gentibus sa-
lutare dus, ut et confiteantur ei populi, letentur et exultent
gentes, quod liberatos ab hominum traditionibus ipse iudicet
in aequitate, et gentes in terra dirigat AMEN.

.5 1 NON DISPVTARI, SIT NE PRES- 244 e


tandum uotum, sed quae uota uere uota sint.
Nemo potest negare, diuinitus esse institutum ius reddendi
uod, dicente scriptura: Vouete et reddite, ut prorsus nulli fas
sit disputare, an uotum sit reddendum. Neque nos dispu-
se tamus, an reddendum sit uotum, sed hoc agimus, ut inter uota
discemamus, et cognoscamus, quae sint pia, bona et plarita
deo, quae et sola sunt censenda uota in scripturis nominari
et exigi. Rursum, quae impia, mala et displicentia deo, quae
non aliter sunt censenda uota, quam si pietatem dixeris,
•s oeddisse proximum aut adulteratum fuisse, ut nec in hoi: sit
disputare necessarium, an talia sint reddenda uel reuocanda.
Nihil enim tarn pium ac sanctum est unquam institutum,
quod non sit peruersa aemulatione et impia spede tentatum,
imo, quo sanctior res est, hoc magis petitur impiorum et
3» hypocritarom peruersa aemulatione. Quid sanctius latria
summo et primo praecepto mandata ? Rursum, quid uulgarius
superstitione, id est, falsa et simulata latria? ut metuendum
sit, eadem peruersitate et uotorum pietatem degenerasse in
hypocrisin et superstitionem impiam. 1 Neque enim uera pietas 578w
35 et sincerum uotum tarn uulgaris res est, praesertim nouissimis
istis periculosis, impiis et pessimis temporibus, in quibus et
fides et caritas occasurae praedictae sunt

2 Si. 32, 6 3 Mt 7, 6 5 D t 4, 20 10 Ps. 67, 2 ff.


18 Ps. 76, 12
194 De votis monasticis

PRIMVM, VOTA NON NITI VERBO


dei, immo aduersari uerbo dei.
"TXVBIVM non est, Votum monasticum hoc ipso pericu-
A-^losum esse, quod res est sine autoritate et exemplo
scripturae, sed et Ecclesia primitiua et nouum testamentum s
ignorant in totum uouendae cuiuscunque rei usum, nedum
probant perpetuum hoc uoti genus rarissimae et miraculosae
castitatis. Est enim merurn et pemiciosum hominum inuentum,
245 e 1cuiusmodi sunt et omnia alia per homines inuenta. Quod
autem in Actis S. Paulus uotum habens sese cum quattuor »»
aliis uiris purificauit, quis non uidet ex uetere lege reliquum
fuisse? ut interim taceam, quod temporale uotum fuit Sic
enim idem Apostolus et omnia alia legis ueteris seruabat cum
Iudaeis, sed hoc non uoluit exemplum esse nouo testamento,
imo cum gentibus legem omittebat. Sanctus Antonius, ipsissi- »s
mus monachorum pater et monasticae uitae princeps, sapien-
tissime et Christianissime censuit et docuit, nihil prorsus esse
tentandum, quod autoritatem scripturae non haberet Et ipse
dcuotarium hoc et cerimoniale monachorum genus prorsus
ignorauit, sed libere incoluit Eremum et libere coelebs uixit, «>
iuxta formam Euangelii. Posten eius uotum, necessitatem et
seruitutem ex illius instituto fecerunt, nihil nisi speciem et
fallacem aemulationem Antonianae regulae, quae Christi regula
est, secuti, humana tantum sapientes. Sic et S. Paulus, cum
saepius iactet formam et traditionem per suum ministerium »s
Ecclesiis datam, exigatque, ut sese imitentur, non tarnen uult,
ut tanquam Paulum imitentur, sed Christum in ipso, dicens:
Imitatores mei estote, sicut et ego Christi. Certe alius dux
nobis datus non est, quam de quo magnifica patris gloria
testata est in hanc uocem: Hunc audite. Quo uerbo Christus 30
Omnibus dux constitutus est, et omnes ei subiecti et post-
positi. Sicut antea prophetauerat Micheas v. exiturum de
Bethlehem ducem, qui regeret populum dei. Hinc et ipsemet
patri suo contestificans dicit: Qui sequitur me, non ambulat
in tenebris. Et iterum: Ego sum lux mundi. Ipse enim stat 35
in signum populorum, quod leuauit deus, ad congregandos
profugos Israel. Sicut iterum dicit Iohan. vi: Nemo uenit

10 AG. 21, 23 ff. 15 Vita Antonii c. 15 (MSL. 73, 135): ‘aiebat


ad omnem mandatorum disciplinam scripturas posse sufficere’. Vgl. auch
W . A . 8, 449, 20 ff. 527, 20ff. 24 M t 16, 23 27 1. Ko. 11, i
30 M t 17, 5 32 Mi. 5. 2 34 Jo. 8, 12 35 ebenda 36 Jes.
11, 12 37 Jo. 14, 6
ad patrem nisi per me. Ego sum ostium. Ego uia, ueritas
et uita.
1 Haec et similia oracula scripturae, cum s in t1luce clariora $79 w
et fidelissima, certe cogunt damnare, quicquid est regularum,24
s statutorum, ordinum, aectarom, quod uel citra uel praeter uel
ultra Christum incedit, etiam si per angelos de coelo traditum,
si per miracula ingentia confirmatum esset Non pacietur
ille aliam uiam praesumi, qui dixit: Ego sum uia, quin hac
uoce omnes alias uias praeteritas, praesentes, futuras reuocauit,
io cassauit et irritas fecit Nec sinit alium ducem et magistrum
surgere, qui dixit: Hunc audite, siue meliora siue uiliora
tentarit tradere, sed hac uoce damnauit, quicquid est legum
et traditionum extra Christum, sicut et Christus dicit Iohan. x:
Omnes quotquot uenerunt latronea et fures fuerunt. Ex quibus
iS id colligitur euidentissime, prorsus non licere monasticen
uouere, suntque per haec coelestia tonitrua sublata, prohibita
et damnata omnia istius generis uota penitissime, cum negare
nemo possit, in monastice multa, imo omnia et solum ea
uoueri, quae extra Christum et sine Christo (id est, sine uia,
to sine luce, sine ueritate, sine uita, sine deo) sunt. Id quod
plane ipsimet gloriose et absque pudore confitentur, ut qui
tales sint, qui ultra Christum quaedam altiora et perfectiora
uiuant. O caedtatem inestimabilem. Sit ergo hoc in primis
positum atque fixum: Quicquid ultra et praeter Christum, siue
25 proprie praesumitur, siue a sanctorum exemplis et institutis
petitur, hoc uelut humanum, iam dudum diuina autoritate
prohibitum, damnatum atque definitum est, non licere uoueri
et in praeceptum seu necessariam uiam uitae statui, nec si
uotum fuerit, impleri et seruari, sed oportere solui et liberum
30 dimitti. Stat enim inuicta haec rupes: Ego sum uia, et nullus
alius. Quicquid autem uia haec non fuerit, error et lubricum
et tenebrae sunt.
Sed et S. Franciscus, uir admirabilis et spiritu fernen -
dssimus, sapientissime dixit: Regul am suam esse Euangelium
35 Ihesu Christi. At Euangelium ca'stitatem liberam habet, nec -4? e
aliquid eorum, quae nunc isti Minores incredibili hypocrisi
seruant. Plane Franciscus, cum uoluit suos ad Euangelium

i Jo. 10, 7. 14, 6 6 Ga. 1, 8 8 Jo. 14, b 11 Mt. 17, 5


13 Jo. 10, 8 34 Regula a. 1223 nov. 29 confirmata (H. Böhmer,
Analekten zur Gesch. des Franciscus von Assisi, Tübingen u. Leipzig
1904, s. 29): ‘Regula et vita minorum f ratmm haec est, scilicet Domini
nostri Iesu Christi sanctum Evangelium observare vivendo in obedientia,
sine proprio et in castitate’
196 De votis monasdds

uiuere, liberrimos esse uoluit tarn a uotis quam ab Omnibus


humams traditionibus, ut fratres minores etiam iure sui uoti
et regulae potestatem habeant, celibes et non celibes uiuendi
et manendi in Coenobiis et Omnibus suis statutis, quam diu
uoluerint, aliud enim neque uouerunt neque uouere potuerunt, $
qui Euangelium uouerunt Nunc uero hoc hominum genere,
quo nihil oportuit esse liberius, nihil est hodie superstitiosius
et scrupulosius, captiuum infinids statutis, articulis aliquibus et
puerilibus ridiculisque obseruandis. Falsus tarnen est uir
sanctus uel multitudine contemnentium Euangelium in mundo, 10
uel operatione erronea Papisticae confirmationis et appro-
badonis captus, ut commune Euangelium cunctis fidelibus,
580Wfaceret singulärem regulam 1 paucorum, et quod catholicum
esse Christus uoluit, traheret in schismaticum. Nihil enim
uouet frater Minorita, dum suam regulam uouet, quam quod 5
iam ab initio uouit m bapdsmo» nempe Euangelium. Nisi is
fuent potior error Francisd, quod credidit, multa in Euangelio
Consilia esse, ut Papisticarum scholarum sapit impietas, quae
per regulam in mandata transtulerit Quod cur non tribuam
tanto uiro, paulo post dicam. Si itaque mterroges Minoritam, so
cur celebs uiuat, et cur pecuniam non contrectet, cum sit
Euangelii professor, Et Christus coelibatum liberum esse iusserit,
et pecuniam tractarit uel in nomismate Caesaris, quid re-
spondebit, nisi: sese obseruare id, quod in regula Frandscus
humanum sapu t et tyranmde Papistica uidatum est, Id uero, »$
quod diuinum sapuit (regulam suam esse Euangelium), non
obseruare? Vides ergo demonstratum esse, Frandscum ut
hominem errasse in condenda regula sua. Quid enim est
dicere: Regula fratrum minorum est Euangelium, quam statuere,
Solos fratres minores esse Christianos ? Si enim Euangelium 30
eorum proprium est, nulli sunt Christiani praeter Minores,
2 4 8 e cum Euangelium sine controuersia et sohus et totius sit populi

Christiani. Illusus etiam est, dum docuit, si tarnen docuit,


uouere denuo id, quod et ipsi et omnes communiter in
baptismo uouerunt iam antea, nempe communissimum illud 3s
omnium Euangelium.
DE FVNDAMENTIS
Deuotariorum.
Sed hic inddunt duo eorum prindpia fidei seu potius
perfidiae tractanda, quorum est primum, Euangelium non esse 4<>
23 Mt. 22, 19
inditium. 1521. 197
omnibus commune, sed partitum in Consilia et praecepta,
Suam uero monasticen sequi consiha, non tantum praecepta,
quae reliquo uulgo proposita sunt Hic uero non uno neque
paruo errore labuntur. Et ut omittam, quod hac distinctione
s sese ignorare testantur, quid sit proprie Euangelium (dum
praecepta et Consilia ex ipso fadunt), quod est merae pro-
missiones dei, exhibita benefiria hominibus annundantes, inter
quae sunt et dedarationes illae mandatomm dei et exhor-
tationes ad eadem semanda, Matth, v. vi. et vii. a Christo
iofactae, Quid dicent ad Christum Mard ult: Euntes in
mundum uniuersum praedicate Euangelium omni creaturae ?
An hic fingent, aliud esse praedicare et aliud iubere seruare ?
Cur praedicari mandat toti orbi et omni creaturae quod a
pauds exigit seruari? sed et Paulus, quoties iactat sese in
15 Euangelium segregatum, Euangelium esse promissum, Euan­
gelium esse uirtutem dei in salutem omni credend, et plane
perire omnes, in quibus opertum est Euangelium Christi!
Nihil magis commune, magis necessarium, quam Euangelium,
ille docet fere ubique. Sed sicut ignorant, quid sit Euangelium,
so dum legem ex ipso fadunt, ita has uoces Pauli prorsus non
capiunt Descendamus itaque ad ipsos in 1 locum istum tene- 581w
brosum, et cum balbis in Euangelio balbutiamus, appellantes
Consilia et praecepta, quae in Euangelio sunt exhortationes.
Moses enim h ab et1praecepta, ut Iohan. i. dicit: Lex per Mosen 249e
s$ data est, Euangelium habet gratiam, sicut idem didt: Gratia
et ueritas per Ihesum Christum facta est Videamus itaque,
qui sit successus eorum, qui ultra Christum uolare praesumunt,
quo eos rötet impiae praesumptionis error. Si enim probare
poterimus, non esse Consilia, quae illi iactant et uouent, nonne
jo deprehendemus eos damnabihter errare, et super mendada
impictatis niti eorum uota? Nam asserere consiha, quae con­
siha non sunt, et diuina mandata soluere, quid est nisi ueri-
tatem dei negare et in mendadum mutare, imo et deum
blasphemare? An non est blasphemia, si deus dicat: Hoc
35 est meum praeceptum, Et illi dicant in nomine domini contra
eum: Non est praeceptum, sed Consilium? E | in hac et
super hac blasphemia tandem uouere monasticen et stibio
oculos pingere, osque tergere et dicere: non fed malum, sed
bonum? Nam hac sacrilega et blasphema consdentia uouere
40 omnes, qui consiha esse sentiunt praecepta dei, quis non

10 Mc. 16, 15 14 Rö. 1, i f 16 Rö. 1, 16 17 2. Ko.


4s 3 18 comune A 24 Jo. 1, 17 38 Jcr. 4, 30 Pr. 30, 20
intelligit ? At talia sunt certe nunc omnium religiosorum uota,
quibus persuasa est haec sacrilega et blasphema sententia de
consiliis et praeceptis.
Pergamus itaque hanc impietatem reuelare. Consilia, quae
illi fingunt, ferme sunt, quae Christus Matth, vi. docet, Non 5
esse uindicandum, non reddendum malum pro malo, non
contendendum iudicio, dimittendum et pallium ablata tunica,
prebendam alteram maxillam, cogenti ad unum miliare eundum
et alia duo cum eo, et omnino non resistendum malo, et
beneuolum esse aduersario in uia. Item diligendos esse 10
inimicos, benefaciendum odientibus, orandum pro persequenti-
bus et calunmiantibus, item dandum gratis omni petenti, et
mutuum dandum gratis, uendenda et relinquenda omnia, et
ueniendum post Christum, omnibus sese submittere etiam
indignioribus. His adde uirginitatem et conlinentiam. sunt 15
qui huc accenseant et beatitudines octo Matth, v., ne non
omnia dei mandata soluant et negent. De castitate, ut sit
2 5 0 e Consilium, postea, nunc reliqua uideamus. 1Esse autem haec
omnia non Consilia, sed necessaria mandata, Primum hoc
probat, quod Matthaeus haec scripturas, praemittit, Christum -0
ascendisse in montem, sedisse, aperuisse os suum et docuisse.
At docere non est consulere, sed, quid faciendum sit necessario,
tradere. Et infra ipse Christus: Non ueni soluere legem, sed
adimplere. Ergo, quaecunque ibi docet, in hoc docet, ut lex
impleatur, non, ut Consilia numerentur. Vbi et uelut digito 25
monstrans ea, quae tune docebat, dicit: Qui ergo soluerit
unum de mandatis istis minimis et sic docuerit homines,
minimus uocabitur in regno coelorum, qui autem fecerit et
docuerit, hic magnus uocabitur in regno coelorum. Hic uides,
ut aperte appellet mandata, quae docet, et uerbum docendi ,0
s82wipsemet exponit esse id, quod tradere mandata 1 Deinde
accessurus ad ea, quae isti uocant Consilia, dicit: Nisi abun-
dauerit iustitia uestra plusquam scribarum et phariseorum,
non intrabitis in regnum coelorum. Nonne coelorum regnum
solum iis negatur, qui mandata non seruant? At hoc affirmat 3s
de iis, quae ipsemet hic docet, ultra quam docuerant scribae
et pharisaei. Obsecro, quis est tarn audax. ut hic Consilia
numeret, ubi tot uerbis docendi, mandandi, tot et t m grauibus
comminationibus cogit ad seruanda necessan. omnia, quae
ibi scribuntur? Qua autoritate asserent ea esse Consilia? 40
unde locus? proferant unum iota in suum testimonium. Et
5 Mt. 5. 25. 39 ff. 44 s. 16 Mt. 5, 3 ff. 20 Mt. 5, : f.
23 Mt. 5, 17 26 Mt. 5. 19 32 Mt. 5, 20
iudicium. 1521. 199

impii tarn audaces sunt e proprio capite, sine scriptura, Con­


silia facere, contra tot docendi, mandandi, minandi, pro-
mittendi fulmina. An Parrhisiensis Gomorrae insaniam se-
quemur, ubi dicunt in sua pulchra determinatione, Esse haec
5 nimio oneratiua Christi an ae legis? O Sodomam, O Gomorram,
qui ad uires liberi arbitrii metiuntur diuina mandata, potius
quam ad gratiam dei, et ad seipsa.
Amplius uero inter ipsa Consilia frontes eorurn impudentes
conterit, dum dicit: Esto beneuolus 1 aduersario tuo, ne forte -5» e
xe tradat te iudici, et iudex tradat te ministro et in carcerem
mittaris. Amen dico tibi: non exibis inde, donec reddas
nouissimum quadrantem. Respondeant hic Parrhisienses talpae
et uespertiliones, an consiliis omissis ulla poena intentetur,
nedum tanta et aetema, ut tradatur Iudici, ministro, carceri,
15 et nunquam exeat, qui non fuerit beneuolus aduersario. Item
dum dicit: Si tantum eos diligitis, qui uos diligunt, quam
mercedem habebitis? Nonne et publicani et peccatores hoc
faciunt ? Est hoc consiliis non obedisse, mercedem non
habere, et publicanis et peccatoribus aequales esse? Idem
*0 multis uerbis asserit Lucae .vi. Claret ergo, omnia praedicta
eorurn Consilia esse uere et absque dubio necessaria praecepta,
quae Christus Matth, vi. docet. Sic et Petrus dicit .i. Pet. v :
Omnes inuicem humilitatem insinuate. Et Roma, xii: superiores
inuicem arbitrantes. Non esse autem hoc Consilium, ut in-
25 feriori nos humiliemus, probat, quod Petrus infert et causam
affert dicens: Quia deus superbis resistit, humilibus autem
dat gratiam. Putas adhuc esse Consilium, ubi Petrus super-
biam affirmat, cui deus resistit, si inferiori te non submiseris?
Vendere autem omnia et dare pauperibus non esse paupertatem,
30 quam isti uocant, monasticam, probat id, quod Petrus post
resurrectionem ibat piscari, sicut et antea, cum tarnen reliquisset
omnia. Tum monastici non solum non uendunt sua et dant
pauperibus, sed omnia omnium bona ipsi congregant, et prae
omnibus abundant. Non solum autem damnanda impietas
35 et blasphemia scholarum et monasteriorum est, quod haec
sacrilegia audeant docere, sed et detestanda eorurn 1 stertens 583w
oscitantia et pudenda segnicies, uel supina securitas, quod

4 Determinatio theologicae facultati» Parisiensis super doctrina


Lutheriana gegen Luthers satz, dass in Mt. 5, 39 s. und Rö. 12, 19
nicht Consilia, sondern praecepta enthalten seien: Haec proposibo est falsa,
legis Christianae nimium onerativa’ (Opera v. a. 6, 50) 9 Mt. 5, 25 f.
16 Mt. 5, 46 20 Lc. 6, 20 ff. 22 1. Pt. 5, 5 23 Phi. 2, 3
(Rö. 12. 10) 31 Jo. -?l, 3
200 De Totis monastids

animalia ista ucntris non tantum curae habuerunt ad Euan-


gelium, ut libros aliquando aperirent, folia uerterent, et uerba
saltem inspicerent Solo enim inspcctu uerbomm, cum sint
252 e tarn clara et manifesta, poterant saailega ista monstra 1blas-
phemiarum suarum effugere. Quid ergo sunt nisi scholae et $
monasteria? Scholae, quia ludentes et illusi mendadis,
monasteria, quia solitaria sine Christo, extra communem uiam
Christianae ueritatis longissime posita.
Intelligis ergo, qua fide, qua pietate et uoueant et uiuant
ista lupanaria Satanae. Paulus d id t: Si linguis hominum 10
loquaris et angelomm, si omnes facultates in dbos pauperum
distribueiis, si teipsum tradideris ut ardeas, nihil sis et nihil
feceris, nisi charitatem habueris; quanto magis, si monachus
fias et Consilia ista uoueas, nihil sis et nihil feceris, si blas-
phema et impia consdentia ueritatem dei negante haec feceris, 15
sicuti uides illos facere. Pelagius uir laudatae uitae fuisse
legitur, sed quia gratiam dei negauit, ob unam hanc impie-
tatem omnia frustra uudt Si quis Mariam neget uirginem,
aut alium quemuis singulärem articulum fidei non crediderit,
damnatur, etiam si alioqui ipsius uirginis et uirginitatem e t *•
sanctitatem haberet; quanto magis monachorum hoc perditionis
uulgus damnabitur, quod diuina mandata et negat et mutat,
soluit et extinguit Ecce fundamentum monasticorum uotorum
impietas, blasphemia, Sacrilegium, atque haec contingunt, quod
Christum ducem et lucem spementes, alia et meliora sequi »5
praesumunt Qui enim ueritatem relinquit ducem, quid se-
quatur nisi mendada ? qui gloriam dei non sequitur, merito
blasphemias sequitur. Est ergo haec iam secunda causa, cur
uota monastica sint uitanda et tollenda de sub coelo, et
Omnibus qui ea uouerunt redeundum in communem uiam 30
Christianorum post Christum secura et optima consdentia, ut
quam reuocet ipse deus, uota eius prohibens, damnans et
summae impietatis arguens.

DE VIRGINITATE.
1A T VIRGINITAS et coelibatus Consilium est* Christus ipse 35
-t\.p la n e non consuluit, sed potius deterruit, monstrauit solum
»33 E et laudauit, dum memoratis Eunu*chis dixit: Qui potest capere,
capiat Et iterum: non omnes capiunt hoc uerbum. Nonne
haec uerba sunt potius auocantis et deterrentis ? Neminem

i Tit. 1, 12 6 Wortspiel mit Indus = schola 10 1. Ko. 13, 1 ff.


36 M t 19, 12 38 M t 19, i i
iudidum. 1521. 201

enim inuitat et uocat, sed ostendit solum. Paulus tarnen d id t:


Consilium do, sed nec ipse inuitat quenquam, quin magis
deterret et auocat, dum didt: Sed unusquisque proprium donum
habet a deo. Neque suadet neque dissuadet, sed in medio
srelinquit At nostri inmundi coelibes aliud non intelligunt
per consulere, quam inuitare, exhortari, uocare et persuadere
ad coelibatum, tum dissuadere, dehortari, auocare, absterrere
a coniugio, quod 1 et fadunt in omnibus suis condonibus et 584w
scriptis. Sed ad rem ipsam ueniamus. Si coelibatus Consilium
10 cst Euangelicum, quae est ergo uestra uouendi insania, ut
ultra Euangelium e consilio fatiatis rigidissimum praeceptum ?
Iam enim non iuxta, sed ultra Euangelium per hoc et contra
Euangelium uiuitis, quod amplius non habetis Consilium. Si
Euangelio obeditis, coelibatum liberum habere debetis, si
*s liberum non habetis, Euangelio non obeditis. Quia impossi-
bile est, ut Consilium Euangelii fiat praeceptum, et aeque
impossibile est, ut uestrum uotum sit Consilium. Pugnat ergo
ex diametro uotiua castitas cum Euangelio. Quare, cum deus
autor Euangelii non acceptet nisi quod Euangelicum est,
*> impossibile est, ut uotum continentiae probet ac non potius
detestetur. Habetis, monastid, quod hic respondeatis ? Negate
Euangelii Consilium Consilium esse, aut concedite uotum uestrum
non Euangelicum esse. Neque enim audebitis asserere deum
passurum, ut e consilio suo quisquam praeceptum faciat, aut
»s aliud quam Euangelium suum probet et exigat quare necesse
est, ut uotum uestrum deo non probari confiteamini. Atque
haec tertia iam machina satis firma et potens aduersus uota
monastica nobis stat instructa. Et uidemus monastica uota
non aliud 1 inueniri, quam errorem per sese nunquam non -54 k
-0 fallentem et seducentem, qui et Christiane uitandus et dese-
rendus sit Neque posse innoxium esse, nisi iis, qui spirituales
sunt, et bono usu illius sese seruant, quod est solum electorum,
quibus nec errores nec peccata tandem nocere possunt
Alterum prindpium perfidiae illorum, Quod uitarn C h ri-
3$ stianam partiuntur in statum perkectionis et imperfectionis.
Vulgo dant imperfectionis, sibi perfectionis statum. Et hanc
differentiam non metiuntur iuxta mensuram Spiritus et fidei
et charitatis, quas certum est in uulgo potissimum regnare,
sed iuxta pompam et laruam extemorum openin* et suorum
40 uotonun, in quibus nihil est, neque Spiritus, neque fidei, neque
charitatis, quin spiritum fidei et charitatis extinguunt Per
202 De votis monasticis

fectionis Status est, Esse animosa fide contemptorem mortis,


uitae, gloriae et totius mundi, et feruente charitate omnium
senium. At uix inuenias uitae et gloriae cupidiores, tum fide
inaniores, qui mortem uehementius horreant, quam ii, qui simt
monasticissimi. Quia fieri non polest (uti dicemus), quin fidem 5
extinguant, qui uotis et operibus confidunt Confidunt autem,
qui necessaria ea ducunt, dum enim timent illis omissis,
necesse est ut sperent eisdem seruads. Ab eodem pendent
timor et spes. de quo alias. Merum commentum et ludibrium
est de perfectionis et imperfectionis statu, ex ignorantia fidei 10
proueniens, tan tum ad seducendum idoneum. Cum ergo
uideamus monasdcen istam refertam esse impietate, erroribus,
ignorantia, ut, ubicunque eäm spectes, ignorantiam, impietatem
et errorem uideas, quid dubitas eam displicere deo, et uota
585w in illam facta esse inita-et soluenda 1penitus? Hi sunt pseudo- 15
Christi, qui docent: hic et illic est Christus, et seducunt multos,
atque adeo electos quoque signis et prodigiis mendacibus.
255 e Error inquam et insignis ignorantia est, 1 statum perfec­
tionis metiri consiliis et non praeceptis. Non enim, ut ipsi
fingunt, Consilia sunt supra praecepta, sed ediuerso Consilium *»
illud continentiae (neque est ullum aliud Consilium) est infra
praeceptum suum. Praeceptum est enim, Non concupiscendum
esse. At sine concupiscentia neque uirgo neque coelebs est
in hac uita. sed neque, cur illud sit consultum, nouit hoc
miserum ignorantiae uulgus. In hoc enim ipsi seruant con- ,z
silium istud, quod continentia per sese sit laudatissimum opus,
in quo sit salus et gloria, ideo sese caeteris Christianis prae-
ferunt magno interuallo. At Christus et Paulus secus docent,
qui solam fidem iactant, et in hoc laudant coelibatum, non
quod perfecti sint in castitate prae caeteris, aut non concupi- 30
scant aduersus praeceptum, sed quod soluti a cutis et tri-
bulatione camis, quam tribuit Paulus coniugio, expeditius et
liberius uerbo et fidei instare possint die ac nocte, ubi coniunx
coniugi, filiis, familiae et rebus huius uitae deditus auellitur
et in multa aliena a uerbo negotia diuiditur. Sic Christus 35
Eunuchos laudat, non quia castrent seipsos, sed quia propter
regnum coelorum sese castrant, non autem sic propter regnum
coelorum, ut per castitatem salul fiant, alioqui omnes oporteret
castrari, cum sola fides saluos faciat, sed propter Euangelium,
quod uocat regnum coelorum, cui praedicando et propagando 4°
per populos ille foelicius seruit, qui frfcqioc et sine cura

16 Mt. 24, 23 s. 32 1. Ko. 7. 32 36 Mt. 19, 12


iudicium. 1521. 203

aliorum coelcbs uiuit. Seruam ergo regni coelorum uult esse


castitatem Christus, et seruam spontaneam, non quae illud
mereatur, sed iam habeat, et ad communicandum aliis gratuito
obsequio laboret, aut certe sibiipsi augeat, assidue parata
5 propter ipsum mori et de mundo exire. Et Paulus idem didt:
Virgo et innupta cogitat quae sunt domini, quomodo placeat
deo, ut sit sancta corpore et spiritu. Quid est cogitare quae
sunt domini? nunquid solam et odosam habere castitatem?
imo meditari, seruire in uerbo dei, praedicare, tesdficari, et
10 paratum sese pro illo offene, a quo usu castitatis quid est
alienius et longius monasdcis istis? qui et omnium igno-
rantissimi sunt eius usus, cum non nisi sibi ipsis coelibes sint,
tan tum clamoribus et murmuri in templis seruientes, et aure-
olas sibi ipsis in coelo prominentes, pro fide scilicet extincta.
15 Certe, si rem tecum pensites, uideri potest Satanas in
hoc excogitasse figmentum de consiliis et statu perfectionis,
ut adornaret istam peruersam 1monasticen. cum enim uideret, 586W
nihil ibi uoueri, sed nec uoueri posse, quod non antea in
baptismo uouerunt omnes (excepta continentia), cepit fingere
20 perfectiones et Consilia, ut communem warn contemptam et
singulärem istam falsa spede spectabilem redderet, ne paruas
res uiderentur uouere, et praeualuit in operatione erroris. Et
quod multo est sceleratius, Ex multis illis praedicds consiliis
a se confictis tantum tria elegerunt, obedientiam, paupertatem,
-5 et castitatem, caetera neque uouent neque seruant, liberrime
litigantes, uindicantes, odientes aduersarium, repetentes, non
dantes, non mutuantes; adhuc tarnen iacta nt, iam altero
mendacio et illusione maiore, statum perfectionis et Consilia.
Certe, quando ista affirrn ant Consilia et perfectiones, oportuit
30 et ipsa uoueri, si uotorum institutum perfectionis et con-
dliorum Status est. Iam si et tria illa electa Consilia diiudices,
uidebis obedientiam et paupertatem eorum nullo paodo esse,
quas Consilia dictant. Consilia enim docent Omnibus subdi
et superiores inuicem arbitrari. At uotum obedientiae eorum
35 eximit eos pror'sus a catholica illa humilitate Euangelio tradita, 2 5 7 f
et subdit solum suis maioribus, neque iis ipsis, nisi secundum
regulam suae professionis, adeo ut et S. Bernhard, asserat,
Monachum non obligari etiam suo Abbati, alia quam regula
habet imperanti. Obsecro, quae et qualis est ista obedientia,
5 nach Paulus schiebt C. ein: bonum esse coelibatum didt propt'er 256 K
instantem neccssitatem, non propter aureolam in cbelis, scilicet quia huhis
vitae neccssitatem, praesertim Christianae, commodius fernnt liberi
coelibes, quam ligati conhiges. E t roisus 37 de praecepto et dis-
pensatione 4, 10 (MSL. 182, 866) Denifle I 1, 49 ff.
204 De votis monastids

Ex Omnibus eximi, et uni, nec huic nisi partim subtil? Nonne


pulchra illusio est talis obedientiae uotum ? Euangelium Om­
nibus semper et in Omnibus cedere, subdi, obedire iubet Et
consiliorum professores nec aequalibus nec inferioribus, sed
uni maiori suo, nec in Omnibus, sed aliquibus sese subdunt 5
herum uides foelicitatem eorum, qui meliora eligunt quam
Christus docuit, et contempto duce seipsos dirigunt. Hos
proprie Petrus tangit, cum dicit .ii. Pet. iii. Pore, qui secundum
propria desideria ambulent, in deceptione illusores. Vere
illusores in deceptione iactant obedientiam, docent autem ac 10
sequuntur magis inobedientiam, illudentes tarnen omnium
sensum et dedpientes simplidum animas ea pompa. Sic
uides monasticam ui tarn errorum, mendaciorum, ignorantiae,
stultitiae, deceptionis, illusionis confusione uerissimam Baby-
Ionem representare, in qua electi miraculose, ceu tres pueri s
in fomace, sementur. Quid ergo uouet monasticus? uerba
eius (si sensum traducas) erunt ista: -Deus, uoueo tibi, nolle
me secundum Euangelium tuum omnibus subiici, sed tantum
uni maiori, nec nisi iuxta regulam praescriptam, atque sic
uoueo tibi Euangelium tuum seruare. Quid est hoc iterum «o
aliud, quam Euangelium uouendo negare et proprium condere ?
Hic cum Isaia possis dicere, Eorum uotum esse, sicut si quis
mactet filium in conspectu patris. An non uictimant filium
d«, dum Euangelium eius tarn sacrilege negant, et tarnen hoc
587w 1ipso offerre deo praesumunt eundem? Obedientiam probten- *s
tur et obedientiam abnegant, et tu uota ista sacrilega putas
ualerc et exigi apud deum?
»5« e 1 Tale est et paupertatis uotum. Euangelica paupertas est,
nihil cupere in spiritu, et res hbere administrare ad aliorum
commodom. Illi quid possunt ultra hoc uouere, nisi extemum je
usum rerum? cum et interna cupiditas in baptismo abnegata
et ädministratio externa rerum Euangelio etiam commendata
sit, et usu ipso nec ipsi carere possunt Verum et hic illudunt
seipsos et omnes, cum nemo magis res admmistret quam ipsi,
tum non in aliorum, sed proprium commodum nemo magis js
utitur, sub sancta illa uoti paupertate et auarissimi et rebus
inuolutissimi facti. Adhuc iactant sese co siliorum professores,
cum nulli seculares longius absmt a paupertate. Nec refert,
quod per alium res curant Nam omnium consensu et uolun-
tate oeconomus illorvn es curat Sic, dum uolant ultra 40
Euangelium deserto duce Christo, raunt in contrarium sub
8 2. F t 3, 3 15 Da. 3, 21 ff. 22 Je*. 66, 3 30 comodum A
35 comodum A
baratrum peruersissiini erroris, dicentes se ©bedientes et
pauperes esse, cum sint omnium inobedientissimi et ditissimi,
id quod nemo non palpat, et tarnen sensus nostros perstrin-
gunt illusores ist» uerbis suis kictis: obedientia, paupertas,
s Consilia, perfectio, religio et simitibus. Igitur nihil est con-
siliorum apud professores consiliorum, sed omnia longe contra-
riissima praeceptis, excepta sola castitate, et ipsa tarnen sine
usu et fructu Euangelico, quam quia nulla spede potuit Satan
in contrarium uertere, sicut obedientiae et paupertati fedt,
10 reliquit intactam, sed in multc maximam pemidem, dum et
usum eius aboleuit, et ultra fidem communem extulit, deinde
uulgauit nimio, ut per impossibilitatem naturae infinitas animas
laqueo illius innecteret et perderet Ita reliqua est una
castitas professoribus consiliorum, sed peruersa et impia, tum
*5 fere in totum libidinibus corruptissima. Ve perditae illi pro-
fessioni consiliorum et statui perfectionis! quid enim nisi error,
illusio et impietas est totum quod pretendit? Sed iustus es,
domine, et rectum iudidum turnn, sic enim cadere debent,
qui non söhnn similes, sed superiores esse uolunt altissimo,
*> et paed dei sui obliuiscun'tur, sicut mutier illa Prouer. vii., quae «59 B
relinquit ducem pubertatis suae.
Quemadmodum itaque dixi, sancto Frandsco et atiis
patribus etsi tribuo errorem, quod Euangetium sibi usurparint
seorsum, prae feruore Spiritus, tarnen hoc errore cos tibero,
•5 ne credam eos mendada et figmenta consiliorum, perfectionis,
fictae obedientiae et paupertatis et peruersae castitatis probasse.
Dum enim Spiritus sancti impetu et plena fide ardenteque
charitate solum huc ferrentur, ut Euangelio plenissime et
dignissime responderent, non hoc cogitabant, quorum esset et
jo ad quos pertineret Euangetium, sed tan tum, ut impleretur.
Non enim in sermone, sed in uirtute regnum dei habebant
Sectatores uero illorum imientes, apprehenderunt extemam 588w
eorum conuersabonem, spiritum autem et fidem eorurn
deseruerunt, et contigit eis, quod Chaldeis succendentibus
J5 fomacem Babylonis: ipsi pereunt, et sancti seruantur, pro eo
quod iuxta psal. xxvii. Non intellexefunt opera dei, et facta
eius non cognouerunt, ideo destruit eos et non aedificat eos.
Didt enim psal. lxxvi: Semitae tuae in aquis multis, et
uestigia tua non cognoscentur. Et psal. iiii: Sdtote, quoniam
40 mirificauit dominus sanctos suos. Et psal. lxvii: Mirabitis
17 Ps. 119, 137 20 Pr. 2. 17 31 1. Ko. 4, 20 35 Da.
3. 22 36 Ps. 28, 5 38 Ps. 77, 20 39 Ps. 4, 4 40 P».
68, 36
206 De votis monastici»

deus in sanctis suis. Et psal. xv: Sanctis qui in terra sunt


et mirificis, omnis uoluntas mea in eis. His testimoniis
docemur, in sanctis dei non esse obseruandam operum ex-
temorum laruam, sed fidem, qua eos regit et seruat mira-
biliter, permittens eos saepius errare et peccare externa con- 5
uersatione, quam illi tanquam opera dei et ui am rectam
apprehendunt, et abeunt in barathrum errorum. Et Apostolus
Heb. xiii. cum iussisset intueri praepositorum exitum, adiecit:
ut fidem eonim imitemur. Stat enim fixa apud deum sententia,
Omnes sanctos eodem spiritu et eadem fide uiuere, agi et 10
260 e regi, sed diuersa opera foris operari. Vt enim non eo dem
tempore, ita nec eodem loco, nec idem Opus, nec coram
eisdem personis operatur per illos, sed transit per tempora,
loca, opera, personas uarias, semper eodem spiritu et fide
eos regens, ut fiant uiae eins absconditae, et uestigia eius 15
incognita, dum unumquemque alio opere, alio loco, alio tem­
pore, aliis personis exercet, quam in aliis sanctis uidit et
audiuit, cogiturque opere, loco, tempore, personis, casibus sibi
prius incognitis regentem ac ducentem deum sequi. Haec
est eruditio fidei, in qua omnes sancti eruditi sunt, unusquis- so
que sua uocatione. Proinde impossibile est, ut intempestiui
illi sanctorum imitatores non errent pemidosissime, dum patrum
opera etiam optima sectantur potius quam fidem et spiritum.
nedum ubi et errores et peccata eorum apprehendunt Omnes
enim tales stant in ostio papilionis sui, et uident dorsum Mosi *5
intrantis in tabemaculum federis, existimantes sese deum
inuenire in istis propatuli et atrii operibus, cum scriptum sit:
Dominus in loco sancto suo. Et: dominus pollidtus est, ut
habitaret in nebula Lege totam scripturam, et uide, an
sanctorum uirorum idem fuerit opus. 30
In hanc rem mihi psalmus .lxi. uidetur esse reuelatus,
quem non fuerit inutile hic recensere.
I At ad deum silentium animae meae,
Ab ipso enim salus mea.
589w *1 II At ipse rupes mea et salus mea, 35
Protectio mea, non mouebor multum.
III Vsquequo imiitis super uirum, interfidemini omnes uos ?
Sicut paries inclinatus et maceries expulsionis.
IIII At eleuationem eius cogitauerunt, ad expellendum,
Placebunt sibi in mendado, ore suo benedicent, 40
Et intimo suo maledicent, Sela.
i Ps. 16, 3 8 Hbr. 13, 7 25 Ex. 33. 8 28 Ps. 68, 6
1. K ö. 8, 12 29 hdbitarer A
V At deo sile, anima mea,
Quoniam ab ipso spes mea,
VI At ipse rupes mea et salus mea, »6i e
Protectio mea, non mouebor.
5 1VII Ad deum salus mea et gloria mea,
Rupes uirtutis meae, fiducia mea in deo.
V III Sperate in eum omni tempore, populi, effundite coram
eo cor uestrum,
Deus fiducia nobis, Sela.
10 IX At uanitas filii hominum, mendadum filii uiri, in state-
ris ad ascendendum,
Ipsi prae uanitate simul.
X Nolite sperare in calumnia et rapina, nolite uani fieri,
Diuitiae si affluant, nolite apponere cor.
15 XI Semei locutus est deus, bis haec audiui,
Quia uirtus dei est
X II Et tibi domine misericordia,
Quoniam tu reddes uiro secundum opera sua.
Non est alius psalmus, in quo toties ingeminetur et in-
*0 culcetur spes, fiducia, praesumptio in deum. Vigesies enim pene
repetit, ac totus psalmus fidudam in deum sonat, cui omnium
fortissime resistit exemplum operum in sanctis. Haec est
enim uera uia salutis, subdi deo, in fide ei cedere et silere,
ponere tumultum praesumptionis operum, quibus querunt impii
»5 eum inuenire, et sese ductilem prebere, ut ipse in nobis opere-
tur, non nos operemur. Videmus enim in sanctomm secta-
toribus nihil nisi tumultum operum, quae in sanctis uiderunt,
iis enim die et nocte sese fatigant, nunquam autem silent deo
subditi per fidem. ideo mouentur et sunt instabiles corde,
30 cum non possit cor per opera quietari; fiduda eoram est in
operibus ab exemplo sanctonun petitis, quibus praesumunt
peruenire, quo illi uenerunt sola fide. Inclamat autem prae-
dpitem illorum coedtatem, qua gregatim irruunt ad imitandum
opus alicuius magni uiri, et non potius et prius silere discunt
3$ 1et fidere deo. Cur (inquit) sic irruitis in laruam operum? 590w
cur interfidtis uos ipsos omnes? curritis et praedpitatis uos
ipsos omnes in mortem. Deus est murus altus et fidelis
protectio, sicut Salomon didt: 1Turris alta (id est, alte opposita) 26* e
nomen domini, ad ipsam currit iustus et saluabitur. Contra
40 uos et quicquid molimini, erit sicut paries inclinatus et
maceries eiecta, super quam qui nititur simul cadet et eiidetur
38 Pr. 18, 10
2öS De votis monastirii

et mouebitur multum. Vocabulum Hrmitis' uolunt etiam signi-


ficare id quod ‘congregari’, item ‘prauescere’ utrunque confirmat
sensum praedictum.
Obscurum autem et ambiguum est quod sequitur: At
eleuationem eius cogitauerunt expellere. Noster habet: uerum- 5
tarnen predum meum. Romanum psalt: honorem meum.
Hiero.: partem meam, sdlicet oblationem. Ab eo enim uerbo
oblationes, dona et partes sacrarum rerum dicuntur ab eleuando.
Puto igitur sensum esse, Impios in sanctorum exemplis id
quod solum praedosum, honorabile, nobilissimum atque adeo 10
ipsa portio sanctitatis, nempe fidem, non solum non sequi,
sed uno consilio seu furore potius id agere, ut eiidant et
extinguant, solis operum laruis iactatis et praedicatis. Nemo
enim minus sequitur sanctorum exemplum, nemo etiam magis
extinguit, quam qui opera sola et non fidem eorum sectantur; *s
sic nemo minus est hodie Frandscanus, quam ipsi Frand-
scanissimi, qui de obseruantia dicuntur, imo ii acerrimi hostes
eius sunt, et fidem eius eiicere cogitant furiosissime. Vnde
sequitur: Placebunt sibi in mendado, sdlicet spedem tenent,
fidem uastant, et in hoc gloriantur, sibique placent prae om- *>
nibus hominibus ceu sanctissimi, ore benedicunt, intimo male-
dicunt Laudant enim deum, Christum, 8. Frandscum, Do-
minicum, et alios, quorum sectatores sese iactant Sed haec
laus est summa blasphemia, dum fidem eiidunt, et solam
spedem pro ueritate amplectuntur. Ex his iam totus psalmus *s
apertus est, docens nos fidere deo, et sine fide omnia esse
mendada. Isaias xxx. hunc psalmum uel aemulatus uel inter-
«638 pretatus etiam : 1populus enim ad iracundiam prouocans est,
filii mendaces, filii nolentes audire legem d ei Qui dicunt
uidentibus: nolite uidere, et aspidentibus: nolite aspicere nobis 3«
ea quae recta sunt, loquimini nobis placentia, uidete nobis
errores, ankerte a me uiam, dedinate a me semitam, cesset
a fade nostra sanctus Israel. Propterea haec didt sanctus
Israel: pro eo, quod reprobastis uerbum hoc, et sperastis in
calumnia et tumultu, et innriri estis super eo, propterea erit 35
591w uobis iniquitas haec, sicut intermptio cadens e t 1requisita in
muro excelso, quoniam subito dum non speratur ueniet con-

5 <L h. die Vulgata (Meissinger, Luthers Exegese in der Frühzeiti


Leipzig 1911, s. 21) 6. 7 vgl. Fabers Quincuplex psalierium 1509
(Meisäger s 57s.) 11 nach sanctitatis ist nach C zu ergänzen: est
sequuntur A, nach C korrigiert 12 agunt A, korr. nach C 27 Jes.
30, 9— 13 28 nach etiam ergänzt C: ait
iudicium. 1521. 209

tritio eius. Et infra: Si reuertamini et quiescatis, salui eritis.


In silentio et spe erit fortitudo uestra etc
II. VOTA ADVERSARI FIDEI.
T T AEG modo satis sit dixisse de uotis monastids, ut ad-
5 A J- uersentur uerbo der. Pergamus demonstrare, ut pugnent
et fidei Christianae, quo plenius cognoscamus hanc esse prin-
dpem partem abominationis Stands in loco sancto. Ponamus
autem hic petram seu rupem nostram, quae nostrum est
prindpium fidei, Verbum Pauli Roma, xiiii: Omne, quod
10 non est ex fide, peccatum est. Ex quo inferimus, monastica
uota, si ex fide non sint, esse peccata. Ex fide autem non
sunt, si perpetua, necessaria et non libera sunt, potentia tum
seruari tum dimitti. Sed quia haec uel aduersariis uel infirmis
uenient in manus, occurrendum est eorum effugiis, et prae-
*3 occupanda uada Iordanis huius, ne nobis elabantur principes
isti madianitarom. Primo <enim negabunt, fidem eo loco
fidem Christianam esse, habentes humanam glosulam tum
obscuriorem ipso textu, tum ab ipsismet nunquam intellectam,
ut more suo scripturae uim eludant eiusmodi commentis, qui-
20 bus plus credunt, quam puris et apertis uerbis dei, nulla
causa, nisi quod principio perfidiae suae 1 repugnant, quo 2Ö4 E
statuerunt, non omnia extra fidem esse peccata. Huic
mendado aduersus deum erecto cum Paulus resisteret, co-
actus est laruam glosae induere et illorum sensui cedere. Est
*s autem glosa eiusmodi, fidem eo loco accipi pro conscientia.
Esse igitur non ex fide, est contra consdentiam agere. Agens
autem contra consdentiam aedificat ad geennam. Haec retuli,
ne putent, nos eorum magnificam sapientiam neque nosse
neque legisse. Deinde et hoc multo maxime negabunt, Vota
y> necessaria esse sine fide. Habent enim fidem multiplicem:
generalem, spedalem, acquisitam, infusam, informem, formatam,
catholicam, particularem, implicitam et explidtam, hoc est,
confusissimam Babylonem errorum et opinionum. Cogimur
itaque, ne amorreis et ranis istis nihil sdre eorum uideamur,
35 aduersus ista disputare, et nostram rupem non quidem firmare,
sed firmam monstrare, dispulsis fumo, nubibus et nebulis per
homines exdtatis.
Christus d id t: Qui non crediderit, condemnabitur, Marci
i Jes. 30, 15 7 Mt. 24, 15 9 Rö. 14, 23 15 R i. 7, 24
25 Kawerau, W . A. 8, 5911 zitiert: Thomas Aqu. 1. 2. q. 10 art. 4:
•Utrum omnis actio infidelis sit peccatum*. Ad Rom. X IV lect. 3:
•contra fidem vel contra consdentiam1 38 Mc. 16, 16
210 De votis xnonasticfs

u lt Et Iohan. viii: Si non credideritis, quia ego sum, mori-


emini, in peccato uestro. Et Iohan. xvi: Ille arguet mundum
59aw de peccato, quia non credunt in me. 1 Da igitur monachum
castum, obedientem, pauperem et Omnibus uirtutibus refertum,
operantem quantacunque sine fide, nunquid non damnabitur? 5
Nonne manet sententia: Qui non crediderit, condemnabitur ?
Nonne peccatum habet, quod arguit Spiritus? Nonne morietur
in peccato suo? At mors, damnatio, reprehensio, non infertur
ei, qui non peccat Nec est, quod hic eludant et dicant,
Peccatum infidelitatis quidem damnari, sed non omnia, quae 10
fiunt in peccato infidelitatis. Sdlicet fructus bonos feret arbor
mala? et in peccato facta non sunt peccata? In proposito
adulterandi dare panem egend peccatum est, et uouere in
proposito non credendi non peccatum est? Sed et Iohan.
265E iii. obstruit hoc os impium dicens: Qui non 1 credit, iam 1$
iudicatus est, quia non credit in nomine unigeniti filii dei.
De qua rogo fide hic loquitur? infusa, acquisita, generali etc.?
Nonne de ea quae uiuificat? sine qua qui fuerit, iam iudicatus
est. Et herum: Qui non credit filio, non uidebit uitam, sed
ira dei manet super ipsum. At ira dei non manet super eos, •»
qui non peccant Si ergo opera extra fidem peccata non sunt,
cessat ira super operantem talia, et per opera auertet iram a
se, ut fide non sit opus. quo quid est blasphemum magis?
Petra ergo nostra firma inuenitur, et dispulsis nubibus
prindpium perfidiae illorum subuertit, stat quoque Paulus •$
inconcussus: Omne quod non est ex fide peccatum est, nec
curat, quod sententia illis dura uideatur. Dura Luit et mors
Christo pro nobis suscepta, magnum fuit filium dei incamari
et dari pro nobis. Nihilo tarnen minus factum credimus.
Non oportet sequi in rebus dei nostrum iudicium, nec definire, 3»
secundum quod nostro sensui aliquid durum, molle, graue,
leue, bonum, malum, iustum, iniustum uidetur. Non fades
(inquit Deutro. xü.), quod tibi rectum uidetur, sicut fadunt
tarnen impiissimae facultates scholamm, omnia diuina ad
humani sensus iudidum aestimantes, et pro petris fidei arenas 35
et paludes perfidiae suae in prindpia fidei collocantes. Sed
ad uerba fidei aptandus est noster sensus, captiuandusque
intellectus in obsequium Christi. Id quod non fedt impu-
dentissimae frontis et prostitutae iam olim pudidtiae meretrix
Parrhisiensis, quae nuper ausa est diuaricari pedes suos et 40
i Jo. 8, 24 2 Jo. 16. 9 i i Mt. 7, 18 15 Jo. z, 18
iy Jo. z. 36 25 Rö. 14, 23 33 Dt. 12, 8 {Deutro. schrieb L.,
vgl. z. b. oben I 248, z. 31) 38 2. Ko. 10, 5 39 Ez. 16, 25. 23, 18
iudicium. 1521. 21 I

toti orbi turpitudinem suam obscenissimam discooperire et


dicere, legem de non uindicando ideo censeri Consilium
debere, non quia id sacrae literae docerent, sed quia humanus
sensus dictet, hoc esse oneratiuum legis Christianae. Ladern
5 pietate dicent, infemum non esse, sed minari tan tum scripturas,
quod sensus humanus abhprreat, unum hominem perpetuo
crudari, quo sensu Origenem 1aiunt lapsum fuisse. O scholas, 266e
o facultates, o Theologistas, feces nouissimae sentinae! Sic
intellectum uestrum (id est, uerba 1 dei) capduatis in ob- 593 w
10 scquium Christi (id est, in sensum uestrum)! Decemimus
itaque hac autoritate diuina, et cum fiducia audemus dicere:
Haec didt dominus exerdtuum: Vota monastica extra fidem
facta et seruata sunt peccata, per hoc et irrita, damnabilia,
reuocanda et omittenda, aut aliter denuo uouenda et seruanda.
15 Iam quod fidem hoc loco fatiunt consdentiam, mera
temeritate hominum fadunt Neque enim unum iota e
scripturis adducunt, quo probarent fidem aliquando hoc modo
acdpi; mihi nondum est uisus locus, in quo fides aliter quam
ubique et uniformiter acdpitur pro fide Christians, quod
20 proiixius est, quam ut nunc res padatur ostendere. Feramus
tarnen hanc eorum obscuram glosam et malo isto humano
bene utamur, per spiritum nobis donatum. Si enim recte
consdentiam ea glosa intelligerent, non male dicerent Veris-
simum est enim, si quippiam opereris et credideris te hoc
25 ipso male operari, tete peccare, et (ut aiunt) ad geennam
aedificare. Sed hoc errant, quod hanc consdentiam non
fadunt catholicam in omnibus opcribus extra fidem Christi
factis, sed certis eam duntaxat casibus deputant, in quibus
enroneam consdentiam haben dictant. Hoc ideo errant, quia
30 oculos solum figunt in crassa ista libidinis, irae, cupiditatis
peccata, uerom in sublimia ista et profunda cordis peccata
consdentiam talem nunquam promouent quod nos, age, ten-
temus, an facere possimus. Si aliquod opus fadas, quod non
credas firmiter deo placere, aut dubitas placere, nonne contra
35 consdentiam fads ? fads enim, et non credis deo placere; si
autem non credis placere, consdentiam habes, opus non esse
pladtum. Et sic contra consdentiam operaris id, quod non
esse pladtum deo dictas. Sed nonne talia sunt omnia uota
et uotorum opera extra fidem? Da unum, qui audeat asserere,
40 1suum uotum esse pladtum ac gratum deo. Quin hoc asserere, «67 e
docent esse praesumptionem, uolentes, ut timeamus et incerti
212 D e votis monasticis

simus. At deus iussit certo et indubitato fidere in suam


misericordiam et praesumere nos et nostra placere, non ex
nostra dignitate aut merito, sed sua bonitate. Haec est enim
conscientia sanae fidei, quae huic iussui et promissioni dei
fidelissime et inconcusse adheret. quam consdentiam uastat 5
et contra eam peccat illa, quae uel non credit, uel, quod idem
est, dubitat, se et sua placere deo; ideo et contra seipsam et
illam simul peccat, fadens, quod non credit placere.
Quis uero liberat nos ab ista impia contra seipsam
peccante consdentia? Natura id non potest quantumlibet 10
enim opereris bona, si et sanguinem fuderis, semper manet
consdentia palpitans et dicens: Quis seit, an hoc deo placeat ?
Verum est enim illud sapientis: Cogitationes hominum timidae,
594w *et incertae prouidentiae nostrae. Non ergo habet natura,
nec impetrant opera bonam et certam consdentiam. Christus 15
uero per auditum uerbi sui cordi manifestatus, quod ipse sit,
qui pro nobis sacerdos factus est, nobis datus, suum sanguinem
fuderit, nostra peccata tulerit, et nos in suos acceperit, Hic,
inquam, auditus cor letificat, consdentiam erigit, ut audeat
dicere et gloriari in ipso: Si Christus pro me et meus est, ao
quis contra me ? Quomodo non placeam ego et opera omnia
mea, si Christus meus et ego Christi? Nunquid Christus dis-
plicere potest? Ecce ista est fides, quam scriptura docet, quam
qui habet, contra consdentiam agere non potest, quia non
potest dubitare sese placere deo propter Christum sibi donatum. 25
Qui uero non habet, non potest non contra consdentiam
agere semper, quia non potest non dubitare, sese placere deo.
Deest enim et promissio dei et pignus promissionis, Christus,
relicta sola natura sibi incerta, quid deus de se cogitet. at
268 e habens promissionem et Christum, certissimus est, 1quid deus 30
super ipsum cogitet, nempe cogitationes pacis, propter san­
guinem Christi clamantem remissionem peccatorum et abba
pater in cordibus nostris. Igitur cogitationes mortalium timidae,
quibus nos non uult niti. dedit ergo promissionem miseri-
cordiae, iussit fidere, adiedt inaestimabile pignus, filium suum 35
unigenitum, ut super cogitationes eins per promissionem mani-
festatas, per Christum sigillatas, nitamur certi et firmi etiam
aduersus portas inferi, adeo ut, si etiam labamur et peccemus,
mox resurgamus, semper sdentes nos non placere non posse
propter Christum, qui propter nos non possumus non displi- 40
cere. Hoc sensu glosa ista pia et boni usus erit, atque cum
Paulo et tota scriptura per omnia conuenit Vere enim
contra consciendam operatur et peccat, qui non credit seu
Christum non habet. Et econtra, uere non credit, qui contra
consciendam operatur, ut stet sententia: Qui non credidcrit,
5 condemnabitur, quia non credit sibi peccata indubitato remissa,
quae consdentia mergit eum in damnationem, manens onerata
peccatis.
Nunc latius uidendum est, ut monastica uota sint sine
fide. Demonstratum et inuictis testimoniis firmatum est,
10 Omne quod non est ex fide peccatum esse, Solius autem fidei
esse, remissionem peccatorum operari, certam et letam et
liberam a peccatis consciendam reddere. Opera uero seu
fructus fidei proprie non pertinent ad remissionem peccatorum
et letam consciendam, sed sunt fructus iam praesentis et
15 praecedentis remissionis et bonae conscientiae. Memento
quaeso istorum, lector, quam poteris diligentissime, Opera ante
fidem esse peccata, solam fidem sine operibus operari re­
missionem peccatorum, iustificationem et bonam consciendam,
Opera uero post fidem esse fructus iam iustificati hominis ex
20 remissione peccatorum et bona consdentia, hoc est, ex fide
et charitate 1prouenientes. 1 Memento inquam horum, Nam hic
est Spiritus, qui flabit in fenum uotorum et florem eorum, et
exiccabitur fenum et cadet flos eorum. Non humana, sed
diuina sunt, quibus nitimur. Stat enim, ante fidem et sine
25 fide Christiana uiuificante illa et optima non modo re­
missionem peccatorum aut consciendam bonam per opera aut
uota fieri non posse, sed necessario peccata esse, quae fiunt.
Hic iam uidebis, qua pietate isti uoueant sua uota, et quae
sit fides eorum generalis, acquisita, infusa, in qua uouent, an
30 Iudaeos uel Christianos eos existimare debeas. Paul, dicit ad
Gal. iii: Lex non est ex fide. Et iterum: Ex operibus legis
non iustificatur omnis caro coram illo. Et: qui iustitiam legis
sectantur, in iustidam legis non perueniunt quae omnia cum
praecedentibus hoc definiunt: Qui remissionem, satisfactionem
35 peccatorum, iustificationem, alteri quam fidei soli tribuerit, et
aliunde quam per fidem quaesierit, hic Christum negauit,
gratiam abiecit, et Euangelium reliquit apostata. Sic enim
Paulus Galatis intonat: a gratia excidistis, qui ex lege iusti-
ficamini. At uota et opera uotorum lex et opera sunt, non
40 fides nec ex fide. Quid est enim uotum nisi lex quaedam ?

22 Jes. 40. 7 31 Ga. 3, 12 Rö. 3, 20 32 Rö. 9, 31 38 Ga.


5. 4
214 De votis monasticis

teste ipsorummet uoce, qua dicunt: id, quod ante uotum liberum
erat, post uotum necessarium est, et iam non Consilium, sed
praeceptum est. Qui ergo ea opinione uouent, ut per hoc
uitae genus boni et salui Kant, peccata deleant et operibus
bonis ditescant, nonne manifestum est impios et Iudaeos esse, 5
a fide apostatare, imo fidem blasphemare et abnegare? dum
hoc tribuunt legibus et operibus suis, quod proprie solius fidei
est. De quibus egregie Paulus praedixit: In nouissimis diebus
discedent quidam a fide attendentes spiritibus erroris et
doctrinis demoniorum in hypocrisi loquentium mendacium. 10
»Toilstam discessionem et 1 apostasiam et ad Tessalonicenses
memorat Vbi est autem discessio ista, nisi ubi ad opera
itur, et id operibus tribuitur, quod fidei est?
Interrogemus nunc omnes uotarios istos, qua opinione
uoueant, et inuenies eos hac opinione impia possessos, quod -5
arbitrentur gratiam baptismi irritam factam, et iam secunda
tabula poenitentiae naufragium euadendum esse, ideo quae-
rendum per uotiuum uiuendi genus non solum, ut boni fiant
et peccata deleant, sed etiam abundantius poeniteant, et
caeteris Christianis meliores fiant. Haec omnia illos querere 20
in operibus et uotis, et non in fide, certissimum est, tesds est
eorurn uox, ubi dicunt: Si haec non quaererem nec in-
596w uenirem, quid quaererem in monasterio? quid laborarem? 1Si
enim scirent, sola fide haec prestari et accipi, utique inferrent:
quid ergo necesse est uouere et monachum fieri? Statim 25
enim superfluum et non necessarium esse hoc uitae genus
intelligerent, tarn ad iustitiam quam ad salutem, imo uanum
et aduersarium. Quam primum fidei sdentia reuelatur, caetera
omnia non necessaria ad iustitiam inueniuntur. At si hoc
scissent, nunquam uouissent Nemo enim in uanum laborare 30
hellet, maxime tanto totius uitae labore. Quare hoc testimonio
conuincuntur sese ideo uouisse, quod uotiuum hoc genus uitae
utile et necessarium duxerint ad iustitiam seu bonam uitam,
imo nihil utilius et melius duxerint. At ea opinio est impia,
sacrilega, aduersaria fidei, quae sola necessaria et utilis, nihil- 35
que ea utilius et necessarium magis est ad iustitiam. Id uero
multo fortius et certius conuincit eos, non alia quam hac
infideli et impia opinione uouere et uiuere, quod principium
perfidiae suae palam docent et dicunt, hominem posse suis
operibus naturalibus gratiam et remissionem peccatorum ob- 40
8 i. Ti. 4, i f. i i 2. Th. 2, 3 17 vgl. oben I 460, z. 20
ausser Hieran, ep. 130, 9 (MSL. 22, 1115) vgl. auch Hieran. Comment,
in Jesaiam lib. II zu 3, 8 f. (MSL. 24, 65)
iudicium. 1521. 215

tinere. Sic enim sapiunt omnes, ideo enim et uouent, ut hoc


uitae genere gratiam dei obtineant, 1 iuxta principium prae- 271 e
dictum perfidiae, quo quid fadunt, nisi quod Christum negant,
et a fide discedunt? Quod si qui inter eos sunt, qui non
5 ita sapiunt, cum nec aliud audiant nec uideant, Hos necesse
est in medio impiae doctrinae et infidelis uitae, ceu pueros
in camino ignis Babylonici, solius uirtute dei intus recte
docentis et potenter seruantis custodiri miraculose. Proinde,
si nulla alia esset causa reuocandi et relinquendi uoti monastici,
ic haec impietas negati Christi et repudiatae fidei abunde satis
urgeret et compelleret Nemo satis pensare potest, quam
graue et uehemens sit uerbum Pauli, quod redtauimus: In
nouissimis diebus discedent quidam a fide, attendentes spiri-
tibus erroris et doctrinis daemoniorum, in hypocrisi loquentium
«5 mendadum, cauteriatam habentium suam conscientiam, pro-
hibentium nubere et abstinere a cibis, quos deus creauit ad
perdpiendum cum gratiarum actione fidelibus et iis qui
cognouenmt ueritatem.
1 Ego plane huius solius uerbi autoritate, cum sit uerbum 597w
20 Spiritus sancti, qui est deus noster benedictus Amen, ausim
uniuersos monachos a suis uotis absoluere, et cum fiducia
pronundare, uota eorum esse coram deo reproba et nulla.
Antea enim solos sacerdotes a coelibatu uirtute huius uerbi
absolui, sed propius mihi rem spectanti et uerba Pauli dili-
»5 gentius consideranti occurrit, doctrinam eius catholicam et
generalem esse in omnes 1coelibes, tarn monachos quam sacer- 27t e
dotes. Proinde utile fuerit paulo accuratius Paulum obseruare.
Ac primum, ut illos penitus confutemus, qui Papam, sacerdotes
et monachos honestaturi hunc locum ad Tacianos torquent,
30 nec sinunt de nostro coelibatu intelligi: Ipsa uerba cogunt
non de Tadanis sese intelligi. Taciani enim non prohibebant
modo, sed damnabant in totum coniugium, dicentes ipsum et
mahnn et peccatum esse. Similiter et dbos Manichei non
prohibebant modo, sed damnabant, ut qui mixti essent por-
33 tione tenebrarum etc. Sed Papa et Papistae nec dbum nec
coniugium damnant, prohibent solum nubere et abstinere a
4 nach discedunt folgt in C: Quin his auribus audiui quosdam
maximi nominis inter eos docere, Religiosum esse hac gratia ditissimum,
ut, quoties renouarit uotum religionis in corde suo per contridunculam
aliquant, toties a nouo ingrederetur religionem. Hoc autem ingredi baptismo
aequabat, sicut aequant omnes. Tot diluuia baptismorum habent illi
perditi iustitiarii operum, et fidei non nisi unxim et uno peccato perditum
dant baptismum. Vgl. oben I 474, z. 13 ff. 7 Da. 3,27 12 1. Ti.
4, i ff. 29 L. polemisiert hiergegen Emser (vgl. W . A. io*, 152, z. 14)
2 l6 De votis monasticis

cibis bonis, quos confitentur a deo creatos, faciuntque id


specie maioris rcligionis, quod Paulus palam tangit, cum dicit:
In hypocrisi loquentium mendacium. Non enim Papistae
necessarium esse docent aut diuinitus praeceptum, a cibis et
coniugio abstinere. Scientes et pmdentes prohibent propria 5
autoritate ad hypocrisin instituendam. Taciani uero et Ma-
nichei necessarium ac diuinitus praeceptum uideri uolebant
suum commentum, non sciebant proprium esse, quod docebant,
nec specie maioris pietatis, sed ueritate et necessitate uni-
uersalis pietatis credebant se moueri. Habemus itaque hunc 10
locum Pauli, plane nostros coelibes tangentem, Papam, sacer-
dotes, monachos et moniales. Atque ut demus quam maxime
Paulum de Tacianis et Manicheis loqui, per hoc non polest
negari, quin et de Papistis loquatur, quatenus cum illis sentiunt.
Nunquid ideo non loquitur contra Sabellium Johannes Euan- x$
gelista de diuinitate Christi, quia eius uerba pugnant contra
Arrianos? Aut non loquitur contra Cherinthos, quia uerba
eius confutant Iudaeos? Aut non ualent contra Turcas, quia
ualent contra gentiles? Prorsus contra omnes ualent et
pugnant, quocunque nomine, quacunque secta censentur, 80
quatenus negant Christum esse deum, siue alias illis conueniat
siue minus. Ita et hic Pauli locus omnes damnat, qui pro­
hibent nubere, et docent abstinere a cibis, siue sint Taciani,
273 e Ma*nichei, Turcae, Papistae, aut quicunque alii. Nam etTurca
a uino abstinet specie religionis. Cum itaque negari non *5
possit, a Papa coniugium prohibitum sicut et cibos, mani­
festum est ipsum spiritui sancto resistere in hoc uerbo Pauli,
5 9 8 w e t 1 doctrinam suam esse daemoniorum, et erroneam et meram

hypocrisin. Habet hic aliquis quod possit opponere? sunt


ne haec clarissima et inuicta ? Esto, Papistae non sunt 3°
Turcae, neque Manichei, neque Taciani, nec tales accusamus,
sed quatenus cum Turcis, Manicheis et Tacianis consenciunt,
accusamus. Turcae non sunt, faciunt tarnen ac docent ea quae
docent Turcae.
Cum ergo haec ita habeant, ut monastica uota per 35
diuinam Spiritus definitionem pronuncientur esse doctrinae
erroneae et daemoniacae et hypocriticae, quid adhuc trepidas
ea reuocare et deserere ? An trepidas spiritum creatorem tuum
audire et sequi? Metuis, ne Spiritus ueritatis tibi mentiatur,
aut irascatur, si obedieris uoci eius? Si scires tete uouisse, 4°
ut Sacrilegium faceres, utique uotum cassares et mutares, cur
non et hoc mutas et cassas? Sed id fortassis te moratur,
27 spiritu A
iudicium. 1521.
217

quod et me hactenus moratum est: Quod Monachi non


docent, sed sua sponte sese tradunt in hoc genus doctrinae
et hypocrisis, Sacerdotes uero praecepto Papae coguntur,
non sponte uouent. Atque hoc spontaneum uotum a nullo
5 exactum uehementer me mouit hactenus. Iam uero non mouet
amplius. Primum, quod Paulus tarn libero spiritu affirmat
doctrinas erroneorom spirituum et daemoniorum mendaces
esse, quod et ipsa res cum uerbis Pauli faciens probat. Docent
enim per Opera iustificari et saluari, et discedunt a Lide, cum
10 suam obedientiam, paupertatem et castitatem non solum
arbitrentur esse certas uias ad salutem, sed et perfectiores et
meliores, quam reliquomm fidelium, quod est euidens et
apertum mendacium et error et peccatum in Lidern. Nihil-
que reliquum est illis nisi hypocrisis et cauteriata conscientia.
151 Denique uelut non passuri, ut quis Paulum de ipsis loqui -74 e
dubitet, latius insaniunt, et produnt sua mendacia impudenter.
Vendunt enim et communicant sua. bona opera, merita et
fratemitates aliis, quasi ii sint, qui non solum meliore uia
incedant, sed et ex abundantia sua alios quoque secum saluos
-o facere possint. Nunquid ista fieri ab eis publice et passim
negare quisquam potest? At operibus tantum tribuere, ut
non modo sua ipsorum, sed et aliorum quoque peccata deleant,
nec solis sibi, sed et aliis ad salutem prosint, quid potest in
Christum et Lidern eius blasphemius et insanius cogitari ? Qui
»sludaei? qui gentiles? qui Turcae aeque insaniunt? Nonne
hoc est non modo suas proprias, sed et aliorum conscientias
inuitare et allicere ad confidendum super illorum opera et
merita ? At quid est hoc nisi fidere execrabilissimo mendacio ?
pro quo tarnen mendacio totius mundi opes deuorant ociosi
jo et delicati. Denique nuper ad Linern insaniae uenerunt,
prominentes hominibus introitum coeli, qui morituri cucullum
induerint Quid est abominatio, si haec 1non est abominatio ? 599 w
Vides ergo, imo palpas hic, non modo discessisse eos a Lide,
sed mendaciis illorum abominandis seductum quoque et orbem.
35 Sua enim cuiusque Lides et necessaria et satis est ad re-
missionem peccatorum et ad salutem, quae nobis Christum
affert, hoc est, unam camem, os ex ossibus, et omnia communia
cum illo fadt, ut in ipso et deipso glorietur conscientia nostra,
quod ipsius solius sanguine et meritis tum iustificati uiuimus,
40 tum saluati inaetemum uiuemus, sine operibus tarn nostris
propriis quam aliorum. Fides enim Christi non potest pari,

27 confitendum A 31 vgl. W . A. 30’, 267loe. 30®, 3841. Schäfer s. 438


ut ucl nostris uel aliorum operibus gratia et iustitia ueniat.
Hoc enim solius Christi esse seit et confitetur constanter.
quam si illi docerent, non sua Opera uenderent aliis, sed se
et omnes ab operurn fiduda in solum Christum raperent,
simul ostendentes, quam nihil sit necessarium ad iustitiam, ad 5
salutem, ad remissionem peccatorum suum uotarium uitae
genus, sed solam fidem esse necessariam.
»75 e 1Hos proprie Christus praedixit Matth, xxiiii: Multi
uenient in nomine meo dicentes: Ego sum Christus. Obseraa
quaeso uerba Christi: In nomine meo uenient dicentes: Ego 10
sum Christus. Papistae illi religiös! nunquam appellant se
uocabulo isto ^Christus', nullus dicit: Ego uocor uel appellari
uolo Christus. Omnes autem dicunt: Ego sum Christus,
nomine abstinent, sed officium, opus et personam arrogant.
Quaeris, quomodo id faciant? Audi, Christi solius proprium 15
est, suis meritis et operibus iuuare et saluare alios. Caeterorum
Opera nullis nec sibiipsis prosunt, quia stat sententia: Iustus
ex fide sua uiuet. Fides enim nos super opera Christi ponit,
sine operibus nostris, et transfert de exilio peccatorum nostro-
rum in regnum iustitiae illius. Haec est fides, hoc Euan- 20
gelium, hic Christus. At Papistae hanc fidem quo ducunt?
Nonne super seipsos? Docent enim homines fidere super
sua merita, et communicant opera sua et fratemitates suas
caeteris peccatoribus, ut peccata eorum portent et deleant,
iustosque et saluos fadant. Nonne hoc est dicere: Ego sum 25
Christus? Nonne hoc est facere, quod Christus fatit? Non
iam sunt Christians, sed Christus. Quia Christian! diffinitio
est haec: credens solius Christi operibus solis sine propriis
iustificari, a peccatis liberari et saluari. Christi diffinitio est:
Qui saluum fadt populum suurn a peccatis eorum, donans 30
illis sua propria merita et uniuersam iustitiam. At hoc faciunt
nostri monasticl In nomine (inquit) meo uenient, hoc est,
faciunt ista, non ut gentiles, sed ut Christian!, imo ut Chri-
stianissimi. Non enim sinunt quenquam alium de nomine
Christiano superbius gloriari. Recordor hic, quod saepius 35
audiui, quosdam ex isto hominum genere morituris peccatoribus
dedisse omnia sua bona opera in hanc uocem: Ecce do tibi,
quiequid boni fed in uita mea. Volentes hac insania charitatis
276 e opus inestimabile implesse, dum miserum illum ho'minem a
600w Christo retractum in 1opera hominis fidere fecerunt. O horren- 4«
das tenebras, o miserandas caecitates, o abominandas in-

8 Mt. 24, 5 17 RÖ. 1, 17 30 M t 1, 21 32 Mt. 24. 5


iudicium. 1521. 219

sanias! Siccine, Satan, ludis in animabus pereuntibus et per-


dentibns?
Ex bis fructibus suis credo satis cognosci lupos istos
rapaces, qua opinione uoueant et uiuant, ut nemo possit
5 negare, Monachum fieri (nisi miraculo seruetur) id esse quod
a fide apostatare, Christum negare, Iudaeum fieri, et, ut Petrus
praedixit, ad uomitum gentilem redire. Vides enim nihil nisi
opera spectari ab istis perditis hominibus, et talia opera, quae
Christi operibus aequant, sola hac causa, quia praetexto
10 nomine Christiane a Christianis facta putant, in fide illa
sacrilega et abominanda, quam generalem et informem uocant
Igitur sic dixi: amplius me non moratur spontaneum illud
uotum monachorum, quo minus omitti et possit et debeat.
Quid enim est uotum hoc, nisi pactum cum daemonibus
15 factum ? doctrinas daemoniorum, errores et mendacia tete
uouisse didt Spiritus deus tuus, et tu dubitas, an resilire et
relinquere uotum debeas ? Aduerte ad Paulum, qui non solum
decentes aut cogentes, sed et attendentes memorat, imo de
attendentibus potissimum loquitur, dicens: Discedent a fide,
20 attendentes spiritibus erroris et doctrinis daemoniorum. Vides
hic auditores et sequaces primo loco nominari. At monachi
certe dum spontanee uouent, non decent haec m'endacia, sed
doch et seducti sequuntur. Quare Paulus prorsus uniuersaliter
loquitur, in omnes coelibes istos, et nullos excipit. Et quid
*5 multis agimus? cui hoc non satis est, quod Spiritus definit
doctrinas daemoniorum, mendacia, errores, hypocrisiri esse,
quae uouentur, quid illi satis erit? Quis pactum daemonibus
seruat, ut saluus fiat, ac non potius quam primum dissoluit
et cessat? Atque demus, ut fide pura miraculose serueris
3° uouens et uiuens in uotis, sicut Bemhardus et multi alii seruati
sunt, quibus propter fidem Christi, qua 1 pleni erant, uenenum 2v K
hoc non nocuit Adhuc tarnen, quando autoritate diuina
constat, doctrinas esse has daemoniorum, mendaces, quae
natura sua fallunt et seducunt, cum non possint aliud quam
35 opera docere, potes et debes uotum in eas seruandas factum
abrumpere. Nullius enim sancti exemplo fient doctrinae dei
ex doctrinis hominum. Doctrina dei docet fidem, ultra quam
docere sese iactant uotarii aliud. At illud aliud non est nec
esse potest nisi opus. Opus uero non potest doceri, nisi ledas
40 fidem, cum fides et opera in re iustificationis extreme ad-

7 2. Pt. 2, 22 12 Igitur, sicut (C) dixi, amplius . . . ( ? ) 19 1. Ti.


4. 1 29 cassat C
26 Luthers Werke II
220 De votis monastids

uersentur. Ita fit, ut doctrina operum necessario sit doctrina


daemoniomm et discessio a fide. Nemo autem opera docet,
quod ea non necessaria putet ad iustitiam et salutem; nisi
enim necessaria putet, frustra docebit. Quid alioqui doceret
ea? et quis ea sequeretur et seruaret, si aliam uiam iustitiae s
601W 1 et salutis nosset? Recte ergo dixit Paulus: Lex non est ex
fide, e t: ex operibus legis nemo iustificatur. Ita neque uotum
est ex fide, nec ex uoto iustificatur omnis caro. Et omnia,
quae Paulus ad Galatas disputat aduersus legem et opera eius,
pertinent etiam aduersus uotum et opera eius. Siue ergo pia x°
siue impia opinione uoueantur, rumpenda sunt, ut diuinitus
reprobata et in res diuinitus reprobatas facta.
Quare Bemhardus et alii, qui pia opinione uouerunt et
uixenmt in uotis, comparandi sunt ducentis illis uiris, qui cum
Absolom iuerunt de Hierusalem in Hebron, molienti sedi- *5
tionem aduersus regnum patris sui Dauid. Nihil enim sciebant
de causa Absolomi et simplici corde ibant, quos certum re
cognita resipuisse. At si in media re intercepti fuissent,
poterant accusari lesae maiestatis rei, si opus eorum et uiam
spectes, sed secundum animum iudicati absoluerentur. Quae *<>
historia pulchram nobis allegoriam huius rei prestat, sed nunc
non est locus in ea morari. Plane Absolom Papisticum regnum
278 e est aduersus regnum Christi concitatum, quod e t 1expulit et
sedet in media Hierusalem. Verum pii, qui ei consenserunt,
non consenserunt in hanc insaniam. Et ut alios omittam, *5
de Bemhardo certus sum, similem eum fuisse illis ducentis
uiris, quod euidenter ipsemet monstrauit, cum aliquando
aegrotasset ad mortem, nihil aliud sonuit, quam confessionem
huiusmodi: ‘Tempus meum perdidi, quia perdite uixi. Sed
unum me solatur, quod spiritum contritum et hmniliatum non 3°
despicies.* Et alibi: ‘duplici iure Christus regnum possidet.
Semei quia filius, secundo quia passus. Atque hoc secundo
merito nihil ei fuit opus, dedit autem mihi et Omnibus creden-
tibus.* Vides haec esse uerba Christianissimi pectoris, quod
totam fiduciam in Christum ponit, de suis operibus prorsus 35
desperans. Nihil de uoto paupertatis, obedientiae, castitatis
gloriatur, quin perditam uitam uocat, atque hac fide et seraa-
tus et iustificatus est cum omnibus sanctis. An putas eum
fuisse mentitum aut ioco dixisse, perditam esse suam uitam?
6 Ga. 3, 12 7 Rö. 3, 20 14 2. Sa. 15, 11 17 nach
certum ergänzt der Baseler nachdruck (B): est 29 vgl. oben I 27, z. 3
31 Vita 8. Bernhard! auctore Alano fMSL. 185, 491). Denifle, L. und
L.tum P , s. 41 f.
iudicium. 1521. 221

Iudicium dei sensit, coram quo, nisi soius Christus et sua


iusticia, nemo subsistit; ideo se deserto ad illum se transtulit,
perditas suas affirmans iustitias. Iam si praedicari audias,
uota et uitas religiosorum perditas esse, et nullius usus ad
5 iustitiam et salutem, quis uouebit ? quis in uoto manebit ?
1At nisi perditas dixeris, uere perditus eris, nec sanctorum 602w
patrum uota ulla ex parte imitaberis. Qualis autem Bemhardus
fuit, tales fuisse necesse est omnes religiosos sanctos et pios,
ut uideas clare, omnes miraculose fuisse seruatos, et eo tandem
10 necessario rediisse, ut uota nihil et perdita esse assererent,
quo sola fide iustificarentur et seruarentur. Et impii, hac fide
patrum contempta, erigunt et inflant opera, quae illi dam-
nauerunt, et praetextu exempli sanctorum docent discessionem
a fide, et contra exemplum patrum fallunt mendaciis totum
15 orbem. Ecce hoc est, deum esse mirabilera in sanctis suis.
1Et quando monasticen ideo uolunt probatani uideri apud 279 k
deum, quod sancti in illa bene uixerint, cur non ignes, gladios,
frigora, bestias, cruces, mortes, docent probatas a deo et
uouendas ? An non uixerunt bene in his sancti martyres ?
so Sancta Hagne in lupanari uirgo mansit. Et quantos deus in
peccata ruere sinit, ut humilitatem discant et seipsos cogno-
scant? Paulus Ro. vii. confitetur peccatum in carne sua
habitarc, et tarnen in medio peccati bene uiuit, et peccato
bene utitur. Et quis sanctorum non in carne, mundo, inter
25 daemones bene uiuit? Nunquid ideo uouendum est opus
camis, mundi, diaboli ? At impii isti ui tarn monasticam non
uolunt eam uideri tan tum, in qua, sed per quam, seu potius,
qua bene uiuatur. Genus uitae et substantiam eius bonam
esse docent, per quod boni fiant et salui. Hoc sacrilegum,
30 hoc impium et blasphemum est, hoc eorum mendacium, hic
error, haec hypocrisis, hoc daemoniorum commentum est Hoc
seducunt corda simplicium, superba uanitatis sonantes (ut
Petrus ait). Nullus enim sanctorum per eam bonus factus est,
nec possunt ullum huius exemplum ostendere. Omnes autem
35 in solo Christo per fidem et boni et salui facti sunt, ut in
Bemhardo monstrauimus. Sed et S. Aug. dicit: Ve hominum
uitae quantumeunque laudabili, si remota misericordia iudi-
cetur. Et iterum: Turbabor, sed non perturbabor, quia
uulnerum domini recordabor. Vides et hunc suam ipsius et
15 Ps. 68, 36 20 Legenda aurea 24 Schäfer, L. als Kirchen­
historiker 233* 22 Rö. 7, 18 31 haec] hic A 33 2. P t 2, 18
36 Conf. IX , 13, 34, vgl. schon oben I 120, z. 15 u. ö. 38 Scheel
s. 169.5.
26 *
222 De votis monasticis

omnium uitam damnare, ad uulnera autem Christi sese re-


ceptare. Et Paulus Gal. i: Viuo ego, iam non ego, uiuit
uero in me Christus. Omnes in solo Christo uiuunt, uouent,
fidunt, et gloriantur, nihil de operibus suis cogitantes. Vnde
et nos dicimus: Anathema sit, qui aliud docuerit, quam in sola 5
fide esse iustitiam et salutem. Sunt ne haec satis clara?
Clanun ergo simul est, uota monastica, quando non possunt
2 8 0 e n o n 1ultra et praeter fidem doceri, esse impia, gentilia, Iudaica,

sacrilega, mendacia, erronea, daemoniaca, hypocritica, apostadca,


etiam sanctorum exemplis aduersaria, quare cum fidutia re- 10
603w uocanda et deserenda sunt, etiam si pia e t 1seria opinione
emissa fuerint Si enim opera legis diuinae Apostolus prohibet
doceri, et tanto aestu cogit relinquere Galatas et Romanos,
quanto magis illa electiria hominum opera et uota prohibita
sunt et relinquenda. Summa summarum, Opera et uota nec 15
doceri nec persuaderi possunt, nisi ea salutaria et utilia dicas
ad salutem et iustitiam. Quid enim est docere, opera et uota
non esse salutaria nec necessaria? Quis audiet? quis am-
plectetur? At docuisse ea salutaria, est daemoniacum et
apostaticum a fide, cum sola fides sit necessaria et salutaris. 20
Quare monastica uota et opera aut serio doceri et disti non
possunt, aut apostatare a Christo et extidere a fide oportet
tarn decentes quam attendentes. Et stat Paulus sortis, Esse
ea doctrinas daemoniorum et mendacia et erronea, a quibus
nisi uel in fine resilias cum S. Bemhardo, inaetemum peribis. -5
Haec omnia cum uera et solida sint, diuinis nixa firma­
men tis, conuincunt uouentis uota monastica, si sine fide uoueat,
esse hanc cordis sui sententiam coram deo: 'Ecce, deus, uoueo
tibi, amplius nolle Christianum esse, reuoco uotum in baptismo
factum, in Christo amplius non nitar neque uiuam. Irrita 30
enim sunt haec omnia et antiquata iamdudum. Voueo autem
tibi ultra et extra Christum nouum et multo melius uotum,
scilicet uiuere in propriis operibus castitatis, obedientiae et
paupertatis, et huius totius regulae. His enim operibus et
iustus et saluus ero, et aliis mecum prodero ad iustitiam et 35
salutem/ Horrestis, et negas ita cogitari a uouente? At si
negas, negabis simul praedicta esse uera. Cor enim, quod
non est fide pura in Christum aedificatum, et praesumpserit
uouere, non potest aliter affectum esse, quam dictum est
Opera enim spectet et aesdmet necesse est, alioqui non uoueret. 40
2 8 1 e At opera aestimare est fidem negare,1baptismum reuocare,

2 Ga. 2, 20
iudidum. 1521. 223

Christum repudiare, ut iam abunde satis est dictum. Et hoc


impiissimum uotura credes posse placere et exigi apud deum,
ac non potius summo odio haben et damnari ? Sic contingit
iis, qui sine fide incedunt et opera apprehendunt Quin
5 multo miseriorem et contritionem et infoelidtatem in uiis
eorum uide. Optimi Inter eos habentur, qui ad hanc im-
pietatem quam proxime accedimt; rari enim et pauci sunt,
qui caste, pauperes, obedienter et alia regularum uiuunt.
Quantae hic sunt poenitentiae? quand carceres? quantae
10 poenae ? quand dolores eorum qui non attingunt? quanta est
conscientia, non obseruasse suum ordinem ? Sdlicet tantis
sudoribus uendit Satan suam perditionem. Hoc, quod summis
laboribus et conscientia fugiendum erat, summis laboribus et
conscientia petitur. Vere Moses dixit: Seruietis ibi düs alienis,
15 qui non dabunt uobis requiem die et nocte. De hoc et
Christus praedixisse uidetur: Contendite per angustam portam
intrare, quia multi quaerent introire et non poterunt. Videtur
autem deus misericorditer eis resistere, ne attingant suum statum
perfectionis, id est, summam impietatis, permittens eos labi,
*0 sepiens 1uiam eorum spinis (ut in Osea didt), ut praeuarica- 604w
tores deprehensi inter angustias redeant ad cor, et ad uirum
suum priorem, ubi melius eis fuerat quam nunc. Oseae .ii.
Est ne ergo haec incredibilis conuersio ? Primi sunt nouissimi,
et nouissimi sunt primi. Apostatae sunt religiosi, et religiös!
»5 sunt apostatae.. Et qui minus seruant uota, magis seruant,
qui magis seruant, minus seruant. Sic etiam, sic, domine, cum
peruerso peruerteris. Sic impletur illud psal. xiii: Contritio
et infelicitas in uiis eorum, et uiam pads non cognouerunt
Kursus Christiane et pio affectu uouens, sic cogitabit
3 0 necessario apud deum: ‘Ecce, deus, hoc 1uitae genus uoueo b
tibi, non quod existimem hanc esse uiam ad iustitiam et
salutem aut satisfactionem peccatorum. Hoc enim auertat a
me misericordia tua. Hoc in Christi domini mei redundaret
iniuriam, cum hoc sit negare eius merita et sanguinem eius
35 pollutum ducere et ostentui habere filium tuum, cuius solius
est haec gloria, ut sit agnus dei, qui tollat peccatum mundi,
in sanguine suo omnes tauet et iustificet. non abüdam tarn
sacrilege gratiam tuam. Expectabo et praesumam haec in
ipso solo, nequaquam in me aut ulla creatura, nedum in
40 uotis et operibus meis. Sed hoc ago: quandoquidem in came
14 Dt. 28, 64 ff. 16 Lc. 13, 24 18 attingat A 22 ei A
Ho. 2, 6 f. 26 Ps. 18, 27 27 Ps. 14, 3 35 Hbr. 6, 6. 10, 29
36 Jo. i, 29. 36
224 De votis monastids

uiuendum est, nec ociandum est, apprehendam hanc formam


uiuendi exercendi corporis gratia, ad seruiendum proximo, ad
meditandum in uerbo tuo, quemadmodum alius apprehendit
agriculturam aut artificium pro suo quisque exercitio, absque
ullo meritorum aut iustificationis respectu, quam oportet in 5
fide priorem esse, et semper superiorem manere et in Omnibus
regnare etc.' Nisi talis sit affectus uouentis, intelligis ex prae-
dictis, uotum non posse pium ac uere uotum esse. Quia
hunc affectum fides exigit, si adest, aut non est fides. Quia
stat sententia: Iustus ex fide uiuet, Ex operibus nemo uiuet,»»
quare nec ex uods uiuet Tu nunc uide, quot sint, qui sic
uoueant! aut nulli certe aut miraculose inducti. Talis enim
affectus contemnit uota, nihilo meliora ducens quam agri­
culturam aut quoduis aliud opus manuale. At quis religiosorum
unquam uouet, ut non aestimet opus uoti esse supereroga- *5
tionis, perfectionis, cui nullum sit neque simile neque aequale ?
sicut et impudentissime docent Insuper affectus iste habet
hoc genus uitae pro usu et exercitio, non pro ipsa re et
substantia. Nam fidem habet pro re et substantia. Sicut
homo est substantia, operatio eins naturalis est usus substantiae *>
suae, Ita fides utitur omnium exercitiis et operibus. Contra
illi non habent pro usu, sed pro ipsa substantia. Esse enim
as3 B 1religiosum, hoc aiunt, esse in statu bono absolute, quo non
utendum sit, sed qui utatur potius omnium aliorum, ipse caput,
primum et nouissimum, Alpha et o. as

605 w 1III. VOTA ADVERSARI LIBER-


tati Euangelicae.
T_J ACTENVS uisum est, ut monastice nostra aduersaria sit
-1-tam uerbo dei, quam fidei Christianae. Et quamuis
abunde ex his duobus locis damnata et reprobata sit, omni- 30
busque inuisa merito reddita, — Nam quod deo et uerbo eius
aduersarium esse inuenitur, facile simul colligitur, nulli rerum
non aduersarium esse, nec sibi ipsi conuenire, — tarnen hoc ipsum
latius tentabimus ostendere iis, qui per sese inuenire nequeunt.
Et iam tertio probabimus eam repugnare fructui uerbi et 35
fidei, nempe Christianae et Euangelicae libertati, quam uiolasse
et non illabatam custodisse non minus impium est, quam
fidem negasse et apostatasse, ut ex Paulo ad Galatas docemur.
Repetimus itaque, quod dictum est, ac principii fidelis loco

10 Rö. I, 17 25 Apk. 1, 8. II u. ö. 37 „und nicht un-


verrückt bewahrt zu haben11 (Scheel)
ponamus, Deo placere non posse uotum, sed nec uotum apud
eum censeri, nisi sit germane Christianum et pium. Neque
enim potest agnoscere, quod aduersus Christianam pietatem
agitur, non magis certe quam seipsum negare potest, qui
5 pietatem Christianam primo et summo praecepto mandauit.
Votum autem Christianum et pium non est, nisi quod iilesa
fide uouetur. Iilesa fides tune est, quando uotum pro re
libera et non necessaria ad iustitiam et salutem habetur, quas
certum est nullis legibus, nullis operibus, sed sola fide in Christo
xo obtineri, ut haec omnia satis firmiter probauimus et euidenter
demonstrauimus. Ante omnia enim opera iustitiam et salutem
adesse oportet, iustitiam uero et salutem non quamlibet, sed
dei, id est, aetemam quae manet in seculum seculi, quam
solus deus dat et operatur in nobis; atque hoc ipso, cum sit
*5 opus solius dei in nobis, operibus nostris impediri potest,
parari non potest 1 Dicit enim Iohan. vi: Hoc est opus dei, 284 B
ut credatis in eum, quem misit ille. Et infra: Nemo uenit
ad me, nisi pater, qui misit me, traxerit illum. Et iterum: Est
scriptum in prophetis: Et erunt omnes dodbiles dei. Omnis,
20 qui audiuit a patre meo et didicit, uenit ad me. Et iterum:
Propterea dixi uobis: Nemo potest uenire ad me, nisi fuerit
ei datum a patre meo. Hoc et ad Petrum dicit Matth, xvi:
Beatus es, Simon bar Iona, quia caro et sanguis non reuelauit
tibi, sed pater meus, qui est in coelis. Et Paulus fidem
«5 uocat donum dei, quod non sit ex nobis. Maior ergo est
res ista iustitia dei et salus dei, nempe opus solius maiestatis,
quam ut nostris uiribus parari possit Quod ergo nostris
uiribus paratur, uerius iniquitas quam iusticia, uerius perditio
quam salus est, sicut dicit Oseae .xiii: Perditio tua, Israel,
30 Ex me tantum salus tua. Quare e t 1uota illa, opinione iustitiae 606W
et salutis parandae praesumpta, iniquitates et perditiones sunt
aduersariae iustitiae et salutis dei, quarum opus et officium
sibi arrogant
QVID LIBERTAS CHRISTIANA.
35 Cum igitur ex bis certissimum sit, apud deum non
acceptari uotum, nisi tale, quod ad iustitiam et salutem non
necessarium aestimetur, nec ipse mandauerit ullum uoueri
uotum, plane sequitur, liberum esse eiusmodi uotum et omitti
posse. Pugnant enim duo haec euidenter: Non esse necessarium

16 Jo. 6, 29 17 Jo. 6, 44 18 Jo. 6, 45 20 Jo. 6, 65


22 M t 16, 17 25 Eph. 2, 8 29 Ho. 13, 9
ad iustitiam et salutem, et non posse omitti sine periculo
iustitiae et salutis. Si non potest omitti, necessarium est; si
necessarium non est, potest omitti, ut forma pii et Christiani
uod uideatur esse coram deo haec: Voueo tibi hoc uitae
genus, quod natura sua non est necessarium, nec fieri potest 5
necessarium ad iustitiam? nisi enim sic sonuerit, pium uotum
esse non potent, ut satis ex dictis patet. Quid autem deus
2 8 5 e hic respondebit? Nonne1dicet: 'quid ergo stulte uoues? Non
habes uota, quae mihi reddas satis multa ?' Sed hic obiicitur
fortiter: Opera legis diuinae in decalogo mandata, ut castitas, 10
mititas, largitas, obedientia parentum, non iustific&nt, nec sunt
necessaria ad iustitiam et salutem, cum Paulus dicat: ex
operibus legis non iustificatur omnis caro, tarnen necessaria
sunt, dicente Christo Matth, xvi: Si uis ingredi ad ui tarn,
serua mandata. Neque enim possunt omitti, etiam praesente 15
fide, quae sola iustificat, cum sint fructus fidei iustificantis.
Fides enim sine operibus mortua est, et nihil ualet .i. Corin.
xiii. Et Petrus in fide uirtutem requirit. Et Galatis fidem
operosam per dilectionem praescribit Sic de uoto dici potest
et operibus suis, quae, cum post uotum iam sint praecepti, 20
necessaria sunt, tanquam fructus iustitiae, etsi non necessaria
ad ipsam iustitiam, quae solius fidei est. Neque enim libertas
Euangelica est, posse omittere mandata dei. Mandatum autem
dei est: Vouete et reddite. Per fidem enim legem non de-
struimus, sed statuimus, ait Paulus Roma. in. Haec quaestio 25
mouetur, ut uideamus naturam libertatis Christianae. Est
itaque libertas Christiana seu Euangelica libertas conscientiae,
qua soluitur conscientia ab operibus, non ut nulla fiant, sed
ut in nulla confidat. Conscientia enim non est uirtus operandi,
sed uirtus iudicandi, quae iudicat de operibus. Opus eius 3°
proprium est (ut Paulus Roma. ii. didt) accusare uel excusare,
reum uel absolutum, pauidum uel securum constituere. Quare
officium eius est, non facere, sed de factis et fadendis dictare,
quae uel ream uel saluam faciant coram deo. Hane igitur
Christus liberauit ab operibus, dum per Euangelium eam docet 35
nullis operibus fidere, sed in solius sua misericordia praesumere.
607w Atque ita heret fidelis consdentia in solis operibus1Christi
absolutissime, et est columba illa in foraminibus petrae et
286 e in ca'uemis maceriae, sciens certissime se non posse securam
et quietam esse nisi in solo Christo, in omnibus uero operibus 40
12 Rö. 3, 20 14 Mt. 19, 17 17 1. Ko. iz, 2 Ja. 2, 20
18 2. Pt. 1, 5 Ga. 5, 6 24 Ps. 76, 12 25 Rö. 3, 31 31 Rö.
2, 15 38 HL. 2, 14
iudicium. 1521. 227

propriis non posse nisi ream et pauidam damnatamque manere.


Sic ergo discemit et iudicat inter opera Christi et sua. Christi
opera apprehendit et dictat in hunc modum: per haec ego
iustificabor, et seruabor et liberabor ab Omnibus peccatis et
5 malis, de quo non dubito, quia in hoc ipsum sunt per eum
facta, et in baptismo super me effusa, sine his non est salus,
non est pax ossibus meis, non est satisfactio peccatorum.
Sua uero opera mala uidet et damnat, sed in Christi operi-
bus uindt et contemnit, ne sese mordere possint Potentiora
io sunt opera Christi ad nos liberandos et pacificandos, quam
nostra sunt ad captiuandos et terrendos, si tarnen hoc credideris.
Opera uero sua bona apprehendit et dictat ea facienda gratis,
ad commodum solum proximi et ad exercendum corpus, nequa-
quam ad iustitiam, pacem, satisfactionem peccatorum, et re­
is missionem parandas. Quia haec non nisi in Christi operibus
quaerit et inuenit fide constanti, sicut uidet Christum fedsse
sua opera gratis, ad commodum nostrum et pro usu corporis
sui ad uoluntatem dei.
Hane igitur sdentiam libertatis et sanitatem consdentiae
*> petunt omnes insidiae humanarum et impiarum doctrinarum.
Hic serpentis astutia simplidtatem, quae in Christo est, quaerit
corrumpere. Hic uides, quam impiae sint leges de satis-
factionibus, quibus docemur per opera nostra delere peccata.
Rictus rapadum luporum sunt, qui consdentias a Christo
«s diuellunt et laceratas in opera propria dispergunt miserrime,
semper discentes, semper operantes, et tarnen ad ueritatem
et pacem nunquam peruenientes. Hos lupos Paulus Act xx.
graues uocat, qui intraturi erant non parcentes gregi, loquentes
peruersa, ut trahant discipulos post se. Quid est disdpulos
30 post se trahere, nisi a Christo auellere ? Hoc fit, dum con­
sdentiae docen’tur operibus suis sese sanare, peccata delere, 287 e
et gratiam mereri, cum hoc in solis Christi operibus per
fidem quaerendum sit Hic uides damnatum esse et Christo
aduersarium uniuersum ius canonicum et regnum Papae, quod
35 nihil aliud fadt, quam quod consdentias illaqueat operibus
propriis, et a Christo diuellit, extincta tarn Übertäte quam
libertatis doctrina et sdentia. Maxime uero hic damnatur
impura illa et obscena meretrix Parrhisiensis scholae, quae

7 k». 38, 4 13 « 17 comodum A 21 1. Ko. 10, 20 24 „das


sind die gähnenden rachen der reissenden wölfe“ (Scheel) 27 2. Ti.
3, 7- AG. 20, 29
228 De votis monastids

detcrminauit Aristotelis dogmata in moralibus non dissentire


Christi dogmatis, cum ille aliud non doceat quam per opera
acquiri uirtutes, dicens: Fadendo temperata effidmur temperati,
quod Christiana constientia ceu sentinam infemi execratur et
608w d icit:1Credendo in Christum temperatum effidar et ego tem- 5
perata, illius temperantia et mea est, donum est enim illius,
non opus meum. Summa, omnium scholarum Theologiam,
tarn speculaduam quam practicam, hic damnatam uides, non
enim docent Christum, sed prudentiam humanam, quae dictamine
suo paret etiam Lidern, quam uocant acquisitam. Ve Sodomis 10
istis et Gomorris perditis et abominandis! simul hic uides, et
cur opera legis diuinae seu iustitiam legis damnet Paulus, et
cur iustitiam suam pharisaicam, quam Col. ii. gloriatur sine
querela Luisse, pro stercore et detrimento ducat Scilicet quod
aduersatur iustitiae, quae ex Christo et in Christo est Auellit
enim consdentiam et non sinit in Christi iustitia haerere, sed
tenet praesumentem in sua propria iustitia et operibus a sc
factis. Sicut didt Roma, ix: Gentes, quae non sectabantur
iustitiam, apprehenderunt iustitiam, iustitiam autem, quae est
ex Lide. Israel uero sectando legem iustitiae in legem *>
iustitiae non peruenit Quare ? Quia non ex fide, sed quasi
ex operibus.
Intelligis nunc tandem, cur toties dixerim, nec uota nec
288 e opera nostra necessaria esse ad iustitiam e t 1salutem ? Hoc
enim de Christi solius operibus in baptismo super nos effusis -5
et donatis pia consdentia dictat, et sic libera est ab omnibus
operibus, non quidem Ladend^, sed accusantibus et defen-
dentibus. Credentis enim in Christum nulla sunt tarn mala
opera, quae eum possint accusare et damnare, rursum nulla
tarn bona, quae possint eum defendere et saluare, sed omnia 30
nostra nos accusant et damnant, solius autem Christi nos
defendunt et saluant Tu ipse nunc uide, quomodo opera
decalogi sint omittenda et facienda, quae sunt castitas, ob-
edientia, mititas, largitas, et similia. Omittenda non sunt, sed
facienda (ut sic dicam) secundum substantiam, sed non se- 35
cundum consdentiam, hoc est, non ut defendentia et iusti-
ficantia. Hoc enim esset consdentiam corrumpere et a
Christo sponso suo abstrahere, cum quo est una caro,
communicans omnibus bonis illius. sed libere et gratis facienda
I Dcterminatio thcologicac facultatis Parisiensis: ‘quamquam satis
cxploratum sit, in mulds moralia cum Christi Paulique doctrina consen-
tire* (Opera v. a. 6, 56. W . A. 8, 289, z. 29 ff.) 13 Phi. 3, 5 ff.
18 Rö. 9. 30 ff.
iudidnm. 1521. 229

sunt ad usum et commodum proximi, sicut Christi opera nobis


facta sunt libere et gratis. Verum tune amplius non sunt
opera legis, sed Christi in nobis per fidem operantis et uiuentis
per omnia, ideo non possunt magis omitti quam ipsa fides,
5 nec sunt minus necessaria quam fides. Caeterum opera, quae
uere sunt opera legis, ficta et falsa sunt. Extra Christum
enim nemo est ex corde mitis, castus, largus, obediens, pius,
adorans etc. Facit enim non libera conscientia, sed amore
commodi aut gloriae, uel timore poenae. Et cum simulata
icsanctitas sit duplex iniquitas, manifestum est, opera eiusmodi
esse non modo non necessaria, sed omittenda quoque et
fugienda. At hic dices forte: Num scortandum, oeddendum,
rapiendum, mentiendum, rebellandum, idolatrandum docet
Christiana tua überlas? Stulte, quasi1uero te iubeam maius 609w
15 malum facere, quando minus malum omittendum doceo.
Dico non irascendum, et tu ibis ad oeddendum, ne solum
irascaris? Volo haec opera ficta omitti, et uera fieri, ut
desinas esse impie largus, fias autem pie largus. 1 Necesse est 289 e
enim et opera mutari (quanquam foris simillima), ubi tu fueris
so intus mutatus, ut iam non tua, sed Christi opera in te fiant.
Quanquam id non sit humani arbitrii definire, an peior sit
impius coniunx quam scortator uel econtra. Deus est, qui
intuetur cor. Scortator abutitur came ad uoluptatem illicitam.
Impius coniunx abutitur came ad gloriam illicitam. Ideo
*s nostrum calculum hic iubemus quiescere. Videmus in Euan-
gelio, publicanos propiores esse Christo quam pharisaeos ut
si humano iuditio peiores sint, certe foeliciores commendar.
Euangelium, ut tutius appareat esse lapsum manifesto, quam
impie stetisse in occulto. sed non ideo labi consulimus illis.
3° Deo commendamus sua iudida occulta et metuenda.
Ex quibus sequitur, ad doctrinas hominum etiam pertinere,
quando diuina lex docetur et seruatur per opera. Lex enim
spiritualis est, in hoc data, ut humiliet et Christum quaerere
cogat Offidum legis est, non exigere nostra opera, sed
35 ostendere peccatum et impossibilitatem nostram. Per legem
enim cognitio peccati. Vt ergo opera legis omittenda sunt,
ita et legis doctrina omittenda est Hic itemm dices: ergo
sine lege uiuemus Uberi? Hoc quoque iterum stultum est
quasi te doceam minus sdre, quando iubeo plura sdre, quan-
40 quam et hic Paulus Ro. ii. et .iii. audeat et Iudaeos sder-tes
et gentes ignorantes pares facere, nihil discemens inter eos
I comodum A 9 comodi A 22 1. Sa. 16, 7 26 Lc. 18, 14
33 7, 14 36 Rö. 3, 20
230 De votis monastids

qui sine lege et qui in lege sunt. Sed ueniamus nunc ad


uota quoque et opera eorum, et sicut in obiectione ea com-
parauimus operibus legis diuinae, cum iam esse de praecepto
uideantur, dicente: uouete et reddite, Ita in responsione
comparemus eisdem. Opera legis audiuimus dupliciter fieri, $
Aliquando per nos, ut nostra, Aliquando per Christum in
nobis, ut Christi, cuius sunt donum. Iam ut demus et uota
esse sub praecepto (de quo post uidebimus), aeque dupliciter
ea fieri necesse est. Aliquando per nos ut nostra: tune sine
dubio omittenda sunt et damnanda, ut quae a Christo auellunt10
290 e conscientiam piam et in opera laceratam1dispergunt Docent
enim iustidam et peccatorum remissionem extra Christum
operari. Nihil ibi est, nisi iustitia illa, quam Paulus iubet pro
stercore et detrimento habere. Neque est in manu nostra
definire, melior ne sit uoti obseruator an uiolator, sicut superius xs
de operibus legis exemplum dedimus. Aliquando fiunt per
Christum in nobis spiritu libertatis, dum uouentur et seruantur
gratis, ut nec peccatis per ea satisfiat, nec iustitia nec salus
quaeratur. Potest enim Christianus omnes omnium hominum
leges, ritus, mores obseruare et sese eis accommodare, modo so
non sint aduersus diuina mandata, nec in eis fiduciam con-
6 1 0 w scientiae ponat Conscientia enim 1Christo et Christus con-
scientiae, secreta huius sponsi et sponsae cubilia nemo tentet
Siue enim cum Turcis abstineas a uino siue cum Christianis
bibas uinum, nihil refert, modo libera conscientia biberis. Sic a$
Paulus sese accommodabat gentibus et Iudaeis liberrima con­
scientia: cum bis abstinebat et circuncidebat, cum illis edebat
et non circuncidebat Ita si uoueas religionem, ut cum hominibus
eiusmodi uiuas, ea conscientia, ut nihil hinc commodi uel in-
commodi petas apud deum, sed quod uel casus hoc uitae 3°
genus obtulerit amplectendum, uel ita uisum tibi sit uiuere,
nihilo te meliorem hinc arbitratus eo, qui uel uxorem duxerit,
uel agriculturam apprehenderit, neque male uoues neque male
uiuis, quantum ad uoti rationem attinet. Nam quo casu
charitas exigat cedere uotum, non sine peccato in uoto pertinax 35
fueris, ut dicemus.
Verum impossibile est hac conscientia uoueri, nisi ab iis,
qui mirabiliter spiritu Christi intus ducuntur et seruantur, hoc
est, ab electis. Caeterum ipsa ratio uouendi et in uotis uiuendi
ex diametro pugnat cum hac conscientia, cum in hoc ipsum *°
4 Ps. 76, 12 13 Phi. 3, 8 20 accomodare A 26 accomo-
dabat A 1. Ko. 9, 20 28 eircuncide- || Ita A 29 com odi A
30 incom odi A
et repertum sit et iactetur institutum uouendi, ut conscientiam
illaqueet et semitute legali captiuet Quis enim religiosorum
sese coniugi aut agricolae au t1cerdoni aequare patiatur apud 291e
deum? Nonne ideo uouent, ut singulari prae caeteris ob-
5 sequio seruire deo uideantur? Cur alioqui omnes alias uias
uiuendi sic contemnerent et hanc solam sic suspicerent ?
Neque enim ipsi cum propheta dicunt: Melior est misericordia
tua super uitas. Sed: una uita melior est super alias, quod
coram hominibus, sed non coram deo uerum est Atque ut
1 0 hic reuelemus cogitationes cordium: Audiant haec uirgines et

coelibes, nihilo se meliores esse apud deum quam coniuges


et sordidos agricolas, quid facient? Nonne murmurabunt
aduersus patremfamilias, quod pares fiant eis, qui una hora
laborarunt, cum soli portarint pondus diei et aestus? Da quaeso
r $ uirginem et coelibem, qui sit contentus communi denario.
Dicent enim: ut quid continui? cur non nupsi? cur me
fraudaui? Vides cogitationes nequam cordis eorum aduersus
bonitatem patrisfamilias ? Primo enim personae respectum
requirunt in deo, ut opera et non fidem spectet, hoc est, ut
so homines praeferat Christo. Liquidem non curant, quam
preciosa alii ex Christo acceperint, sed quam egregia ipsi prae
caeteris obtulerint. Deinde hoc murmure confitentur sese
continuisse non gratuita et liberali, id est Christiana et pia,
sed seruili et mercenaria, id est Iudaica et impia, uoluntate,
s$ ac per hoc uirginitas eorum non est uirginitas, nisi stultarum
uirginum, quarum lampades extingmmtur, cum non habeant
oleum in uasis suis (id est, fidem liberam in conscientia).
Quid igitur sunt magnificae illae bullae, quibus uirginitas,
coelibatus, uotum iactatur, deinde praerogatiuae, aureolae et
y id genus nugae, quae praedicantur, quo1alliciantur ad uirgini-6 h w
tatem Christiami, nisi mera Satanae mendacia, quibus ad
superbiam et corrampendam conscientiae uirginitatem con-
citantur? Omnium enim unus sensus est, malle nupsisse, si
non contingeret impares apud deum cen'seri in meritis. cum 29a K
35 ergo talis sit et ratio instituti, ut ad opera, non ad fidem
uocet, quomodo potest usquam Christianum uotum reliquum
esse nisi diuino miraculo seruatum?
Verum, ut disputatio disputationem gignit, clamabunt hic
impii isti, me esse Iouinianum, et Opponent mihi Hieronymum
40 aduersus Iouinianum, uirginitatis assertorem. Credent enim
mihi Hieronymum non esse lectum, lectum autem illi satis
23 2 De votis m onastids

esse putant, iudido inter legendum non habent opus, articulus


fidei est, quicquid legerint. Ego plane quid Iouinianus senserit
ignoro, forte non tractauit digne hoc argumentum, confidenter
autem assero nec a Hieronymo digne tractatum. Virginitatem
enim nudam seorsum tractat, fidei non inuoluit neque super- s
aedificat, qua ratione docendi, cum sit Humana, nullum opus,
nulla uirtus polest sine peroide aut periculo doceri. Fertur
enim uir sanctus, quod nemo negare polest, impetu et feruore
humano et nimio Studio obsequendi amids et imprimis suae
Eustochio, magisque premit Iouinianum autoritate quam solida io
eruditione, id quod probat parum consideratus ardor corradendi
undique tesdmonia scripturarum, congrua et incongrua, magno
ludibrio futurus, si paris autoritatis antagonistam sortitus fuisset
Nam et eos locos, quos printipes habet, in quibus cardinem
uictoriae locat, torquet, ne dicam deprauat. Paulum enim, 5
ubi d id t: Qui uirginem tradit bene fadt, qui non tradit melius
facit, plane eo trahit, ut hoc bene et melius facere ad merita
apud deum pertineat, et sectas in populo dei faciat, cum
manifesdssimum sit Paulum loqui de bono et meliori huius
uitae, quod uirgo nullis implicita curis liberius uacet deo, *>
omne meritum communi fidei relinquens. Et quis sdt, si
Hieronymus hac parte fuerit unus illorum, de quibus in Eze­
chiele d id t: Propheta cum errauerit et mendadum locutus
293 e fuerit, ego dominus, qui decepi prophetam 1istum ? Et Lüste,
cur non solis attendimus uerbis dei ? Cur Spiritus consilio s$
neglecto non omnia probamus, antequam teneamus?
Fatemur et nos, uirginitatem esse rem maximam, si res
inter sese comparentur, sed simul didm us: Si uirgo sese itidem
coram deo caeteris superiorem, imo parem fecerit, Satanae
uirgo est In nouissimo loco sedere docet Euangelium et 30
inuicem superiores arbitrari. Sic ergo tractanda et docenda
est uirginitas, ut nulla lege, nulla necessitate, nulla spe premii,
sed gratuita et uoluntaria mente seruetur, ut exempli gratia
uirgo sic cogitet: quanquam possim nubere, tarnen placet
uirginem manere, non quia praecepta, non quia consulta, non 3s
6 iaW quia praedosa et magna prae caeteris uirtutibus, 1 sed quia sic
mihi uisum est uiuere, sicut alten uisum est nubere uel agri-
colari, nolo enim molestias coniugii, uolo libera esse a curis
et deo uacare. Ecce hoc est simplidtate Christiana uirginem
esse, quae non in seipsa, sed in Christo glorietur. Vnusquis- 40

16 1. Ko. 7, 38 21 adv. Jovinianum I 13 (MSL. 23, 232)


23 Ex. 14, 9 26 1. Th. 5, 21 30 Lc. 14, 10 Phi 2. 3
que cnim in dono suo debet gratis deo seruire, omnes autcm
communi fidei uirginitatc in uno Christo gloriari, ubi non cst
masculus ncquc femina, ita nec uirgo nec coniunx, nec uidua
ncc coclcbs, scd omnes unum in Christo. Huc pertinent
5 nobilissima prae caeteris exempla in uitis patrum, ubi Co-
riarius ille Alexandrinus diuino oraculo aequalis, imo melior
Antonio definitur, coniunx uirgine aut coelibe, ciuis monacho,
plebeius monachoram patre. Et illud, ubi Paphnutio aequales
fiimt duae maritatae midieres et quidam auledus quondam
10 latro etc. Quid illis exemplis deus uoluit, nisi propter sanctos
istos adhuc paululum differre impias sectarum doctrinas et
institutiones, quae iam tum incipiebant aduersus fidem summa
specie innere? Sunt igitur dona dei diuersa, et magna et
parua, .1. Cor. xii. et vii., diues plura habet quam pauper,
15 sed nemo per haec sec'tas introducat, et secundum dona 294E
dispartiat et merita et premia apud deum, nec sese inuicem
praeferant, omnes uero gratis seruiant communi fide et Christo
abundantes, qui operatur inequalia aequalis ipse in Omnibus.
Quod si indigne tuleris te uirginem coniugi aequari, nube et
*> tu. Melius est tibi pium et liberum coniugium, quam
mercenaria et impia uirginitas. Stat sententia: opera et per-
sonas non respicit deus, sed cor et fidem. Hiere. v : Domine,
oculi tui fidem respiciunt
Vides ergo ex his demonstrari: Etsi aliquod uouendi
*s exemplum potest esse pium, uirtute miraculi, tarnen ipsum
institutum uouendi et ratio eam uitam docendi impietatis
damnatur. Sicut et lex soia litera tradita potest habere
exemplum bonum, ut in Paulo, qui ea usus est sine litera,
tarnen ratio docendae literae legis et operum eins impia est.
30 Ita Bemhardus uouit et uixit in uoto, sed non ex necessitate
uoti, imo ex übertäte Spiritus, Licet uotum suum hanc Übel­
tätern non doceret, imo necessitatem libertati contrariam
doceret Haec sint dicta pro responsione ad obiectionem
praedictam, ut sdamus, si uotum fuerit praeceptum, iuxta
35illud: Vouete et reddite, opera eius esse facienda in spiritu
Ubertatis, sicut opera decalogi, non quia uota, sed quia gratuito
pladta et libera, quanquam, ut dixi, nulli nisi miraculo ducti
sic seruent, repugnante ipsa ratione uouendi et uiuendi, qua
auelluntur a übertäte ista, et rapiuntur in seruitutem et
40 necessitatem. 1 Sed nunc pergimus, et negamus, uotum esse 613 w
i 1. P t 4, 10 3 Ga. 3, -28 5 Schäfer, L. als Kirchen­
historiker, s. 426 8 ebenda s. 427 f. 14 1. Ko. 12, 4 ff. 7, 17 ff.
21 1. Sa. 16, 7 22 Jer. 5, 3
aut fieri posse praeceptum, sicut nec opera legis sunt aut
posaunt esse praecepta. Deus enim non est impietatem uoiens,
psal. v., imo probamus prohibitum esse ex hac ipsa Euangelica
übertäte. Paulus enim Gal. i. Euangelicam libertatem asser-
turus dicit: sed sine nos siue angelus de coelo aliud docuerit 5
quam quod audistis, anathema sit. Et infra: Vos fratres in
295 B Übeltätern uocati estis. *
1 Et iterum: Qui autem uos conturbat,
portabit iudidum suum, quicunque fuerit ille. Ex quibus
uerbis habes, nihil licere ulli docere, quod sit aduersus Euan-
geücam libertatem. Ea enim übertas diuini iuris est, quam i«
deus sanxit, quam nec reuocabit, neque aduersus eam quic-
quam acceptare potest, neque homini ücet eam molare ullo
uel minimo statutulo. Est autem ea übertas non solum illa
praedicta in spiritu et consdentia regnans, qua nulüs operibus
aut accusamur aut defendimur, sed etiam ea, qua sublata *s
sunt uniueraa hominum mand ata, et quicquid in extemis
ceremoniis seruari potest, ut sunt omnes dbi, omnes uestes,
omnes personae, omnes gestus, omnia loca, omnia uasa, omnes
dies, ut ea liceat obseruare, non obseruare, quam diu, ubi,
quomodo, quando, quoties placuerit aut res ipsa obtulerit Et *°
omnino, quicquid non est mandati diuini, abrogatum et übertäte
donatum est Didt enim Paulus Col. ii: Si ergo mortui
estis cum Christo ab elementis huius mundi, quid adhuc tan-
quam uiuentes mundo decretis tenemini: Ne tetigeritis, ne
gustaueritis, nec contrectaueritis ? quae sunt omnia in interitum -5
ipso usu, secundum praecepta et doctrinas hominum, quae
sunt rationem quidem habentia sapientiae in superstitione et
humilitate, et non ad parcendum corpori, non in honore
aliquo ad sadetatem camis. Hic plane Apostolus prohibet
decretis hominum teneri. Et Christus M att xv: Frustra 3°
autem colunt me docentes mandata et doctrinas hominum.
Et Tit. i: Non intendentes mandatis hominum auersantium
ueritatem.
Haec certe sunt mandata dei, prohibentia doctrinas
hominum tarn doceri quam audiri. At uouendi institutum 35
nonne merissime humanum est ? Nonne situm est in rasura,
ueste, dbo, potu, diebus, lods, gestibus et aliis cerimoniis?
Vbi aliquid horum praecepit deus ? ubi praecepit eam pauper-
tatem, eam obediennam, eam castitatem? Quid igitur? adhuc
dubitas ea nec ücere nec ücuisse uouere ? Ubera sunt diuinitus, 40

3 Ps. 5, 5 4 Ga. 1, 8 6 Ga. 5, 13 7 Ga. 5, 10 22 Kol.


i . 20 ff. 30 Mt. 15, 9 32 T it 1, 14
iudicium. 1521.
235
quae tu necessaria 1facis humanitus, et putas deum plus a o -y6 e
ceptare quod tu erras, quam quod ipse ordinauit ? Ipse non
potest sustinere, ut fiat peccatum in usu uestium, cibi, potus,
dierum, quia noluit ibi peccari posse, et tarnen tu ibi peccatum
5 asseris fieri. Ita noluit coelibatum necessarium fieri, sed sanxit
liberum esse, et noluit peccatum fieri, si quis nupserit, quando
uoluerit, et tu perpetuum fads uoto tuo ac necessarium sub
lege. Quid igitur restat, nisi hic omnium euidentissime
monstrari, uota religionum et uniuersam monasdcam esse ad-
ie uersus libertatem Euangelicam, et diuinis mandatis prorsus
prohibita, cum negari nequeat, esse meras hominum doctrinas ?
Neque enim minus peccatum est, 1uiolare libertatem diuinitus 6x4 w
statutam, quam in quoduis aliud dei praeceptum peccare.
Voueas sane et reddas quodcunque uolueris, sed citra mandatae
*5 libertatis iniuriam. Neque enim tibi ipsi eam licet auferre,
nec licet peccatum statuere, ubi deus peccatum esse noluit
Noluit autem peccatum fieri posse in usu castitatis, sed liberam
fedt eam, ut non peccaret, qui nuberet. Sic et Paulus
.i. Corin. vii., cum uirginitatem consuleret, adiecit, si nullam
so necessitatem haberet, qui uirginem statuisset seruare, quo pro-
hibuit exactam et coactam et necessariam esse aut fieri casti-
tatem; quam primum ergo cogi ceperit et exigi, iam soluta
est et libera, per hanc Pauli autoritatem. Reuertamur itaque
ad id quod supra diximus: Votum castitatis et totius mo-
s$ nasticae, si pium est, debet necessario secum inuoluere liber­
tatem rursus omittendi et in hanc ferme sententiam inter-
pretari: Voueo tibi obedientiam, castitatem, paupertatem
seruandam cum tota regula S. Aug. usque ad mortem libere,
hoc est, ut mutare possim, quando uisum fuerit Si aliter
y interpreteris aut intellexeris, cemis ex praedictis, peccari ad-
uersus libertatem diuinam nobis mandatam, nec posse fieri, ut
deus aliter acceptet, nisi reuocet libertatem, id est, nisi neget
seipsum. Quid ad me, si sancti patres uel nulli ita uouerint
aut senserint ? Quid1si omnes errauerint, aut miraculose intus » 9 7 E
35 ducti fuerint ? Aperta est et irrefragabilis Euangelii sententia,
damnari doctrinas hominum et liberas eas, nosque illarum
dominos esse, quare non possumus earum fieri serui, ulla
autoritate angelorum, nedum nostra stulta superstitione et
humilitate, ut Paulus ait Similiter aperta est ueritas, Votorum
4° ins titu tum esse seruilem hominum doctrinam: cur ergo patiamur,
ut serui equitent et domini peditent, iuxta Salomonem ? Quin

19 1. Ko. 7. 37 39 K o l 2, 23 41 Prä. 10, 7


2 Z6 De votis monasticis

potius Christo gratias agamus, qui nos hac libertate honorauit,


et nobis eam uiolare impiis uotis molientibus inuiolatam
seruauit, et uota nostra semper irrita, libera et nulla esse
finniter ordinauit, ipse, dum nos insanimus, benigne pro nobis
uigilauit 5
Hic fortassis ridebit aliquis et ridiculum uotum hoc sub-
sannabit, quod uerius est simulatio quaedam uoti. Quid enim
est nisi praestigium dicere: Voueo tibi libere agere, quod uisum
fuerit ? Rideat sane, qui uolet, modo simul sdat, nihil mirum
neque nouum esse, si homines stulte et ridicule agant, dum 10
ritra et ultra dei uerbum suis propriis consiliis aguntur. Sermo
tuus (inquit Christus) ueritas est Quid putas sermo hominis
sit, nisi mendacium? Ridiculum est, sed iis, qui ueritatem
Euangelicae libertatis audiunt uel cognoscunt; caeterum operado
erroris sub isto ridiculo non minus implet nimis seriam et *5
seueram iram dei, tot milibus animarum istis laqueis misere
captis et perditis. Humanum inuentum est uotum, humanum
inuentum manet Sed non in totum tarnen ridiculum est.
Nam uouere subiectionem istam liberam ad tempus, non est
615w inutile. Videmus enim primitiuae Ecclesiae in^titutum fuisse *©
et morem plane saluberrimum, ut iuuentutem seniores sibi ad
tempus commendatam instituerent in fide et disciplina, quod
et Apostolorum Petri et Pauli Epistolae indicant, ubi juniores
uolunt subdi senioribus. Hinc primum natae scholae Christianae,
198B in quibus et puellae quoque erudie'bantur, ut sanctae Hagnes *5
habet historia. Ex his tandem collegia et monasteria pullula-
uerunt, propter eos* qui perpetuo et libere in scholis istis
manere uolebant Vbi autem ceperunt ii, qui iuuentutem
instituendam susceperunt, segnes fieri et sua curare, aucti
opibus et otio, et iuuentus rebellior facta, tum uoti laqueos 30
inuenerunt, quibus conscientias alligatas tenerent sub disciplina,
ut quisque seipsum metu peccati cohiberet et ocium fieret
curatoribus. Sicut et nunc mos est furiosus Academiarum,
iuuentutem irretire iuramentis, et conscientias eorum excami-
ficare, ne sit necesse illis uigilarc et sollicitis esse, in utranque 35
aurem secure dormiant Sic ex liberis et Christianis scholis
seruilia et Iudaica monasteria ueraeque synagogae impietatis
factae sunt Si igitur uotum hodiemum ad priscum lllum
morem conferatur et ita seruaretur, nihil ibi periculi esset, et
absque dubio apud deum aliter non agnostitur, quam ad illum 40
morem seruandum temporaliter, tan tum ut institutionem

12 Jo. 17, 17 23 1. Pt. 5, 5 25 oben I Z95> 18


iudicimn. 1521.
2Z7
Christianam infirmiores et rudiores animi imbibant, et postea
rursum Liberi dimittantur. Id quod infra etiam operibus dei
testibus probabimus.
Obiidet hic infirmior aut argutulus quispiam: Si deus
s coelibatum sic liberum uoluit, ut nupciis possit mutari, ergo
eadem libertate licebit et nuptias deserto coniuge coelibatu
mutare, aut, si lex dei cogit, coniugem non deserere, similiter
et lex dei de uouendo coget coelibatum non deserere, utro-
bique enim peccatum est diuinitus statutum et prohibitum.
xo Vel ergo non licebit etiam matrimonium contrahere, ne coeli-
batus fiat illidtus libertate sublata, uel necesse erit et uotum
seruare, matrimonio per ipsum facto Olicito. Respondeo:
Liberias Euangelica regnat in iis solum, quae geruntur inter
deum et teipsum, non inter te et proximum tuum. Non enim
15 uult rapinam in holocaustum, nec quicquam fieri ab ullo, quod
uergat in proximi iacturam, im o 1uult omnia fieri in proximi 299 E
commodum. Sanxit ergo tibi libertatem, ut coram ipso possis
nubere aut coelebs uiuere liberrime, nec hanc libertatem uoluit
mutari posse inter ipsum et te. Neque enim patitur, ut te
ao sibi liges et obstringas, qui te in Omnibus soluit et liberum
fadt, alioqui quid esset uotum, nisi ligari a te, quod ille iubet
esse solutum? Verum hac libertate non prohibet, quin
proximo tuo te possis obstringere et ligare, quia proximus
tuus non iussit te solutum et liberum esse sicut deus. Alioqui
»5 liceret et 1 omnes contractus, federa, pacta componere et 6x6 w
rumpere pro libidine. Igitur in matrimonium datus iam in
alterius es iure et potestate, quod ius deus non uult illi inuito
rapi, ut sibi seruias. Tarnen si cesset illud ius uel mpriente
coniuge uel consentiente, ecce Integra et salua tibi est Liberias
3 0 inter te et deum, sicut prius nubendi et continendi Tale ergo
est uotum coelibatus erga deum, quäle esset pactum coniugii
marito factum, iam mortuo aut mutuo consensu separate et
Libero. Sicut enim maritus mortuus uel data licentia tibi
copiam fadt continendi libere, nunquam accepturus amplius
3$ copul am tuam, roborato inter uos utrinque firmiter pacto
literis, sigillis et testibus, et tu stulta uelut magnum factura
marito denuo spondeas ei copulam matrimonii, uolens hac
ipsa sponsione priorem copiam continendi non solum robo-
rare, sed superare et excellentius implere: Nonne te dicet
40 insanam? ita deus in baptismo pactum libertatis tecum fedt,
ut liberum tibi esset perpetuo nubere et continere, nec amplius
238 De votis monastids

accepturus libertati huic aduersarium. Et tu, ut hanc libcrtatem


maiorem et perfectiorem reddas, uoues et uouendo in serui-
tutem et necessitatem mutas. Quid insanius fieri potest ?
proinde ieligiosi proprie sunt cultores Baal, qui deum sibi
raaritum uolunt facere seruitute uoti, qui eos liberos fecit s
libertate Euangelii. Baal enim maritum sonat, qui coniugem
300 e habet Ita non con'tenti libertate communi monastici prae-
sumunt deum sibi proprium et singulärem prae caeteris Baal
facere, existimantes hoc obsequio plus quam Euangelice agere,
cum recta aduersus Euangelium insaniant. Hoc est, quod 10
mos eorum est, altaria transilire, id est, opera sua iactare supra
fidem communem, et cultris incidere, id est, statutulis et
doctrinis suis seipsos torquere, nunquam tarnen mortificare
ueterem hominem etc.
Finiamus ergo tandem hanc disputationem, concludendo, 15
quod paupertas, obedientia, castitas perpetuo seruari potest,
uoueri, doceri, exigi non potest Quia in seruando manet
libertas Euangelica, in docendo, uouendo, exigendo non manet,
ideo sancd, qui ea seruauerunt, libere seruauerunt, seruaturi
etiam, si nec uouissent nec docti nec exacti fuissent, ideo *©
uotum eorum, quanquam stultum, eis nihil nocuit propter fidem
et libertatem Spiritus. Incomparabiliter autem aliud est, aliquid
fieri neque doctum neque exactum, et idem doceri et exigi
fadendum. Hoc enim est ex facto ius facere, ex opere
praeceptum, ex exemplo regulam, ex acddente necessarium, -5
quo quid absurdius et pemidosius? At primum est ex deo,
alterum ex hominibus, ideo cum primo manendum, alterum
uero dimittendum. Non ergo damnamus rem uotorum, si
quis eam cupiat sequi, sed doctrinam et praeceptum eiusdem
damnamus. Actum est cum uods istis, sicut cum continentia 3»
agi cepit in Synodo Nicena, ubi, cum aliquot annis sacerdotes
et Episcopi uixissent coelibes sua sponte, moliebantur qui dam
617w hoc exemplum in praeceptum uer!tere, et deinceps ad coeli-
batum cogere necessitate conscientiae, adeo iam tum etiam in
tarn sancta Synodo fides et Euangelium defecerat et traditiones 35
hominum inualescebant, sed restitit uniuerso concilio unus
Paphnutius, prohibens, ne quicquam de coelibatu statueretur.
Quia hoc pertinebat implere ad Antichristum Romanum idolum.
Ita cum monachi antea sponte coelibes essent, egerent et ob-
301E edürent, tandem in uotum necessarium 1posteri uerterunt eorum 40

6 vgl. 2. Sa. 11, 26 I I 1. Kö. 18, 2b z i Köhler, L. und die


Kg., «. 153, W . A. 25, 523. 308, 4551. 4921
liberum et Euangelicum exemplum. Nec fuit hic ullus Paph«
nutius qui resisteret, cum iam peccatis praeualentibus ira
dei maturaret in orbem operationes erroris, sicut in Paulo
praedixerat Quare sanctus Bernhard, et alii castitatem, obedi-
5 entiam et paupertatem sub uotis, sed non secundum uota, imo
secundum priscum patrum exemplum et Euangelium
seruauerunt, et traditionem tarn reprobam et insti-
tutum uouendi damnatum humano errore lapsi
probauenmt et docuerunt, cum ipsi longe
10 aliud et aliter sequerentur; sed ope-
ratio erroris fuit stabilienda etiam
patrum exemplis peruerse
acceptis, propter eos,
qui non recepe-
15 runt cari-
tatem
ueritatis,
ut salui fierent.

IIII. VOTA ADVERSARI


10 PRAECEPTIS DEL
X 7 IDIMVS itaque, ut monastica institutio sit non solum non
V ex deo, cuius nullum habet tesdmonium de scriptura,
neque ullum signum aut prodigium, quo sit coelitus com-
probatum, quin magis prohibitum ac reprobatum, ut et aliae
*3 omnes traditiones humanae, uerum etiam aduersus fidem
Christianam et libertatem Euangelicam pugnet Iam quarto
uideamus, ut conueniat cum diuinis praeceptis. Impossibile
enim est, ut non aduersetur omnibus, quod ei aduersatur, ex
quo et per quem et in quo sunt omnia. Ipse enim cum
je sancto sanctus est, ut cum peruerso peruersus. Ideo ut
immundis nihil est mundum, sed omnia immunda, ita peruersis
omnia peruersa et nihil rectum. Atque iterum hic sanctos
excusatos semel uolo, ne semper sit necesse eorum exempla
excusare. Non disputo, ut sancti uixerint sub instituto isto,
35 sed de ipso instituto. Non, ut tres pueri in fomace Babyloniß
uixerint, sed, an passim omnibus liceat in eandem fomacem
ruere, aut auream regis statuam adorare. Non disputo, 1 an 30s e

3 2. Th. 3, i i 7 tum A 24 als Subjekt schwebt L. insti-


tutum oder votum monasticum (unten s. 340, s. 8. 36) vor 29 Rö.
11, 36 30 Ps. 18, 26 s. 31 Tit 1, 15 35 Da. 3, 21 ff. iff.
240 De votis monastids

Paulus coelebs uixerit, sed, an exemplum suum sit in ius et


formam doctrinae trahendum. Idem Paulus totam legem
Mosi seruabat, et tarnen nolebat doceri et audiri eam ad
seruandum. Ita Bemhardus sub uoto sine uoto, ceu Apostolus
sub lege sine lege, agebat sed non ideo uotum aut lex in 5
618w doctrinam et formam uitae redigi, imo aboleri debet 1 Et
superius, ubi de fide egimus, satis ostendimus, ut aduersus
primam tabulam seu tria prima praecepta pugnet institutum
istud monasticum. Fides enim in primo. Laus et confessio
nominis in secundo. Et opera dei in nobis in tertio prae- IO
cipiuntur. In bis tribus absoluitur uerus ille et legitimus
cultus dei. At institutio uoti, dum docet opera, fidem euacuat
(ut diximus), et inde abiecto nomine dei suum erigunt Neque
enim Christiani amplius nec filii dei, sed Benedictini, Do-
minicani, Franciscani, Augustiniani dicuntur. Hos et suos 15
patres prae Christo iactant Neque enim hoc nomine salui
et iusti fieri praesumunt, quod baptisati, quod Christiani sunt,
sed hoc solo, quod sui ordinis nomen habent; ideo in suum
nomen confidunt, in hoc gloriantur, quasi baptismus et fides
iam olim uelut naufragio perierint. Non ergo assumunt et 20
inuocant nomen domini nisi in uanum, sed nomen suum,
quod per opera erexerunt Videas enim eos plane desperare,
si ordinem suum non seruasse sibi conscii fuerint, necessarium
enim ad iustitiam et salutem arbitrantur. Vbi autem seruasse
aut doluisse de non obseruato sese uiderint, tum hoc nomine 25
secure expectant coronam gloriae, longe securius, quam quod
baptisati sint in Christum, imo obliti sunt, ne cogitant quidem
unquam sese esse bapdsatos in opera Christi, ut in eis con-
fidant, sua quaerunt et spectant, ut hoc nomine apud deum
coronentur, quod religiosi fuerint Sät habent, si suos patres 30
303 e aemulati eorum tum statuta tum exempla similibus 1operibus
attigerint, uel doluerint sese non attigisse; ut autem Christum
habeant et opera eius in fide, contemnunt O horrendam
perditionem!
Ita uides: ut fides et primum praeceptum Stare cum 35
doctrina monastici uoti non polest (nisi miraculo gratiae dei),
ita nec praeceptum secundum cum eius iactantia et titulis.
Cum enim solus Christus ascendat in coelum, qui et descendit
et est in coelis, impossibile est, ut Benedictinus, Augustinianus,
Franciscanus, Dominicanus, Carthusianus et sui similes in ¥>
coelum ascendant. Omne enim hoc hominum uulgus coelum
4 1. Ko. 9, 21 20 vgl. oben I 460, z. 20; II 214, z. 17
38 Jo. z. 13
iudicram. 1521. 241

petit lampadibus inanibus, id est, operibus propriis, et sine


operibus propriis nihil praesumunt apud denn», sic enim docet
eos forma uitae et uoti sui. At Christianus ascendit operibus
alienis, nempe Christi, in quem baptisatus et transplantatus
5 uiuit iam non ipse sed Christus in ipso, sanctificans ei sabatum
plenissime ab operibus suis omnibus. Quam horrendum est
igitur ea teneri consdentia, non posse saluari, nisi ordinem
tuum seruaris, posse autem saluari, si seruaris? Nonne hic
tacetur Christus totus? At haec consdentia nusquam esset,
10 si uoti institutum non esset, nunc autem ubique est Nus­
quam ergo sabatum sanctum est, sed impletur illud psal. lxxiii:
Polluamus omnes dies festes dei in terra. Tu uide, an hoc
non sit illud, quod Paulus Roma ii. 1 didt: Qui abominaris 619w
idola, Sacrilegium fads, nomen enim domini per uos blas-
xsphematur in gentibus. Quis ex omnibus hominibus iactat
cultum dei aeque atque monastid? nemo idololatriam magis
execratur, sed ecce sacrilegi sunt Quod sacrum rapiunt? hoc,
quo omnia sanctificantur, sanctum nomen dei. Nomen enim
Christianum extinguunt, et suum statuunt in eius locum,
»ouolentes in eo salui fieri, quod in solo nomine Christi fieri
potest et debet, sicut didt Petrus Act. xv: Nec est nobis
aliud nomen datum sub coelo, in quo nos oporteat saluos
fieri 1 Vt enim impossibile est, eum, qui fide in Christum 504 b
nititur, nomine proprio salutem quaerere (nesdt enim opera
*s et merita nisi Christi solius, ideo non habet nomen, in quo
saluetur et sanctificetur, nisi Christi solius), Ita impossibile est,
eum, qui operibus et uotis nititur, non quaerere proprio
nomine salutem. Habet enim opera et merita praeter Christi
opera et merita, habet ergo et nomen aliud praeter Christi
jo nomen. Hoc autem quid est aliud quam nomen Christi
rapere et sibi ipsi tribuere et dicere: ego sum Christus, ut
supra ex Matth, xxiiii. retulimus? quo sacrilegio quid potest
esse magis sacrilegum ? Qui enim d id t: Ego per opera mea
saluabor, nihil aliud didt, quam: ego sum Christus, cum solius
js Christi opera saluent, quotquot saluantur. Atque haec ost
ista blasphemia nominis domini in gentibus, quod sanctitas et
sanctificatio alteri quam nomini domini iam passim tribuitur.
Omnium enim ore ordines eorum sancti dicuntur, quasi
sanctificent suos obseruatores, aut quasi sanctum sit in eis
4» incedere, cum solum nomen domini sanctificet, et in solo

i M t 25, 8 5 Ga. 2, 20 i i Ps. 74, 8 13 Rö. 2, 22. 24


21 AG. 4, 12 32 Mt. 24, 5 36 Rö. 2, 24
242 De votis monastici»

ipso incedere sanctum sit Huius uulgadssimae blasphcmiac


autores ipsi sunt suis sacrilegiis, quibus nomcn domini et
opus nominis domini sibi ampiunt et arrogant, seducentes et
allicientes hac blasphemia totum orbem.
Cum autem has sacrilegas et blasphemas opiniones seu 5
conscientias oporteat a Christianis esse quam remotissimas,
quid adhuc dubitas abstinere, fugere, uitare, mutare uota
monastica et totum eius uitae genus? quod in hoc ipsum
repertum est, ut tales conscientias reddat, nec natura sua
potest alias reddere, et uideas praesente experientia toto orbe >«>
tales reddi. An, si uideas Core cum tabemaculis et substantia
sua absorberi, tu manebis in media uoragine, nec saltem
reliqui Israel prudentiam imitaberis et fugies dicens: Ne forte
et nos terra absorbeat? An te morabitur, quod filios Core
30s £ illic manentes uideas seruari ? Sed scito, id contigisse 1 (ut 15
Moses scribit) magno miraculo. Negare enim non potes,
monasticum institutum esse seditiosum aduersus Christum et
proprie Coreticum. Exdtat enim sectas in populo Christi,
et, sicut uides, aduersus fidem docet, fidere et mehrere ab
operibus propriis, cum dare non possis (citra miraculum) ullum *>
620w religiosum, 1 qui non teneatur hac sacrilega et blasphema con-
scientia, saluum se fore, ubi ordinem suum seruarit, damnatum
uero, ubi non seruarit, ut quid alioqui uoueret et seruaret, si
talis eius consdentia non esset? Quid hoc te iuuabit, si filii
huius Core seruati sint in tabemaculis istis sacrilegis et 15
blasphemis ? Miraculum diuinae uirtutis est, non uulgare
praescriptum uiuendi. Bene autem appellatus est Core, quod
interpretatur caluus seu caluidum, quod Apostolo teste uir
sit gloria dei et uelare comam non debeat, ut Core istum
seditiosum intelligas sine capite Christo, sine gloria dei, 3°
seipsum in caput engere, suo nomine proprio gloriari aduersus
Christum. Quam proprie Petrus ii. P et ii. eos describit, dum
dzcit, eos esse magistros mendaces, qui opiniones et sectas
perditionis iuxta introducent, et dominum qui eos mercatus
est negantes, per quos uia ueritatis blasphemabitur. Quae 3s
sunt illae opiniones et sectae perditionis, nisi consdentiae,
doctrinae, sectae illae praedictae et sacrilegae et blasphemae,
quibus Christus abnegatur cum operibus et nomine suo, et
in locum eius opera et nomina hominum statuuntur, et eis
tribuitur, id quod Christi est, iustitia, salus, sanctitudo? Sed 40
ii Nu. 16, 31 ff. 16 Nu. 16, 38 27 Hieron. Liber de no-
minibus Hebraids (MSL. 23, 793): Core, calvitium 28 1. Ko. 11,7
32 2. Pt. 2, i f.
hic sacrilegi illi, ut sunt incorrigibilcs et increduli, cum uidcrint
sese tarn manifestario sacrilegio comprehensos, effingent more
suo distinctiones, quarum sunt fecundi ualde, dicentque, sese
nunquam docuisse aliter, quin Christus et gratia dei sint
5 prindpalia in ordinibus et optima, sicut sancta sanctorum,
Caeterum ordines esse sanctos minus prindpaliter ceu sanctum
parddpatiue etc. siue 1 aliud proferent capitis sui figmentum, 3061
ne capti et confusi uideantur. Quibus respondeo: et cur ab
initio non ista docuerunt? Quis animabus iam perditis et
10 nunc perexmtibus hanc disdnctionem in futuris seculis ali-
quando excogitandam reuelauit? quae simpliciter, ut sonat,
sanctum intellexerunt, ignorantes occultam hanc aequiuocationis
illusionem. Sed adhuc age surgant et doceant, sicut nunc
distinguunt, dam ent ad uulgum in hunc modum: Sdtote, quod
15 multo melius est, esse simplidter Christianum quam religiosum.

uidebis, quot sint intraturi, imo mansuri in monasterio! At


nunc docent religiones esse multo meliores et sanctiores
communi statu fidelium. Haec est uox illa perditionis, qua
fideles a Christo diuellunt spe maioris pietads, quam in Christo
so inuenerunt Hoc est Sacrilegium, haec blasphemia, cum qua
Christus mauere non potest, quam nisi iactarent, ipsi mauere
non possent
Nec est, quod iactent maius et prindpale augeri accessione
minoris et secundarii. Etiam si hoc uerum esset, quis rudi
a$ uulgo moderabitur, ne minus pro maiore apprchendat, sicut
modo fadt? Miraculum est, hic non errare, ideo scandalum
hoc de uia tollendum est, et unicum illud maius propoueu'dum. 6siW
Deinde cur non tantopere suadent hominibus, ut minore
relicto apprehendant maius, et religiöses docent exire, quanto-
30 pere a maiore inuitant ad suum minus, et allidunt ad in-
trandas religiones ? Nunc autem duplidter hoc mentitum est
Primo, quod reuera suum monasticum institutum pro maiore
et prindpali habent, et Christianum pro minore et contempto.
Hoc probaut eorurn sacrilcgae et blasphemae uoces ad re-
3$ ligionem exhortantes, potius quam ad Christianismum. Alterum
mendadum, quod et aliud sanctum fingitur. Solus enim
Christus sanctus est, nec patitur, ut ullo alio nomine sancti-
ficemur et sahiemur, ut supra ex Petro retulimus. Quare
quocunque te uerteris, inuenies institutum impium, sacrilegum,
4 0 blasphemum, aduersarium Christo esse natura sua, perditionis-

que efficax 1causa Omnibus, qui non cum filiis Core seruantur 307 *
miraculose. Ita iacet quidem uerus ille cultus dei, tribus prae-
2 44
De votis monastids

ceptis primis institutus, et uiae Zion lugent, eo quod non sit


qui ueniat ad solennitatem, in cuius locum illi alium sub-
sbtuerunt, sese plane dignissimum, qui est pompa illa cerimo-
niarum in ueste, gestu, cantu, lecdonibus, in quibus omnibus
nihil fidei neque nominis, neque operis est diuini, sed omnia s
sunt humanissima. Atque ex instituto Pauli .i. Corin. xiiii.
uidetur usus huius uestigium esse reliquum, ubi docet tria
fieri in conuentü Ecclesiae, Linguis loqui seu psallere, pro-
phetari seu interpretari, et orare. Scilicet primo recitabatur
aliquid e scriptura uel psalmis. Deinde prophetae inte»
pretabantur et docebant. Tertio in communi orabatur. Diuina
et Christianissima instituta, sed ad docendum et exhortandum,
hoc est, ad fidem alendam ordinata. Primum aemulantur
hodie lectionibus matutinalibus, Epistolis, Euangeliis, et sin-
gularibus cantibus, Alterum Omiliis, Tertium responsoriis, *$
Antiphonis, Gradualibus, et quaecunque communiter leguntur
uel cantantur, sed infoeliciter omnia. Non enim docendi
aut exhortandi, sed operandi tantum Studio omnia fiunt. Sic
enim legisse, sic cantasse, sic boasse, illis satis est. Hoc
opus quaeritur et uocatur Cultus dei. Quid autem legatur et «
cantetur, aut cur legatur et cantetur, ne in mentem quidem
uenit, nec est propheta, qui interpretetur et doceat Proinde
ne sint ociosi in hoc mirabili cultu dei, dedunt sese curae et
sollicitudini praelegendi, praecantandi, recte distinguendi,
pausandi, terminandi, attendendi, hoc unum spectantes, ut -5
bene, deuote et laudabiliter legatur et cantetur. Hic est finis
ultimatus huius cultus diuini. Ibi disciplinae, poenae, arbculi,
statuta, peccata et merita hoc cultu dignissima. Dicas hunc
grauissimum cultum dei in hoc exerceri, ut uiri illi magni et
graues saltem particulam aliquam grammaticae et Musicae z«>
toto uitae tempore discant. Quid enim aliud quaerere possunt
iudicari? Si intret (ut Paulus ait) aliquis infidelis in medium
308 e herum mugien'tium, murmur anthun, boantium, uidens eos
6mw neque prophetare neque orare, sed tantum suo more 1 sonare
ceu fistulas illas organorum, quae sibi opbmo consilio soda- 35
uerunt, et simile iuxta simile suum posuerunt, nonne optimo
iure dicet: Quid insanitis ? Quid enim sunt nisi fistulae aut
tibiae illae, quas Paulus didt nullam uocum distinctionem
dare, sed tantum in aera sonare, non aliter quam si quis
declamaturus suggestum conscendat, et horam totam sonet v>

l Klagel. 1 ,4 2 cuius bezieht sich auf cultus 6 1. Ko. 14, 26


32 1. Ko. 14, 23 38 1. Ko. 14, 7
iudidum. 1521.
245
uerba peregrina in populum, quae nemo intelligat. Nonne
hic in aera loquitur? Nonne insanus iudicabitur? Scilicet
talis cultus decebat sacrilegos et blasphemos aduersarios Christi,
ut essent nihilo meliores mutis illis et Iigneis fistulis, multo
5 labore sonantes, nihil docentes, nihil discentes, nihil orantes,
et tarnen hoc opus insaniae pro summa latria iactarent,
omnium opes illius meritis ad sese corriuarent Et hanc
quidem domum talis decet sanctitudo.
Nihil hic de sanctis dico, qui pio usu in his sunt con-
iouersati ludibriis. Ipsum hunc cultum dico, si caetera non
mouerent ad rumpenda et dimittenda uota monastica, abunde
satis iustam causam esse. Quid enim est nisi merum ludibrium,
seu, ut Apostolus ait, insania ? At hoc est quod primario loco
uouetur, hoc quaerunt qui religiös! fiunt Sic enim deo seruire
Ts proponunt, propter hoc mundum, res et parentes relinquunt,
propter hoc abnegant semetipsos, ut Christum sequantur. Sic
enim audaces et blasphemi homines diuina oracula Christi
aptant ad hanc puerilem, ridiculam et stultam scenam, in qua
ipsi prostant tanquam fistulae, tubae, sambucae mutae et
20 insensatae ad obsequium dei, simul uerum cultum dei ab-
negantes. Nonne si seria te uouisse scires, et postea intelli-
geres ludicra et ridicula esse, uoti tui te poetiiteret? nonne
mutares ? nonne errore excusareris, qui uouisses mahnn quod
ignorabas? Gerte sic uides contingere in uotis monasticis
25 hodie. An putas gratum et probatum esse apud deum hoc
uotum ? An ille quaerit multas mutas fistulas sibi cöngregari,
quae delectent eum sonantes in aera? 1 Video Bemhardum et 3°9 E
similes diuinitus seruatos, ut haec ludicra serio qualicunque
temperarent. Extant sermones eins, quos prophetauit et docuit
30 in congregatione fratrum, quo unico opere retulit priscum
Pauli institutum, seque et suos secum seruauit, sicut Paulus
de Timotheo dixit Ac si in monasteriis eiusmodi Bemhardi
essent, tolerari possent propter serium Pauli institutum ex
parte obseruatum. At ubi sunt merae mortuae fistulae et
35 mutae tibiae, quae in aera sonant, cum Paulus dicat eas ab
infideli contemni et insaniae accusari, quanto magis a fidelibus
relinquendae et fugiendae sunt? nisi malumus esse peiores
quam gentes et infideles, et hoc sanum et pium arbitrari,
quod illi igsanum, etiam Pauli consensu, merito appellant.

7 auf dass sie . . . „aller leute reichtümer kraft der Verdienste


dieses gottesdienstes an sich rafften14 (Scheel) 16 Mt. 16, 24
19 harfen 29 Köhler, s. 323 32 1. Ti. 4, 16 35 1. K c. 14, 23
246 De votis monastids

ne ergo credas uotum tuum apud dcum exigi aut probari


super has insanias, sed cum fiduda credas rcprobum et
623w damnatum esse, cum hic non solum tentare, 1 sed et irridere
deum uideantur istis ludibriis. Atque haec de primis tribus
mandatis pauca pro tempore satis sint $
ADVERSARI VOTA CARITATI.
X 7ENIAMVS ad secundam tabulam, et mandata eius in duo
V ista colligamus, in obedientiam parentum, et charitatem
proximi. Nam post fidem in deum, nihil maius est parentum
obedientia, de qua magnifice Paulus i. Timot v: Discant ie
primum domum suam regere et mutuam uicem parentibus
reddere, hoc cnim acceptum est coram deo. Hic Paulus
prohibet prorsus, ne uidua assumatur, si habet domum quam
regat et parentes quibus obsequatur, addens etiam: Si quis
suorum et maxime domesticomm curam non habet, fidem 15
negauit et est infideli deterior. Iam superfluum est recensere,
quomodo caritatem Omnibus praeferat .i. Corin. xiii., Omnia
faciens nihil esse, quae sine charitate fiunt. Id autem, quod
3*oB Paulus de uidua dicit, prorsus 1de Omnibus filiis intelligendum
est. Iterum hic nihil de sanctorum exemplis seu de facto »
miraculoso, sed de ipso instituto uouendi loquor, et autoritate
diuina pronuncio et decemo, Nullum uotum fieri posse ab­
solute, si pium et gratum esse deo debeat, sed omnia inuoluunt
conditionem, scilicet exceptae obedientiae parentum et charitatis
proximi. Qui enim uouerit aut uotum seruauerit contra ob- »5
edientiam parentum et contra charitatem proximi, anathema
sit, seu, ut Apostolus hic ait, fidem negauit et est infideli
deterior. Nihil enim aduersus deum, sed pro deo solum
possumus. Cum uero institutum monasticum et impiissime et
impudentissime doceat pa am, non licere parentibus obedire z»
nec curare quae aliorum sunt (quippe monachum mundo
mortuum dicunt et deo dicatum, debere tan tum in monasterio
agere, Egeant, pereant, habeant parentes, proximi, imo totus
mundus), anathema sit ipsum simpliciter uel uouere uel seruare.
Habent hic exemplum in uitis patrum et impium et crudele, 35
ubi mater duos filios Eremitas uisitabat, uidere cupiens matemo
affectu fructus Uteri sui. At illi clausa ianua negauenmt
matri fadem suam, prominentes in futura gloria &ese uisuram,
si ferret in hac uita negatum conspectum. Hoc exemplum

10 1. Ti. 5. 4 14 1. Ti. 5, 8 17 1. Ko. 13, I ff, 28 2. Ko.


13, 8 35 MSL. 7 3 . 792
iudicium. i$2i.
247
cum audio iactari (qualia multa sunt in uitis patrum), uideor
mihi audire laudatores Lucretiae, aut Saulis, quod seipsos
magnanimiter interfecerint, aut alia quaedam portenta gentilium.
At illi uirtutem et Christianam uocant Huc deprauant et
5 illa Christi salutaria e t 1 communia uerba: Qui amat patrem et 6*4w
matrem plusquam me, non est me dignus. Et iterum: Qui
reliquerit domum uel fratres etc., centuplum accipiet et uitam
aetemam possidebit. Et psal. xliiii: Audi, filia, et uide et
inclina aurem tuam, et obliuiscere populum tuum et domum
Eopatris tui etc. Haec et similia uerba, quae Spiritus sunt et
uita, 1de fide Christi sonantia, propter quam omnia relinquenda 311 e
sunt, sacrilegi isti et blasphemi aptant suae mord et mendacio
et cami et sanguini.
Hic ueni in locum indignationis meae et ardeo me uldsci
15 de plus quam sacrilegis et blasphemis isds mendaciis et in-
saniis, sed desunt et uerba et cogitatus, quibus monstra haec
pro dignitate aggrediar. Propter hanc uel solam abomina-
tionem, eradicata, extincta, abolita cupio, sicut et oportuit,
uniuersa monasteria, quae et utinam ereptis Lot et filiabus
*0 suis de medio eorum dominus igne et sulphure coelesti ad

exemplum Sodomae et Gomorrae demergeret in profundum,


ut ne memoria quidem eorum superesset, neque enim satis
fuerit illis anathema imprecari. Vide nunc sanctum et egregium
tuum uotum. Superius uouisti, nolle te Christianum amplius
15 esse, sed quia sublimis est sensus fidei, subtilis error excusauit
impudentiam. At hic uoues impudentissimae impietati, quae
te non acceptat, nisi abneges, parentibus obedire et proximis
seruire. Me misernm, ut fortiter urit ista audacia et impu-
dentia aduersus aperta dei mandata aperte insaniens et adhuc
30 laudem et uitam aetemam promittens. Finge uniuersos
monachos angelorum sanctitate poliere, adhuc institutum
ipsum aduersus mandata dei manifeste insaniens non solum
uoueri et seruari non debet, sed uitari et execrari ut summa
impietas. Si uoueres homicidium uel adulterium, uotum
35 irritum et damnatum iudicaretur. cur non irritum et damnatum
est, si uoues inobedientiam parentum et crudelitatem erga
proximum ? aut si profitearis cursurum te cum furibus, et cum
adulteris portionem tuam positumm, non licebit tibi consilio
Salomonis uti, et recedere a peccatoribus, qui te lactant ad
40 malum ? Sed audiamus excusationes in impietate. Primum

5 Mt. 10, 37 6 Mt. 19, 29 8 Ps. 45, i i 38 Ps. 50, 18


39 Pr. 16, 29
248 De votis monasticis

dicunt, Meliorem esse obedientiam quam uictimam, ideo non


Heere proximis seruire aut benefacere, absque licentia sui
jt 7 e maioris. Secundo, patres 1 spirituales praestare patribus car-
nalibus, ita et obedientiam illorum praeferendam horum ob-
edientiae. Tertio, charitatem nihilo minus exerceri inter fratres $
monasterii. Haec illi. Vides ergo obedientiam et charitatem
per illos e publico tolli et in suum angulum cogi. Videamus
autem tria ista per ordinem. Primum illud: ‘Melior est ob-
edientia quam uictima', praecipue et solum pertinet ad man-
data diuina, et recto impetu facit contra monasticam. Nam «
qui uouet monasticen, sese offert uictimam deo (ut dicunt),
sed hanc uictimam abominari sese dicit 1 dominus, si fiat contra
obedientiam mandati sui. At mandatum suum est, Obedire
parentibus et seruire proximis. Est ne igitur haec insignis
peruersitas, hoc appellare obedientiam supra uictimam, quod r
deus appellat uictimam aduersus obedientiam? Sic intelligere
decent Monastici diuinas literas, ut ea, quae de dei mandatis
dicuntur, aptent mandatis hominum, et quae aduersus mandata
hominum dicuntur, aptent aduersus mandata dei. Hac igitur
obedientia pertinaciter usus Minorita non porrigit neque»
portat proximo suo pecuniam, etiam si ille sit inopia con-
sumendus, et, quantum in eo fuerit, fratrem suum fame,
nuditate, inopia conficit, post gloriatur aduersus deum, Meliorem
fuisse obedientiam quam uictimam. Scilicet quia in baptismo
uouit obedientiam dei, sed quam in monasterio noua ob- *s
edientia hominum euacuauit.
Ladern obedientia pulchre sese exonerauerunt operibus
illis misericordiae, quae Christus Matth, xxv. in iudicio sese
exacturum minatur. Videat monachus famelicum, sitibundum,
nudum, uagum, captiuum etc., sed caueat, ne egrediatur mon- 30
asterium, ne uisitet infirmum, ne consoletur tristem, sed sinat
ire et perire quiequid perierit, claudat uiscera sua, etiam si
possit illum iuuare, postea dicat, ideo sese omisisse charitatem,
quia noluerit uictimam offerre prae obedientia. Idem fadat,
si pater aut mater opera eins ceperint opus habere, ut uel 35
pascat, uel seruiat eis. O furorem inauditum. Ego sane in
313 e meo monachatu, quanquam hebes sum et rudis, 1 nihil tarnen
egrius tuli, quam hanc crudelitatem et negatae charitatis Sacri­
legium. Neque potui unquam persuaderi, ut quietus crederem
rectam et licitam esse obedientiam istam monasticam aduersus 4°
charitatem tarn impudenter saeuientem. Dicent uero hic: Si

i 1. Sa. 15, 22 28 M l 25, 34 ff.


ista monachis detur licentia uagandi, peribit uniuersum insti-
tutum monasticum, desolabuntur monaste ia, ruet cultus dei,
singulis euntibus, ut parentibus et proximis egentibus ministrent
Pulchre. Vt ergo stent lapides et ligna, ut perseueret fistu-
5 lamm ululatus et murmur in choro, ut rasura capitis et longa
tunica non deponatur, mandatum dei deserendum est, pro quo
etiam sanguis fundendus, anima et omnia ponenda sunt! quam
sapienter, quam aeque iudicant isti uiri de mandatis dei!
Nonne hoc est quod dixi, Monasticum institutum et diuinum
10 mandatum ex diametro natura sua pugnare? Si enim di­
uinum mandatum seruare uoles, uotum perpetuum semare non
potes. Elige, utrum uolueris. et quid rogo dämm patietur
institutum monasticum, si religiosus egrediatur, ubi Opus fuerit,
seruiturus parentibus, uisitatums infirmos, et sese impensurus
*5 diuinae obedientiae et charitati ? Num ideo necesse est casti-
tatem et paupertatem et obedientiam ponere? poterit enim
reuerti expleta obedientia dei et charitate. Et quid si 1 non 626W
reuerti eum sinat obedientia et charitas? in quid peccabit?
in lapides et ligna ? quod non steterit in choro, non induerit
20 cucullum, non fuerit rasus, non dormierit communi donnitorio,
non ederit communi refectorio, non murmurant communes
bombos uocum non intellectamm ? Scilicet istae res tantae
sunt et salus in eis sic est posita, ut diuina mandata propter
ipsas oporteat pedibus conculcare ? Scilicet deo se dedicauit,
35 qui iis rebus sese dedit, et non dedicauit sese deo, qui uouit
obedientiam parentum et charitatem proximi in baptismo?
Quid istis insanis dicemus? nisi illud Christi, Marci .vii:
Bene irritum fe'dstis mandatum dei, ut traditiones uestras 3*4 e
semetis.
30 Certus itaque esto quilibet Christianus, quod, sicut uouere
non potes, ut neges deum et mandata eius, ita uouere non
potes, ne obedias parentibus et seruias proximis, cum deus
mandarit obedire parentibus et seruire proximis. ideo uotum
tuum cum fiducia sic interpreteris, ut, ubi parens uel proximus
35 tuus te opus habuerit, uotum iam prorsus non tenere autoritate
ipsa dei certissimus sis. Sunt ne haec satis clara? Quis
contra haec potest quicquam mutire? Si unum mandatum
propter uotum potes dirumpere, potes omnia dirumpere, et
totum deum negare. Si autem non potes deum nec uniuersa
4° negare, nullum (ne minimum quidem) potes negare aut
dirumpere. Monasticum enim uotum pro mandatis, non ad-

27 Mc. 7. 9
250 De votis mon&stids

uersus mandata de! ualere debet, et semper eisdem cedere,


etiam s! perpetuo eis cedcndum et uotum prorsus abolendum
sit Non potest, ne dubita, deus ipse uotum a te exigere aut
factum agnoscere, aduersus unum iota sui mandad, fidelis et
uerax est, seipsum negare non potest. Quod si iactent, 5
parentum obedientiam cedere merito debere cultui dei, nam
cultus dei primo mandato iubetur, obedientia parentum quarto,
Respondeo: Cultum dei monasticum superius audisti ludibrium
esse. Impossibile autem est uerum illum cultum dei impediri
obedientia parentum et seruitute proximi, imo ipsa obedientia h>
et proximi seruitus est ipsissimus ille et germanus cultus dei,
quem illi ludicro et drculatorio suo cultu euacuant Quid
enim est colere et seruire deo aliud, quam seruare eius
mandata? At obedientia et charitas proximi mandata est.
In choro autem boare aut murmurare mandatum non est, 15
imo, cum sit deum tentare et irridere, prohibitum est Neque
oratio, quod potissimum est in eorum cultu, sed nec ipse
boatus impeditur per obedientiam parentum et seruitutem
proximi. Poteris enim inter obediendum et seruiendum, ut
castus et pauper uiuere, ita orare et boare, quantum uolueris. so
hoc solum impeditur, ne lapides et ligna communiter teras et
zrz b occupes cum 1aliis, praesente corpore. Si autem parentes uel
proximi te iuberent negare fidem, nomen et opus dei, quae
627w prima tabula 1diximus mandari, hic locum haderet, quod illi
iactant, cultui dei cedere debere obedientiam parentum et *5
omnia. Sed hic cultus communis est fidelium, et nusquam
minus quam in monasteriis istis seditiosisque sectis, ut ex
supradictis intelligi fädle potest
Quod uero secundo dicunt, sese spirituales esse patres,
aeque pertinet ad ficta illa uerba, quibus 8. Petrus eos prae- y
dixit de nobis negotiaturos esse, atque iUud, quod de ob­
edientia et uictima fingunt atque peruertunt Spirituales patres
sunt, qui nos docent ante omnia mandatis dei obedire, paren-
tibus subdi, proximis seruire, sicut Apostoli fecenmt Ipsi
uero, cum aduersus haec doceant mandata hominum et sua 3s
propria, spirituales patres sunt, sed secundum spiritum erroris,
de quo Paulus praedixit .i. Timot. iiii: attendentes spiritibus
erroris. Nam nec Apostolis obediendum esset, adeo neque
angelis, aduersus obedientiam parentum et caritatem proximi
docentibus, quanto minus obediendum est istis impiis et sacri- 4°

4 2. TL 2, 13. i. Jo. i, 9 12 „den jene durch ihr gauklerisches


narrenspiel vernichten“ (Scheel) 30 2. Pt. 2, 3 37 i. Ti. 4, 1
iuditium. 1521.
251

legis hominibus, deterioribus quam sint infideles et fidem


negantes. Si uero docerent puram fidem, et parentes aut
proximi te nollent ab eis discere, hic plane non essent audiendi,
quanquam ne sic quidem perpetuo obedientiam et seruitutem
sullo uoto eis subtrahere possis. Non enim, ut fidem discas,
necesse est parentibus et proximis te subtrahi et aliis perpetuo
subdi. Paulus Philemonis Onesimum non filium, sed seruum,
iam sibi in filium spiritualem genuerat in uinculis positus,
sicut gloriatur, et cum ius haberet in ipsum adeo Philemonem,
10 quem et ipsum genuerat, non tarnen sibi subiicit, sed hero
suo remittit, eins consensum quaerens. Quid putas fedsset,
si Onesimus fuisset filius? Et nostri, cum nec fidem nec
sana, sed omnia sacrilega doceant, auellere audent filios a
parentibus perpetua seruitute. 1 Proinde, sicut uxor potestatem zr- E
15 habet extrahendi uirum e monasterio, dtra consensum suum
cucullatum, siue sit in sacerdotem unctus, sine lotus, ita habet
pater aut mater ius extrahendi filium uel filiam e monasterio.
Et filius uel filia sub necessitate salutis et indignatione dei
tenetur sequi et cucullum ponere absque scropulo, pro irrito
»habens, si sexcenta uota uouisset, et tot characteres indele-
biles haberet, quot sunt capilli capitis sui. At nunc filios a
parentum obedientia soluunt in totum, garrientes, in rebus
spiritualibus unumquenque liberum esse. Cur ergo non et
coniuges separant? aut cur non et infantes auellunt ab
»5 uberibus matrum, si hoc satis est, quod in spiritualibus rebus
libertas est ? An non et infantes sunt in eisdem spiritualibus
rebus? Quin hac ratione omnes filios a parentibus, omnes
seruos a dominis, omnes populos a magistratibus auellamus,
omnia federa, omnia pacta, omnes contractus soluamus, di-
3° centes, in rebus spiritualibus omnes liberos et sui arbitrii,
neminem uero alterius iuris esse, sed res spirituales illi uer-
borum fictorum autores uocant suas humanas traditiones,
caed, sacrilegi et blasphemi.
1 Sic quod charitatem exerceri inter ipsos monasticos posse, fasw
33 ut inuicem seruiant, uerurn est, sed non uere dictum. Charitas
enim libera est, nullis personis proprie addicta, at illi suis et
sibi ipsis duntaxat alligant, aliorum prorsus negligentes, quae
charitas ficta est, et fomentum sectarum et odiorum, sicuti
uidemus, monasteria aduersus monasteria, ordines aduersus
4° ordines mutuo insanire et zelare. Germana autem illa et

2 negantibus A (Abi. comparationis) 8 Philem. v. 10 20 in-


äelibiles A
27 Luthers Werke II
252 De votii monastids

uniuersalis charitas ab Apostolo .i. Corin. xiii. descripta, quae


Omnibus exposita est amicis et inimids ad seruiendum, est
illis prohibita et illirita. Quia, ut supra diximus, religiöse non
licet exire monasterium, uisitare infirmos, et alia Christiana
obsequia impendere, etiam si opus sit et possit, imo contra 5
peruertentes omnia, positis manuum operibus, ipsi ociosi
sinunt solis sibi benefieri a toto mundo, omnium substantiam
317 e deuorantes, bene sani et robusti, magno etiam 1 incommodo uere
pauperum, rependunt uero suis benefactoribus spiritualia opera
misericordiae, quae sunt Cultus ille dei, quem supra descripsi- «>
mus, multum murmurando, boando, halando, legende etc., In
primis autem Missae illae execrabiles et abominabiles coram
deo. Hac figura uerborum et extinguunt uera illa quae
Christus exigit opera misericordiae, et seipsos solantur super
extinctione eiusmodi, ne quando impietatem hanc agnoscant T5
et poeniteant et uenia digni Kant. Si pro solis adolescentibus
eum morem seruarent, ne passim liceret uagari, quo aetas
mollior et fluxa facilius frenaretur, et in monasteriis disceret
domesticam charitatem, quam postea in publico exhiberet
communem Omnibus, tolerabilis, imo bona köret institutio. 20
Nunc uero tota uita pueri sunt et domesticam discunt chari­
tatem, imo eam summam et solam arbitrantur. Videmus
autem diuinum opus in Bernhardo et similibus, quos, ne in
puerili illa et angusta charitate relinqueret, rapuit in medias
res mundi magnas et multas, ut in iis charitas genuinam suam -s
uim ostenderet, diffusa dilatataque ad omnes, omnibus ex­
posita et parata, atque hoc secreto miraculo illos seruauit,
ne perirent in damnabili isto instituto angustae et fictae
charitads, in qua caeteri, hoc opus dei non intelligentes,
perierunt. Quanquam non negem aliquos ea charitate saluos 3°
factos, qua solis suis seruierunt, quod occasio eis defuerit et
aliis seruire, cum ipsi parati essent omnibus seruire. Ipsum
institutum damno, quod prohibet seruire aliis quam suis
monastids.
Vt igitur demus aliquot seruatos, qui non peccauerint in ZL
obedientiam parentum et charitatem proximi sub uotis agentes,
tarnen uidemus hic euidentissime, ipsum institutum uouendi
ex natura sua aduersari mandatis dei de obedientia parentum
et charitate proximi, Ideo non licere neque posse uoueri aut
seruari. Ac per hoc impossibile apud deum pro uoto haben 40
et exigi. Neque eos, qui seruati sunt, eiusmodi uota uouisse
certum est, auC 1 si ita 1 uouerunt, deum eorum errori indulsisse
et non acceptasse, quo modo ipsi uouerunt Damnabile itaque
est, in eo uitae genere inueniri, quod uideas natura sua cum
diuinis mandatis pugnare, et non nisi odosos homines gignit,
qui uelut locustae, erucae, brud omnium aliorum substantiam
$ deuorant, seu, ut Petrus ait, nostris charitatibus ad luxum
utuntur, ipsi uero nullis seruiunt, nullis exhibent charitatem,
nullis benefadunt, et, ut tales sint, uouent et seipsos astringunt,
propter deum dei mand ata pessundantes, uerba dei deprauantes
et ad sua figmenta torquentes, et plane omnia peruertentes.
10 Atque ut aliud nihil malorum apud eos sit, ipsae execrabiles

Missae eorum, quibus in sacrifida et opera bona uersis


abominanda peruersitate retribuunt suis benefactoribus spiri-
fualia, id est, faciunt eos fidere in mendacia, et secum
trahunt in profundum, caed caecorum duces, — Hae inquam
15 Missae satis magno terrori esse deberent, ut, si quis im-
prudenter eorum se miscuisset uotis, mutata sententia con-
sortium relinqueret, et ad simplidtatis Christianae puritatem
rediret, cum ex Omnibus praedictis certissime constet, non
posse fieri pium et gratum deo uotum in hoc uitae genus,
*> aut, si fit, erroneum est, quod alia praesumit quam inuenit,
ideo necessarium sit, aut impium aut falsum uotum uoueri
in monasteriis, quorum neutrum tenet apud deum. Quare
liberum semper manet, imo necessarium, mutare et reuocare
hoc uotum et redire ad libertatem Christianam et mandata
a$ diuina. Haec de quarto loco dicta sint, pergamus ad aha.

V. ADVERSARI RATIONI
MONASTICEN.
/^ V I N T O comparemus institutum istud etiam ad rationem
naturalem, hoc est, ad crassum illud et lumen naturae,
30 quae tametsi lucem et opera dei non attingat per sese, ita
ut in affirmaduis (quod aiunt) fallax sit eius iudidum, in
negatiuis tarnen 1 est certum. Non enim capit ratio, quid sit 3r9E
deus, certissime tarnen capit, quid non sit deus. Ita licet
non uideat, quid rectum et bonum sit coram deo (nempe
3$ fidem), seit tarnen euidenter infidelitatem, homiddia, inob-
edientiam esse mala. Qua et Christus utitur, dum disserit,
Omne regnum in seipsum diuisum desolari. Et Paulus, dum
didt, nec naturam docere, ut mulier nudato capite prophetet
Quod ergo huic rationi euidenter aduersatur, certum est et

4 vgl oben I 472, z. 25 5 2. PL 2, 13 36 Lc. i i , 17


37 1. Ko. 11, 5. 14 s.
dco multo magis aduersari. Quomodo cmm coelesti ueritati
non pugnabit, quod terrenae ueritati pugnat? quo modo et
Christus Iohan. iii. ueritatem distinguit, et ex utraque arguit:
630W Si terrena 1 uobis dixi et non creditis, quomodo, si coelestia
uobis dixero, credetis? Videamus itaque, ut institutum mona- $
sticum non solum aduersarium sit legi et Euangelio et uni-
uersis scripturis, uerbis et operibus dei, uerum etiam communi
omnium sensui hominum. Ac imprimis id apprehendamus:
uotum, etiam si per omnia pium et rectum fuerit, tarnen, si
impossibile factum fuerit, desinit esse uotum, nec amplius ie
etiam apud deum potest ligare. Exempli gratia, Vouisti
peregrinari ad S. Iacobum, sed interciperis uel morte uel
inopia, uel morbo uel captiuitate. Hic sine scrupulo uotum
omittitur, et probatur, omne uotum fieri conditionaliter, et
semper exceptam intelligi impossibilitatem. Clara ne et certa *$
sunt haec satis ? Quod enim de uno uoto asseritur, de
Omnibus asseri debet. Omnia enim, siue magna siue parua,
siue temporalia siue perpetua, aequaliter hoc praecepto com-
prehenduntur: Vouete et reddite, sicuti uidebimus. Si ergo
in uno excepta est impossibilitas uel minimo, etiam excepta -0
est in quolibet uel maximo. Si igitur coelibatum uoueris, et
postea senseris impossibilem tibi, nonne libere nubere potes,
uotum tuum interpretatus conditionaliter? Quid enim hic
obstat, ne sic facias et possis? An non est infirmitas camis
3 2 0 B tan tum impedimentum coelibatus, quantum inopia 1 uel morbus »5

peregrinanti ? Quin ipsa diuina mandata, cum sint citra


omnem controuersiam immutabilia, tarnen quo ad opera
externa exceptam habent impossibilitatem. Neque enim
damnabis S. Petrum, quod uinctus ab Herode non prae-
dicauit, non seruiuit proximo suo, sicut habet praeceptum 3»
charitatis, sed beata impossibilitas eum excusat Nec Paulum
fades reum omissae charitatis, quod saepius uoluit uenire ad
Romanos et tarnen prohibebatur. Et A ct xvi. in Bithiniam
ire uoluit, sed non permisit uel uentus uel Spiritus. Et
martyres in carceribus impios dicemus, nisi opera omittere 35
potuerunt, impossibilitate urgente.
Sed hic dices: Coronat deus intus uoluntatem, ubi non
inuenit foris facultatem, ideo deuotarius ille S. Iacobi implet
uotum suum uoluntate, ubi non potest facultate, sic et sancti
implent mandata dei. Hic respondeo: aut hoc non fadt 40

3 Jo. 3, 12 18 Ps. 76, 12 29 AG. 12, 3 31 Rö. 1, 13


33 AG. 16, 7 37 vgl. oben I 60, r. 35
iudicram. 1521.
255
satis, aut firmat meum propositum. Non facit satis, quia tarn
uotum quam praeceptum spectat non solam uoluntatem, sed
et opus. Opus ipsum peregrinationis uouit, non uoluntatem.
Quid enim esset uouere: uoueo tibi uoluntatem peregrinandi
s ad S. Iacobum ? Ita praeceptum dei ad opus cogit Quid
enim est: praecipio tibi, ut uelis facere? quare hic demon-
stratiue concludo, uota semper excipere impossibilitatem, sicut
et externa opera mandatorum dei. Quare et coelibatus, si
est impossibilis post uotum, in uoto non est comprehensus,
10 saltem opere extemo. Nec habes, quod hic opponas. Si
autem satis est uoluntas, ubi deest facultas, habeo pro­
positum, quia de eo solo disputo, qui uellet uotum coelibatus
implere, et per infirmitatem camis non potest, ut qui saepius
tentarit, et tarnen nec *ieiuniis nec ullis studiis camem premere 631w
s potest, cogiturque inuitus aliquando et uictus flamma libidinis
experiri fluxus immundos uel uigilans uel dormiens, alioqui
uitae inculpatae. An hic dices, ut aliqui solent stolidi et
ani1mannn prorsus incurii dicere, Orandum esse deum pro 3« E
gratia, qui nemini negat. Pulchre. Cur non etiam sancto
00 Petro consuluisti, ut oraret deum, ne Herodes eum uinciret ?
Cur Paulus non orauit, ne prohiberetur uenire ad Romanos?
Cur martyres non orabant, ne carceribus impedirentur ab
operibus charitatis? Et deuotarium illum sancti Iacobi cur
non doces, ut oret, ne inops fiat, ne egrotet, ne moriatur,
*5 ne capiatur? Scilicet iste est modus luden di in rebus tarn
seriis ? Quid si deus nolit orari ? aut, si oretur, quid si nolit
audire ? Hac ratione docebis nos omnes coelibatum uouere,
et postea orare, ne sit impossibilis, ac per hoc illud statutum
diuinum naturae: ‘Crescite et mulbplicamini' coges deum mutato
30 suo uerbo, quo creauit omnia, reuocare. Stulta et puerilia sunt
ista. Experientia sua cuique est relicta, ut uideant, an in
ipso praeualeat lex illa Crescendi et multiplicandi, uel potius
priuilegium eiusdem legis. Sed iterum dices: Non est simile
de sanctorum impossibilitate et coelibis impossibilitate.
35 Sanctorum enim uoluntas est efficax et plena, prodiretque in
opus, nec obstaret ullum intrinsecum impedimentum, quod in
eorum sit potestate. Obstat uero impedimentum extrinsecum,
quod non est in eorum potestate, scilicet tyrannis. At coelibis
uoluntas non est plena neque efficax, neque extrinseco im-
<o peditur impedimento, sed intrinseco, scilicet came sua et

6 nach uelis schiebt C ein: tantnm 11 ,FO habe ich schon


meinen salz durchgesetzt“ (Scheel) 29 Gen. 1, 28 30 Jo. 1, 8
2Z6 De votis monastids

seipso, qui est utique in sua potestate. Si enim esset plena,


impossibile esset, ut non impleret coelibatum. Ideo Casus
tuus non est dabilis, quod sit coelebs uoluntate, et non possit
esse et facultate.
Respondeo: Est sane caro nostra in potestate nostra, ut s
ei oculos effodiamus, manus, pedes, linguam praeddamus,
uel laqueo strangulemus, uel aqua suffocemus, Quo modo et
tyrannus, si nobis infirmior esset, in nostra potestate esset
quid haec ad ea, quae hic quaerimus et tractamus? Nun-
quid ideo castus eris, si oculos effoderis tibi ? Caeterum, quod io
jas e ad coeliba'tum pertinet, quis ignorat tyrannum illum domesticum
et intrinsecum in membris nostris non magis esse in pote­
state nostra, quam est mala uoluntas extern! tyranni? Quin
blandis uerbis extemum tyrannum mitigare potes et in tuam
sententiam trahere, hunc domesticum nullis studiis, nedum *5
uerbis potes domare. Quid ad Paulum dices Roma, vii? Non
erat eins uoluntas plena et efficax, quando dicebat: Quod
uolo bonum non facio, quod nolo* mahnn hoc fado? Cur
ergo non fadt, quod plenissime uelle sese confitetur? Vbi
est ergo, quod dicebas intrinsecum impedimentum non ob- *>
Stare, nec impossibile facere, quod plena uoluntas disposuerit ?
63aw Caro concupisdt aduersus spiritum et Spiritus1 aduersus camem.
Haec sibi inuicem aduersantur, ut non ea quae uultis fadatis.
Sic uolo et mihi donari hunc coelibem a uoto absolutum,
si ex animo mailet coelebs quam coniunx uiuere, sed im- *s
possibile camis cogit eum exteroo opere contrarium facere et
uotum suum omittere, ut qui sit morbo insuperabili et tyranno
indomabili impeditus. Nonne et deuotarius ille sancti Iacobi,
morbo laborans, intrinseco impedimento impeditur? At
quanto est furentior morbus et seuior tyrannus membrorum, jo
quam ullus morbus corporalis! Acdpiet et hic deus uolun-
tatem, ubi non inuenit facultatem, dum adhuc in nullum eins
praeceptum peccatur, neque uoluntate neque opere, uoluntate
autem et ipsum uotum ultra praeceptum impletur, solum
opus dus extemum omittitur, cogente impotenda insuperabili. J5
At iterum obiides: Hac ratione uiam fades, ut liceat
et diuina mandata extemo opere uiolare, modo uoluntas nolit.
Igitur, qui mailet castus uiuere, excusabitur, si scortetur, cum
sint mandata dei impossibilia nobis, ut tu ipse docuisti saepius.
Respondeo: Huc debebas dissünilitudinem afferre, quam supra 4°

2 „darum kannst du nicht mit deinem fall kommen" (Scheel)


17 Rö. 7. 19 22 Ga. 5. 17
iudicram. 1521.
257
moliebaris inter sanctos impeditos et coelibem succumbentem.
Quanquam enim uerum est, mandata dei impossibilia esse
nobis, tarnen hoc non est uerum, uelle aliquem caste ui'uere 3*3e
et scortari. Cui enim uoluntas est ad legem dei, huic lex
5 non modo possibilis, sed facilis facta est; quod si continere
non potest, non urget eum hoc impossibile, contra legem dei
facere et scortari. Non enim ideo scortatur, quia non possit
aliter facere. Est in medio mätrimonium, ducat uxorem, et
facilis erit ei lex castitatis. Non sic coelebs meus, qui, quan-
10 tumlibet pleno animo uellet continere et legi dei per omnia
satisfacere, ducta uxore contentus, mailet etiam uxore carere
et coelebs degere, tarnen sui sexus naturam superare non
potest, ut naturaliter socio sexu carere possit, et scortabitur
ideo, quia non potest aliter facere. Non ergo simile est de
*5 mandatis et uoto. Est enim uoluntas, quae mandata dei
reddit possibilia, quae non satis est, ut uotum fiat possibile.
Quod si mandata dei seruet, et uotum seruare non possit,
cedere debet uotum, ut mandata maneant, ne forte simul et
uotum et mandatum scortando praeuaricetur. Reliquum ergo
»o est coelibi, si impossibilis sit ei coelibatus, ius nubendi et
uotum soluendi, quanquam fatear, ubi superabundans est
Spiritus, qui operetur uoluntatem plenam continendi, ibi et
sequi necessario continentiam, ut in sanctis factum esse certi
sumus, sed eam uoluntatem optare magis quam prestare
«s possunt coelibes reliqui, quanquam non Optant ad mandata
dei seruanda praeuaricatores, sicut S. Paulus Ro. vii. optabat,
quod non poterat totus uelle, imo praeuaricatores ex animo
nolunt legem dei, cum uoluntas impia non possit non odisse
legem, simulat potius uoluntatem et opera, de quo alias dictum,
30 et nunc extra institutum nostrum est.
Videtur 1 ergo forma uoti apud deum sic habere: Voueo 633w
castitatem, quam diu possibilis fuerit, si autem seruare ne-
quiero, ut liceät nubere. Sed age, cui non facit fidem haec
disputatio de impossibili, cogamus eum ipsa experientia, et
35 ius ex facto probemus. Ecce ego uoui totam Augustini
regulam, in qua ille praecipit, ut, quocunque 1 iero, secundus 314 E
uel tertius eam, hoc est, ne solus eam; hoc uoui usque ad
mortem seruare, ut expresse habet forma uoti. Interim ego
capior et solus esse cogor, ubi qua eso manet meum uotum?
40 ocddi potius debeo quam solus esse, si uotum non excipit
impossibile. At si tenear, ne possim ocddi, quid faciam?
=58 De vods monastids

Hic uotum soluitur, aut prius inuoluisse cognosdtur exceptam


impossibilitatem. Sic in eadem regula uouco statutis horis
orare, uestibus, dbis, lods uti. At ubi aegrotauero, ut nihil
horum possim, uotum non tcnctur. Non autem me excusabit
aegritudo, quia mandatum dei oportet seruari per uitam, per s
mortem, per omnia. At mandatum dei est: Vouete et reddite.
Sic et de Omnibus aliis regulae statutis possum exempla afferre.
Sicut igitur superius de deuotario S. Iacobi dixi: Si impossi-
bilitas in omnibus aliis statutis necessario exdpitur, quae est
ratio, ut in sola castitate non sit excepta? ubi et plura peri- »
cula et maxima necessitas urget, ut, si in ulla parte regulae
impossibilitas locum habere debet, merito prae caeteris in
castitate locum habebit; si in castitate locum non habet, multo
minus in caeteris locum habere debebit. Quantum est quaeso
periculum, si captiuum cogas ut sodum habeat, aut infirmum s
ut oret ? imo nullum hic periculum est, cum fieri non possit,
quod cogis. At si incontinentem cogas ad continentiam,
quantas immundidas? quantas fomicationes ? quanta adulteria?
et quid non malorum prouocabis? Nec ualet hic, sicut et
supra dixi, quod uoluntatem sufficere captiuo et infirmo dicas, so
tune enim nihil differret uouens a non uouente. Quis enim
laicorum non possit uelle sodum habere et iuxta formam
regulae orare? Non sic nugandum est in rebus ad consdentiam
et salutem attinentibus. Solide et dextre decemendum est
Certum est in regula opus, non uoluntatem praescribi et uoueri, «s
ita certum est uotum ab infirmo et captiuo solui necessario,
quod non licebit, si uotum excludit impossibile. Stat sententia:
3*5 e Vouete et reddite. Non 1 praeteribit apex aut Iota ab ista lege,
nisi omnia fiant Aut ergo uotum usque ad impossibile solum
ligat, aut nullos unquam fuisse monachos concedes. Nullus 3»
enim fuit, qui non aliquando infirmus, aut alia causa fuerit
impeditus, in aliquam partem suae regulae, id quod omnino
contra uotum suum est
Amplius, quia pertinadter obiieitur illa uoluntas uoti,
quae perseueret sub impossibili extern! operis, deponamus et 3$
*34w ipsam. Concors est sententia, 1 quam et Bemhardus probat
libro de praeceptis et dispensationibus, omnes partes regularum
esse in manu maioris, qui dispensare in iis possit cum sub-

i „oder es muss zuvor dahin verstanden werden, dass es die Un­


möglichkeit als Ausnahme in sich schliesse44 (Scheel) 6 Ps. 76, 12
28 Mt. 5, 18 37 4t 9 (MSL. 182, 8z9):'Patet, quod magna ex parte
regularis traditio subest eins, qui praeest, etsi non voluntati, certe dis-
cretioni' Denifle I*, 49 ff.
ditis suis, non modo si impossibile aut periculum occurrat,
sed etiam si congruum et commodum uideatur; aliquando
uero et mero arbitrio praesidentis tenent et non tenent hae
partes regularum. Tum Papae tribuunt constanter plenam in
5 iis omnibus autoritatem tollendi, mutandi, dispensandi. Verum
quicquid iila sedes Satanae facit, suspectum est, nolo autori­
tatem eins mihi in re conscientiarum patrocinari, maneamus
in gestis sanctorum et uulgato receptoque ab omnibus usu.
In his igitur dispensationibus certum est et uoluntatem seruandi
10 uoti poni, et libertatem soluendi concedi. Non enim cogitur
inuitus facere, qui secundum dispensationem facit, nec cogitat
nedum mailet contrarium facere. Responde igitur: si ista
dispensatio est licita, concludam ego cum fiducia, Tenorem
uoti monasdd esse hunc: Voueo hanc regulam seruare ad
*5 arbitrium praesidentis. Si non est uero talis eius tenor, iterum
definio, omnes monachos, omnia monasteria esse damnata,
neque ullum adhuc inuentum fuisse monachum. Nullus enim
aliter unquam sensit ac tenuit, quam iam dictum est Si
autem in caeteris partibus in manu praesidentis est, non solum
*> opus, sed et uoluntatem, id est, totum uotmn suo subdito
soluere et liberum facere, etiam ubi nullum impossibile aut
periculum exigit, Tu die, si potes, cur non possit, imo non
debeat laboranti libidinum procellis et periculis maximis fratri
suo, et in hac parte, ubi castitas uouetur, eadem autoritate
»5 copiam facere nubendi, et liber'tatem saltem operis extemi, 326B
si omnino uoluntatem nollet, impartiri? Cur solum castitatis
uotum Adamantinum est, cum caetera omnia stupea sint et
stipulacea? Nonne et iniquitatis et crudelitatis extremae
arguetur iustissime monastica, et hoc ipso plane suspecta,
30 tanquam Satanae scena sit, habebitur, quod in rebus nihili
tarn Clemens, in rebus grauissimis tarn seuera est? Quid
enim huic peruersitati dicetur, nisi illud Euangelii: Colantes
culicem et glutientes camelum ? Et iterum: Dedmantes rutam
et mentam, et grauiora legis omittentes. Aut illud: Imponunt
35 in humeros hominum onera grauia et importabilia. Quid
enim aliud hic iudicabit communis sensus, quam spirante
nequitia Satanae fieri, ut sola castitas sit indispensabilis, quo
animas irretiat laqueo indissolubili, et caetera sint dispensabilia,
quo fictam eomm illudat religionem?
40 Quid hic igitur respondebunt monastid? Aut nulla pars

2 comodum A 27 flächsern und strohern 32 Mt. 23, 24


33 M t 23, 23 34 Mt. 23. 4
2ÖO De votis monasticis

uotorum dispensari polest, aut omnes dispensari possunt, quia


nulla est ratio in una parle maior quam in caeteris, nisi quod
in castitate plures causae urgent et exigunt dispensationem,
633w ubi et pertinacius eam denegant et recusant quam 1 in aliis.
Et hic paululum morare, lector, et tecum cogita, ut iniquitatem 5
et crudelitatem hanc dispensandi taceam, quam incerta et
periculosa sint omnia huius miseri instituti. Si dispensandi
iste mos errat et deo displicet, quis audeat intrare uel manere
in religione? Quis enim ibi maneat aut hoc uitae genus
uoueat et teneat, in quo uouetur id, quod non seruandum 10
esse et uerbo et exemplo proprio docent? Nonne hoc est
deum ceu fatuum aliquem irridere? An autem non erret
mos iste, quis nos certos faciet? praesertim cum dicat deus:
Vouete et reddite? tum supra dictum est, neque sanctorum
neque multitudinis exemplo nos esse tutos posse, cum peccare 15
et falli potuerint omnes, et hic certus apertusque sermo dei
dicat: Vouete et reddite. Si autem incertum est morem hunc
327 e erroneum 1 esse, iterum dico: quis audeat intrare uel manere
in religione? et omnia, quae ad errorem intuli, hic etiam
inferam. Paris enim impietatis est et id sequi, quod mani- so
festo errorem esse sdas, et id pro ueritate amplecti, quod
nescias error an ueritas sit. O uere tempora periculosa, de
quibus Paulus praedixit Nunc uero, cum uotum et insti-
tutum suum in hoc uerbum dei: Vouete et reddite, fundent,
ego pronuncio, morem istum dispensandi esse impium, et »s
perditionis et operationis errorem. Vel eo tandem cogam, ut
uota omnia prohibita et libera esse euincam, quod ut plenius
et copiosius fadam, uideamus primum causas leuissimae suae
dispensationia in aliis partibus regulae et rigoris crudelis in
retinendae castitatis uoto. y>
Causantur itaque castitatem rem esse incomparabilis
predi, cui nulla possit inueniri par commutado. Huc illud
sapientis afferunt: Non est digna ponderatio continentis animae.
His addunt ampullas illas laudatae uirginitatis, quaium haec
est ex Hieronymo caeteris insignior: Audacter dico, deus 35
cum possit omnia, tarnen uirginem non polest susdtare post
ruinam. Caetera uero, cum sint minora, possunt dispensari
et commutari. O caecitatem bis caecam, quae in re Christiana
et diuina iudicat de praeceptis secundum opera, et de fide
secundum personas, quod nec gentes faciunt in rebus suis 40
23 2. Ti. 3, i 33 Si. 26, 20 35 Ep. 22 ad Eustochium
(MSL. 22, 397): Audenter loquar: Cum omnia possit Deus, susdtare
virginem non polest post ruinam
iuditium. 1521. 261

humanis; deinde uerbum hominis pro articulo summo fidei


arripiunt Hieronymus didt, sese audacter dicturum, non
posse deum susdtare uirginem post ruinam. Quid ad me,
quod tu audacter dicis? Non quam audacter, sed quam uere
5 dicas, considerandum mihi est Neque enim in audaciam
tuam, sed in ueritatem dei credo. Vnde probas, non posse
susdtari uirginem post ruinam, etiam a deo? Sdlicet hac
ampulla rudis lector discit nihil praedosius aestimare uirgini-
tate, hoc est, opus praeferre fidei. potest1 susdtare corruptam 636w
10 uirginitatem fidei in spiritu, et non potest susdtare corruptam
came ? 1 Quam uellem hanc uirginitatis laudem, praesertim a z-s e
tanto uiro, non fuisse unquam proditam, uehementer enim
inflat operis opinionem et gloriam. Neque est uera, quam et
Hugo de S. Victore confutauit iam antea. Potest enim deus
15 et camem reddere integram, imo susdtare mortuam et de
nouo totam immutare, quae nunquam cognoscat uirum. Sumus
enim eius lutum, ipse fictor noster. Si autem intelligit, ideo
non posse susdtari, quia non potest facere, ut corrupta cor-
rupta non sit, hoc est, factum non potest facere infectum,
so eadem audacia licebit clicere, nullam uirtutem, nullam gradam
semel corruptam susdtari posse a deo. Sed ad rem reuer-
tamur, et nouam impietatem huius monastid instituti uideamus,
ut inueniatur iniquitas eius ad odium. Votum asserunt omnino
iam praeceptum dei esse, dicente scriptura: Vouete et reddite,
»s rationem uero implendi non esse petendam ab ipsa praecepti
forma, sed a magnitudine, paruitate, precio et uilitate operum
uel rerurn praeceptarum. Sic uirginitatem deuotam reddes,
quia res magna est, caetera opera regulae non est necesse
reddere, sed dispensari possunt, quia res paruae sunt. Hoc
3° autem quid est aliud dicere, quam: castitatem reddo, non quia
praecepto uoti exigitur, sed quia magna est? Et hoc quid
est nisi dicere: praeceptum uoti non in arbitrio dei, sed meo
ipsius est, quatenus praeceptum et non praeceptum, quatenus
impleri et non impleri oporteat? Et in has amaritudines,
35 irritationes, tentationes, illusiones maiestatis putas deum non
irasci? Saulem illi egregie refenmt, qui domini obedientiam
sibi ipsi arrogant interpretandam, reseruatis pinguibus bouibus
ad sacrifidum dei. Hi sunt, qui iactant, meliorem esse ob­
edientiam quam uictimam, iactant uerbo praeceptum uoti et
40 negant opere.

14 Köhler, L. und die Kirchengesch. 1, 301 15 2. Kö. 5, 14


Ez. Z7. 7 ff. 16 Jes. 64, 7 37 1. Sa. 15. 15. 22
2Ö2 De rotis monastids

Sic mulierem uidebis ad concupiscendum et negabis


peccatum esse, quia res parua est, ad opus comparata. Rapies
3*9 E proximo pallium et dices: non 1 est prohibitum, quia res parua
est. Dicens fratri tuo racha, non peccas, quia non occidisti
fratrem. Et hanc regulam monasticae Theologiae duces per 5
omnia dei praecepta, in rebus et operibus magnis docebis ea
esse seruanda, in paruis posse dispensari et tolli. Deinde, ut
nihil reliquum facias deo autoritatis, in arbitrium tuum uoca
ius decemendi, quae parua et quae magna sunt, sicut hic
inonastici, autoritate propria, castitatem praeferunt caeteris «>
Omnibus operibus. En tibi monasticam pietatem, hoc est,
furiosissimam et sacrilegam et blasphemam impietatem. Didi-
cerunt hanc insaniam a suo rege et capite Papa, qui in
Omnibus uotis sibi ius dispensandi arrogat exceptis uotis casti-
637w tatis, uisitationis 1 Hierusalem et S. Iacobi. Ad cuius sententiam *s
iste erit sensus praecepti diuini: Vouete et reddite castitatem,
uisitationem Hierusalem et S. Iacobi, in aliis uero uouete et
non reddite. Quare hoc? quia illa tria sunt magna, caetera
sunt parua. Ita et monastici: uouete et reddite castitatem
de regula, reliquum autem regulae uouete et non reddite. -0
O insanias nouissimis irae diebus dignissimas. Christus dicit
M att v : Qui soluerit unum de mandatis istis minimis et
docuerit sic homines, minimus uocabitur in regno coelorum.
Et herum : Non praeteribit iota unum aut apex unus de lege,
donec omnia fiant At Papa et monastici tollunt non iota -z
aut apicem solum, sed integra uerba et totum praeceptum,
dicentes: in magnis seruate, in paruis nos soluimus. sed nos
execrantes et detestantes abominationes istas abominandas
sic sapiamus:
Primum nihil inter opera discernamus, aequalia sunt 3°
apud deum quae magna et parua sunt apud nos et inter
sese, ad mensuram fidei dicit Paulus Ro. xii. omnia donari.
Ille enim probatur, non qui plura et maiora fecerit, sed qui
maiore fide et charitate fecerit. Castitas coniugalis Abrahae
et Sarae multorum uirginitati praeferetur. Et Petri Apostoli 35
coniugium absque dubio 8. Agathae uirginitate superior erit.
ad fidem inquam omnia exigenda sunt. Non enim qui
330 e operatus fuerit, sed qui 1crediderit, saluus erit. Gentium est
secundum opera iudicare, imo et ipsae secundum animuni
de operibus iudicant. Christianorum est secundum fidem 40
i Mt. 5, 28 3 Mt. 5, 40 4 Mt. 5, 22 22 Mt. 5. io
24 M t. Hi 18 32 Rö. 12. 3 36 Schäfer, L. als Kirchenhistoriker
s. 233 38 Mc. 16, 16
iudicare. deinde in fadendis mandatis, prorsus nihil spectandum
est, praeter formam praecepti et uoluntatem praecipientis,
non curando, an parua, magna, uilia, praeriosa, raulta, modica,
breuia, longa, aut cuiuscunque formae et nominis sunt opera.
s Non enim opus, sed obedientiam exigit in opere, seu, ut
scriptura dicit: Obedientiam, non uictimam; bonorum nostrorum
non indiget. Sic Samuel ad Saulem: Nunquid holocausta
uult dominus, et non magis, ut obediatur uod eius? Nunc
monasticos conueniamus. Non possunt negare, quin uoueant
10 totam suam regul am, non solam castitatem, quod et tota
regula sub uerbo ‘uouete’ comprehenditur, quare necesse est,
ut et tota sub uerbo ‘reddite* comprehendatur. Non enim
dicit: Vouete totam et reddite partem, sed: quodcunque
uoueris, redde. Si itaque uotum suum agnoscunt pro prae-
*5 cepto, coguntur confiteri, apud deum exigi obedientiam totius
regulae usque ad nouissimum apicem indispensabiliter. Nihil
hic iuuat laboriosa partitio, qua quidam conati sunt seipsos
solari, et regulas suas in praecepta, Consilia, interpretationes
partiri. Stat uox diuina: Vouete et reddite, quae si in hora
80 mortis coeperit conscientiam pulsare, nihil proderunt stipulae
istae humanarum inuentionum. Pauebit enim ad uocem dei,
ut uoces hominum non sentiat
Quid hic facient monastici? hic tandem aperient oculos
et uidebunt stulta et impossibilia esse sua uota. Et quem
85 non poenitebit esse monasticum ? Et quis inter eos potent
saluus fieri? Neque enim unum unquam fuisse monachum
inuenies, qui totam suam regulam opere impleuerit Sed et
ipsimet iamdudum hoc senserunt et uiderunt, unde commenti
sunt et aliam I praecepti diuini elusionem, tarn infoelix contritio 638 w
30 et uastitas agitat miserabiles homines in uiis suis, postquam
semel a uia regia fidei aberrare ceperunt. Cum enim uidissent
regulas 1et ordines tot statutis et praeceptis illaqueatos uoueri J3x e
et nusquam seruari, obstupuerant, si tot damnarentur tanquam
uoti uiolatores, simul intellexerunt, prorsus stultum et im-
35 possibile esse, si praesumantur omnia illa uota seruari.
Ceperunt itaque rebus suis miseri consulere, et cahos illud
uotorum partiri in duo, quaedam uocari substantialia, quaedam
accidentalia. Substantialia fecerunt tria, paupertatem, obedien­
tiam, castitatem. Reliqua uoluerunt esse accidentalia. itaque
40 sanxeront solum eos uoti uiolatores esse, qui substantialia
soluerent. Haec est una omnium sententia. Sed frustra.
264 De votis monasticis

Humanum est commentum, prorsus inutile ad firmandam


consdentiam, imo utile ad seducendam. Quis nos certos
fadet hanc partitionem deo placere ? an aedificabitis meam
consdentiam super uestra somnia ? Quid dicam deo, ubi
opposuerit praeceptum suum: Vouete et reddite, et omnia s
(sicuti sunt) substantialia esse decreuerit? Dictum est enim,
apud ipsum nihil ualere operum differentiam, omnia sunt
substantialia, quia omnia sunt sub eodem praecepto aequaliter
pacta, aequaliter uota. Nam et uota uos ipsi appellatis,
accidentalia ille nescit, sed dicet: Sunt uota? ergo reddes,10
si autem reddes, substantialia sunt Ita, quocunque sese
uerterint, deprehendentur inter angustias, nec poterunt effugere,
uerbum et praeceptum dei stat in seculum seculi, non pati-
tur sui elusionem aut deprauationem. Igitur offendunt et
impingunt hic mutuo duo illi aduersarii, consdentia et lex. 5
Eduxit et meus Moses Israelitas suos de castris eorum in
occursum dei. Quid reliquum est, nisi ut uideant montem
fumantem et terribilem, hoc est, iram de coelo in terram et
a terra in cor coeli pertingentem ? Quo ibunt a facie igneae
huius legis ? Ipsi dispensant in praeceptis dei et opera eins
partiuntur et subtrahunt. At praeceptum exigit omnia. Si
enim uouisses, aut muscam ocddere, aut stipulam leuare, in-
332E dispensabiliter uotum reddere, et non quid uouisses, 1 sed quia
uouisses, obedientiam exoluere deberes, praesertim si non
pugnet uotum aduersus aliud mandatum dei; quanto magis s
reddere debes, quicquid in regula praescriptum uouisti. Vides
itaque, lector charissime, institutum monasticum per sese aliud
non esse quam Babylonem quandam errorum, ignorantiarum,
inobedientiarum, perfidiarum, sacnlegiorum, blasphemiarum,
et sentinam nouissimarum impietatum et peccatorum. An 3°
dubitas haec ita esse? Nonne uides, eos non solum non
implere sua uota, sed etiam id docere, quo uoueantur et non
impleantur, et hoc unum eos agere, ut uouendo non uomsse,
639 w et non implendo implesse uideantur ? Quis 1 porcus aut asinus
sic pateretur sese illudi et ludificari, ut ipsi praesumunt deum 35
uiuum et uerum his insaniis suis illudere et ludificari ?
Tu nunc uide, an possit ullus in hac fomace Babylonis
seruari, nisi uirtute miraculi diuini, qua electi sunt seruati,
dum sub uotis et errauerunt humaniter, et tarnen purissimo
Euangelio dei in spiritu libertatis adheserunt Sic impletum 40
est iudicium dei, quo confxmdere solet labium aedificantium

16 E x. 19, 17 f. 41 Gen. 11, 7


turrim, ut sibi ipsis nomen fadant, dum faciunt et dicunt,
quae non conueniunt, quae nec ipsimet i telligunt, pro sensu
suo reprobo, appellantes uotum non uotum, illidtum fadentes
lidtum, praeceptum non praeceptum, impium pium, sacrilegum
5 sacrum. blasphemum uenerandum, et eiusmodi alia multa.
Haec est illa nox, in qua Christus illuditur, ceditur, conspuitur,
ministris pontifidis ei dicentibus: Prophetisa nobis, Christe,
quis est, qui te percussit? Forte aliqui non credent haec
esse monstra monastici instituti, quod sint nimio horrenda,
10 quos ire sino, et abundare suo sensu, neque eis hoc scripto

seruio, illis solis seruio, qui animas suas saluas uolunt, quibus
arbitror satis factum per praedicta, ut credant uera esse quae
dico. Verum est enim mandatum dei: Vouete et reddite,
quod non fallet quenquam, nisi eum, qui non crediderit esse
15 1aut mandatum aut uerum. Similiter uerum est, quod irrefraga- 333E
bilis usus et experientia monstrant, uoueri ab eis, quae non
solum non reddunt, sed docent quoque non reddi oportere.
Neque enim mendada certius cognoscas quam suo ipsius
dissidio et contradictione. Liquidem diuinitus ordinatum est,
to ut semper impietas seipsam confundat, et m endada sibi ipsis
nunquam constent, quin aduersus seipsa semper testificentur.
Quid igitur (inquis) fadam, ut saluer ab hac Zeor, in quam
fugi, ut Zodomam effugerem ? Quid fades ? An adhuc dis-
putandum censes, ut ad montem libertatis matures cursum?
a$ postquam audieris tete uouisse hoc uitae institutum, quod
non solum uerbo dei, Euangelio, fidei, libertati Christianae,
praeceptisque dei aduersatur, sed et sibi ipsi turpissime pugnat
et dissidet? Sine, regnum hoc desoletur, ubi in seipsum
diuisum est putas, apud deum exigi hoc uotum, quod in rem
30 tarn abominandam, ipso prohibente et inuito, uoueris ? Qui
enim noluit te uouere, non uolet etiam uotum seruari, sed
quantodus omitti et aboleri.
Sed cum ipsis monastids expostulo et quaestionem repeto.
Dicant igitur, Cur dispensent in reliquis partibus uoti, et in
35 sola castitate non dispensant? aut cur doceant caetera omnia
esse acddentalia, et solum ista tria esse substantialia oporteat?
dicant, qua autoritate uotum est praeceptum in aliqu’bus, et
non in omnibus ? plane obstructum est os loquentium iniqua,
1 et coactum conccdere, si una pars uoti potest omitti aut dis- *40w
4 0 pensari, totum posse omitti et dispensari, aut, si totum omitti

7 Mt 26, 68 22 Gen. 19, 22 29 Mt 12, 25 38 Ps.


12. 63
266 De votis monasrids

uel dispensari non polest, nulla eins pars omitd et dispensari


polest. Proinde si praesidens indulgere polest fratri, ut cames
edat, uinum bibat, orationem intermittat, uestem ponat, contra
quam regula uoti dictat, polest edam indulgere, ut res habeat,
über eat et uxorem ducat, maxime si opus illi fuerit Sic in- 5
3348 quam ego respondere illos cogo. 1Non tarnen hoc assertum
uolo, quia ipsi sic respondent uel respondere coguntur, quos
propter monstra suae impietatis nullius fidei et autoritatis esse
oportet Quid enim si errent et respondendo, qui nihil nisi
error sunt uouendo et uiuendo? firmiore et tutiore autoritate 10
consdentiae muniendae sunt, nempe diuina et ea sola. Petrus
enim dicit: Si quis loquitur, quasi sermones dei loqui debeat,
hoc est, ut certus sit, esse uerbum dei, quod loquitur. Quod
et Paulus Timotheo commendat dicens: Permane in his quae
dididsd, sciens a quo didiceris. Non autem didicerat nisi 15
uerbum dei, ideo in solo uerbo dei permanendum est. Hoc
solum nunc ago, ut eos contra communem sensum et contra
seipsos insanire demonstrem, et concludam, per autoritärem
ipsorummet, impossibilem castitatem esse liberam, et uotum
eius esse conditionale et temporale ex natura sua, cum hoc -«>
concessisse eos probarim in aliis uoti partibus, nec superesse
rationem, cur non in Omnibus fieri debeat, quando et causae
uehementiores urgent pro libertate castitatis, quam pro ulla
parle, quam ipsi liberant Mera ergo arbitrii sui libido est,
alia substantialia alia acddentalia facere, et, caeteris liberis, -5
solam castitatem indispensabiliter ligare, in pemiciem et
laqueum animarum.
Caeterum consdentiae nostrae muniantur eo, quod eui-
dentibus certisque scripturae tesdmoniis probauimus, Votum
monasticum ex natura sua aduersari uerbis dei, Euangelio, 30
fidei, libertati Christianae, praeceptis diuinis, ut communem
sensum et ipsiusmet contradÜctionem taceam. ‘Ex natura sua'
dico, quod non negem, sanctos uiros hac peruersitate foeli-
d ter usos et miraculo diuino seruatos, sicut mortem, crucem,
mala mundi natura sua aduersus fidem pugnare dico, quibus 35
tarnen Christus et sui bene usi glorificati sunt. At nemo
uouet exemplum sanctorum, qui malo bene sunt usi, sed ipsum
335 e mahnn uouent omnes. Neque enim ullus uouet, eo 1 spiritu
se uicturum, quo uixit Bemhardus, — Hoc enim necessarium
est, nec sub uotum cadere polest, et ab initio et uotum et 40
ceptum est in bapdsmo, — sed legem factorum seu opera legis,
iustitias camis, easque non nisi humanitus inuentas et statutas
uouent, quas deus in nouo testamento prohibuit, ut pro-
bauimus, quae et natura sua ad interitum perducunt specie
et radone sapientiae suae. Proinde, quanquam sanctos uideam
5 in eadem sententia fuisse, ut uota partirentur in substantialia
et acddentalia, tum ipsimet et dispensauerint et dispensationem
acceperint in multis partibus regularum, tarnen, quia incertum
est an hoc fecerint, deo approbante eorum facta, uel igno-
scente eorum errori, 1 non satis tutum nec fidele patrocinium 6uw
xo est pro conscienciis, ex eorum exemplo aut facto quicquam
asserere. Obstat enim, ne hoc ullus audeat, qui praedixit,
etiam electos in errorem ducendos esse. Alioqui, si factum
eorum deo probatum argueret eorum sanctitas, plane demon-
stratum haberemus, et ipsis factis sanctorum, hoc est, operibus
15 dei testificantibus, uota omnia esse libera, uouendtque formam
esse apud deum non aiiam quam istam: Voueo regulam
temporal!ter ad arbitrium praesidentis. Et monasteria ad
priscum ritum deo nihil aliud haben, quam Christianas scholas
pro aetate iuuenili et ardente instituenda in fide et pia disci-
30 plina, usque ad annos maturioris aetatis. Nunc cum autoritas
sanctitatis exemplum non satis sinnet, alia autoritate robo-
randum est; scilicet diuina. Sanctorum enim factum ideo
placuit deo, quia institutum monastici uoti displicuit, ideo et
passus est et uoluit sanctos suos aduersus ipsum dispensare
*5 et agere, pro fideli admonitione omnium, ne fallaci specie
deuoti huius instituti abducerentur a regia uia Euangelii.
Neque enim Bemhardus peccauit, neque uotum suum per
omnia seruauit, quando in causis Papalibus, relicto monasterio,
perambulabat terras, quod deus uoluit, ne institutum uotorum
3° apud sese ratum habere crederetur. Non aliter atque Christus
permisit disdpulos illotis manibus manducare ad'uersus tradi- zz6 L
tiones seniorum. Summa, Exempla et facta sanctorum ex
uerbis dei metiraur, aduersus quae satis probatum est, ut
pugnent uota monastica; illi metiuntur uerba dei ex factis et
3$ dictis sanctorum, quoties optime metiuntur, adhuc tarnen nolunt
errasse uideri.
VLTIMO. Vltimum in eos impetum fadamus et fin-
gamus luctandi gratia, Esse tria illa uota substantialia uota
apud deum rata et indispensabilia. Quid si probauero, duo
40 ex eis esse libera, etiam apud uosipsos, nonne dabitis, et
tertium liberum esse debere, scilicet castitatis? Tentemus
itaque aliquid, quanquam et statim a principio nonnihil de
eis dixerimus. Primo paupertatem uideamus, quae duplex
est: Spiritualis, de qua Matt. v. Christus: Beati pauperes
spiritu, quoniam ipsorom est regnum coelorum. Haec uoueri
non polest, cum sit communis omnibus Christianis; ea est s
spiritu libero in rebus uersari, eis uti et dominari, non seruire,
non apponere cor, non confidere et gloriari in diuiciis, et non
esse uiros diuitiarum. Verum monastici hic non simpliciter
peccant, primo, quod Consilium ex ea faciunt, deinde, quod
sibi eam solis arrogant et uoueri a se iactant Non esse 10
autem Consilium id probat, quod Christus beatos appellat,
utique uolens damnatos, qui non sint pauperes. Nam beati-
tudinem solet iis, qui necessaria seruant, tribuere, ut, dum
mulierem castigans dixit: Quin beati, qui audiunt uerbum dei
et custodiunt illud. Et: Beatus es, Simon bar Iona. Et: Beati -5
estis, si feceritis ea. Item, quod ipsorum est regnum coelorum,
64s w Vtique seruitutem 1infemi uolens repositam esse iis, qui non
sunt pauperes. Dum ergo hanc uouent monastici, dupliciter
peccant, Primo impia opinione accedunt, credentes Consilium
337 B quod praeceptum est, ac per hoc 1 inter uouendum soluunt 20
praeceptum diuinum, negantes ipsum esse praeceptum. Secundo,
quod Simulant sese uouere aliud quam in baptismo uouerunt,
qua hypocrisi reuocant aut contemnunt uotum baptismi, ut
quod parum aut nihil sit, huic uoto comparatum. At hoc
est blasphemare baptismum, qui est omnia in omnibus 25
Christianis. Si ergo uotum non debet esse impium, sacri-
legum et blasphemum coram deo, oportet, ut hanc pauper­
tatem non uoueant. Altera est corporalis, ea esse potest tri-
plex, liceat ita nugari cum nugacibus: Vel quod nulla re
utaris, quae est impossibilis, Oportet enim uictu et amictu y>
utentes uitam hanc conseruare. Vel quod nullas res ad-
ministres aut eures; Haec est infantium, puerorum, infirmorum,
fatuorum, et similium qui sub iugo aut manu alterius sunt
Vel quod nihil proprii possideas, administres autem communia.
Et has duas uoueri necesse est, si paupertas uouetur a 35
monasticis, et praesertim secundam. Caeterum, paupertas
corporalis proprie est penuria in uictu et amictu, quae alienis
indiget subsidiis, non potens se propriis iuuare.
Tu nunc uide ludicra ista Satanae Lucas in Actis laudat
Apostolorum factum, quod communia habuerint et per hoc 40

3 Mt. 5, 3 8 Ps. 52, 9 14 Lc. 11, 28 15 Mt. 16, 17


Jo. 13, V 39 AG. 2, 44. 4. 32
abundauerint, non appellans paupertatcm aut pauperes, imo
(inquit) non erat quisquam egens inter illos. Prorsus nec
est nec dici debet paupertas, ubi sodales aliqui sua in commune
conferunt et de communi uiuunt, sed omnium plenissima
s abundantia. Haec enim erat gloria primitiuae Ecclesiae,
referente Luca, quod, cum spirituali et Euangelica paupertate
omnes pollerent, tarnen temporalibus abundabant, pro cuius-
que necessitate. Postea uero consumptis substanciis et prae-
ualente käme, ceperunt egere et in temporalibus, tune et
10 corpore pauperes facti sunt, ita ut Paulus et Barnabas ubique
pro eis colligerent collationes fidelium. At hanc paupertatem
non instituerunt 1Apostoli, quando communia habebant omnia, jj8 K
sed eam passi sunt, deficientibus communibus. Nostri igitur
religiosi neque spiritualem neque corporalem uouent pauper-
15 tatem, sed communem illam abundantiam, qua eis abunde
administratur, quam,.sicut dixi, uiolenter potes dicere puerorum
et fatuorum paupertatem, cum nihil minus sit quam paupertas.
Neque enim, ut egeant, sed, ut abundent, intrant religiones,
commoti, quod in monasteriis sciunt promptuaria plena
to eructantia de genere in genus. Nam ubi paupertas regnat
in monasteriis, aut non illic intrant aut intrasse poenitet
Est ne igitur haec insignis illusio dei et hominum? prae-
tendere uotum paupertatis, et tarnen eo ipso quaerere seemram
et odosam copiam ac saturitatem, aliena manu et partam et
«5 ministratam, ubi nihil minus est, quam 1 egere aut pauperem 643w
esse. An ignorare nos uolunt, quid sit aut significet paupertas ?
An et uocabulis suas significationes euiscerant? Omnium
sensu, omnium usu, omnium loquela, paupertas corporalis
significat penuriam et egestatem in uictu et amictu. Quis
3 0 unquam audiuit paupertatem dici, nihil proprium possidere,
et de communi abundare? O illusores et deceptores, qui
fictis uerbis in auaritia populos cauponamini, ut Petrus prae-
dixit. Igitur etiam in corporalem paupertatem mentiuntur
uouentes monasticen, ut et impii sint in spiritualem et men-
35 daces in corporalem paupertatem. Et hoc fictitium et mendax
uotum tu arbitraberis esse gratum deo ? certe sanctos oportet
in hoc uoto aliud spectasse. Natura uoti est, sicut diximus,
mendax, impia, sacrilega et blasphema.
Sed amplius finge, haec impia uota esse pia et grata,
40 et appelletur hoc paupertas, quod abundantia securissima est
Quid dicent de iis, qui ex monasteriis sumpti sunt in Papatum,
270 De vods monasticis

Cardinalatum, Episcopatum, et alias dioceses rerum, ubi certe


339Ein res proprias e uoto sunt translad? Neque hic di'cere potes,
nisi iterum fictis uerbis ludere uoles, Papam, Episcopos, Cardi­
nales et similes non possidere res proprias, cum eis pro libero
arbitrio utantur, Esto, monachorum praepositi curent res non s
proprias, at illi certe curant proprias, quanquam de Ecclesia
acceptas, ut nihil sit, quod dicis, non suas, sed Ecdesiae esse
eas res, quod et ipsum fictis uerbis didtur. Dat enim eis
Papa eas res tanquam dominus earum, imo Papa utrarunque
rerum se dominum fadt, et in eum locum etiam sancd uiri *»
aliquando sunt translad, ut Anastasius Bemhardi distipulus.
Vbi manet hic uotum paupertatis monasticae? Prorsus Epi-
scopatus, Cardinalatus, Papatus statum damnabis, aut negabis
posse monasticum uirum illuc ascendere. Hic dicunt, eius-
modi cedere obedientiae et ingredi statum perfectionis. Pulchre »s
mentiris in caput tuum. cur antea dicebas, monasticen esse
statum perfectionis? Rogo, quot habes Status perfectionis?
Episcopus, si posita infula intret monasterium (ut factum est
aliquando), intrat statum perfectionis de statu imperfectionis.
Kursus monachus deserto monasterio factus Episcopus, intrat20
statum perfectionis. Hic uides, ut Status sese mutuo perfidunt
et imperfidunt, hoc est, ut mendacia in seipsa irruimt et
mutuo mordent atque consumunt. Quid speras hos audaces
et insanos tandern dicturos, nisi forte et statum perfectionis
facient, si intraueris in lupanar de thoro coniugali? Proh »5
Christe, nihil est in hoc sacrilego uitae genere, nisi con-
fusissima mendada.
Porro si propter obedientiam et statum perfectionis
soluitur uotum paupertatis, cur non et uotum castitatis? Vbi
sunt nunc uota illa substantialia? Est paupertas nunc 3«
accidentale uotum? sic agitari debent et drcumferri uentis
mendaciorum, qui relicta solida petra, sibi ipsis nouas uias,
proprios ducatus, singuläres paradisos praesumpserunt. Dimisi
644w (inquit) eos 1 secundum desideria cordis eorum, ibunt in ad-
340E inuentionibus suis. Et Petrus: 1 Venient in nouissimis diebus, 35
in deceptione illusores, secundum propria desideria ambulantes.
Quid autem ad hoc dicent? uotum nonne est diuinum prae-
ceptum ? praesertim, si sit (ut dicitis) substantiale ? At e prae-
cepto diuino ne angeiorum quidem, nedum Papae aut ullius
hominis autoritate transeundum est. Stat enim sententia: 4°
Obedire oportet deo magis quam hominibus, alioqui eadem
11 Papst Anastasius IV. (1153—$4) 34 Ps. 81, 13 3$ 2. Pt.
3. 3 41 AG. S, 29
maicmm. 1521. 271

ratione liccbit füran, ocddere, mechari, parcntibus rebcllarc,


breuiter, deum cum praeccptis suis negare, autoritate et ob-
edientia Humana. Si unum praeceptum licet transire, omnia
licebit transire. Ex quibus conficitur, ut aut impossibile sit,
5 uotum eiusmodi esse diuinum praeceptum, aut necessarium
sit, omnes esse uoti reos et damnatos, qui e monachis facti
sunt pontifices. Non hic nugandum est et garriendum, quod
maneant in paupertate. Seria res agitur, quando de con-
sdentiarum re disputatur, solide docere oportet Sdmus
xo monachum et Papam nulla proportione conuenire, quod ad
uotum paupertatis attinet Ille uouit in monasterio pauper
uiuere, hoc tenetur implere tota uita, quia uotum est prae­
ceptum dei. Nec prodest, quod statum perfectionis affenmt,
non söhnn ob mendacium supradictum, quo sibi ipsis contra-
15 dicunt, sed etiam ob aliud mendatitun, quod Status perfec­
tionis esse non possit extra et contra mandatum dei, sed
potius damnabilis status est Non enim ulliun praeceptum
dei pugnat perfectioni, imo perfectio solum consistit in dei
praeceptis. Ille enim perfectus est, qui omnia mandata dei
*0 seruat Quae est ergo impudens ista impudentia, asserere,
uotum esse praeceptum dei et statum perfectionis? Kursus
asserere, ipsum esse soluendum et statum perfectionis relin-
quendum propter statum perfectionis ? Vides, lector, ut magni-
tudine et multitudine mendadorum obruar, ut uerbis ea non
*5 possim conscqui. Sylua, mare, arena mendadorum est
monastice ista indyta. Quam insigne quaeso et hoc men-
dadum est, quod pontificatum appellant statum peüectionis,
quod solius fidei et charitatis1est, cum sit potius Status pompae, 341 z
luxus, opulentiae, aut ad suimmun superstitionis et hypocrisis,
jo si quando omnia in eo optime haben! Et propter hoc
mendacium docent soluendum uotum, quod uolunt esse di­
uinum praeceptum.
Euanuit ergo nobis misera et male substans substantia
substantialis huius uoti paupertatis monasticae. Inuentum est,
35 nec paupertatem esse dicendam, tum nec ab ipsis uotum
substantiale aut praeceptum censeri, qui docent substantiale
uotum et praeceptum esse. Cur ergo miserabilis illa castitas,
prae paupertate, tarn rigidam habet substantiam in suo uoto ?
Nonne concedetis, aut castitatem esse acddentalem, aut uos
40 in paupertatis uoto infinitis modis insanire et perire tarn
docendo quam seruando? Concludam ergo: quando ad
Episcopatum potest aequaliter et religiösus et laicus acceldere, 643w
272 De votis monastids

aut religionis uotum nihil est, aut religiosus Episcopus dam-


natus est. Nam in eundem locum ascendit, in quem is, qui
nullis uotis astrictus est, ascendit, quod esset imposaibile, si
uota distinguerent religiosum a secuiari. Neque enim Epi­
scopus uota religionis uouet aut uouere tenetur, sed nec ullus 5
uouere uellet, tanquam rigidiora et perfectiora. Et ut in summa
dicam, Votum paupertatis uidetur a Satana in hoc effictum,
ut rehgiosi praetextu eius liberi fiant a iuuanda paupertate
aliorum, et ab impendendis operibus misericordiae et chari-
tatis, quod et supra tetigimus. Tenet enim eos clausos, ut *0
nulli seruiant, deinde ociosos ab operibus manuum, ut tantum
sibi sinant ab aliis seruiri, et hac occasione auertat uulgus a
iuuandis uere pauperibus, coniugibus, uiduis, orphanis, pere-
grinis, ad profundendam substantiam in hos ficte pauperes,
uere autem opulentes, pingues, ociosos et securos hypocritas. *$
Videamus, an obedientiae substantia melius subsistat quam
paupertatis. Supra diximus et obedientiam esse duplicem:
Euangelicam, qua omnes inuicem subiieimur, quam in baptismo
342 b uouimus, nec denuo, nisi simulando et illudendo, uoueri po'test.
Alia est corporalis, quae quid sit, si non aduersaria prioris ao
est, ignoro. Potest tarnen diri, quod sit uxorum, filiorum,
seruorum et captiuomm et omnium, qui necessitate aliqua
subiiduntur alten. Nam Euangelica est libera et spontanea
erga eum, qui nulle iure nobis superior est, nisi quod deus
ita uoluit, ut subderemur iis, quibus non debemus ullo iure. »5
Peccant et hic eadem insania monastid, qua et in pauper-
tatem. Primo, quod Consilium eam faciunt, deinde solis sibi
arrogant; ideo, dum eam uouent, et impie negant mandatum
dei, et sacrilege damnant uotum baptismi sui, simulantes aliud
et maius sese uouere, quam in baptismo uouerant. Si uero 30
aliqui pie uouent, certe non nisi corporalem uouent At nisi
Spiritus in eis sit et tandern aliis quoque subdat, nihil uouetur,
nisi contrarium Euangelicae obedientiae, sicut et supra diximus.
Professor obedientiae uouet obedientiam uni maiori, nec uni-
uersaliter, sed iuxta regulam praescriptam, quo fadt, ne possit 35
Euangelice obedire. Siquidem prohibetur, tum aequalibus,
tum inferioribus, tum aliis maioribus et Omnibus aliis obedire,
cedere et morem gerere. Euangelica enim etiam aduersario
iubet beneuolum esse, et per omnia et semper cedere. Esto,
quod uoluntas Euangelicae obedientiae in eis maneat, quod ¥>
non nego, sicut et paupertatis Euangelicae uoluntas manere
potest, ut in sanctis factum esse non dubito, tarnen ipsum
institutum, ipsa ratio professionis pugnat cum Euangelio. Non
iudicium. 1521. 273
enim (ut antea dixi) de exemplo et spiritu sanctorum, quem
oportet et coniuges habere, sed de lege et ratione uoti ego
disputo, quam non licet statuere, neque docere, neque uouere,
cum sit Euangelio contraria. Non enim sinit te uotum om-
5 nibus subiici, Euangelium uero uult te 1 omnibus subiici, quae 646w
duo pugnant ex diametro, quantumlibet Spiritus EuangeUcus
in quibusdam sub contrariis Euangelio uotis manet.
Multo sanctior et perfectior est obedientia coniugis, fili-
orum, seruorum, captiuorum, et similium, 1 quam monachorum, 343 E
10 quanquam et ipsi corporalem non possint omnibus prestare
externa facultate, cum sint alligati et alterius iuris. Et superius
diximus libertatem Euangelicam talem esse, quae nulli aufert
suum ius aut rem, tarnen ultra uoluntatem promptam omnibus
seruiendi et obediendi, obediunt suis maioribus simpliciter et
a$ sine praescripta regula in omnibus. Monachi uero suis tantum
maioribus, iisque non simpliciter, sed ad certam mensuram
regulae praescriptae, ut et Bemhardus docet, in qua re et a
priscis illis monachis et Eremitis longe lateque discrepant.
Deinde in hanc angustam et fmstillatam obedientiam non
*0 casu aut necessitate (quod in coniuge, filiis, seruis, captiuis,
et similibus condngit), sed sua sponte ueniunt, ut plane sub
coelo non sit uilior et parcior obedientia, et quae Euangelio
magis aduersetur quam monasticorum.
Ad haec est et alia foelicitas obedientiae filialis, con-
*5 iugalis, seruilis et ciuilis, quod longe abest ab impietate et
sacrilegio. Nemo enim ea obedientia arbitratur sese obsequium
singulare prae caeteris et ultra Euangelium prestare deo. Nemo
eam Consilium uocat. At nisi haec impia et sacrilega opinio
sit in obedientia monastica, neque doceri neque uoueri neque
30 teneri potest. Singulares enim ultra Euangelium prae caeteris
esse uolunt monastici sua obedientia, et soli esse sponsae et
uxores maiestatis diuinae, facientes ex ea Baal, id est, maritum,
qui sit illorum proprius, et ipsi eius proprii, una caro, unus
Spiritus cum eo, caeteros uero arbitrantur ceu seruos et mer-
35 cenarios et concubinas in domo. Qua tarnen opinione sanctos
non fuisse infectos certum est. Spiritu enim humilitatis posscssi,
nemini sese praetulerunt. Ita uides, non minus obedientiam
quam paupertatem monasticam esse uocabula noua et cfficta,
ultra et praeter usum omnium linguarum. cui figmento addunt
40 et impietatem et Sacrilegium. Vocant enim obedientiam, quae
uerius tarn spiritualitcr quam corporaliter est inobedientia ad
Euangelium comparata, sicut uocant paupertatem, quae est
De votis monastids
274
344 e uerius abundantia. Deinde uouent fictam eandem 1 obedien-
tiam opinione impia, qua eam Euangelica et uera perfectiorem
et maiorem aestimant, in quo sacrilege blasphemant et baptismi
et Euangelii obedientiam. Igitur melior et perfectior est ob­
edientia filii, coniugis, serui, captiui, quam monachi obedientia, s
etiam ea quando est optima, id est, sine impietate et sacri-
legio, qualis in sancds fuit; ubi uero impia et sacrilega est,
non est comparanda stupris et homiddiis, nedum bonae ob-
edientiae.
Proinde ego ausim pronuntiare cum fiduda, Nisi monastica *o
obedientia uoueatur et seruetur temporaliter tanquam rudi-
647W mentum ad Christian am et 1 Euangelicam obedientiam, ut
iuuenilis aetas in ea exerdtata discat sic omnibus in omnibus
cedere, sicut per uotum cedit suo maiori in monasterio in
aliquibus, quemadmodum in uitis patrum quaedam etiam r
probant exempla, esse plane impiam et mox deserendam. Sic
et puerorum paupertas est, ne res administrent, quo discant
frugales esse, qui propter aetatem prodigi et dissoluti fierent,
si statim in manu eorum res traderentur. Quae est enim
demenda uniuersalem obedientiam uniuersaliter prestandam «0
contemnere, ut particularem particulariter seruandam extollas?
An monastica nos docebit, melius esse, pauds pauca bona
facere quam multis multa bona facere? Igitur si ab im­
perfecta ad perfectum eundum est, ab obedientia monastica
ad obedientiam parentum, dominorum, mariti, tyrannorum, s$
aduersariorum et omnium eundum est Atque ut ipsi uotum
obedientiae ferme maximum et summum in religionibus fa-
dunt, ita nos contra uidemus esse infimum et minimum, etiam
tum, cum pium et rectum fuerit, hoc est, dum pro rudimento
Euangelicae obedientiae uouetur. Nam ubi pro perfectione 30
uouetur, neque infimum neque minimum, sed peruersitas et
Sacrilegium est. Ita fit, ut, sicut de paupertate diximus, nus-
quam minus esse paupertatis, quam ubi iactatur, ita nusquam
minus obedientia est, quam ubi iactatur. et impletur hic uerbum
345 e Pauli: habentes spedem pietatis, uirtutem 1 autem eius ab- 3$
negantes. Quare obedientia monastica aut pro temporali
rudimento habenda est, aut mox deserenda, et redeimdum uel
ad legalem parentum et dominorum, uel ad Euangelicam
omnium obedientiam nihil morando, si sexcentis uotis firmata
esset, quod uotum hoc aduersus Euangelium sit et a deo non 40
possit probari nec exigi.

35 2- Ti. 3, 5
iudicium. 1521.
275
Hacc dicta sint de obedientia secundum ueritatem, sed
nunc dicamus de eadem secundum mendada monastica, ut
uideamus, quam nullum mendacium sit solum et Simplex.
Aiunt, obedientiae uotum esse substantiale, et iam diuinum
s praeceptum. Hic repeto ea, quae super uoto paupertatis intuli.
Quid dicent de Episcopis e monasteriis assumptis? ubi manet
eorum substantiale uotum? Dicent et hic, eos migrare in
perfectionis statum et cedere obedientiae. Reduco et ego,
quae supra opposui, sdlicet Episcopum non licere monachum
10 fieri, nec ad statum perfectionis eiusmodi migrare, atque edam
hic Status perfectionis sibi pugnare, inuicem sibi perfectionem
et imperfectionem tribuere et adimere. ita suauissimi homines
Status perfectionis non ex fide et charitate, non denique ab
ipsa externa hypocrisi operum suorum, sed ab arbitrio migrandi
>5 metiuntur. Si enim Episcopus fiat monachus, ad statum per­
fectionis ascendit Quia sic placitum est uocare statum per­
fectionis. Kursus monachus fit Episcopus et ad statum per­
fectionis ascendit Quocunque migrans, si illorum calculum
habueris, ad statum perfectionis migrasti. 1 Iam et secularis 648w
80 (ut uocant) perfectior est sine uotis, quam monasticus, cum
possit Episcopus fieri sine uotis, quo uenire non polest
monachus, nisi ultra sua uota ascendat ad statum perfectionis,
igitur uel pares sunt uel inferiores secularibus monastid suo
statu. Stulta et puerilia sunt haec, et tarnen cogit ipsa rerum
s$ demonstratio, hanc eorum sententiam intelligi. Illud serium
est: Si uotum est praeceptum, nulli monacho licet fieri Epi­
scopum, cuiuscunque obedientiae praetextu, cum praeceptum
dei nulla autoritate liceat relinquere, nec ullius quantumlibet
1magni boni intuitu mutare. Vult enim, ut obediatur uod eius. 346s
3° Insuper hoc in obedientiae uoto singulare est, quod egrediens
ab obedientia monastica intrat ad obedientiam illam communem
omnibus. Nam, ut Episcopus Papae, ita quilibet Christianus
obedire tenetur, ut ipsi docent, cum tarnen ideo uouerit
monasticam, ut maiorem et perfectiorem, hac communi, ob-
3S edientiam impleret Quom ergo cedit obedientiae uiliori et
relinquit perfectiorem, aequalis fit cuilibet uulgariter obedienti,
qui prius uouerat perfectam ultra uulgarem. Nonne uoti
transgressor est? nonne ad seculum rediit et iugum obedientiae
excussit? Quid hic dicent ? certe aut temporale rudimentum
*° esse sinent uotum obedientiae, aut omnes damnabunt uoti
reos, qui e monasteriis fiunt Episcopi, at tales aliquot sanctos
habent, ut Bonauenturam etc.
276 De votis monasticis

Quantum uero est mcndacium et Sacrilegium dicere, hoc


esse migrare in statum perfectionis, si uotum substantiale et
praeceptum dei soluatur et relinquatur, quasi mandatum dei
perfectioni repugnet, aut extra mandatum dei ullum initium
salutis, nedum perfectio esse possit. Si ergo monachus per- 5
fectus esse uolet, in suo uoto manebit, et praeceptum diuinum
seruabit, quanquam (ut dixi) omnia sunt ficta. Episcoporum
enim Status est, uerbum dei praedicare, qui Status non est,
in quem ascendunt religiosi, cum nemo melius possit uerbum
dei dicere quam monachi, sicut fecit 8. Bemhardus et similes. xo
Proinde migrans monachus ad episcopatum, quales nunc sunt
Episcopatus a plusquam quadringentis annis, migrat potius
a uero statu Episcoporum ad statum idolorum et laruarum
Episcopalium. Et, ut mendacia et figmenta finiam: Inter
omnia uota monastica nullum est minus substantiale, quam i5
obedientiae uotum, nullumque irrefragabilius conuincit, esse
monasticum institutum merum rudimentum iuuentutis Chri-
347 e sdanae, ad priscum patrum mo'rem temporaliter obseruandum,
pro discenda fide et disciplina Euangelica. Hoc probo sic:
Impossibile est, ut monasteria non habeant praepositos suos, ao
qui praesint, regant et pascant monachos. Est ne hoc uerum ?
Quae enim confusio köret sine pastore congregatio ? Sit ergo
hoc uerum. Impossibile etiam est, ut haec praepositura deo
non placeat, quia ordinata potestas a deo est, Ro. xiii. At
649W praepositum esse et obedire 1 seu subdi simul, aeque impossi- 25
bile est. Loquor autem de corporali obedientia seu sub-
iectione, quae et sola uouetur, ut diximus, sed et regula
dicit, Praeposito obediendum, et disdplinam in manu eins esse.
Et Apostoli uerbum huc trahunt: Obedite praepositis uestris
et subiacete eis. Non enim uel congregationi uel subdito 30
praepositus esse potest subiectus corporaliter. Sequitur ergo,
omnem praepositum esse apud deum absolutum a uoto ob­
edientiae, quam diu praepositus est Esse autem potest semper
et ipse et quilibet alius, ergo uel nullus perpetuo et necessario
uoto obedientiae est obstrictus etiam coram deo, uel nullus 35
potest in monasteriis esse praepositus. Praepositus enim non
obedit, sed ei obeditur, et obediendum dictat regula et tenor
professionis seu uoti.
Hic mihi ne tantillum quidem negocii facient, qui dicunt,
praepositum suis quoque maioribus subdi, et secundum re- 4°
gulam imperare. Scio, sed quid haec ad uotum obedientiae,

24 Rö. 13, i 29 Hbr. 13, 17


iudicium. 1521. 277
quod iam diuinum praeceptum esse dixisti, quod nec licet
mutare? Non licet praeceptum dei relinquere propter aliud
praeceptum dei, multo minus propter hominem. alia res est
praesidere et maioribus aliis obedire. Nam haec obedientia
5 tandem in Papam redundabit, qui nulli obedit. Nemo uouet
praesidere aut Papae ac maioribus praeposito obedire, sed
praeposito ipsi in monasterio uouet obedientiam, obedientiam
inquam, et corporalem subiectionem uouet,1quae esse non 348 e
potest idem cum praesidentia. noli ludere uerbis. Quod autem
»« incommodum, si purus laicus secundum regul am imperet mona-
chis, ipse tarnen nulli obediens et nihil uouens? At quid ab
eo differt uotiuus praepositus? Igitur stat conclusio, Ob­
edientiam monasticam esse rudern et puerilem obedientiam,
pro rudimento duntaxat iuuentutis institutam, nec aliter apud
15 deum acceptam, nec aliter uoueri possibilem, nisi impiam et
sacrilegam facere uoles. Quare cum Euangelica forma uiuendi
sit perfectior, ad ipsam tandem post illam est redeundum,
tanquam a parte ad totum. Cum enim uenerit quod per-
fectum est, euacuandum est quod ex parte est, et quando
so tempus est ut uiri simus, euacuanda est pueritia. Omnia
ergo uota sunt temporalia et mutabilia. Luperest sola et una
castitas, quae cur non sit temporalis, quis potent ostendere ?
cum oporteat eam prae caeteris omnibus esse temporalissimam?
Haec prob dolor non est ficta sed uera, licet impia et sacri-
ss lega ex natura sua. Non enim fingit uotum eorum casti-
tatem, sicut fingit obedientiam et paupertatem nouis uocabulis,
sed ipsam ueram omoium Unguis significatam comprehendit.
Quanquam in seruando eo uoto nihil aeque est fictum, nec
uspiam minus castitatis quam in iis qui uouerunt castitatem,
zo polluta sunt ferme omnia uel inmundis fluxibus uel perpetua
ustione et flamma inquieta libidinis. atque optabile 1 erat, ut, 650 w
si quid fictum in monasteriis uoueri debuit, ficta castitas
uoueretur. Haec enim salutaris fictio erat. Et quis det, ut
adhuc fictae paupertatis et obedientiae uotum permutetur cum
3s ficta castitate, ut, sicut modo sub paupertate seruatur abun-
dantia, sub obedientia seruatur inobedientia, ita uersa uice
sub castitate seruaretur thoras coniugii, et ad ueram pauper­
tatem et obedientiam utrique cogerentur? Toleranda haec
fictio et beata permutatio foret sed defuit Satanae species
40 in uoto castitatis, cum sit nimis manifesta differentia inter
castitatem et coniugium, ideo non faciebat hoc ad operationem

8 uouit A 10 iruomodutn A 18 i. Ko. 13, io f.


278 De votis monastids

349 e 1 erroris sui. At paupertas pulchre simulabatur, non habende


proprium, obedientia spedosa erat aliqua parte sui Nihil
enim similius Euangelicae et uniuersali obedientiae, quam
monastica et particularis obedientia. Caro enim digiti similis
est cami totius corporis. Hic ergo patebat locus magnus 5
operationibus suis, ut pro paupertate opulendam, pro obedientia
inobedientiam uiuere doceret, cum pro castitate coniugium uel
libidinem docere non posset.
Profuit tarnen et hoc ipsum ad operationem erroris sui.
Quod enim dehnt, ne doceret libidinem, hoc amplius promouit, 10
ut operaretur libidinem. Karitas enim et impossibilitas casti-
tatis cum multitudine uouentium coniuncta impleuerunt cogi-
tationes eins. Honesta nimis erat fictio illa, si monachi sub
uoto castitads essent coniuges, neque perdidisset animas ea
uoti obseruatio. ideo ad aliam fictionem Satana dignam uertit 15
animum, non contentus, ut scortationibus, stupris, adulteriis
uotum castitads conspurcaret, sed monasticas, moniales,
monachales, id est, solitarias libidines. Haec Satanae cogi-
tatio; quam an perfecerit, uiderint alii; mihi cogitationes eins
duntaxat reuelare propositum, quibus in Christianum populum -0
omnia pessima et foedissima semper est molitus. Tu caue
ne credas eos caste uiuere, quos constet impie uiuere, tum
alienis opibus saginatos, ocio, saturitate et abundantia securos
agere. Quia haec est iniquitas (ait Ezechiel .xvi) Sodomae
sororis tüae: Superbia, saturitas panis, et abundantia et ocium -z
ipsius et filiarum eins, et manum pauperi non porrigebant,
et eleuatae sunt et fecerunt abominationes coram me, et
abstuli eas, sicut uidisti. Castitas uix multo labore, penuria
et cruce conseruatur, etiam in iis qui piissimi sunt, id est,
qui spiritu fidei cingunt renes, ut Isaias .v. ait: Et eilt iustitia 30
cingulum lumborum eius, et fides cinctorium renum eius. Et
Zacharias ix: ‘Frumentum electorum et uinum germinans uir-
350 e gines’ est bonum et pulchrum populi Chri'stiani, adeo ut Paulus
de uidua delicata pronunciare audeat: Viuens mortua est
Quomodo ergo isti persistent, qui in labore hominum non 35
sunt, tum omnia, quae Ezechiel de Sodoma dicit, superbiam,
ocium, saturitatem, abundantiam, in eis regnare uidemus ?
neque ulli sunt pauperum magis negligentes, fidem uero et
651w spiritum persequuntur etiam, nedum possi'dent. Solantur tarnen
interim seipsos, dum inuicem quilibet de altero praesumit 40
18 nach libidines ergänzt C: invenit 19 nach cogitatio C: fuit
24 Ez. 16, 49 s. 30 Jes. 11, 5 32 Sach. 9, 17 33 1. Ti. 5. 6
35 Fs. 73, 5 36 Ez. 16, 49 f.
iudidum. 1521. 279

castitatem, quam se non seruare sentit Et hac praesumptione


ordo nihilominus sanctus est. O tempora, o regna, o facta,
et omnia Satanae!
Quid igitur de uoto castitatis amplius dicam, cum de
5 seruando dicere non sit propositum, et de non seruando
abunde dixerim? Probaui enim euidenter, Totum uoti insti-
tutum esse fictum in primis et summis eins partibus, obedientia
scilicet et paupertate, etiam si a sanctissimis et piissimis
uoueatur serueturque, mendax uero, impium, sacrilegum et
10 blasphemum ex natura sua, iis, qui sancti et pii non sunt.
Quid uis amplius? deinde, id, quod maxime a uouentibus
quaeritur, esse longe detestabilius et abominatius, Nempe
ipsum cultum dei, qui nihil aliud est, ex natura sua, quam
quaedam laroa illudens deo, in rasura, unctura, ueste, boando,
i$ murmurando, stando, sedendo, inclinando, genu flectendo,
thurificando, aspergendo. Caput uero eiusmodi Cultus, Missae
scilicet, quia pro sacrificio et opere frequentant, superat
omnem impietatem et abominationem, ut, si nulla causa
moueret ad exuendum cucullum, relinquendum monasterium,
10 detestandum uotum, sola missarum abominatio nimio satis
esse deberet, ne participaret conscientia cum peruersis ho-
minibus, maxime cum in uoto et monasterio esse non possis,
nisi intersis Missis eorum et coopereris. Quin nemo est
uouentium, qui non primo et summo cogitatu Missas et cultum
s$ dei spectet Ideo enim fiunt monachi, ut deo seruire possint.
Nemo propter castitatem in'duit monachum, quam seit seruari 351 e
posse et extra cucullum, non minus foeliciter quam intra.
Sed abominabilis Cultus dei spede satanae allicit nos et sub-
tilissima fallada pertrahit in laqueum castitatis seu potius
30 libidinis indissolubilem. Tanto scilicet predo uendit fucum
istius abominationis, ut, nisi perpetuo nefandae libidinis peri-
culo te dedas, ad eas delitias suas non admittat Cum ergo
et causa uouendi sit, natura sua, abominabilis, et conditio
sacrilega et intentio decepta, tum primae partes uoti fictae
35 et falsae, Quid adhuc dubitas, uotum eiusmodi in nulla sui
parte ualere? Non enim philosophia, sed natura et ius et
sensus communis docet, pactum nullum esse, cuius conditio
mala, causa sacrilega, et intentio falsa est, etiam si quis Simplex
seruarit pactum eiusmodi. At haec in uoto monastico uides
4° per hyperbolen superare. Causa est, larualis ille Cultus dei
et abominatio missarum. Conditio est, Obedientiam et pauper-
tatem esse Consilia Euangelica, tum corporales esse substan-
tialia uota. Intentio est, haec omnia aliter accipere quam
28 o De votis monasticis

sunt. Non ergo tenet uotum natura sua, imo rumpendum


est, licet sancti per Spiritus miraculum in mediis istis ab-
ominationibus seruati, uotum eiusmodi supra naturam eius et
652w contra naturam eius seruarint. Finge, si pro'misisses patrem
occidere et matrem uiolare, nec hoc implere, nisi adiectis 5
ieiuniis et orationibus quibusdam aut aliis bonis operibus,
nunquid ideo teneberis promisso orationum et bonorum, quia
sunt bona, cum uideas caput causamque, et intentionem
uouendi esse in totum execrabilem? Imo bonum cum malo
omittes, et aliud promittes sine malo, uel nihil promittes pro 1 0
uoluntate tua. Sic uides et in monastico uoto rem sese habere
in omnibus, qui per spiritum non contempserint, et pro nihilo
sua uota habuerint.
Habet uero et castitas suam impietatem, sicut et aliae
partes uotorum, in hoc, quod supra communem fidem iacta- 15
tur ad iniuriam Christi, de qua nonnihil superius raemora-
3 5 2 e uimus. Non enim uirgo1aut castus, sed Christianus saluabitur.
In Christo autem neque masculus neque femina, ita neque
uirgo neque uxor, et similia, una autem fides, unum bapdsma,
unus dominus. Et ubi Spiritus non affuerit, impossibile est, *0
castitatem non esse impie et uotam et seruatam. Credit enim
uouens hoc opere casdtatis sese placere deo, cum scriptum
sit: Impossibile est sine fide placere deo. Proinde, qui hac
opinione castitatem uouet, nihil uouet, et liberum habet uotum
non implere. At qui sint, qui hac opinione uouerint, non »5
polest ullis uerbis definiri, sed cuiusque conscientiae relin-
quitur. Quod autem definiri non polest, faciunt pericula
istorum temporum, quae Paulus praedixit. Posita sunt in capite
omnis uiae scandala et pericula laudatae uirginitatis, iactati
uoti continentiae, exempla sanctorum, in quae procliue est 3°
ruere simplicem turbam, et, dum Euangelium ac fides silent,
apprehendere id quod laudatur et proponitur, et sic in opera
niti et perire. Rursum fieri polest, ut aliqui spiritu fidei
haec apprehendant citra scandalum et foeliciter impleant, ut
de sanctis credimus. Et cum hos non liceat damnare, nec 3$
illos laudare, fit, ut periculosa sint omnia, et nihil possit certo
definiri. Si uero Euangelium solum regnaret et uotorum retia
non essent, nec pericula forent, nec opus diffinitione ista, cum
omnes scirent, non uoto, sed libere esse castitatem seruandam,
nec in opere, sed in Christo praesumendum. Nunc qui prae-
sumit praesumat, qui non praesumit non praesumat, quid

18 Ga. 3, 28 19 E ph. 4, 5 23 H br. 11, 6 28 2. Ti. 3, 1


possumus amplius dicere, donec scandala et pericula rursus
tollantur de regno Christi? Sed obiicient forte mihi illud
Isaiae .lvi. ubi dominus promittit Eunuchis locum et nomen
melius in domo sua a filiis et filiabus. Videtur ergo uirgini-
$ tati et castitati melius meritum tribui, quam caeteris fidelibus,
ac non solius fidei esse merita. Respondeo: hic locus idem
uult, quod Paulus i. Cor. vii. qui et ipse dicit, bonum esse sic
ho'minem esse, et melius fieri, si uirgo non tradatur, quam si 355 e
tradatur. Scimus enim et nos, in domo patris esse mansiones
xo multas, et stellam differre a stella in claritate, et unumquem-
que acceptumm mercedem secundum suum laborem. Quin
Paulus presbyteros in uerbo laborantes duplici honore dignos
facit. Et ut ad Isaiam ueniamus, 1 consolatur dominus 653w
Eunuchos Euangelicos, ne existiraent sese nihil esse, si non
xsgenerent, quemadmodum in lege maledicta erat castitas; ab-
rogat itaque hanc maledictionem et dicit: Et non dicat Eu-
nuchus: Ecce ego lignum aridum etc. Deinde non laudat
nudam castitatem nec eam extollit super omnia, sicut nostri
faciunt, sed dicit: Quia haec dicit dominus: Eunuchis, qui
•o custodierint sabbata mea et elegerint quae ego uolui, et
tenuerint fedus meum, dabo eis in domo mea et in muris
meis locum et nomen melius a filiis et filiabus, nomen
sempitemum dabo eis, quod non peribit. Vides hic casti­
tatem laudari, ut longe praeferatur custodia sabbatorum dei,
*5 electio uoluntatum dei, et obseruatio federis domini, quae
communia sunt omnibus, sine quibus nihil esse castitatem
utique sequitur. Proinde hic locus’ et hoc 'nomen melius a
filiis et filiabus’ intelligi aliud non potest, quam dona esse
diuersa et maiora alia aliis inter sese in domo dei, sicut et
30 Paulus plus caeteris laborauit; ita uirginitas et castitas maiora
opera et dona sunt coniugio. Et uere sunt nomina et loca
inter filios et filias et inter sese in domo meliora et maiora,
sed inter deum ipsum et eunuchos nullum est nomen nisi
unum et commune, quod est Christi. Hoc enim custodit
35 sabbata, eligit placita et seruat federa domini, nomen autem
Eunuch! nullum horum facit, sed potius fit ex ipsis. Hoc
modo intelligendi sunt omnes loci, qui uidentur opera iactare
et differentias operum. Nam et Paulus .i. Corint. xii. di-
stinctiones gratiarom, donorum, operationum, de'scribit, sed 334 e
40 semper addit, unum esse deum, dominum, spiritum. Et Petrus
3 Jes. 56, 4 f. 7 1 . Ko. 7, 26. 38 9 Jo. 14, 2 10 l. Ko.
15, 41 I I 2. Ko. 5, 10 Rö. 2, 6 12 1. Ti. 5, 17 13 Jcs.
56, 3 ff. 30 1. Ko. 15, 10 38 1. Ko. 12. 4 ff. 40 donutn A
282 De votis monasticis

multiformes gratias dicit, sed in alterutrum ministratas. Et


Roma. xii. et .1. Cori. xü. unum corpus fadt, sed multos
actus diuersorum membrorum in una eademque sanitate fidel
Sed de pia et bene deuota castitate loquamur, ad
maiorem consdentiarum certitudinem; quanquam ea uel nulla 5
sit, uel nulli impossibilis sit, quod Spiritus, qui eam cepit,
fidelis est, et perfidet coeptam, etiam si sinat fortiter pulsari
et tentari, nihilominus tarnen de ea ex abundanti dicamus.
Paulus Ro. vii confitetur peccatum in came sua tale, quo
carere non possit in hac uita. quod peccatum absque dubio >•
contra legem dei est, sed propter fidem in spiritu repugnantem
ignoscitur, et non imputatur, quanquam lex exigat, nullum in
nobis esse peccatum. Lex autem Spiritus uitae in Christo,
succurrit nobis, ut hoc impossibile legis nihil operetur dam-
nationis, modo ambulemus secundum spiritum et non se- 15
cundum camem. Ex isto tanquam per locum a maiori arguo:
Si deus in sua lege a seipso posita, indulget et ignoscit im­
possibile legis, quod reliquum est in nobis, ubi nullum est
periculum, licet sit uerissime peccatum, quanto magis prae-
sumendum est cum fiduda de bonitate eius, quod non sit»
imputaturus uotum castitatis (quod ipse non mandauit neque
654w consuluit neque probauit, sed humana temeritate 1 et ignorantia
subintrauit), si fuerit impossibile nobis, et periculum urgeat
libidinis, modo intra limites inferioris castitatis coniugii mane-
amus, et non secundum camem ambulemus. Nunquid seuerius -5
exiget uotum nostra stultitia inuentum quam suam legem
propria sapientia dispositam? Apostolus Paulus Act xv. ex
operibus dei demonstrauit libertatem Euangelicam, quod Spiri­
tus dabatur gentibus absque circundsione et lege Mosi, licet
355 e tota ferme Ecclesia illa primitiua erronea1consdentia con- je
trarium sentiret, solus autem Petrus, Paulus et Barnabas autori-
tate diuinorum operum, libertatis sententiam tulerunt et
firmauerunt aduersus omnes. In qua re nos erudimur, ut, ubi
scripturae testimonia non suffragantur, illic certis operibus dei
nos niti oportere, et uice testimoniorum ea sequi. Sic et in 35
hoc casu faciendum est, cum uideamus bonitatem eius esse
indulgentem in sua sanctissima lege propter impossibile ipsius,
indulgentem etiam praesumamus in impossibile nostri uoti.
Neque enim credibile est tarn rigidum esse in exigenda nostra
stultitia, qui tarn benignus est in sua iustitia. Et credo, si 40

i 1. Pt. 4, 10 2 Rö. i2, 4 ff. 1. Ko. i2, 12 7 1. Ko.


10, 13 Phi. i, 6 9 Rö. 7, 18 ff. 13 Rö. 8, 2 ff. 27 AG. 15, 12
quis hac fiduria uxorem duceret, castitatem uotiuam seruare
non potcns, et hac ipsa fiduda promouente, indulgentem et
facilem patrem inueniret, cum hoc faceret, ne grauius in
legem eius peccaret Tale est et illud opus, quod debitum
3 coniugale, cum teste psaL 1. sit peccatum et plane furiosum,
nihil differens ab adulterio et scortatione, quantum est ex
parte ardoris et foedae uoluptatis, prorsus non imputat con-
iugibus, non alia causa, nisi sua misericordia, quod sit im-
possibile uitari a nobis, cum tarnen eo carere teneamur. Cur
10 igitur et coelibi impotenti, alioqui peccaturo, non praesumere-
tur, impossibile istud relaxare et coniugium irrito uoto per-
mittere, aut, si cum peccato uoti fiat, ceu debitum coniugale
benigniter indulgere? Haec ratio, si spectes, quam magna
res sit lex dei, et compares omnia diligenter, Impossibile eius,
15 et peccatum quod ignostitur, et magnitudinem bonitatis in-
dulgentis, deinde nostri uoti stultitiam et imprudentiam, meram
traditionem et inuentum hominum, certe urgebit, ut parum
esse ducas, ignosd coniugium impotenti et labend coelibi, ad
ignoscentiam peccati in uniuersam legem dei, propter impossi-
*°bilitatem eius in omnibus hominibus, ut ex isto opere dei
satis fideliter concludamus, Impossibile 1uotum non ligare 356 e
saltem ex bonitate dei, siquo modo ligaret ex natura sua.
Atque haec dixerim, non quod concesserim, tale aliquod
uotum fieri posse secundum institutum monasticum, aut ne-
’Scessaria existimem iis, qui pie uouerunt etiam sub instituto
monastico. Nam hos (ut dixi) Spiritus, ut mouet, 1 ita per- 655w
mouebit, ut sub instituto monastico sine instituto monastico
uoueant et uiuant. Non enim uouent aut seruant, quia sic
et dictat et exigit forma et lex instituti, sed quia spiritu
jolibertatis gr-tuito delectat, per sese facere, quod institutum
praescribit, alioqui opus legis et iustitiam factorum operarentur,
quod est maxime aduersarium Euangelio. 1111 uero, quia ad
formam instituti et propter institutum uouent et uiuunt, Iudaei
sunt, et impie aduersus Euangelium et uouent et uiuunt, unde
35 non potest eorum esse tale uotum, quod hoc consilio egeat,
sed prorsus reuocandum et cassandum est, quod in nouo
testamento, quod est testamentum libertatis, in quo ministerium
Spiritus et non literae regnat, non licet literam statuere et
docere. Si autem statuta et docta fuerit in tentationem, non
40 licet apprehendere, sed declinare et fugere oportet, vielt

4 Denifle I1, 263 5 Pg. 51, 7 37 2. Ko. 3, 6


28 Luthers Werke II
284 De votis monastids

enim Paulus Ro. xvi.: Exhortor uos, fratres, ut obserueüs cos,


qui dissidia et scandala fadunt iuxta doctrinam, quam uos
dididstis, et declinate ab eis. Tales enim non domino Ihesu
Christo seruiunt, sed suo uentri, et per bonos sermones et
benedictiones seducunt corda innocentum. Haec uerba non s
possunt nisi de iis intelligi, qui iuxta uiam Christianam uelut
meliora docent. Non enim dicit, quod negent doctrinam
nostram, sed quod iuxta eam et aliam docent, quod propri-
issime faciunt instituta monastica; sed et dissidia et sectas,
tum seruitutem uentris, maxime uero bonos sermones et >0
iactantias, laudes, priuilegia, alias benedictiones ordinum et
operum nusquam uidemus nisi apud monasticos, ubi et se-
ductio cordium innocentium regnat. cum ergo praecipiat ea
357E obseruare et declinare ab eis, non est dubium uota 1eiusmodi
irrita esse et nihil unquam ualuisse. Quare et declinandum
ab eis est, uel spiritu, sicut sancti fecerunt, uel spiritu et litera
simul, tanquam a seductione certissima per Apostolum hic
definita et damnata. Idem uult, ubi Timotheum in utraque
Epistola uult manere in iis quae didicerat, nihil permittens
addi. Hoc faciens (inquit) saluum fades teipsum et qui te 20
audiunt. haud dubium, quin, si non permanserit in eis, perdet
seipsum et eos qui se audiunt. Hinc et Petrus .ii. P et ii.
sectas perditionis appellat, horrendo et terribili uerbo nos a
sechs et opinionibus extra Christum deterrens. Et .i. Pet. iiii.
ubi iussisset, ne aliquid doceretur quam uerbum dei, neque 2s
aliquid disponeretur, nisi opus dei, ut solus deus in nobis
glorificaretur in omnibus per Ihesum Christum, adiedt, ne
peregrinaremur in feruore tentationis. sed ipsius uerba salu-
berrima audiamus: Vnusquisque sicut accepit donum ministret
ipsum inter uosipsos, sicut boni dispensatores multiformis 3°
gratiae dei. Si quis loquitur, tanquam sermones dei, si quis
ministrat, tanquam ex uirtute, quam suppeditat deus, ut in
omnibus glorificetur deus per Ihesum Christum, cui est gloria
et Imperium in secula seculorum. Charissimi, nolite pere-
grinari in fernere qui in uobis est, qui fit uobis in tenta- 35
tionem, quasi peregrinum uobis contingat, sed communicate
passionibus Christi.
656w 1 Primum uult nihil ministrari, nisi acceptum donum, nihil
doceri, nisi uerbum dei, nihil geri, nisi quod operetur in nobis
deus, quia non nostrae opis, sed multiformis gratiae dei sumus 4©

1 Rö. ib, 17 f. 18 2. Ti. 3, 14 1. Ti. 4, 16 20 I. Ti. 4, 16


22 2. Pt. 2. i 24 I. P t 4, io ff.
dispensatorcs, ut nihil humani, sed omnia diuina dicantur et
gerantur in nobis. Quod ideo fieri debet, ut glorificetur deus
per Ihesum Christum, cuius est gloria et Imperium in omnia
secula seculorum. Cum enim regnum eius simus et ipsius
s sit regnare et imperare in nobis, permittendum non est uerbum
aut opus, quod ipse non loquitur aut non operatur in nobis.
Si autem permittimus, iam abiicimus eum cum IuUaeis, ne j$8 e
regnet super nos, et in medio regni dei regnare fadmus
alienum, atque ita uastatur regnum dei, et sedet abominatio
10 in loco sancto. Ideo enim Ecclesia regnum dei est et didtur,
quod solus deus in illa regnat, imperat, loquitur, operatur,
glorificatur. Si igitur aliquid in nobis docet et operatur
homo, quod non docet nec operatur deus, iam non glori­
ficatur deus in nobis per Ihesum Christum. Ille enim glori-
15 ficatur, cuius est uerbum et opus, deus autem de alieno uerbo
et opere non glorificatur. Ita fit, ut necesse sit, deum amittere
gloriam et regnum in nobis, si alienum uerbum et opus in
nobis regnet, eius enim erit gloria et regnum, cuius est uer­
bum et opus. Quid igitur in Papatum, Episcopatus, monachatus,
so sacerdotia, ut nunc sunt, potest robustius did ? Est ne aliquis
tarn rudis uel audax, qui asserat Papae et monachorum dog-
mata et opera esse dei per Ihesum Christum tradita? Vbi
enim Ihesus Christus ea tradidit? At quod per Ihesum
Christum non didtur neque geritur in nos, non potest rursus
*s per eundem a nobis in patris gloriam referri. Cuius ergo est
gloria et Imperium in monachis ? utique Satanae, per S. Bene-
dictum et alios homines, impia hypocrisi et peruersa operum
aemulatione iactatos et celebratos. Vt ergo Christus non
docet uota monastica, ita non operatur ea, licet in sanctis sub
30 uotorum instituto captiuis operatus sit et locutus mirabiliter
sine uotis. Deinde quod duldter compellat et didt: Charissimi,
nolite peregrinari in feruore qui in uobis est etc., Sollidtus
est pro nobis» ne hanc regulam a se praescriptam aliqua
tentatione capti deseramus. peregrinandi uocabulo utitur, quod
35 graece est (itj fisviCeo^at, nolite hospitari, nolite hospites fieri,
non unam figuram ueteris testamenti spectans eo uerbo. Vult
enim id, quod Paulus Eph. iiii. ne fluctuemus et circum-
feramur omni uento doctrinae, ne nos inuitari sinamus ad
sacrifida Moabitarum, nec hospites fiamus omnium gentium
4«» quae drcum nos sunt, sed in propria et domestica doctrina

7 Lc. 19, 14 9 Mt. 24, 15 31 i. Pt. 4, 12 37 Eph.


4. 14 39 Nu. 25, 2
28*
286 De votis monastids

6 Per,8Cueremus* ‘Fernerem, qui in uobis est,’ spiritum 1proprium


intelligit, qui figuratus est uerbo conflandi. Vnde in uetere
tcstamento idola conflari, et conflatilia fieri, id est, dogmata
impia operum componi dicuntur. Hunc spiritum in nobis et
inter nos non defore praeditit, sed ne per ipsum peregrine- r
mur, in tentationem et in scandalum praemonet Erant enim
futuri et fuerunt eruntque haec molientes in nobis. Sed nolite
(inquit) a domestica uestra regula declinare, quasi aliquid
peregrinum uobis accidat, hoc est, certi estote, nihil noui
docebitur a deo, id quod audistis uerbum aetemum est, *o
manens in seculum seculi. Quod si quid noui et peregrini
acciderit, scitote, aliunde quam a deo uenire, ut uos auocet
et peregrinari fatiat Quo uerbo plane futurum Papistarum
mendadum praeoccupauit, quo dicunt, Non omnia esse a
Christo et Apostolis dicta et instituta, sed Ecclesiae plurima -z
dicenda et instituenda relicta. Hoc est peregrinum et nouum,
quod negat Petrus nobis acddere debere aut posse. Omnia
ergo quae non sunt uerba et opera dei, hic damnat Petrus,
hoc est, uotä monastica soluit
Omnium autem euidentissime Christus loquitur in monastica *>
uota M att xxiiii: Time, si quis uobis dixerit: Ecce hic est
Christus aut illic, nolite credere, surgent enim pseudochristi
et pseudoprophetae et dabunt signa magna et prodigia, ut in
errorem inducantur, si fieri potest, etiam electi. Ecce prae-
dbri uobis. Si ergo dixerint uobis: Ecce in deserto est, nolite *s
exire, ecce in penetralibus est, nolite credere. Haec uerba
de nullis haereticis intelligi possunt, nisi iis, qui uias et modos
(ut uocant) uiuendi ad iusdtiam et salutem docent, quales
nulli fuerunt praeter Papistas et monasticos. Hii enim sunt,
qui iactant Eremitas, id est, uocant ad desertum et penetralia, 3®
id est, claustra seu monasteria. In his docent inueniri Christum,
id est, iusdtiam et salutem, tarn impudenter, ut caeteros
uiuendi ordines appellent seculares, quasi apud se solos sit
salus, sed hoc ipso sunt pseudochristi, et a communi fide
360 b trahunt ad opera, et a Christo post seipsos. Legi'tur in uitis 3$
patrum S. Syluano uisionem apparuisse, et infemum monachis
repletum ostensum esse, qui deinceps noluit consolari in uita,
postquam uiderat huius generis homines, qui sancti uidebantur,
turmatim perire. Quae historia et uisio certe cum hoc Euan-
gelio consentit, uideturque deus ideo eam reuelasse, ut erroris <°
operatibnem tune ingredientem ostenderet et differret, quod
iudidum. 1521. 287

et multis aliis signis uoluit, in S. Antonio, Paphnudo et aliis.


Multa enim in eo libro exempla sunt periculosissima in fidei
doctrinam operibus debachantia. Si autem eo tempore
monastica uita erroris operatio fuit et monachos perdebat,
5 quid nunc quaeso esse putabis iamdudum extincta fide et
Euangelio? 1 Cor mit hic argumentum Parrhisiensium asinorum 658w
et Papisticae sectae porcomm, quo a multitudine et sanctitate
arguunt. Christus soluit argumentum a multitudine, dum dirit:
Et seducent multos, ita ut electi in errorem dud possint.
xo Argumentum uero a sanctitate soluit eodem, quod electos
seducendos praedidt Nihil ergo mdientes asini agunt, dum
dicunt, Ecclesiam non fuisse tanto tempore derelictam, nec
ignorasse, quae Lutherus sese sdre promittit. Ecclesiam ipsi
uocant sectas suas, sed non magis sunt Ecclesia, quam pre­
is phetae, sacerdotes, seniores, reges, prindpes, pharisaei, sadducei,
erant synagoga, qui omnes etiam Eliae temporibus errauerunt
et ignorauerunt, ut tantum septem milia relinquerentur, sed
qui adeo latebant, adeo non uidebantur synagoga esse, ut nec
Elias unum ex eis nosset O horrendum exemplum. Igitur
so habes hic autoritate Christi, ut liceat, imo oporteat redire, si
exieris in desertum aut intraueris penetralia istorum. Quid
hoc aliud est, quam uotum tuum in aliam quam Christi
doctrinam factum, esse reuocandum et cassandum tanquam
erroneum et impium ? Dixi enim S. Bemhardum eo seruatum
35 esse, quod de uotis totaque sua uita hanc ex animo protulit
sententiam: Perdite uixi. hac uoce et confessione norme uota
sua nihili fedt et ad Christum rediit ? 1 Eadem forma et alii 36x E
sancti sub uotis sine uotis seruati sunt, nisi quod in errore
electomm sub uotis uixerunt, in laqueum et Operationen»
30 erroris iis, qui pereunt et non credunt Euangelio. Cum ergo
haec uerba Christi et aptissime quadrent in monasticam, simul
et argumenta eorum dissoluunt, cum fiduda eis innitendum
est, et uota pro non uotis habenda, ut quae euidenter sdas
in uerba et opera non dei, sed hominum et fieri et niti,
35 quod prohibitum est, et peccent in gloriam et in regnum
dei, natura sua.
Ex iis omnibus colligitur et stultitia uoti, praesertim casti-
tatis, ut, si caetera non cassarent, ipsa stultitia tarnen non
ainat ualere. Quid enim uouet coelebs, uouendo castitatem,
40 nisi rem, quae prorsus nec est nec potest esse in manibus
suis, cum sit soüus dei donum, quod aedpere, non offerre

i Schäfer s. 424 ff. 427 ff. 6 Determinatio (vgl oben s. 228,


s. I): Opera v. a. 6, 35 sq. W . A. 8, 269, z. 11 ff. 8 ML 24, 23
17 1. Kö. 19, 18 26 s. oben s. 220, z. 29
288 De votis monasticis

potest homo ? Irridet ergo deum, dum uouet, non aliter, quam
si uoueat sese fore Episcopum, Apostolum, principem aut
regem, cum sciat nihil horum esse in potestate sua uouentis,
sed in alterius arbitrio et autoritate uocantis. Finge quaeso
insanum, qui uoueat deo in hanc formam: Voueo tibi, domine, $
nouas stellas formare aut montes transferre. Quid de hoc
uoto iudicabis? At nihilo differt uotum castitatis ab isto,
cum non minus sit opus mirabile dei, quam stellas formare
aut montes transferre. Cum ergo iubeat dominus, ut, qui
uouet uel offert, de sua substantia et de donis sibi bene- »
dicente domino datis offerat, ut habent omnia uerba legis
6$9W Mosaicae de uoto, euidens 1 est uotum castitatis non placere
nec exigi a deo posse, cum fiat de re nondum donata nec
in nostra potestate sita. Si enim uotum unum ualet, quod
fit de rebus non nostris, sed in manu dei positis, poterimus 15
etiam licite et pie uouere omnia, quae deus habet et potest
facere. si ista omnia non ualent, nec unum illud castitatis
ualebit. Voueas ergo te fore certissime saluum, forte te
aequalem Petro, uastaturum regna Turcarum, uicturum annos
Mathusalem, et omnia quae deus in hominibus facit aut facere 20
362e potest. Si haec non 1 licet uouere, quod tua non sint, cur
castitatem uoues quae tua non est? cur in uno uoues quae
dei solius et tua non sunt, et non in Omnibus? si non in
Omnibus, cur in uno? Dices: castitatem possum orationibus
impetrare? Audio. Et quid non potes oratione impetrare? 25
Nonne promisit Christus: quaecunque pecieritis in nomine
meo, Credite et fient uobis? Cur ergo non omnia alia quo-
que uoues et impetras? Sed obiicies forte: hac sententia
nec in baptismo uouere liceret deo, cum et fides et man-
data dei implere sint non in manu nostra, sed solius dei. 30
Respondeo: pulchre et oportune, quasi uota baptismi cum
uotis tuis ulla parte conueniant. In baptismo est promissio
dei offerens, et nostrum uouere nihil aliud est, quam accep-
tare Christum, qui offertur nobis. Foelix sane. uotum, quod
non promittit aliquid dare, sed tantum bona accipere et 35
acceptis adherere. Hic plane nihil uouetur a nobis nostrarum
rerum, nec earum quae sunt in manu dei, imo, si recte con-
sideres, deus uouet nobis, et uotum est ex parte dei pro-
mittentis simul et donantis gratiam et illud quod exigunt
eius praecepta. Nos rursum uouemus, uotum et promissionem 40
eius libenter et cum gaudio accipere et seruare. At cum
iudicium. 1521. 289

uirginitatem uel castitatem uoues, nunquid ibi deus adcst et


eam tibi uouet, promittit et offert? Quando enim promisit
eam tibi donare? unde certus es, quod donabit? Nonne tu
solus et uacuus re ipsa, quam promittis, accedis? Nonne tu
5 solus es promissor, et non est qui tibi respondeat et pro-
missionem acceptet ? Et cur acceptet, cum sis promissor
inanis et stultus promittens quod non habes? Vides ergo
uotura baptismi et continentiae esse prorsus contrariae naturae:
hoc offert quod non habet, illud accipit quod non habet.
10 Hic homo promittit inanis alicnum, illic deus diues promittit
suum. Donec ergo promissionem dei donantis non potes in
uoto continentiae probare, stultitiam et 1 uanitatem uoti eius- 3 6 3 e
modi excusare non poteris. Stultum autem et uanum deus
acceptare et exigere non potest. baptismi autem uotura uerax
15 et plenum est, quia nititur in promittente et donante deo.
Quid si aliqui non acceptent ? nihilominus uerax est qui offert.
Huic stultitiae iungunt et aliam, quod pro adomando
uoti rigore indissolubili integrum annum probationis (quem
uocant) uouenti largiuntur ho'mines mire misericordes et de- 660 w
so mentes. Atque ne nihil in eis laudem, si anno probationis
in hoc uterentur, ut ingressurus ad eos spectaret mores, uictum,
amictum et alia quae ad corpus pertinent, probari poterant.
At nunc ideo est annus probationis, ut in eo tentet, an et
caste uiuere possit, qui est uoturus. obsecro, quae stultitia esse
»z potest par huic, si ipsam rationem instituti spectes? Nam
sanctos semper excipio in suis mirabilibus. Scilicet probatio
castitatis non metitur facultate Spiritus, sed numero dierum,
et qui annum caste uixerit, idoneus censetur, ut tota uita
caste uiuat. Quando ergo ab extemo petenda est probatio
30 castitatis, cur non petitur et a lods et personis ? ut ille sit
idoneus, qui multa loca perambulauerit et multos homines
uiderit, quo solos cursores et mercatores faciamus monachos ?
Aut si interna res tempore probari potest, cur non fit etiam
idoneus ad pacientiam, mitilatem, fidem, charitatem, qui uno
35 anno sese in iis tentauerit, ut gratia dei nihilo sit opus ad
has res? Sufficit enim tempus transiisse super eum, et mox
idoneus est nouus homo fieri. aut si in iis non sufficit, cur
sufficit in castitate sola? Haec dico, ut uideas nihil esse in
uniuersa monastica, quod non sit egregie stultum et impium,
40 plane non nisi Papistico regno dignum. Sed amplius, cum
Petrus nihil fieri in Ecclesia uelit, nisi quod certum sit a
uirtutc fieri, quam suppeditat deus, quis eos certos facit, annum
hunc probationis apud deum sufficere ? quis dixit, 1 probari 364 E
2 90 De votis monasticis

apud deum probationem istam ? Imo Petrus dicit, non pro-


bari apud deum, cum statuatur ex uirtute Humana, uirtute
autem dei nullus est annus probationis, sed tota uita est unus
annus probationis. Fieri potest enim, ut non uno, sed duobus
ac tribus annis caste uiuas, postea uel urente came et fer- $
uentibus uenis, tum afflante igneo halitu Satanae, qui ardere
facit prunas (ut in lob dicitur), ptorsus continere non possis.
probatio autem castitatis fieri non potest quiescente libidine,
sed solum kurente. In manu autem nullius est tempus furentis
et conritatae libidinis, id est, tempus probationis. Cur ergo i©
tempus pro tempore numeratis, et probationem appellatis,
quod probatio non est? Ego ipse in me et multis aliis ex-
pertus sum, quam pacatus et quietus soleat esse Satan in
primo anno sacerdocii et monachatus, ut nihil iucundius esse
uideatur castitate, sed hoc in tentationem et in laqueum in- t$
sidiosissimus hostis facit, cui cooperantur insani monastici et
annum probationis non solum non ex spiritu, sed neque ex
re ipsa, uerum ex calendario et numero dierum metiimtur,
ut probent nihil sani neque pensi apud se esse, incedentes
in rebus istis spiritualibus et periculosissimis ceu bruta (ut ro
Petrus ait) irrationalia, naturaliter in mactationem genita.
Cum ergo Annus iste probationis ex solis hominibus stultis
stulte solos dies numerantibus pendeat, et incertum est, an deo
placeat, imo certum sit displicere, tum ex ipsa natura rei et
661W I autoritate dei nullum certum probationis tempus signari a u t,5
definiri possit, sed tota uita necessario sit probationis annus,
uides et uotum castitatis nihil esse, quod super eo probationis
anno nitatur. Cum enim ipsimet censeant uotum probatione
praetentandum esse, et haec probatio nunquam certa sit,
uotum quoque nunquam certum esse potent, annus uero 3©
probationis ipsorum, cum sit electicius et arbitrarius ex homini­
bus positus, facit, ut et impletio uoti debeat esse arbitraria,
365 e u t 1 si annum tollant et abrogent, quo uotum nititur, etiam
uotum tolli et abrogari debeat.
Sed illud omnium stultissimum, quod annos professionis 35
ceperunt definire, aliis quartum decimum, aliis decimum
octauum annum aetatis signantibus. Obsecro, unde homini­
bus hoc ius definiendi? Hic uero mihi aliquando in uno
placent quidam iHorum, quod monachis ante decimum oc-
tauum annum professis copiam faciunt abeundi. Hoc unum 40
est, quod in monastica laudabile et Euangelicum uidi, quan-

7 Hi. 41. 12 21 2. <Pt 2, 12 30 annum A


iudicium. 1521. 291

quam non apud omnes passim. Atque hoc dolet, quod non
idem faciunt et Omnibus, qui ante sexagesimum annum sunt
professi, ut Paulum ex parte imitarentur, qui uiduas minores
annis sexaginta reiicit, ne assumantur alendae Ecclesiarum
5 facultatibus. Nam uiros, cum sint robustiore et uegetiore cor­
pore, tardiusque feminis emoriantur, septuagesimo uel octo-
gesimo anno demum recipi oportebit Prorsus hic monachos
propria autoritate constrictos teneo. Si adolescentem iiifra
decimum octauum annum professum absoluunt, et nulla est
10 causa definiendi eius anni, nisi merum arbitrium humanum,
quo ])Oterant et tricesimum, quadragesimum, quinquagesimnm
et sexagesimum definire, debent eadem autoritate quemuis
quouis anno professum absoluere. Neque enim mandatum
dei aut uoturo, sed imbecillitatem uouentis spectant, et ad eam
15 sana et pia ercteixetq. accommodant uotum monasticum. Iam
fieri potest, nec est in ullius hominis potestate, prohibere, ut
iuuenis aut uir usque ad sexagesimum annum aeque imbe-
dllis aut etiam im beeil lior sit ad continendum et grauius
uratur libidine, quam adolescens. Si ergo libido et imbecilli-
20 tas est interpres uoti et Ix tetfceta mandati, sicuti uerum est
et semper ita ab olim fuit, debent prorsus omnia uota libera
et temporalia esse. Quod nisi fecerint, plane cruc'elissimi et
cruentissimi sunt ani'micidae. Si autem sibi hoc non licere 366B
putabunt, nec id licebit, quod ante decimum octauum ab-
25 soluunt, etiam si puer uel infans uouisset. Tarn enim in-
certus est et ignorat iuuenis, quid sit caste uiuere, uel an sit
caste uicturus, quam puer uel infans quilibet Quis enim seit,
quid possit in futurum? In baptismo et dei sacramentis
semper certi sumus, quid simus accepturi seu passuri, nempe
30 diuina, ideo sunt rata et fidelia uota dei ad nos. At uouere
ea, quae nostra non sunt, eadem est stultitia, eadem est ratio
cassandi infanti, puero, uiro, seni, et omnibus hominibus.
1[Adiiciamus et corollam iis, quae absolvimus, nempe locum illum 662 W
Marti 3, ubi Christus fidelem canonem Epiiciae generalis omnium legum
35 tradit, dicens: ‘Non legistis, quid fecerit David, quando neccssitatem
habuit et esuriit ipse et qui cum eo erant? quo modo intravit in domum
dei sub Abiathar principe sacerdotum et panes propositionis manducavit,
quos non licebat manducare nisi solis sacerdotibus, et dedit eis, qui cum
eo erant? Et dicebat eis: Sabbatum propter hominem factum est, non
40 homo propter sabbatum. Itaque dominus est filius hominis etiam sabbati.’
Hacc ille. Obsecro, non iranseamus verba ista maiestatis, plena solatio
et refectione spirituali, neque oscitanter audiamus neque frigide tractemus.
29 2 De votis monasticia

Primo certum cst, Sabbatum fuiase divinitus praeceptum, non ficte, sed
rigidissime. Non minori rigore prohibitus erat panis propositionis laids
et univeraa lex der, adhuc tarnen David solvebat tuta conscientia propter
nccessitatem. Unde cum Achimclech sacerdos trepidaret et diceret: ‘Non
habeo panes nisi sanctos’, metuens legem, David ciim fiducia legem inter- 5
pretatur, dicens: ‘Via haec polluta est, sed sanctificabitur in vasis’, hoc
est iuxta Paulum: ‘Mundis omnia munda, immundis nihil mundum’.
367 E I Christus vefo hoc exemplum generalem Canonem facit, dum arguit
a simili, dicens: David solvebat legem prohibentem edere panes sanctos,
ergo licebit et sabbatum et omnes alias leges solvere. Nisi enim haec 10
consequentia generalis valeat, stulte probat Christus legem sabbathi
violandnm per exemplum alterius legis de non edendo pane sancto.
Quare hic evidens est, etiam divina mandata semper habere exceptos
Casus necessitatis, non modo animarum, sed et corporum et rerum; qua
enim ratione una lex potest solvi, eadem potest quaelibet solvi, hoc est, 15
interpretari et sano sensu intelligi, quatenus liget aut non liget. Vere
enim non potest solvi scriptura, Iohan. 10. E t: 4non praeteribit unum
iota aut unus apex de lege, donec omnia fiant*. Quare dum de solutione
et violatione legis dicimus, de falso eins intellectu solvendo et vero
servando intelligendi sumus. Sic Christus Matt. 12. addit, sabbatum sine
culpa violari a sacerdotibus in templo. Deinde etiam ob bovem de fo-
vea extrahendum aut adaquandum, hoc est, non modo propter animarum
et corporum, sed etiam rerum necessitatem solvi polest Quod cst aliud
nihil dicere: Deus sua praecepta non posuit, ut Corpus, res aut anima
pereat, sed ut haec salva in praeceptis suis exerceantur. Quare semper *5
<*3 W intelligenda sunt, ut simul non obliviscaris deum creasse corpus, 1 animam
et rem, eommque te veile curam habere, ut, si periclitetur aiiquod eonim,
iara scias praecepta eins non esse amplius praecepta.
Veniamus nunc ad nostra. Votum castitatis lex est mere corpo-
ralis de re corporalissima. Quare solvenda est cum fiducia, imo nun- 3-
quam ligavit nec ligare potuit, ubi periculum animae aut corporis inter-
cessit. Non enim, ut perderes animam et corpus, votum exigit. Cogiturque
votum castitatis, ipsomet Christo interprete, hunc sensura habere: ‘Voveo
castitatem, quantuni fieri potest absque periculo corporis et animae’. Si
368 L itaque te postea 1sentias uri, iam votum nihil est, securusque illud Pauli 35
sequeris: ‘Si non continent, nubant.’ E t iterum: ‘Melius est nubere quam
uri.* An non Iudaei tarn rigide voverant legem sabbati et panis sancti,
quam tu castitatem ? prorsus nihil est discriminis, secure aiguis isto
argumento Christi: Illi solverunt sabbati et panis sancti legem, necessitate
excipiente ct interpretante, et ego solvam legem votae castitatis maiore 4°
necessitate et periculo animae. Noli timere, Christus tete non fallet, non
enim vere solvis, sed sanum intellectum voti apprehendis.
Dicet hic aliquis perversus: ‘Eadem ratione licebit moechari, si
necessitas postulet, item occidi et furari, et omnia der praecepta solvere.’
Respondeo: Ea necessitas non venit usu. Sunt midieres, sunt viri: nube, 45
duc uxorem. Nec est periculum aut corporis aut rerum, si mitis sis et
temperans irae. At furari saltem casum habere potest? Respondeo: Si
sit necessitas, licet. Tune enim proverbium locum habet: Tn necessitate
omnia sunt communia*. Quam stultum igitur et impium fuerit, si fame

4 1. Sa. 2i, 4 f. 7 Tit. 1, 15 17 Jo. 10, 35 Mt. 5, 18


20 Mt. 12, 5 21 Lc. 13, 15 36 1. Ko. 7, 9 49 vgl. Thomas
Aq. Summa 2. 2. qu. 32. art. 7. ‘in casu extremae necessitatis omnia
iudidum. 1521. 293
occidas te metu legis, ubi possis alinioniam furari ex alter ins copia, ut
vitam servares, tarn stultus es, si uxorem non ducas, ubi ureris et cum
periculo animae contines. Sed ut legem furti interpretaris tune non
praecipi in fame, ita interpretaberis legem voti non exigi in libidine
5 urente. Videtur autem hoc et Salomon proverb. 6 . diffiniisse, ubi
hebraice sic ad verbum dicit: ‘Non contemnent furem, si furabitur ad
replendam animam, quia esuriit, et inventus reddet septuplum, et omnem
substantiam domus suae dabit. Adulter autem mulieris minoratus corde
est et vastabit animam suam’, q. d. für non damnabitur, etiam si in-
10 ventus muletetur lege ab eo, qui crudelis esse volet, modo furetur neces-
sitate replendae animae.
Quid? quod legimus Iudic. 21. filios Beniamin autoritate totius
Israel rapuisse filias Silonitarum in uxores ? Esto, filii Israel peccarint
vovendo 1vel vo^tum servando de non tradendis filiabus suis, filii tarnen 369 B
*5 Beniamin rapientes non peccaverunt, cum non essent aliae mulieres, quas
ducerent, negantibus utrinque filias suas et Israelitis et Silonitis. A t
quanto levius est furtum rerum quam filianun? Stuprum et raptus erat
hoc farinus, si legem rigide ad literae captivitatem, hoc est, stulte et
superstitiose mterpreteris. Unde et filii Israel hanc spiritualem intelli-
*° gendae sanitatem pulchre allegant, dicentes Silonitis: 4Ex parte vestra
peccatum est, quia postulantibus non dedistts etc.'
Quin ego ausim, hac fretus Christi autoritate, asserere: Si qui filii
aut filiae, castitati devot!, seipsos vel parentes nulla alia ratione in casu
alere possint, nisi diviti, qui alere possit, nupserint, debere eos in eius-
35 modi casu votum et sabbatum suum solvere. Nihil hic moveant, qui
garriunt, castitatis thesaurum incomparabilem esse. Nonne et obedientia
legis dei in sabbato et pane sancto est incomparabilis ? Quid enim pre-
ciosius obedientia? E t tarnen hanc sic exigit, ut Corpus, quod creavit,
per te nolit destrui, aut res omnes comburi, sed, ut in obedientia exer«
3° ceatur. Alioqui cur non potius mandavit nos'ipsos oeddere, morbis et
fame cruciari? Quid enim differt mandare morbum vel interitum nobis-
ipsis inferre, et legem exigere, quae praestari non possit, nisi morbo vel
interitu nos ipsos conficiamus ? Absit a cogitatione nostra de deo sic
sentiref Quanto magis in animae periculum nihil valet praeceptum et
35 votum exactmn intelligi ?
Summa, in hac legum Epiicia et sana intelligentia praeter charitatem
iudicem nihil tutum est. Quicquid enim advereus charitatem est, dis-
pensari et interpretari nullo casu potest, cum sit impossibile casum
necessitads in charitatem inddere. Kursus quicquid contra charitatem
40 non est, hoc liberum, lidtum et dispensandum est, praesertim in casu
necessitatis. Stat enim Paulus fortiter dicens: ‘Nemini quiequam debeatis,
nisi ut invicem diligatis.*1Quis, obsecro, ultra et supra hanc legem Pauli 370 B
aliam legem necessariam statuere potest? E t si statuatur, voveatur,. exi-
gatur, quomodo praestari necessario potest aut debet, cum nihil debendum
45 sit, nisi diligere? Igitur votum servare possumus, sed non debemus, quia
nihil nisi diligere debemus. E t Christus Matt. 7: ‘Haec est Lex et
Prophetae.' E t Matt. 22. ‘In his duobus mandatis universa lex pendet

sunt communia. Unde licet ei, qui talem necessitatem patitur, aedpere de
alieno ad sui ustentationem, si non inveniat, qui sibi dare velit’ und
besonders qu. 66 art. 7. Wander, Not no. 97 6 Pr. 6, 30 ff. 12 Ri.
21, 23 20 Ri. 21, 22 41 RS. 13, 8 46 M t 7, 12 47 Mt.
22, 40
De votis monasticis
294
atque prophetae.’ Nihil ergo contra charitatem, nihil ultra charitatem
ligat aut ligare potest. Iam facile est videre, cur non liceat dispensare
in adulterio, homicidiv, furto non necessario et similibus. Kursus cur
dispensari possit et debeat in voto castitatis et omnibus votis, nempe
quod in illis laeditur, in istis non laeditur, imo servatur charitas. Nulli 5
enim nocet, si nupseris, imo, sicut veiles tibi licere nubere, si ureris, ita
dcbes licere veile et alten, non modo autem veile, sed et cooperari,
ut fiat.
665W i Hoc confirmat Christus Matt. 12, dum praefert misericordiam
omnibus legibus, dicens ad sabbatarios illos pharisaeos: ‘Si autem scirctis, 10
quid sit: misericordiam volo et non sacrificium, non condemnassetis in-
nocentes.1 Hoc enim eo dicit, quod, ubi corpori aut rei necessitas accidit,
misercndum sit, et legem non intelligendam adversariam eiusmodi neces-
sitati. Sic enim Apostolis vellentibus spicas patrocinatur, quod esurierint,
hoc est, misericordia eguerint in ea necessitate. Qua re multo magis 15
votum castitatis cedere debet misericordiae, si urens libido necessitatem
nubendi fecerit. Volet enim misericordiam magis quam illiberale illud
castitatis sacrificium. Edat ergo et hic David noster panes prohibitos
cum fiducia et dicat: ‘Castitatis votum propter hominem factum est, non
homo propter votum castitatis. Itaque dominus est filius hominis etiam 20
voti et castitatis.’ Non autem sic se habet in re fidei erga deum, quia
non deus propter hominem, sed homo propter deum est, de qua spirituali
lege alias et alibi.
Proinde gratias agat, qui hanc veritatem et suavissimam libertatem
37* E fidelium Christi intelligit, 1 et securus fidensque coniugium ineat, si con- 25
dnere non potest et insanos puppas cum sceleratis et impiis tum legibus
tum minis suis contemnat, Qui in sua illa sacrilega decretali de vit. et
ho. cle. blasphemare audent, in coniugio non posse deo serviri. Quid
enim hoc est nisi nuptias arguere perfidiae, impieiatis et universae
apostasiac? Scilicet tibi, Papa, Satanae ministro, Abraham et universi 30
Patriarchae, Zacharias et Elisabet non servierunt deo? Sed quid cum
istis monstris seipsis etiam monstrosioribus ago? quos prae nimia blas-
phemandi rabie fugiendos et fugandos esse defimtum est.
Porro quod multi causantur molestiam coniugii atque ideo con-
tinendum suadent, humaniter quidem, sed stultissime sapiunt. scilicet, ut 35
molestiam vitare doceas, ad carnificinam constientiae invitas? Nos non
docemus coniugium, quod molestum non sit, nec tale promittimus, sed
licitum et liberum esse volumus, ut contineat, qui potest, quamdiu volet;
conscientiam liberamus molestia, non coniugium. Quanto autem foelicius
est, bis molestum coniugium tolerare, quam perpetuo conscientiae aculeo 40
cruciari! Molestiam hanc deus imposuit, et tulere omnes sancti patriarchae.
Paulus molestiam eandem praedicit nubentibus, sed non dissuadet neque
damnat. ‘Tribulationem, inquit, carois habebunt huiusmodi.’ Sed non
ait: ‘Nolite tribulationem carnis istam subire\ nec dicit: ‘Mala est et
damnabilis’, imo lucrum est, si recte et pie eam tuleris. Molestum est 45
666W in carcere pro Christo vinciii, sed nun>quid ideo dissuadebis? norme potius
hortaberis, ut constanter ferat? Nos iis, qui ocii et voluptatis causa
nubunt, nihil scribimus, quibus recte evenit molestia pro voluptate, sed
iis scribimus, qui periculum salutis, necessitatem peccandi, impossibilitatem
continendi cum universo tartaro conscientiae mutare cupiunt quavis 50

9 Mt. 12, 7 27 Clem. I. de vita ac honestate clericorum


43 I. Ko. 7, 28
iudirium. 1521.
295
molestia vel labore, qui non in voluptate, sed bene vivere volunt. Ducant
Uli in bonis dies suos, nos dicimus nostris coniugibus: ‘In sudore 1vultus 37*E
tui vesceris pane tuo.’ Sed nec tu unquam credas eos foeliciter continere,
qui molestiae vitandae gratia abstinent a coniugio. Experientia enim
5 docet, ut conlineant egregii isti coniugii contemptores et castitatis iacta-
tores, cum illi solum contineant, non qui fugiunt moiestiam, sed quibus
datum est, ut propter regnum coelorum contineant.
Et quid tandem ad nos, quid iudicent bullae? Faciamus, quod
bonum est, per infamiam et bonam famam. Dominus iudicat populos
10 et orbem terrae cum aequitate. Omnis homo mendax. Solus autem
deus verax. AMEN.]

DE VIDVIS APVD PAVLVM


I. TIMOTH. V
TD ELIQVVS est locus unus, quem pro uotis fortasse facere
15 -CValiquis putabit. Is est Pauli .1. Timoth. v. de apostatis
uiduis dicentis hoc modo Cum lasciuierint aduersus Christum,
nubere uolunt, habentes damnationem, quia fidem primam
irritam fecerunt Ex hoc loco non obscurum est uenisse
celebre illud Augustini uerbum, quo definit, Sanctimonialibus
ao non solum nubere, sed et uelle nubere damnabile esse. Sed
Paulum prius uideamus, qui si non hoc cogit, nec Augustinus
quippiam coget. Primum hoc certum est, Paulum prorsus
nihil loqui de uouendi instituto, neque enim Ecclesia primi-
dua hoc uoti genus unquam nouit, sed de uiduis loquitur,
as quae alebantur Ecclesiae facultatibus, et curabantur ministerio
Diaconorum, quäle exemplum in Actis quarto legimus. Nihil
ibi de uiris religiosis, nihil de uirginibus, sed de pauperibus
uiduis agit, quarum cura in lege Mosi instantissime commen-
datur. Nam in eodem capite Paulus definit uiduas, quae
30 possint ali a suis, non debere ali facultate Ecclesiae. Dicit
enim: Si quis fidelis habet uiduas, subministret illis, et non
grauetur Ecclesia, ut iis, quae uere uiduae 1sunt, sufficiat. Kursus 373E
uiduas, quae parentes aut filios habeant, aeque secernit, dicens:
Siqua uidua filios aut nepotes habet, discat primum domum
35 suam regere et mutuam uicem parentibus reddere, hoc enim
acceptum est coram deo. Veram autem uiduam facit eam,
quae nec parentes nec filios, nec ullos habeat a quibus 667w
curetur. Sic enim dicit: Quae autem uere uidua et solitaria
est, sperauit in deum, instat orationibus et obsecrationibus die
2 Gen. 3, 19 9 2. Ko. b, 8 Fs. 96, 13 IO Rö. 3, 4
15 1. Ti. 5, I I f. 19 De bono viduitatis c. 9 . in viduali et virginali
continentia excellentia muneris amplioris expetitur; qua expetita et electa
et voti debito obltao iam non solum capessere nuptias, sed, etiamsi non
nubatur, nubere veile damnabile est (MSL. 40, 437) 28 Dt. 10, 18.
24 ,1 7 .2 7 ,1 9 26 AG. 6, i (4, 34?) 29 1. Ti. 5, 16 34 v. 4 38 v. 5
296 De votis monastitis

et nocte. Inter has igitur inüenit duo genera, quae damnet,


unum, quod in deliciis uiuit, scilicet earum, quae relictis sibi
opibus diuites sunt, unde seipsas curent; de iis dicit: quae
in deliciis est, uiuens mortua est. Alterum, quod ab Ecclesia
susceptum erat propter paupertatem; sed hae, cum essent 5
juniores, alienis facultatibus saginatae lasciuiebant Et quae
in propria paupertate a nullo fuissent petitae, nunc in alienis
laboribus pingues ultro petunt nubere. Sed nec hoc in eis
damnat Paulus, quod nubere uolunt, sed, quod fidem primam
irritam fecerunt sic enim dicit: Habentes damnationem, quia »o
fidem primam irritam fecerunt; alioqui contra seipsum diceret,
ubi sequitur: Volo juniores nubere, filios procreare. 'Eides'
uero in eo loco uotum non polest significare, neque enim
uouerant uiduitatem, neque in tota scriptura fides uotum signi-
ficat, sed fides Christi ea est, quam, ut securius nuberent,
abnegauerunt et ad Iudaismum ucl gentilitatem redierunt,
id quod probant circunstantiae et sequelae. Sequitur enim:
Iam enim quae dam retro conuersae sunt post Satanam. Et
herum: Simul discunt loqui quae non expedit. Haec certe
dicuntur de apostasia fidei et doctrinae, ut satis notum est 20
Eodem spiritu et in secunda ad Timotheum scribit: Demas
me dereliquit diligens hoc seculum. Et herum: Scis, quod
auersi sunt a me omnes, qui sunt in Asia. Si enim non
374 e peccas'sent in fidem, non de eis loqueretur hoc modo, sed
mandaret eos curari, quo modo fomicarium apud Corinthios. -r
Quare concludimus, fidem primam esse Christianam fidem, a
qua multi in primitiua Ecclesia apostatabant, cum adhuc esset
nouella. et hanc apostasiam maxime arguunt Apostoli, in
quam et autor Epistolae ad Hebraeos inuehitur, dum asserit
esse impossibilem renouationem salutis iis, qui semel prolapsi 3°
sunt, uidelicet, quod ii, qui labebantur, arbitrabantur etiam alia
fide, nempe propria aut Iudaica, sese saluos fore. Nihil ergo
ad uota pertinet locus iste, multo minus ad religionum uota,
sed et hoc magnum argumentum est, de fide Christi eum
loqui, quod ait : cum aduersus Christum lasciuierint. Aduersus 35
Christum lasduire est non sola libidine camis insanire, sed
contra fidem eins ob lasciuiam conari et negata eius fide
alio spectare.
Sed finge, Apostolum de uotis et non de uiduis loqui,
iam fortissime omnium pro nobis fach. Et nullus scripturae 40
locus tarn potenter euidenterque uota et religiones damnat,
10 1. Ti. 5, 12 12 v. 14 17 v. 15 19 v. 13 21 2. Ti.
4, 10 22 2. Ti. i, 15 25 i. Ko. 5, i ff. 29 Hbr. 6, 4 ff.
iudicium. 1521. 297

ut plane optandum 81t, eum uel loqui uel in^elligi de uotis. w


Si enim de uotis sentit, manifestum est, corrigi et damnari
uota in futurum, utcunque iilae in praeteritis peccauerint.
Didt enim: uiduas juniores deuita. Et iterum: Volo juniores
5 nubere. Quare post hanc Apostoli definitionem prorsus nulli
licuit uouere, nisi annos nato sexaginta. Elige ergo, utrum
uolueris: aut Apostolus loquitur de uotis, uel non loquitur de
uotis; Si non loquitur de uotis, nihil urget hic locus; si lo­
quitur de uotis, correcta et damnata est ab ipsomet uita de-
10 uotaria ante sexagesimum annum, et patrona erit nostrae
sententiae autoritas ista fidelissima, ut securissima sit con-
scientia, si uota sua cassauerit.
Summa. Cum abunde satis dictum sit, hoc uitae gcnus
pugnare cum Euangelio, dum facit peccatum in cibis, uestihus,
*s potibus, locis, personis, operibus, gestibus, in quibus Christus
nullum peccatum facit, sed libera esse iussit, nec subsistere
possit, nisi pec'catum eiusmodi faceret et conscientias illa- 375 e
quearet, ut est omnium euidentissimum, — statim enim uane-
sceret, si libera haec esse putarent et conscientias non tenerent,
*> — Simul euidentissimum est, eiusmodi uota esse pulla, illicita,
impia, et Euangelio pugnantia. Quare non est disputandum,
pia uel impia opinione uoueris, cum certum sit, impias res a
te uoueri. Proinde fidendum est Euangelio, et uota ista,
quocunque casu, quocunque animo, quocunque tempore eraissa,
25 cum tota fiducia deserenda sunt, et ad libertatem fidei Chri-
stianae redeundum. Haec mea est firma et indubitata sen-
tentia, de qua benedico et gratias ago benignissimo liberaton
domino nostro Ihesu Christo, qui est benedictus in secula,
Amen.
3° Haec pro tempore de monastica uolui dicere, plura
dicturus, siquis ea impetierit, quanquam sic arbitror omnia
scripturis et rationibus euidendbus munita, ut non solum
possint aduersariorum os oppilare (quod parum spectaui), sed
etiam conscientias fideliter erga deum erigere et securas facere,
35 id quod maxime spectaui. Illaqueatis enim diuturnis legibus,
consuetudinibus, propriis pauoribus et scropulis, deinde sancti-
tatis autoritate, multitudine et magnitudine hominum, maxime
uero diuinis scripturis, erroneo sensu altissime imbibitis, certe
difficillimum est mederi et libertatem tarn letam tarn de-
40 speratis et iam dudmn in Inferno deploratis persuadere. Nam
ut haec pugnent et triumphent aduersus Papam et suas syna-
2 98 De votis monasticis iudicium. 1521.

gogas, infinitum illud Academiarum, monasteriorum, collegi-


orum uulgus, non magnopere gaudeo. Quid enim ad nos,
quid sapiat perditum hoc Papae et peiorum Turcarum regnum,
quod iam dudum contempsi? Nobis hoc curae est, ut con-
scientias roboremus aduersus Satanam in hora mortis, et 5
securas reddamus ante filium hominis. Insaniant homines ut
669 w ut uolunt, in morte saltem nos relinquent, siue uicti, siue
uictores. At coram Satana et iudicio der quis subsistet, nisi
certissimis et euidentissimis uerbis dei munitus steterit supra
376 e pe'tram et custodiarn suam, auditurus, quid contradicatur ei, 10
qui possit dicere deo, sine hesitatione et trepidatione cordis:
Haec tu dixisti, qui mentiri non potes. Vnde et ego per
Christum oro omnes, qui meo uoluerint hoc consilio uti, et
deserta monastice libertati sese reddere, ut ante omnia suam
conscientiam probent, ne forte hoc tentent nouitate rei allecti, 15
aut solo hominum contemptu uel odio. Nam ii in morte,
suscitata et uexata per Satanam conscientia de apostasia, de
soluto uoto etc. non subsistent, sed ad sacrilegam poeniten-
tiam spectabunt, fientque nouissima peiora prioribus. Opus
est enim hic solis uerbis dei puris fortiter inniti, et ne iudicio *>
quidem dei cedere, cum sciamus, ueracem eum esse, sese negare
non posse. Verba autem. quae huc ualeant, ea sunt, quae supra
posuimus, in quibus solus Christus nobis lux et dux praefici-
tur, et, quicquid est ab hominibus inuentum, damnatur. Ipse
igitur dulcis dux et lux nostra Ihesus Christus illustres et »z
roboret cor nostrum, in uirtute sua propria et uerbo
salutari in uitam aetemam. Cui est gloria et im-
perium in secula seculorum. AMEN.
P E T R VS
QVASI LIBERI ET NON QVASI j«
VELAMEN H A BE N TE S MA-
LICI AE LI BER TAT EM ,
SED SIC VT SER-
VI DEI.
PAVLVS. 35
IN LIBE RT AT EM VOCATI ESTIS,
TANTVM NE L IB ER TA T EM
DETIS IN OCCASIO-
NEM CARNI.
21 2. Ti. 2, 13 29 I. P t. 2. 16 35 Ga. 5, 13
Eine treue Vermahnung zu allen Christen etc. 299

Eine treue Vermahnung zu allen Christen,


sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung. 1522.
Während seines heimlichen dreitägigen besuchs in Wittenberg in der
zeit vom 4. bis 9. dez. 1521 (vgl. zuletzt Nik. Müller, Die Wittenberger
Bewegung s. 159) schrieb L. an Spalatin, er habe, ‘per viam vexatus rumore
vario de nostromm quorundam importunitate*, beschlossen, sobald er in seine
einsamkeit zurückgekehrt sei, eine öffentliche ermahnung ausgehen zu lassen
(W ABr 2 ,4 1 0 , 19s.). Mitte dezember^ W A R r2,412,51 f„) schickte er dann
von der Wartburg aus an Spalatin zu möglichst schneller Drucklegung
‘exhortationem vernaculam . . . in occursum rudium lllorum et insulsorum
nostri nominis iactatorum' [vgl. sich vnßers namens rhumen unten s. 304,
z. 27]. Wahrscheinlich ist die „Vermahnung“ auch schon im Januar
1522 erschienen12. Was hat L. zu dieser Veröffentlichung veranlasst?
Gewiss nicht die Wittenberger Studententumulte am 3. und 4. dez. 1521
(Barge, Karlstadt s. 342, Frühprotestantisches Gemeindechristentum s. 35 f.,
die quellen bei Müller s. 73 ff.). Denn in jenem ersten briefe an Spalatin
schreibt L .: ‘Omnia vehementer placent, quae video et audio’ (W A R r2,
410,18), und mit keinem worte deutet L. in der „Vermahnung“ auf diese
Wittenberger ausschreitungen hin, während er das Erfurter „pfaffen-
s türmen" (Müller s. 79 A. 2) unten s. 304, z. 22 erwähnt. Zur beant-
wortung der frage nach der Veranlassung unserer schrift haben wir nur
die eine quellenstelle m jenem ersten briefe L.s an Spalatin: ‘per viam
vexatus . . .’ L. hatte auf der reise von der Wartburg nach Wittenberg
verworrene gerüchte vernommen von der mehr und mehr sich verbreiten­
den und zur explosion in einer grossen „pfaffenschiacht" drängenden
wut des volks, zunächst der Thüringer bauernschaft, auf hierarchie,
klerus und mönche. Obgleich er selbst an diese gefah r nicht glaubte,
wollte er doch gleich öffentlich erklären, was er von aufruhr und empörung
halte, und bei dieser gelegenheit die Stürmer und dränger in seiner partei
zur mässigung und vorsieht den einfältigen und schwachen gegenüber er­
mahnen, die sich nicht so schnell von dem alten wahne loslösen könnten
und die man nicht durch ostentative und provokatorische betonung und
gewaltsame aufdrängung der evangelischen freiheit vor den köpf stossen
dürfe. (Vgl. auch Barge, Histor. Ztschr. 99, 308 f.) W ir geben W . A.
8, 673 B (2. aufl. von Melchior Dorther in Wittenberg) wieder1.
1) in der Jenaer ausgäbe ist sie vielleicht ganz richtig datiert:
19. Jan. 1522. W . A. 8, 670 wird dagegen auf den brief des damals
in Wittenberg studierenden Albert Burer (Müller s. 32 A. 1) an Beatus
Rhenanus in Basel vom 27. märz 1522 (Müller s. 213 s.) verwiesen, wo
B. unsere schrift „unter den novitäten der letzten zeit" nenne. Die stelle
ist etwas dunkel. Heisst es einen buchhändler belästigen, wenn man
ihm einige bücher seines verlags abkauft? Ferner aber nennt B. den
‘Germanicus libellus de non excitando tumultu’ zusammen mit dem *Tiber
de Abrogatione missae’ [kurz vor 8. Jan. 1522 erschienen; vgl. Barge,
Gemeindechristentum, s. 44 A. 6] und dem * Liber de votis* [ca. 25. febr.
erschienen] und fügt hinzu: ‘Misissem vero diu libenter aliquid, si mihi
nundum istuc fuisset. Caeterum non libenter mitto, cum iam gratiam
nouitatis amisit’. Die Schriften waren also jetzt gerade keine novitäten mehr!
2) wollten wir A (1. aufl.) reproduzieren, so müßten wir die drucksehler
nach B korrigieren, wodurch fast d ertext von B zustande kommen würde.
300 Eine treue Vermahnung zu allen Christen >

IV öw Jhesus.
(j Allen Christen die bissen brieff leßen odder horenn geb gott gnad
vnd fride Amen.
Es ist von gottis gnaden yn bissen iaren / das selige licht der Christ­
lichen warheyt durch pabst vnd die seynen tzuuor vordruckt / Widder auff- 5
gangenn / da durch yhre manchfeldige schedliche vn schendliche vorfurüge
allerley mißtadt vnd tyranney öffentlich an tag bracht vnd tzuschanden
worden ist. Das es sich ansehen lest / es werde gelangen tzu auffrur vn
pfaffen / munich / bischoff mit gantzem geystlichen standt erschlagen vnnd
45 e I vorlagt mochten werden / wu sie nit ein ernstliche merckliche befferung selbs »
für wenden« / denn der gemeyne man / yn bewegung vnd vordrieß seyner
beschedigung am gut / leyb vnd seel erlitten zu Hoch vorsucht vnd vbir
alle maß vonn ybn auffs aller vntreulichst beschweret / hynfurt solchs
nymmer leyden muge noch wolle / vnd datzu redliche vrsach habe mit pftegeln
vn kolbe dreyn tzu schlagen / wie der Karst Hans drawet. i5
Wie woll nu ich / nit vngerne höre das die geystlichen yn solcher
furcht vn sorge stehen / ob sie da durch wolte yn sich selb schlahen vnd yhr
wutende tyranney senfften vnd wolt got solch schrecken vnd furcht were noch
grosser Szo duckt mich doch / ich sey des gewisß / byn auch on alle sorge /
evniges tzukunfftigenn auffrurhiß odder entporunge / sonderlich der do durch ••
vn durch dringe vnd den ganyen Haussen vbir falle / auß der vrsach / das
ich nit mag nach soll tzweyffeln / gvlt werde vbir seyne wort halten vnd
vill ehe lassen hymel vnd erden vorgehen / ehe eyn eyniger tuttel odder
buchstab dauon verfalle / wie er selbs sagt Math. v. vn .gtiij. der halb-
laß ich drawen vnnd schrecken wer da mag vnnd will / auff das erfüllet «s
werde die schrifft die do sagt von solchen« geystliche vbelthetern. Psal. xxxv.
677W yhre boßheyt ist 1offenbar wordk / dz man yhn feyndt Wirt. Ztk Psal. xiij.
sie furchtk sich da keyne furcht ist. Jte prouer. xxvij. Die gotloßen fliehe /
ob sie schö niemät raget / vn Leuit. xxvi Es sol sie auch eyn rawsched
bladt erschrecke vn Deu. xxviij. Gott w irt dyr gebe ein erschrocken Hertz /
dz dein leben wirt für dyr weben / des morgens wirstu sagen / wolt got
ich ybir lebet denn abent / des abents wirstu sagen wolt got ich vbirlebt
den morgen«. Solch schrecken vn furcht gibt die schrifft all? gottes feynden /
-um ansang yhrer vordamnuß. Darumb ists billich vnd geselletmyrw o l/
das solch plage ansehet yn den Papisten die gotliche warheyt vorfolgen vnd 35
vordamnen. Es sol schyr noch baß beyffen.

8 führen 11 vornehmen erwägung 15 Bauer (Flugschriften


4, 37 ff.) droht 17 in sich gehen 18 m ildem 24 M t. 5, 18. 24, 35
26 Ps. 36, 3 27 Ps. 14, 5 28 P r. 28, i 29 Le. 26, 36 30 D t.
28, 65 ff. 31 hin- und herschweben 33 weist zu 36 bald
sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung. 1522. 301

' Vnd da- ich mehr sage. Wen ich yrhe leybe hette / vnnd möcht bey 46 e
gor ßo vil gnade erwerben / das er sie mit dyffem fuchsschwany des leyp-
lid)«i tc H odder auffruhriß casteyet / ßo wott ich sie doch alle auß Heryen
gründ gerne dar strecken / für den elenden Haussen. Ach Herr gvt / es ist
5 nit ein solche linde straff für d' rhur es ist ein vnsaglicher ernst vnd -orn /
des keyn ende ist / vbir sie schon angangen. Der hymel ist eysern / die erde
eerern. Es hilfst keyn bitte mehr. Der yorn ist / wie .S. Paulus von«
Juden sagt / vbir sie komen entlich. Es ist nit vmb ein auffruhr -u thun
für gott / wolt gott / die weyl / dem Haussen nit yu helffen ist / wir mochte
10 doch etlich erauß reyffen / vnd von dem grewlichen schlund vnnd rachen
erretten. Die schrifst gibt dem Bapst vn den seynen gar viel ein ander
ende / den leyplich todt vn auffruhr. Daniel, viij. spricht. Er soll onn
Hand hurknurffet werden / das ist / nit mit dem schwerd vn leyplicher
gemalt. Dn .S. Paulus .ij. Theff. ij. sagt von yhm alßo. Vnser Herr
15 Jhesus w irt yhn todten mit de geyst seynes munds vn w irt vn vorstore
durch das erleuchte seyner yukunfft. Die maler malen auch alßo Christi»/
auff dem regenbogen das yhm ein ruthe vnd schwerd auß dk mund gehet /
wilchs ist auß Jsaia .xi. genomen Da er spricht. E r w irt schlahen die
erden mit der stangen seyns munds / vn mit dem geyst seyner tippen wirt
so er todten den gottloßen. Das aber die maler ein bluende ruthen malenn /
ist nit recht. Es sott eyn stab odder stangen seyn / vnnd beyde stange vnnd
schwerbt / alleyn vbir die eyne seytte 1 gehenn vbir die vordampten. 3 fr 678 w
Psal. x. yurknurffe den arm des gottlosßen ersuche seyne boßheyt / ßo wirt
seyn gottloß weßenn schon nymmer bestehen.
*s Auß dißen spruche lerne wir / das des Bapsts Endchristisch regiment
mit yhm w irt dißer maffenn vo: störet werdenn. Nemlich / das durch /
das wort Christi / 1wilchs ist der geyst / stang vn schwerd seynes mundiß / 47 e
wirt seyne buberey / trigerey / schalckeyt / tyranney / vorfurerey / auffdeckt
vnd für aller wett bloß yu schänden werden / den die luge vn vorfurerey
30 w irt alleyne damit vorstoret / wen sie offenbar vn erkant wirt. Szo bald die
luge erkenet w irt / darff sie schon keynes schlags mehr / feld vn vorschwüd
üb yhr selbs mit allen schände / Das meynet Psal. x. suche nur seyne boß-
heit / so ist seyn gotloß wetzen schon dahyn. Es darff nit mehr den suchen
vn erkennen. Nu ist des Bapsts wetzen mit seynen stiften / klostern / hohen
35 schulen / gesehen vnnd leren eyttell lugen / durch eyttell lugen auff bracht /
hat auch die wett nit anders den mit scheyn vnd guter gestalt / betrogen /

2 sanften züchtigungsmittel (vgl. W . A. 18, 4 0 1*7


8) 6 Dt. 28, 23
7 1. Th. 2, 16 8 endgültig 12 als Da. 8, 25 (auch W A B r2 ,
249,14s. zitiert) 14 2. T h. 2, 8 16 vgl. ausser XV. A . 8, 6781 die
bei W . L. Schreiber, Manuel de Vamateur de )a gravure sur bois et sur
mttal au X V * stecle I (1891), 166; I I I (1893), 73 zitierte Literatur
18 Jes. ü , 4 23 Ps. 10, 15 zerknirsche suche hein 31 bedarf
32 Ps. 10, 15 36 äusserlieber hciligkeit
302 Eine treue Vermahnung zu allen Christen,

vorfuret / vnterdruckt atm leyb / gut vnd seel verderbt. Drumb darffs nit
mehr den nur erkennen vnd offenbar machen / ßo fellet es dahyn mit
Bapst / pfaffen / munchr yn aller schand vn schmach. Den kenn mensch
ist ßo toll / der da folge vnd nit hasße / die offenlichenn lugen vnnd
falscheyt. Wen nun solch Offenbarung der Bepstischenn buberey geschehen 5
ist / vnd der geyst des munds Christi ym schwanck gehet / dz der Bapst
mitt seynen lugen nichts mehr gilt vnnd ganh voracht Wirt / als den wirt
mit tzuplatzen vnnd treffen der iungst tag / vnnd wie Paulus sagt / wirt
Christus den Bapst vollend tzu stören durch seyne tzukunfft.
679W 1 I n diffem handell ist ditz das aller feynst / das der Bapst vn die seynen io
vorstockt / werden svlchs nit gleuben sondern vorlachen / auff das sie er­
füllen den spruch Pauli. Cum dixerint pax / Wen sie werden sicher seyn
vnd sag- Es hat noch keyn nott / ßo wirdt yhn komen schnell yhr vorterbe /
Auff das nu die Papisten yhe sich nit bessern vn gnade suchk / sollen sie
di- nit glanbk / vn sage / ya der Iungst tag ist noch fern / biß das sie ym 15
augenblick / ehr sie sich vorsehen ym gründ des hellischen fewriß ligenn vbir
eynem Haussen.
Als ich nu hab gesagt / die weyl ich gewiß byn auß dysen spruchen /
das durch menschen Hand odder auffruhr / das Bapstum vnd geystlicher
stand nit w irt vorstoret / Szondern seyne boßheyt ßo grewlich ist / das «
48 e yhr 1 keyne straff genug ist / den alleyn der göttliche tzorn selber on alles
mittel / hab ich noch nie mich bewegenn lassen / denen tzu weren / die mit
der Hand vnnd pflegell drawen / Weyß wol / das yhn nit w irt datzu komr /
ob glevch ettliche wurden antastet / ßo wirts doch nit eyn gemeyn antasten
werden / sind doch tzuuor woll mehr pfaffen on allen rumor vn emporüg »5
erschlagen / da man sich noch für yhre ban furchtet vn der tzorn gottis noch
nit war angangen / aber nu er angangk ist / vn man sich nit mehr für yhm
furchtet / solle sie sich furchte vmbsonst gleych wie sie vns bißher vorgeblich
mit yhrem falsche ban haben furchten gemacht vnnd yn vnser furcht eyn
gutten hofferttgen willen gehabt. 30
Doch / ob wol die Hand nit dartzu kvme wirt vn der selbigen mir nit
nott ist tzu weren. Szo muß ich doch / auch die hertzen ein wenig vnter-
richten. Dn für das erste / laß ich die weltlich vbirkryt vnd adel itzt an­
stehen / welche wol selten auß Pflicht yhrer ordenlicher gemalt datzu thun.
Ein iglicher fürst vnd Herr ynn seyne land / Den was durch ordenliche ge- 35
walt geschicht / ist nit für auffruhr tzu halten. Aber nu lassen sie es alles
gehen / eyner hyndert den andern / etliche helffen vn rechtfettigen datzu /
des Endchrists fache. Gott w itt sie wol finden / vn yhn geben / nach dem
sie yhrer gemalt vnd vbirkeyt / tzu rettüg oder vorderben yhrer vntetthan
an leyb / gutt vn seel braucht haben. Aber dem gemeynenn man ist 40
8 eintreffen illnst B 2. Th. 2, 8 12 1. T h . 5, 3 14 ja
22 ohne alle Vermittlung 23 gelingen 27 yhr B 29 an unsrer
furcht ein Wohlgefallen 34 beiseite
sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung. 1522. 303

seyn gemut hu strllen vnd -u sagen / da- er sich enthalde / auch der be
girden vnnd wort / ßo hum auffruhr sich lencken / vn hur fach nichts
ftrrnehm on befelh der vbirkeyt / odder huthun der gemalt, dahu solle yhn
bewege.
5 Zum erstenn / daS / wie gesagt / eS doch nit hur that komen mirs.
Dn eytell vorgebliche wort vnd gedancken sind / waS do von gered vn ge­
dacht *1w irt / Den wie gehört ist / gott will vnnd wirt selber hie der streffer «oW
seyn / vnd sie solcher leychter straff / ganh vnd gar nit wirdig sind. Auch
ßo sehen w ir / wie die fürsten vnd Herren ßo vneyniß / vnd sich gar nichts
10 dahu 1 stellen / alß woltenn sie den fachen helffen / wilchS alles von gott 4 9 e

vorhenget vnd geschickt w itt / auff daS er alleyn straff vnnd fevnen -orn
vbir sie auß schütte. Wie wol fürsten vnd Herren / wie gesagt ist / do
mit nicht entschuldigt sind / Sie solle daS yhre dahu thun / vn mit de schwerd /
daS sie ttage / weren / ßo viel sie mochten / ob sie gottiS Horn doch eyniß
15 teylS tzu vor komen vnd lyndern kundenn. Gleych wie MoseS Exo. yxij.
ließ drey tauserrt vom volck erschlahe / auff dz gottiS Horn vom vvlck
wendet wurde / wie denn auch vö Elia vnd PhineheS die schrifft sagt /
nit daS man itzt solt die pfaffen todten / wilchS vn nott ist / sondern nur
mit Worten vorpietten vnd drob mit gewalt halte / waS sie treyben vbir
ao vnd widder daS Evangelium. Man kan yhn mit Worten vnnd briefen mehr
den gnug thun daS Widder Hamen noch stechenS bedarff.
Zum andern / obs gleych muglich were / dz eyn auffruhr wurde / vnd
got sie ßo gnediglich wolt straffen / ßo ist doch die weyße keynn nutz / brengt
auch nymer mehr die befferung / die man damit sucht. Denn auffruhr hat
25 keyn vornnnfft / vnd gebet gemeynicklich mehr vbir die vnschnldigen den
vbir die schuldige. Darumb ist auch keyn auffnrhr recht / wie rechte fach
er ymer haben mag. Vnd folget alleheyt mehr schadenS den befferung
darauß. Damit erfüllet wirt daS sprich wort / Auß vbel w irt ergerS.
Der halbe ist die vbirkeyt vn das schwerd eynyeseht hu straffen die bösen vn
y tzu schuhen die frumen das allffnlhr vorbutet werden wie @. Paulus sagtt.
Ro. xiij. vn i. Pe. tj. Aber we E r omneS auffstehet / der vormag solch
vnterscheyd der boßenn vnd frumen wvdder treffen noch halten / fchleget
vn den hauffen / wie es trifft / vnd kan nit on groß grewkich vnrecht hu
gehen. Darumb hab acht auff die vbirkeit / so lange die nit hu greyfft
35 vn besilhet / ßo haldt du stille mit Hand / mund vnnd Hertz / vn nym dich
nichts an / kaustu aber die vbirkeyt bewegen / daS sie angreyffe vn befelhe /
ßo magistu eS thun / will sie nicht ßo sollt« auch nit wolle / feristu aber
fort / ßo bistu schon vngerecht vnd vill erger den daS ander teyll. Ich
h a lt1 vnd willS alleheyt halten mit dem tevl / das auffruhr leydet / wie vn- 50 e
40 rechte fach eS ymer habe / vnd wvdder seyn dem teyl / da» auffruhr macht

2 erstrecken 3 gewalt B 15 Ex. 32, 28 17 1. Kö. 18, 40


Nu. 25. 7 ff. 20 mandaten 28 Ih ie le no. 478 31 Rö. IZ, 1 ff.
1. Pt. 2, 13 s. der pöbel 33 nn] yhn B 40 widerstehen
304 Eine treue Vermahnung zu allen Christen,

wie rechte fach es ymer habe / darumb das auffruhr nit kan on vnschuldlg
-lu tt / odder schaden ergehe.
Zum dritten ßo ist auffruhr vonn gott vorpottenn da er sagt durch
Mosen / Quod iustum est iuste exequaris. Was recht ist / soltu mit recht
außfurenn. Item die rach ist mein / ich wil wydder gelten / da her kompt $
681 w i d-g wäre sprich wort . Wer wydderschlegt der ist vnrecht. Item niemant
kan seyn eygen richter seyn. Nu ist auffruhr nicht anders / den selbs richten
vn rechen / das kan gott nicht leydenn / darumb ists nit muglich das auff­
ruhr nit sott die fach vill erger machen» / weyll sie wydder gott /
vnd gott nit mit yhr ist. »«>
Zum vierdenn ist ynn dißer sach / der auffruhr eyn Sonderlich gewisß
evngeben des teuffells. Denn die weyl er sitzet das Helle liecht der war-
i)tit I welches seyne gohen Papst vnd Papisten auffdeckt ynn aller wellt /
vnnd er yhm ynn keynen weg begegrnn kan / die gleny find yhm ynn die
äugen geschlagen das er vorblendet / nit mehr den liegen lestern vnnd das *s
nerrischt ding für geben kan / ßo gar / das er auch vorgist / scheyn färbe vn
gleyssen / wie er bißher gewonet hat für yu wenden als das auß weyffen
die luge meuler Bapst / Eck / Emßer vnnd yhr gleychenn ynn yhren bullen
vnnd schrifftenn / feret eryu vnnd will auffruhr anrichtenn / durch die ßo
sich des Euangelij rhumenn / domit er hoffett / vnßere lere yu schimpfirn / *©
als sey sie vom teuffell vnnd nit auß gott / wie ettlich schonn auff der
kanyell gloriern / auß dem spiel / das er yu Erffurd mit den pfaffrn anfieng.
Aber es sol yhm / ob gott w ill / nit gelingen. Wyr muffen den schimpff
von yhm leyden. Er soll aber da gegen auch etwas leyden / das yhn reych-
lich beyale. Wilche meyne lere recht leßen vnnd vorstehen» / die machen -5
nit auffruhr. Sie habenß nit vo myr gelernet Das aber etlich solch-
thun vn sich vnßers namens rhumen / was können wyr dayu? Wie viel
5i e thun die Papisten vnter dem 1 namen Christi das nit alleyn Christus vor-
potten hatt Sondern auch Christum vorstorett? Sollen wyr vnßern Chor
ßo reyn halten / das auch .S. Peter nist strauchele vnter vnß / ßo doch i°
vnter den Papisten eyttell Judas vn Judas tuck sind vn wollen dennoch
yhr lere nit dem teuffel yu geeygent haben ? Aber / wie ich sage / der
teuffell sucht alßo vrsach / diße lere yu schmehen / wie er kan / kund er
etwas ergers ßo thett erß auch Er ist matt wordenn / er muß her halten
ob gott will weyl er solch tonte / loße / fawle anschleg furnympt. Es wirkt 35
vnnd soll yhm yum auffruhr nit gedeyen / wie er gerne wollt
Darumb bitt ich / wer sich des Christlichem! namens null rhumen /
der halt sich wie .S. Paulus sagt. ij. Cor. iij. das wyr den widdersachern
nit vrsach gebe / yu lestern vnßere lere. Den wyr sehe wie die Papisten
4 D t. 16, 20 5 D t. 32, 3$ vergelten 6 W ander, wieder­
schlagen no. 2, Richter no. 5 5 ; vgl. auch W . A . l8 , 303, z. 34 ff.
14 strahlen 16 ganz und gar 17 gepflegt 22 s. E in l. 34 stille
halten 38 2. K o. 6, 3
sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung. 1522.
305

geschickt sind das sie den balcken ynn yhren äugen stehen lassen vnd mit
gantzem vleyß / suchen vnnd scharren / ob sie eyn kleyniß flectiern ynn
vnßern äugen finde muge. Wyr sollen yhn nit auffrucke / das sie fast nichts
gutts bey yhn haben. Aber wo vnßer eyner nit eyttel geyst vnd eugel ist /
5 ßo soll all vnßer ding vnrecht seyn / Da frewen sie sich / da hupffen sie /
da singen sie1 alß hetten sie gantz gewonnen. Darumb solle wyr vnß Hutten 68* w
vor vrsach yhrer lesterüg / der sye voll voll voll stecke / nitt vmb yhrend
willen / denn sie muffen doch lesternn vnnd das maul vbir gehen lassen /
des das Hertz voll ist sollten sie es auch mit lugen außrichten wie wyr
*0 sehen das sie thun / ßondern vmb des Heyligen Euägelij wyllen / das wyr
seyne schwach vorwaren / vn yn yhr maull tzu stopffen (alß .S. Petrus
leret) das sie mit keyner warheyt vnß schenden mugen ßo viel vnß mug-
lich ist. Denn was sie boßes vö vnß sagen mugen / zihen sie ßo bald auff
die lere / vnd muß alßo das heylig wortt gottis vnßer schand tragen / dauon
15 wyr alle ehre habenn. Aber sie wollen yhre lere vngeschend haben / ob sie
eyttel schand »trete / das Edle / hatte / rechtfertige volck.
1 Sprichstu aber was sollen wyr den thun / so die vberkeytt nicht an- s* ®
sahen wyll? ßollen wyrs noch lenger gedulden vnnd yhren muttwillen
stercken? Anttwortt. Neyn du sollt der keyniß thun. Dreyerley solltu
«o datzu thun. Das erst / du sollt erkennr deyn fund / wilche gottis strenge
gerechtickeit / mist solchem Endchristischen regimentt geplaget hatt / wie
.Sanct. Paulus .ij. Teff. ij. vorkundiget. & ott w ittt yhn tzusenden / yrrige
lere vnnd regiment / darumb das sie die liebe der «arheytt nit angenommen
haben / damit sie selig wurden. Es ist eyttel vnßer schuld / alles was der
*5 Bapst m itt den seynen an vnßerm gut / leyb vn seel than hatt. Darub
mustu tzuuor die fund bekennen vnd ablegen / ehe du der straff vnnd plage
roilt loß seynn / ßonst wirstu wydder den spieß ttetteu / vnnd der steyn
den du ober dich wirffist gen hymel / wytt dyr auff denn kopff fallen».
Das ander / du solt demutiglich bitten wydder das Bepstisch regimtt/ wie
30 da thut vnd leret der newnde Psalm vnd spricht. Stand auff Herr gott /
vnnd erhebe deyne Hand vorgisß nit deyner armen. Warumb lestett der
gotloß dich her gott / vnd spricht / du fragist nicht dar nach / du sihest yhe
vnd erkennist seyne muhe vnd grym / auff das du sie vbirgebist ynn deyne
hende Der arme ist dyr gelassen / dem weyßr wirstu helffen / zur knurse
35 den arm des gottloßen / suche seyne boffopt ßo w itt seyn gottloß weßen
nymmer seyn rc.
Das dritte / das du deynen mund lassist seynn eynn mund des geystes
Christi / vonn dem .S . Paulus droben saget. Dnser herre Jhesus / w itt

, i M t 7, 3 7 ihnen gründ zur L. zu geben 8 M t 12, 34


9 myr B *11 abwehren Tit. 1, 11 13 sihen B 16 unschuldige
22 2. Th. 2, 11 f. 25 hatt er B 27 das Strafgericht dir selbst zu­
ziehen 30 Ps. 10, 12 ff. 34 ergeben 38 2. Th. 2, 8
306 Eine treue Vermahnung zu allen Christen,

ytm tobten mist dem mund seynes geystes / das thun w ir ßo w ir getrost
fürt stiren / wie angefangen ist / des Bapst vnd der Papisten buberey vnd
triegerey / vnter die leut treybk / mit reden vnnd mit schreyben biß das er
ynn aller wellt bloß auffdeckt erkenet vnnd hu schänden werde. Denn
68jW mit werten muß 1man yhnn huuor todten / der mund Christi muß es thun/ 3
damit w irtt er auß der menschen herhen geryffen / vnnd seyne lugen er»
53 e kennet vnd vorachtet. Wenn er aber auß denn 1herhen ist / das seyn dinck
nist mer gilt / ßo ist er schon vorstoret. Hie mit kan man yhm baß radten /
denn m itt hundert auftruhr. M it gewallt werbt wyr yhm nichts abbrecht /
iti mehr yn stercken / wie es bißher vielen ergangen ist. Aber mitt dem »o
liecht der warheytt / wenn man yhn gegen Christo vn seyne lere gegen
das Euangeliu bellt / da da feilt er vn Wirt hu nicht on alle muhe vnnd
erbebt. Sich mennn thun an. Hab ich litt dem Bapst / Biffchoffen /
Pfaffen vnnd munchenn alleyn mitt dem mund / on allenn schwerd schlag
mehr abbrochen / denn yhm bißher alle Keyßer vnnd Könige vnd Fürsten s
mit alle yhr gemalt haben abbrochen. Warumb das? Darumb das Daniel
.viij. sagt / dyßer König soll vn Hand vorstoret werden / vnd .S. Paulus.
E r sol mit dem mundt Christi vorstoret werden. Nu mag ich vü eyn
iglicher / der Christus roort redet frey sich rhumt / das seyn mund / Christus
mund sey. Ich bynn yhe gewiß / das meynn wort nist meyn ßondern
Christus wort sey / ßo mus meyn mund auch des seyn / des wort er redet.
Darüb darffistu nit begeren / einer leyplicht auffruhr. Es hat Christus
selbs schon emie angefangen mit seynem mund / die dem Bapst allhu
schwere roirt seyn / der selbige laß vns folgen vnd fort faren. Es ist nit
vnser werck / dz iht geht ynn der weit. Es ist nit muglich das eyn mensch «5
solt solch eyn weßen ansahen vnnd füren. Es ist auch on mein bedencken
vnnd radschlagen ßo ferne körnen. Es soll auch on meynen radt wol hynauß
. gebe / vn die Pforten der hellen sollens nit hyndenr. Eyn ander man ists
V das reble treybt / den sehr die Papisten nit / vnd gebens vnß schult.
Sie sollens aber gar schyr vnnen werden. Der teuffel hat sich lange heyt
für bissen iaren gefurcht / vnnd den braten von ferne gerochen / hat auch
viel propheceyenn da wydder lassen außgehen / der etliche auff mich beutten /
das ich mich offt seyner grossen schalckeyt vorwunder. E r hett mich auch
oftt gar gerne tobtet / iht wolt er gerne dz ein leyplich auffruhr wurde /
54 L ' da mit bisse geystlich auffruhr hu schänden vn vorhyndert wurde. Es w ill 3$
aber vnd soll ohn nit helffen / ob got will. E r muß on Hand / vnnd alleyn
mit dem mund vorstoret werden / da hilfst nichts für.
Sihe nun treybe vnnd hilff treybenn das heylige Euangelium / lere /
rede / schreyb vn predige / wie menschenn geseh nichts seyn» / roere vnnd

1 oben s. 301, z. 15, richtig: mit b? geyst seynes Munds 3 »U-


gemein bekannt machen 4 auffdeck B 9 abbruch tun 17 Da. 8, 25
2. Th. 2. 8 27 weit 29 Thiele no. 126 30 bald 31 Thiele no. 91
32 vgl. W . A. 8, 47t), z. 5 s.; 562, z. 13 f. und dazu flugschriften 2, 2 b "
sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung. 1522. 307
rab das niemant pfaff / munich / Nöne werde / vn wer drynnen ist eräug
gehe / gib 1 mt mer gest hu Bullen / kerhen / glockk / taffeln / kirchen / 684w
Sondern sage / das eyn Christlich lebenn stehe ym glaubenn vnnd liebe /
vnnd laß vnß das noch hwey iar treyben / ßo soltu wol sehen / wo Bapst /
5 Biffchoff / Cardinal / pfaff / mund) / Nonne glocke / Turn M eß / vigilien /
kutten / kappen / platten / regel / datuten vnd das gantze geschwurm vnnd
gewurm Bepstlichs regements bleybe / wie der rauch sol es vorschwinden /
leren wyr aber das nit / vnnd bringen solch warheyt nit unter die leut /
das yhn solch ding auß dem herhen genommen werte / ßo wirkt der Bapst
io woll für vns bleyben / wen wir gleych thausent auffruhr Widder yhn an-
fiengen. S ih e was hats gewirckt alleyn dih eynige iar / das wir habenn
solche warheyt getriebenn vnnd geschrybenn / wie ist den Papisten die
decke ßo kurtz vnd schmal worden. D ie starionirer klagen / sie muffen
schyer hungerß sterben. W as will werden / wo solcher mund Christi noch
*5 hwey iar mit seynem geyst dreffchk wirt? Solch spiel wolt der teuffel
mitt leyplicher auffruhr genre hyndern. Aber last vnß weyße seyn / gott
banden für seyn heylig wort / vnnd dyßer seligen auffruhr denn mund frisch
dar geben.
E s ist offenbar worden der Papisten Unwissenheit. E s ist offenbar
* wordenn / yhr gleysnerey. E s ist offenbar worden yhr falsche lugen ynn
yhren gesetzenn vnnd orden. E s ist offenbar worden yhr falsche tyranney
des Hannes. Kurh vmb / es ist alles auff deckt / damit sie bißher die wett
behaubert / erschreckt vnnd vorfuret haben. M an sthet das es eyttel gauckel
werck geweßen sey. Nichts mehr ist bey yhn das man furcht / on alleyn
»z noch 1eynn kleyner behelff weltlicher gewalt. Aber die weyl der fcheyn abe 55 e
ist / vnd mit lautter gewalt sie sich schuhen muffenn / ists nit muglich / das
es lange muge bestehen. Auch was dem mund Christi vber bleybt das
wirt seyne hukunfft vortilgenn / wie .S . Paulus sagt. Darumb last vns
krisch anhalten / das wort redlich eyntreybenn / die menschen geseh auß
30 treyben. Szo tobtet Christus durch vns das Bapstumb. E s singet schon
E li E li / es ist troffen. Schyer Wirts heyffen. Expirauit.
Aber hie ynn dyßem treyben muß ich abirmati ettlich vormanen /
die dem Heyligen Euägelio eynen grossen abfall vn nach reden machr. E s
sind ettlich / ßo sie eyn blatt oder hwey geleßen / odder ein predigt qtboitt
3S rips raps auß her wiffchen / vnd nichts mehr thun den vbirfaren vnd vor­
sprechen» di« andern mit yhrem wesen / als die nit Evangelisch seyen /
vnangesehk das -u weylen schlecht eynfeltige leutt sind / die «o ll die war­
heyt lernten ßo man sie yhn sagete D as hab ich auch nimant geleret /
vnnd .E . Paulus hat es hart vorpotten. S ie tbunß nur darumb das sie
40 wollen» etwas neweß wissen / vnnd gut lutherisch gesehen seyn. Aber sie
t bildern 5 türme 13 Thiele no.481 oben I 406, z. 7
25 Zuflucht zu weltl. g. 28 2. Th. 2, 8 29 ineukare 35 blind­
lings dreinfahren hochmütig abkanzeln
Zo8 Eine treue Vermahnung zu allen Christen,

68s w misßbrauchenn des Heyligen Euan'gelij hu yhrem Mutwillen. D a mit wirstu


das Euangeliü nvmmer mehr ynn die hertzenn treyben. Du wirst fle viel
mehr abschrecken / vnnd must ein schwer antwort gebenn / das du fle alßo
von der warheyt getriebenn hast. N it alßo / du narr / höre vnd laß dyr
sagen / turnt ersten / bitt ich man wolt meynes namen geschweyge / vst sich s
nit lutherisch sondern Christe heyffen. Was ist Luther? ist doch die lere
nist meynn. Szo byn ich auch für niemant gecreuhigt. S . Paulus .i.
Corin. iij. wolt nit leyden / das die Christen sich sotten heyffen / Paulisch
vdder Petersch ßondernn Christen. Wie keme denn ich armer stinckender
madensack dahu / das man die kynder Christi / sott mit meynem heyloßen io
namen nennen? N itt alßo lieben freund / last vns tilgenn die parteysche
namen / vnd Christen heyffen / des lere wir haben. Die Papisten habenn
billich eynen patteyschen namen / die weyll fle nit benuget an Christus lere
zb L vnnd 1 namen / wollenn auch Bepstisch seyn/ßo last fle Bepstisch seynn/
der yhr meyster ist. Ich byn vnnd will keyniß meyster seyn. Ich habe x$
mitt der gemeyne / die eynige gemeyne lere Christi der alleyn vnßer meyster
ist. M atth, xxiij.
Zum andern / wenn du das Euangelium wilt Christlich handeln /
ßo muffn acht auff die Person habenn / mit denn du redist. Die flnd
hweyerley / hum ersten« sind ettlich vorstockt / die nit horenn wollen / dahu *>
andere mit yhrem lugen maull vorfuren vnnd vorgifftenn alß da ist / der
Bapst / Eck / Emßer / ettlich vnßere biffchoff / pfaffenn vnnd munch / mit
denn selbigen soltu nichts handelln / ßondernn dich halten« des spruchs
Christi M atth, vij. yhr solt das heylgthum nit gebenn den Hunden / «och
die perlen werffen für die sewe / auff das fle die nit mit fuffen tretten / •$
vsi die Hund flch vmb kerenn vnnd euch hu reyffenn / last fle Hund vnnd
sew bleyben. Es ist doch vorlorenn. Item Salomon / wo nit ist der dyr
huhoret / ßo soltu deyn wort nit auß gissen Wen du aber flhest / dz die
selbigen lugner / yhr luge vnnd gisst auch ynn andere leutt schencken / da
solltu fle getrost für denn kopff stoffenn / vnnd widder fle streytten / gleych y>
wie Paul^ stieß den Elymam act. xiij. mit harten scharffen wortten/vnnd
Christus die phariseos nennet otter gehichte / das saltu nit vmb yhren
willen thun denn fle Horen nit / ßondern vmb der willen / die fle vorgyfften /
alßo gepeutt .S . Paulus Tito. E r soll solch vnnuhe Plauderer vnnd seel
vorfurer / hertticklich straffenn. ss
3um andern sind ettliche / die solchs huuor nit mehr gehortt habenn /
vnnd woll lernen mochten / ßo manß yhn saget / odder find ßo schwach /
das fle es nit leychtlich fassen mugen / dyffe soll man nitt vbirpoltern noch
686W vbir 1 rumpelln / sondern fle freuntlich vnd senfft vnterweysen / gmnd vn

5 vgl. A. Götze, Zeitschr. f. deutsche Wortforschung z, 189


7 I. Ko. 3, 4 s. 17 Ml 23, 8 2 2 biffchofft B 24 M t 7, 6
27 Si. 32, 6 31 AG. 13, 10 f. 32 Mt. 23, 33 34 Tit. 1, 10 f.
sich zu hüten vor Aufruhr und Empörung. 1522. 309
vrsach antzeygen / wo sie es aber nitt gleych fassen mugen / eynn tzeytlang
gedult mit yhn haben / do von sagt .S . Paulus Ro. xv. den schwachen»
ym glawbe sott yhr an nehmen. Jte .S. 1 Peter .1. P et. iij yhr sott 57 e
alltzeyt bereyt seyn tzuc antwortt eynem tgliche der vonn euch begerd / gründ
s vnnd vrsach ewer Hoffnung / mit sanffrnutickeyt vn forcht / da sihestu / das
mit senffte vnnd gottis furcht / wir sollen vnterricht geben» vnßers glaubens /
ßo es yrnandt begett odder darff. Wenn du nu für bissen leuten / deyne
grosse kunst willt ertzeygen / vnnd ßo kurtz herferist / vnd gibst für wie sie
nit vtdjt I beten / fasten / meß habenn / vnnd wilt fleysch eyer / ditz vnnd
10 das essen auff denn freytag / vnnd sagist nit daneben mit sanffrnutickeyt vnd
furcht / vrsach vnd gründ / ßo kan yn solch eynfeldig Hertz / dich nitt anders
achten denn das du eyn stoltzer / frecher / freueler mensch seyest alß den
auch war ist / vnnd meynet / man solle nitt betten / nit gut thun / M eß
sey nichts / vnd der gleychr / wilchs yrthumß vnnd anstoß du vrsach vnnd
*5 schuldig bist / daher es denn körnet das sie vbel richten vnnd reden dem
Heyligen Euangelio vnnd meynen / man hab dich vngehewre ding geleret
W as hilfst dich nu solch beleydung deyniß nehisten vnnd hynderniß des
Euangelij? du hast deynen muttwillenn gekulet / ßo sprechen» sie / Ey ich
wyll ynn meynem glawbenn bleyben vnd sperren yhr Hertz tzu der rechten
80 warheyt.
Wenn du aber mit furcht vnnd senfftmutickeytt (wie .S . Petrus
leret) vrsach tzeygtist / vnnd sprechist alßo / Lieber mensch / fasten / eyer /
fleysch / fisch essen / ist einn solch ding / das nitt dran ligt bte selickeyt. E s
mag wol vnd vbel geschehen vnd nachglaffen werden. Alleyn der glawbe
*3 macht selig rc. wie den hie bey tzu sagenn ist. Alßo auch die Messe were
«oll gutt wenn sie recht gehalten« wurde rc. M it der weyße kemenn sie
hyntzu / horeten vnd lereten tzu letzt / das du kaust Aber nu du ßo frech
bist / erhebist dich das du ettwas wissist / das sie nit wissen / thust alß der
phariseus ym Euagelio / vnd lessist dyr vrsach deynes vbirmutts seyn / das
3° sie nit auch dz selb wissen / das du weysßist / fellistu ynn das vrtell .S.
Pauli R o. xiiij. J a nö secundü caritate ambulas / 1 vorachtist deinen nebiste/ 5s e
dem du doch mit furcht vnnd senffmutickeyt dienen soltist. Merck eynn
gleychniß. Wenn deynn bruder were mit eynem strick vmb den halß fer»
lich gepunden von seynem feynd / vnd du narr wurdist tzornig auff den
35 strick vnd feynd / liessest tzu vnd rissest denn strick mit grossem ernst tzu dyr
odder stechist mit ein? meffer darnach / da solttistu wol deynen bruder er­
würgen odder erstechen / vn mehr schaden thun / 1 denn der strick vn feynd. 687 w
Wen du aber yhm helffen wilt / mustu alßo thun / den feynd maqstu hatt
genug straffen odder schlahen / aber mit dem strick mnstu senffte vnnd mit

2 Rö. 14, i 3 1. Pt. 3, 16 7 bedarf 17 bekümmerung


21 1. Pt. 3, 16 24 zum segen oder unsegen 27 lernten 29 Lc.
18, i i 31 Rö. 14, 15
3io Eine treue Vermahnung zu allen Christen etc.

fürchten« vmbgehen / biß du yhn vonn seynem halß bringist / das du deinen
bruder nitt erwurgist.
Alßo / die lugner die vorstockte tyrannen / magstu woll hartt antasten /
vnnd freo thun wydder yhr lere oft werck / denn fle wollen nit Horen.
Aber die eynfeltigen / die von yhnen mit stricken solcher lere / ferlich ge- 5
punde sind / mustu gar vielt anders handelln / mit furcht vnnd senffte / die
menschen lere aufftoßen / gründ vnnd vrsach sagen / vnd sie alßo m it der
tzeytt auch loß machen. Alßo thet .S . Paulus da er allen Juden -u trotz /
nit woll Titü lassen beschneyden / vnd beschneyd doch Timotheum. Sihe
alßo mustu / die Hund vnnd sew anders denn die Menschen / die wolff vnnd 10
lewen anders denn die schwache schaff / hädeln / den wolffen kanstu nit zu
hartt seyn / den schwachen schaffen kanstu nit zu weych seyn. W yr muffen
vnß doch itzt nit anders halte / denn alß lebte « y r vnter den heyde / weyl
wvr vnter den Papisten leben. J a sie sind woll flebenfelttge Heyden/
darumb sollen wyr / wie .S . Petrus leret / eyn gutten Wandel füren vnter 13
den heydenn / das sie vns nichts vbels mugen nach sagen m it warheytt /
wie sie gern wollten. S ie horenß gar gem / so du dich dyßer lere rhumist/
vn den schwachen« hertzen ergerlich bist / auff das sie die gantzen lere mugen
ergerlich vnd schedlich beschreyen / weyl sie yhr sonst nichts mugen ab-
59 e brechen / vnnd bekennen muffen das sie war sey. 1G ot geb vns allen / das «
wir auch lebenn wie wyr leren / vnd die wortt auch ynn die thatt bringen /
vnßer ist viel / die da sagen«. Herr Herr vnnd loben die lere / aber das
thun vnnd folgen« will nitt hernach D as seyn ditzmal gnug / zur newen
vormanung für auffruhr vn ergernuß tzu behutten / auff das nitt durch vnß
selbs / das beylige gottis wortt vor vnheyligt werde Amen. *5
9 Ga. 2, 3 AG. 16, 3 15 1. P t 2, 12 19 als ärgerlich und
schädlich ausrufen können 22 Mt. 7, 21 23 trewen (vgl. titelj?
Von beider Gestalt des Sakraments zu nehmen. 1522. SH

Von beider Gestalt des Sakraments


zu nehmen. 152a.
Diese schritt bringen wir anstatt der unzuverlässig überlieferten1
„acht Sermone" (W. A. io8, I —64). Verfasst c. mitte märz bis ansang
5 april 1522, gedruckt c. 12. bis c. 21. april. Anfang mai schrieb Melan-
chthon Spalatm, Luther habe die schritt demjenigen drucker gegeben, der
die jüngste schritt Kapstadts (gegen Dungersheim) gedruckt hatte; diese
war beschlagnahmt worden; Luther hatte den drucker dafür entschädigen
und ihm einen neuen verdienst zuwenden wollen (CR 1, 570). Nun gibt
10 es von unserer sehnst einen druck von Melchior Lotther (W. A. io 8, 3 B)
und mehrere von Joh. Gronenberg (A C D). W ir werden also annehmen
dürfen, dass Luther zuerst (vor 12. april) die schritt bei Lotther in druck
gab, die weiteren auflagen aber Gronenberg zuwies. Dass tatsächlich B
der originaldruck ist, zeigt z. b. unten s. 321, z. 2: B VNweNglich, A yn*
15 wendig ; A hat das seltene wort nach analogie des vorhergehenden bey
dyr selb* YM gewissen korrigieren zu müssen geglaubt.

Allen meynen lieben Hem vnd bru-


dern in Christo / Gnad vn frid vö got vnserm
vater vnd vnserm Jhesu Christo.
. Paulus nennet das heylig Euägelion ein wort des creutzs / vii
^ ^ e i n predigt der torheit für den Heyden / vnnd ein predigt des ergerniß
für den Juden. Nu wir aber auß abgruntlichem reichtum der barm-
1) am 12. märz 1522 schrieb der franziskaner Jakob Vogt aus
Zerbst an fürstin Margareta von Anhalt: „Doctor Martinus ist wieder
am nächst verschienenen Freitag gegen Wittenberg gekommen und predigt
wunderbarliche und erschreckliche Dinge und heisset den frommen Herzog
Jorgen von Sachsen einen Narren und närrischen, törichten Fürsten um
des Mandates willen, das der fromme Fürst hat erlassen wider Doctor
Martinus ketzerische Stücke und wider seine böse Gesellschaft" (L. Lem-
mens, Aus ungedrockten Franziskanerbriefen des 16. Jahrh.s, Münster
i. W. 1911, s. 27). In den „acht Sermonen" steht nichts dergleichen.
(Wohl aber wird, was bisher nicht beachtet worden ist, in „Von beider
Gestalt . . nicht nur auf das von herzog Georg inspirierte mandat des
reichsregiments vom 20. Januar 15 22, das kurfürst Friedrich am 2. febr.
erhielt und das auf sein „Verhalten gegenüber den Wittenberger Neue­
rungen von entscheidendem Einfluss gewesen" ist, sondern auch auf das
ausschreiben herzogs Georg vom 10. febr., in dem er sich auf jenes
mandat beruft, unverkennbar bezug genommen. — Das mandat jetzt am
besten gedruckt bei Barge, Aktenstücke zur Wittenberger Bewegung
Anfang 1522, Leipzig 19T2, s. 3 ff. no. 2, das ausschreiben bei Geß,
Akten und Briefe 1, s. 269 ff., no. 299).

20 1. Ko. 1, 18
312 Von beider Gestalt des Sakraments

herhickeit gottis vnßers Vaters roibbenimb begrabet sind / mit bk heyl-


samen lautter wort M Euangelion / muffen wir vnß M erwegen / das
es auch vnß nit anders / bettn seyner art noch / ein wort des creutzs / des
ergerniß / der torbeit sey vnd bleybe. E s ist ein groß thewr heyche / eyns
**7E rechten glawbens vnd ' lerens bey vnß / bas vns der Satanas durch seyne $
schuppen / ßo bitter vnd manchfeltiglich angreyfft. Were vnßer lere von
der wett / ßo wurde sie die wett loben / wie des Bapsts lerenn bißher
geschicht. N u Ae aber nicht von der wett ist / ßonbern got hatt sie vnß
geben / barumb hassit vns die welt.
Nu ist das die geringst anfechtng / bas vns die welt hasset vnd ver- io
folget / daran auch der Satan nicht benuget / sondern vnter vns selb ge-
denckt er seynen Mutwille tzuvben / vnnb ob wir seyner laruen den Papisten
vonn ausßenn hu starck sind / wil er vnß durch vnß selbs von ynnen hur-
ttennen vnd vertilgen / bas were yhm got vnßer vater Amen. Darumb
vns viel mehr hynfütt auff vns selbs tzusehen ist / den auff die eustzern 15
feynbe. W ir wissen wol / was er ym syn hat / spricht sant Paulus .ij.
Gönnt, ij. N u er sihet / bas er vnß hur lincke nicht tewben kan / wirfst
xaW er sich auff die rechten 1 seytten / Dorhyn hat er vnß altzu Bebstisch gemacht /
nu wil er vnß altzu Evangelisch machen« / Got aber hat vnß viel mal ge*
pottk in der schrifft / wir sollen auff richtiger straffe bleyben / vnnb Widder so
hur rechten noch hur timten Hand weychen. Furwar eS ist heit / bas wir
vns rüsten vn mit beten vsi leren schuhen / der Satanas wil dran. Er hat
bißher mit myr alleyne gerungen durch eyttel grobe tölpische kopff / die
nichts denn lestem vnd liegen künden. I h t aber stehen sie in grosser
Hoffnung / wir werdk vnß selb vorstoren / mit eygener vneynickeit vnd >5
hwitracht.
Aber darumb vnuorhagt/S. Paulus hat es wol erger/nemlich
falsche bruder vnd falsche Apostel vnter seynem hauffenn / dahu fielen von
yhm alle die in Afla waren/auch verließ yhn sein sunderlicher lieber freund
vnd iunger Demas. Alßo muffen wir hie auch gewarten an den vnsern / 30
das yhr ettlich abfallen / wen d' streit angehet / vbir das / wo der recht
hewbtstreit angehet mit dem teuffei vnter vnß selbs / muffen wir gewartten
288 £ das auch die fallen / die ytzt die spitzen füren / es sey 1 Luther odder
wer es wolle. Es ist nicht ein sophistisch disputation / wer mit Satan
kempffen sol. 35
Aber ich weyß woher mein lere kompt yn wer mich auffgericht hat/
dahu beweyßet es auch das werck genugsam / denn ob ich wol der kleynen
heychenn keyns than habe / die wir (wo es nodt were) villeycht thunn
mochtk. Szo ist doch das wol für ein groß wunder anhutzihen / das des
2 darein ergeben 6 vgl. oben s. 166, z. 10 7 Jo. 15, 19.
17, 14 17 2. Ko. 2, i i betäuben 29 2. Ti. I, 15 30 2. Ti.
4, 10 gefasst sein 31 darüber hinaus 32 hewbstreit L 34 akademische
39 anzuführen
zu nehmen. 1522.
313
S a tan as hohlster kopff vn grosstste m ach t/d as Bapstum m it seinkcorper/
ein solche stoß durch mich empfange hat / den i hm keyn weltlich noch
geystlich gemalt yhe hat mugen beweyßen. D er S a ta n a s fulet auch selbs
wol / wer meyner lere meyster sey / darumb tobet er vnd sucht alßo
5 schwinde griff.
1 D es Bapstum s knecht / die weltlich gemalt / hat sich nu auch in die 13 w
sach gemenget / das ich vngerne gesehen / Aber wenß yhe nicht wil anders
seyn / muffenn w ir auff Christum vns frosten / er werde vns belffenn.
Syntem al w ir den wütigen Hern geschlagen vnd veracht haben / das wir
vns iah nicht für fernem vngnedigen knecht furchtenn. W ir achtens
dafür / Christus sey vnßer vnd yhrer Herr / vnd werde denen bey stehen /
die auff seyne hulff sich verlassen. B itten wollenn w ir für sie / das sie
got erleuchte / in dißer ferlichen yeyr / vnd die hende auß des Bapsts sode
yihen / das sie nicht mit yhm eingewickelt vnd vertilget werden / D enn ich
*5 sorge / sie werden das hewbtkratzen schaffenn. Christus hats yhe ym syn /
er wolle sich nicht dafür furchtenn / das ettliche hornige Bapsts knecht /
leyb vnd gut dran sehen wollen / sondern er bettest / es were yhn woll n o t/
das fle dechten / wie sie leyd vnnd gut dauon brechtenn. E s ist schon alyu
weyt dran gesetzt. Werden sie meyne lere dempffen / ßo hat gewißlich got
*0 nicht durch mich geredt. Aber es muß frenluh bleyben / wie es von an-
begyn geweßen ist / das keyn stand ßo viel narren habe alß die groffenn
stend / wie das kriechische sprichwort laut / E s solt eyner ein Fürst odder
ein narr gepore sein.
D as rede ich alles darumb / das wir in solchenn 1 manchfeltigen am E
*5 stoffen vnd ergerniß des S a ta n a s vnerschrocken fern. D enn sanct Johannes
spricht / D er in vnß ist / der ist grosser / denn der in der wett tst. D e r
halben bis ich demutiglich alle mein lieben Hern vn freund in Christo /
motten biege 1 meyne onterricht vnnd meynung in solchem rumor freuntlich m W
annehmen / vnd m it ernstem qepet / diße Euangelische sach / die nu vnßer
3° aller gemeyn worden ist / helffen für got erhalten vnd foddern / das dadurch
die armen freien / dte noch ervu kommen sollen / auch erleucht / vnd wtr
sampt yhn gesterckt werdenn in der erkentniß vnßers Hern Jhesu Christi /
dem sey lob / danck vnd preyß in ewickeit Amen.

3 erweisen 5 böse, tückische listen 6 reichsregiment und


herzog Georg 13 brühe; vgl. oben I 391, z. 15 f.; mit dem P. nicht
mehr gemeinsame Sache machen 15 sie werdend so weit treiben, dass
sie sich hinter den obren kratzen müssen 17 herzog Georgs aus­
schreiben vom 10. febr. 1522: w ir wollen uns „in dyser unchristlichen
fachen, als ein Christlicher fürst, bey euch und unsern gehorsamen l. g.
underthaneu unser leib und gut zu seyen nicht lassen beschweren" 17 sie
haben schon allzu viel gewagt 22 vgl. 'Weller, Rep. typ. no. 1364
und W . A. io3, 507 25 anfechtungen I. Jo. 4, 4 30 fördern
3i4 Von beider Gestalt des Sakraments

Ihesus.
d ^ V f f S erst fol man wissen / das ich hyrynnen nicht difputierenn wil /
't+'ob das heylig sacrament solle vnter beyder gestalt geben vnnd empfangen
werden / vnnd ob es die leyen m it der Hand nehmen vn empfahen macht
haben / vnnd ob man dasselb in andern gesessen denn kilchen / yn andern 5
tleydern / denn Meßgewand / yn andern hewßern / denn yn der kirchen /
yuhandeln macht habe. Z n solchen vnnd der gleychen eußerlichen vbungenn /
sie seyen auch dem Bapst entgegen odder nicht / gebe vnß got nicht viel
disputirens / ßondern w ir Christen sollen vnd wollen hyrynnen macht vnd
recht haben / die eynsahung Christi huhalten / waßerley weyß vnö gesellet / u>
vnangesehen die falschen erlogene tittel der kirchen / kirchordnung / vnd aller
tyrannen geystlich vnd weltlich hürnen.
V nd stellen vnßern gründ auff den / der nicht liegen kan / vnd spricht
M a tt. xv. D er Prophet Jsaias hat wol gesagt von euch Heuchlern / D iß
volck ehret mich m it den lippen / vnd yhr her- ist ferne von myr / Aber i$
vergeblich dienen sie myr / die weyl sie menschenn gepot leren. Hirauff fol
ein Christen seyn gewissen ttostlich sehen / vnd fest dafür halten / Christus
liege nicht / folgt er den nicht / so muß war sein / das ein vergeblicher diest
sey / alles w as in dißem sacrament / durch mensche lere vbir die ersten
eynsehung Christi / hu than vnd gehalte Wirt / troh allenn teuffeln / das sie *©
»90 e hie Widder muckenn. N u ists yhe gewiß / das es eyttel menschen yu'sah
vnd lere ist / das man beyder gestalt nicht brauchen / m it henden nicht an*
- 5 ^ greyffen / m it 1 vngeweyeten tleydern / in gemeynen heußern vnd gesessen
nicht handeln solle / denn es ist durch Christum Apostel vnd ein lange heit
hernach / der keyns Widder gesetzt noch gehalten / ßondern viel mehr das »$
widderspiel / wie die Euangelisten klerlich beweyßen. D arum b ists auch
gewiß ein vergeblicher dienst gotis / solchs leren vn halte als notig gepot.
D en andern gründ stellen w ir aber mal Christum M a rc i.ü j. vnd
M a tt. xij. D es menschen son ist ein Herr auch des S ab b ats / das wort
sagt Christus darumb / das seine fangt? macht hatten den sabbat hubrechenn. y>
N u ist ein yglicher Christen mensch Christus bruder / wie sanct P a u lu s
Rom a. viij. G al. iiij. vnd er selb psal. xxi. beheugt / denn er hat den allen
macht geben gottis kinder huwerde / die an seynen namk glewben Z o b ä.i.
D am m b ist auch ein yglicher Christen ein her vbir den S ab b at / viel mehr
vbir alle menschen gepot lere vnnd sahung. W ie auch P a u lu s .i. Corinth. 35
iij. spricht / E s ist alles ewer / es sey P e ttu s odder P au lu s / leben oder
todt / alles ist ewr / vhr aber seyt Christi / Christus aber ist gottis. Auß
dißem gm nd haben w ir / vnd wollens vnuerhyndert haben / das w ir Herren
sind vbir alle Bepstliche vnd menschliche lere vnd gepot / vnd fol in vnserm

14 Mt. 15, 8 25 hennach B 28 Mc. 2, 28 Mt. ir , 8 32 Rö.


8, 17 Ga. 4, 7 Ps. 22, 23 33 Jo. 1, 12 35 1. Ko. 3. 21 ff.
zu nehmen. 1522.
315
willen vnd gefallen stehen / ob wir fie hatten wollen odder nicht. Laß
sehen was dawidder sagen odder thun muge altt teuffei ahn mal / Ich
meyne yhe ich rede itzt deutsch / vnnd das meyne wort nicht meyne / Sondern
Christi sind. S ie werd- vns yhe Christum nicht vom hymel stoffen / die
5 vngnedigen iunckern / den der yhn hat gesetzt tzu seyner rechten / hatt ym
syn / er wolle yhn dabey behalten / darauff trotzen vnd trösten wir vnß /
vnd wollen yhrem tzorn darauff wol entfltzen.
Doch diße vnßer Christliche hirschafft freyheit vn macht / muß man
alleyne geystlich verstehen / den 1Christus hat nichts wollen tzuschaffen habe a9i e
io mit weltlicher hirschafft / wilcher auch er selb vnterthan vnnd tzinß gab /
M atth, xvij. Das heyst aber geystliche sreyheit / wen die gewissen frey
bleybe / 1 Das gehet also tzu / das ich mir nicht ein gewissen drumb mache *6W
für got / ob ich mensche lere vbirtrette / alß het ich ein sund daran than.
Widerumb / das ich mir nicht ein gewissen drumb mache / alß hette ich
15 damit ein gut werck than / vnd für got etwas vordienet wen ich fit hielte /
den das deuttet Christus selbs / es sey vergeblich birst / sondern ich sol solche
menschen lere achten / wie essen vnnd trinckea / schlaffen vnd gehen / wilchs
alles ich thun oft lassen kan / frey on meyns gewissen verseerung odder
befferung / Also / das allein der glaub an Christum meyn gut werck / leben
so vn verdienst sey / für mein gewissen tzutrosten / vn darnach liebe gegen den
nehisten.
1s Der dritte gründ / ist S . Paulus Gal. iiij. Liebe bruder yhr
seyt tzur freyheit beruffen / alleyne sehet tzu / vnd gebt die selbige nicht tzur
vrsach dem fleysch / Sondern dienet vnterenander in der liebe. Das ist auch
•5 tzu den Christen gesagt / das fit nichts schuldig find / denn alleyn tzu dienen
vnternander in der liebe / denn durch den glauben haben fit alles was fit
für gott vnd nach dk gewissen haben / fit find hem vbir sund / todt / teuffel
vn alle ding / darumb kan man yhn keyn gepot legk / daran yhr gewissen
sich sott vben frum -uwerdk odder daran fit sündigen künden. Alßo wenig
30 man einem gesunden kan gepot legen auff essen vnd trincken / daran er
muge gesund odder vngesund werdk / den er ist schon gesund / vnd kan on
solch gepot vngesund werden / vnd mag solchis gepots ftey brauchen
odder lassen.
Den es ist ein groß vnterscheyd vnter dißen dreyen / Menschen gepot
35 halten / vnd in menschen gepottm dienen / vnd vber menschen gepot herre
seyn. Christus für warst den Sabbat nicht / sondem wolt ein Herr dmber
sein / das er yhn wol hatten vnnd nicht hatten möcht. Item er fürwarff
auch menschen lere nicht / den / was hets yhm schadet / das er die hend
gewaschen het / wie die Iudm gepotten? aber er wolt 1 nicht darynnen -9»«
40 dienen / vfi stricht / es sey ein vergeblicher bimst gottis. das ist/fie woltm

7 stand halten 11 Mt. 17, 27 22 Ga. 5, 13 24 vnter


»ander? 25 Rö. 13, 8 28 auflegen 36 verwarf
29 Luthers Werke II
V on beider Gestalt des Sakraments
3i6
die gewissen damit fangen» / alß / wer sie hielte / der thet ein nottigen
i 7w gottrs 1dienst / den er bey eyner tod fund muste vnd schuldig were huthun /
das ist falsch vnd verfunsch. Alßo auch hie / das w ir Bepstliche gesetze
hielten / wo sie incht wider got sind / were an yhm selb nicht boße / gleich
wie essen / trincken rc. Aber das er w il / man muffe es bey gehorsam der s
kirchen vnd bey eyner todsund thun / vnd künde niemant selig werden /
wer es nicht halte / oft sey kein Christe / sey ketzer rc. w il alßo die ge­
wissen verstrickt haben / das ist d' teuffel selb. Hie gehet vnßer freyheit
an / vnd sprechen / das ist erlogen / w ir sind bern vbir solche gepot nach
dem gewissen / vnnd wollen on sund seyn / ßo w ir sie vbirtretten / vnd on «>
frumkeit / so wir sie halten / des vn kein anders.
Szo kömen w ir nw Widder auff das erste /
vnd sagen auß beleih vnd in dem
namen vnßers Herrn Jhe-
su Christi Amen. *5
Das die / ßo das heylige sacrament m it den henden angriffen» / odder
on geweyhete kleyder / gefeß / odder heußer gehandelt haben / odder noch
hynfurt handeln wurden / es sey hu Wittemberq odder Eylenburg / in
Behemen oder Dngern / in Reuffen odder Preussen / bey Verlust yhrer
selickeit iah kein gewissen drüber mache alß sey solchs vbelthan / so viel es
belangt das werck an yhm selbs / ßondern sol darauff bestehen vnnd sich viel
ehe tzehen mal todten lassen / ehe er daffelb widderruffen / verdamnen odder
für vnrecht bekennen wolt / vnanqesehen / ob Bepstlich / Keyßerlich / Fürst­
lich odder auch teufflich / sahüg / vrteyl vnd befelh / dawidder gestellet vnd
außgangen sey (ich rede aber von dem werck an yhm selb / denn von miß- *s
brauch vnd den Personen / wollen w ir hernach sagen.
Vrsach des allis ist / das die ßo solchs verdampt haben / odder noch
verdamnen werden / nicht beweyßenn künden / das es Widder Christus erste
eynsahung geschehen sey / ßondern muffen bekennen / das Christus selbs
»93 e VN die gemeyne Christenheit lange heyt also ' than haben / vnd vnß die 3°
18W freyheit gelassen alßo 1 hntbun. Szo stehet es nu auff Verlust eynes yg-
lichen selrckeit / das er iah nicht widderruffe / noch für vnrecht tadle oder
tadlen lasse / was Christus selbs vnd die gantze Christenheit vorheitten
than Haben. Den das were eben so viel / alß Christ» verleuckt vnd ver­
dampt / sampt allen Aposteln vnnd qanhe Christenheit da sie am aller bestenn 35
stund. Das aber die Papisten solcds schelten für keverey / vnd etliche
hornige fürsten / da m it yhr Christliche ehre außruffen / das sie solchs lestern

18 Zwilling in Eilenburg vgl. Barge, K arlstadt i , 362 ff., Gemeinde­


christentum s. 67 ff. Aus den „Aktenstücken“ erhellt, welches aufsehen
die Eilenbuiger Vorgänge erregt haben 36 herzog Georgs ausschreiben
vom 10. febr. 1522: „unangesehen, welcher sich bisher in der heiligen
Christenheit solchs unverstanden, das er vor ein ungehorsamen und keher
geacht worden ist"
zu nehmen. 1522.
317
vnd verfolgen / stehet yhn nicht vbel an. Was sott CayphaS vnd HervdeS
brllicher thun / denn gottis ßon creutzigen vnd verspotten?
D ie ander vrsach / S ie muffen auch bekennen / daS alles das ienige /
da sie miss dringe / vn darvmb sie ßo wüten / sey menschen gesetz / odder
3 wie sie liegen vnd triegen / kirchen gepot / Denn sie werden noch lange
nicht -eweysen / daS Christus hab yn geweyheten gesessen / kleydern / heußern /
daS sacrament gehandelt odder tzuhandeln befolhn / odder in den mundt /
nicht in die hende geben. Die weyl w ir denn Christen sind / sind w ir
Herren ober solch menschen gepot / ßo viel eS die gewissen betrifft / darumb
xo sind w ir schuldig den halß drüber tzu wagen / vn solche freyheit n it tzu-
verlassen / denn daS were auch Christum verleugnet vnd verdampt / der
solche freyheit ßo hart vnd strenge gepotten hat / vnd gar nicht in vnßer
macht stehet / die selben tzu wandeln odder Kuvergeben.
S ie sollen yhn daran lassen benugen / daS w ir yhr satzung vnd wevße
13 nicht verwerffen vnd sie hatte mugen. Aber daS sie eine nodt drauß wollen
mache / alß muffe eS nicht anders seyn / vnd die gewissen dreyn knupffen /
vnd solle ketzerey sein / wer anders thet / daS wolle w ir nit leyden / vnd
dran setzen leyb vnd leben. ES sol dem gewissen beydeS frey sein / sonst
odder so yn dißem Handel tzuthun / vnd die freyheit vnuerseeret bleybr /
» deS vsi keyn anders / da sol vnS Christus zuhelffen / der sie vnß geben vnd
gepotten hat.
S ie schreyben die vngnedigen Papisten / vnnd tzyhenS an mit eynem
grossen ruffel / daS man m it den leyischen 1 henden daS heylig sacrament 2-4 b
habe1 empfangen. W ie dunckt dich- köstlich ding ist daS? Leyische hende/ t9w
*5 wer sie nicht kennete / sott wol denckenn / sie rüffelten sich alßo seer tzu
ehren dem Heyligen sacrament / vn auß Christlicher bewegung. Wen ich
sie nu fragete / m it «aßerley maul sie selb das sacrament auff oie ostern
empfangen / ob sie eS m it eynem leyischen maul odder m it eynem Priester'
lichen maul empfangen / werden sie villeicht sagen / yhr maul sey den tzumal
30 ein Engelisch odder BischoffischS maul. Solche Herren wolt ich bitte
gar demutiglich / wen sie für dick oren mich Horen wollen / das / wen sie
iah narren vnd alfentzen wollen / thetten daS yn yhren guttern / vnd liessen
gottis werck vnnd der seelen geschefft m it fridr. Nicht rede ich solchS / daS
ich damit yemät seyner weltliche vbirkeit wolt tzunahe sein / Sondern daS
35 vnß tzustehet / wen sie ynn gottis geschefften gauckeln vnd narren wollen /
daS wyrS nicht leyden Noch schweygen sotten. Jhene haben daS sacra«
ment m it leyischen henden angriffen / aber diße / wen sie ßo schertzen wollen/

22 mandat des reichsregiments vom 20. jan. 1522: „UnS laNtzt


alaublich an, wie daS «eulicher zeit etlich Priester . . . daS hochwirdia
fakrament unzüchtiger weis menniglich, so daS nemen will . . . in ir leysch
hende raichen . . . " 23 maulwerk 25 sie ereiferten sich 31 dick-
felligkeit 32 gaukeln
29*
318 Von beider Gestalt des Sakraments

ßo fallen sie mit yhrem leyischenn hyndern dreyn / vnd rumen dennoch von
grosser Christlicher liebe.
Jsts darumb vnrecht mit leyischen henden das sacrarnent an ruren /
das die Hand fünde thut / odder das sie vngeweyhet ist / ßo were es yhe
-illicher / das man das sacramet nicht mit dem mund empflenge / viel s
weniger yn den bauch ließe / auch keyne mensch sehen liesse / den es ist yhe
Widder mund noch bauch noch äuge geweyhet / ßo geschehen mit dem mund
vnd äugen viel mehr fund / denn mit der Hand. Solche weyße gehym
sotten vnß tzuleht auch wol berede / das wir das heylig gotis wort nicht
sagen noch Horen rnusten / auff das nit das heylige wort / mit dem leyischen u>
mund vn oren empfangen wurde. Aber mit solcher vnsynniger blindtheyt /
pflegt Christus seyne feynd huplagenn / das man sehe / wie geweltiglich er
regire ober die / ßo do meynen sie haben yhn fressen / vnd muffen sich selbs
sehenden vn straffen mit yhr eygen narreyt.
295 e • Eyn Christen sol wissen / das auff erdenn keynn grosser heylthum ist 1$
denn gratis wort / denn auch das Sacrarnent selbs durch gottis wort ge-
2<>w macht 1 vnnd gebenedeyet / vnnd geheyliget w irt / vnnd w ir alle auch da
durch geystlich geporn vnnd hu Christen geweyhet werden« / ßo denn eyn
Christ das wort / das alle ding heyliget / vnnd hoher ist / denn das Sakra­
ment (ßo viel man seyn mit hende greyffen kan) denoch beyde mit mund / so
oren / hertzen / ia mit ganhe leben begreyffet / wie sott er denn nit thuren
auch solchs angreyffen das damit geheyliget ist? odder sol er sich selb auch
nit angreyffen? den er ist eben ßo wol damit geheyliget als das sacramet.
M it der weyße kerne die Phariseer / davon Christus sagt M att. xxiij. das
sie das gott hryliger machten* denn den ternpel / vnd das opffer heyliger den 25
den altar. Dnd ist eben / als wen man anfienge hulere / es were fund des
kilchs futter anhururen / aber de kilch selb möcht man wol angreiffen. Ich
wolt gern ein mal eyn stuck vö den Papisten Horen / das sie furlegen kundten /
du Sonderliche -rosse narreyt. Aber was sotten sie anders thun / die got
selber richten vnd lestern? 30
Ein Christen mensch / ist heylig an leyb vnnd seel / er sey ley odder
pfaff/man odder anders saget / der lestert die heylige tauff/
Christus blut / vnd des Heyligen geysts gnade. Es ist ein groß vn selham
ding vmb eynen Christen/vnnd got mehr an vhm/ denn am sacrarnent ge­
legen ist / den der Christ ist nicht vmb des sacraments willen gemacht / 35
Sondern das sacrarnent vmb des Christen willen eyngeseht. Dnd diße
blind- kopff wollen aller erst noch disputiern / ob er das sacrarnent muge
angreyffen« / Ja wollen ein keherev drauß machen. Auß mit de ver­
stockten vnd verblend» heyde / die so gar nichts wissen / was ein Christ
heyffe odd' sey. 40

13 ganz in sich aufgenommen 21 wagen 24 M l 23, 17


27 futteral
zu nehmen. i;rr.
319
Also auch die / ßo beyder gestalt empfangen habe« / bitten wir / vnd
So es helffen wil / gepieten wir in dk «amen vnßers hem Ihesu Christi /
das sie iah kein 1 gewissen drob machenn/alß sey es vnrecht odder vbel than/ 296B
sondem sollen das leben ehe lassen/ehe sie das «idderruffen odder ver-
5 leugken / vnangesehen / was dawidder seht / thut odder wil / Bapst / keyßer/
surft vnnd teuftet datzu. Denn da ist der text des Euangeli ßo klar/das
auch die Papisten nicht leucken künden / das Christus beyder gestalt ein­
setzt vnd g ib t1allen iungem. Darumb bistu schuldig bey deyner seel selig- axw
fett / solchs nicht tzu leucken odder schenden lassen / syntemal es ebm So viel
10 were / als wen du sprechist / Christus selb het vnrecht daran than vnd
were ein ketzer / die weyl er anders den der Bapst vnd die tzornige Papisten
(die sich selb tzur kirchen machen) handelt. Die Papisten sollen solch
lestemng den wercken Christi auftlegen / dw must sie loben / ehren vnd recht­
fertigen / mit leyb vnd leben / wiltu ein Christ sein vnd selig werdm.
15 Dnnd hie sitze abermal tzu / wie starck der her Christus vbir seine
lesterer Hirsche / vnd sie durch yhre eygme klugheyt an die sonne bringe.
Es ist tzu Nurmberg anß dem regiment auSgangen / das man die sach vö
beyder gestalt des sacraments tzu empfahen / auft schieben sol auft ein tzu-
kunfttigs Concili / den die klugen hem / wollen es nicht verdamne / doch
*> yn des nicht -ulaffen / sondem vnerkandt verdampt haben. Wie dunckt
dich nu? Ich meyne das sind iah Christm / sie bekennen das es Christus
eingesetzt habe vnd stehe ym Euangelio / das ist war / aber sie wollm ein
bedencke nehmen / obs recht odder vnrecht / zuhalten odder nicht tzuhalten
sey / was Christus setzt vnnd thut. D a hette ich tust tzu / das die Christm
-r anhuben sich tzu bedencken / ob das Euangelio« recht odder vnrecht / tzu
leyden odder nicht tzu leyden were. E r hat auch gepotten / das man die
ehe nicht breche sol / aber nu sehe ich aller erst / woher die groffm hem
gemeyniglich den ehebruch So leicht achtmn / sie habms villeicht yn ein be-
dencken genomen / obs recht gepotten sey odder nicht,
j» Die weyl denn vnser Herr Christus seyne feynde die grossen haaSen
beyde geystlich vnd weltlich tzu narren macht oftentkich in diSer sachm / das
sie So kindisch vn schimpflich damit farm / das yhn freylich 1 Claus narr 297 e
manS gnug were tzu antwortten / sollen wir getrost sein vnd yhr tobm
vnd narrevt verachtm / vnd nicht sorgen / wie wir yhn antworttm / den sie
35 künden von gottis gnaden nichts / wie das gnugsam der Bapst mit seynm«

16 ihr wahres wesen enthülle 17 mandat: Alle sollm ^sich des


Cristmlichen geprauchs und Wesens, wie das von gemeiner kirchen auf-
gesatzt und bisher in ubung gewesen, fettigen und benugen laffm, bis so­
lang durch Vorsehung der gemeinm reichstmd cristmliche versamlung oder
Consilia solcher fachen halber ein bedechtliche, wolerwogne, gegmnte, ge­
wisse erklemng, entotterung und determinacion furgmommen und besloffen
werde" 32 vgl. W . A. IO*, 514 und W A T R mehrfach (|s. Register),
vgl. A R G 2 5 ,93 f.
320 Von beider Gestalt des Sakraments

Bullen / vn papistischen schuhschreyben / vnd nu auch die hornigen hernn


22V/ -eweyßet 1 habenn / Sondern w ir muffen fleisch vnd -lu t auß den äugen
thun / vnd gedencken / das w ir vnßer gewissen« auff gottis wort lautter
vnd alleyne gründen / damit w ir dem teuffel -m sterbe -egegen vnd be­
stehen künden. Lieber bruder / glewbe du myr / der ichs erfaren habe / der $
teuffel furcht sich für menschen wort vnd gepot nicht. Darum- wen er dich
am sterben flnden W irt / das du deyn gewissen auff menschen gepot stonest /
vnd w ilt sagen / Also haben myr gepotten der Bapst / kirche / fürsten rc.
so w irt er dich sturhen / das deyn keyn fußstab vberbleyben wirk Widder-
umb / find er dich / das du auff gottis wort trohist / vnnd sprichst / Alßo 10
hat myr Christus gepotenn / da ist sein wort / so wirstu yhm damit die
« e lt zu enge mache.
Das meynet santt Paulus Ephe. v. W yr haben nicht hu streytten
m it fleysch vnnd blut / ßondern m it der geystlichen boßheit yn den lufften
m it den rezenten dißer finsterniß. D ie selbigen aber streytten nur d a r-15
vber / das fle die gewissen entwedder m it listen vnnd leren verfuren / odder
m it falschem schreck- vmbstoffen / dawidder hilfst aber keyn waffen / denn
das wort gottis alleyn / das schwerd des geystis / darumb sollen w ir yhe
bestendiglich drauff bleybenn / das beyder gestalt brauch sey recht ond
Christlich vnd Euangelisch / vnnd wer anders sagt / der leugt / vnd lestert -0
got / es sey Bapst keyßer / fürsten odder der teuffel dahu. Alßo auch sollen
w ir die steyheit bekennen vnd erhalten / das w ir das sacrament mugen
m it henden odder m it mund empfahen / m it vnd yn geweyheten vnnd vm
geweyheten kleydern / gefeffenn / heuffer handeln / wie es vnnß gesellet.
*9* E W er diße steyheit leucket / odder ey'nerley part keherey schilt / der leugt »s
aber mal / vnd lestert Christum vnd sein wort / Es sey Bapst / Keyser /
fürsten / odder teuffel dahu. W ir habenn das Helle lautter Euangelion /
wie ste selb bekennen / fle aber haben yhr eygen bedencken / ob fle das
Euangelion halten wollen / vnnd daneben yhr eygen syn widder das Euan­
gelion. Laß faren / die vnsynnigen / laß faren. y>

Summa summarum / wie santt Paulus hu den Galatern sagt / Wen


auch wyr selbs odder ein Engel vom hymel euch anders prediget / den
w ir euch prediget haben / ßo sey es vermaledeyet. Also sag ich auch alhie /
du must alßo fest vnd gewiß auff gottis wort yn dißer fachen vnd allen
*3 w 1andern / dich bawen / als ob ich auch selb hum narren wurde / da got für 3$
sey / vnnd widderriffe odder verleuckte meyne lere / das du darumb nicht
dauon trettist / ßondern sprechist / wenn auch Luther selbst odder eyn
Engel vom hymel anders leret / ßo sey es vermaledeyet. Denn dw must
nicht Luthers / ßondernn Christus schuler seinn / vnnd ist nicht gnug das

7 stützest (vgl. Theol. Stud. und K rit. 1912, 134*) 9 von dir
kein fussstapfen 13 Eph. 6, 12 18 Eph. 6, 17 25 „die eine
oder andere richtung oder gepflogenheit44 (W . A . io*, 507) 31 Ga. 1, 8
zu nehmen. 1522. 321

bro sagist / Luther / Petrus odder Paulus hat das gesagt / ßondern bro
must bey dyr selbs ym gewissen fulen / Christum selbs / vnd vnwenglich
empfinden / das es gottis wort sey / wenn auch alle welt dawidder stritte /
so lange dw das fulenn nicht hast / ßo lange hast» gewißlich gottis wort
3 noch nicht geschmeckt / vnd hangist noch mit den oren an mensche mund
odder feder / vnd nicht mit des hertzen gründ am wort / vnd weysstst noch
nicht was das ist M att. xxiij. Ahr solt euch nicht meyster heyffen auff
erden / denn eyner ist ewr meyster / Christus / der meyster leret ym hertze /
doch durch das eußerliche wort seyner Prediger / die es in die oren tteyben /
10 aber Christus treybts in das Hertz.
Darumb denck für dich / du hast sterben odder Verfolgung für dyr /
da kan ich nicht bey dyr sein / noch dw bey mir / ßondern ein yglicher muß
alda für sich selbs streytten / den teuffel / den tob / die welt vbirwinde /
wen du den woltist tzu der tzeyt dich vmbsehen / wo ich bliebe / odder ich /
*s wo du bliebest / vn dich bewegen 1 lassen / ob ich odder yemant auff erden 299E
anders saget / ßo bistu schon verlorn / vnd hast das wort auß de hertzen
lassen / denn du hafftist nicht am wort / ßondern an myr odder an andem /
da ist denn keyn hulff. Dabey kanstu mercken / wilch grewliche seelmorder
das find / die den seele menschen lere / odder auch gottis wort nicht lautter
20 vn gewiß predigen / datzu wie wenig mit hertzen dran hangen / obs wol
lauter predigt wirt / vnnd von vielen gepreyffet. Das sey vom ersten
teyl gesagt.

1 D a s ander teyll. =<w


Ist denn nu dem gewißlich alßo/ vnd keyn yweyffel drob tzuhaben/
25 warumb thut mans den nicht? Ja warumb lesststu es selbs nicht gehen
yu Wittemberg / da es angefangen ist / vnd anders wo mehr? Antwort
ich / Es ist myr nicht lieb / das es nicht angehet / aber mein klag ist /
das nicht kan angehen. Eyn gefangen man solt wol reysßen / hets auch
wol macht vnd recht / er kan aber nicht / es ligt an yhm nicht / ßondern
y> an andem die yhn hyndern. Nym ein gleychniß / das Euangelion solt
billich in aller welt predigt werde / woran ist der feyl? Nicht am Euan-
gelio / denn es recht vnd warhafstig / nützlich vnd seliglich ist / Es feylet
aber an leutten / die datzu tuglich find / wo man die nit bat / ist es besser
geschwigen denn gepredigt / denn es wirt doch verfelscht vnd schedlich
35 prediget. Alßo hie auch / das sacrament vn der obgeschribne brauch / ist
recht vn gut / aber wo sind die leut / die datzu tualich sind / das sie es an­
sahen vnd tteyben? Wen es damit anßgericht were / vnd damit eyn Christen
wurde / das er das sacrament aliro brauchet / were keyn leychter ding denn
Christen sein / mochte wol auch ein scw Christen seinn. Ich hab damach
40 gestrebt / vnd wolt gem / das auch des Bapsts gesetz abthan were / vor

2 unerschütterlich (s. ein » 7 M t. 23, 10


322 Von beider Gestalt des Sakraments

ierlichem empfahen des sacraments am Osterfest / vnd frey einem yglichen


300 e gelassen 1 wurde / das er auß eygenem gewissen vnd auß Hunger seyner seele
vngetzwungk hyntzu gienge / damit d' grewlich vnchristliche mißprauch vnd
gottis lesterung weniger wurde / vnd hynfurt kaum eyner hyntzu gienge /
da ytzt viel hundert tzugehen. Szo sehe ich / das der Satan damit vmb $
gehet / er wolle beyder gestalt ia ßo gemeyn machen / vnd noch gemeyner
denn der Bapst sein eyn gestalt gemacht hat / ehe denn Christen gemacht
werden / die solchs thun sollen / vnd gedenckts auff der rechten seytten erger
tzu machen denn auff der lincken. Darvmb ist vnß nott / das wir auff der
rechte mittelstraffen bleyben / vnd got bitten / das er vnß drauff helffe vnnd 10
behalte / denn der Satan sucht vnß mit ernst.
25w 1 Ich lasse alhie die vrsach anstehenn / warumb ich dißen brauch zu
Wittemberg nicht hab lassen gehen / den das ist ein sonderliche zufellige
vrsach / dauon nicht not hu schreyben ist / wen es auch noch köstlicher vnd
noch hymlischer were / wolt ich dennoch solch ansahen nicht bestetigen odder *s
stercken helffen. Es gepurt nicht eyne yglichen antzufahen odder huthun
alles was recht ist / ßondern ist gnug / das er das recht thu / das yhm hu
eygend vnd befolhen ist / den wo diße ordnung w irf verkeret / da ists nicht
recht / wie gut auch ymer das recht sey. Darumb wil ich nur die vrsach
erhelen / die da hyndern vnnd foddern / das dißer brauch des sacraments *0
nicht künde odder künde angehen odder fortgehen.
Die erste ist / das diß sacrament mit seynem brauch nit ynn vnser
gemalt stehet / sondern ist gefangen durch Bepstlich gesehe / gleych wie die
gülden gefeß des tempels tzu Babylonien gefangen waren / das gefengniß
aber ist also gethan / das der gemepne man durch bepstliche tyranney vnd 25
geseh ym gewissen ßo hart verstrickt vnd geschwecht ist am glawben / das
erß nicht kan ßo plötzlich faren lassen / vnnd sein gewissen festigen / das
des Bapsts ding vnrecht / vnd dißer brauch recht vnd Euägelisch sey.
Hab doch ich selbs wol drey iar mich geerbeytet / ehe ich auß des Bapsts
gesetzenn meyn gewissen erloßet hab / mit teglicher vbung des Euangeli / 30
3ox e yn predigen / 1 leßen / trachten / disputiern / schreybenn vnd Horen / wie solt
denn der gemeyn man ßo schnei erauß tzubringen sein- Wo nu solche
schwache menschen hyn gehen vnd beyder gestalt nemen / ßo beyffet sie dar
nach yhre gewissen / vnd beychten das sie haben beyder gestalt genossen /
als hetten sie vbel dran than / wie denn etlich schon than haben / das ist 3$
den ein grewlich ding / vnd ist vbel erger worden / denn mit solcher beycht
vnd gewissen verlengken vnd verdamnen sie Christum vnd sein eynsehung.
Nur fern mit dißen leutten von beyder gestalt / denn da gehet es mit yhn
nach de spruch Christi Matt. ix. Niemant fasset den most in alte schlenche /
anderß der most hureyst die schleuche / vnd der most w irt verschüttet vnd 40
*6W die schleuche verderben. Der most ist die lere des 1 Euangeli / die alte
20 fördern 24 D a. 1, 2. 5, 2 31 betrachten 39 Chrsti B
M t. 9, 17
schleuche sind diße veralte schwache gewissen / darumb können sie sich nicht
mit eynander betragen / das gewissen wirt erger vnd verleucket darnach die
lere die es fasset hatte.
J a ich sage weitter / nur ferne mit solche leute auch vö eyner gestalt
5 vtt vom gantz? sacramet / den die nur eyner gestalt brauche / wirt d' teuffel
am sterbe engsten mit de Euangelio / wilchs beyde gestalt eynsetzt / wo sie
denn nicht rad wissen / muffen sie verterbe / vn wirt fle nichts helffen / das
fle Bepstliche gesetz vn alte brauch furwenden wolte / das Euangelion fragt
Widder nach Bapst noch brauch / Darüb hab ich gesagt / es feylet nicht am
xe recht sondern an leutte. E s kan des bapsts gesetz nicht on grewlich seel
mord yn aller welt so gar gemeyn gehalten werde eyner gestalt tzu genießen /
widd' das Enägelion. Widdenib auch nicht weniger schad? ist / beyv' g^
stalt nach d? Euangelio so plötzlich vnter die gantz? gemein solcher ge-
fangen? schwach? gewisse aufftzurichte
is Szo sprichst» / was wil den hie werden? ists ßo ferlich auff beyden
seytten mit dißem sacrament / das der teuffel am tob mit de Euangelio
Widder eine gestalt / vü der Bapst am leben mit seyn? gesetzt1Widder beyde z« b
gestalt treybt / wo sollen wir denn hyn? Antwort / darüb hat S . Paulus
verkündigt / das des Endchrists regiment ferlich -eyt machen sott / das man
so auff keyner seytten sicher wandeln kan / widd' ym EuSgelio nach ausser
d? Euangelio / doch on schult des Euangeli / denn der most ist gut / sondern
auß schult des Bapsts / der die gewissen / die schleuche / hat' lassen ver­
alten vnd verterben / das sie das Euangelion nicht fassen noch halt? kund? /
vff doch an das EuSgelion nicht behalte werd? mug?. Was soll? wir den
-s thun? Antwort / nichts anders den das Christi leret vn spricht M at. ix.
d? most fasse man in newe schleuch / ßo werd? sie beydes behalte. Bugger
muffen wir tzu erst werden / vnd new faß machen / ehe die weynernd an­
gehet vnd der most gefaffet «erde / die alten muffen beseyt1than werdenn / »7w
das ist / man muß starck vnd viel predigen Widder des Bapsts gesetz von
30 eyner gestatt / vnd wol treyben die Euangelische eynsetzung Christi / vö
beyder gestalt. Aber yn des das volck abweyßen von dem gantzen sacra­
ment / es sey eyner odder beyder gestalt / vnnd nicht hyntzu treyben / Widder
auff ostern noch auff Pfingsten / vnnd also die ordnung des Bapsts fallen
lassen / alßo lange biß die leut gnugsam verstendiget / on locken vnd reytzen /
Z5 sondern auß eygenem gewissen getrieben von yhn selbs kommen/vnd
darnach ringe vnd dringe / das yhm das jacrament geben «erde / da bey
kund man spuren / das die faß vii schleuch new / vnd yhr gewissen gnug-
sam gesterckt «eren / ßo blieben die andern die schwachen dahynden yn
yhrem wetzen / biß sie auch starck wurden.
4» Wen man aber gepeut / odder heyffet / odder locket vn reytzet -um
ftcrament / ßo fett der gantz Hausse tzu / vnd fasset den most yn sein alten
2 vertragen 24 ohne 25 M t 9, 17 26 Bötticher 27 Wein­
ernte
V o n beider Gestalt des Sakraments
324

schlauch vnd vertirbt. Darvmb ists nicht muglich / vnd das sammt ent kans
nicht leydenn / das man eyn gemeyn ordinanfr drauft stellen solt / wer sein
(lenieflen solle / wie der Bapst thut / ßondern man muß fruuor das volck
wol bepredigen / vnnd die schwachen gewissen davon fristen / biß sie des
je3 e Euägeli völlig vnterricht / von 1yhn selbs demutiglich kommen / dem Priester z
ansagen vnd bitten auß geystlichem Hunger vmbs sacramet / M it dk andern
allen nur weyt vom sacrament / vnangesehenn / Bapst / gesefre / kirch brauch
vnd alle ding. Denn Christus spricht M att. xi. Das reich gottis w irt
prediget vnd leydet gemalt / vnd die da gemalt thun / die reyffens fru sich /
das ist / mann sol keyn mensch mit gepotten vdder gesehen verlassen / noch 10
mit brauch noch mit wortten reyfren frum Euangelio / ßondern frey predigen /
vnd damach sie von yhn selbs kommen / vnd dafru dringen lassen.
Wo nehmen wir aber solche Prediger? vnd ob man sie hette / wie
künden sie den gemeynen man dauon treyben / das er auff ostem nicht frum
sacrament gehe? Es ist das gesefr des Bapsts fru tieft eyngesessen / das 15
w ir die alten schleuch vn faß nicht künden alle beseyt thun / wyr muffend
noch ein freytläg ym alten mißbrauch gehen lassen / biß die faß doch das
mehrer teyl new werden / vnnd das Euangelion wol vnter die leut komme.
28 w Wen nu 1diße alte fasse vnd schleuche alleyne die menschen roeren / die vnß
Widder sind / vnnd beyder gestalt verdamnen / vnd aufts Bapst gesefr vnd *0
brauch die gewissen frwingen / wollen wir der fachen leychtlich radten /
auff die weyße / wir wolten widderumb verdamnen yhr gesefr / alß das
nicht alleyn Widder das Euangelion vnnd bevder gestalt leret / ßondem
auch / wen es gleych das Euangelion leret / doch die gewissen dafru dringet
vnd frum glaube frwinget / wilchs nicht allem eyn »erricht vnd vneuangelisch/
ßondern auch vnmuglich ding ist. Man sol vnd Ix n niemant frum glawben
dringen / ßondem das Euangelion frey selbs holen lassen / wen es holet.
Dammb wollen wir solchen narren nur fru trotz vnd fru Widder durch vnnd
durch beyder gestalt brauchen / vnd yhr gesefr mit fussen treffen.
Nu aber vnter yhrem häuften viel gutherfrige eynfeltige lentlin sind / 30
die gerne recht vnd wol füren / wen sie es reiften / odder fassen Kunden.
Hie müssen w ir nu alßo den tyrannen begegen / das wir das arme heuftlvn
nicht frurutteln noch yrre machen. Widder die tyranne sol der glawbe
304 e streytten vnd fest ob de 1 Euangelio halten / Widder yhr gesefr / vnd solche
alte vnnufre faß ynn eyn häuften stoffen. Aber diße schwache eynfeltige js
gewissen sol die liebe vmbfahen vn auftnemen / vn an yhn erbeytten / das
sie new faß drauß mache. Hie gehet nw an die lere vnd exempel S . Pauli /
wo d' fru starrige Juden kam / die auff die beschneydng vn auffs gesefr
drungen / da thet er vnd leret das widderspiel mit freute / vn wolt vnge-
drungen fein / wo er aber fru den schwachen einseitigen kam / da beschneyt 40
er auch / vnd ließ das gesefr gehen / biß er sie sterckt vn auß de gesefr
8 M t. 11, 12 10 umstricken 28 durchaus, von ansang bis
zu ende 31 handelten 38 Ga. 2, 3 40 A G 16, 3
zu nehmen. 1522.
325

bracht. Also runter er sich .i. Corint. xij. M tt den Juden war ich Jude/
mtt den Heyden war ich heyde / Vnd doch Gala. vi. spricht / Es sey in
Christo mW heyde noch Jude / das alles darumb / er wolt das gesetz vnd
dringen auff die gewissen nicht levden / sondern frey macht habe / solchs
5 tzu thun odder tzu lassen.
Also müssen wir hie auch thun / die weyl wir den gemeynen man
nicht künden vom sacramet tzihen / rote es wol sein solt / biß das Eua'gelion *gw
erkennet werde / müssen wir der einfeltigen die drunder ffnd schone / sie nicht
beyder gestalt brauchen lassen odd' datzu helffen / vn also thun.
10 Auffs erst / den alten brauch lassen bleyben / das man mit geweyhete
kleydern / mit gelang / vn allen gewonlichen cenmonien auff latinsch meß
halt / angesehen / das solchs eyttel eußerlich ding ist / daran de gewissen
keyne far ligt / daneben mit der predigt die gewissen frey behalte / das d'
gemeyn man erlerne / das solchs geschehe / nicht darumb / das es muffe
*3 alßo gescheheu / odder ketzerey sey / wer anders thet / wie die tollen gesetz
des Bapsts dringen. Den solche tyrannen die das mit gesehen wollen
sahen vn erhwingen / muß man scharff vn hatt antaste / das die christliche
freyheit gätz bleybe.
Auffs ander / die pnester die meß halt? / muffen meyden alle wort in
10 dr Canon vnd colletten / die auffs sacnstcion lautten / den solchs ist nicht
ein ding / das frey sey fr« thun odder lassen / wie das nehist gesagt / sondern
es muß vnd sol abseyn / es erger sich 1dran wer da wil. Es kan aber der 303*
püester solchs wol meyden / das d' gemeyn man nymer erseret / vst on erger-
niß außrichtk / wer aber verstockt / nicht w il solche wort meyden / der -nt-
•3 «ortte für sich selbs / vnd man laß yhn ymer machen.
Auffs dritte / das man in der predigt wol treybe / die wort des sacra-
ments / Das ist mein leyb für euch gegeben / Das ist meyn blut für euch
vergossen re. tfi ein yglich Christ? ste ynß hertze faß / vff sonderlich sie für-
bild vnd handle / wen er das sacrament nympt odder meß höret / den es
30 ligt tausent mal mehr an dk selb? «orten / den an dr gestalten des sacra-
mkts / vss on solche wort ist das sacramet nicht ein sacrament / sondern
ein spot für got. Darumb ist in der Papisten kirche wol das sacrament /
es w itt aber nimmt gebk / den ste verpergen die wort / vnd geben nur die
gestalt / das ist grewlich.
35 Auffs vierde / kompstu an den ort / da man nur ein gestalt gibt / ßo
nym nur ein gestalt wie ste thun / gibt man beyder gestalt so nym beyde /
vnd richte nichts -onderlichs an / noch setze dich Widder de Haussen / on das
du solt bekenn- / es sey nicht Euägelisch (wen man dich ftaget) eyne ge­
statt tzunehme / den mit d? Euangelio vnd nicht mit der that odder 1ordinätz 3 0 w
40 sol man die beyde gestalt Widder auffrichten / Der gemeyn man w itt nicht

I 1. Ko. 9, 20 2 Ga. 6, 15 20 sacriffcirn? 25 übernehme


die Verantwortung 29 sich vorstelle 37 die aJlgemeinheit
m it der that noch m it d' ordinantz / sondern m it de EuSgelio geleret / das
beyde gestalt recht sey.
Ficht dich hie an Christ' eynsetzüge vö beyder gestalt alß sich nicht
tzyrne eyne gestalt tzu nemen / soltu dich alßo berichten. Auffs erst / du hast
doch die wort des sacraments / die das hewbtstuck drynnen sind / die selbigen s
kanstu fassen vnd oben / alßo wol wen du eyne odd' beyde odder gar
keyne gestalt nympst / das du gantz on far bist / vnd denoch des sacraments
krasst empfehist / Auffs and' / so ist die schuld nicht dein / das du nur eyne
zoo b nympst vn Christus einsatzung nicht halltist / 1 du woltist gerne beyde haben /
aber nu ist die eyne gefangen» / durch Bapst gesetz / darynnk die schwache «>
gewissen verstrickt sind / wilche du must nicht tzu rütteln / ßondern dulden
vn weyßen biß fle auch starck werde / gleych wie S . P eter ym kercker auch
nit kund vbk die predigt des ewangeli / wie er doch schuldig war / den
not hat keyn gebott / Darurnb ynn solchem fall / ist das gepott der liebe /
weytt für tzu setzen« / der einsetzung beyder gestalt / D enn Christo ligt *$
mehr / an der Übe / denn an des sacraments gestaldten. D ie weyl nu S a ta n
die fach durchs Bapsts gesetz ßo verwerret hat / das man nicht kan on
verßenmg der liebe gegen die schwachen gewissen / beyde gestalt brauchen«.
Widderurnb die liebe nicht oben on verßerung der eynsetzung beyder ge­
stalt / ßo soll die liebe obligen vnd die eynsatzung eyn tzeytlang weyche / *>
doch nit da mist verleucket odder verdarnpt seyn / denn die liebe ist ein ding
das seyn muß vnnd soll / des sacraments gestallt entpfahen muß nicht seyn /
Szondernn man kan fle lassen vnnd alleyne die wort hallten / denn Christus
hatts nicht gepotte das sacrament zu nießen / er hats aber frey gesetzt tzu
nießen werde do wil / doch alßo das er beyde gestallt nehme ßo er kann / -5
aber ynn dißern fall ist nicht mnglich tzu halten vmb der gewissen willen« /
denen die liebe tzu dienen schuldig ist.
D am it will ich nicht verweerret habenn / denen die beyder gestalt
nießen wollen vnnd künden / es sey heyrnlich oder offenbar / on das fle es
besunders thun / nicht auff ein gemeynern alltar odder tzu gleycher tzeyt / 3°
tütn die schwachen yhre weyße brauchen / das fle nicht auch m it faren vnd
3«w darnach Widder beichte / 1 ist aber yernad auch so schwach auff dißer seytten /
das er lieber gantzs sacraments entperen will / denn nur eyner gestalt nerne
den dulde man auch vnd laß yhn seynes gewissens lebe
D iße obgesagte weyse gehet itzt tzu witteberg / nicht das ich wolle da 35
3°7 b m itt die vorige verdarnpt haben / 1 oder das diße gnugsam Ewägelisch sey
oder des Bapst tyranney da mit stercken wolt / Szondern da- den schwachen
gewissen auß liebe eyn tzeytlang / ßo viel tzu dienst geschehe / biß wyr das
Euangelion baß ynn die wellt tteybe. Ich sehe nichts sonderlichs vn-
rechts furgenomen / on das der S a tan as hat zu seer auff die eyle drungen / 40
3 als ob 4 unterrichten 6 ebenso gut 12 vgl. oben s. 254,
z. 29 14 W. A. 10*, 507 32 nämlich als vermeintliche sünde
Z6 Ewngelisch B
zu nehmen. 1522. 327
die liebe wollen ober hupffen / onb der schwachen nicht lassen gewar nemen/
da mit were denn tzu letzst / new ordinantz auffkomen / die das Euangelion
villeicht weniger leyden kund / denn des Bapsts gesetzt. E s ist eyn kluger
teuffel. E r will entwedder auff die linckk odder auff die rechte seytte. Aber
3 das Euangelion wil frey auff der rechte straffe gehen / mit keyner ordinantz
versaffet / Sondern ein Herr ober alle ordinantz seonn on macht haben / itzt
diße / itzt obene tzu haltenn / Solche Keyheytt aber wirt man nicht künden
mit eole ynn das oolck bringen / wolt gott es begriffen« sie auch die oer»
stendigsten.
*0 Auffs funfft / ich wollt / onnd es sollt woll alßo feon das man gantz
onnd gar frone messe hette / denn nur zu der -eott / wenn leutt da weren /
die das sacrament haben wollten ond omb eon messe betten / onb das solchs
die wod)e nur eyn mal geschehe odder ynn eynem monden / den das sacra­
ment solt yhe / nur durch anregen oft bitte der hungerigen freien gehandellt
*5 werde / nicht auß Pflicht / stifft / brauch / gesetz odder gewonheyt / Aber es
ist tzu frue solchs antzufahen / die gewissen werden myr nicht folgen / biß
das es baß gepredigt onb oerstanden werde.
In n des kan ich den Cappelanen onnd Priestern die da muffen messe
halten / nicht anders rathen / den dz sie solchs thun / den arme yrrigr
*0 gewissen tzu dienst auß liebe / doch daneben / ettlich messe fallen lassen«
onnd 1 sewberlich mit der tzeyt eon eyn bruch machen / ßo oiel sie künden / 32 w
onnd sich leyden will / onb getrost drauff predige / das solchs aller meyst /
durchs wortt abfalle.
E s wurden etlich sagen. Za wie wolt man denn die krancken oer-
«5 sorgen? Antwort / ich laß es bleyben / dz man das sacrament für die krancken
ynn monstrantze behalte / wenn aber dißer brauch der messen 1 auff ferne / 308 b
durch lautier erkentniß des Euägeli / würd man wol sehen / das des sacra-
ments gestalt am todt nicht nott were. Seyntemall die wortt des sacra-
ments da stnd / da die macht gar an ligt / oft genug were / dz man gesund
30 die gestalt neme / odder sie nicht oerachtet ym sterben. E s haben die
Papisten / die sacrament denn sterbenden ßo nottig gemacht / onnd doch die
wortt / die alleyne nott stnd / oerschwygen.
Auffs sechst / die winckel messen als opffer oder gute werd gethan /
stnd wol abethan on abtzuthun / dauon ich yin totin gnug geschrybenn /
35 die weol aber niemant tzum glawbe ist yu treybe / fol man die Priester
nicht 00m alltar reyffen / die sie halten wollen / laß ste es oerantwortten
für gott / ist gnug / das man da Widder predige / onb dem oolck sage / das
es nichts datzu gebe / onnd keyne hallten lasse noch stiffte / so werden ste
durch solch prediget mist der tzeytt woll selbs fallenn.
10 Auff / B 21 bresche legen 29 auf die es ganz und gar
ankommt 34 De abroganda missa private 1521 W . A. 8, 398 ff.
36 vgl. mandat des reichsregiments bei Bazge, Aktenstücke s. 4 und
dazu A. 3
328 V on beider Gestalt des Sakraments

Auffs fle-end / hab ich geleret / die heymliche beycht soll nicht ge-
botten «erden / viell weniger abtt geweret werdk / wie meyn buchte von der
beycht leret/da stehe ich noch auff/Denn alles was Ewangelisch / Christ­
lich odder glawbe ist / das soll frey seynn / das die leutt on gesetz vnnd
treyben / vonn yhn selbs mitt tust vnnd liebe hyntzu dringen / darumb wer 5
nicht gerne beycht der bleybe nur weytt dauö / vn trette Bapst / Fürsten /
teuffel / gesetze mit fuffen / oft lasse yhm benugen an der heymlichenn beycht
für gott. Aber mit woll ich nicht dringe / so radt ich doch dahu / das du
mit tust beichtist ehe du tzum sacramet gehist / odder yhe nicht fle verachtist /
Den wie wol / yn den Worte b’ messe alß ym heuptstuck / die absolution
33w stehet / dennoch soltu 1 darumb die andern absolution nicht verachten / Gott
hatt seyn absolution reychlich ond viel vnns geben / der keyne vmb der
anderer willen tzuuerachten ist.
Als yhm vater vnßer hatt er eyn absolution gesetzt das vns vnßer
sund sollen vergeben seyn / wenn wyr vnßern nehisten vergeben / Die soltu *s
309 e nicht ver'achten noch das vater vnßer drumb lassen ligen / od wol ynn der
messe / auch ein absolution stehet. Also hatt er ps. .xxxi. ein absolution
gestellet ynn der heymlichen beycht für gott vnd spricht / ich hab gesagt /
ich w ill bekennen Widder mich mein vnrecht / vnd du hast myr vergeben
die vntugent meiner fünde. Diße absolution soltu auch nicht verachten *>
vmb der willenn / die ynn der messen wort ligt. Ztem Matth, xviij. gibt
er die Absolution allen Christen oft spricht / was yhr auffloset auff erde /
soll loß seyn ym hymel / vnd hernach. Wo ywen mit eynander auff erde
vber etwas ein- werdk zu bittenn / das soll yhn geschehen / darumb / ver­
achte keyne absolutio / fle sey öffentlich oder heymlich / die gott stellet / yhe »1
mehr gottes wvrtt du hast yhe besser es ist.
Auffs achte / die bildniß haben etlich schendlich gehandelt / on wissen
vnd willen bey yhrer vbirkeytten oft lerer / die wol eyner gutten straff werd
werk / Aber laß Satanam Satanas seynn / vnnd vns tzur fache reden /
Bildniß haben ist nicht vnrecht / hatt doch gott selbs ym alten testament / 3°
die ehern schlänge heyssen auffrichten / oft die Cherubin an der guldk archen
Aber/Bildniß anbeten hatt gott verbotten/war ists das fle ferlich sind/
vnnd ich wolt es weren keyne auff denn alltaren / Aber darumb fle ver­
brennen vnd schenden vnnd nicht leyden / werde wir nicht beweyßen das
recht sey/des sage ich meyn vrsach / der teufe! vnnd seyne Papistenn 55
wollen auch schon seyn vnd nicht vnrechts than habe / Wenn nu du für*
gibst / die bild flnd ynn grossem mißbrauch / drumb müsse man keyns habe /
sondern fle scheden vnnd verbrennen Szo werden fle sagen / wir miß­
brauchen yhr nicht / Wie wiltu sie vbertzeugen? Weyb vnnd weyn ist
auch ferlich ding vnnd ym mißbrauch / vnnd was ist nicdt ym mißbrauch? *°
2 werde m it/B 3 w . A. 8, 129ff. 7 gefetze B 17 Ps. 32, 5
^1 Mt. 18, 18 23 M t 18, 19 28 beyde? 31 Ni:. 21, 8 Ex.
25, 18
zu nehmen. 1522. 329

Aber du hast nicht den mißbrauch / ßondern die Bildniß selb- geschmecht/
der ich wol brauchen kan / Was 1 miltu hie tzu sagen Sihe/so habe sie 34W
dich ergriffen / wen sie dyr nu ein blatt abbrechen / ßo wollen sie den ganhen
wallt gewonnen haben / den sie sind hngerig vn suchens warlich genaw.
5 1 Darumb muffen wyr weyßlich kegen den hübschen teufel fechten / Dnnd 3*0 e
hulassen die bildniß / aber starcklich predigen / nicht alleyne wydder dißen
mißbrauch oder diße fare / dz man sie anbetet / wilchs die geringst ist / vnd
sie wol sagen sollen / du werist vnsynnig / das du yn schuld gibst / sie betten
steyn vtt holh an / Szondern wid' den heubt mißbrauch / des die Papisten
xo voll voll sticken. Nemlich / das sie darüb bild ynn kyrche sehen / das sie
meynen eyn gut werck / vnd gott eynen dienst damit hu thun / wie wol
yhr keyner auch solchen vnglawben bekennen wirt / ob er wol ym herhen
seyn muß / wo der recht Christen glawbe nicht ist / S ih ( mit solchem
wortt / hastu schnell den bildnißen mehr schaden than / denn alle weit mit
15 buchsen vü schwerd thun kan / Wen der gemeyn mann weyß / das es nicht
ein gottis dienst ist / bildniß sehenn / w irt erß woll selts nach lassenn on
deyn tteyben / vnnd sie nur vonn lust wegen oddrr vmb schmuck willen an
die wend malen laffenn / odder sunst brauchen / das on fund sey / wie kemen
wyr ynn das gefenckniß / das vns menschen verbieten sollten / das gott
•o nicht verbotten hatt- vnd eben die die wir Widder menschen lere vnnd
sa-ung fechten.
Auffs neunde / das priester sich beweybenn vnnd die Mönch / Nonnen
frey seyn sollen auß dem orden zu laufen / ergert auch großlich vnnd er»
hurnet auch die Papisten vbir die maß / da ligt ater nichts an / ich hab
15 drobk gesagt / wo man den schwachen gewissen weicht kan / soll mann thun /
das mann sie nicht hu rüttele / doch -o fern / das es muge vnnd künde
geschehen / on verßerüg der ding / die seyn müssen». Als das die Mesß
nitt eyn opffer odder gutt werck seyn / ist auch fast ergerlich / bißher vn-
gehöret. Aber darumb muß man nicht ablaffrnn / es erger sich drann starck
3® odder schwach gewissen. 1Da Christus predigt wart war es auch ergerlich 3$w
aller weit. Sott er darüb geschwygr seyn- Alßo das die Priester ehe der
teufel verbotten habe vnnd monchen stand auffricht ist vnwidderstreyttlich
beweyßet durch S . Paulus .i. Limo. iiij. 1 Darumb muß vnnd soll man 3” e
bekennen / das yhn ehe von gott frey ist geben/off muge auch mit
3s keynem gelubd Widder gottis wort verfasset / odder auffs teuffels lere ver­
pflichtet werden.
Wer nu sich enthalltr kan / thut wol das er on «eyb bleybe. wer
aber nicht kann / der ist nicht schuldig on weyb hu bleyben / den er soll nit
seynem aehisten mit solcher liebe dienen/die yhn verdamne vnd seyne
40 eygene seele verderbet / Sondern die andern sind schuldig sich nicht ergere
6 kräftig 17 zum vergnügen 20 die w ir die B 24 vgl.
mandat des reichsregiments 27 verßvrüg B 29 ablassen« es erger / B
32 unwiderleglich 33 1. T i. 4, 3 . 35 verfasset B umstrickt
33 0 V o n beider Gestalt des Sakraments

an yhm / Nott hat keyn gebott / Nott hatt keyn schäm. Nott hat keyn
schände Nott hatt keyn ergerniß. Wen solche not were beyder gestallt
zu niesten / wollen wyr auch keyn ergerniß oder schwach gewissen ansehen.
War ists / als ich sorge / es werden etlich sich beweybt oder auß
lausten / nicht auß Christlicher meynüg. Sondern fro seyn / das sie yhrer 5
buberey / eyn deckell oft vrsach haben vbirkomen an der Evangelische frey-
heyt. Was können wir dahu? Hatt doch des Bapsts verbott von der
keuscheyt vnter thausent kaum eynen Priester / der solch keuscheyt öffentlich
hallte / ich w il vö der heymlichen vnreynickeyt schweygen / was ists den
wunder / ob auch vnßers Euägelio ettlich nicht recht brauche / Hatt man doch xo
galge / reder / schwerd oft wasser / wer nicht recht will / di kan mä woll were.
Hie sehe hu / welcher Priester sich beweybe / oder wilcher Munch
oder Nonne außlauffen w il / das sie es mit starcken gewissen ansähe /alßo /
bas sie am sterbe für de teufel bestehe mögt. Es ist nichts das die vn-
gelerten oft tollen Papisten dawider scharren. Aber der teufel wirt dich 15
mit deynem gelubd gar meysterlich treybt / oft hur deicht dringe / oft deyne
ehe vnd freyheyt hur fünde machen / wen du nicht wolgerust bist mit dem
wortt gottis / darauff du dich verlassest vnd yhn verachtist. Darumb fasß
den spruch Pauli .i. Timot. iiij. da erß teufels lere oft lugen deutet / woll
36W* hu hertzen. Es w itt dyr nott seyn. V ft trohe darauff / dz gottis wort ao
312 e ' sind / der nicht liege kan Ließe libellü de votis woll / vn sterck dich auffs
beste du kanst. Es ist gar einn yemerlicher sel mord / den der teuffel durch
des Bapst verpot yugericht hat / daryn die seelen gar tieff geschwecht vnnd
schwerlich wider solch teufels gelubd tzu stercken sind.
Auffs hetzende / das man freyheyt habe / eyer / fisch / fleysch hu essen / *s
alle tage ym iar / oft der Bapst odder kyrche keyn gewalt habe / ettlich tage
vdder speyße zu verbieten / ist gewißlich war / wie .S . Paulus wortt
i. Timo. iiij. klerlich lauft / prohibetin nubere et abstinere a cibis. Aber
die weyl man hierynnen / wol kan d' schwache gewissen schont / oft on not
ist solchs zu tteyben bey den eynfeltige / die es noch nicht wissen / ge- 30
feilet mors nicht vbel / das den selben ein gute schlappe wyderferet /
darumb dz sie solcher freyheyt / auß lauster mnttwilligem freuel / den ein­
seitigen hu Widder / on befferüg leybs oft seel braucht / oft doch sonst nich
ein finger regt hu rechte Christlicht wädel / oft macht da mit dem Euägelio
vn dem theuren namk der Christen ein schendlich nach redt / das man 35
spricht dz sind Christen / wauon? Ey sie kundt fleysch anff den freytag
essen / Dolan / sie Habens vö vns nicht alßo gelernet / vn wir doch yhr
vntugent muffen tragt / Christus w itt ein mal hynder sie komen / oft
seynen namen von yhrer schmach redtk W ir habt also geleret / oft da hyn
gedacht / das wir die gewissen frey machten von des teuffels gesehen / d' 4«>
i vgl. oben s. 326, z. 14 2 keyner L 6 1. Pt. 2, 16 15 murren
19 I. Ti. 4. I f. 25 freyhet B 28 1. TL 4, 3 nutzen B 33 nichst B
34 Mt. 23, 4
zu nehmen. 1522.
331

durch de Bapst / bey tod fünde Vst bey d' helle die speyß vn tage verbeult.
Wen wir nun die gewissen alßo gefreyet habe / sollen wyr d' selbige weyß«
lich brauche / oft fle dem nehisten zu dienst vnterwerffen / das wir yn auch
dahyn brechte / Szo ferestu toller kopff tzu / vn stosstst die eynfeltige fut den
5 kopff das fle tzuruck prallen / vnd sprichst / Sihe da ich kan fleysch fressen
ya du liebe Saw / du solltist etwas anders freffenn.
Summa. Es ist vordrießlich für gott vnd für denn 1 menschen / das 313 e
w ir vnßer Christlich wetzen an dem eußerlichen ding ansahen / vnd lassen
das recht ynnerlich anstehen / wyr wollen da mit vns Ewangelisch be-
« weyßen / Das 1 wyr beyder gestallt das sacraments nemenn vnd angreyffen / 37 w
bild vmbreyffen / fleyffch fressen / nicht fasten / nicht beten vnd der gleychen /
aber den glawben vnnd die liebe will niemant fassen / die doch alleyne not
flnd / vnnd da alle macht an liget / ynnd yhenes keynes nodt ist. Aber
es ist des teuffels gespenst / d' mit solcher weyße / die leutt dahyn füret /
*5 das sie vom Bapst falle vnnd doch nicht hu Christo komen / vnd alßo Widder
Bapistisch noch Christisch werden / Sondern bleybe eben tzo woll ann dem
eußerlichenn ding hafftend / alß die Bapisten.
Ich hab alßo geleret / das meyne lere am ersten vnd meysten auff
erkentniß Christi / das ist / hu rechten lauktern glawbe warhafftiger liebe /
•o reyhet / dardurch tzu d' freyheytt vnd alles eußerlichenn weßens / es sey
essen / trincken / kleyder / beten / fasten / kloster / sacrament / vnd wie es
heyffen mag / das solche freyheytt eygentlich nur die haben vnnd seliglich
brauchen / die da glewben vnd lieben / das ist die da rechte Christen flnd /
den selbenn kan vnnd soll man keyn menschenn gesetz legen / haltenn
*5 noch leyde / das yhr gewissen fange / Man muß yhe huuor die leutt haben /
die solche freyheyt haben sollen / dz der most ynn new fasß gefaffer vnnd
behalten werde.
Szo plumpt das pubel volck hereyn / vnd will solch freyheytt mit
der saust ausrichten / vnnd mit dem kopff hyndurch / gedenckt nicht ein mal /
3° das es glawben vnd lieben soll / bleybt gleych woll vol geyhs / hasfls /
vnkeuscheyt / Horn / schwere vri fluchens / wie vorhynn / Warlich ich sage /
das ich solche nicht erkenne für Christus schuler. Christen leut streyten
nur mit dem wort / widder des teuffels lere vnd werck / vnnd reyffen huuor
die herhen vnd gewissen von yhm / darnach fellet es alles von yhm selber.
35 Die Apostel rissen noch nie keyn altar vmb vnter den Heyden. Santt
Paulus für ym schiff / das hatte einn heychen der Abgot'ter die da Castores 3*4 e
heyffen / vnnd tzureyß Widder die bild noch schiff. Ich hab auch hart gnug
Widder des Bapsts abgotterey geschryenn / alß villeicht nie keyner / aber
noch nie mit der Hand darhu than / noch dahu thu« heyffen« / on die es
40 von got gemalt vnnd macht haben. W ir haben vbrig gnug than / wenn
w ir dawidder predigen / vnnd die gewissen loßen / 1die that laß got auß- 38w
14 Verlockung 20 weßeus es sey / L 36 AG. 28, 11
4 0 übergenug
richten«. Denn es ist geschrieben / der Endchrist sol on Hand verstoret
werden / durch den geyst des munds vnßers hernn Jhesu Daniel vuj.
Darumb bitt ich aber mal / alle Christen / woltenn doch Horen meynen
rad ynn dem sacrament vnnd an denn allem. Auffs erst / syntemal der
Satanas durch Bepstlich gesetz / das sacrament hatt vnter die sew worffen / 5
da mir / das er alle Welt ywingt auff Ostern tzum sacrament gehen / ne
glewben odder nicht / sie liebenn odder nicht / vnd datzu yhn verporgen
die wort des sacraments / darynnen der glawbe hangen vn sich neeren
sott / so last vnß dahyn erbeyttenn / das ton das sacrament tzuuor Widder
auffheben vö den sewen / das rhnn w ir aber alßo/wen w ir die leut davon *<>
tzyhen vnd abwenden / mit leren vnnd bitten / das yhe niemant auß Bepst­
lich gesetzs tzwang oder gehorsam hyntzu gehe / Denn das sacrament kan
nicht leydenn / das man die leut hyntzu treybe odder tzwinge / ßvndern sie
sollenn durchs Euangelion gelernet / von yhn selbs / auß bungerigem
glawben drumb bitten vnd dringen. *5
Auffs ander / wer nu solchen Hunger meynet tzu haben / btt sehe tzu /
das er sich nicht triege / vnnd sey einn fleyschlich menschlich bcgirde da /
sondern pruffe solche glawben / ob er recht sey / wie sanct Paulus Irret
.t. Corint. xi. Der mensch pruffe sich selbs / D ie prussung stehet aber an
deynem gantzem leben / Nemlich / das dw empfindist bey dyr selbs ynwendig *>
eyn beyssend gewissen / das die sund druckt / das gnade begert / odder sich
für dem tod odder helle fürcht / vnnd gerne starck were / vnd also m it
guten verttawen auff Christus wort / das sacrament sucht vnnd nympt /
3*5 L solche 1 gnade / sterck vnnd hulff tzuholen. Denn wie ich gesagt habe / Eyn
hungerig / durfftige / gedruckt vnd geengste freien foddett diß sacrament / «3
die sich selbs -yn-u dringe / vnangesehen / Lapst gesetz odder vngesetz /
Sondern nur seyn eygenn nott vfl durfft / yn gutter tzuuersicht / Das ist
die pruffe des glaubens vnd ynwendig.
39W 1 Auffs dritte / stehet die pruffung daryn / das du ansehist / deyn eußer-
lich wetzen / ob du auch liebe gegen deynen nehisten bewevsist vnd yhm 30
dienest / findistu nu solche pruffe nicht yn dyr / Sondern lebist wie vorhyn /
stickist noch vol vnttew / haß / geytz / tzorn / vnglaubens / O lieber / ßv bleyb
ia vö dißem sacrament / biß du eyn ander mensch werdist / laß dich nicht
den hauffenn / noch Bapsts gesetz / noch gewonheit hyntzu tteybenn. Ach
Herr got / wen man diße lere wol triebe / da soltistu sehe das / wo ytzt 35
tausent tzum sacramet gehen / da wurden yhr kaum hundert hyn gehen / also
wurden der grewlichen sund weniger / die der Bapst m it seinem höllischen
gesetz in die welt geschwemmet hat / ßo kemen w ir tzuletzt Widder tzu
eyner Christliche versamlung / die w ir ytzt fast eyttel Heyden sind vnter
Christlichem namen. Dann kundten wyr von vnß sundern / die w ir an yhren 40
wercken erkenneten / das sie nicht glewbten noch liebten / daS vnß ytzt
i Da. 8, 25 2. Th. 2, 8; vgl. oben s. 301, z 12 5 M t. 7, 6
19 I. K o . I I , 28 28 erweisung
zu nehmen. U 22.
333
noch vnmirglich ist. Ach got / es ist noch fern mit vnß von Jerusalem /
wyr haben säumet angefangen auß Babylonien auffhubrechen / vnd wollen
stren alß rotten royr schon daheymen. Es roil alles Christen heyffen /
vnd muffen* auch -ulaffen / aber gleroben vnd lieben roil nicht hernach /
5 Teeren machen taug vnd htlfft nicht / darumb ist keyn rad vbrig / denn
das Euangelion predigen / vnd die leut vorn sacrarnent vnd allen eußer
lichtn stucken wenden / biß sie sich Christen fulen vnnd beroeyßen / vnnd
von yhn selbs hu erst -um glaroben / -ur liebe / vnnd darnach hu eußer-
lichem sacrament vnnd des gleychen / dringen / ynn des muffen wir lassen
io gehen was da gehet / wyr sind zu Babylonien ym gefenckniß / vnnd vnßer
feynde sitzen mitten ym tempel / vnd brauchen vnßers sacraments vnnd
alle vnsers guts / 1 M it lamentation vnnd gepet muffen mir da-u thun / £
rote Hieremtas vnd der .c.xxxvt. Psalm thut / das vnß got Widder zu dem
vnsern tzelffe / Amen.
15 Am ende, Ich setze / das ein gurte vermanunge not ist -uthun / an
die / so yht der Satanas ansehet tzu verfolgen / vntcr milchen etliche flnd/
die meynen f sie wollen der ferligkeit damit entlauffenn / wen man sie an-
greyfft / das ne sagen ' Ich Halts nicht mit de Luther / noch mit yemand /
ßondern mit de hevlige Euangelio / vnd mit der beylegen kirchen / oder mit
so der 1 Römischen kirchen / so lessit man sie mit friden / vnd behalten doch t>m t°w
hertze meyn lere für Euagelisch / vn bleybe da bey. Warlich solch b r
kentniß h ilfst sie nicht / vnnd ist eben ßo viel alß Christum verleucket /
darumb bit ich / b;e selben roolten sich ia wol für sehen.
War ists / das du iah bey leyb vnnd seel nicht sott sagen / ich byn
iS Luterisch vdder Bepstischs / denn der selb ist keyner für dich gestorbenn /
noch deyn meyster / ßondern allein Christus / vnd sott dich Christen be­
kennen. Aber wen du es dafür heltist / das des Luthers lere Euangelisch /
vnd des Bapsts vneuangelisch sey / ßo mustu den Luther nicht ßo gar
hyn roerffenn / dro roirffist sonst seyn lere auch mit hynn / die dw doch für
3® Christus lere erkennist / sondern alßo mustu sagen / der Luther sey ein bube
oder heylig / da ligt mit nichts an / seyn lere aber ist nicht seynn / ßondern
Christus selbs / denn du sttzest das die tyrannen nicht damit vmgehen /
das sie nur den Luther vmb bringen / ßondern die lere wollen ste vertilgen /
vnnd von der lere wegen tasten sie dich an / vnd fragen dich ob du Lutherisch
35 seyest. Hie mustu warlich nicht mit rhor wortten reden / ßondern frey
Christum bekennen/es hab yhn Luther / Claus obbet Jorge predigt / die
Person laß faren / aber die lere mustu bekennenn. Alßo schreybt auch
S . Paulus hu Timotheo .ij. Timot. i. Scheme dich nicht des heugniß
vnsers Hern / noch meyner / der ich vmb seynen willen gepun'den byn.

3 verfahren, handeln iz Ps. 137, 1 ff. 19 L . sieht also in


den „evangelischen“ drückeberger, in den „lutherischen“ rowdies 24 vgl.
oben s. 308, z. 5 35 leise und unverständlich 38 2. T i. 1, 8
Von beider Gestalt des Sakraments
334
Wen hie Timotheo gnug gewesen were / das er das Euangelion bekente /
hette yhm Paulus nicht gepotten / das er sich seyn auch nicht schemen
solt / nicht alß der person Pauli / ßondern alß der vmb des Euangelion
willen gepunden war. Wo nu Timotheus het gesagt / Ich Halts nicht mit
Paulo noch mit Petro / ßondern mit Christo / vnd miste doch das Petrus 3
vn Paulus Christum lereten/hett er doch Christum selbs damit ver-
leucket. Denn Christus spricht / Mat. x. vö den die ohn predigen / Wer
euch auffnympt der nympt mich auff / wer euch veracht d' veracht mich.
Warum b das? darumb / das sie seyne boten (die seyn wort bringen)
alßo halten» / darumb ists gleych als er selb vnd seyn wort alßo gehalten «•
wurden.
Auch sehe iah yderman hu / das er der liebe gegenn seyne feynde
nicht vergesse / vnd bitte für die yhn verfolgen vnd lestern / vnd begere keyner
rache / wie Christus leret M att. vi. Denn die vnseligen leut sind schon altzu
seer gestrafft / vnd w ir leyder alhu theur gerochen / das es heyt ist / vnß *5
4x w fü r12sie gegen got hu setzenn / ob wir die straff vn vrteyl / das auff sie dringet /
mochten abwende / wie für vnß Christus than hat / da wir auch ynn blind-
heit sundigetenn. D w sitzest yhre grewliche verstockte blindheyt / Sie wollen
nicht höre / noch hu verhör vnß kommen lassen / ßo wollen sie auch nicht
antworttenn / noch sich Horen lassen» / ßondern wie die Juden vbir santt *>
Stephan / oren vnd äugen huhalten / vnd vnuerschampt yhr vtteyl on er-
kentniß volfüren. Bistu eynn Christ/ßo merckist yhe w ol/was das für
einn Horn / plage vff straff ober sie sey / vnd wie du dich daryn für sie
-egen got haltr solt. Sie thun nicht anders / den alß die rasenden vnd
vnsynnigen / die da sprechen / wir wollen got so nah vnd firtutl handeln / ,z
das er vnß muffe schnel auff den kopff schlahk/Dnd sey sicher/fle sollen
das raßen nicht lange treyben / harre ein kleyne -eyt / vnd laß dyr benugenn /
das deyn got dyr verspricht/Wer euch anruret/der rurtt mein augapffel
an / Darumb hilff bitten / vnnd ob «yr yhe nicht mochten sie erhalten« /
das doch got nicht vmb yhrer tyranney vnnd lesterung willen / sein wort 30
auß ganher deutscher Nation neme / vnd den andem armen hauffenn / die
darnach suffhen/des selben beraube. Göttis gnade vnnd stercke sey mit
euch allen Amen.

7 M l io , 40 10 als ob 14 M t. 5, 44 15 um zu hohen
preis 17 Christns B 18 grewllche B 21 A G . 7. 56 28 Sach.
2, i2 32 darnach B
Welche Personen verboten sind zu ehelichen.
335

Welche Personen verboten sind zu ehelichen.


Vom ehelichen Leben. 153a.
Ein exemplar des „Zettels11 (i/7 bogen, nur Innenseiten bedruckt):
„Welche Personen . . mit der polemik gegen die firmelung am Schluss
$ schickte L. am z. aug. 1522 an den Zwickauer pfarrer Nik. Hausmann
( W A B r2,584,18s. ). Dieser zettel ist in die „predigt11 vom ehelichen
leben übergegangen, die gleich darauf verfasst worden sein wird. W ir
geben die Granenbergschen originaldrucke W . A. io*, 264 A und 268 A
wieder. Ein exemplar schickte der in Nürnberg weilende rat herzog
10 Georgs von Sachsen Dr. Dietrich von Werthem am 19. dez. 1522 seinem
heim ; das buch habe L. „ein abefal alhier gemacht, und wer nicht gut
vor uns armen ehemennem, das böse weiber dorinne lese sollen11 (Gess,
Akten und Briefe I , 402).

Ahe^us. 5» x6*
W io*,
is W Jlche person verpoten
sind hu ehlichen ynn der heyligenn schufst
beyde der freundschafst vnd
Mogschafft.
Leuit. 18.
« Verpotte person der freüdt-
schafft sind diße.
1 Vatter * 4 Schwester 7 Datters schwester. 88 n
2 Mutter 5 Stieffschwester 8 Mutter schwester.
8 Etiffmutter. 6 Sonß tochter.
is Darauß folget / das schwister tinder / vnd der stiffmutter schwester / für
gott mit guttem gewissen mugen geehlicht werden.

1 Verpotten person b* Mög- -«w


schafft sind diße.
1 Vatters bruder weyb 4 Stiefftochter
30 2 Sonß weyb 5 D es stieffs sons vdder der
stiefftochter kind.
3 Bruders weyb 6 Weybs schwester / ßo das
weyb lebt.
Darauß folget / das ich meyns weybs oder brautt schwester / noch yhrem
35 todt / ehlichen mag / dahu auch des bruders weyb nach seynem todt ym
geseh befvlhen war hu nehmen M att. 22.
18 unten == schwägerschaft 36 M t 22, 24
W elche Personen verboten sind zu ehelichen.
336
Was nu mehr persvn ebbet gelieb vetpotten sind / die haben vnßere
geystliche tyrannen vmb gelles willen verpotten / das bewerdt sich selbs
damit / das ste die selben Widder vmbS gellt verkeuffen vnnd hu lasßen /
Vnnd wo man nicht gellt gibt / solche ehe hureyffen wider gott vnd alle
billicheyt. $
Das sie aber auch new gelied ertichtet haben / -wiffchen den ge-
fettem / patten vnd yhren kindern vnd geschwistern / das hatt ste eygentlich
der teuffell geleret. Denn ßo das Sacrament der taust sollt hyndemisße
bringen muste keyn Christen mä / eyn Christen weyb nemen. Syntemal
alle getauffte weyber / aller getaufften mener / geystliche schwester sind / als io
543 E2 die eynerley ' sacrament / geyst / glawbe / geystliche gaben vnd gntter haben /
damit sie viel neher ym geyst freund werden / denn durch eußerlich ge-
fatterschafft.
Sonderlich aber ist yu meyden der Biffchoffgoyen lugehasttig gauckel-
werck / die fermelug / wilche keyn grnd ynn der schristt hatt / Dnd die *s
Biffchoff / nur die leutt mit yhren lugen betriegen / das gnade / Character /
malheychen drynnen geben werden. Es ist viel mehr der Bestien Character.
»9 2» Apoc. 18. Eyn Chri'sten mensch soll seyn glawbenn / bey Verlust seyner
seel / ia nicht stellenn auff menschen thand / denn das w itt gewißlich yhm
liegen vnnd triegen / ßondern nur auff gottis wort / der leuget nicht. so
Mar. Luther.
Anno M. D. xxij.

$ 1" Jhesus.
275w Wie wol myr grämet vnd nit gern vom Selichcn leben predigt /
dammb das ich besorge / wo ichs eyn mal recht anrure / w irtt myrs vü AZ
andern viel yuschaffen geben. Denn der iamer / durch Bepstlich verdäpte
geseh / alßo schendlich verwyrret ist / dahu durch hynlessig regiment / beyde
geystlichs vnd welltlichs schwerts / ßo viel grewlicher mißbreuch vnd yrriger
felle sich drynnen begeben haben / das ich nicht gern dreyn sehe / noch gern
dauon höre. Aber für nott hilfft keyn schewhen / ich muß hynan / die 30
elenden verwyrreten gewissen hu vntenichten / vnd frisch dreyn greysten.
Vnd teyle diße predige ynn drey teyll.

Das erst teyll.


erst wollen wyr sehen / wilche Person mügen m it eynander
^ ^ z u r ehe greyffm / V n das wyr dahu eyn fugliche eyngang machen / 35
5ii es nemen wyr für vns den spruch Gen. 1. ‘ G ott schnst den menschen / das
2 bewährt, bewahrheitet 6 vgl. oben I 492, z. 18 ff. 17 Kenn­
zeichen 18 A pk. i J% 16 27 nachlässig 35 passenden 36 Gen 1,27
V o m ehelichen Leben. 1522.
337
es eyn menlin vnd fremlin seyn sollt. Auß dem sprach / sind wyr gewiß /
das gott die menschen ynn die ywey teyll geteylet hatt / das es man vnd
weyb / odder / eyn He vnd S ie seyn soll. Vnd das hatt yhm alßo gefallen /
das erß selbs eyn gutt geschöpffe nennet. 1Darumb wie vnßerm iglichen / st6W
5 got seynen leyb geschaffen hat / ßo muß ern haben / vnd stehet nicht ynn
vnßer gewallt / das ich mich eyn weybs bild / oder du dich eyn manß bilde
machest / Sondern wie er mich vnnd dich gemacht hatt / ßo stob wyr / ich
eyn man / du eyn weyb / vnd solch 1gutte gemecht / w ill er geehrt vnd vn- 58 ei
ueracht haben / als seyn göttlich werck / das der man das weybs bild odder
10 glid nicht verachte noch spotte. Widderumb das weyb den man nicht /
Sondern eyn iglich ehre des andern bild vnd leyb / als eyn göttlich gutt
werck / das gott selbs wol gesellet.
Zum andern / Da er man vnd weyb gemacht hatte / segenet er sie /
vff sprach hu yhn / Wachstet vnd mehret euch / Auß dem spruch / sind myr
x$ gewiß / das man vnd weyb sollen vnd müssen zusammen / das sie sich mehren.
Vnd diß ist ia ßo hart / als das erste / vnd weniger -uuerachten noch zu
lachen denn das erste / syntemal hietzu gott seyn segen gibt / vnd ettwas
vber die schepffung thut. Darumb alßo wenig als ynn meyner macht steht /
das ich keyn maß bild sey / alßo wenig stehet es auch bey myr / das ich
*> on weyb sey. Widderumb auch / alßo wenig als ynn deyner macht stehet /
das du keyn weybs bild seyst / alßo wenig stehet es auch bey dyr / das du
on man seyest. Denn es ist n itt eyn frey wilköre odder radt / Sondern
eyn nöttig natürlich ding / das alles was eyn mä ist / muß eyn weyb haben /
vnd was eyn weyb ist / muß eyn man haben,
ss Denn diß wort / da gott spricht. Wachstet vnd mehret euch / ist nicht
eyn gepot / ßondern mehr denn eyn gepott / nemlich eyn göttlich werck /
das nicht bey vns stehet huuerhyndern odder noch hulasßen / ßondern ist
eben alßo nott / alß das ich eyn manß bild sey / vnd nöttiger denn essen
vnd trincken / fegen vü außwerffen / schlaffen 1 vnd wachen. Es ist eyn eyn- 5»» B
30 gepflanhte natur vnd artt / eben ßo wol als die glidmaß die dahu gehören /
Drumb / gleych wie gott niemandt gepeut / das er man sey oder weyb /
ßondern schaffet das fit ßo muffen seyn. Alßo gepeutt er auch nicht / sich
mehre / ßondern schafft / das sie sich muffen mehren. Vnd wo man das
w il wertn / da ists dennoch vngeweret / vnd gehet doch durch hurerey /
3$ ehebruch vnd stummen fund seynen weg / denn es ist natur vnd nicht « il-
kore hierynne.
1 Zum dritten / Auß diffem geschepffe / hatt er dreyerley menschen selbs 277 w
außhogen M a tt. 19. da er 1spricht. Es stob ettliche verschnytten / die sind 59 &
auß mutter leyb alßo geporn / ettlich sind / die von menschen henden ver-
40 schnytteu stob / Etlich aber die sich selbs verschnytten haben vmbs hymel-

3 Er 8 kreatur 14 Gen. 1, 28 16 ebenso streng 18 über*


hinaus 29 purgieren 35 onanie 37 aus dieser Schöpfungsordnung
38 ausgenommen M l 19, 12
Welche Personen verboten sind zu ehelichen.
338
reychs willen. Vber diße dreyerley / vermestze flch ktyn mensch on ehlich
gemalh tzu seyn. Dnd « e r sich nicht befindet ynn dißer dreyer tzal / der
dencke nur tzum ehlichen leben / denn da wirt nicht anders auß / du bleybst
nicht frum / das ist vnmuglich / Sondern das wortt gottis / das dich ge-
schaffen hatt vnd gesagt. Wachß vnd mehre dich / das bleybt vnd regirt 5
ynn dyr / vnd kaust yhm dich mit nichte nemen / odder wirst grewliche
fund on auffhbren thun müssen.
Dnd da Widder soll dich nicht yrren / ob du Hetzen eyd / gelubd /
bund vnd eyttel eyßen oder Adamanten pfiicht gethan hettist. Denn als
wenig du kanst geloben / das du keyn manß / odder weybs bilde seyn xo
woltist / vnd ob du es gelobist / ßo were es eyn narrheyt vnd gulte nichts /
denn du kanst dich nicht anders machen. Alßo wenig kanstu auch geloben /
das du dich nicht samen odder mehren wolltist / wo du dich nicht ynn der
dreyer tzal eyne findist. Dnd ob du es gelobtist / ßo were es auch eyn
narheytt vnnd gullte nichts / denn samen vnd dich mehren / ist gottis ge- x5
schSpffe / vnd nicht deyner macht.
Darauß du nu flhest / wie weytt vn lange alle klSster gelubd gellten /
das keynß knaben odder meydlin gelubd gillt für gott / es sey denn ynn
der dreyer tzall eyne / die gott alleyne vnd selb außgetzogen hatt. Alßo /
5,3 bi 1das Pfaffen / Munch vnd Nonnen schuldig sind yhr gelubd tzulaffen / wo sie so
sich finden / das gottis geschtpffe sich tzu samen vnd tzu mehren ynn yhn
krefftig vnd tüchtig ist / VN keyn macht haben / durch eynigen gewallt /
gesetz / gepott / gelubd / solche gottis geschSpffe an yhn selbst hyndern.
Hyndern sie es aber / ßo sey du gewiß / das sie nicht reyn bleyben / vnd
mit stummen funden oder hurerey sich besuddeln müssen / Denn sie ver- »5
mügen gotis wort vnd geschtpff an yhn nicht weren / es gebet / wie es
gott gemacht hatt.
*7»w 1 D ie ersten aber die Christus auß mutter leybe verschnytten geporn
60 ei nennet / das sind / die mä Im poten'tes heyst/die von natur vntuchtig sind /
sich -usame vn zumehren / als die kallte vn schwache natur odder sonst 30
Mangel am leyb haben/dam it sie nicht geschickt sind ehlich hu leben/als
man wol findet / beyde manß vnd weybs bilde. Diße laß man faren / die
hatt gott selber außtzogen vtt alßo geschaffen / das der fegen nicht vber sie
fönten ist / das sie sich mehren künden / die gehet das wortt nichts an /
Wachstet / vnd mehret euch / Gleych als wenn gott yemand lam oder blind 35
schaffet / die sind frey/d as sie nicht gehen noch sehen künden.
Von solchen hab ich eyn mal geschrieben eynen radt für die beycht-
vetter / wo eyn man oder weybe ferne / vnd wollt lernen wie es yhm thun
sott / weyl seyn ehlich gemalh / yhm nicht leysten kund die ehlich pfiicht /
vnnd doch nicht enperen künde / weyl sichs fünde / das gottis geschepffe 40

i ausser 6 entziehen 9 diamanten 13 fortpflanzen 37 vgl.


oben I 495, z. 15 ff. 38 sich verhalten
Vom ehelichen Leben. 1522.
339
HU mehren YM1 yhm seyn macht hette. Hie haben fit myr schuld geben /
ich soll geleret haben / wenn eyn man seynem weyb nist gnug den kuhel
buffen künde / soll fit tzum andern lausten. Aber laß liegen die verkereten
lügner / es wurde Christo vnd fronen Aposteln yhre wort verkeret / sollten
5 fie denn nicht auch myr meyne wort verktren. Weß der schaden seyn wirt /
werden fie wol finden.
Ich hab alßo gesagt / Wenn eyn tüchtig weyb hur ehe / eyn vn«
tüchtigen man hur ehe vberkeme / vnd künde doch keynen andern öffentlich
nemen / vnd w o llt1 auch nicht gerne widder ehre thun / syntemal der Bapst 5*4 b »
10 hie viel Heugen vnd weßens on vrsach foddert / solle fie hu yhrem man
alßo sagen. S ihe lieber man / du kanst meyn nicht schuldig werden / vnnd
hast mich vmb meynen iungen leyb betrogen / dahu ynn fahr der ehre vnd
seelen frlickeyt bracht / vnd ist für gott / keyne ehe -wiffchen vns beyden /
Vergönne myr / das ich mit deynem bruder / odder nehisten freund eyn
15 heymlich ehe habe vff du den namen habst / auff das deyn -utt nicht an
frembde erben kome / vnd laß dich widderumb williglich betriegen durch
mich / wie du mich on meynen willen betrogen hast.
Ich hab weytter gesagt / das der man schuldig 1 ist / solchs hu ver> 61D
willigen / vnd yhr die ehlich Pflicht vnd kinder huuerschaffen / « il er das
sc nicht thun / soll fie heymlich von yhm lausten ynn eyn ander landt vnd da
selbst freyen. Solchen radt hab ich hu der heytt geben / do ich noch schew
war. Aber i h t 1 wollt ich wol baß dreyn radten / vnd eym solchen man der «79 w
eyn weyb alßo auffs narrn fryll füret / wol baß ynn die wolle greyffen.
Desselben gleychen auch eym «eybe / wie wol das seltzamer ist / denn mit
s$ mannen. E s gillt nicht fronen nehisten ynn solchen grossen hohen lachen /
die leyb / gutt / ehre vnd frligkeyt betreffen / ßo leychtfertig mit der näßen
vmbfüren. M an müsst es yhn redlich Halen heyffen.
Die andern/die Christus heyffet mit menschen henden verschnytten/
die capphanen / find eyn vnfrlig volck / denn ob fie wol vntüchtig find hur
zo ehe / ßo find fie doch btßer lust nicht loß / vnd werden frawen süchtiger
denn vorhyn / vnnd ganh weybiffch / vnd gehet yhnen nach dem sprich w ort/
M er nicht syngen kan / wil ymer frugen / alßo «erden auch biege geplagt /
das fie deste lieber bey weybern find / vnd doch nichts vermögen. N u die
lassen «yr auch faren / die find auch auß dem natürlichen orden / -u wachsten
35 vnd mehren gesetzt / wie wol mit gemalt vnd nur mit der thatt.
Die dritten / find die hohen reychen geyster / von gottis gnaden auff
geheumet / die von natur vnd leybs1geschick tüchtig find hur ehe / vnd bleyben $15 e*
doch williglich on ehe. Diße spreche alßo. Ich möcht vnd kund wol ehlich
«erden / aber es gelüst mich nicht / Ich will lieber am hymel reych / das
40 ist am Euangelio schaffen vnd geystliche kinder mehren. Dieße find frlham
2 die begierde stillen 11 mich nicht befriedigen 23 Thiele
no. 262 26 vgl. oben s. 125, z. 33 29 kapaunen, eunuchen 31 Thiele
no. 157 37 ausgerüstet 40 selten
W elche Personen verboten sind zu ehelichen.
340

vnd vnter thausent menschen nicht eyner / denn es sind gottis besondere
wundenverck / des sich niemant vntenvinden soll / gott ruff yhn denn be-
ßonders / wie Hieremi. odder befinde gottis gnade ßo mechtig ynn yhm /
das yhenes gottis wortt / Wachstet vn mehret euch / keyne stadt an yhm hab.
Aber ober diße dreyerley menschen / hatt der teuffell durch menschen / s
gott vberklugellt vnd mehr leutt funden / die er auß dem gotlichen vnd
natürlichen orden hatt außgehogen / Nemlich die mitt spynweb verfasset
6- L> >sind (das ist mitt menschen gepott vnnd gelubden) darnach mit viel eyßern
schlüffern vnd gittern verschlossen / das ist die vierde weyße der natur tzu
weren / das sie nicht sich samme noch mehre / Widder gottis eynpfiantztes 10
280 w rottet vnd artt / gerade als were es 1 ynn vnßer Hand oft macht / iunckfraw-
schafft zu f y a Un l mt kleyder vn schuch. Aber wenn man mit eyßern
gittern lvnd schltssem kund gottis geschbpff vn wort weren / hofft ich wyr
wollten auch ßo dicke vnd grosse eyßern gittern für setzen / das auß
weybern menner würden / oder auß menschen steyn vnd holtz. Es ist der »s
teuffell der mit der armen creatur / alßo seyn affen spielt treybt vnd seynen
tzorn alßo büsst.
Zum vierden / Nu wollen wyr die person sehen / die mit eynander
tzur ehe greyffen mügen / damitt man sehe / wie ich keynen gefallen noch
lust hab / das man ehe zureysse / man vnd weyb scheyde. Denn der Bapst *>
hatt ynn seynem geystlichen recht achhehenerley vrsach ertichtet / die ehe tzu
weren vnd tzu reyssen / die ich doch fast alle verwerffe vnd verdamne. Dnnd
tzwar er sie auch selb nicht fester noch stercker hellt / denn biß man sie mit
gollt vnd silber vmbstoffe / Vnd sie auch nur datzu erfunden sind / das sie
gelltnetz vnd seelstrick seyn sollten .2. Pet. 2. Aber auff das yhr nanheyt *5
516 E« an 1 tag komme / wollen wyr sie alle achtzehen nach eynander sehen.
1 Die erste vrsach ist die blutt freundschafft. Hie haben sie die ehe
verpotten / biß ynnß dritte vnd vierde gelyd / Wo du nu hie nicht gellt
hast / vnd ob dyrß gott wol gönnet/ßo mustu doch / deyne mume ym dritten
vnd vierden gelied nicht nemen / odder von dyr thun / ßo du sie genommen
hast. Is t aber gellt da/ßo ist dyrß erlewbt. Denn sie haben weyber feyll
solche kremer/die doch nie yhr eygen worden sind. Kanstu dich nu Widder
dieße tyranney schuhen / ßo will ich dyr tzelen die Person / die gott verpotten
hatt Leuit. 18. Nemlich meyn mutter / Meyn stietsinutter / Meyn schwester /
63 e i Meyn stieffschwester / 1 Meyns kinds recht odder stiefftochter / Meyns vatters 35
schwester / Meyner mutter schwester/Dießer Person kan ich keyne nemen.
Darauß folget / das sich geschwister kinder tzusammen nemen mügen
göttlich vnd Christlich. Item ich kan meyner stieffmutter schwester haben /
Item meyns vatters stieffschwester / Item meyner mutter stieffschwester.
Weytter ich mag meynes bruders odder schwester tochter haben / wie *°

3 Jer. 1, 5. 16, 2 5 ausser 7 ausgenommen gebunden


16 T h iele no.262 25 2 . P t. 2, 14 34 Le. 18, 7 ff. 37 heiraten können
V o m ehelichen Leben. 1522.
341

Abraham seyne Sara hatte /Dießer Person ist keyne für gott verpotten. 281w
Denn gott rechnet nicht noch den glieden / wie die Juristen thun / ßondern
tzelet strack die Personen. Sonst/weyl vatters schwester vnd bruders
tochter/ynn gleychem glied sind/must ich sagen/das ich entwedder meyns
s bruders tochter nit nemen kundt / odder auch meynes vatters schwester
nemen möcht. Nu hatt gott vatters schwester verpotten vn bruders tochter
nicht verpotten /die doch ynn gleychem glied sind. Auch stobt mä ynn d'
schrifft/das mit allerley stieffschwester nit ßo hatt gespannen ist geweßen /
Denn Thamar Absolonis schwester / meynet sie hette yhren stieffbruder
*o Amon wol haben mügen .2. Regum. 13.
i Die ander vrsach / ist die mogschafft odder 1 schwegerschafft. Hie 5-7 e
haben sie auch vier gelyd gesetzt/das ich nach meyns weybs todt nicht
mag Widder ynn yhre freundtschafft greyffen / da meyn weyb hyn reycht ynß
dritte vnnd vierde gelyd / wo myr nicht gellt tzu hilff kompt. Aber gott
*5 hatt diße Person verpotten / Nemlich / meyns vatters bruder weyb / meyns
sonß weyb / meyns bruders weyb / meyn stiefftochter / meyns (tiefst sonß
odder stiefftochter kind / meyns weybs schwester / weyl meyn weyb lebt
Diße Person kan ich keyne haben / die andern mag ich haben / vnd darff
dennoch keyn gellt drumb gebyn / Nemlich / meyner brautt odder weybs
*° schwester nach yhrem todt / meyns weybs bruder tochter / meyns weybs
vettem tochter / vnd alles was meyns wey'bs geschwister kind ist / vnd was 64 e >
sie yhr mummen oder maßen heyfft. Wenn aber eon bruder on erbe starb /
mäste seyn weyb ym allten testament yhr manß nehisten freund Hetzen yhrem
man eyn erben tzu tzeugen / das ist nu nicht mehr gepotten / doch auch nicht
*s verpotten.
1s Die dritte vrsach / ist die geystliche freundschafft / nemlich / wenn
ich eyn magd auß der tauff hebe / odder tzur fermell trage / ßo kan ich
odder meyn son «idder sie / noch yhre mutter / noch yhre schwester tzur ehe
nehmen / es sey denn gar eyn redlich vn weydlich gelt da / das ist doch
30 eyn lautter narr« werck vnd alfentzen / nur vmb gellts willen / vnd die ge­
wissen tzuverwyrren / ettichtet. 1Sage myr / ists nicht grSffer / wenn ich 282w
die stufst selbst nehme / denn wenn ich datzu helffe? Szo müst ich nu keyn
Christen weyb nemen / syntemal alle getauffte weyber / aller getaufften
menner geystliche schwester sind / durch eynerley Tauff / Sakrament /
3$ Glawben / Geyst / Herrn / Gott vnd ewiges erbe.
Warumb verpeutt der Bapst nicht auch / das keyn man seyn weyb
behallte / wenn er sie das Euangelion leret? Syntemal wer denn andern
leret / der ist seyn geystlicher vatter / wie Santt Paulus .1. Corint. 4,
1 rümet / er sey yhr aller vatter / vnd spricht / 3 4 hab euch ynn Christo 518 es
40 durchs Euangelion geporn. M it der weyße hett er keyn weyb tzu Corinthen
i Gen. 20, 12 3 zählt genau auf 8 sti eng eingeschränkt (vgl. D .
W b . io , 1907) 10 2. Sa. 13, 13 22 basen 23 D t. 25, 5 ff. 27 mäd-
chen firmelung 29 gehörig und stattlich 30 nugari 38 1. K o . 4, 15
342 W elche Personen verboten sind zu ehelichen.

müssen nehmen / noch keyn Apostel! «uff erden / darum- das sie yderman
lereten vnd teufften.
Darumb laß das narrn werck faren / vnd ßo du mißt / ßo nym / gott
gebe es sey gefatter / potte odder gefattern tochter / schwester / odder wie
sie sind / vnd hallte diße ertichte gellt süchtige vrsach für nichts. Hyndert 5
dich das nicht / das die magd Christen ist / ßo laß dich weniger hyndern /
das du sie getaufft / geleret / auß der tauff gehaben hast. S-oaderlich
aber meyde das affen spiel / der fermelung / wilchs eyn rechter lügen thand
ist. Ich laß tzu / das man fermele / ßo fern / das man wisse / das gott
nicht davon gesagt hat / auch nichts darumb wisse / vnd das eS erlogen sey / «o
65 e * was die Biffchoffe darynnen für geben. Sie spotten vnßers gottis / 1sagen
es sey eyn Sacrament gottis vnd ist doch eygen menschen fündle.
V Die Vierde vrsach / ist die welltliche freundschafft / nemlich / wenn
eyn frembd kind tzum son odder tochter w irtt auffgenomen / das kan sich
darnach nicht verheyraten / mitt deffelbigen manß odder weybs kinder /15
odder seyne welltliche geschwister nemen / Das ist auch eyn menschen thand
vnnd nichts werd. Darumb hallt es / ob dichs gelüstet / es ist Widder
deyn mutter noch deyn schwester für gott / da du ftembds blutt bist /
doch es dienet auch ynn die kuchen / vnd gibt gellt / darumb es auch ver-
potten ist. -0
S83W 1 ^ Die funffte ist vnglawbe / nemlich / das ich keyne Turckyn Iüdyn
odder ketzeryn nemen mag. Mich wundett / das sich die freue! tyrannen
nicht ynn yhr Hertz scheinen / ßo öffentlich Widder den Hellen text Pauli
.1. Cor. 7. sich setzen da er spricht. W il eyn heydnisch weyb odder man /
bey dem Christen gemalh bleyben / soll er sich nicht von yhr scheyden / »s
vnd S . Petrus .1. Pet. 3. sagt / das die Christliche weyber sollen gutten
wandelt füren / das sie damit yhr vnchristene menuer bekeren / wie S .
August, mutter Monica thett. Darumb wisse / das die ehe / eyn eußerlich
leyplich ding ist / wie andere weltliche hanttierung. Wie ich nu mag mit
eym Heyden / Juden / Turcken / Ketzer / essen / trincken / schlaffen / gehen / 30
reytten / kauffen / reden vnd handeln / alßo mag ich auch mit yhm ehlich
werden vnd bleyben / vnd kere dich an der nanen gesetze / die solchs ver-
pieten / nichts. Man findt wol Christen / die erger sind ym vnglawben
ynnewendig / vnnd der das mehrer teyll / denn keyn Jude / Heyde / odder
Turcke odder ketzer. Eyn heyde ist eben ßo wol eyn man vnd weyb von 35
gott wol vnd gntt geschaffen / als S . Peter vnd S . Paul / vnd S . Lucia /
schweyg denn als eyn loßer falscher Christ.
F Die sechst ist Crimen / Laster / der selben sind sie nicht wol eyns /
wie viel sie yhr tichten wollen / doch sinds fast diße drey / wenn yemand
eyn magd beschlieff / ßo kan er nicht nemen yhre schwester odder mummen. 40

4 pate 12 erfindung 14 adoptiert 19 küche; trägt etwas ein


24 1. K o . 7. 13 26 1. P t. 3, i 36 Schäfer, s. 236 39 erdenken
Item wer mit eym wey- die ehe -richt / der kan nach yhrß mans todt Ae
nicht haben. Item 1 wen eyn weyh odder man vmb eyns andernn willen / 66 b
den sie liebt / yhr gemalh vmbringt / ßo kan sie darnach den selben auch
nicht nemen. Hie regents nann ober turnn / Glewbe du yhn nichts /
5 yrre dich auch nicht / der teuffell reytt sie. Laster vnd fund soll man
straffen / aber mit ander straff / nicht mit ehe verpieten. Darumb hyndert
keyn lasier odder fund die ehe / Dauid -rach die ehe mit Bachsaba Drias
weyb / vnd ließ dahu yhrn man tödtk / das er alle beyde laster verwirckt/
noch gab er dem Bapst keyn gellt / vnd nam sie darnach hur ehe / vnd
10 tzeuget den konig Salomon mit yhr.
1 Ich muß hit baß dreyn greyffen / S ie sehen auch den fall / die klugen 28*1*
leutt / wenn es geschehe / das eyn mä mit seyns weybs mutter odder
schwester sundigete / wilchs für der ehe / eyn laster were / das die ehe
hynderte vnd hu ryffe / aber nu es nach der ehe geschicht / nicht hu reyffen
15 kan / vmb des weybs willen / 1das keyn schuld dran hatt. Szo soll doch 520 e
das des manß straff seyn / das er bey seym weyb liege / vnnd nicht macht
hab / die ehe schuld hu foddern. Da sihe / was der teuffell durch seyne
nanen ynn der ehe schafft / legt man vnd weyb husamen / vnd spricht /
Sey keyn man noch weyb / fewr vnd stro bey eynander / vnd gepeutt / es
so soll nicht brennen / Wenn man solch gepott das hebende teyll auff den Bapst
legt / wie sollt er raßen vnnd toben / vnd vber gewallt vnrecht schreyen?
Auß mit den grossen narren / Laß du die ehe frey bleyben / wie sie gott
gesetzt hatt / vnnd straff die fund vnd laster mit andern straffen / nicht mit
der ehe vnd andern funden.
*s 1 Die siebend / heyffen sie publica honestas / die Erbarkeyt / Nem-
lich / wenn myr meyn brautt stirbt / ehe ich sie heym hole / ßo thar ich
nicht nemen yhre schwester / biß ynn- vierde gelyd / Darumb das den Bapst
dunckt vnd scheynbarlich ttewmet / es sey seyn vff erbarlich / das ichs nicht
thu / ich gebe denn gelt / ßo ist die erbarkeyt nicht mehr. Aber droben
30 hastu gehört / das ich meyns weybs schwester vtl alle yhre freundyn nemen
mag nach yhrem todt / on yhre 1 mutter vnd tochter / da bleyb bey vn laß 56;
die nanen faren.
T Die acht ist / Gelubd / nemlich / wer keuscheyt gelobd hatt / ynn
odder außer dem kloster. Hie radt ich / wenn du «eyßlich geloben wilt /
35 ßo gelobe die näßen dyr selb nicht ab beyssen / das kanstu halten. Ist aber
das gelndd geschehen / ßo hastu droben gehöret / das du dich selbst fulen
sollt / ob du ynn der dreyer hall seyst / die gott außgehogen hatt / fulestu
dich nicht drynnen / ßo laß gelubd vnd kloster faren / vnd geselle dich nur
bald zu deym natur gesellen vnnd werd ehlich / Denn deyn gelubd ist Widder
40 gott vnd gillt nichts / vnd sprich. Ich hab gelobd / das ich nitt habe vnd
nicht meyn ist.
5 verblendet (D. Wb. 8, 776) 8 verschuldete 19 zu diesem
bilde W . A. io*, 515 28 augenscheinlich, offenbar 36 prüfen
344 Welche Personen verboten sind zu ehelichen.

285W 1 % D ie munde ist yrthum / wenn myr Katheryn verlrawet wurde /


vnd legten myr Darbaran bey / wie Jacob mit Lia vnd Rachel geschach /
da- mag ma -ureyffen vn die andern freyen.
e* 1 D ie zehende ist / Conditio / Anhang / wenn ich eyne 1 neme / die
da frey seyn sollt / vnd beiünde sich darnach / da- sie eygen were / da- 5
gehet auch wol hyn. Aber ich hallt wo Christlich liebe were / kund der
man dieße beyde vrsach leycht endern / da- keyn grosse nott da were. Auch
ßo geschicht solch- beyd iht nymer gar oder seltten / vnd ist beyde- wol
tzufaffen ynn eyn- / nemlich ynn yrthumb.
V D ie eylist / ist die heylige weyhe / nemlich da- die blatte vnnd 10
da- liebe öle / ßo starck ist / da- e- die ehe weg fristet vnnd auß eym man
keyn man macht / alßo muß eyn Epistoler / Euägelier vnd Priester vn ehe
seyn / wie wol fönet Paulu- gepotten hatt / fle sollten vnd mügen ehlich
seyn .2. Timoth. 3. Tit. 1 . Aber da von hab ich sonst ßo viel geschrieben /
da- hie nicht nott ist wider hu holen. Denn yhr narrheyt ist gnugsam *s
an tag bracht / vnd wa- diß hynderniß / fodderniß geschafft hatt ynn den
geweyheten / sihet man wol.
1 D ie zwölffte / ist hwang / wenn ich meyn weyblen Greten haben
muß VN dahu geywungen werde / e- sey von elltern odder mit gewallt der
vbirkeyt / da- ist freylich keyne ehe für gott Aber doch solt eyn solcher den *>
68 El zwang nit bewilligen / vnd drob da- 1 land meyden / auff da- er die magd
odder weyb nit auff- narrn seyll füret vnd betröge / Denn damit bistu
nicht entschuldiget / da- du dahu gehwungen bist. D u solltist dich nit
hwingen lassen / deynen nehisten hu beleydigen / vnnd ehe da- leben lassen /
denn Widder die liebe thun. Denn du woltist nicht gern / da- dich yemant *s
beleydiget / er würd gehwungen odder nicht. Darumb kund ich den nit
sicher sagen für gott / der vmb dißer fach willen sich scheyden lessit. Lieber /
*86W wenn dich yemät hwünge / myr hu 1 steten odder mich hu tödten / solt-
drumb recht seyn? Warumb folgistu dem hwanck/der dich Widder gotti-
gepot vnd Widder deynen nehisten hu thun dringt? Doch die magd sprech 3°
ich frey loß / denn du lessist sie on yhre schuld vnd willen / wie hernach
wyr hören werden.
W ie aber wenn eyner begriffen roirt miss eyner magd / da- man sie
5-r V yhm mit der axt gibt? ob der 1 hwang auch gellte? Dißer hwang gillt
nicht / denn die magd sihet / da- e- hwang ist vn roirt nicht betrogen. 35
Aber doch ist- recht / da- man yhn zwingt sie hu behallten / vmb de-
willen / da- er sie hu nicht gemacht hatt / denn solch- hatt auch M ose­
geschrieben / da- / wer eyn magd beschleift / soll sie behallte / odder ßo yhr
vatter nicht w il / gellt da für geben nach yhrß vatter foddern Exo. 22.
^ D ie dreyhehend / ist verbündniß / wenn ich- eyner magd gelobe / 40
2 Gen. 29. 23 14 1. TL 3, 2. 12 Tit. 1, 6 16 förderung
22 oben s. 339, z. 23 27 vor gottes urteil schützen 39 Ex. 22, ib
40 Verlöbnis
V om ehelichen Leben. 1522.
345
vnd neme darnach eynander. Diß ist eyn weytt leuffttge vnd gemeyne fach
darynn man sich auch viel versucht.
Auffs erst / wenn solchs verloben geschicht / hynder vatter vnd mutter
wissen vnd willen / oder der / die vatters stadt halten / ßo bleybes bey
5 «ilcher der vatter w il / denn ob die magd wol betrogen w irt/ß o ists doch
yhre schuld. Syntemal sie wissen solt das eyn kind seym vatter vnter»
thenig / gehorsam / seyn sollt / vnd on seyn wissen Ach nicht verloben / auff
das alle solche heymliche gelubd / die viel vngluck machen / altzo durch der
elltern gewallt vnd gehorsam auffhbren vnd ablassen. Wo aber das nscht
10 ist / acht ich er soll bey der ersten bleyben / denn er hatt sich yhr ergeben /
vnd ist nicht mehr seyn selbst / dar'umb hatt er der andern nicht können 6-L»
geloben / das der ersten vnd nit seyn war.
Thutt erß aber vnd feret fortt biß das er kinder mitt der andem
tzeuget / ßo bleyb er bey der selbigen / denn sie ist auch betrogen vnd -u
15 gr-fferm schaden tonten / wo er von yhr weycht / denn die erste / darumb
hatt er an beyden gesündigt. Aber die erste kan yhrs schadks nach tonten /
weyl sie noch on kinder ist / Drumb soll sie der andern auß hebe weychen
vnd eynen andern nemen / denn sie ist frey von yhm / weyl er sie verlassen
hatt / vnd sich eyner 1andern geben / doch sollt man yhn straffen / vnd büß a87w
«o geben lassen der ersten / der er das yhre vergeben hatt.
1s Die viertzehende ist / die droben berürt ist / Wenn man odder weyb
vntüchtig tzur ehe ist / das ist die eynige redliche vrsach enter dißen achtzehen /
die ehe1 tzureyffen / wie wol sie dennoch mit viel gesehen versasset ist / ehe 5*3 e*
manß tzu wegen bringen kan bey den tyrannen. Darnach sind noch vier
•5 vrsach als das verpott der Biffchoffe / verpesten tzeytt / gewonheytt /
vnd geprechen des gesichts vnd gehbrß / wilche itzt nitt nett
sind / tzu handelln / denn es fawle / tonte hotten sind / das
eyn Biffchoff myr sollt eyn weyb verpieten / odder
tzeytt setzen tzu freyen / odber das eyn blinder
30 vnnd stummer / sollt nicht tzur ehe
greyffen mügen. Darumb
sey des allfenhens
diß mal gnug
zum ersten
35 teyll.
Das a n d e r te y ll.
a n d e r w o lle n rv y r sehe «nicht ptrfon man sch»yd«n
Dr«» vrsachrn we»ß ich / di« man enb wtyb scheydrt. Die
erste / die itzt vnd droben gesagt ist / Wenn man odder weyb vntüchtig
4 bleyb er? 16 sich von ihrem schaden erholen (D . W b . 7, 81)
20 die ehre genommen 23 gebunden, eingeschränkt 27 possen
32 nugari
346 Welche Personen verboten sind zu ehelichen.

tzur ehe ist / der glidmaß odder Natur haben / wie das seyn mag / davon
ist gnug gesagt.
1s D ie ander ist / der ehbruch / von dießer haben die Bepst ge­
schwiegen / darumb müssen wyr Christum htren M a tth . 19. D a yhn die
Ju den fragten / ob eyn mä seyn weyb lassen möcht auß allerley vrsach / 5
70 ei 1 anttw orttet txlfyabt yhr nicht geleßen / das der den menschen von ansang
schuff / der macht sie / eyn man vnd weyb / vnd sprach. D arum b w irt eyn
man lassen vatter vn m utter / vnnd an seym weyb hangen / vnnd werden
tzw^y eyn fleysch seyn. D a s nu qott zusamen fuget / das soll niemät
scheyden. D a sprachen sie / W arum b hatt denn M oses befolhen / man soll 10
yhr eyn scheydbrieff geben vnd sie lassen? E r antw orttet / das hatt M oses
gepotten vmb ewers hartten hertzen willen / das yhr ewer weyber lasset.
A ber vom ansang w ar es nicht alßo. Ic h sag euch aber / wer seyn weyb
lesstt / es sey denn vmb hurerey willen / vnd nympt eyn andere / der bricht
seyn ehe / vnnd wer die verlassene nympt / der bricht auch die ehe. i*
S Jw 1 1 Hie flhistu / das vmbs ehbruchs willen Christus man vnd weyb
scheydet / das / wilchs vnschuldig ist / mag sich verendern. D enn damit
das er spricht / es sey eyn ehbruch / wer eyn andere nympt vnd testet die
erste / es sey denn vmb hurerey willen / gibt er gnugsam / das der nicht
ehbruch th u tt / der eyn ander nympt vnd die erst lessit vmb hurerey 20
willen.
Aber die Juden liessen vmb allerley vrsach willen yhre weyber / 0- schon
keyn hurerey da war / wenn sie nur wollten / das ist ßo grob / das sie es
selbs tzu viel dunckt / drumb fragten sie yhn / obs auch recht were / vnd
versuchten yhn / was er tzu M vses gesetz sagen wollt. 25
D enn ym gesetz M ost gab gott hweyerley regiment vnd gepott.
Etlich geystlich / die für gott frumkeyt lereten / als lieb vnd gehorsam ist /
wilche diße gesetz hielten / die stiessen yhre weyber nit von sich / vnd brauchten
des scheyd brieffs nymer / duldeten vnd ttugen yhre weyber sitten. Etlich
aber weltlich / vmb der willen / die die geystlichen gepott nicht hielten / 30
das den selben doch auch eyn maß gesteckt wurde / das sie verfassetwurden /
nicht gar nach yhrem m uttwillen tzu thun vnnd nicht ergerß thetten / alßo
gepott er yhn / wenn sie ia yhr weyber nicht leyden kundten / das sie sie
dennoch nicht tbdten odder sonst yhn tzu viel leyds thetten / ßondern liessen
71 bi sie von sich m it eym brieffe. D arum b gillt solch gesetz bey den 1 Christen 3$
nicht / wilche sollen ym geystlichen regiment leben. W o aber ettlich vn-
christlich leben mit yhren weybern / were es noch gutt / das man solch ge­
setz sie liesse brauchen / ßo fern / das man sie für keyne Christen hielte /
des sie doch sonst nicht sind.
Szo haben wyr nu / das vmb ehbruchs willen eyns das ander lassen 40
mag / wie auch Salom on sagt prouerb. 16. W er eyn. ehbrecherynn hellt /
4 M t. 19, 3 ff 15 were A 19 zeigt 31 gebunden, im
zäume gehalten 41 Pr. 6, 32
Vom ehelichen Leben. 1522.
347
der ist eyn n an / vnd des haben wyr das exempell Joseph M a tt. 1. milchen
der Evangelist lobt / er sey gerecht geweßen / barüb das er seyn weyb
M aria nicht rüchtiget / sondern heymlich lassen w vlt / da er sahe / das sie
schwanger war. D am it yhe vns gnugsam gesagt ist / das es lobens werd
s ist / wer eyn ehbrecherynn lesstt. 1 W ie wol der man / wenn der ehbruch 5*5 e *
heymlich ist / macht hatt beydes hu thun / das erst / das er seyn weyb
heymlich vtt brüderlich straffe vnd behalte / ßo sie sich bessern wil. D a s
ander / das er sie lasse / wie Joseph thun wolt / 1 widerumb das weyb auch 289W
alßo. D iße hwo straffe sind Christliche straffe vnd löblich.
10 Aber öffentlich sich scheyden / also / das sich eyns verendern mag /
das muß durch welltlich erkündung vnd gewallt hu gehen / das der ehbruch
offenbar sey für yderman / odder wo die gemalt nicht dahu thun wil / mit
wissen der gemeyne (Id) scheyde / das aber mal nicht eyn iglicher yhm
vrsach nehm zu scheyden wie er will.
*s Fragstu denn / wo soll das ander bleyben / wenn es villeycht auch
nicht kan keuscheyt halten? A ntw ort / D arüb hatt gott ym geseh gepotten /
die ehbrecher steynigen / das sie dißer frage nitt dürfften. Alßo soll auch
noch das weltlich schwerdt vn vberkevt / die ehbrecher t-dten / denn wer
seyn ehe bricht / der hatt sich schon selbst gescheyden / vnd ist für eyn todt
*° mensch geachtet. D am m b mag sich das ander vorendem / als were yhm
seyn gemalh gestorben / wo er das recht hallten vnd yhm nicht gnad er-
Heygen will. W o aber die vbirkeyt seumig vnd lefsig ist / vnd nit tbdtet /
mag sich d' ehbrecher yn eyn ander ftm t land mach- / oft da selbs freyen /
wo er sich nicht halten kan / aber es were besser / todt todt m it yhm /
vmb b-ßes exempels willk zu meyden.
1 W itt aber yemandt diß anfechten vnd sagen / damit w irt lufft vnd 73 &1
rawm geben / allen bößen man vnnd weybern / von eynander hulauffen /
vnd ynn frembden landen sich verendem. A n tw o rt/w a s kan ich dahu?
E s ist der vbirkeyt schuld / warumb erwürget ma die ehbrecher nicht? ßo
3° dürfft ich solche radt nicht gebe. E s ist yhe vnter hwey boßen eyns besser /
nemlich / das nicht hurerey geschehe / denn ehbrecher ynn andem landen
lassen sich verendem. V nd acht / er sey auch für gott sicher / weyl yhm
sein leben gelassen rohrt / vnd sich doch nicht enthalten kan. Lauffen aber
dem exempel nach / auch andere von eyn ander / ßo laß lausten / sie habe
351nicht vrsach / wie dißer / denn sie werden nit vertrieben noch gehwunge / $*6 &
G o tt vn yhr gewissen / w irt sie wol finden zu seyner heyt / wer kan aller
btßheyt were?
Doch wo die vbitteyt nicht tüdtet / vnd eyn gemalh / das ander be­
bauten will / soll man es öffentlich nach dem Euangelio Christlich straffen
«° vnnd ' büffen lassen / wie alle ander offmtliche sunde -ustraffen eyngeseht i(l/ sg o w

i Mt. 1, 19 3 ins geredc brachte 11 erkundigung 21 der


gercchtigkeit ihren lauf lassen 24 enthalten 31 den
30 Luthers Werke II
W elche Personen verboten sind zu ehelichen.
348
Matth. 18. Denn es sind nicht mehr / denn diße drey straffen auff erde
vnter den mesche / Eyn heymlich vn brüderlich / vn die Euägellsche öffent­
liche für b? gemeyne gethan / vn die vö weltlicher vbirkeyt geschicht.
T Die dritte fache ist / wenn sich eynS dem andern felbS beraubt
vnnd entzeucht / das es die ehliche Pflicht nicht tzalen noch bey yhm seyn s
will. Als man wol flndt / ßo eyn halstarrig weyb / das seynen kopff «uff»
seht / vnd sollt der man tzehen mal ynn vnkeuscheyt fallen / ßo fragt sie
nicht darnach. Hie ists tzeytt / das der ma sage / wiltu nicht / ßo wil eyn
andere / wil fraw nicht / ßo kum die magd. Szo doch / das der man yhr
tzuuor tzwey oder drey mal sage vnd warne sie / vnd lasses für ander leutt»»
komen / das man öffentlich yhre hallstarrickeyt wisße / vnd für der gemeyne
straffe / will sie dann nicht / ßo laß sie von dyr / vnd laß dyr eyne Esther
geben / vnnd die Dasthi faren / wie der konig Assuerus thett.
% Hie solltu dich gründen auff S. Paulus m it .1. Corin. 7. Der
73 ** man ist seyn« leybs nicht1 mechtig / ßondern das weyb / vnd das weyb ist
sevns fn*»« nicht mechtig / ßondern der man. Beraubt eyns das ander
mcht / es sey denn auß beyder bewilligung rc. Srhe da verpeutt S.
Paulus sich vnternander berauben / denn ym verlobniß gibt eyns dem andern
seynen leyb / -um ehlichen dienst. Wo nu eyns sich spenet vnd nicht wil /
da nympt oft raubet es seynen leyb / den es geben hatt / dem andern / *>
das ist denn evgentlich Widder die ehe / vnnd die ehe tzuryssen. Darumb
5-7 e * muß hie wellt liche vbirkeyt / das weyb tzwingen oder vmb bringen / Wo
-y> w sie das nicht thutt / muß der man ltndtn / seyn weyb sey yhm 1 genomen
von reubern vnd vmb bracht / vnd nach eyner andern trachten. Müssen
wyr doch l r den / ob ohemand seyn leyb genomen wirt. Warumb sollt man »z
denn nicht leyden / das eyn weyb sich selb dem man raubete odder von
andern geraubt wurde?
% Dber dieße drey vrsach ist noch eyne / die man vnnd weyb lesßet
scheoden / aber doch alßo / das beyde fortt an ehe bleyben / odder sich
widder versünen inüsßen / Die ist / wenn man vnnd weyb / nicht ober der 30
ehelichen Pflicht / ßondern vmb anderer fach willen sich nicht bettagen.
Dauon spricht S. Paulus .1. Cor. 7. Den die ynn der ehe sind / sage
nicht ich / ßonder'» der hen / das den man das weyb nicht lasße / leffet es
über yhn / das sie on ehe bleybe / oder sich wider mit yhm versüne /
Desselben gleychen / das der man das weyb nicht lasse. Von solchen 35
weybern klagt auch Salomon viel ynn Prouerb. oft spricht / er hab eyn
weyb funden / das sey bitterer denn d' todt. So flndt man auch manchen
wüsten wilden vntreglichen man.
V Nu wenn bie eyns Christlicher stercke were / vnd trüge des andem
boßheytt / das were wol eyn seyn seligs creutz / vnd eyn richtiger weg tzü 40
i M t. 18, 15 ff. 13 Esth. 1, 12 14 1. K o . 7, 4 ff. 15 hat
nicht über seinen leib zu verfügen 28 ausser 31 vertragen
32 1. K o . 7. io f . 36 Prd. 7, 27 38 unerträglichen
Vom ehelichen Leben. 1522. 349
hymell / Denn eyn solch gemalh erfüllet woll eyns teuffells am pt/vnd
feget den menschen reyn / der es erkennen vnd tragen kan / Kan ehr aber
nicht / ehe denn ehr ergers thu / ßo laß ehr sich lieber scheyden / vnnd bleybe
an ehe seyn leben lang / D as er aber roott sagen / es sey seyn schuldt
5 nicht / Sondern des andern / vnd 1 wolt eyn ander ehelich gemalh nehmen / 74 ®
das gillt nicht / denn er ist schuldig vbell zuleyden / oder alleyn durch gott
vom creutz sich nehmen lassen / weyll die ehe Pflicht nicht versagt wrrt.
Es gehet hie das sprichwort / Wer des fewers haben will / muß den rauch
auch leyden.
10 1s Wie denn / wenn yemand eyn tarnet gemalh hatt / das yhm -ur
ehelichen Pflicht keyn nutz worden ist/m ag der nicht eyn anders nemen?
Bey leybe nicht / Sondern 1 diene gott yn dem krancken vnnd wartte seyn / s*8E2
dencke das dyr gott an yhm hatt heyllthum ynn deyn hauß geschigkt /
damit du den hymell sollt erwerben. Selig vnd aber selig bistu / wenn
*s du solch gab vnnd gnad erkennest / vnnd deynem gemalh alßo vmb gottes
willen dienest. Sprichst» aber / yha ich kan mich nicht hallten / das
leugstu / wirst»! mit ernst deynem 1 krancken gemalh dienen / vnd erkennen /
das dyrs gott tzu gesandt hatt / vnd yhm dancken / ßo laß yhn sorgen / ge­
wißlich wirt er dyr gnad gebe / das du nicht darffist tragen / mehr denn
*> du kanst. E r ist viel tzu ttew datzu / das er dich deyns gemalhs alßo
mit krägkheyt berawbe sollt / vnd nicht auch da gegen entnehmen des
fleyschs muttwillen / wo du anders ttewlich dienest deynem krancken.

D a s dritte Teyll.
dritte / das wyr auch ettwas nützlich tzur seelen seligkeyt vom
*3 ^'ehelichen leben reden / wollen wyr nu sehen / wie man den orden
Christlich vn gotlich füren soll. Will aber schweygen vnd lygen lassen die
ehelich Pflicht / wie die zu reychen vnd yu wegern sey / alls ettliche se«
Prediger au dißem stuck vnuerschäpt gnug sind / die vnlust tzururen. Etliche
aber setzen auch ßondere -eytt datzu / vii nehmen die Heyligen «echte vnd
30 schwangere leybe auß / Ich laß bleyben / da es S . Paulus 1. Cor. 7.
gelassen hatt / da er spricht. E s ist besser freyen denn brenen. Item 1 eyn 75 ®
iglicher hab seyn weyb / vn eyn -gliche yhren man / zu meyden hurerey.
Wie wol nu Christliche eheleutt yhre leybe solle nicht lassen regirn in der
suche boffer tust / wie Paulus den Theffalonicher schreybt / so muß doch
3$ eyn yglicher sich selb prüffen / das er nicht jtch ynn fahr der hurerey odder
ander fund gebe mit seynem enthalten / vnd nicht ansehen / heylig odder
«erckel tag / odder andere leypliche vrsachen.

7 solange als 8 Wander, Feuer no. 261. 267 12 pflege ihn


13 etwas höchst wertvolles 19 brauchst zu 21 als entgeh 28 scham­
los ekel zu erregen 30 wo 1. Ko. 7, 9 31 1. Ko. 1. 2
34 Tehffalonicher A 1. Th. 4, 5
350 Welche Personen verboten sind zu ehelichen.

5-9 L Aber davon wollen wyr am meysten reden / das 1 der ehliche stand
-o eyn iemerlich geschrev bey yderman hatr. E s sind vil heydnischer
bucher / die nichts denn weyber lasier vnd ehlichs stands vnlust beschreyben /
alßo / das ettliche gemeynet haben / wenn die weyßheyt selbs eyn weyb
were / sollt man dennoch nicht freyen. E s sollt eyn mal eyn Römischer $
radherr / die iungen gesellen reytzen weyber hu nemen (denn die stadt be»
dürfft viel volcks vmb tegliches kriegs wille) / da sprach er vnter andern
*93 w wortten / Lieben gesellen / wenn wyr 1 on weyber lebe kundten / ßo weren
wyr yhe eyner grossen vnlust vbirhaben. Aber weyl flchs on ffe nicht
Ubtt / ßo nempt weyber rc. Solch rede w art von ettlichen getaddellt / als xo
nicht auß der fünft f lr tN i/ die gesellen mehr abeschreckt. Aber die andern
sprachen. Weyl M etellus eyn dapffer mä were / bett er recht geredt / denn
eyn redlich matt soll die warheyt sagen / on schew vn heuchel.
Alßo habe fle beschlossen / das eyn weyb sey eyn n -ttig s vbel / vtt
keyn hauß on solch vbel / D as sind nu bltnder Heyden wort / die nicht , 5
wissen / das man vnd weyb gottis gesch-pffe sey / vn lestern yhm seyn
werck / gerad als kerne man vnd weyb vnuersehens daher. Ic h hallt
auch / wenn die weyber sollten bücher schreyben / ßo wurden sie von mannen
auch der gleychen schreyben. W as sie aber nicht geschrieben habe / das
richten fle doch auß / mit klagen vnnd klaffen / wenn fle beynander flnd. «,
M an findauch noch teglich E ltem / die yhrer kranckheyt vergessen / vnd
des melhs / wie die mauß / nu satt flnd / die yhre kinder vom ehlichen
76 e i stand tzu pfaffrrey vnd nonnerey hallten vnd reytzen / geben f ü r ' die mühe
vnnd boße tage ym ehlichen leben / bringen alßo yhr eygene kinder dem
teuffel beym / wie wyr teglich sehen / schaffen yhn gutte tage am leyb / ,5
vnd die Helle an der seelen.
D arum b / da gott solch lesterung seyns wercks von den Heyden leyden
müst / gab er yhn auch yhren lohn / da P a u l" von fchreybt R o. 1. vil ließ
«94 w fle faren ynn hurerey / vnreyne fluß / biß 1 fle hynfurt keyne weyber / ßondern
knaben vnd vnuemunfftige thier schendeten. Widderumb die weyber auch 30
alßo / sich selbs vnd eyn die ander / vnd wie fle gottis werck verlesterten /
gab er sie ynn verkereten synn/ davon auch die heydnische bucher voll voll
sind / auffs aller vnuerschamptist.
Auff das wyr nu nicht alßo blind faren / ßondern Christlich wandelln /
ßo hallt auffs erst fesst / das man vnnd weyb gottis werck flnd / vnd hallt 35
deyn Hertz vnd mund hu / vnd schilt yhm seyn werck nicht / v - heysse es
nicht btße / 1 das er selb gutt heyst. E r weyß baß was gutt ist / vnd dyr
nütz / denn du selbst / wie er spricht G en. 1. E s ist nicht gutt das der
mensch alleyn sey / ich will yhm eyn gehülffen machen neben yhm. D a
flhistu / das er das weyb gutt vn eyn gehülffen nennet. Befindistu es 40

5 Gell. Noct. Att. i, 6 20 schwatzen 22 Wandet, Maus


no. 177 28 Rö. i, 24ff. 38 Gen. 2, 18
V om ehelichen Leben. 1522.
351
aber anders / ßo ists deyn schuld gewiß / das du gottis wort vn werck
nicht verstehist noch glewbist. Sihe / mit dißem spruch gottis stopftet man
das maul alle / die ober die ehe klagen vn scheltk.
Darumb die iungen gesellen sich für sehen mügen / wenn sie die
5 heydnische bücher leßen vnd die gemeyne klage h-ren / das sie nicht gisst
schepften / denn dem teuftet ist nicht wol mitdem ehlichen leben / daS
macht / es ist gottis werck vnd gutter Wille. Darumb hatt er ynn der
wellt ßo viel da Widder schreyen vnd schreyben lassen / das er die leutt von
dem göttlichen leben abschreckt vnd ynn den stricken der hurerey vnd stümen
10 fünde behielte / Das mich dunckt auch Salomon / wie wol er boße weyber
fasst schillt / doch wider solche gottis lesterer gesagt habe / prouer. 18.
Wer eyn weyb findet / der findet was gutts / vnd wirt eyn wolgefallen
von gott erschepffen. Was ist das gutt vnnd das wolgefallen? das wollen
wyr sehen.
15 ' Die weit spricht von der ehe / Eyn kurtze freud vn lange vnlust / 77 e »
Aber laß sie sprechen was sie wil / was gott schafft vü haben w ill / das
muß yh: eyn spott seyn. Was sie auch für lust vn freud hat außer b’
ehe / acht ich / werde sie am besten gewar 1ym gewissen. Es ist gar viel 53t B*
eyn ander ding / Ehlich seyn / vfi ehlich leben erkennen. Wer ehlich ist
*> vnd ehlich leben nicht erkennet / der kan nymer mehr on vnlust / mühe vnd
iamer drynnen leben.
E r muß klagen vft lestern / wie die Heyden vnd vnuernunfftige
blinden menschen. Wer es aber erkennet / der hatt lust / liebe vn freude
drynnen on vnterlaß / wie Salomon sagt / das / Wer eyn weyb find / der
»5 find was gutts rc.
V Die sinds aber / die es erkknen / die festiglich glewbe / das gott
die ehe selbs eyngesetzt / man vnnd weyb tzusamen geben / kinder Heugen
vtt wartten / verordenet hat. Denn sie habr gottis wort darauff / des sie
gewiß sind / das er nicht leugt. Gen. l . Darumb sie auch gewiß sind /
30 das yhm der stand an yhm selbs gesellet mit allem seynen wetzen / wercken /
leyden / oft was drynnen ist. Nu sage myr / wie kan eyn Hertz grosser gutt /
frid vn lust haben / denn ynn gott / wenn es gewiß ist / das seyn stand /
wetzen vnd werck gott gesellet? S ihe/das Heysset eyn weyb finden.
Diel haben weyber / aber wenig finden 1weyber / Warumb? sie sind blindt/
33 können nicht mercken / das gottis werck ist / vnd gotte wol gefalle / was
sie mit eym weyb leben vfi thun / Wenn sie das funden / ßo wurde yhn
keyn weyb so hesßlich / ßo boße / ßo vnartig / so arm / so krack seyn / darä
sie nicht lust des hertze fünden / darüb / das sie ymer dar gotte seyn werck
vtt geschepffe vnd willen künden auffrucken. Dn weyl sie sehen / das yhrs
40 lieben gottis wolgefallen ist / künden sie sride vnn leydt / vnnd lust mitten

II sehr Pr. 18, 22 13 erwerben 15 W and er, Freude no. 40. 82


24 P r. 18. 22 29 Gen. 1, 28 39 Schöpfungsordnung vorrücken
352 Welche Personen verboten sind zu ehelichen.

ynn der vnlust / freut mitten ynn dem trubfatt / wie die N etterer ym
leyden / haben.
1 ES feylet vnS nur / das wyr nach vnßerm fulen GottiS werck
richten / vnd sehen nicht auff seynen willen / Sondern auff enget gesuch.
Darumb künden wyr seyne werck nicht erkennen / vnd muffen vnS daS böge 5
78 ei machen / daS 1 gutt ist / vtt vnlust sahen da tust ist. NichS ist go böge /
auch der todt selbS / daS nicht süffe vnd tteglich werde / wenn ich nur
53- es weyg vnd gewig bynn / daS eS gott wolgefellet / algo balde 1 folget denn
daS Salom on spricht. E r wirft eyn wolgefallen von gott erschepffen.
N u sthe tzu / Wenn die kluge hure / die natürliche vernunfft / (wilcher xo
die Heyden gefolgt habk / da fle am klügste seyn wollen) daS ehliche lebt
ansitzet / go rüpfft sie die nagen / vn spricht. Ach sott ich daü kind wiegen /
btc windelt waffchen / bette machen / stanck nechen / die nacht wachen /
sevnS schreienS watttk / seyn grindt vü blättern heylen / darnach deS weybS
pflegen / fle erneeren / erbeyttk / hie sorgen / da sorgen / hie thun / da thun /15
daS leyden vri big leyden / vn was denn mehr vnlust vn muhe der ehe-
stad lernet. Ey solt ich go gefange seyn. O du elender armer mä hastu
eyn weyb genömen / pfu / pfu deS iamerS vn vnlustS. ES ist besser ftey
bleybk vfl on sorge eyn rugig leben gefutt. Ich wil eyn pfaff oder Nonne
werden / meyne kinder auch datzu halft. «
1" WaS sagt aber der Christlich glawbe hiehu? E r thutt seyn äugen
auff / vnd sitzet alle bigt geringe / vnlustige / verachte werck ym geyst an /
*96W ynd 1 wirft gewar / daS sie alle mit göttliche wolgefallen / alS mit dem köst­
lichsten gollt vnd edell steyne getzitt sind / vnd spricht. Ach gott / weyll
ich gewig bynn / daS du mich eyn man geschaffen vnd von meym leyb daS -r
kind heuget hast / so weyg ich auch gewig / daS dyrS auffS aller beste ge­
sellet / vn bekenne dyr / daS ich nicht wirdig byn / daS ich daS kindlin
wiegen solle / noch seyne windell waffchen / noch seyn odder seyner mutter
wartten. W ie byn ich ynn die wirdickeyt / on verdienst tonten / daS ich
deyner creatur vnd deynem liebsten willen yu dienen gewig worden byn? 3»
Ach wie gerne wil ich solchS thun / vnnd wenS noch geringer vnnd ver­
achtet wert. Nu soll mich Widder ftost noch Hitze / wider mühe noch arbeyt
verdriegen / weyll ich gewig byn / daS dyrS algo woll gesellet.
79 bi 1s Algo soll auch daS weyb ynn seynen wercken betteten / 1 wem sie
daS kind senget / wieget / badet / vnnd ander werck mit yhm thutt / vnd 35
wenn sie sonst erbeyttet vnnd yhrem man hilfst vnd gehorgam ist. GS
sind alles eyttell güldene / edele werck.
533 ei Algo soll man auch eyn weyb 1 trösten vnd stercken ynn kindeS nötten /
nicht mit S . Margarethen legenden vnd anderm nerriffchem weyber werck
vmbgehen / Szondern algo sagen. Gedenck liebe G reta / daS du eyn weyb 40

3 wir greifen nur fehl, weil wir . . . 4 Selbstsucht 9 Pr.


18, 22 14 hautausschlag 39 RE* 14, 217
Vom ehelichen Leben. 1522.
353
bist / ottb biß »erd gott an dyr gefettet / trifte dich seyns willens frolich /
vnd laß yhm seyn recht an dyr. Gib das kind her / vft thu datzu mit aller
macht / stirbst» drober / ßo far hyn / wol dyr / Denn du stirbist eygentlich
ym edlen »erd vnd gehorßam gottis. Za wenn du nicht eyn weyb wenst/
5 ßo solltistu itzt alleyn »mb dißes werds willen «undschen / das du eyn
weyb wertst / vnnd ßo köstlich ynn gottis »erd vnd willen nodt leydeu
vnd sterben. Denn hie ist gottis wort / das dich alßo geschaffen / solche
nodt ynn dyr gepflantzett hatt. Sage myr / ist das nicht auch (wie
Salomon sagt) wolgefalle vö gott schepffen / auch mitte in solcher not?
to J Nu sage myr / Wenn eyn man hynginge / vn wuffche die windet /
odder thet sonst am kinde eyn verächtlich werd / vnnd yderman spottet
seyn / vn hielt yhn für eyn maulaffe vnd frawen man / ßo ers doch thett
ynn solcher obgesagter meynung vnnd Christlichen glawben / Lieber sage /
»er spottet hie des andern am feynsten & ott lacht mit allen engeln vnd
15 creaturn / nicht das 1 er die windel weffcht / ßondern das erß ym glawben *97w
thut. Jhener spltter aber / die nur das werd sehen vn den glauben nicht
sehen / spottet gott mit aller creatur / als der grosten tiantt auff erden /
ia sie spotten sich nur selbs / vnd sind des teuffels maulaffen mit yhrer
klugheyt.
*0 Alßo thet S . Cyprianus der treffliche grosse man vnd heyliger
merterer / vnd schreybt / man soll eyn kindlin / wenn es geporn vft noch
vngetaufft ist / küssen / tzu ehren den gotliche henden / als auff fnffcher
thatt begriffen. Was meynstu / würd er sagen von eym getaufften kindlin?
Das ist eyn rechter Christen man geweßen / der gottis werd vnd creaturn
*5 recht erkant vnd angesehen hatt. Darurnb sage ich / das alle nonn? ' vn 80 ei
munche / die on glauben sind / vnd sich yhrer keuscheyt vnd ordens / troffen/
nicht werd sind / das sie 1 eyn getaufft kind wiegen / odder yhrn eyn drey 534*
machen sollten / »en§ gleych eyn hurkind were. Vrsach / denn yhr orden
»ft leben hatt keyn gottis wort für sich / mügen sich auch nicht rhümen /
3° da- gott gefalle was sie thun / wie eyn weyb thun kan / obs gleych eyn
vnehlich kind tregt.
Das sag lch darurnb / das wyr lernen / wie gar eyn edel ding es ist /
wer ynn dem stand ist / den gott eyngesetzt hatt / vnnd da gottis wort vn
wolgefallen ynnen ist / da durch alle werd / weßen vnd leyden solchs stands /
35 heylig / gotlich vn köstlich werden / das wol Salomon eym solchen man
glud wundscht / vn spricht prouerb. 4. Frew dich mit dem weyb deyner
iugent.
Dnd Eccle. gi. brauch des lebens mit deynem weyb / das du lieb Haff deyn
leb? lang ynn dißer eytteler tzeyt. Diße wort redet Salomon on zweyffel
40 nit vmb fleyschlicher freude will? / denn der heylige geyst redet durch yhn /

2 aus allen kräften 12 narren pantoffelhelden 21 Ep. 64 ad


Fidum (CSEL I I I 2, 719) 36 Pr. 5, 18 38 Prd. 9. 9
W elche Personen verboten sind zu ehelichen.
354
ßondern tröstet die ynn gott /ßo da viel mühe ym ehlichen leben haben /
Widder die lesterer gotlichs ordens / die nicht mehr denn wie die Heyden /
fleyschlich vnd tzeyttlich Wollust drynnen suchen vnd nicht finden.
1 Widderumb lernen wyr / wie vnselig der geystlich Munch vnnd
Nonnen stand ist an yhm selbs / da keyn gottis wortt ist noch «olgefallen / z
da alle werck / wetzen vnd leyden / vnchristlich / vergeblich vnd schedlich
flnd / das wol Christus sagt vnnd fle schreckt Matth. 15. Vergeblich
tg8W dienen fle myr ynn menschen 1 gepotten. Darumb ist yhe keyn gleychm
tzwiffchen eym ehe weyb vnd kloster Kawen / wo yhene ym erkentniß vnnd
glawben yhrß stands / vnd diße on glawben ynn vermeffenheyt yhrs geyst- *o
licken stands lebt / gleych wie gottis wege vnd menschen wege keyn gleychen
haben / als er spricht Ziaia .55. Wie hoch der hymel ist vber die erden /
ßo hoch flnd meyne wege ober ewre wege. Es ist eyn grosse gnad / wer
gotis wort für flch hat / das er ausspucken kan vii mit gott reden vnd
8i ei sagen. Sihe / das hastu gesagt / das ist deyn 1 wolgefalle / was ligt eym *s
solchen menschen dran / obs aller wellt vbel gefalle vnd eyn spott sey?
535 E2 1 V Das aber auch die eheleutt das mehrer teyll eyttell vnlust vnnd
iamer haben« / ist nicht wunder / denn fle haben von gottis wortt vnd
willen vber yhren stand keyn wissen / darumb flnd fle eben ßo vnselig als
Munch vnd Nonnen / auff beyden seytten ou tröst vnd zuuerflcht gotlichs -o
wolgefallens / darumb es vnmuglich ist / das fle die eußerliche vnlust vnd
muhe wol ttagen sollten / denn es ist dem menschen tzu viel / yMwendig
vnnd außwendig vnlust haben / Wenn fle ynnwendig yhren stand nicht er­
kennen / das er gott gesellet / tzo ist schon vnlust da. Wenn fle denn
eußerliche lnst drynnen suchen / ßo feylet es yhnen / vnd schlecht alßo vnlust 15
mitt vnlust tzu samen / daher denn muß komen / das tzetter geschrey vnd
schreyben vber weyber vnd ehlichen stand.
% Denn gottis orden vnd werck wil vnd muß auff gottis wortt vnd
tzuuerstcht angenommen vnd getragen werden / odder thutt schaden vnd w irtt
vntteglich. Darumb meffigt S. Paulus .1 . Cor. 7. seyn wortt seyn / ba 30
er sagt. Die ehlichen werden fleyschlich trubsall haben / das ist / eußerliche
vnlust. Aber schweygt der geystlichen ynnerlichen lust / darumb das eußer­
liche vnlust gemeyn ist / beyde gleubigen vnd vnglewbigen / datzu auch des
ehlichen stands artt vnd eygenschafft. Aber rechte lust drynnen haben /
kan niemant / der nicht solchen stand ym glawben festiglich erkennet / das 3s
er gott gefalle vnnd für yhm thewr geachtet sey mit allen seyneu wercken /
wie gering fle flnd. Geringe flnd fle vnd verechtlich / aber wyr kommen
alle daher / vnd haben yhr alle bedurfft / »ft were keyn mensch / «0 fle nicht
weren / Darumb gefallen fle gott / der fle alßo verordnet hatt / vnd vnßer
damit pflegt alß eyn mutter ynn aller gutte. 40

5 on a 7 M t. 15, 9 12 Jes. 55, 9 25 greifen sie fehl


30 1. K o . 7, 28
V o m ehelichen Leben. 1522.
355
1 1 N u flhe / bißher hab ich vom ehlichk leben nichts ertzelet / denn *99 w
eben das / wilchs die blinde wellt vnnd vernunfft schewet vft lestett / alß
eyn bsße vn vnlustig sawr weßr / vft haben gesehen / wie das alles ßo viel
edler tugent vnd rechter lust ynn (Id) hatt / ßo man auff gottis wort vnd
5 willen acht hatt / vnnd das 11 wetzen da durch erkennet/ Denn ich w il schweygen 8* g
was für nutz vnd lust mehr drynnen sey / wenn eyn solch stand wol geredt / 53
das man vnd weyb sich lieb haben / eynes sind / eyns des andern warttet /
vnnd was mehr guttis dran ist / auff das myr nicht yemand das maul
stopffe vnd spreche / ich rede von dem / das ich nicht erfaren habe / oft sey
xo mehr gallen denn honnig drynnen. Ich rede davon nach der schufst / die
myr gewisser ist denn alles erfaren / vnd leugt myr nicht. Hatt yemäd
vber das mehr gutts drann / der hatt ßo viel mehr tzu gewyn / vnd dancke
got. Es mutz yhe gutt seyn / was gott gutt heyffet / es sey denn / das
man seyn nicht erkenne odder verkerlich mißbrauch.
15 IT Drumb laß ich an stehen / was gutts oder bbßes die erfarung
gibt / vnnd folge weytter der schüfst vnnd warheytt nach / was die für
gutts yhm zuschreybt. Vnd ist das nicht eyn geringe gutt / das durch
solch leben die hurerey oft vnkeuscheyt nach bleybt vnd verweret roirt /
wilchs ßo eyn groß gutt ist / das alleyne gnug were / tzu reytzen auffs aller
*0 eylendist ehlich zu werden / auß viel vrsachen. Die erst / das hurerey
nicht alleyn die seel / Sondern auch leyb / gutt / ehre vnd steundschafst ver­
derbt / denn wyr sehen / wie das hüriffch vnnd bubiffch leben / nicht alleyn
groß schand / ßondern auch eyn vnrhedlich leben ist / vnd mehr kost / denn
eyn ehlich leben / datzu auch mehr leyden muß eyns vom andem / denn
*5 ehliche leutt leyden beynSder / Vber das vertzehret es de leyb / verderbt
fleysch vnd blutt / natur vnd complexion / Dft got stellet sich mit solchen
mancherley b-ßen anfellen / als wollt er die leutt schlechts tteyben von der
hurerey -um ehlichen leben / wie wol sich wenig dran keren.
% Doch Habens etlich besonnen vnd auß eygener erfarung ynnen
3® worden / das ste eyn seyn edel sprichwort drauff gemacht haben vnd gesagt.
Frue auffstehen vnd stue steyen / das soll niemant gerewen. Warumb?
E y /d a werden doch leutt auß / die gesunden leyb / gutt gewissen / gutt
vnd ehre vnd steundt behallten / wilchs alles sich durch hurerey -u ruttellt
vnnd -u strewet / das 1 gar schwerlich Widder -usamen bracht1w irt / vnd
35 vnter hundert nicht eynem gelinget. 1 Dißen nutz hatt S ant Paulus an- JO0w
-ogen .1. Corint. 7. Dmb der hurerey willen hab eyn iglicher seyn weyb /
vnd eyn igliche yhren man.
^ Nicht alleyn aber dienet der ehliche stand eym iglichen tzu seynes
leybs / guttis / ehre / vnnd seelen nutz / ßondernn auch gantzen (lebten vnd
40 lendern / das ste gottis plagen vberhaben bleybr / Denn wyr wissen wol /
das fast die grewlichsten plagen find vber land vnd leutt gangen der
15 ausser betracht 23 verschwenderisches 27 schrecken
geradezu 30 vgl. W . A . io *, 515 36 1. K o . 7, 2
356 Welche Personen verboten sind zu ehelichen.

hurerey halben. D enn diße fund rotrt autzogen / darumb die wellt m itt
der sindflutt erseufst w artt G en. 6. V nd Sodom a vnd Gomorra m itt
fewer versenckt. Gen 19. vnnd viel ander plagen die schrifft mehr an«
tzeygt auch ynn Heyligen leutten / als D auid / Salom o / Sampson / vnd
noch teglich gott new vnd mehr plagen sendet / wie wyr für äugen sehen. $
E s meynen viel damit dem ehlichenn standt entlauffenn / das sie eynn
tzeyttlanng wollen» auß bubenn vnnd darnach frum werden» / J a lieber /
wenn vnter tausennt eynner gerett / ßo ists wol geraste / W as keusch leben
soll / das roirt tzeyttlich ansahen / vnd nicht mit hurerey erlangen / ßondern
on hurerey auß gottis gnaden / odder durch die ehe. W yr sehen auch to
v ' ro« sie geratten teglich / E s mag wol mehr eyngebubet / denn auß«
gebubet heyffen / D er teuffell hatt solchs auffbracht / vnd solche verflucht
sprichwort ettichtet / E s muß eyn mal genarrett seyn. Ite m / W erß nicht
th u tt ynn der iugent / der th u tts ym allter. Ite m / eyn iunger enge! eyn
allter teuffell / dahynn auch der P o et Terentius oft mehr Heyden lautten / *5
Heyden sinds / heydnisch / ia teuffellsch reden sie.
1 Freylich ists war / das der buben muß / der nicht ehlich roirt /
wie soltts anders tzu gehen? syntemal gott man vnd weyb sich tzu b f
samen vnd tzu mehren geschaffen hatt. W arum b kompt man aber der
büberey nicht zuuor m it der ehe? D enn wo ßonderlich gnad nicht auß« 20
53® e i tzellcht / da will vnd muß die natur sich samen 1 oft mehren. Geschichts
nicht ynn der ehe / wo soltts anders denn ynn hurerey odder erger funden
84 E' geschehen? Wie denn / sprechen sie / wenn ich Widder eh'lich noch bübiffch
301 w würd / vnd hielt mich mit gewalt? 1 Horistu nicht / das vngehatten ist /
on die ßonder gnad? denn gottis wort lefft nicht hatten / leugt auch 2$
nicht / da er spricht / Wachstet vnd mehret euch / das wachßen vnd mehren
kanstu Widder wehren noch halten / es ist gottts werck vnd gehet
seynen weg.
H D aher auch die ertzte nicht vbel reden / das sie sprechen / wo man
m it gewallt btUt drßer natur werck / da muß es ynn das fleysch vnd blutt r«
schlahen vnd gifft werden / darauß denn vngesunde / schwache / vnd schwenstige /
stinckende leybe werden / denn was tzur frucht vnd Mehrung sollt komen /
das muß der leyb ynn sich selb vertzerhen / W o denn da nicht vngeheurig
Hunger odder schwere arbeyt / od derv ie hohe gnad ist / da w irtts dem
leyb yu viel / vnnd muß vngesund vnd siech dauon werden. D aher man 35
auch sitzet / wie schwach vnd vngesund die vnfruchtbar weyber sind / die
aber fruchtbar sind / sind gesunder / reynlicher vnd lustiger. Ob sie sich
aber auch müde vnd yu letzt tobt tragen / das schabt nicht / laß nur tobt

2 Gen. 6, 4 ff. 3 Gen. 19, 4 ff. 7 sich ausleben 13 Wander,


Narren no. 3 14 Wander, Engel no. 7 15 Ter. Ad. 1, 2, 22
24 enthielt unmöglich sich zu enthalten 31 nach D. Wb. 9, 2538
wort unbekannter herkunft, nur bei L. und hier; „die bedeutung wäre
etwa ein abgeschwächtes stinkend“ (W . A. io*. 515)
V o m ehelichen Leben. 1522.
357
tragen / sie sind drumb da. Es ist besser kurtz gesund / denn lange vnge-
sund leben.
Das aller best aber ym ehlichen leben / vmb wilchs willen auch
alles tzu leyden vnnd hu thun were / ist / das gott frucht gibt vnd befilht
5 auff tzutzihen tzu gottis dienst / das ist aufs erden das aller edlist theurist
w rck/ et) g t nicht eb g schehen maa / denn se rlsß n N
wyr denn alle schuldig sind / wo es nott were tzu sterben / das wyr eyn
seele tzu gott bringen mochten / Szo flhistu wie reych der ehlich stand ist
von gutten wercken / dem gott die seelen ynn den schoß gibt von eygenem
to leybe ertzeyget / an milchen sie können alle Christliche werck üben. Denn
gewißlich ist vater vnd mutter / der kinder Apostel / Biffchoff / pfaner / ynn
dem sie das Euangelion yhn kundt machen. Diid kurtzlich / keyn grosser
edler gewallt auff erden ist / 1denn der elltern ober yhre kinder / syntemal 539 ej
sie geystlich vnd weltlich gewallt vber sie haben Wer den andern das
1 E ang livn leret / der ist warlich seyn Apostell vnd Bisschoff / Hute vnd
stebe ' vn grosse landt machen wol gSyen / aber Euägelion leren / macht 85 e»
Apostel vnd Biffchoffe / Darumb flhe / wie gutt vnd reych es sey / was
gottis werck vnd ordnung ist.
1 1 Ich wills hie lassen vnnd andern befelhen weytter tzu suchen / 30aw
*> was gutts vnd nutzs der hlich stand mehr habe / denn ich will nur die
ertzelet haben / die eyn Christlich mensch haben kan / seyne ehe Christlich
zu füren / das er wie Salomo sagt / für gott seyn weyb finde / vnd von
gott wolgefallen erscheffe. Denn ich wil damit die tnckfrawschafft nicht
verwerffen / noch da von zum ehlichen leben reytzen. Eyn iglicher fare /
-5 wie er kan vn sich fälet / das yhm geben ist von gott / alleyne den lefter-
meulerii hab ich wollen weren / die den ehlichen stand ßo weytt vnter
den iungferstäd werffen / das sie sagen dürffen / wenn gleych die kinder
sollten heylig werden / ßo were dennoch keuscheyt besser / Man soll kennen
stand für gott besser seyn lassen / denn den ehlichen. Keuscheyt stand ist
30 wol besser auff erden / als der weniger sorge vnd mühe hatt / oft nicht
vmb seyns selbs willen / sondern das er baß predigen vnd go is . rtts
wartten kan / wie S . Paul .i. Cor. 7. sagt. Gottis wort vnd predigen /
macht den keuschen stand besser denn der ehliche ist / wie yhn Christus vnd
Paulus füret haben / An yhm selber aber ist er viel geringer.
35 F Am ende haben wyr für vns eyn grosse starcke eynrede tznuer-
anttwortten / Ja sagen sie / Es were gutt ehlich werden / wie w ill ich
mich aber erneeren«? Ich hab nicht / nym eyn weyb vnnd isß davon rc.
Das ist freylich das grossist hyndennß / das aller meyst ehe hyndert vnd
tzu reyst/vnd aller hurerey vrsach ist. Aber was soll ich datzu sagen?
40 Es ist vnglawb vnd tzweyffel an gottis gütte vnd warheyt. Darumb ists
auch nit wunder / wo der ist / das eyttel hurerey folge vnnd all vngluck /
358 W elche Personen verboten sind zu ehelichen.

5*0 E» Es feylet yhn daran / fle wollen huuor des 1guttis sicher seyn / wo sie essen /
trincken vnd kleyder nehmen. Ja sie wollen den kopff auß der schlingen
tzihen / Gen. 8. Im schweyß deyns angesichts solltu deyn brott essen /
w ei faule / fresflge schelmen wollen sie seyn / die nicht erbeytten 1dürffen. Drumb
wollen sie freyen / wenn sie reyche / hübsche / fruttt / freuntliche weyber $
haben mügen / ia Hane / wyr wollen dyr fle malen lassen.
1* Aber laß solch Heyden faren / wyr reden mit yhnen nicht / vnd
obs yhn gelunge / das sie yhre gattung vberkemen / wurde es doch eyn
3°3w vnglewbige vnnd 1vnchristliche ehe bleyben / Sie trawe gott / ßo lange sie
wissen / das sie seyn nicht dürffen / vn vorrhatt haben. Wer aber Christ 10
lich w ill ehlich seyn / der muß sich nicht schemen arm vnnd veracht tzu
seyn / geringe rottet thun/ E r muß yhm daran benugen lassen/auffs erst/
das gott seyn stand ynd werck wolgefalle. Auffs ander / das yhn gott
gewißlich w irt erneeren / wenn er nur erbeytt / vü schafft ßo vil er kan /
vnd ob er nicht eyn iuncker vü fürst seyn kan / das er eyn dienst knecht *s
vnd magd sey.
1s Denn gott hatt verheyffen M att. 6. sorget nicht was yhr essen /
trincken vnd anlegen sollt / sucht tzuuor gottis reych vnd seyn recht / ßo soll
euch das alles zufallen / Item ps. 36. Ich byn iung geweßen vnd allt
worden / vnd hab noch nie gesehen / den gerechten verlassen / noch seyne *0
kind nach h o tt gehen. Wer tut nicht glewbt / was ists wunder / ob er
Hunger / durst vnnd frost leyde vnd nach brott gehe? Sihe an Jacob den
Heyligen er-vatter / d' hatte doch gar nichts ynn Syria / vnd hättet nur
der schaff oft vberkam gütter / das er vier weyber erntetet mit grossem
gesind vnd kindern / vnd dennoch gnug hatte. Szo wart Abraham vnd -r
Jsaac vnd 80t auch reych / vnnd viel Heyligen mehr ym allten testament.
1 Dnd -war hatt gott gnug beweyßet / wie er für vns sorge / da
er Gen. 1. alle ding ehe schuff vnd bereyt ynn hymel vnd erden mit allen
thieren vn gewechs / ehe er den menschk schuff / damit er anheygt / wie er
vns altzeyt futter vn decke gnug vbrig ym vorrhatt bestellet hab / ehe wyr 3°
yhn darumb bitten. Es ist nur zuthun / das wyr erbeytten vü nicht müssig
541E»1 gehen. Ernerett vnd bekleydet sind wyr gewiß. Aber der leydige vn«
glawbe leffet es nicht tzu / vnd sihet / greyfft vnd fület doch / wenn er sich
87 ei gleych 1 zu todt sorget / das er nicht eyn tomlitt auff dem feld machen /
noch behallten kan / Datzu wenn schon alle seyn gemach voll voll weren / 35
das erß dennixh nicht eyn bissen / noch faden brauchen kan / gott be-
hallte yhn denn gesund vnd lebendig vnd beware yhm seyn habe / noch
hilffs nicht.
1f Darumb tzu beschließen / Wer sich nicht findet geschickt zur keuscheyt /
d' thu bey tzeyt datzu / das er etwas schaffe vnd hu erbeytten hab / vnd 40
i sie greifen in der Beziehung fehl 3 Gen. 3, 19 4 zu arbeiten
brauchen 5 rechtschaffene 8 weiber bekämen, die ihnen passten
17 M t. 6, 31. 33 19 Ps. 37, 25 27 wahrlich
Vom ehelichen Leben. 1522.
359
wags darnach ynn gottis mimen / vnd greyff tzur ehe. Eyn knab auffs
lengist wenn er -wentzig. Eyn meydlin vmb funfftzehen odder achhehen
iar ist / -0 sind sie 1 noch gesund vnd geschickt / vnnd lasse gott sorgen / 30*w
wie sie mit yhren sintern emeeret werden. Got macht kinder / der Wirt
s sie auch wol erneeren. Hebt er dich ynd sie nicht hoch auff erden / -0 laß
dyr benugr / das er dyr eyn christlich ehe geben hat / vn erkennen lassen /
das er dich dort hoch erhebe / vnd sey yhm danckbar vmb solch seyne gutter
vnd gaben«.
1" Aber mit alle dißem preyß des ehlichen lebens / will ich nicht
10 der natnr gebr habr / das keyn fünde da sey / ßondern ich sage / das fleysch
vnd Mutt durch Adam verderbt / ynn funden empfangen vnd geporn wirt /
lautts des 60. psalm / Vnnd das keyn ehepflicht on fund geschicht / aber
gott verschöet yhr au- gnaden / darumb / das der ehliche orden seyn werck
ist / oft behellt auch mitten vnnd durch die fund alle das gutt / das er
*3 dareyn gepflantzt vnd gesegenet hatt.
12 Ps. 51, 7
360 Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man

Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr


Gehorsam schuldig sei. 1523.
Schon am 3. nov. 1522 beabsichtigte L., ‘sub nomine Principis
Iohannis senioris’ ‘statim’ ausgehen zu lassen, was er in der 3. und 4.
der 6 am 19, 24., 25. und 26. okt. in Weimar gehaltenen predigten
‘de regno Dei et potestate saeculari’ geäussert hatte; die herausgäbe
einer solchen sehn t hatte er selbst 4iam diu’ ins äuge gefasst, nun war
er auch noch von dem Weimarer hofprediger Wolfgang Stein und von
herzog Johann darum g beten w rden an Spal 3.no... W A Br 2,613 ,9 tf;
vgl. hierzu und zum folg, auch Joh. Becker, Kurf Joh v Sachsen und
seine Beziehungen zu L., I, Leipzig 1890, s. 15 ff.). Aber erst vor mitte
dez. konnte er an die ausarbeitung gehen (an Stein 11. und 20. dez.:
W A Br 2, H24, 112 f; 638, 15) 1. Die Widmung an herzog Johann unter­
schrieb er: „am newen iars tag. 1523", d. h. Weihn. 1522. Erschienen ist die
schrift aber wohl erst ansang märz 1523, da sich herzog Georg erst am
21. märz über sie bei kurfürst Friedrich beschwerte (Gess no. 485). W ir geben
den urdruck aus der offizin des Nickel Schirlentz in Wittenberg (W. A.
11, 230 Ae) wieder.

w'n, ms D em durchleuchtigen Hoch-


gepornen surften vnd Herrn / Herrn Johans Hertzog
zü Sachpen / Landgrajf yn Düringen vü Marg-
grasten zü Meyffen / meynem gnedigen herm.
61 e Gnad vnd frid ynn Christo. Es zwinget mich 1 abermal / Durch- $
leuchtiger hochgepvrner surft gnediger Herr / die nott vnd vieler leutt bitten /
zuuor E F G begird / zü schreyben vö der weltlichen vberkeyt / vn yhrem
schwerd / wie man des selben Christlich brauchen / vnnd wie weytt man
yhm gehorsam schuldig sey. Denn es bewegt sie der spruch Christi
Matthei .5. Du sollt dem vbel nicht «idder streben / sondern« sey will- 10

seng deynem wider sacher / vnnd wer dyr den rock nympt / dem laß auch
den mantel / Vnd Ro: .12. Die rache ist meyn / spricht der Herr / ich
wil vergelte / Milche spräche auch vertzeytten der fürst Dolusian S .

1) ein termihus a quo für die ausarbeitung liegt auch in der be-
zugnahme (in der einleitung unten s. 362, 2. 4 ff. und dann wieder
s. 382, z. 4 ff.) auf herzog Georgs verbot des kaufs und Verkaufs des
Lutherschen neuen testaments. Dieses mandat ist vom 7. nov. 1522
datiert (Gess, Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Geoigs von
Sachsen, I, Leipzig 1905, no. 400); ehe es aber im druck erschien und
ein exemplar L. zuging, Verging noch einige zeit

5 abermal] Vgl. unten 8 361, Z. 33 9 sie — euere fürstliche


gnade 10 M t 5, 39 12 Rö. 12, 19
ihr Gehorsam schuldig sei. iz rz . 36 i
Augustins für «arff / vnd die Christliche lere anfacht / das sie den büßen
vrlau- gebe btßes zü thun / vnd gar nicht bestehen künde m it dem mellt«
lichen schwerd.
Alßo haben auch die Sophisten ynn den hohen schulen flch dran ge«
3 stoffen / da fit die beyde nicht künden mist eynander reymen / «uff das fit
La die fürsten nicht zü Heyden mechten / habr fit geleret / Christus habe
folchs nicht gepotten / ßondern den volkomenen geratten. Also hatt
Christus must eyn lügener werden« vnnd vnrecht haben / «uff das die
fürsten ia mit ehren bestünden. Den sie künden die ftrrsten nicht erhebt /
*0 fie musten Chnstum eruntter stoffen / die blinden elenden sophisten / Dnd
ist alßo yhrer gifstiger yrthum ynn alle wellt eyngeriffen / das yderman
solche leere Christi für redte an die volkomene / vnd nicht für n-ttige ge«
pott allen Christen -emeyn / hellt / S o lange biß fie auch dem volkomk
stand d' bischoffen / ia dem aller vol'komensten stand des Bapsts / nicht »46 w
*5 alleyn dißen vnvolkomen standt des schwerdS vnnd welltliche vberkeytt
erlewbt / ßondernn niemant auff erden so gar zü geeygnet haben / als dem
selben / S o gantz vnd gar hatt der teuffel die Sophisten vnnd hohen
schulen besessen / das fit selb nicht sehen / was vnd wie fie reden odder
leren.
30 Ich hoff aber / das ich die fürsten vff welltliche vberkeyt alßo wolle
vnterrichten / das fie Christen / vnd Christus eyn herr/bleyben sollen/
vff dennoch Christus 1gepott vmb yhren willen nicht zü redten macht 6s k
dürffe. D as will ich E F G zü vntetthenigem dienst / vnnd yderman / der
seyn bedarff zü nutz / Christo vnßerm Herrn zü lob
»5 vnd preyß thun. Befilh hie mit G F G m itt
allem yhrem geblütt yn gottis anaden /
der fie yhm laß barmhertzicklich
befolhen seyn / Amen.
3 ü Wittemberg / am newen iars tag. 1523.
30 C FG
Dntertheniger
M artinus Luther.
T E h f>abc vorhynn tyn büchlin an den deutschen Adel geschrieben
^ vnd angeheygt / was seyn Christlich ampt vnnd werck sey / Aber wie
35 fit darnach, than haben / ist gnügßam für äugen. Darumb muß ich meyn
vleyß wenden vnd nu schreyben / was sie auch lassen vnnd nicht thun sollen /
vnd hoffe / sie werden sich eben darnach richten / wie fie sich nach yhenem
gericht haben / das sie ia fürsten bleyben vnd nymer Christen werden.
i Aug. ep. 136 u. 138 (MSL. 33, 514 525) vorhielt anfocht
2 Erlaubnis könnte 5 konnten 12 r&te 22 ritten 26 bluts­
verwand tschaft 36 umwenden, ihm- ein andres ziel geben 37 hoffe
ironisch ebensowenig
362 V o n weltlicher Obrigkeit, wie w eit man

Denn Gott der Almechtig vnßere fürsten toll gemacht hatt / dz sie nit
anders meynen / sie mügen thun oft gepieten yhren vnterthanen / was sie
nur wollen / vnd die vnterthanen auch yrren vü glewben / fle seyen schuldig
dem allen zü folgen / ßo gar vnnd ganp / das fle nu angefangen haben
den leutten -ü gepieten / bücher von flch thun / glewben vnnd hallten was 5
fle für geben / damit flch vermessen auch ynn Göttis stuel zü sehen / vü
die gewissen vnd glawben zü meystern / vn nach yhrem tollen gehyrn / den
heyligr geyst zur schülen füren / Geben dennoch für / man thür es yhn nicht
sagen / vnd solle fle noch gnad iuncker heyssen.
Sie schreyben vnnd lassen zeddel auß gehen / der Keyser Habs ge» 10
potten / vn wollen Christlich gehorsam fürsten seyn / gerad / als were es
yhr ernst / vü man den schalck hynder yhren oren nicht merckt. Den wyr
•47 w sollten wol sehen / 1wen yhn der Keyser eyn schloß oder stadt neme oder
sonst etwas vnrechts gepotte / wie seyn fle finden sollten / das fle dem
Keyser Widder stund? vn nitt gehorsam seyn müsten / Nu es aber gillt den 15
6jE ar'men man schinden / vst yhren Mutwillen an Göttis wort büffen / muß
es keyßerlichs gepots gehorsam heyssen / Solch leut hies man vertzeytt?
buben / itzt muß mä fle Christliche gehorsame fürste heyssen / wöllen dennoch
niemät lassen zü verhtr oder -ü verantwortten kom? / wie hoch mä flch
aucherbeut / wilchs yhn doch gar eyn vntreglich ding were / wo der Keyser -0
oder ymand anders mit yhn also füre. Das sind itzt die surft? / die das
keyserthum yn deutschen landen regiren / darüb muß auch so seyn zü gehen/
yn allen landen / wie wyr den sehen.
Weyl den solcher narren wueten langet zü Vertilgung Christlichs
glawbens / verleuckung gottlichs wortt / vnd zü lesterung göttlicher maiestet / 25
w ill vnd kan ich meynen vngnedigen Herrn vnnd zornigen iunckern nicht
lenger zü sehen / muß yhn zum wenigsten mitt wortte widderstehen. Dnd
hab ich yhren g-tzen den Bapst nicht gefürcht / der myr die seelen vnnd
den hymel drawet zü nemen / muß ich mich auch sehen lassen / das ich seyne
schupen vü wafferblaßen nicht fürchte / die myr den leyb vnd die erden 30
drawen -ü nehmen / Gott gebe das fle zürnen müssen / biß die gramen
rtck vergehen / vnd helff vns / das wyr für yhrem drewen ia nicht sterben #
Amen.
Auffs erst müssen wyr das welltlich recht vn schwerd wol gründen /
das nicht yemand dran zweyffel / es sey von Göttis willen vnd ordnn- 35
yn der wellt / Die sprüch aber die es gründen / flnd diße / Ro. 12. Eyn

8 schulmeistern dürfe 9 gnädige herro 10 gedruckte mandate


(wie eben z. b. H erzog Georg) 13 schoß A» 16 befriedigen 21 ver­
führe, umginge 24 gereicht 30 papst — antichrist — behemoth
(vgl. oben s. ib 6, z. 10 u. W . A . io s, 507) zu „Wasserblasen“ vgL
W . A . io 1, 508 31 „grauröcke“ hier — mönche, also: in infinitum
(vgl. die D . W b . 8, 1097 zitierte stelle aus B. W ald is), im übrigen vgl.
W . A . 3 o \ 711 u. W A B r 7,30,1« 36 R ö . 13, 11.
ihr Gehorsam schuldig sei. 1523. 363
igliche seele sey der gewallt vn vberkeyt vnterthan / Denn es ist keyn
gewallt on von Gott / Die gewallt aber die aUenthalbe ist / die ist vö
Gott verordnet. Wer nu der gewalt widderstehet / der widdersteht gottis
ordnüg / Wer aber gottis ordnüg widdersteht / d' wirt yhm selb dz verdänis
s erläge. Jte l. Pet. 2. Seyd vnterthan allerley menschlicher ordnüg / es
sey dem k-nige als dem furnemisten / oder den Pflegern als die vö yhm
gesand find / zur rach der bösen vn zü lob den frume.
1Auch ist des selbe schwerds recht vö ansang b’ welt gewest / Den 64 e
da Kain seynen bruder Habel erschlüg / furcht er sich so fast / man würde
10 yhn wider tödtk / dz auch Gott eyn besonders verpott drauff legt / vnd das
schwerd 1 vmb seynen willen auffhub / vnnd niemandt sollt yhn tödten. m»w
W ilche furcht er nicht gehabt hett / wo er nicht gesehen vnnd gehört hett
von Adam / das man die mörder sollte tödten / Datzu hats Gott mit auß-
gedruckten wortte nach der stndflutt widderumb eyngesetzt vnd bestettiget /
»5 da er spricht Gene: .S. Wer menschen blütt vergeufft / des blüt soll durch
menschen Widder vergossen werden« / Wilchs mag nicht / als von eyner
plage vnd straff von Gott ober die mörder / verstanden werden / Denn viel
mörder durch pusß oder gunst lebendig bleyben vü on schwerd sterben /
Sondern« es ist von des schwerds recht gesagt / das eyn mörder des tods
80 schuldig ist / vnnd man yhn mitt recht durchs schwerd tödten solle. Ob
nu dz recht verhyndert / oder das schwerd seumig sei worden / das der
mörder eins natürlichen tods stirbt / ist darumb die schrifft nit falsch /
dz sie sagt/W er menschen blüt vergeufft / soll durch menschen seyn blütt
vergossen werdk / Den es ist der menschen schuld oder verdienst / das solch
*5 recht von Gott befolhen nicht außgericht wirtt / wie auch andere Gottis
gepott vbertretten werden.
Darnach ists auch durchs gesetz Most bestettiget Exodi 21. Wer
ymand mutwilliglich tödtet / den soltu vö meynem alltar reyffen / das er
tödtet werde / Vn daselbs abermal / Eyn leyb vmb eyn leyb / eyn äuge
30 vmb eyn äuge / eyn zaan vmb eyn zaan / eyn fuß vmb eyn fuß / eyn Hand
vmb eyn Hand / eyn wunde vmb eyn wunde / eyn beule vmb eyn beule /
Datzu Christus bestätigt es auch / da er zü Petto sprach ym gartte / Wer
dz schwerd nympt / der soll durchs schwerd vmbkomen / wilchs auch gleych /
wie das Gen 9. -ü verstehen ist / Wer menschen blütt vergeufft rc. vnd
3$ on zweyffel Christus mit dißem wort daselbs hyn deuttet / oft den selb-
spruch 1da mit eynfüret vü bestettigt haben will / Alßo leret auch Iohan: 6$ e
der teuffer / da die kriegs knecht yhn fragten / was ste thun sollten / sprach
er / thut niemant gewallt noch vnrecht / vnnd lasst euch an ewrem solde
benügen. Dere das schwerd nicht eyn göttlicher stand / sott er ste heyffen
40 abtretten / syntemal er das volck sott volkomen machen vnnd recht Christ-
5 1. Pt. r, 13 f. 9 sehr iö Gen. 4, 14s. 15 Gen. 9, 6
21 sein worbt AÄ 27 Ex. 21, 14 29 Ex. 21, 23ff. 32 Mt. 26, 52
38 Lc. 3, 14
lich vnter weyßen. Alßo das gewiß vnnd klar gnüg ist / wie es G öttis
will ist / das welltlich schwerd vnd recht Handhaben / zur straff der bößen
vnd zü schütz der frumen.
Auffs ander / D a Widder laut nu mechtiglich / dz Christus spricht
M att: .S. yhr habt gehört / das den vorigen gesagt tst / ein äuge vmb ein 5
äuge / ein zaan vmb ein zaan. Ich aber sage euch / man soll, keynem
vbel widderstehen / ßondern ßo dich yemand auff den rechte backen cht
dem hallt auch den andern dar / Vnd wer mit dyr rechten tU / das er
*49w dyr den 1 rock neme / dem laß auch den mantel datzu / Vnd wer dich eyne
meyle zwinget / mit dem gehe zwo meyle rc. Itk Paulus Ro- .12. Meyn -«»
liebsten / schützet euch nicht selbs / sondern gebt raum G ottts zorn / den
es steht geschrieben / D ie rache ist meyn / Ich will vergellten / spricht der
Herr. Item M att: .5. habt lieb ewre feynde / thutt wol den die euch
Haffen. Vnd . 1. P et: .2. Niemant bezal bößes mit bößem / noch schelt-
wort mit scheltwortt rc. Diße t>ft der gleychen spräche lantten yhe h a t t / r z
als sollten die Christen ym newen testament / keyn welltlich schwerd haben.
D aher auch die sophisten sagen / Christus hab MoseS gefetz damit
auff gehaben / vnnd machen auß solchen gepotten redte für die volkomenen /
vii teylen die Christliche lere vnd stand yn zwey teyl / Eynen heyffen sle
den volkomenen / dem vtteylk sie solch redte -ü / Den andern den m o l» *>
komenen / dem vrteylen fle die gepott zu / vnd thun das selb auß lautterm
eygk freuet vn muttwill / on allen gründ der schrifft / Vnd sehen mcht /
das Christus an dem selben ortt seyne leere ßo hattt gepeutt / das er auch
66 L das kleynist nicht1will auff gelößet haben / vn verdampt die zur Helle / die
yhre feynde nicht lieb habr. Darumb müssen wyr anders datzn reden / *$
das Christus wortt yederman gemeyn bleyben / er sey volkomen oder vn-
volkomen / Denn volkomenheyt vnnd vnvolkvmenhryt steht nicht ynn
wercken / macht auch keynen sondern eufferlichen standt vnter den Christen /
sondern steht ym hertzen / ym glawben / vff liebe / das / wer mehr glewbt
vnnd liebt / der ist volkomen / er sey eußerlich eyn man odder weyb / fürst 3»
odder baur / münch odder leye / Denn liebe vnnd glawbe machen keyne
secten noch vnterscheyd eußerlich.
Auffs dritte / Hie müssen wyr Adams kinder vnd alle menschen
teylen ynn zwey teyll / die ersten zum reych G öttis / die andern zum reych
der wett. D ie zum reych G öttis gehören / das sind alle recht glewbigen 35
ynn Christo vnnd vnter Christo / Denn Christus ist der ktnig vnnd Herr
vm reych G öttis / wie der ander Psalm sagt vnnd die gantze schrifft / Vnd
er auch darumb komen ist / das er das reych G öttis anfienge vnd ynn der
wellt aussuchtet / Darumb spricht er auch für Pilato / meyn reych ist nit
1 glüg A» 5 Mt. 5, 38 vorfahren 10 meyle (1.)] Meyne
A» Rö. 12, 19 13 Mt. 5, 44 14 1. P t 3, 9 23 Mt. 5, 19
(vgl. oben s. 198 z 25 ff.) 24 Mt. 5, 25 s. (vgl. oben s. 199, z. 8 ff.)
37 P * r. b 39 Jo 18, 36 s.
ihr Gehorsam schuldig sei. 1523.
365
vö der wett / sondern wer auß der warheytt ist / der höret meyne stym /
vnd ymer ym Euangelio / das reych Göttis anzeucht vn spricht. Bessert
euch das reych GottiS tfl erdey komen. Item sucht am ersten das reych
Göttis vnd desselben gerechtickeyt. Dn nennet auch das Euangelion /
5 eyn Euangelion des reych Gottls / darumb / das es das reych Göttis
Irret / regirt vnd enthellt.
Nu flhe / diße leutt dürsten keyns welltliche schwerdts noch rechts /
Dü wen alle welt rechte Christe (dz ist) recht glewbrgen weren / so were
keyn 1fürst / könig / Herr / schwerd noch recht nott odder nüye / Denn wo *$oW
10 zü sollts yhn? die weyl fle den Heyligen geyst ym Heryen haben / der ile
leret vnnd macht / das sie niemant vnrecht thun / yderman lieben / von
yderman gerne vnd frölich vnrecht leyden auch den todt. Wo eyttel vn»
recht leyd n nd eyttel recht thun ist / da ist keyn zanck / Hadder / gericht /
richter straff / recht noch schwerdt1nodt. Darumb ists vnmüglich / das vnter 6; e
15 den Christen sollte welltlich schwerd vü recht zu schaffen finden / Syntemal
sie viel mehr thun von yhn selbs / denn alle recht vnnd lere foddern
mügen / Gleych wie Paulus sagt .1. Timo: .1. Dem gerecht- ist keyn
gesetz geben / sondern den vngerechten.
Warumb das? Darlrmb / das der gerechte von yhm selbs alle-
00 vnnd mehr thutt denn alle recht foddern. Aber die vngerechten thun nichts
rechts / darumb dürsten fle des rechts / das fle lere / zwinge vnnd dringe
wol zü thun. Eyn gütter bäum darff keyner leere noch rechts / das er
gütte frücht trage / sondern seyn natur gibts / dz er 011 alles recht vnd
lere tregt / wie seyn art ist. Denn es sollt myr gar eyn nerrischer mensch
25 seyn / der eym apffel bäum eyn buch machte voll gesey vnd rechts / wie er
sollt epffel vnd nicht dornen tragen / ßo er dasselb besser von eygener art
thut / denn ers mit allen bächern beschreyben vn gepreten kan. Also find
alle Christen durch den geyst vnnd glawben aller ding genaturt / das fle
wol vnd recht thun / mehr denn man fle mit allen gesehen leren kan / vnd
30 dürsten für flch selbs keyn geseys noch rechts.
So sprichstu denn / Warumb hatt denn Gott -0 viel gesetz geben allen
menschen / vü Christus auch viel leret ym Euangelio zü thun- Davon
hab ich sonst ynn der postillen vnnd anders wo viel geschrieben. Itzt
auffs turyist / Spricht Paulus / das gesetz sey vmb der vngerechten willen
35 geben / das ist / das die yhenigen / so nicht Christ- flnd / durchs gesetz
eußerlich von b-sen thatten gezwunge werden / wie «yr hören «erd-
hernach. Nu aber keyn mensch von natur Christen odder fhim ist / sonder«
altzumal sunder vü böse flnd / weret yhnen Gott Älen durchs gesetz / dz
fle eußerlich yhr boßheytt m itt wercken nicht thüren nach yhrem muttwillen

2 M t. 3, 2 3 M t 6, 33 6 erhält 7 bedürfen 17 1. TL 1, 9
21 bedürfen 22 vgl. oben s. 21, z. 4 0 ff. 28 durchaus so geartet
31 spristu A» 33 W . A . 7. 476, z. 2 8 ff.; 504, z. 4 0 ff. 39 dürfen
366 Von weltlicher Obrigkeit, wie w eit man

oben / Datzu gibt S . Paulus betn gest- noch eyn ampt Ro: .7 . tmnb
Gal: .2. das es die funb erkennen leret / damit es bett menschen bemütigt
zur gnab vnnb zum glawben Christi / also thutt auch hie Christus Matt: .5.
68 e btt et leret / 1man solle bem vbel nicht wibberstehen / ba mit er bas gesetz
verkleret / vnb leret / wie eyn recht Christen solle vnnb müsse geschickt seyn / z
wie wyr weytter hören werben.
251w 1Auffs Vierde / Zum reych der wellt ober vnter bz gesetz gehören alle /
die nicht Christe sind / Den syntemal wenig glewben vnb bas weniger teyl
sich hellt nach Christlicher art / bas es nicht wibberstrebe bem vbel / Da
bas es nicht selb vbel thue / hat Gott bett selbe / ausser dem Christlichen xo
stand vnnb Göttis reych / eyn ander regiment verschafft / vnnb fle vnter
bas schwerb geworffen / bas / ob fle gleych gerne wollten / doch nicht thun
künden yhr boßheyt / vnb ob fle es thun / dz fle es doch nit vn furcht /
noch mit fribe / vnnb glück thun mügen / gleych wie man eyn wild böße
thier mit keten vnb banden fasset / das es nit beyffen noch reyffen kan nach 1$
seyner artt / wie wol es gerne wollt / des doch eyn zam korre thier nicht
bedarff / ßvndern vn keten vnb band dennvcht vnschedlich ist.
Denn wo das nicht were / Syntemal alle wellt böse / vn vnter tausent
kaum eyn recht Christ ist / würde eyns das ander fressen / das niemant
kund weyb vft kind zihen / flch neeren vft Gotte diene / damit die weit »
wüste würde / Darumb hatt Gott die zwey regiment verordnet / das geyst«
liche / wilchs Christen vnnb frum leutt macht durch den Heyligen gevst
vnter Christo / vnnb bas welltliche / wilchs den vnchristen vnb bößen weret /
das fle eußerlich müssen frib hallten vn still seyn on obren danck. Also
beuttet S . Paulus das welltlich schwerb Ro. . 13 . vn spricht. Es sey 25
nicht ben gütte / sondern den bösen wercke zü furchte. Dil Petrus spricht.
Es sey zur rach ober die bösen geben.
Wenn ttu yemand wollt die wellt nach dem Euangeliv regirn / vnd
alle welltliche recht vn schwerb aussheben vnd für geben / sie treten alle
getaufft vnd Christen / vnter wilchen das Euangeliv will keyn recht noch 30
schwerb haben auch nicht nott ist / lieber / radt / was würde der selb
machen? E r würde ben wilde bößen thieren die band oft keten aufflößen/
69 £ das fle yder'man zü ryssen vnd zü hoffen / »ft danebe furgeben / es roeren
feyne zame / korre / thierlin / Ich würde es aber an meynen wunde wol
süle / also würden die büßen vnter betn Christlichen namen bet Euä' 35
gelischen freyheytt mißbrauchen / yhr büberey tteyben vnnb sagen / fle seyen
Christen oft keym gesetz noch schwerb vnterwvrffen / wie itzt schon ettlich
toben vnd narren.

i R ö. 7, 7 2 Ga. 3, ly . 24 3 M t. 5, 39 15 bindet
16 kirres 20 könnte 24 ob sie wollen oder nicht (vgl. W . A . 30",
366®, 386^ 25 R ö. 13, 3 26 I. Pt. 2, 14 37 Wieder­
täufer
ih r Gehorsam schuldig sei. 1523.
367
Dem selben must man sagen / Ua freylich ists war / das Christen
vmb yhr selbs willen keynem recht noch schwerd vnterthan sind / noch seyn
bedürffen. Aber sthe zü / vnnd gib die wett zuvor voll rechter Christen /
ehe du sie Christlich vü Evangelisch regirst / das wirstu aber nymer mehr
5 thun / denn die wellt vnd die menge ist vnd bleybt vnchristen / ob fle gleych
alle getaufft v« Christen heyffen / Aber die Christen wonen (wie man
spricht) fem von eyn'ander / darüb leydet sichs yn der wellt nicht / das 25-
eyn Christlich regimrnt gemeyn werde ober alle wellt / ia noch ober eyn
land odder grosse menge / Denn der btßen sind ymer viel mehr denn der
10 ftumen / Darumb eyn gantz land oder die wellt sich vnter winden mitt
dem Euangelio zü regieren / das ist eben / als wenn eyn hirtt ynn eynen
stall zü samen thett / wölff / lewen / addeler / schaff / vnd ließ iglichs frey
vnter dem andern gehen vnd sprech / da weydet euch vnnd seyt frum vnnd
fridsam vnternander / der stall steht offen / weyde habt yhr gnüg / Hund
15 vnnd keulen dürfft yhr nicht fürchten. Hie würden die schaff wol frid
hallten vnd sich fridlich also lassen weyden vnnd regirn / aber fle würden
nicht lange leben / noch keyn thier für dem andern bleyben.
Dammb muß man dise beyde regimtt mit vleyß scheyden vsi beydes
bleybe lassen / Eyns das frum macht / Das ander das eußerlich frid schaffe
so vnd bösen wercken weret / keyns ist vn das ander gnüg yn der wellt /
Denn on Christus geystlich regiment / kan niemant frum werd? für got /
durchs welltlich regiment / So gehet Christus regiment nicht ober alle
menschen / sondern allezeyt ist der Christen am wenigsten vnd sind mitten
vnter den vnchristen. Wo nu welltlich regiment oder gesetz alleyn regitt /
25 da muß eytel heuchley seyn / wens auch gleych Göttis gepott1selber werm / 7 0 B
Denn on den Heyligen geyst ym herhen / w irtt niemät recht frum / er
thue wie feyne werck er mag / Wo aber das geystlich regiment alleyn
regitt ober land vnd leutt / da w irtt der boßheyt der zäum loß vnnd raum
geben aller büberey / Denn die gemeyne wellt kans nicht an nehmen noch
jo verstehen.
Da flhistu nu / wo Christus wottt hyn sehm / die wyr droben er»
-elet haben auß Matt: . 5. das die Christen sollen nicht rechten noch dz
welltlich schwerd vnter yhu haben. Eygentlich sagt ers nur seynen lieben
Christen / die nemens auch alleyne an vnd thun auch alßo / machr nicht
35 redte drauß / wie die sophisten / Sondemn sind ym hertzen alßo durch den
geyst genaturt / das sie niemant vbel thun vnnd von yderman williglich
vbel leydm. Wenn nu alle wellt Christen «ere / ßo giengen sie alle diße
wottt an vnd thett alßo / Nu sie aber vnchristen ist / gehen sie die «o rtt
nichts an vn thutt auch nicht also / Sondem gehörtt vnter das ander
4® regiment / da man die vnchristen eußerlich zwingt vnd dringt zum frid vnd
zum gütten.

7 verträgt 8 auch nicht einmal 31 hinzielen 32 M l 5, 39


368 Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man

Danrmb hat auch Christus keyn schwerd g e fu rt/h at auch ynn


seynem reych keyaes eyngesetzt / Denn er ist eyn ktnig oder Christen vud
regirt on gesetz / alleyn durch seynen Heyligen geyst. And wie wol er das
schwerd bestettiget / hatt ers doch nicht braucht / Denn es dienet nicht -u
seym reych / da eyttel frume ynnen sind / Daher muste Dauid vertzeytten 5
■s j W nicht den tempel' bawen / darüb das er viel blutts vergossen vü das schwerd
gefurt hatte / Richt das er hette vnrecht dran than / ßondernn das er
nicht kundte Christus stgur seyn / der on schwerd eyn fridsam reych haben
sollt / Sondern es must Salomon thun / dz jheyfft auff deutsch / Fridrich
ob’ Fridsam / der eyn fndsam reych hatte / damit das recht fridsam reych ,e
Christi des recht- Fridrichen vnnd Salomon kundte bedeutt «erden.
Item am gantzk baw des tempels / höret mä nie keyn eyffen / spricht der
tttf I alles darumb / das Christus on zwang vn drang / on gesetz vnd
schwerd / eyn frey «illlg volck haben sollt.
71 e 1 D as meynen die prophete 109. Deyn volck werden seyn die x$
Keywilligen. And Isaia .11. S ie werde nicht tödten noch schade auff
meynem gantzen Heyligen berge Vnd I s a ia .2. S ie werden yhre schwerdter
zü pflügscharen / vud yhr laichen zu sicheln m achen/vnd w itt niemant
Widder den andern kyn schwerd auffheben / sich nitt mehr vleyffen zü
streytten rc. Wer diße vnd der gleychi spräche wolt so weyt zihen / als so
Christus name -enennet wirt / der würde die schrifft gar verteren / sondern
sie sind gesagt alleyn von den rechten Christen / die thun gewißlich vnter-
«ander alßo.
A sss funfft / Hie sprichst» / Weyl denn die Christen des welltlichen
schwerds noch rechts nichts bedürffen / warumb spricht denn P aulus **
Ro: . 13. zü allen Thnsten / Alle seelen seyen der gewallt vnnd vberkeytt
vnterthan? Vnd S . Petrus. S ey t vnterthan aller menschlicher ordnung
rc. wie droben ertzelet ist. Anttwortt / itzt hab ichs gesagt / das die Christen
vnternander vn bey sich vnd für sich selbs keyns rechten noch schwerds
därffen / D en es ist yhn keyn nott noch nütz. Aber weyl eyn rechter 30
Christen auff erden / nicht yhm selbs / sondern seynem nehisten lebt vnnd
dienet / -0 thutt er 'von art seyns geystes / auch das / des er nichts be-
darff / sondern >dz seynem nehisten nutz oft nott ist. R u aber das schwerd
eyn groß nodlicher nutz ist aller wellt / das Kid erhalten / fund gestrafft /
vfl den bösen geweret werde / ßo gibt er sich auffs aller willigst vnter zz
des schwerds regimkt / gibt schos / ehret die vberteyt / dienet / hilfst vnd
thut alles was er kan / das der gewalt fodderlich ist / auff das sie ym
schwang v« bey ehr- vü furcht erhalten werde / wie wol er des für sich

5 2. Sa. 7, 5 ff. 8 t6* o$ 9 1. Kö. 5, 17 ff. 12 1. Kd. 6, 7


15 P». 110, 3 16 Je». 11, 9 17 Je*. 2, 4 19 befleißigen
26 R ö. 13, i 27 1. P t. 2, 13 36 steuern 37 förderlich
ihr Gehorsam schuldig sei. 1523.

keynes darff / noch yhm nott ist / Denn er sthet darnach / was andem nutz
vn gütt ist / wie Paulus Ephe. .5. leret.
Gleych wie er auch alle ander werck der liebe thut / der er nichts
bedarff / denn er besucht die krancken nit darub / das er selb davon gesund
5 werde. E r speyset niemant / das er selb der speyße dürste / also dienet er
auch d e r1vber'teyt / nicht / das er yhr bedürffe / sondern die andern / das sie 7* ®
beschützt vnd die bösen nicht erger werden. Denn es gehet yhm nichts 254
dran abe / vnd schadet yhm solcher dienst nichts / vnd bringt doch der Welt
grossen nutz. Vnd wo ers nicht thett / so thett nicht als eyn Christ /
10 datzu Widder die liebe / gebe auch den andern eyn böße exepel / die auch
des gleychen wollen keyne vberkeyt leyden / ob ste wol vnchristen weren /
Dam it denn dem Euangelio eyn schmach enstunde / als leeret es auff rühr
vnnd eygensynnige teuft machet / die niemät nütze noch -ü dienst seyn
wollte / ßo es doch eynen Christe zü ydermans knecht macht. Also gab
*5 Christus M a tt. 17. den zins groffchen / das er ste nicht ergert / so ers
doch nichts bedurfft.
Also sthestu auch ynn den wortten Christi / droben au- M a tt. .5.
angetzeygt / das er wol leret / wie die Christen vnternander kein welltlich
schwerd noch recht haben sollen. E r verpeutt aber nicht / das man den
so dienen vnd vnterthan seyn solle / die welltlich schwerd vnd recht haben.
Sondern viel mehr / weyl du seyn nicht darffst noch habe sott / soltu den
dienen / die nicht ßo hoch komr stnd als du / vnd desselben noch dürsten /
Ob du nicht bedarffest / das man deynen feynd straffe / so darffs aber dein
krancker nehister / dem solltu helffen / das er frid habe vnd seyne feynd
«5 gesteuret werde / wilchs nicht geschehen mag / die gewallt vnd vberkeyt
werde dann ynn ehren vnd furcht erhallten. Christus spricht nicht also /
du sollt der gewallt nicht dienen noch vnterthan seyn / Sondern / du sollt
dem vbel nist widderstreben / als sollt er sage / hallt du dich also / das du
alles levdest / da m it du der gewallt nicht bedürffest / dz ste dyr helffe vnd
30 diene / nutz oder nott sey / Sondern widderumb / das du yhr helffest /
dienest / nutz vnd nott seyst. Ich w ill dich höher haben vnnd viel zü edel /
denn das du yhr bedürffest / sondern ste soll deyn bedürffen.
Auffs sechst / S o fragistu / Ob denn auch eyn Christ müge das wellt-
lich schwerd füren vnd die bösen straffen / weyl Christus wortt so hartt
35 vnnd Helle lautten / 1du sollt dem vbel nicht widerstehen / das die sophisten n e
haben müssen eyn rad drauß machen. A nttw ortt / du hast itzt zwey stück
gehött. Eyns / das vnter den Christen das schwerd nicht sein kan / darumb
kanstu es ober vst vnter den Christen nicht füren / die seyn nicht bedürffen /
darumb müste m it d' frage hynauß / auff dk andem Haussen / die n it Christen
40 stnd / ob du seyn da selbs Christlich brauche mügest. D a ist das ander

2 Eph. 5, 21 15 M t 17, 27 17 M L 5. 39 39 musst du


die trage auswerfen in bezug auf
370 Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man

stück / dz du dem schwerd -ü diene schuldig bist / vn fodern sollt / wo mit


du kaust / es sey mit leyb / gut / ehre / vü seele / Den es ist eyn werck /
des du nichts bedarffest / aber gantz nutz vü nott aller wellt vn deynem
nehisten. Darumb ' wenn du sehest / das am henger / b ttte ll, richter /
Herrn / oder fürsten mangellt / vü du dich geschickt fündest / solltistu dich $
datzu erbieten vnd darumb werben / auff das iah die ntttige gewallt nicht
veracht vnd matt würde oder vntergienge. Denn die wellt kan vnnd mag
yhr nicht geratten.
Drsach / Denn ynn dem fall / giengstu eynher gantz yn ftembdem
dienst vü wercken / das nicht dyr noch deynem gut oder ehre / sondern nur xo
dem nehsten vn andern nützet / vnd thettests nicht der meynüg / das du
dich rechen / oder bbßes vmb btßes geben woltist / sondern deynem nehisten
zü gütt vnnd zur halltung schütz vnnd frids der andern / Denn für dich
selbs bleybstu an dem Euangelio vnd heltist dich nach Christus wort /
das du gern den andern backen streych leydest / den mantel zum rock fark *$
lassest / roeB es dich vnd deyne sach betreffe. Also gehets denn beydes
seyn mit eynander/das du zü gleych Göttis reych vü der wellt reych gnüg
thuest / eußerlich vü ynnerlich / zü gleych vbel vnd vnrecht leydest/vnd doch
vbel vü vnrecht straffest / zü gleych dem vbel nicht widderstehist / vnnd doch
widderstehist / Denn mit dem eynen flhestu auff dich vnd auff das deyne / *©
mit dem andern auff den nehisten vn auff das seyne / An dyr vnd an dem
deynem helltistu dich nach dem Euangelio oft leydest vnrecht als eyn
74 b rechter Christ für dich / An dem andern vft an dem seynem helltistu 1dich
nach der liebe vnnd leydest keyn vnrecht / für deynen nehisten / wilchs das
Euangelion nicht verpeutt / ia viel mehr gepeutt am andern ortt. 5
Auff die weyße haben das schwerd gefüret alle Heyligen von ansang
der wellt / Adam mit seynen nachkomen / Alßo füret es Abraham / da er
Lot seynes bruders son errettet vn schlüg die vier ktnige Gen. 14. so er
doch gantz vnd gar eyn Evangelisch man war / Also schlüg Samuel der
heylige Prophet den ktnig Hagag .1. Reg: .15. Vnnd Elias die pro* 3°
pheten Baal .3. Reg: .18. Alßo Habens gefurt Mose / Iosua / die kinder
Israel / Samson / Dauid vü alle könige vnd fürsten ym allten testamet.
Item Daniel vnd seyne gesellen / Ananias / Asarias vnd Misael zü Baby-
lonen. Item Joseph ynn Egypten / vnd so fürt an.
Ob aber yemand wollt fürgeben / das allte testament sey auffgehaben 3S
vn gelte nicht mehr / darumb künde man den Christen solch exempel nicht
furtrage. Antwott ich / das ist nicht also. Denn S. Paulus .1. Cor:
.10. spricht / sie haben die selbige geystliche speyße geffen vnnd ttanck
getrunckr vö dem felß / der Christus ist / rote wyr / das ist / sie haben eben
den selben geyst vnd glawben an Christum gehabt / den wyr haben / vn 4»
i fördern 4 henker, büttel 8 entraten, entbehren 13 er-
haltung 28 Gen. 14, 15 30 1. Sa. 15, 33 31 1. Kö. 18, 40
37 i- K o . 10, 3
ihr Gehorsam schuldig sei. 1523.
371

eben so wol Christen geweßen als wyr / Darumb / woran sie recht than
habe / dar an thun alle1 Christe rtd)t / vö ansang der wellt biß ans ende. 256w
Den zeyt oft eußerlicher wädel scheydet nichts vnter den Christen. Auch
ists nicht war / das das allte testamet also auff gehaben sey / das man es nicht
5 müsse halten / oder vnrecht thette / wer es alltzumal hielte / wie S. Hierony:
vnnd viel mehr gestrauchelt haben / Sondern« es ist also auffgehaben /
das es frey ist/zü thun vnd zu lassen / vnd nicht mehr nott ist / bey seelen
Verlust -ü halten / wie es datzumal war.
Denn Paulus spricht .1. Cor. .7. Gal: .6. das wider Vorhaut noch
io beschneyttung ettwas sey / sondern eyn new creatur ynn Christo / das ist /
eS ist nicht fund Vorhaut haben / wie die Juden meyneten / so ists auch
nicht1fund sich beschneytten / wie die heyde meyneten / sondern beydes frey 75 e
vnd gütt / wer es also thutt / das er nicht meyne da durch frum oder selig
zu werden. Also hatt sichs auch mit allen andern stücken des allten testa-
x5 ments / das nicht vnrecht ist / wer es leffet / noch vnrecht wer es thutt /
sondern alles frey vnd gütt zü thun vnnd zu lassen/Aa wo es dem
nehisten nutz oder nott were zur selickeyt / so weren sie alle nott zü haltt /
Den yderman ist schuldig zü thun / was seynem nehisten nutz vnd nott ist /
es sey allt oder new testament / es sey eyn Jüdisch odder heydenisch ding /
ao wie Paulus leret .1. Con .12. Denn die liebe gehet durch alles vnd vber
alles / vnd slhet nur dahyn / was andern nutz vnd nott ist / fraget nicht
darnach / obs allt oder new ist. Also sind die exempel des schwerds auch
frey / dz du ybn magist folgen oder nicht / On wu du sitzest / dz deyn nehister
bedarff / da dringet dich die liebe / das zü thun nbttlich / das dyr sonst
25 Key vnd vnntttig ist zü thun vnnd zü lassen. Alleyn das du da durch
nicht gedenckist frum odder selig zü werden / wie die Juden durch nhre
werck sich vermassen / sondernn solchs dem glawben lassist / der dich on
«erck zur newen Creatur macht.
Vn das wyrs auch durchs newe testament beweyßen / steht hie fest
jo Johannes der teuffer / Luce .3. der on -weyffel Christum zeugen / zeygen
oft leren mufft / das ist / seyne lere must eytel new testamentisch vn
Euägeliffch sein / als der Christo sollt eyn recht volkommen volck zü füren /
der selb bestettiget das ampt der kriegS leutt / vnd spricht / sie sollen yhn
an yhrem solde benügen lassen / Wo es nu vnchristlich were geweßen / das
jzschwerd zü füren/sollt er sie drumb gestrafft / beyde solt vnd schwerd
heyssen lassen faxen / oder hette sie nicht recht den Christlichen stand ge-
leret. Alßo auch .S. Petrus / da er dem Cornelio att: .10. predigt von
Christo / f>iti er yhn nicht faren lassen« seyn ampt / das er doch sollt than
haben / wo es dem Cornelio hynderlich were geweßen an seym Christen

3 macht keinen unterschied 5 Schäfer s. 261 9 1 . Ko. 7, 19


Ga. 6, 15 14 verhält sich’s 20 1. Ko. 12, 13 23 ausser
24 notwendigerweise 30 Ltic. 3, 14 37 Apg. 10, 3 4 ff.
Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man
372
*5£ jT I Datzu zuvor ehe denn er taufst wart / kompt1 der1 *heylig seyst «uff
7 yhn. Auch lobet yhn. S . Lucas / als eyn fronten man fror S . Peters
predigt / vnd thaddelt doch nicht an yhm / das er der kriegs leutt vnd des
heydnischen keysers heubtman war. Was nu der heylig geyst an Cornelio
hatt lassen« bleyben / vnnd nicht gestrafft / ist billich / das auch wyr nicht $
straffen vnd bleyben lassen.
Des gleychen exempel gibt auch der Moren heubtman Eunuchus
act .8. den Philippus der Evangelist betetet vnnd taufst / vnnd lies yhn
an seynem ampt bleyben vnd Widder heym ziehen / der doch der könygynn
ym Morenland / on schwerd / nicht hatt mügen ßo eyn gewalltiger ampt ie
man seyn. Alßo ist auch geweßen der Landt vogt ynn Cypern Paulus
Sergius act .13. milchen .S . Paulus bekeret / vnd doch Land vogt unter
vnnd vber Heyden bleyben ließ. Item ßo haben viel heylige merterer than /
die den Römischen heydnischen teysern gehorsam / vnter yhn ynn streytt
zogen / vnd on zweyffel auch leutt erwürgeten / vmb frib willen zür hallten / *s
als man von S . Moritz / Achatius / Gereon / vnnd von viel andern vnter
dem Keyser Juliano schreybt.
Vber das / so ligt da der helle starcke regt Santt Pauli Ro: .13.
da er spricht / die gewallt ist von Gott verordnet. Item / die gewallt tregt
nicht vergeblich dz schwerd. Sie ist Göttis dienerynne / bor zü gütt / so
eyn racherynne vber den / der bößes thutt. Lieber sey du nicht ßo freue! /
das du wolltist sagen / Eyn Christ müge das nicht füren / das Göttis
eygentlich werck / ordnung vnnd creatur ist / Sonst müstistu auch sagen /
Eyn Christ muffe nicht essen noch trincken / noch ehelich werden / denn es
auch Göttis werck vnnd ordnunge sind. Jsts aber Göttis werck vnd *s
creatur / ßo ists gütt vnnd alßo gütt / das seyn yederman Christlich vü
seliglich brauchen kan / wie Paulus sagt .2. Timo: .4. Alle Creatur
Göttis ist gütt / vnnd nichts zü verwerffen den glewbigen vnd die die
warheyt erkennen / Vnter allen creatum gottis / mustu yhe nicht alleyn
essen vnd trincken / kleyder vnnd schuch / sondern auch gewallt vnd vnter- y>
thenickeyt / schütz / vnd straff seyn lassen.
77 b Vü Snma Summarü / Weyl hie S . Paulus sagt / 1die gewallt sey
gottis dieneryn / muß man sie lassen nit alleyne den Heyden / ßondernn
allen menschen brauchlich seyn / Was ists gesagt? Sie ist gottis dieneryn /
den so viel / die gemalt ist vö natur der art / dz man got damit diene kan? 35
Nu were es gar vnchristlich gerebt / bas yrgent eyn gottis dienst were /
den eyn Christ? mrsch nit thun solt od' müsse / ßo Gottis dienst niemät
so eben eygent als den Christen / Dnd auch wol gütt vnd nott were / das

i Apg. 10, 44 2 Apg. 10, 2 8 Apg. 8, 30 ff. i2 Apg. 13, 12


16 S. Moritz u. Gereon gehören zu der thebäi&chen legion (R E 8 12, 452),
Achatius zu den 14 nothelfern (R E3 14, 217) 18 Rö. 13, 1 19 Rö.
13, 4 21 frevelhaft 27 1. Ti. 4, 4 34 brauchbar 38 in
demselben masse
ihr Gehorsam schuldig sei. 1523.
373
alle fürsten1rechte gütte Christen weren / Denn das schwerd oft die gewallt / 258W
als eyn sonderlicher gottis dienst / gepütt den Christen zü eygen / für allen
andern auff erden. Darumb solltu das schwerd oder die gewalt schetzen /
gleych wie den ehlichen stand oder ackerwerck oder sonst eyn handwerck /
5 die auch G ott eyngesetzt hatt. W ie nu eyn man kan G ott dienen ym
ehlichen stand / am ackerwerck oder handwerck / dem andern zü nutz / oft
dienen müste / wenn es seynem nehisten nott were / also kan er auch ynn
der gewallt G ott dienen / vnd soll drynnen dienen / wo es des nehisten
notturfft foddett / Denn sie sind G ottis hinter vnd handwercks leutt / die
xo das btße straffen vn das gütte schützen / Doch das es auch frey sey zü
lassen / wo es nit nott were / gleych als ehtich werden oft ackerwerck treybe
frey ist / wo es nicht nott were.
So sprichst» / Warumb hatts denn Christus vnd die Apostel nicht
gefüret? A ntw ott / sage myr / wammb hatt er nicht auch eyn weyb ge-
15 nomen / oder ist ein schuster oder schneyder worden? S o llt drumb eyn stand
oder ampt n it güt seyn / dz Christus selbs nicht gettieben hette / wo wollen
alle stende vnd empter bleyben / außgenomen das predig ampt / wilchs er
alleyne getrieben hatt? Christus hat seyn ampt vnd stand gefüret / damit
hatt er keyns andern stand verworffen. Es stund yhm nicht zü das
so schwerd zü füren / Denn er sollte nur das ampt füren / da durch seyn
reych geregirt w irt / oft eygentlich zü seynem reych dienet / N u geh-tt zu
seynem reych nicht / das er ehlich / schuster / schneyder / ackerman / fürst /
hencker oder btttel sey / auch wider schwerd noch welltlich recht / sondemn
nur G ottis wort vn geyst / damit werden die seynen 1 geregirt ynnwendig. 7» e
SS Wilchs ampt er auch datzumal treyb oft noch ymer tteybt / gibt ymer geyst
vnd G ottis wortt / Vnd ynn dem ampt mästen yhm die Apostel nach
folgen vnd alle geystliche regirer / Denn sie haben an dem geystlichen
schwerd dem w ortt Gottis / wol ßo viel zü schaffen / das ffe solch yhr
handwerck recht treybk / dz sie des welltliche schwerds wol müssen müsflg
30 gehen / vnd andern lassen / die nicht zü predigen haben / W ie wol es yhrem
stand nichts wider ist zü brauchen / wie gesagt ist / Denn eyn iglicher muß
seyns beruffens vnd wercks waMen.
Darumb ob Christus schon nicht das schwerd gefüret noch geleret
hatt / so ists doch gnüg / dz ers nicht verpotten noch auffgehabr / sondern
äs bestettigtt hatt / gleych wie es gnüg ist / das er den ehlichen stand nicht
auffgehaben / sondern bestätigt hat / ob er wol keyn weyb genomr noch
rzichts davon geleret hatt / Denn er müste sich allerdinge beweyßen m it
solchem stand oft werck / die eygentlich nur alleyne zü seynem reych dieneten /
auff dz nicht eyn vrsach vnd nbttigs exempel drauß genomen würde / zü
4o leren vnd zü glewbk / Es kundte gottis reych nit / on ehe vn schwerd

23 b ü tte l 28 u m . . . zu treiben 29 das w e ltlic h e S c h w e rt. . .


ausser acht lassen 31 zu w id e r 37 om nino betätigen
374 Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man

859W ynd der gleychen eußerlichs1dings bestehen (Denn Christus exempel dringen
von nötten) ßo es doch nur durch G öttis wort vn geyst bestehet. Wilchs
Christus eygentlich ampt geweßen ist vnnd seyn mufft / als des obersten
königs yn dem selben reych. N u aber nicht alle Christen das selb ampt
haben (wie wol sie es haben mögen) ists billich / das sie sonst eyn anders 5
eußerlich haben / da m it auch G ott gedienet mag werden.
Auß dißem allen folget nu / wilchs der rechte verstand sey der wort
Christi M a tt. 5. yhr solt dem vbel nicht wider streben rc. Nemlich der /
das eyn Christen sol also geschickt seyn / das er alles vbel vii vnrecht
leyde / nicht sich selb reche / auch nicht für gericht sich schütze / Sondernn / 10
dz er aller ding nicht- bedürfte der welltlichen gewalt vn rechts für sich
selbs. Aber für andere mag vü sol er rache / recht / schütz vnd hülffe
suchen / vnd datzu thun wo m it er mag. Alßo soll yhm auch die gewallt
entweder von yhr selb / oder durch anderer anregk / on sein eygk klage /
9 E suchen 1vnd anregen / helften vft schützen / W o sie das nicht thutt / soll er 13
sich schinden vnd schenden lassen / vnd keynem vbel widderstehen / wie
Christus wortt lautten.
Vnd sey du gewiß / da- diße lere Christi nicht eyn radt für die vol-
fernen sey / wie vnßer Sophisten lestern vii liegen / sondern eyn gemeyn
streng- gepott für alle Christen. Das du wissest / wie die altzumal heydk a©
sind unter Christlichem namen / die sich rechen odder für gericht vmb yhr
gütt vnd ehre rechten vnd -ancken / D a w irt nicht anders auß / das sag
ich dyr. Vnd kere dich nicht an die menge / vnd gemeynen brauch / Denn
es sind wenig Christen auff erden / da zweyffel du nicht an / datzu ßo ist
G öttis wortt ettwas anders denn gemeyner brauch. -r
Denn hie sihestu / da- Christus nicht das gesetz auffhebt / da er
spricht / Ahr habt gehört / das gesagt ist zü den vörigen / Eyn aug vmb
eyn aug. Ich aber sage euch / yhr solt keynem vbel widderstehen rc. sondern
er legt den verstand des gesetzs auß / wie es zuuerstehen sey / A ls sollt er
sagen / yhr Juden meynet / es sey für G ott recht vnnd wol than / wenn y>
yhr das ewr mit recht Widder holet / vnd verlasset euch drauff / das Mose
gesagt hatt / eyn äuge vmb eyn äuge rc. Ich sage euch aber / das solch
gesetz Mose darumb geben hatt / ober die bößen / die nicht zü Gottes
reych gehören / das sie sich selb nicht rechen odder ergers thun / sondern
durch solch euserlich recht gezwungen werden böses zü lassen / das sie doch 35
mit eym euserlichen recht vn regiment verfasset werden / enter die gewalt /
A hr aber sollt euch ßo hallten / das yhr solch- rechts nicht dürftet noch
suchet. Denn ob wol die welltliche vberteytt solch gesetz muß haben /
a6oW darnach sie die vnglewbigen richte / vü auch yhr selbs wol des 1 braucht
mügt / andere darnach zu richten / ßo sollt yhrs doch für euch vnnd ynn 40

i zwingen mit notwendigkeit zur n&chahmung 8 M t. 5, 39


27 M t. 5, 38 s. 29 sinn 36 der gewalt unterworfen
ihr Gehorsam schuMig sei. 1523. ^

eror fachen nicht fachen nach -rauchenn denn yhr habt bae hymelreych /
drumb sollt yhr das erdreych laffenn / wer es euch nympt
Sihe / da flhestu / wie Christus seyne wort nicht dahyn deuttet - da­
rr Moses gesetz auffhebe / oder die welltlich gewallt verpiete / Sondern r
5 zeucht die sey'nen erauß / das sie für sich selb der nicht brauchen / sondern
den vnglewbigen lassen sott? / milchen fle doch auch mit solchem ydrem
recht dienen müge / weyl da vnchristen sind / vft man memant zum Christen^
thum zwingen kan / Das aber Christus wortt / alleyne auff die seynen
gehen / w irtt darauß klar / das er hernach sagt / sie sollen ohre keynde
*0 lieben / vft volkomen sein / wie yhr hymlischer vatter / Wer aber seyne
feynd liebt vnd volkomen ist / der lefft das gesetz liaen vft braucht fer v
nicht / das er eyn äuge vmb eyn äuge fodere. Er weret aber den ou>
christen auch nicht / die yhr feynd nicht lieben vnnd seyn brauchen wollen /
ia er hilfst / das solch gesey die bißen fassen / damit fle nichts ergers thun.
*5 Szo ist nu (meyn ich) das wortt Christi vereymget m it den sprächen,
die das schwerd eynsetzen / Dnd das die meynung die ist / Schwerd soll keyn
Christen für flch vnd seyne fache füren noch anrüsten / Sondernn für
eynen andern mag vnd soll ers füren vnd anrüsten / damit der boßheyt
gesteuret vnd frumkeyt geschützt werde / Gleych wie der Herr auch am selben
*0 ortt spricht. Eyn Christen solle nicht schweeren / sondem seyn wortt soll
seyn / ia ia / neyn neyn / das ist / für flch selb vnd auß eygenem willen
vn tust soll er nit schweeren / Wen aber die nott / nutz oft selickeytt oder
gottis ehre / das foddert / sol er schwere / so braucht er den eyn, andern
zü dienst des verpotten eydes / gleych wie er eym andern zü dienst braucht
*5 des verpotten schwerds / gleych wie Christus vn Paulus ofst schweren .
yhre lere vn zeugnis den mensche nützlich vn glaubwirdig zumachen
wie man denn thut vn thun mag / ynn den verbuudnuffen vn vertrachte?
ic . davon ps. 62. spricht. Sie werden gelobt / die bey seynem immer
schweren.
3« Hie fragistu w eytter, ob denn auch die bitte! / hencker / Junsten
fursprechen vnnd was des geflnds ist / Christen seyn mügen vnd evn seligen
stand haben. Antwott / Wen die gewalt oft das schwerd eyn G ottis dienst
ist / wie droben ist / Szo muß auch 1das alles G ottis dienst fern /
das der gewallt nott ist / das schwerd zu füren. Es muß yhe fern / der
35 die bißen 1 fchet / verklagt würget vnnd vmbringt / die guten schü >t /
entschuldigt / wrantworttet vNd erredtet / Darumb wenn fle es der meyn»
thun / das fle nicht flch selb drynnen suchen / sondernn nur ^ recht vn;d
gewallt helffen handhaben / da m itt die bißen gezwungei, werden 'sts ohn
on fahr / oft mügens brauchen wie eyn ander eyns anOr and e cks

i noch 5 gibt den sein«? eine Sonderstellung t t.cht A


9 M t. 5, 44. 48 15 in einklang gebracht mit .0 t 3.1 !i
27 Verträgen 28 Ps. 63, 12 30 bvttel 31 ad <nat< n :o vtv
teidigt
376 Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man

vnnd stch davon nteren. Denn / wie gesagt ist / Liebe des nehisten ad)ttt
nicht yhr eygens / flhet auch nicht wie groß oder geringe / -ondem wie
nutz vn nott die werck dem nehisten oder der gemeyne seyen.
Fragistu / W ie? mtcht ich den nicht für mich selb vii für meyn fach /
des schwerds brauchen / der meynung / das ich nicht da mit das meyne s
suchte / sondern das das vbel gestrafft würde? Antwvrtt / Solch wunder
ist nicht vnmüglich / Aber gar seltzam vnnd ferlich. W o der geyst ßo
revch ist / da mags wol geschehen / Denn so lesen wyr von Samson
Judic: .15. das er sprach / Ich habe yhn than wie sie myr than haben /
so doch da Widder sagt Prouerb: 24. Sage nicht / Ich will yhm thun / ,e
wie er myr than hatt. 93ft .20. Sprich nicht / Ich will yhm das büße
vergellten. Denn Samson war von G ott dartzu erfoddert / das er die
Philistiner plagen sollt / vnnd die kinder Israel erredtr / ob er tut wol
vrsach an yhn nam / dz er seyn fache fürwand / so thett ers doch nicht /
sich selb zü rechen oder das seyne zü suche / sondern andern -ü dienst vii **
zur straff der Philistiner. Aber dem exempel wirt niemant folgen / er sey
denn eyn rechter Christen vnd vdll geysts. Wo die vernüfst auch so thun
will / w itt fle wol fürgebe / sie wolle nicht das yhre suchen / aber es wirt
ym gründ falsch seyn / Denn on gnade ists nicht müglich / Darumb werde
zuuor wie Samson / so kanstu auch thun wie Samson. *°

D a s Ander Teyll.
Wie weytt sich welltlich
vberkeytt strecke.
8a e kommen wyr zum heubtstück dises sermons / ' Denn nach
± dem wir gelernet haben / das die welltlich vberkeyt seyn muß miss
erden / vnd wie man der selben Christlich vnd seliglich brauchen solle /
müssen wyr nun lernen« / wie lang yhr arm vnnd wie fern yhr Hand
reyche / das sie stch nicht zü weytt strecke / vnnd G ott ynn seyn reych vnd
regiment greyffe / Dnd das ist fast nott zü wissen / Denn vntreglich vii
grewlich schaden drauß folget / wo man yhr zü weyt raum gibt / vnnd 3°
auch nicht on schaden ist / wo ste zü enge gesponnen ist / hie strafft ste zü
wenig / dort strafft ste zü viel. Wie wol es treglicher ist / dz ste auff dißer
seytten sündige vnnd zü wenig straffe / Syntemal es alltzeyt besser ist / eyn
*6eW buben leben lassen / den eyn frumen man 1tbdten / nach dem die wellt doch
buben hatt vnd haben muß / der frumen aber wenig hatt. *s

7 selten 9 Ri. 15, 11 10 Pr. 24, 29 11 Pr. 20, 22


14 händel mit ihnen suchte (Ri. 14, 4) seine Privatangelegenheit als ver­
wand zur kriegserklftrung gegen die Ph. benutzte 27 weit 29 sehr
unerträglicher
ihr Gehorsam schuldig sei. 1523.
377
Auffs erst / Is t zü mercken / das die zwey teyl Adams tinder / der
eyns ynn Göttis reych vnter Christo / das ander ynn der wellt reych vnter
der vberkeyt ist (wie droben gesagt) zweyerley gesetz haben / Den eyn iglich
reych muß seyne gesetz vnnd rechte haben / vnnd on gesetz keyn reych noch
5 regiment bestehen kan / wie das gnügsam teglich erfarung gibt. Das
welltlich regiment hatt gesetz / die sich nicht weytter strecken / denn ober
leyb vnd gütt / vnd was eußerlich ist auff erden. Denn ober die seele
kan vnd w ill Gott niemant lassen regirn / denn sich selbs alleyne. Darumb
wo welltlich gewallt sich vermisset / der seelen gesetz zü geben / do greyfft
sie Gott ynn seyn regiment / vnd verfüret vsi verderbet nur die seelen /
Das wollen wyr so klar machen / das mans greyffen solle / auff das vnser
iunckem die fürsten vü bischoffe sehen / was sie für narren sind / wen \\t
die leutt mit yhren gesetzen vn gepotten zwingen wollen / sonst oder so zü
glewben.
*5 Wenn mann eyn menschen gesetz auff die seelen legt / das sie soll
glewben sonst oder so / wie der selb mensch für gibt / so ist gewißlich da
nicht Göttis wottt / Is t Göttis wort nicht da / so ists vngewiß / obs Gor
haben will / Den was er nicht gepeutt / das kan man 1nicht gewiß seyn / ®3E
das yhm gefalle. Ja man ist gewiß / das es Gotte nicht gefalle / Denn
36 er will vnßern glawben / bloß vnd lautter alleyn auff seyn gotlich wott
gegrund haben / wie er spricht M att: .18. Auff dißen felß will ich meyne
kirche bawen. Vnd Joh: .10. Meyne schaff hören meyne stym vnd kennen
mich / aber der frembden stym hören sie nicht / sondern fliehen von yhn.
Darauß folget denn / das welltlich gewallt die seelen zum ewigen todt
*5 dringet mit solchem freuet gepott / Denn sie zwinget solchs zü glewben /
als das recht vnd gewiß Got gesellig sey / vnd ist doch vngewiß / ia ge­
wiß das mißfellet / weyll keyn klar Göttis wottt da ist / Denn wer das
für recht glewbt / das vnrecht oder vngewiß ist / der verleucket die warheytt /
die Gott selber ist / vnd glewbt an die lügen vnd yrthum / hellt das für
3° recht das vnrecht ist.
Darumb ists gar vberauß eyn nerricht ding / wenn sie gerieten / man
solle der Kirchen / den Detern / Concilien / glewben / ob gleych keyn Göttis
wottt da sey / Teuffels Apostel gepiettn solchs / vnnd nicht die kirche /
Denn die kirche gepeutt nichts / sie wisse denn gewiß / das Gotris wott
35 sey / wie S . Petrus sagt. Wer da redet / der rede / als gottis wott.
Sie werden aber gar lange nicht beweyßen / das der Concilien setze / Gottis
wott sind. Diel nernchter ists aber / wenn man sagt / die könige vnnd
fürsten vnd die menge glewbt alßo. 1Lieber wyr sind nicht getaufft auff -6z w
könige / fürsten noch auff die menge / sondern auff Christü vnd Gott selber.
40 Wyr hevssen auch nicht / könige / fürsten oder menge / wyr heyssen Christen

13 so oder so 16 praedpit 21 Mt. 16, 18 22 Jo. 10, 27. $


35 1. Pt. 4, i i
378 Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man

D er feelen soll vü kan niemandt gepieten / er wisse denn yhr den weg
zü weyßen gen hymel / D as kan aber keyn mensch thun / sondern G ot
alleyn. Darumb ynn den fachen / die der feelen selickeytt betreffen / soll
nichts denn G öttis wort geleret vnd angenomen werden.
Item / wenn (te gleych grob narren sind / ßo müssen sie iah das $
bekennen / das sie keyn gewallt ober die freien haben. Denn es kan yhe
keyn mensch eyn seele tödten odder lebendig machen / gen hymel odder
E helle füren / vnnd ob sie vnns des nicht glewben woll'ten / wirtt yhe
Christus das starck gnüg zeugen / da er spricht M atthei am zehenden.
Fürcht euch nicht für denen / die den leyb tbdten / vnd darnach nichts
haben / das sie thun / fürcht aber denen / der nach dem er den leyb tödtet /
macht hatt ynn die helle zuuerdamnen. Ich meyne yhe / das hie klar gnüg
die seele auß aller menschen Hand genomen / vnd alleyne vnter G öttis ge­
wallt gestellet sey. N u sage myr / W ie viel nütze muß der kopff wol haben /
der an den ortt gepott legt / da er gar keyn gewallt hatt? W er wollt den ts
nicht für vnsynnig Halltenn / der dem mond gepötte / er sott schevnen wen
er wolte? Wie seyn würd stchs reymen / wenn die zü Leyptzick vns zü
Wittemberg / odder widderumb / wyr zü Wittemberck denen zü Leyptzig
wollten gepott aufflegen / man würde gewißlich nyße wortz den gepietern
zü danck schencken / das sie das hyrn fegten vnnd den schnuppen büsseten. *°
Noch faren itzt vnser Keyßer vn klüge fürsten also / vnnd lassen sich Bapst /
Bischoff vnd Sophisten dahyn füren / eyn blind den andern / das fle yhren
vnterthanen gepieten -ü glewben / on G öttis wortt / wie fle es gütt dunckt /
vnnd wollen dennoch Christliche fürsten heyffen / da G ott für sey.
Vber das / mag mans auch dabey greyffen / das eyn iglich gewallt /
soll vnd mag nur da handelln / da fle / sehen / erkennen / richten / vrteylen /
lvandeln vü endern kan. Den was were myr das für eyn richter / der
blind hyn richten wollt / die fachen / die er Widder höret noch flhet? N u
sage myr / wie kan die hertzen sehen / erkennen / richten / vrteylen vnd
endern / eyn mensch? Denn solchs ist alleyn G ott flrr behallten / wie ps. 7. 3<>
sagt. G ott forscht hertzen vnnd nieren. Item / D er Herr ist richter vber
die leutt. Vff att: am .10. G ott ist eyn hertzkundiger. Vnd Jeremias
am l. Böß vn vnerforschlich ist menschlichs Hertz / W er mags erforschen?
264V Ich der Herr / der die hertze vff nieren 1 forschet. Eyn gericht soll vnd muß
gar gewiß seyn / wenn es vrteylen soll / vnd alles am Hellen liecht haben. 33
*5 e Aber der feelen gedancken vnd1synnen / kunnen niemant denn G ott offinbar
seyn. Darumb es vmb sonst vnnd vnmüglich ist / yemant zü gepieten
oder zü zwingen mit gewallt / sonst oder so zü glewben. E s gehört eyn
ander griff datzu / D ie gewallt thutts nicht. Dnd mich wundert der grossen
9 Mt. 10, 28 14 witz, verstand 19 nieswurz (helleborus)
20 reinigten loswürden (Thiele no.96) 25 ausserdem 28 blindlings
darauf los 30 Ps. 7, 10 31 Ps. 7, 9 32 Apg. 1, 24. 15, 8
33 Jer. 17, 9 s. 36 gesinnungen 39 kunstgriff
ihr Gehorsam schuldig sei. 1523.
379
narren / Syntem al sie selb allesampt sagen. D e occultis non iubicat
Ecclesia. D ie kirche richtet nicht heymlich fache. S o denn die kirche yhr
geystlich regiment nur öffentlich ding regitt / W es vntersteht sich den die
vnsynnige welltliche gewallt / solch heymlich / geystlich / verporgen ding /
5 als der glawb ist / zü richten vnd meystern?
Auch ßo ligt eym iglichen seyne eygen fahr dran / wie er glewbt /
vnd muß für sich selb sehen / dz er recht glewbe. D enn so wenig als eyn
ander für mich ynn die helle odder hymel raren kan / so wenig kan er auch
für mich öleroben oder nicht glewben / vnd so wenig er myr kan hymel oder
10 hell / auff odder zü schließen / ßo wenig kan er mich zum glawben oder
vnglawben treyben. Weyl es denn eym iglichen auff seym gewissen ligt /
wie er glewbt odder nicht glewbt / vnd damit der welltlichen gewallt
keyn flbbrud) geschicht / sol sie auch zü friben seyn / vü yhrs dings w artten /
vnd lassen glewben sonst oder so / wie man kan vnnd will / vnd niemant
15 m it gewallt dringen. Denn es ist eyn frey werck vmb den glawben /
dayu man niemandt kan zwingen. Da es ist eyn göttlich werck ym geyst /
schweyg denn / das es eußerliche gewallt sollt erzwingen vnd schaffen. D a
her ist der gemeyne spruch genomen / den Augustinus auch hatt. Bum
glawben kan vnnd soll man niemants zwingen.
20 D ayu sehen die blinden elenden leutt nicht / wie gar vergeblich vn
vnmüglich ding sie für nehmen. D enn wie hatt sie gepieten / vnd wie fast
sie toben / ßo künden sie die leutt yhe nicht weyter dttngen / den das sie
m it dem mund vn m it der Hand yhn folgen / das Hertz rnugen sie ia nicht
Zwingen / sollten sie sich zü reyffen. D en w ar ist dz sprichwott / Gedancken
25 sind zoll frey. W as ists den nu / das sie die leutt wollen zwingen zü
glewben ym hertzen / vü sehen das vnmüglich ist? treyben damit die schwache
gewissen m i t 1 gewallt / zü liegen / zuuerleucken / vnnd anders sagen / denn 86 e
sie es ym hertzen hallten / vnnd beladen sich selb also m it grewlichen
frembden funden / D en alle die lügen vnd falsch bekentnis / die solch
30 schwach gewissen thun / gehen ober den / der sie erzwinget. E s roere vhe
viel leychter / ob gleych 1 nf>r vnterthan yrreten / das sie sie schlecht yrre 265 w
liessen / denn das sie sie zur lügen vnd anders zü sagen / dringen / wen
sie ym hertzen haben / Auch nicht recht ist / das man b-ßeS m it ergerm
roeren will.
35 Aber willtu wissen / warumb G o tt verhenget / das die welltliche
surften alßo grewlich müssen anlauffen? Ich will dyrs sagen. G o tt hatt

2 der kirche (W. A. 11, 482) 6 ferner handelt jeder auf sein
risiko 15 Nik. Paulus, Protestantismus u. Toleranz im 16. Jhrh.,
Freiburg i. Br. 1911, s. 27; K. Völker, Toleranz u. Intoleranz im Zeit­
alter der Reformation, Leipzig 1912, s. 45 17 geschweige 18 Contra
litteras Petiliani 2, 184 (MSL. 43, 315): ‘Ad fidem quidem nullus est
cogendus invitus’ 21 streng sehr 22 können 24 W . A. 11, 264*
30 fallen auf den zurück Zs schlechthin 36 anstossen, sündigen
31 Luthers Werke II
Z8o Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man

fle ynn verkereten synn geben / vnnd will eyn ende mit yhn machen / gleych
wie mist den geystlichen iunckern. Den meyn vngnedige Herrn / Bapst
otib Bischoffe / sollten bischoffe seyn / vnnd Göttis wortt predigen / das
lassen sie / vff sind weltliche fürsten worden / vnd regirn mit gesehen / die
nur leyb vnnd gütt betreffen. Feyn haben fle es vmbkeret / ynnerlich sotten 5
fle regirn die seelen durch Göttis wortt / so regim fle außwendig schlöffet /
stedt / land vnd leutt / vnd martern die seelen mit vnseglicher mörderey.
Also auch die welltlichk Herrn / sotten land vnd leutt regieren eußerlich /
das lassen fle / Sie künden nicht mehr / denn schinden vnd schaben / eyn
zoll auff den andern / eyn zeyße ober die andern setzen / da eyn bern / hie «>
eyn «olff auß lassen / Datzu kein recht ttew noch warheytt bey yhn lassen
funden werden / vff handelln das reuber vnd buben zü viel were / vnd yhr
«elltlich regiment ia so tieff darnyder ligt / als der geystlichen Tyrannen
regiment. Darumb verkeret Gott yhren synn auch / das fle zü faren Widder-
synnisch / vnd wollen geystlich ober seelen regirn / gleych wie yhene wollen *5
welltlich regirn / auff das fle ia getrost auff sich laden frembd sund /
G öttis vff aller mensche haß / biß fle zu scheyttern gehen / mit bischvffen /
pfaffen vnd München / evn bube mit dem andern / vff darnach des alles
dem Euangelio schuld geben / vnd an stad yhrer beycht / Got festem / vnd
87 e sagen / vnßer predigt hab solchs zugericht / 1wilchs yhr verkerete boßheytt20
verdienet hatt / vff noch verdienet on vnterlaß / wie die Römer auch thetten /
da fle verstöret wurdk. Sihe / da hast« den radt Göttis / ober die grossen
hanßen. Aber fle sollen- nicht glewben / auff das solcher ernster radt Göttis
nicht verhyndert werde durch yhre busße.
S o sprichst» / hatt doch Paulus Ro: .13. gesagt. Eyn igliche seele s$
solle der gemalt vnd vberkeyt vntetthan seyn. Dnd Petrus spricht / Wyr
sollen aller menschlicher ordnung vntetthan seyn. Anttwortt. Da kompstu
recht / Denn die sprüch dienen für mich / Sanct Paulus redtt von der
vberkeytt otmb gewallt. Nu hastu itzt gehöret / D as vber seele niemandt
kan gewallt haben denn Gott. S o muß yhe Sanct Paulus von keynem 3°
gehorsam sagen künden / denn da die gewallt seyn kan. Darauß folget /
das er redet nicht von glawben / das welltliche gewallt nicht solle haben
266W den glawben zü gepieten / 1ßondernn von eufferlichen güttern / die selben
zü ordenen vnnd zü regim auff erden. Das geben auch seyne wortt
deutlich vnnd klar / da er beyde der gewallt vnd gehorsam das zill steckt 35
vnnd spricht. Gebt yderman das seyne / Schos / des der schos / zoll / des
der zoll / ehre / des die ehre / fürcht / deS die fürcht ist. Sihe da / wellt­
lich gehorsam vnd gewallt gehet nur vber schos / zoll / ehre / fürcht eußer-
lich. Item da er spricht. Die gewallt ist nicht zü ftirchten den gütten /

i Rö. I, 28 10 abgäbe, Steuer 11 loslassen 25 Rö. 13, 1


26 1. P t 2, 13 27 komostu A 28 sind wasser auf meine mühle
34 zeigen 36 Rö. 13, 7 39 Rö. 13, 3
ihr Gehorsam schuldig sei. 1523. ^gl

sondern den b-sen rotrett / beschrenckt er aber die geroalt / das sie nicht
glaroben odder Göttis roortt / sondern böße roerck meystern soll.
Das will auch Santt Peter / da er spricht. Menschlicher ordnung.
Nun kan yhe menschlich ordnung sich nicht strecken ynn den hymel vnnd
5 ober die freie / sondern nur «uff erden auff den eufferlichen roandel der
menschen vnternander / da menschen sehenn / erkennen / richtenn / vrteylen /
straffen vnnd erredten kundenn.
Das alles hat auch Christus selbs seyn vnterscheyden off kurtz gefastet /
da er spricht Matt: .22. Gebt dem Keyßer roas des Keyßers ist / vnd
2 0 Gott roas Göttis ist. Wen nu keyßerlich geroalt sich 1streckete ynn Göttis m e
reych vnd gewallt / vnd nicht eyn sonders roere / sollt ers nicht also vnter*
scheyden haben / Denn wie gesagt ist / die freie ist nicht vnter Keyßers
geroalt / Er kan sie wider leren noch füren / Widder tödten noch lebendig
mache / Widder binden noch lößen / Widder richten noch vrteylen / Widder
15 hallten noch lasten / wilchs doch seyn müste / wo er geroalt hett ober sie
zü gepieten vff gesetz zü legen / Sondern ober leyb / güt vn ehre / hat er
wol solchs zü thun / Denn solchs ist vnter seyner gewallt.
Das alles hatt auch Dauid lange zuuor mit eym kurtzen feynen spruch
verfasset / da er spricht pS. H S . Den hymel hatt er des hymels Herrn
ao geben / Aber die erden hat er den menschen kindern geben / das ist / Was
auff erden ist vnd zum zeytlichen yrdenischen reych gehört / da hatt eyn
mensch wol gewallt von Gott / Aber roas zum hymel vnd zum ewigen
reych gehörtt / das ist alleyn vnter dem hymlischen Herrn. Auch hatt das
Mose nicht vergessen / da er spricht Gen. 1. Gott sprach / Lasst vns
«s mensche machen / die vber die thier auff erde / vber die fissch ym wasser /
ober die vögel yn der lufft / regiren / da ist nur euserlich regimet den
menschen zü geeygent. Vnd summa / ist das die meynung / W ie .©. Petrus
spricht Act: .4. Man muß Gott mehr gehorchen denn den menschen / Da
mit er yhe auch klerlich / der welltliche geroalt eyn zill steckt / Den wo
3 0 man alles müst hallten / roas roelltlich gewallt wollte / ßo roere es vmb

sonst gesagt / Man muß Gott mehr gehorche den den menschen.
1Wenn nu deyn fürst oder roelltlicher Herr dyr gepeut / mit dem Bapst 267 w
zü hallten / sonst oder so zü gleroben / oder gepeutt dyr bücher von dyr zü
thun / solltu also sagen / Es gepürtt Lucifer nicht neben Gott -ü sitzen.
35 Lieber Herr / ich bynn euch schuldig zü gehorchen mit leyb vnnd gütt /
gepietet myr nach eror geroalt maß / auff erden / so will ich folgen. Heysst
yhr aber mich gleroben vnnd bücher von myr thun / so will ich nicht ge­
horchen / Denn da seytt yhr eyn tyrann / vnnd greyfft zü hoch / gepietet /
da yhr widder recht noch macht habt rc. 1Nympt er dyr drüber deyn »9 e
40 gütt / vm»d strafft solchen vngehorsam / selig bistu / vnnd danck Gott / das
du wirdig bist vmb gotlichs Worts willen zü leyden / laß yhn nur toben
3 1. Pt. 2, 13 8 zusammengefasst 9 M t 22, 21 19 zu­
sammengefasst P b. 115, 16 24 Gen. 1, 26 28 Apg. 5, 29
382 V on weltlicher Obrigkeit, wie w e it man

den narren / Er wirkt seynen richter wol finden. Denn ich sage dyr /
wo du yhm nicht widdersprichst / vnd gibst yhm raum / das er dyr den
glawben odder die bücher nympt / so hast» warlich Gott verleucket.
Als / dz ich des eyn Exepel gebe / An Meyffen / Beyern vft yn der
Marck / vn andern ortten habe die Tvranne eyn gepott lassen auß gehen / 5
Man solle die newe Testamkt yn die empter hyn vnd her vberanttwortten.
Hie sollen yhr vnterthan alßo thun / Nicht eyn blettlin / nicht eyn buch-
staben sollen fle vberanttwortten / bey Verlust yhrer seligkeyt. Denn wer
es tfnitt / der vbergibt Christum dem Herodes ynn die hende / Denn ste
handeln als Christmürder / wie Herodes. Sondern das sollen sie leyden / 10
ob man yhn durch die heuffer lanffen vnnd nemen heyfft mit gewallt /
es sey bücher odder gütter / Freuet soll man nicht widderstehen / sondern
leyde / Man soll yhn aber nicht billichen / noch datzu dienen / oder folgen /
odder gehorchen / mit eym fußtritt odder mitt eynem finger. Denn solch
Tyrannen handelln wie welltlich fürsten sollen / Es find welltliche fürsten /
Die wellt aber ist Göttis feyndt / darumb müssen ste auch thun was
Gott w.dder / der wellt eben ist / das ste ia nicht ehrloß werde / sondern
welltliche fürsten bleyben / Darumb laß dichs nicht wundern / ob ste wider
dz Euangelion toben vnd narren / Sie müssen yhrem tittel vnnd namen
gnüg thun. 20
Vnd sott wissen / das von anbegynn der wellt gar eyn selham vogel
ist vmb eyn trögen fürsten / noch viel selhamer vmb eyn frumen fürsten.
268w S ie 1 stnd gemeyniglich die grösten narren / odder die ergisten buben «uff
erden / darumb man stch alltzeytt bey yhn / des ergisten versehen vnd wenig
güts von yhn gewartten muß / sonderlich ynn gotlichen fachen / die der 85
freien heyl belangen / Denn es stnd Göttis stockmeyster vnd hencker / vnd
seyn gotlicher zorn gebraucht yhr / zü straffen die büßen vnd eußerlichen
tride zü hallten. Es ist eyn grosser Herr vnßer Gott / Darumb muß er
90 e auch solch 1edelle / hochgeporne / reyche hencker oft büttel haben / vnnd w ill /
das ste reychthum / ehre vnnd furcht von yederman die geuffe vnd die 30
menge haben sollen. Es gesellt seynem göttlichen willen / das wyr seyne
hencker / gnedige Herrn heyssen / yhn zü füssen fallen vnd mit aller demütt
vnterthan seyen / ßo fem ste yhr handtwerck nicht zü weytt strecken / das
ste hirtten auß hencker werden wollen. Geredt nu eyn fürst / das er
klüg / frum odder eyn Christen ist / das ist der grossen wunder eyns / vnd 35
das aller theurist zeychen gotlicher gnaden ober das selb landt. Denn nach
ßemeynem laufst gehet es nach dem spruch Jsaia a m .3. Ich w ill yhn
kinder zü fürsten geben / vnd maulaffen sollen yhr Herrn seyn. Dnd Osee 13.
Ich w ill dyr eyn ktnig auß zorn geben vn mit vngnaden Widder nemen.

4 s. E in l. u. die W . A . 1 i t 2671 u. 483 zitierte literatur 14 schritt


17 zuwider angenehm 21 Erasmus, Adagia: R ara avis 27 gotlichen A
29 büttel 30 zn geuffe (— Flut?) vgl. W . A . n . 483 37 Jes. 3, 4
38 ZU maulaffen Vgl. w . A . io a, 510 Hos. 13, 11
ihr Gehorsam schuldig sei. 1523. ßg ^

Die wellt ist zü böße vnd nicht werd / das sie viel klüger vn srumer fürsten
haben solt / frösch müssen storck haben.
So sprichstu abermal / Aa welltlich gewallt zwingt nit zü glewben /
sondenm weret nur eusserlich / das man die leutt mit falscher lere nicht
5 verfure / wie kundt man sonst den ketzern wertn ? Anttwortt. Das sollen
die Bischoff thun / den ist solch ampt befolhen vnnd nicht den fürsten.
Denn ketzerey kan man nymer mehr mitt gewallt weren. Es gehörtt
eyn ander griff datzu / vnnd ist hie eyn ander streytt vnnd Handel denn mit
dem schwerd. Göttis wort soll hie strevtten / wenns das nicht auß richt /
ßo wirtts wol vnaußgericht bleyben von welltlicher gewallt / ob sie gleych
die wellt mit blütt füllet. Keyerey ist eyn geystlich ding / das kan man
mitt keynem eyßen Hamen / mitt keynem fewr verbrennen / mitt keynem
waffer ertrencken. Es lst aber alleyn das Göttis wortt da / das thutts / wie
Paulus sagt .2. Cor: 10. Dnser waffen sind nicht fleyschlich / ßondem
*5 mechtig ynn Gott / zü verstören allen radt vnnd höhe / so sich Widder
Göttis erkenrnis auff lebenet / vnd nemen gefangen allen synn vnter den
dienst Christi.
Datzu ist keyn grösser stercke des glawbens vnnd 1der ketzerey / denn 9i e
wo man on Göttis wortt mit blosser gewallt da Widder handellt. Denn
-0 mann 1hellts dafür gewißlich / das solche gewallt nicht rechte fach hatt / 269w
vnnd Widder recht handele / weyl sie on Göttis wortt feret / vnnd sich
sonst nicht denn mitt blosser gewallt tzü behelffenn weyß / wie die »nun«
nunfftigen thiere thun. Denn mann auch ynn welltlichen fachen nicht kan
mitt gewallt faren / es sey denn das vnrecht zuuor mitt recht vbirwundenn.
*5 Wie viel vnmüglicher ists / ynn dießen hohen geystlichen sachenn / mitt ge­
wallt on recht vnnd Göttis wortt handelln? Darumb flhe/wie feyne
flöge iunckern myr das sind. Sie wollen ketzerey vertreyben / vnnd greyffen
nicht an / denn da mit sie den widderpartt nur stercken / sich selb verdechtig
vnnd yhene rechtfertig machenn. Lieber willtu ketzerey vertreyben / ßo mustu
3° den griff treffen / das du sie für allen dingen auß dem hertzen reyssest /
vnnd grundtlich mit willen abwendest / das wirst du mitt gewallt nicht
enden / ßondern nur stercken. Was hilfst dichs denn / ßo du keyerey yn
dem hertzen stcrckest / vn nur außwendig auff der jungen schwechist / vnd
-ü liegen dringest? Göttis wortt aber / das erleucht die hertzen /
3s vnnd damit fallen denn von yhn selb alle ketzerey vnd yrthum auß dem
hertzen.
Von solchem verstören der ketzerey / hatt der Prophet Jsaias ver­
kündigt am .11. vnd gesagt. Er tont die erden schlahen mit der nitten
seyns munds / vnd den gottloßen tödten mit dem geyst seyner lippen. Da

1f. vgl. die bekannte äsopische fabel (W . A. 11, 268* u.W A Bry, 2 8 14>
8 kunstgriff 14 2. Ko. 10, 4 s. fleuschlich Aa 18 Stärkung 28 als womit
30 kunstgriff 32 vollenden 34 lügen zwingest 38 Jes. 11, 4
Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man
Z«4
khestu / dz durch den mundt außgerichttet witt / so der gottlos* soll ge-
tbdtet vnd bekeret werden. Summa Summarum / Solche fürsten vnnd
tyrannm wissen nicht / das «idder ketzerey streytte / sey wider den teuffei
streytten / der die hertzen mit yrthum besitzt / Wie Paulus spricht Ephe: 6.
Wyr haben nicht mit fleysch vnd blütt zü streytten / sondern» mit der s
geystlichen boßheyt mit den fürsten die diße stnsternis regim K Darumb
so lange man nicht den teuffei abstofft vnd von den hertzen iagt / so ists
yhm eben / wenn ich mit schwerd odder fewr seyne gefesß vmbringe / als
9» e wenn ich mit eym strohalm Widder den blitz stritte. 1 Das hatt alles
reychlich Job am .41. bezeugt / da er sagt. Wie der teuffei eyffen wie io
stro achte / oft keyne gewallt auff erden fürchte. M an sihet es auch wol
ynn der erfarung. Denn ob man gleych alle Juden vnnd ketzer mit ge­
wallt verbrennet / ßo ist vnd wirft doch keyner da durch vberwunden noch
bekeret.
Doch solche wellt soll solche fürsten habe / das yhe kein teyl seyns ,5
ampts wartte. Die Bischoff sollen das wortt Göttis lassen ligen / vnnd
die seelen nicht da mit regim j sondern sollen den weltlichen fürsten befelhen /
das die selben mitt dem schwerdt daselbs regirn. Widderumb / die wellt-
liche fürsten sollen / wucher / raub / ehbruch / mord / oft ander büße werck
lassen gehen oft selbs treyben / darnach die Bischoffe lassen mit bann «
a7ow brieffen straffen / vnnd 1 also den schuch seyn vmb keren / M it eyßen die
seelm / vn M it brieffen den leyb regirn / D as welltlich sirrsten geystlich /
vnnd geystliche fürsten welltlich regim. Was hatt der teuffei sonst zü
schaffen auff erden / den das er mit seynem volck also gauckele vnd faß-
nacht spiel treybe? Das sind vnßere Christliche fürsten / die dm glawben »z
verteydingen vnd dm Türcken fressen. Aa freylich feyne gesellen / auff
die wol zü vertrawm ist / sie «erde mit solcher fevner klügheyt ettwas
außrichtt / nemlich / das sie den halft stürtzen / vnd land vnd leutt ynn
iamer vnd nott bringen.
Ich wollt aber den verblendten leuttm gar ttewlich radtk / dz sie zo
sich fursehen / für eynem kleynkleynm sprüchlin / der ym .106. Psalm steht.
Effundit contemptü super Principes. Ich schwere euch bey Gott / werdet
yhrs versehen / das diß kleyne sprüchlin vber euch ynn den schwanck
kompt / ßo seytt vhr verloren / wenn auch ewer iglicher ßo mechtig als
der Türck «ere / vnd wirft euch ewer schnauben vnnd toben nichts helffen. 35
E s ist schon eyn groß teyl angangen. Denn gar wenig fürsten sind /
die man nicht für narren odder buben hellt / das macht sie beweyßen sich
auch also / vnd der gemeyn man wirft verstendig / vnd der fürsten plage
(die Got contemptum heyfft) geweltiglich da her gehet / vnter dem poffel
93 e vnd gemeynem man / vnnd sorge / yhm 1 werde nicht zü wertn seyn / die 40

4 Eph. 6, 12 8 oigane (Mc. 3, 27) 10 Hi. 41, 18 21 vgl.


D. W b. 9, 1844 u. Wander, Schuh no. 6 28 brechen 31 Ps. 107, 40
39 pöbel
ihr Gehorsam schuldig sei. 1523.
385
fürsten stellen sich denn fürstlich / vnnd sahen Widder an mit vernunfft vn
seuberlich -ü regirn. Man wirt nicht / man kan nicht / man will nicht /
ewer tyranney vnd mnttwillen die lenge leyden. Lieben fürsten vnd Herrn /
da wisset euch nach zü richten / Gott wills nicht lenger haben. Es ist
5 itzt nicht mehr eyn wellt / wie vortzeytten / da yhr die leutt wie das willd
taget vnd triebet. Darumb lasst ewr freuet vnnd gewallt / vnd denckt /
das yhr mit recht handellt vnd lasst Göttis wort seynen gang haben /
den es doch haben will / muß vnd soll / vnd yhrs nicht weren werdet.
Is t ketzerey da / die vberwinde man / wie sichs gepürtt / mist Göttis wortt.
10 Werdet yhr aber viel schwerd zuckens treyben / so sehet -ü das nicht eyner
kome / der es euch heyffe eynstecke nicht ynn gotts Minen.
Mtchstu aber sprechen / Weyl den nu vnter den Christen keyn wellt-
lich schwerd seyn soll/wie will man sie den eufferlich regiern? Es muß
yhe vberkeytt auch vnter den Christen bleyben. Antwort. Vnter den
,5 Christen soll vnd kan keyn vberkeyt seyn / Sondern ein iglicher ist zü gleych
dem andern vnterthan / wie Paulus sagt Ro: 12. Eyn iglicher soll den
andern seynen 1obersten hallten. Vn Petrus 1. Pet: .5. Seyt allesampt 271W
vnternander vnterthan. Das will auch Christus Luce .11. Wenn du zur
hochzeyt geladen wirst / so setze dick aller vnterst an. Es ist vnter den
so Christen keyn oberster / den nur Christus selber vü alleyn. M was kan
da für vberkeyt seyn / da sie alle gleych sind. / vnd eynerley / recht/macht/
güt vü ehre haben? datzu keyner begerd des andern oberster zü seyn/
sondernn iglicher w ill des andern vnterster seyn / kund man doch / wo solch
leutt sind / keyn vberkeyt aufsuchten / ob mans gerne thun wolt / weyl es
s$ die art vnd natur nicht leydet / obersten haben / da keyner oberster seyn
will noch kan. Wo aber nicht solch leutt sind / da sind auch nicht rechte
Christen.
Was sind denn die Priester vnd Bischoffe? Antwort. Ahr regimenr
ist nicht eyn vberkeytt odder gewallt / sondern ein dienst vn ampt / Denn
30 sie nicht1höher noch besser für andern Christensind. Darumb sollen sie 94 e
auch keyn gesetz noch gepott ober andere legen» / on der selben will vnnd
vrlawb / sondernn yhr regirn ist nicht anders / denn Göttis wott treyben /
damit die Christen fu 11 vnd ketzeren vberwinden. Denn wie gesagt ist /
die Christen kan man mit Nichten / on alleyn mit Göttis wort regirn. Den
35 Christen müs,rn ym glawben regiert werden / nicht m itt eusserlichen
wercken. Glawbe kan aber durch keyn menschen wortt / sondern nur durch
Göttis wortt komen. Wie Paulus sac Ro. .10. Der glawb kompt
durchs hören / das hören aber kompt di rc)s wortt Göttis. Milche nun
nicht glewben / die sind nicht Christen / ie gehören auch nicht vnter Christus
40 reych / sondern vnter das weltliche r ych / das man sie mit dem schwerd vn

2 bedächtig 6 triebetet A 16 Rö. i>, 10 17 1. P t 5, 5


18 Lc. 14, 10 32 erlaubn« 37 Rö. 10, 17
386 Von weltlicher Obrigkeit, wie w eit man

euserlichem regiment zwinge vnd regire. Die Christen thun von yhn selbs
vngezwungen alles güttis / vnd haben gnüg für sich alleyn am Göttis
morst. Doch davon hab ich sonst viel vnd offt geschrieben.

Das Dritte Teyll.


Wils auch zeit sein da« nach dem w ,r /
wissen w ir fern$
^ ^ welltlich gewallt sich streckt / wie sich eyn fürst solle drein schicken /
vmb der Wille / die gern auch Christliche fürsten vnd Herrn sein wollten /
vnd auch ynn yhenes leben zü komen gedenckenn / wilcher gar fast wenig
sind. Den Christus beschreybt selbst die art b’ weltlichen fürste Luce.22.
da er spricht. Die welltliche fürsten Hirschen / vnd wilche die obersten io
ünd / faren mit gewallt. Denn sie meynen nicht anders / wen fle Herrn
gepom oder erwellt sind / so haben ste recht datzu / das fle yhn dienen
lassen / vn mit gewallt regieren. Welcher nu eyn Christlicher fürst sein
»7* w w ill / der muß warlich die meynüg ablege / 1das er Hirsch^ vn mit gewallt
faren wolle. Denn verflucht oft verdampt ist alles lebe / dz yhm selb zü i$
93 e nutz oft -ü gütt gelebt oft gesucht Wirt / verflucht ave werck die1nit yn der
liebe gehen. Den aber gehen fle yn der liebe / wen fle nicht miss eygen
lust / nutz / ehre / gemach vnd hevl / sondern aufs anderer nutz ehre vn heyl
gericht flnd vö gantzem hertzen.
Darumb will ich hie nichts sage von welltlichen hendelln vnnd ge- *>
setzen der vberkeyt / Denn das ist eyn weyttleufftig ding vnnd flnd rechts
bücher alltzu viel da / Wie wol / wo nicht eyn fürst selbs klüger ist / den
seyne Jurist- / vnd nicht weytter verstehet / denn yn rechts büchern ligt /
der w irtt gewißlich regirn nach dem spruch Prouerb. .28. Eyn fürst dem
es an klügheyt feylet / der w irt viel mit vnrecht vnterdrucken. Denn •$
wie gütt vnd billich die rechte flnd / so haben ste doch allesampt eyn auß-
tzug / das fle wider die nott nicht treyben künden / Darumb muß eyn fürst
das recht ia so fast yn seyner Hand habe / als das schwerd / vnnd mitt
eygener vernunfft messen / wenn vnnd wo das recht der strenge nach zü
brauchen odder zü lindern sey. Also / das alltzeyt ober alles recht / regire 30
vnnd das oberst recht vnnd meyster alles rechten bleybe / die vernunfft.
Gleych wie eyn hauß vatter / ob er wol bestympte zeyt oft maß der erbeyt
vnnd speyße ober seyn geflnd vnnd kinder setzt / muß er dennoch solch
jntzunge ynn seyner macht behallten / das ers endern odder nach lassen
müge / wo flch eyn fall begebe / das seyn geflnde / kranck / gefangen / auff» 35
gehallten / betrogen odder sonst verhyndert würde / vnnd nicht mit der

5 weit 6 ergänze: w ir nun auch die frage beantworten (wie


ein fürst weltliche gewalt gebrauchen soll) 9 Lc. 22, 25 11 ver­
fahren 24 Pr. 28, 16 26 eine ausnahme, ein reservatum
28 fest
ihr Gehorsam schuldig sei. 152'^
387
strenge farm ober die krancken / wie vber die gesunden. Das sage ich
darumb / das man nicht meyne / Es sey gnüg vnd köstlich ding / wenn
man dem geschrieben recht odder Juristen redten folget / Es geh-rtt
mehr datzu.
5 Wie fei denn eyn fürst thun / wenn er nicht so klug ist / oft sich
regirn lassen muß / durch Juristen oft recht bücher. Antwort / Darumb
hab ich gesagt / das fürsten stand / eyn ferlich staubt ist / Vnnd wo er nicht
selbs so klüg ist / das er selbs beyde seyn recht vnd rethe regirt / da gehet
es nach dem spruch Salomonis. Wehe dem landt das eyn kind zum fürsten
*<> hat / Das erkandte auch Salomon / Darüb vertzagt er an allem recht /
das yhm auch Mose durch 1 Gott hatte furgeschrieben / oft an allen fone» 96 e
fürsten vnd Rethen / vnd «and sich zü Gott selber / vn batt yhn vmb
eyn weyßes Hertz / dz volck zu regirn. Dem Exempel nach muß eyn fürst
auch thun / mit forcht farm / vnd sich wider auff todte bücher / noch auff
»5 lebendige köpffe verlassenn / sondernn sich bloß an Gott hallten / yhm ynn
den oren ligen / vnnd bitten vmb rechten 1verstaubt / vber alle bücher *73 w
vnd meyster / seyn vnterthan weyßlich zü regirn. Darumb weyß ich keyn
recht eym fürsten für zuschreyben / sondernn will nur seyn Hertz vnter-
richten / wie das fei gesynnet vnd geschickt seyn / ynn allen rechten / rethen /
20 vrteylen vn Hendeln / das wo er sich also hellt / wirtt yhm Gott gewiß­
lich geben / das er alle recht / rethe vnd Hendel / wol vnnd göttlich auß
richten kan.
Auffs erst / muß er ansehen seyn vnterthan / vnd daselb seyn Hern
recht schicken / Das thut er aber denn / Wenn er alle seynen synn da hyn
2s richtet / das er den selben nützlich vnd dienstlich sey. Vnd nicht also dencke /
land vnd leutt sind meyn / ich wills machen wie myrs gesellet / sondernn
also. Ich byn des lands vnd der leutt / ich sols machen / wie es yhn. nutz
vnd güt ist. Nicht soll ich suchen / wie ich hoch fare vnd Hirsche / sondern
wie sie mit güttem frid beschützt vnd verteydiugt werden. Vnd soll Christum
3° ynn seyn äugen bilden oft also sage. Sihe Christus der oberst fürst / ist
komm vnd hatt myr gedienet / nicht gesucht / wie er gewallt / gütt vnd
ehre an myr hette / Sondern hatt nur meyn nott angesehen / oft alles dran
gewand / das ich gewallt / gütt vnd ehre an yhm vnnd durch yhn hette.
Alßo will ich auch thun / nicht an meynen vnterthanen das meyne suchen /
35 sondern das yhre / vnnd will yhn auch also dienen mit meynem ampt / sie
schützen / verhören vnd verteydingen / vnd alleyn dahyn regirn / das sie
güt vnd nutz dauon haben / vnd nicht ich. Das also eyn fürst ynn seynem
hertzen sich seyner gewallt vnd vberkeyt eussere / vnd nehme sich an der
nottursst seyner vnterthanen / vnd handele darynnen / als were es seyn

3 juristischen ratgebern 9 Prd. 10, 16 1 2 1 . K ö . 3, 12


23 daselbst (oder dasselbe?) sein herz recht rüsten 30 sich vor äugen
stellen 36 anhören 38 entäussere
388 Von weltlicher Obrigkeit, wie w eit man

97 b 1eygen notturfft/Den alßo hatt vns Christus thau / vnd das sind eygent.
lich Christlicher liebe werck.
So sprichst» denn / Wer wollt den fürst seyn? mit dem würd der
fürsten stand der elendist seyn auff erden / da viel mühe / erbeytt vnnd vn-
lust ynnen ist. Wo wollten« denn die fürstlichen ergetzung bley-en mit s
tanhe« / iagen / rennen / spielen vnnd was der gleychen welltlicher freuden
( nb? Anttwortt ich. W yr leren iht nicht / wie eyn wettlicher fürst
leben solle / Sondern« wie eyn welltlicher fürst eyn Christen seyn solle /
das er auch gen hymel kome / Wer weyß das nicht / das eyn fürst wilt-
prett ym hymel ist? Ich rede auch nicht darumb / das ich hoffe / wellt. *°
liche fürsten Werdens an nehmen / Sondern« ob yrgentt eyner were / der
auch gerne eyn Christen were / vnnd wissen wollt / wie er faren solle.
Denn ich bynu des wol gewiß / das Göttis wortt sich nit lencken noch
beugen w irt nach den fürsten / ßondernn die fürsten müssen sich nach yhm
lencken. M y r ist gnüg / wenn ich antzeyge / das nicht vnmüglich sey / *$
Gyn fürsten eyn Christen seyn / wie wol es selyam ist vnd schwerlich -ü
•74W 1gehet. Denn wo sie sich also dreyn schicken / das yhr tantzen vtt tagen vnd
rennen / den -nterthanen on schaden were / vnd sonst yhr ampt gegen sie
YM der liebe liessen gehen / wurde Gott nicht so hartt seyn / das er yhnen
tanh vnd iaget vnd rennen nicht sollt günnen. Aber es würde sich selb «>
«oll lernen / wenn sie yhrem ampt nach / yhr vntekhanen «artten vü be­
sorgen sollten / das gar mancher lieber tanh / iaget / rennen vnnd spielen
muste nach bleyben.
Auffs ander / Das er acht habe auff die grossen hanßen / auff seyne
Rethe / vMd hallte sich gegen sie also / das er keynen verachte / auch keynem -s
vertrawe / alles auff yhn zu verlassen / Denn Gott kan der beyder keyns
leydenn. E r hatt eyn mal durch eyn Esell geredt / darumb ist keyn mensch
Merachten / wie geringe er ist. Widderumb / hatt er lassen den höhisten
Engel vom hymel fallen / darumb ist auff keynen menschen zuuertrawen /
wie klüg / heylig vnnd groß er sey / Sondern« man soll eyn iglichen 3°
-an ht'renn / vnnd «artten / durch wüchen Gott reden vnnd wircken wolle.
Denn das ist der grtssist schade an Herrn Höffen / wo eyn fürst seynen synn
gefangen gibt den grossen hanßenn vnnd schmeychlern / vnnd seyn zusehen
lefft anstehen. Syntemal es nicht eynen menschen betrifft / wenn eyn fürst
feylet vnnd narret / ßondern landt vnnd leutt muß solchs narren tragenn. 35
Darumb soll eyn fürst alßo seynen gewalltigen vertrawen vnnd sie lassen
schaffen / das er dennoch den zäum ynn der saufst beftaUte / vnd nicht sicher
sey noch schlaffe / ßondernn zü sehe vnnd das landt (wie Josaphat thett)
bereytte / vnd allenthalben besehe / wie man regirt vnnd richtet / ßo w irtt

9 8 . oben I 420, z. 19 21 ihnen aufdrängen 27 N u . 22, 28


29 Jes. 14, 12 Lc. 10, 18 33 u. nicht selbst zusieht 38 2. Chr.
19, 5 tk.
ihr Gehorsam schuldig sei. 1523.
389

er selbs erfaren / wie man keynem menschen gany vertrawen soll / Denn
du darffist nicht dencken / das sich eyn ander deyn vnnd deyns lands ßo
Hartt annehme als du / er s y denn voll geystö vnnd eyn gntter Christ.
Eyn natur mensch thutts nicht. Weyl du den nicht weyssist / 06 er eyn
5 Christ sey / odder wie lange ers bleybt / ßo kanstu dich auch nicht auff yhn
sicher verlassen.
Vff hütt dich nur für de en am meysten / die da sagen. Ey G Herr /
vertrawet myr E G nicht mehr den so viel? Wer will E G dienen rc?
Den der ist gewißlich tut renn / vff will Herr ym land seyn / off dich zum
10 maulaffen mache. Den wo er eyn rechtschaffen Christe vff frum were /
würde ers gar gern habk / b, du yhm nichts vertrawest / vfi würd dich
drumb loben vfi liebe / b*; du yhm so genaw drauff sehist / den gleych1wie 275W
er gotlich handelt / also will vff kan er leyden / das U m thun für dyr vnd
yderman am tage ligt / wie Christus spricht Johan tes .8. Wer güttis
*5 thutt der kompt ans liecht / das seyne werck gesehen werden / denn sie
sind ynn Gott geschehen Ihener aber will dyr die äugen blenden vnd
ym finstern handelln / wie Christus daselbs auch sagt. Wer vbel thut /
der schewet dz liecht / das seyne werck nicht gestrafft werdenn. Dammb
hütt dich für yhm. Dü ob er drumb murret / so sprich / lieber ich thu
*° dyr keyn vnrecht / Gott will nicht / das ich myr selb noch eynigem menschen
verrrawe / Zume mit yhm selb 1drumb / das er solchs haben will / odder ^ E
dich nicht mehr denn eyn menschen geschaffen hatt / Wie wol wenn du
gleych eyn .enge! wertst / weyl doch Lucker nicht zuuertrawen gewesen ist/
wolt ich dir dennoch auch nicht so gar vertrawen. Denn Gott soll man
*5 trawen alleyn.
Dencke nur keyn fürst / das ers besser haben werde / den Dauid / der
aller fürsten exempel ist / der hatte eyn solchen weyßen radt / Ahtthophel
genant / das der text sagt. Es habe ßo viel sollten / was Ahithophel für
gab / alls wer Gott selbs gefragt hette. Noch fiel er dahyn / vnnd kam
3° so tieff / das er Dauid seynen eygen hem verrhaten / erwürgen vü ver-
tilgen wollt / Vnd Dauid dayumal wol lemen muste / wie anff honen
menschen -ü vertrawen ist. Warumb meynstu / das Gott solch grewlich
exempel habe lassen geschehen vnd schreyben? Denn nur die fürsten vnd
Herrn zü warnen / für dem aller ferlichsten vnglück das sie haben mügen /
35 nemlich / das sie niemant pertrawe sollen. Denn es gar eyn iemerlich ding
ist / wo an Herrn Höffen / schmeychler regim / oder der fürst sich anff andere
verlesst vnd gefangen gibt / lesst yderman mache / wie ers macht.
Sprichst» denn / Soll mann denn niemandt v rtra: en / wie w ill man
landt vnnd leutt regim? Anttwortt. Befelhen vnnd wagen solltu / ver-

3 eifrig 7 ei, gnädiger herr 10 s. oben s. 382, z. 38


14 Jo. 3, 21 17 Jo. 3, 20 28 2. Sa. 16, 23 30 2. Sa. 17, iff.
39 Ämter jemandem anbefehlen u. es mit ihm wagen
390 Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man

trauen vnnd dich braus? verlassen solltu nicht / cm alleyn auf? Gott. D u
mnst yhe die ampt yemants befelhen vnnd mitt yhm wagen / aber nicht
weytter oertraroen / denn als dem / der feylen müge / vnd du weytter -ü
sehen vnd nicht schlaffen müssest / W ie eyn furman / seynen toffen vnnd
wagen vettrawet / die er trepbt / aber er (eff? fle nicht von yhn selb* s
faren / sondern hellt -anm vnd geyffelln ynn der Hand vnd schleift nicht.
Vnd merck die allten sprichwottt / die on allen zweyffel die erfarung ge-
leret hatt vnnd gewiß sind. D es herm äuge macht das pferdt fett.
Item des Herrn fufftapffen tüngen den acker wol / das ist / wo der Herr selb
•76W nicht dreyn flhet vnd flch auff rethe vnnd 1 knecht verlefft / da gehet es i»
nymer recht. Das will auch G ott so haben / vnd lefft es geschehen / auff
xoo£ das d ie 1 Herrn gezwungen werden auß nott / yhrs ampts selbs zü wartten /
W ie eyn iglicher seyns beruffs vnd alle Creatur yhrs wercks pflegen muß /
sonst werden mast fern vnnd vnnütze leutt auß den Herrn / die niemant denn
yhn selbs nütze sind. *s
Auffs dritte / das er acht habe / wie er mit den vbelthetern recht
fare. Hie muß er gar klüg vnd weyße seyn / auff das er on der andern
verderben straffe / ©ft weyß hie keyn beffers exempel abermal den Dauid /
der hatte eyne heubtman mit namen Joab / der thett zween büße tück vnnd er­
würget verretthersch zween fromme heubtmenner / da mit er zwey mal den *>
todt redlich verdienet hatte / noch tüdtet er yhn nicht bey seynem (eben /
sondern befalh es seynem son Salomon / on zweyffel barumb / das ers nicht
kund on grüffern schaden vnd rumor thun. Also muß auch eyn fürst die
büßen straffen / das er nicht eyn leffel auffheb vnnd zü trett eyn schüssel /
vnd bringe vmb eyns scheddells willen land vft leutt ynn nott / vnd mache *s
das land voll witwen vnnd weyßen. Daromb muß er nicht folgen den
Rethen vnd eyßenfteffern / die yl-n Hetzen vnd reytzen krieg an zusahen /
vnd sagen. Ey sollten wyr solch roortt vnd vnrecht leydenn. E s ist gar
eyn schlechter Christ / der vmb eyns schlos Wille / das land yn die schantz
schlecht. Kurtzlich / hie muß man flc h halten des sprichwotts / W er nicht zo
kan durch die flnger sehen / der kan nicht regiren. Daromb sey das seyn
regel / Wo er vnrecht nitt straffen kan on grösser vnrecht / da laß er seyn
recht faren / es sey wie billich es wolle. Denn seynen schaden soll er nicht
achten / sondern der ander vnrecht / das fle ober seynem straffen leyde
müssen / Den was haben so viel weyber vft kinder verdienet / das fle witwe 35
oft weyßen werde / auff das du dich rechest / an eynem vnnützen maul odder
büßer Hand / die dyr leyde than hatt?
S o sprichstu denn / S oll denn eyn fürst nicht kriegen odder seyne
vntetthan ybm nicht folgen ynn den streytt? Anttwortt. D as ist eyn

7 vgl. W . A. i i , 2751 u. Flugschriften 4, 17314 19 namen fehlt A


20 2. Sa. 3, 27. 20, 10 22 1. Kö. 2, Zf. 24 vgl. oben s. 169,
z. 15 25 schädels 29 in gefahr bringt 30 vgl. W . A. 11, 276*
ihr Gehorsam schuldig sei. 1523.
391

weyttleufftige frage / Aber auffs kuryist. Christlich hyrynn zü faren /


sage ich / >dz keyn 1surft Widder sevnen vberherrn / als den König vnd 277w
Keyser oder sonst seynen lehen Herrn« kriegen soll / ßondernn lassen nehmen
wer da nympt. Denn der vberkeyt soll man nicht widderstehen mit ge-
$ wallt / sondern nur mit erkentnis der warheyt / keret ste sich dran / ist gnt /
wo nicht / so bistu entschuldiget vnnd leydest vnrecht vmb Göttis willen.
Is t aber der widderpart / deynes gleychen oder geringer denn du / oder
st'embder vberkeyt / so sollt« yhm auffs erst recht vnd frid anbieten / wie
Mose die kinder Israel leret. W ill er denn nicht / so gedenck deyn bestes
10 vnnd were dich mitt gewallt gege gewallt / wie Mose dz alles seyn be-
schreybt / Deutro: .20. Vnnd hyrynnen mustu nicht ansehen / das deyne /
vn wie du herre bleybst / sondern dein vnterthanen / den du schuh vnd
hilff schuldig bist / auff das solch werck ynn der liebe gehe. Denn weyl
deyn gantzeS land ynn der fahr steht / mustu wagen / ob dyr Gott helffen
r wollt / das es nicht alles verderbet werde / vtt ob du nitt weren kaust /
das ettlich wittwe vnnd weyßen drüber werden / so mustu doch weren / das
nicht alles zü poden gehe vnd eytel witwe vnnd weyßen werde.
Dn hyrynnen sind di, vnterthanen schuldig zu ft>lgen / leyb vnd gntt
tim zusetzen. Denn ynn solchem fall muß eyner vmb des andern willen /
30 ssyn güt vnd stchs selbs wagen. Dff ynn solchem krieg ist es Christlich
vn eyn werck der liebe / die feynde getrost würgen / rauben vst brennen /
vnd alles thun / was schedlich ist / biß man ste vberwinde / nach kriegs
leufftm / on das man sich für funden soll Hütten / weyber vnd iunckfrawen
nicht schenden. Dnd wenn man ste vberwunden hatt / denen die stch er-
geben vnd demütigen / gnad vü frid ertzeygen. Also das man yn solchem
fall / den spruch lasse gehen. Got hilfst dem sterckisten. Gleych wie
Abraham thett / da er die vier könige schlüg / Gene: .14. da er freylich
viel erwürget hat vnd nicht viel gnad erheygt / biß er ste vberwand. Den
solchen fall muß man achten als von Gott zugeschickt / da mit er eyn mal
3° das land fege / vnd böß buben außtreybe.
Wie? Wenn den eyn fürst vnrecht hette / ist yhm seyn volck auch
schuldig zü folgen? Anttwortt. Neyn / 1Denn wider recht gepürt niemant 10a e
zü thun / Sondern man muß Gotte (der das recht haben will) mehr ge­
horchen / denn den menschen. Wie? Wenn die vnterthanen nicht wüsten /
35 ob er recht hette odder nicht? Anttwortt. Weyl ste nicht wissen noch
erfaren künde durch möglichen vleyß / so mügen ste folgen on fahr der
seelen. Denn ynn >solchem fall muß man das gesetzt Mose brauchen 27»^
Exo: .21. da er schreybt / wie eyn mörder / der mit vnwiffen vnnd vngerne
yemand tidtet / soll durch flucht ynn eyne freye (labt / vnd durchs gericht

i verfahren 2 vgl. Köstlin-Kawerau 2, 182 ff. 248 ff. 11 D t 20,


10 ff. 26 kerckisten A b 27 Gen. 14, 15 33 Apg. 5, 29 35 so­
lange als 38 Ex. 21, 13 39 freisten
Von weltlicher Obrigkeit, w ie w eit man
392

loß gesprochen werden. Denn wilchs teyl hie geschlagen wirkt / es habe
recht odder vnrecht / muß es für eyn straff von Got auffnehmen / wilchs
aber schlecht vnd gewönnet / ynn solchem vnwiffen / muß seyn schlacht
hallten / als fiel yemand vom dach vtt schlüge eyn andern todt / vnnd Gott
die sach heym stellen / Denn es gillt bey Gott gleych viel / ob er dich s
dmch eynen rechten oder vnrechten herm vmb deyn gürt vnnd leyb
bringet / D u bist seyn Creatur / vnnd er mags mit dyr machen / wie er w ill /
wen nur deyn gewissen vnschuldig ist. Also entschuldigt Gott auch selb
ksnig Abimelech Gene: .20. da er Abraham seyn weyb nam / nicht das
er recht dran hette than / ßondernn das er nicht gewust hatte das Abra- 10
hamS weyb war.
Auffs vierde / das wol das erst seyn soll / Davon wyr auch droben
geredt haben / soll sich ein fürst gegen seynem Gott auch Christlich halten /
das ist / das er sich yhm vnterwerff mit ganhem vertrawen vnd bitte vmb
weyßheyt wol zü regirn / wie Salomon thett. Aber vom glawben vü 13
verttawe yn Gott / hab ich sonst so viel geschriebn / das hie nicht von
nitte ist / weytter zü eryelen. Darumb wollen w ir- hie lassen bleybe / vn
mit der summa beschließen. Das eyn fürst sich ynn vier ortt teylen soll /
Auffs erst / zü Gott mitt rechtem vertrawen vnnd herzlichem gepett.
Auffs ander zü seynen vnterthanen mit liebe vnd Christlichem dienst. Auffs 30
dritte gegen seyne Rethe vn gewaltigen mit freyer vemunfft vnd vnge-
103 e fangenem verstaubt. Auffs vierde ge'ge die vbelthetter mit bescheydenem
ernst vnd strenge. So gehet seyn stand außwendig vn ynnwendig recht /
der Gott vnd den leutten gefallen wirkt. Aber er muß stch viel neyds
vnnd leyds drüber erwegen / Das Creutz w ittt solchem fumehmen gar bald r
auff dem hals liegen.
Am ende auff eyn zugäbe / muß ich hie auch anttwortten / denen /
die von der restitution disputirn / das ist / von widergeben vnrechts guts /
Den solchs eyn gemeyn «erck ist welltlichs schwerds / vnd viel davon ge.
schrieben / vnd manch willde scherffe hyrynnen gesucht wirtt. Aber ich 30
wills alles ynn die kürtze fassen / vnd alle solch gesey vnd scherffe ßo dauon
gemacht sind / auff eynen Haussen verschlingen / alßo. Keyn gewisser
gesetz kan man hyrynnen finden / denn der liebe gesetz. Auffs erst. Wenn
für dich kompt eyn solcher Handel / da eyner dem andern soll widder geben /
*79w sind sie beyde Christen / so ist die sach bald 1gescheyden / Den kevnrr w r r t35
dem andern das seyne fürhalten / so Wirts auch keyner Widder foddern.
Is t aber eyner Christen / nemlich / dem Widder geben werden soll / so ists
aber leycht zü scheyden / Den er fragt nicht darnach / obs yhm nymmer
Widder werde. Des selben gleychen / ist der Christen / der wivdec geben

3 schlflgt 9 Gen. 20, 6 15 1. K ö . 3, 9 21 feyner A *


25 auf viel neid gefasst machen 29 m it solchen dingen hat das w. schw.
allgemein zu tun 30 übertriebene strenge 32 venschlingen A * auf ein­
m al wegschaffen 33 hyryNNer einige exemplare von A s 36 vorenthalten
ihr Gehorsam schuldig sei. 1523.
393
soll / ßo wirkt ers auch thun. Es sey aber eyner Christen odder nicht
Christen / so solltu also vrteylen das Widder geben. Ist der schuldiger
arm / vnd vennags nicht Widder zü geben / vnd der ander nicht arm / so
solltu hie frey gehen lassen der liebe recht / vnd den schuldiger loß sprechen /
5 Den der ander ist auch nach der liebe recht schuldig / yhm solchS nach zü

lassen / vnd noch zü geben / so es nott ist. Is t aber der schuldiger nit
arm / so laß yhn Widder geben / so viel er mag / es sey gantz / die helfft /
dritte oder vierde teyl / das du yhm dennoch lassest zymlich / hauß / futter /
vnnd decke für sich / seyn weyb / vnd kind. Denn solchs weristu yhm
10 schuldig / wenn du es vermöchtist / viel weniger solltu es nu nehmen /
weyl du seyn nicht darffst / vnd er nicht emperen kan.
Synd sie aber beyde vnchristen / odder der eyne nicht will nach 1 der *0 4 e
liebe recht richten lassen / die magstu lassen eyn ander richter suchen vnnd
yhm ansagenn / das sie Widder Gott vnnd natürlich recht thun / ob sie
*5 gleych bey menschen recht die strenge scherffe erlangen. Den die natur
lerer / wie die liebe thut / das ich thun soll / was ich myr wollt gethan
haben. Darumb kan ich niemant alßo entploffen / wie gütt recht ich ymer
habe / ßo ich selb nicht gern wollt also entploffet seyn / Sondernn wie
ich wollt / dz eyn ander sein recht an myr nach liesse yn solchem fall /
80 also soll ich mich meyns rechts auch verheyhen. Also soll man handelln
mit allem vnrechtem gütt / es sey heymlich odder öffentlich / das ymer die
liebe vnnd natürlich recht oben schwebe. Denn wo du der liebe noch
vrteylest / wirstu gar leycht alle fachen scheyden vnd entrichten on alle
recht bücher / Wo du aber der liebe vnnd natur recht auß den äugen
*5 thust / wirstu es nymmer mehr so treffen das es Gotte gefalle / wen du
auch alle recht bücher oft Juristen gefressen hettist / Sondern sie werde dich
nur yrrer machen / yhe mehr du yhn nach denckest. Eyn recht gut vrteyl
das muß vnd kan nicht auß büchern gesprochen werden / sondern ausß
freyem syn daher / als were keyn büch. Aber solch frey vrteyl gibt die
3° liebe oft natürlich recht / des alle vernunfft voll ist. Auß den büchern
komen gespannen oft wanckende vtteyl / des will ich dyr eyn exempel sagen.
Man sagt von Hertzog Carol von Burgund eyn solch geschicht / das
eyn Edell man seynen feynd fieng / da kam die fraw des gefangenen yhren

6 noch dazu 8 genug nahrung 9 kleidung 11 bedarfst


14 ihm d. h. dem unchristlichen gläubiger 16 M t. 7, 12 17 aus­
plündern 20 auf mein recht verzichten 22 den vorrang habe
23 schlichten 26 in dich aufgenommen 31 rü ksicht :ose 3 vgl.
auch W . A . io 6
*8, 384, z. 22 ff. u. C R . X X 531, no. X L I I . L . und
Melanchthon gehen entweder zurück auf ein meisterlied von Hans Fo lz
fAusg. von A . L . M ayer, Berlin 1908, s. 267), von dem allerdings kein
druck nachzuweisen ist, oder auf ein jüngeres meisterlied n Ma rners
güldenem ton, das Joh. Bolte nach einem einblattdruck von c. 1520
bis c. 1530 veröffentlicht hat (A cht Lieder aus der Reformationszeit,
Berlin 1910, no. 5;.
Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man etc.
394
280W man 1zü l-ßen. Aber der Edell man verhieß yhr den man zü geben / ßo
fm t fit bey yhm schlaffen wolt / Das weyb war frum / hett doch yhren
man gern erl-ßet / gehet hyn vnd fragt yhren man / ob fie es thun solle /
das fie yhn erl-ßet / Der man wert gern loß geweßen / vnd wollt seyn
leben behaltten / vnd erleubt der frawen. Da nu der Edellman die fraw 5
beschlaffen hatte / ließ er des andern tags yhrem man btn kopff abschlahen
10s e vnnd gab yhn der frawen todt. Das klagt1fie alles dem Hertzogen Carlo /
der foddert den Edell man vnd qtpott yhm / das er die frawen mufft zur
ehe nehmen / Da nu der braut tag au- war / ließ er dem man den kopff
abschlahen vnd saht die fraw ynn seyn gntt / vnd macht fie «idder zü *0
ehren / vnd ffrafft also die vntugent recht fürstlich.
Sihe / eyn solch vrteyl hette yhm keyn Bapst / keyn Jurist noch keyn
büch gebe müge / Sondern es ist au- freyer vernunfst ober aller bücher
recht gespnmgeu / so seyn / das es yderman billichen muß / vü bey fich selb
findet ym heryen geschrieben / das also recht sey. Des gleyche schreybt »5
auch S. Augustin ynn sen do: in monte. Darumb
sollt man geschriebene recht vnter der vernunfst
hallten / darauß fie doch gequollen find / als
auß dem rechts brunnr / vfi nit den brun
an seyne sioßlin bynden / vnd die »
vemunfst mitt buckstaben
gefangen füren.
2 rechtschaffen 16 D e sermone domini in monte secundum
Matthaeum 1, 16, 50 (M SL. 34, 1254) 20 bächlein
Dass eine christliche Versammlung oder Gemeine etc. 395

Dass eine christliche Versammlung oder Ge­


meine Recht oder Macht habe, alle Lehre zu
urteilen und Lehrer zu berufen, ein- und ab­
zusetzen, Grund und Ursach aus der Schrift.
1523.
In der Kirchgemeinde der kleinen kursächsischen Stadt Leisnig an
der Freiberger Mulde war adel, Bürger- und Bauernschaft frühzeitig von
der evangelischen Bewegung erfasst worden. Ein gemeiner kästen zur
Versorgung der geistlichen und armen war gegründet, ein teil des
alten gottesdienstes abgestellt, und endlich nach gehabtem treuem rat
göttlicher schriftgelehrten — Luther war auf wiederholtes bitten der Ge­
meinde am 25. September 1522W A Br. 2, 604,14 f.) nach Leisnig gereist,
um an den Beratungen über diese neuerungen teilzunehmen — ein
evangelischer pfarrer (Heinrich Kind) und ein evangelischer prediger
(Mag. Joh. Grüner) gewählt und eingesetzt worden, — obgleich das
patronatsrecht über die pfarrkirche seit alters dem nahen Cistercienser-
kloster Buch zustand; man berief sich aber demgegenüber auf das viel ältere,
alle irdische und menschliche gewalt, Vernunft und gesetz aus dem felde
schlagende, von Christo stammende recht, „dass eine ganze gemeine eine,
zwei oder drei personen ans ihrem gemeinen hausen durch die gnade Gottes
und nach Ordnung göttlicher sehnst zu berufen, erwählen, zu setzen und
zu entsetzen habe" (W. A. 12, 4). Mit einem Beglaubigungsschreiben vom
25. jan. i523(W A B r3,21 ff.) wurde nun Sebastian von Kötteritzsch (vgl.
über ihn Nik. Müller, Die Kirchen- und Schulvisitationen im Kreise Belzig
1530 und 1534, Berlin 1904, s. 15s.) und Franz Salbach nach Witten-
beig zu Luther geschickt, damit dieser die kastenordnung und die übrigen
neuerungen billigte. Luther erklärte sich unterm 29. jan. (V? A Brz,23 f.)
mit der kastenordnung ganz einverstanden, und versprach auch die beiden
andern bitten der Leisniger erfüllen zu wollen, „das pfarramt zu be­
festigen mit schrift" (d. h. das recht einer gemeine, sich selbst seinen
pfarrer und prediger zu wählen, aus der heiligen sehnst zu erweisen)
und „ordenung zu stellen, zu singen und beten und lesen". Die ersten
bitten erfüllte Luther mit der unten nach dem Wittenberger original­
druck W . A. 11, 402 A folgenden schrift, von der ein Zwickauer Flach­
druck am 18. mai die presse verliess, die andere mit der schrift „Von
Ordnung Gottesdiensts in der Gemeine", von der der entsprechende Zwickauer
nachdruck am 19. mai fertig war. Darauf veröffentlichte er auch mit
einer vorrede ( W A i 2,11 ff. ) die wohl von Kind und Grüner verfasste
kastenordnung, vgl.den Abdruck unten 8. 404 ff.

D aS kyn Christliche versamlung obber gemeyne recht vnb w” ’.*41


macht habe / alle lere tzu vrteylen / vnb lerer tzu beruffen 4°®™
eyn vnb abtzusetze / Grünt» vnb vrsach aus ber schlifft.
M a rtin a s Lutther.
erst ist »ö notthen / das man wisse / wo eit « er btt Christliche
^'gem eyne sey / auff das nicht (mit alle'heytk die »achristen gewonet) .4, u
en t« Christlich« gemeyne name / mischen menschlich Handel surnemen. Da
Dass eine christliche Versammlung oder Gemeine

bey aber soll man die Christlich gemeyne gewißlich erkennen / wo das
lautter Euangelion gepredigt wirk. Denn gleych wie man an dem heer­
panier erkennet / als bey eym gewisßen tzeychen / was für eyn Herr / vnd
Heer hu felde ligt / alßo erkenet man auch gewiß / an dem Euägelio / wo
Christus vnd seyn Heere ligt / drS habe wyr gewisse verheysßung gottis 5
Jsaia. SS. Meyn wort (spricht G ott) das aus meynem müd gehet / soll
nicht leer Widder tzu myr komen / sondern / wie der regen vom hymel auff
erden fellt / vn macht sie fruchtbar / also soll meyn wort auch alles aus­
richten / datzu ichs auß sende. Da her sind wyr sicher / das vnmuglich
ist / das nicht Christen seyn sollten / da das Euangelion gehet / wie wenig 10
yhr ymer sey / vnd wie sundlich vn geprechlich sie auch seyn / gleich wie
es vnmuglich ist / das da Christe vnd nicht eyttel Heyden seyn sollten / da
das Euangelion nicht gehet / vnd mensche lere regirn / wie viel yhr auch
ymer sey / vnd wie heylig / vnd seyn sie ymer wandeln.
1 Daraus folget vnwiddersprechlich / das die Bischofs / stifft / kloster /15
vn was des volcks ist / lengist keyn Christen noch Christlich gemeyne ge-
weßen sind / wye wol sie solchen name alleyne für allen auffgeworffen
haben / Denn wer das Euangelion erkknet / der sthet / höret vnd greyfft /
wie sie noch heuttigs tags auff yhrk menschen leren stehen / vnd das
Euangelion gar von sich vertrieben haben / vnd auch noch vertreybe. Dar- *>
umb was solch volck thut vnd furgibt / mns man achten / als heydenisch
vnd welltlich ding.
1 i Auffs ander / ynn solchem Handel / nemlich / lere tzu vrteylen /
lerer odder seelsorger / eyn vnd ab zu setze mus man sich gar nichts kerr
an mensche gesetz / recht / alltherkomen / brauch / gewonheyt rc. Gott gebe -5
409W es sey vö Bapst' odder Keyser von Fürsten odder Bischoff gesetzt / es habe
die halb odder gantze wellt alßo gehallten / es hab eyn odder tausent iar
143 e geweret / Denn die seele des mensche ist eyn ewig 1ding / ober alles was
zeyttlich ist. Darumb mus sie nur m it ewigem wort geregirt vnd gefasst
seyn. Den es gar schimpflich ist / m it menschen recht / vnd langer gewon- 30
heytt / / die gewissen für got regirn. Darumb mus man hyrynne handeln
nach der schrifft vnd Gottis wort. Denn Gottis wort vnd menschen lere /
wenn es die seele regirn w ill / ßo kans nymmer feylen / sie streytten
widdernander / das wollen wyr beweyßen klerlich ynn dißem gegenwertigen
Handel / nemlich also. 35
T Menschen wortt vnd lere haben gesetzt vsi verordnet / man solle
die lere zu vrteylen nur den Bischoffen / vnd gelerten / vnd den Concilien
lassen. Was dye selben beschlossen / solle alle wellt fttr recht / vnd artickel
des glaubens hallte / wie des gnugsam yhr teglich rhume vber des Bapsts
geystlich rechtbew yßet. Des man fast nichts von yhn höret/den solchen 4®

5 zu diesem bilde vgl. Flugschriften i, 97 6 Jos. 55, 10 f.


10 im gang, in Übung ist 25 recht A 29 ausgerüstet
Recht oder Macht habe, alle Lehre zu urteilen etc. 1523.
397
rhum / das bey nhn die gewallt vnd recht stehe / yu vtteylen / was Christ-
Uch odder Ketzerisch sey. Vnd der gemeyn Christe man solle auff yhr vtteyl
warte / vtt sich desselben hallten. Sihe dißer rhum / da mit sie alle wellt
eyn getrieben haben / vnd yhr höchster hord vnd rroy ist / wie vnuerschempt
5 vnd nerrisch er stunnet Widder gottis gesey vnd wortt.
% Den Christus setzt gleich das widderspiel / immpt den Bischoffen /
gelerten / vnd Concilien bevde recht vnd macht tzu vrtevlen die lere / vnd
gibt sie ydennan / vnd allen Christen ynn gemeyn. Da er spricht Iohan.
x. Meyne schaff kennen meyne stvm. Jte meyne schaff folgen den frembden
10 nicht / sondern fliehen von yhn. denn sie kennen nicht der frembden stym.
1s Jte Wie viel yhr komen sind / das sind diebe vnd morder. Aber
die schaff horeten sie nicht.
H Hie sihestu yhe klar / wes das recht ist tzu vrteylen die lere /
Bischoff / / Babst gelerte vfl yderma bat macht zu lere / aber die schaff
'5 solle vrteyle / ob sie Christus stym lere odd' der frembde stym / Lieber was
muge hie widder sage dir nasser blassen / die do jchane / Cöcilia Concilia.
Ey 1man mus die gelerten die Bischoffe / die menge Horen / man mus den 144 E
«Uten brauch vnd gewonheyt ansehen? Meynstu / das myr gottis wortt
sollt deynem allten brauch / gewoheyt / Bischoffen weyche? Nymer mehr.
20 Darumb lassen wyr / Bischoff vnd Cocilia schlieffeu / vnd seyen / was sie
wolle / aber wo wyr gottis wort für uns haben / solls bey vns stehen /
vnd nicht bey yhn / obs 1recht odder vnrecht sey / vnd sie sollen vns 4*0 w
weychen / vnd vnßerin wort gehorchen.
V Hie sihestu meyn ich yhe klar gnug / was denen tzu verttawen
85 sey / die mit menschen wortt vber die freien handeln. Wer sihet hie nu
nicht / das alle Bischoff stisst / klüster / hohen schulen mit alle yhrem corper /
widder dis helle wort Christi toben / das sie das vrteyl der lere den schafen
vnuerschempt nemen / vnd ohn selb yu eyge / durch eygen satz vnd freuel.
Darumb sie auch gewiß für morder vnd diebe / wolff / vnd abtrünnige
3° Christe yu hallten sind / als die öffentlich hie vberwüden sind / das sie
gottis wort / nicht alleyn verleucken / sondern auch da widder setzen vnd
hadelln / wir üchs denn gepurt hat dem Widderchrist / vnd seynem reych tzu
thun lautts der Prophecey. S. Paul. 2. Thessal. 2.
1 Aber mal spricht Christus Matth, vij. Huttet euch für den falschen
35 Propheten / die ynn schaffs kleydenr zu euch komen / ynnwedig aber sind
sie reyssende woiffe Sihe / hie gibt Christus nicht den Propheten vfl lerern
das vrteyl / sondern den schulenr odder schafen. Denn wie kund man sich
für den falschen Propheten hy Hutten / wenn man yhr lere nicht sollt ynn

3 daran 4 in die enge getrieben 6 behauptet das gegenteil


9 Jo. 10, 27. 5 i i Jo. 10, 8 16 vgl. oben s. 362, z. 30 anspruchs­
voll u. anmassend reden 18 myrl dat. des Interesses 19 gewöhey A
20 beschliessen u. behaupten 26 m it allen ihr zugehörigen personen
30 überführt 33 2. T h . 2, 3 f. 34 M t. 7, 15
Zy6 Dass eine christliche Versammlung oder Gemeine

bebend neme / richten / vnd vrteyle? ßo kan yhe keyn falscher Prophet
seyn / vnter den zu Hörern sonder allein vnter den lerem D arum b sollen
vnd muffen alle lerer dem vrteyl der HU Hörer vnterworffen seyn mit
yhrer lere.
% Ite m der dritte sprach ist. S . Pauli. 1 Theff. 5. Pruffet alles / s
was flutt ist das behaltet. S ih e hie will er keyne lere noch satz gehalten
haben / es werde denn von der gemeyne / die es horett geprustet / vnd für
ms e gutt erkandt / Denn dis prusten geh et1 vhe nicht die lerer an / sondern die
lerer muffen tzuuor sagen / das man prusten sollt. Also ist auch hie das
vrteyl den lerem genome vfl den schulern gegebe vnter den Christe / dz es *<>
vnter den Christe gantz vfl gar eyn and' ding ist / den mit der wett I n d'
wellt gepiete die Herrn w as fle woln / vn die vnterthane nemes anst /
Aber vnter euch (spricht Christus) solls nicht also seyn. ©obern vnter den
Christe ist eyn iglicher des andern richter / vfl widderüb auch dem andern
vnterworffen. Wie wol die geystlichen tyrannen ein wetttlich vberkeyt aus *s
d' Christeheit gemacht hab^.
f D er vierde spruch ist abermal Christi M a tt. 24. S eh et tzu das
euch niemant verftire / denn es werden viel Bornen vnter meyne namen
vnd sagen / Ich byn Christus / vnd werden viel verfuren. S ü m a / W as
4 » w ists nott m e h r' spruche her tzufüren? Alle Warnung die. S . P aulu s t h u t 20
R o. 16. l . Corin. 10. G al. 3. 4 . 5. Coloff. 2. vn allenthalben. Item
aller Propheten spruch / da sie leren / menschen lere hu meyden. D ie thun
nichts anders denn das fle das recht vnd macht alle lere hu vrteylen von
den lernn nemen / vnd m it ernstlichem gepott bey der feelen Verlust den
zuhorern aufflegen / also das sye nicht alleyn macht vnd recht haben / alles 23
w as gepredigt Wirt hu vrteylen / sondern flnds schuldig hu vtteylen / bey
göttlicher maiestet vngnaden / das wyr daran sehen / wie die tyrannen so
vnchristlich m it vns gefare haben / da fle vns solch recht vnd gepott ge-
nomen haben / vnd yhn selb tzu geeyget / D am it alleyne fle reychlich ver­
dienet haben / das man fle aus der Christrheyt vertteybe / vst vertage als 30
die wolff / diebe vnd morder die widd' gottis wort vü wille ober vns
Hirsche vn lerr.
Alßo schließe wyr nu / das wo eyn Christliche gemeyne ist / die
das Euägelion hatt / nicht alleyne recht vnd macht hatt / sondern schuldig
ist bey der feelen selickeyt yhre Pflicht nach / die sie Christo ynn der Muffe 3$
146 e gethan hatt / zu meyden / tzu fliehe / abhusehen / sich zu 1 enhihen von der
vberkeyt / so die ihigen Bischofs / E pt Kloster / stifft vnd yhr gleychen
tteyben / weyl man öffentlich flhet / das fle Widder gott vnd seyn wortt
leren vnd regiren. D as also diß für das erst gewiß vnd starck genug
gegrund sey / vnd man flch dräust verlassen soll / das göttlich recht sey / *°
5 1. Th. 5, 21 13 Christus A M t 20, 26 17 Mt. 24, 4 f.
21 Rö. 16, 13. 18 i. Ko. io, 14 Ga. 3, 4 Kol. 2, 8 28 gehandelt
33 folgern
vnd der seelen selickeyt nott / solche Bisch off / Ept / Kloster / vnd was de»
regiments ist / abtzuthun odder tzu meyden.
% Czum andern / Weyl aber Christlich gemeyne / on gottis wortt
nicht seyn soll / noch kan / folget aus vorige starck gnug / das sie dennoch
5 ia lerer vn Prediger habe muffen / die das wortt lreybe. Vtt wevl ynn
dißer verdampter letzten tzeyt / Bischoff vnd das falsch geystlich regiment
solche lerer nicht sind / noch seyn wollen / datzu auch nicht geben noch
leyden wollen. Vnd gott nicht tzuuersuchen ist / das er vom hymel new
Prediger sende / muffen wyr vns nach der schrifft halten / vn vnter vns
10 selb beruffen / vnd setzen / die ienige / so man geschickt datzu findet / vnd dte
gott mit verstand erleucht vnd mit gaben datzu geyiert hatt.
A Denn das kan niemant leucken / das eyn igltcher Christen gottis
wort hatt / vnd von gott gelert / vnd qesalbet ist tznm Priester. M e
Christus spricht Johan. 6. Sie werden alle vo gott geleret seyn. Vnd
-s Psalm. 44. Gott hatt dich gesalbet mit freuden ole für allen deynen mit­
genossen. Dyße mitgenoffen 1sind die Christen / Christus bruder die mit 4» w
yhm zu Priester geweyhet sind. Wie auch Petrus sagt. 1. Pet. 2. yhr seyt
das königlich priesterthum / das yhr verkündigen sollt die tilget / des / der
euch beruffen hatt zu seynem wunderbarn liecht.
2° f Ists aber also / das sie gottiswort haben / vnd vö yhm gesalbet
sind / so sind sie auch schuldig dz selb zu bekennen / leren vnd ausbreytte /
wie Paulus sagt. 1. Cori. 4. Wyr haben auch den selben geyst des
glaubens / darumb rede wyr auch / wie der Prophet sagt Psalm. 115.
Ich bin gleubig worde / darüb rede ich. Vn Psalm. 50. sagt er von allen
»5 Christen / Ich will die gottloße deyne Wege lere / vfi das sich die sunder
zu dir bekere. Alßo das hie abermal gewiß ist / das eyn Christen nicht
alleyne1recht vnd macht hatt / das gottis wort tzu leren / sondern ist das m ? k
selbige schuldig tzuthun bey seyner seelen Verlust vnd gottis vngnaden.
1s So sprichst» / Ia wie? wenn er nicht dazu beruffen ist / so thar
30 er ia nicht predigen / wie du selbs offt gelert hast? Anttwort. Hie solltu
den Christen yn zweyerley ortt stellen. Auffs erst. Wenn er ist an dem
ort / da keyn Christen sind / da darff er keyns anders beruffs / denn das
er eyn Christen ist ynnwendig von gott beruffen vn gesalbet / do ist er
schuldig den yrreude Heyden odder vnchristen tzu predigen vnd tzu leren das
35 Euangelion / aus Pflicht brüderlicher liebe / ob yhn schon keyn mensch datzu
berufst. Also thet. S . Stephä. Act. 6. 7. dem doch keyn ampt von den
Aposteln zu predigen befolhen war / vnd predigt doch vnd thet grosse -eychk
ym volck. Item eben also thet auch Philippus der Diacö Stephans ge­
selle Act. 8. dem auch das predig ampt nicht befolhe war. Item so thet

14 Jo. 6, 45 15 Ps. 45, 8 17 1. Pt. 2, 9 22 2. Ko. 4, 13


23 Ps. 116, to 24 Ps. 51, 15 29 darf 32 braucht 36 Apg. 6,
8. 10. 7. 2 ff. 38 Apg. 8, 5
400 Dass eine christliche Versammlung oder Gemeine

Apollo Act. 18. Denn ynn solchem fall sihet eyn Christe aus brüderlicher
liebe die nott der armen verdorben seelen an / oft wartet nicht ob yhm
befelh odder brieffe von Fürsten odder Bischoff geben werde / Den nott
bricht alle geseh vnd hatt keyn geseye / So ist die liebe schuldig hu helffen /
wo sonst niemant ist der hilfft odd' helffen solt. 5
Auffs ander / Wenn er aber ist / da Christen an dem ortt sind /
die mit yhm gleyche macht vn recht haben / da soll er sich selb nicht erfur
thun / sondern sich beruffen vnd erfurhihen lassen / das er an stad vnd
befelh der andern predige vnd lere / ia eyn Christen hatt so viel macht /
das er auch mitten vnter den Christen vnbernffen durch menschen / mag 10
4*jw vnd soll aufftretten 1vnd leren / wo er sthet das der lerer da selbs feylet /
ßo doch das es sittig vnd yuchtig hu gehe. Das hat. S. Paulus klerlich
beschrieben, l. Corin. 14. da er spricht. W irt dem der do stht ettwas
offinbart / so soll der erst schweygen / Sihe da / was hie. S. Paulus thut.
148e Er heyst den schweygen vnd abtretten' mitten vnter den Christen der do 15
leret / vnd den aufftrette der do zu höret auch vnberuffen / das alles
darumb / das nott keyn gepott hatt.
% So denn nu hie. S. Paulus / wens nott ist / mitten vnter den
Christen eyn igliche heysst auch vnberuffen aufftretten / vnd berufst yhn
durch solch gottis wortt / vnd heysst den andern abtretten / vnd sehet yhn 20
ynn trafst diser wort abe. Wie viel mehr ists den recht / das eyn ganhe
gemeyne eynen berufst hu solchem ampt / wens nott ist / wie es denn all-
heyt vnd sonderlich iht ist. Denn auch am selben ortt. S. Paulus eyn
iglichen Christen macht gibet zu leren vnter den Christe / wens nott ist
vnd spricht / »)hr kund woll alle nach eynander weyffagen / das sie alle --
Urnen / vn alle ermaner werde. Item yhr sollt euch vleyssigen zu weys­
sagen / vnd weret nicht mit Hungen reden / doch last es alles ordenlich
vnd erbarlich hu gehen.
1 Dißen spruch las dir nicht eyn vngewissen gründ seyn / der so
vverflüssig macht gibt / der Christliche gemeynen / das sie mag predigen / 30
predigen lasszen / vnd beruffen. Sonderlich wo es nott ist / berufst er selbs
ein iglichen ynn sunderheyt on menschen beruffen / da mit wyr des keynen
zweyffel haben sollen / das die gemeyne die das Euangelion hatt / muge
oft solle vnter sich selbs motten / vnd beruffen / der an yhrer stad das
wort lere. 35
Sprichst» ab'>r / hatt doch. S. Paulus Timotheo vnd Tito be-
folhen / sie sollten priester evnsehen / So lesen wyr auch Att. 14. das
Paulus vnd Barnabas vnter den gemeynen priester vervrdenten. Darumb
kan nicht die gemeyne yemand beruffen / roch yemand sich selb erfur thun
zu predigen vnter den Christe. Sondern man mus der Btfchoff / Epte 4®
i Apg. 18, 25 f. 28 I I irrt 13 1. Ko. 14, 30 17 vgl.
W A io-, 507 25 1. Ko. 14, 31 26 l. Ko. 14, 39s. 37 Apg. 14, 2$
39 yemand (2.)] yewand A
Recht oder Macht habe, alle Lehre zu urteilen etc. 1523. ^qi

obbcr anberen preisten vrlaub vnb befelh haben / bis an ber Apostel stat
sitzen Anttwortt / Wenn vnßere Bischoffe vnb Epte rc. an ber Apostel statt
festen / wie sie sich rhumen / were bas wol eyn meynung / bas man (!e
ließe thun / bas Titus / Timotheus / Paulus vnb Barnabas thetten / mit
5 Priester eynsetzen rc. N u sie aber an bes teuffels stat sitzen vnb wolffe
flnb / btt bas Euangelion nicht leren noch leyben wollen / so gehet1sie bas 149 e
prebig ampt vnb seel sorgen vnter ben Christen tzu beschicken ebenßo viel
an / als ben turcken vnb btt Iuben / Esell sollte sie treyben vnb hunb
leytten.
10 11l Vber bas / wen sie ttu gleych rechtschaffene Bischoffe weren / bie 414W
bas Euangelion haben wollten / vnb rechtschaffene prebiger setzen wollten.
Dennoch kunben vnb solle sie baffelb nicht thun / on ber gemeyne willen /
erwelen vnb beruffen / ausgenomen / wo es die nott ertzwunge / bas bie
seelen nicht verborbe / aus Mangel gottlichs Worts / btmt ynn solcher nott /
15 hastu gehört / bas nicht alleyne mag eyn iglicher eynen prebiger verschaffen /
es sey burch bitten obbtr welltlicher vberkeyt gewalt / sonbern soll auch
selb zu lausten / auff tretten vnb leren / so ers kan / bttttt nott ist nott /
vü hatt keyn maß / gleych bie yberman tzu lausten vnb tteyben soll / wens
brennet ynn ber stabt / vnb nicht harre / bis man yhn brumb bitte,
w 1s Sonst wo nicht solch nott ba ist / vnb für hanben sinb / bie recht
vnb macht vnb gnab habr zu leren / soll keyn Bischoff yemanb eynsetzen
on ber gemeyn / wal / will vnb beruffen / sonbern soll ben erweleten vnb
beruffen von ber gemeyne bestettigen / thut ers nicht / bas ber selb bennoch
bestettiget sey burch ber gemeyne beruffen. Denn ss hatt wibber Titus
*5 noch Timotheus noch Paulus yhe eynen Priester eyngesetzt / on ber ge­
meyne erwele vn ieruffen / bas beweyffet sich klerlich baraus / bas er
T ito . 1. v n b .l. Timo. 3 . spricht. Eyn Bischoff obbtr Priester solle vn-
tabbelich seyn. Jte bie Diacon soll man tzu erst pruffen. Nu wirt yhe
Titus nicht gewist haben / wilche vntabbelich gewesen flnb Sonbem solch
30 gerucht mus aus ber gemeyne komen / bie mus eyn solchen an geben.
1s Item lesen wyr boch Att. 4 . bas ynn gar viel eym geringern
ampt auch bie Aposteln selbs nicht thursten Personen zn Diacon eynsetzen /
on ber gemeyn wissen vnb Wille. Sonbem bie gemeyne erwelet vnb berieff
bie sieben Diacon vnb bie Apostel bestätigten sie. S o nu eyn solch ampt /
35 bas nur vber zeyttlich namng auszuteylen / bie Aposteln nicht thurste von
eygener vberkeyt eynsetzen. Wie sollten sie so hm gewesen seyn / bas
sie bas höhest ampt zu prebigen yemant aus eygener' gewallt on ber ge- I50e
meyne wissen / willen vnb beruffen hetten auffgelegt.

i eriaubnis 3 liesie sich das wohl hören 17 vgl. oben s. 326,


z. 14 und s. 330, z. i 19 vgl. oben I 373, z. 9 ff. 24 bett A
27 Tit. 1, 7 1. Ti. 3, 2 28 1. Ti. 3, i i 30 empfehlen 31 AG.
6, 2 ff. 32 wagten
402 Dass eine christliche Versammlung oder Gemeine

Nu aber zu vnsern zeytten die nott ba ist / vnd keyn Bischofs


nicht ist / der Euangelisch Prediger verschaffe / giltt hie das exempel von
Tito vn Timotheo nichts / sondern man mus beruffen aus der gemeyne /
gott gebt er werde von Tito bestettiget odder nicht / denn also hetten die
auch than odder thun sollen / dye Titus versorget / wo yhn Titus nicht 5
415 w bette bestettigen wollen / odder sonst' niemant geweße were der Prediger
eyngesetzt hette / Darumb ist diße zeyt gar vngleich den tzeytten Tito / da
die Apostel regitten vnd recht Prediger haben wollten / itzt aber wollen
vnser tyrannen eyttel wolff vnd diebe haben.
1 Vnd was verdammen vns die tobende tyrannen ynn solchem er» 10
wete vnd beruffen. Thun sie doch selbs also vnd muffen also thun. Es
Wirt yhe vnter yhn keyner / Bapst noch Bischoff von yrget eyns gewallt
eyngesetzt / Sondem wirt von dem Capittel erwelet vnd beruffen / darnach
von andern bestettiget. Bischoff vom Bapst als von yhre obersten. E r
aber der Bapst selbs vom Cardinal zu Ostia als von seinem vnterthanen. , 5
Vnd ob flchs begebe / das eyner nicht bestettigt wurde / dennoch ist er
Bischoff vnd Bapst. S o frage ich nu die lieben tyranne. S o yhrer ge­
meyne erwele vft beruffen Bischoff macht / vnd Bapst on aller ander vber-
keyt bestettigen Bapst ist alleyne aus der wale / Warumb sollt nicht auch
eyn Christlich gemeyne eyn Prediger machen alleyn durch yhr beruffen? «,
Syntemal sie Bisschoff vnd Bapstand hoher halten denn predig ampt. Wer
hatt yhn solch recht gebr / vnd vns genomen? Sonderlich weyl vnßer
beruffen die schrifft für sich hatt / yhr beruffen aber eyn lautier menschen
thant ist on schrifft / da mit sie vnßer recht vns rauben. Tyrannen sind es
vnd bube / die mit vns handeln wie des teuffels Apostel sollen. »5
IT D a her ists auch blieben / das an ettlichen ortten auch welltliche
1 5 1 e vberkeyt / als radherrn vnd fürsten / yhn1 selbs Prediger bestellet vnd be­

soldet haben / ynn yhren stedten vnd schlossern / wilch sie gewollet haben
on alle vrlaub vnd befelh der Bisschoff vnd Bepste. Vnd hatt auch
niemant dreyn geredr. Wie wol sie es (besorge ich) nicht than haben aus 30
Christlichs rechts verstand / Sondern das die geystliche tyrannen das piebig
ampt veracht vnd geringe gehalten haben / vtt «eyt gesondert von dem
geystlichen regiment. S o es doch das aller hohist ampt ist / an dem alle
andere hangen vnd folgen. Widderüb / wo predigampt nicht ist / der andern
keyns folget. Den Johannes. 4 . spricht / das Christus nicht tauffet habe / 35
sondern er predigt nur. Vnd P a u lu s. 1. Corin. 1. berumpt sich / er sey
nicht zu teuffen / sondern zu predigen gesand.

15 Wurm, Die Papstwahl. Ihre Geschichte und Gebräuche,


Köln 1902, s. 129 24 rauben A 26 v g l W . A. I I , 4151
und Julius Rauscher, Die Prädikaturen in Württemberg vor der Refor­
mation, Württembg. Jahrbücher für Statistik und Landeskunde 1908, 2. h.,
s. 178 ff. 29 erlaubnis 30 besorge A 33 heim A 35 Jo. 4, 2
36 1. K o. 1, 17
R echt oder Macht habe, alle Lehre zu urteilen etc. lZ2Z. 403

H D arum b wem dae predig ampt auffgelegr wirk dem Wirt das
hohlst ampt auffgelegt ynn der Christeheyt / der selb mag darnach auch
teuffen / m eß 1hallten vnd alle seei sorge tragen / odder so er nicht will / 4*6W
mag er an dem predigen alleyne bleyben / vnd teuffen vnd andere vnter-
ampt andern lassen. W ie Christus thett vft P au lu s vft alle Apostel Act. 4 .
D aran man aber sthet / das vnßer itzige Bischoff oft geystliche / go-r oft
nicht Bischoffe sind / D enn sie lassen das hohist ampt des w ortts / das yhr
eygen seyn sollt / den aller geringsten / nemlich Capellan vnd Ronchen /
term inarirn / dazu die geringer ampter auch / als teuffen / vnd ander seel­
sorgen. S ie aber fermelln die weyl / vnd weyhe gltcken / alltar vnd
kirchen / das Widder Christlich noch Biffchofflich werck sind / von yhn selbs
ertichtet. Es sind verkerete verbiete tarutn oft rechte kind' biffchoffe.

5 AG . 6, 4 9 terminarien A (almosensammler) 10 firmeln


12 scheinwesen zu kinder- oder niklasbischöfe vgl. ausser W . A. 1 l,
4161 auch Flugschriften 1, 185 f.
404 Ordnung eines

Ordnung ein es gem einen Kasten. 1523.


Vorlage: W . A . 12, 9 A (danach auch der abdruck in den „Kleinen
Texten14 h. 21, s. 6 — 24; die dort s. 3 zitierte literatur zu ergänzen nach
Maurer-Hermelink, Reformation und Gegenreformation,8 Tübingen 1931,
S. i io ), zur Vorgeschichte vgl. auch oben S .3 9 5

M artm us Luther Ecclesiastes


Allen Christe der gemeyne -u Leysnick / meynen
lieben Herrn vnd brüdern ynn Christo / Gnad
onb frib von gott dem vater vnd vnßerm
heyland Ihesu Christo.
5 0 a d ) dem / euch lieben Herrn vsi brüdere / der vatter aller barmhertzickeyt /
^ ^ s a m p t andern yn der gemeynschafft des Euangelij beruften / vnd seynen
son Jhesum Christum ynn ewer her- scheynen lassen hatt / vnd stlcher reich-
tum der erkentni- Christi bey euch so krefftig oft thettig ist / da- yhr eyn
107 e new ordnung 1 gotti- dienst- / vnd eyn gemeyn gutt de exepel d' Aposteln
nach furgenome habt
Hab ich stich ewer ordnung für gutt angesehen / da- sy durch den
druck au-gienge /ob g o tt seynen gnedigen fegen da-u geben wollt / da- sie
eyn gemeyn exempel wurde / dem auch viel andere gemeynen nächstIgeten /
damit wyr auch von euch rhümen möchten wie sancr P a u lu - von den
Corinthern rhümet / da- yhrer vley- habe viel gereytzt / W ie wol yhr euch
de- tröstlich versehen vnd erwegen müst / da- / so e- au- gott ist / w a-
yhr ansähet / gar redlich mäße angestchten werden / den der leydige satana
w itt nicht rügen noch feyren.
W eyl wyr denn hoffen / stich ewer exempel solle geratten da- e-
gemeyn werde / vnd darau- denn folgen will eyn grosser fall der vorigen
stifften / kstster / Capellen vst der grewlichen grüdsuppen / die sich bi- her
vnter götlich- dienst- namen mit aller wellt reichtum gefullet hatt / datzu
denn auch geweltiglich hilfft da- heylige Euangelion / da- widder erfur*
bricht / vnd stlche lesterliche verdamliche gotti- dienste au- malet vst an
tag bringet / Zu betn da- die geystlichen auch selb- also sich hallten / da-
nicht- redlich- bey yhnen blieben ist / noch zu yhn hyneyn will / vü sich
allenthalben die sach also stellet al- habe gott vü die wellt der müncherey
vnd geysterey satt / vnd muffe ander- werden / ist der halben dennoch hie
i o AG. 2, 44. 4, 32 15 2. K o 9, 2 17 des getrösten u.
darauf euch verlassen müsst 18 ganz gehörig 19 ruhen 20 zur
folge haben 22 bodensatz; gemeint ist die hierarchie 25 klar
hervortreten lässt
gemeinen Kasten. 1523.
405
auffzusehen / das sölcher ledige stiffte gutter / nicht yn die rappüße kömen
vnd eyn iglicher zu sich reyffe was er erhaffcht.
1D arum b hab ich gedacht / yn der zeyt furzukumen so viel m yr gepürt , 2w
vnd zustehet mit Christlichem radt vnd vermanüg / denn syntemal ichs doch
5 mus gethan haben / wen die klöster vnd stifft ledig werde / mund) vnd
nonnen sich wenigem / vst alles was dem geystlichen stand zu abbrüch vnd
verkleynerunge geschehen m ag . so will ich auch das nicht auff m yr ligm
lassen / so etliche geytzige wenste wurden sölche geystliche gutter zu sich
reyssen / vnd mich als denen / der vrsach datzu geben hette / zum scheyn
10 furwenden.
D enn wie wol ich besorge / das meyne radt wenig folgen werden
wenn es so feme kompt / denn der geytz ist eyn vn'gehorsamer vngleubiger I08E
schalck / so will ich doch das meyne thun vud meyn gewissen entledigen /
vnd yhr gewissen beladen haben / das niemant sagen müge / ich hette ge-
15 schwiegen odder zu lancksam mich hören lassen. E s neme nu an odder
verachte meyne trewe radt wer do will / ich byn vnschuldig. Ic h wame
aber zuvor trewlich / vnd bitte freütlich / das dißem meyne rate niemant
gehorche noch folge thue / er wisse den vnd verstehe gründlich wol aus dem
Euangelio / das müncherey vnd geysterey / wie itzt gewesen ist bey vier-
x> hundert iareu keyn nutz vnd eyttel schedlich yrthü vnd verfürerey ist / den
sölch groß ding muß m it gutte festem Christlichem gewissen angegriffen
werden. E s w irt sonst vbel erger werden / vnd w irt am todbett gar eyn
bößer rewling komm.
Auffs erst were wol gutt / das keyn feilt kloster als beneditter /
25 Cistercer / Celestiner vnd der gleichen / yhe auff erden komm were / N u
sie aber da sind / ist das beste / das man sie lasse vergehe / odder wo man
füglich kan / datzu helffe / das sie reyn vst gar weg komm / das mag aber
geschehen auff diße zwo weyße / D ie erste / das man die persone so drynnen
sind / lasse frey vö yhn selbs / so sie mbUtn / eraus gehen / wie das Euan-
30 gelion erlaubt / D ie andere / das eyn igliche öberkeytt m it seynen klostern
verschaffe / keyne person mehr auff zu nemen / vst so yhr zu viel drynne
sind / anderswo hyn schicke / vnd die vbrigen lasse außsterben.
W eyl aber niemant zum glauben vnd Euangelio zu dringen ist / soll
man die vbrigen Personen / so yn klostern / es sey allters / bauchs odd' ge-
35 wissms halbe / bleyben / nicht ausstossen noch vnfreuntlich m it yhn handelln /
sondern sic yhr leben lang lassen gnug habe / wie sie zuvor hette gehabt /
den das Euangelion leret auch guttes thun den vnwirdige / wie der hymelische
vatter ober gutte vnd büße letzt regenen vnd sonne scheynen / vnd m an muß
hie ansehe / das sölch person aus gemeyner blindheyt vnd yrtum yn
I aufzupassen beutemasse 3 rechtzeitig zuvorzukommen 5 es
mir doch zugeschoben wird 6 vermindern 10 vorschieben 12 weit
die kabsucht 23 reue 24 vgl. I 402, z. 31 27 in ange­
messener weise 31 ausmache, verordne 38 Mt. 5, 45
406 Ordnung eines

sölchen stand geraste sind vnd nichts gelernet / da mit sie sich enteren
künden.
Doch ist das meyn radt / das die -brickeyt sölcher kltster gütter zu
io» e sich neme / vss die vbrigen Personen 1so drynnen bleyben / davon versorge /
ij w dis sie 1au-sterden / auch reichlicher vnd milder / denn sie villeicht vorhyn $
versorgt geweße sind / damit man y-e spüre / das nicht der -ey- de geyst-
liche gut / sondern Christlicher glaube den klbstereyen feynd sey / vnd hie
ist nicht allererst / Btbstliche odder Biffchoffliche taube zu suchen / odd' bann
vnd vermaledeyung zu furchten / denn ich auch / diß schreybe alleyn den
yhenigen / so das Evangelien verstehen / vnd sülchs zu thun mechtig sind w
vnn yhren landen / steten vnd bbrikeytten.
Auffs ander / die gütter s-lcher kloster / so die übrikeyt zu sich nympt/
sollten dreyerley weyß gehandelt werde / Die erste / das man die persone
so drynnen bleyben versorgt / wie itzt gesagt / Die ander / das man den
persone so aus gehen / ettwas redlichs mit gebe / damit sie ettwas ansahen *s
vnd sich ynn eynen stand begeben künden / ob sie schon nichts haben hyneyn
bracht / den sie verlassen gleich wol die narüg yhrs lebenlang / wen sie aus­
gehen / vtt sind betrogen / betten die weyl sie ym kloster geweßen / ettwas
anders gelernet. Aber den yenigen / so hyneyn bracht haben / ist billich
für gott / das man widd' gibt / yhe evns teyls / den hie soll Christlich *°
liebe vnd nicht menschlicher recht scherffe / richten / vn soll yemand schaden
odder Verlust trage / das soll ober das kloster vnd nicht vber die Personen
gehen / denn das kloster ist vrsach yhres ytthumbs.
Aber die dritte weyße ist die beste / das man alles ander lasse zum
gemeynen gutt eyns gemeynen kastens gelang- / daraus man nach Christ- ,z
sicher liebe / gebe vn leyhe allen die ym lande dürfftig sind / es sey eddel
odder burger / damit man auch der stiffter testament vnd willen erfülle /
den wie wol sie geyrret vn verfuret sind das sie es zu kltstem geben
haben 1ist dennoch iah yhr meynung geweßen / gott zu ehren vnd zu dienst
geben / vn habe also gefeyltt / Nu ist keyn grosser gottis dienst denn Christ- 3 0
sich liebe / die den dürfftigen hilfft vtt dienet / wie Christus am iungsten
tage selbs w irt bekenn- vnd richten / M att. 25. daher auch vor zeytten der
b kirchen gütter bona Ecclesie 'das ist / gemeyne gütter hiesen / wie eyn ge-
meyn kästen / für alle die vnter den Christen dürfftig waren.
Doch ist das auch billich vnnd Christlicher liebe gemeß / das wo der 3$
stiffter erben verarmet vnd nöttig weren / das den selben solch stiM g
Widder beym falle yhe eyn groß teyl / off alles miteynander / wo die nott
so groß were / denn freylich yhrer Vetter meynung nicht geweßen ist/auch
nicht hatt sollen seyn / yhren kindern vnd erben das bwtt aus dem maul
5 freigebiger 8 erlaubn!« 13 dreifach verwandt 18 während
20 jedem sein teil 21 die strenge menschlicher rechte 30 bei der
ausführung fehlgegriffen 32 Mt. 25, 35 f. 33 vgl. Flugschriften
4t 366 34 ber] den A 36 bedürftig 38 gewiss
gemeinen Kasten. 1523. 407

nemttT oft anderßwo hyn wende,• vnd ob btc meonüg so geweßen roere /
ist sie falsch vnd vnchristlich / den die Vetter sind schuldig nh:e kinder für
allen tmgt zu verargen / das ist der böhist gottis dienst den sie mit zeyrt- 14w
lichem gutt thun müge / Wo aber die erbe nicht benottigt noch dürfftig
*. sind / da sollten sie sölche yhrer vätter stifftung nicht widder nemen / sondern
dem gemeynen kästen lassen.
Möchst aber hle lagen / das loch ist zu wevt / damit rotrt der ge»
meyne kästen wenig kriegen denn yderman wirtts alles zu sich nemen vnd
sagen er bedürfte seyn so viel rc. Anttwortt / darumb hab ich gesagt - das
xo ^hzidltche liebe mus hie richten oft handeln / mit gesehen vn attickeln kan
mans nicht fassen / ich schreybe auch diße radt nur nach Christlicher liebe
für die Christen Vnd man mus sich des erwegen / das geyh ettwa Wirt
mit vnterlauffen / wie soll man thun? es mus darumb nicht nach bleyben.
Dennoch ists ya besser das der geyy zu viel nympt durch ordenliche weyße /
15 denn das eyn rappuße draus wurde / wie yn Behemer land geschehen ist.
Eyn iglicher prüffe sich selbs / was er zu seyner nottürfft nemen / vnnd
dem gemeynen kästen lassen soll.
Auffs dritte / sölche weyße gehöret auch auff die Bisthum / stiffte oft
capitel / die land oft stedte vnd ander gütter vnter sich haben / denn sölche
bischvffe vnd stiffte sind Widder Bischoffe noch stiffte. Es sind ym gründ
der warheyt welltliche herm / mit eym geystlichen namen / darub sollt man
sie welltliche Herrn machen ! odder die gütter den armen erben vnd freunden
vnd dem gemeyne kästen austeylen. Was 1aber Pfründen vnd lehen sind / „1 e
sollt man lassen bleyben den yhenigen so sie iyt ynnen haben / vnd nach
'5 obrem todt niemant mehr verleyhen / sondern vnter die armen erben vnd
mm gemevnen kästen stoffen.
Auffs Vierde / Es stehen aber der klöster oft stiffte gütter zü teyl /
vnd Pfründe fast viel auff dem wucher / der sich itzt ynn aller wellt nennet
den widderkauff oft hatt die gantze wellt ynn kuryen iaren verschlungen /
jo sölche gütter muste man zuuor absondern von den erbgestifften gütter wie
den aussah ' den was ich droben geratten habe / w ill ich von den stifftungen
gesagt haben / die an widderkauff / von rechten redlichen erbgüttern ge«
stifftet sind / die stifft aber auff widderkauff gestifftet mag man wol für
wucher haltt<: ' denn ich noch nie keynen rechten zinßkauff auff widder-
kauff gef^^ti odder gehört habe / darumb must man hie zuuor den wucher
büffen / vnd evm yglichen widd' geben das seyne / ehe mans yn gemeynen
kästen ließe komen / den gott spricht / Ich byn feynd dem opffer dz vom
raube kompt. Es were den das man die nicht finden künde so mit de
widderkauff beschedigt sind / daS möcht den der gemeyne kästen zu sich nemen.
11 saften A 12 darauf gefasst machen 13 unterbleiben 18 hand-
lungsweise ist auch am platze gegenüber den 28 sehr viel zinsnehmen
30 gegen zinsen ausgeliehene Kapitalien testamentarisch vermachten
3s) wiedergutmachen das seine d. h. die ihm abgenommenen zinsen
37 Jes. d i, 8 39 MeyNe A
408 Ordnung eines

15W 'W ie ater der widderkauff recht vnd vnrecht sey/ist itzt zu lang
zuerzele / ick Habs gnugsam beschrieben ym sermon von dem wucher / daraus
man den sich erkunden mag / wie viel vdn s-lchen psreunden vff stiffte
sey Widder zu erstatten den zinßmennern / den on zweyffel gar viel pfreunde
lengest yhr haubtgellt Widder haben / vnd hören doch nicht auff zu saugen 5
der zinßmenner schweyß vnd blutt / das diß stuck fast der nötigsten eyns
ist / da keyßer vnd küuige / fürsten oft Herrn vnd yderman zu thun sollt.
Auffs funffte / aus de« bettel klöstern yn stedten / weren gutte schulen
für knaben oft meydtyn zu mache / wie sie vor zeytten geweßen sind /
aus den vtrigeu klöstern aber / möcht man machen heußer / wo die stad *»
yhr dürffte / den der Bischoffe weyhng soll hie zu nicht hyndern / weyl G ot
na e nichts drum weyß / doch wo m an 1dißen meynen radt wurde Christlich an-
greyffen / wurde flchs selbs geben / schicken vnd leren / mehr denn man itzt
mit wortten kan fürschlagen / den die felle wurden sich manchfelltig vnd
seltzam begeben / da niemät ynnen wol richten kan / denn Christliche lieb. *5
Wenn nu gott gebe / das dißer radt fortt gieng / so wurde man nicht
alleyn eyn reichen gemeynen kästen haben für alle nottürfft / sondern drey
grosse vbel wurden abgehen oft auffhören. D as erste die betteler / dadurch
viel schaden geschicht landen vn leutten / an seel vnd gutt. D as ander /
der grewliche mißbrauch mit dem bann / welcher fast nicht mehr thutt / *>
den die leutte mattiert vmb pfaffen oft münche gütter willen / wo nu die
gütter ab «ere / dürfft man sölchs bannes nicht
D as dritte / der leydige zinßkauff der grössist wucher auff erden /
wilcher sich bis her gerümbt hatt allermeyst yn geystlichen güttern / dz er
da selbst recht sey. *5
W er aber dißem radt nicht folge will / odder seynem geytz darynne
buffen / de lasse ich faren / weys wol das wenig annehme werden / so ist
myr gnug / wen eyner odder zween myr folgeten / odder yhe doch geme
folgen wollten. Es mus die wellt bleyben vnd satan der wellt fürst / ich
hab gethan was ich kan vnd schuldig byn / Gott helff vns allen / das wyr *>
recht faren vss bestendig bleyben Amen.

16w 1In n dem nahmen der heilygen i


vngeteilten dreyfaldikeit Ame.
A Ü ^ J r Erbar manne / Radt / viertelt Meister / Eldesten vnnd gemeine
"^ ^ e y n w o n h e r der S ta d t vnd dorffer eingepfatter versamlüge oft kirch» 35
spiels zu Leysneck. Nachdr durch die gnade des alsmechtige gotes / aus
2 W. A. 6, 3 ff. 36 ff. 4 die gegen zinsen entliehen haben
5 kapital 8 vgl. zuletzt s. 236, z. 24 und s. 267, z. 18 11 bedürfte
16 erfolg hätte 22 bedürfte 27 befriedigen 31 handeln 34 die
Erbar manne sind die zum kirchspiel gehörigen adligen, die viertelt
Meister die Vorsteher der vier ztinfte der tuchmacher, bäcker, schuster,
böttcher, die Eldesten „die honoratioren“
gemeinen Kasten, r z rz .
409

Offenbarung Christlicher Euaqelischer schnffte / wir nicht alleyne eyn be*


stendigen glauben / funber aud) gruntlich wiffenn / empfangen / das alle
ynnerliche vnd eufferliche vermögen der Christglaubigen / zu der ehre göltet /
onb 1 liebe bet nechsten eben Christen menschen / nach ordenunge onb nj e
5 aufsapung gotlicher warheit / onb nicht nach menschlichem gutbuden / bienen
onnb gereichen sollen.
Bekennen onb thun kund hierumb gegemoetftgltd) / D at wir für ont vn
vnser nachkomen / nach gehabtem zeittiqen rathe der gottichen schrifftqe-
lerte / bieße nach folgennbe brüderliche vereymgunge / zwischen onfere ge*
10 meinsamkeitt / die ypunt ist / onb kunffrigk sein wirbet / treulich onb vn*
uermcklich gehaltenn zu werben / vffgerichtet onb beschlossen haben. Nemlich

Bestellunge des pfarrampts.


W ir wollen onb sollen / zu aller zeitt / vnser Christliche freyheit / sonill bte
beftellung onnfert gemeinen pfarrambtt / mit beruffung / enoeUunge /
15 fepunge onb enntfepunge / vnser feien sorger / alleyne zuuerkundigung bet
göltet wortt vn mitteiiunge der Sacrament / belangen thut / nicht ändert /
bann nach auffepung onb oeroibenung gotlrcher Biblischer schriffte! handeln /
oben onb gebrauchen. Lnb ynn solchem Erpgeistltchen furnemen / alt bte
armen / einseitigen / der gotliche schrtfftgelerten / bewerlichen / roollgegrunre
»c vnterweysung onb ratschlage / ynn roarer bemutt gehorsamlichen / durch bte
gnade göltet vnderwerffen onb gefolgtg fern / wie wir bet eyne klare ver-
neichnut bey ont / ynn vnser gemeonen verwarung haben onb onueranbert
enthalben werden soll.

Uont anhören gottlichs Worts.


-5 W ir wollen onb sollen / auch ein yeber haußwirt onb hawßwtrtyn
ynn onferm ttrchspiel / für sieb selbst auch frone finber I onb hawßgesmde /
dahin 1 zuhalten aut Christlicher liebe verpflichtet fein / bat beplfame f tröst* 17w
liche wort göltet / zu georbenten lagen onb stunden / souill ont gol gnade
oerieort / treulich anhören / onb zur besserunge einbilden.

r° Ehre vn gebott gotes hädthabe.


Vber der ehre göltet wollen onb sollen wir hawß wirte onb hawß* i,4e
wirtynn / foutl wir von gote gnade haben / ein yeber ynn seinem hawß /
für sich selbst / finber onb hawßgesinbe / verglichen halten. Ossentltche
göltet leflerunge / obermefftg zutrincken / hurerey / betriegliche ioppel fptell /
3$ onb andere fünde onb lasier / welche gotlichen geholten geflradt onb
3 güter 4 der ebenso christenmensch ist wie w ir 5 aus-
einandersetzung, darlegung 7 vgl. unten s. 410. 2. 17 8 rechtzeitigen
s. einl. s. 395 15 ein- und absetzung 19 bewährter, wohlbegründeter
20 gehorsam (adv.) 23 erhalten 29 einprägen 30 schützen
33 beständig wachen 34 Würfelspiel
4io Ordnung eines

wissentlich entkegen / mit ernstem vleis vermeiden / verhüten vnd weren.


Ab auch bey eynigem vnser gemeinsamkeit hyrynne verhencknuß oder vn-
-eis vermerckt wurde / satt alßdan eine gantze eingepfarte versamlunge gut
füg vnd macht haben / sich hirumb anzunemen / durch geburliche mittett /
hulffe vnd zuthun der Obrigkeit / solchs zu wirdiger straffe vnd seliger 5
befferüg zubringen.

Uermogen vorratht vnnd eyn- n


nähme zum gemeinen kästen.
Dff das nun vnser Christlicher glawbe ynn welche alle guter zeitt-
lich vnd ewiglich von dem ewigm gott durch vnsern Hern vnd seligmacher M
Christum / aus lauttem gnaden vnnd barmhertzigkeit / erworben vnd vns
mittgeteilet / tzu eigentlicher frucht der brüderlichen liebe / vnd die selbige
liebe ynn die warheit vnd wercke der milden gutigkeit komen vnd gefutt
werden mögen / Haben wir erstgnante gemeyne eingepfarte versamlunge /
für vns vnd vnser nachkamen / ynn volkomener eynmutigkeit / ein gemeinen 15
kästen verordent / erhaben vnd vffgerichtet / verordenen / erheben vnd off«
richten / denselbige hiermitt gegenwertiglich ynn krafft dieser vnser bruder«
lichen vereynigunge / off meynunge / masße vnd gestalt / wie volgett.
Bit dem vermögen vnd vorrathe / ynn den gemeinen kästen / sotten
dieße namhasstige stucke / zinße / guter / gerechtigkeiten / gelt vnd habe / *>
allenthalben zu Hausse geschlagen / eingesamlet / gebracht / als ewig ver«
widembt vnd einverleibt / sein vnd bleyben.
Eyn nähme pfarrguter vnnd
gerechtigkeitt.
Alle guter vnd gerechtigkeitt / Erblehen / Erb vnd gatter zinste / Erb« *5
gerichte / hawß / hoffe / garten / acker/wießen / vorrathe vnnd farende habe/
i 85w nichts 1 ausgeschlossen/souill allenthalben zum pfarrhe vnnd seelsorgen Ambt/
alhier bey vns / durch die anfengliche stisster vnd volgende mehrer / dar
zu gegeben / verordent / vnd vber vorwette zeitt gehörig vnd ynn gebrauch
gewesten. Welche guter vnd gerechtigkeit allenthalb / wir eingepfarte ver- 3°
samlunge / wes wir von wegenn vnnßere gemeinen pfarrambrs / fügs vnd
rechts / darä hetten oder gehaben mochten / zuerlangen, ynn allwege vn-
begeben / furbehalten / ynnhalts der Handelns oft abschiede, derhalben
2 wenn bei irgend einem nachl&ssigkeit 16 erhoben 20 genau
fixierten 22 gestiftet 25 gutter A gatterzinsen — zinsen, die durdi das
gatter, die haustür dem einnehmer gereicht wurden (auch W A i8 ,5341)26 erb-
gerichte — erträge einer an einem grundstück haftenden niederen gerichtsb&r-
keit 29 verwahrte, vergangene zugehörig, zuständig 33 all diese gtiter und
gerechtigkeiten, soweit wir wegen unseres pfarramts redit darauf haben oder
naben sollten, zu erlangen, behalten wir uns vor, ohne in irgendeiner beziehnng
verzicht zu leisten, laut der Verhandlung und des Vergleiches. . . (s. einl. s. 395)
gemeinen Kasten. 1523. 41 I

-wischen dem Abtte zum Buch / vnd vns / yn Cbilrfurstlicher Canyelley


vnnsers gnedigstenn Herrn des Churfürsten zu Sachffen rc. ergangen.
V nd yn diesem vnnserm gemeinen kästen für Handen feint / deßgleichen
w as zur Schulen vnnd kusterey gehörig / auch ynn diesen kästen ge-
5 schlagen».

Eynnahme gotshawß guter


gerechtigkeitt.
Alle guter vnnd gerechtigkeit / Erblehn / Erb vnnd gatter zinße /
Brucken zol / barschafft / silberwerg / Cleinod / vorrath / farennde habe /
10 Vnnd so allenthalben an gewissen vnd zufelligen dingen / vnnserm gots
hawße zustendig / Sollen ganh vnnd gar >' sambt den brieuelichen vrkunden /
verheichnuffen vnnd registern darüber sagende / In n den gemeinen kästen
miteingehogen sein / vnnd bleybenn.

Eynnahme der vier altarlehen vn


*5 ander stifftungen guter vnd gerechtigkeitt.
D ie vier Altarlehen ynn vnnserm gots hawße / sollen furthin / wan
die yhigen belehnten altar Priester verstorben / aber die lehnn sustennt ver»
lediget feint / nicht mehr verlihen / sunder die vier hewßer sambt den
guter» / zinßen / einkomen / nuhungen / cleinodten. vorrathe vnnd faxender-
habe / mit den brieuelichn vrküden / verheichnuffen vnnd registern / dar zu
gehörig / ynn den gemeinen kästen gebracht werden / Vnnd dar zu alle be-
gengnus / Ia re tage / Ablaßwoche aber Octauen / vnd ander einlihige
stifftungen vnd almuffen / zum Hospital vff anderßwo / alles ynn gemeyne
kästen geschlagen
xx6 B
»i 11Eynnahme von Bruderschaften. x9 W
W as an barem gelde / tzinßkauffen 1clemodten sttderwerck / vorrathe
vnd farendehabe / zu den beruhten bruderschafften / des kalands / Sancr
Annen / vnd der Schwknechte / biß anher / eingesamlet / vnnd den selbigen
zustendig ist / m it den briuelichen vrkunden / verheichnuffen vnd registern /
30 allenthalben ynn diesen gemeinen tasten geschlagen vnnd verordent / dadey
zubleybenn.

9 die Leisniger kirche hatte die Muldenbrücke zu unter ''.alten


silberwerk (monstranzen, reliquiare u. dgl.) 10 regelmässigen und ge­
legentlichen einkünften 11 handschriftlichen 12 davon handelnden
16 mit jedem der vier altäre (Corporis Christi, Annuntiationis Mariae,
Conceptionis Mariae, Cruds) war eine klerikerstelle verbunden 17 sonst
22 Anniversarien (R E 8 i, 556) „Stiftungen mit der bedingung, dass in
bestimmten Zeiträumen jedesmal 8 tage für den verstorbenen gebetet und
dadurch ablass für ihn erworben wird*4 einzelne 27 ub*r die Kalands-
bruderschaften R E 8 9, 703 f. 28 schustergesellen
32% Luthers Werke II
412 Ordnung eines

Eynnahme gotsgabe von handt


wercken vnd bawerschafften.
Einlagen / Zunfftgerechtigkeitten / ansprachen / buffen / straffen / vnd
koren / wes sich der dinge / bißanher ynnerhalb der Stadt bey den handt-
wercken / vnd außwendig vffm lande ynn dorffern / bey den bawern ym $
gemeinem vnnserm kirchspiell / ynn vorrathe / als gottes gaben / versamlet /
vnnd furthin ober yarlang / versamlen werden / feint vnnd sollen allenthalb /
ynn gemeine kästen geschlagen / oft miteingebracht werde.

Eynnahme essende speiße vnd


gelt yn die Almußkisten vnd geltstocke. xo

In vnserm gottes hawße fe in t verordent / vnd sollen alltzeit ane ver-


ruckunge gehalden w erd en/tzw e y vass odder ra d tk is te /d a re y n /b ro tt/k e ß e /
eyer / fieysch ander speyße vnd vorrathe / D ü ein stock aber zw ene/ dareyn
gelt / vnd also beiderley / zu vnterhaltunge des gemeinen kastens / eynzu-
legen. Deßgleichen sollen die almuffen vnd m ilde handtreichung / so durch 15
zwene / aus vnsern verordenten / allzeit / w an vnser kirchspiell / ym gotes
hawß / yn versamlunge fe in t / von Person zu Personen / zu erhaltunge der
armen / gebeten werden / auch ynn solche stocke zustundt gelegt vnd gewandt
werden / D n d die stucke des Vorrats / so verterblich fe in t / sollen durch die
verordenten / nach vermöge yres beuelhs / w ie hernach volget / ane verzihe *>
zu n o ttu rfft vnter die armen außgeteylet / W a s aber w ehrhafftig biss vff
nechstuolgenden S onta gk / enthalden / vnd alßdan / zu nutze vnd bequem-
lig k e it der armen / verfuget werdenn.

«7B 1 Eynnahme gaben bey gesunden


tagen vnd testament am todtbette. 15

Ander freye willige gaben / bey gesunden lebetage / vnd testament am


todtbette / ßouill zu der ehre gottes vnd liebe des nechsten / aus Christ­
licher andacht bescheen / es sey an gutern / baremgeldt / kleinodten / vor-
ao w rathe vnd farender'habe / solle gantz vnd gar zu diesem gemeinem kästen
gethan sein vnd bleyben / Auch treuliche vermahnunge durch vnser selen- y>
sorger vffm predigstuel / vnd sustennd / auch weyll die menschen bey vernunfft /
am stechbettemit verwilligunge der anwattenden erben / ynn ordentlichen
festen zuthun.

i Zahlungen an die kirche 3 anspräche, forderungen 4 durch


gemeindebeschluss („K ür“) festgesetzte strafen 9 essbare 12 runde
kisten 13 opferstock 19 schnellem verderben ausgesetzt 21 dauerhaft
22 aufbewahrt 31 und zwar so lange als 32 der erben, die die
Anwartschaft haben
gemeinen Kasten. 1523.
413

Uorwesunge des gemeine kästen r ii


zubestellenn.
Die verwesunge des gememen kästen / fall also bestellet vnd gethan
werden. Nemlich / das alle iare ierlich / vff den Lonrag nach de achten
5 der heiligen drey koniqe tag / vngeuerlich / vmb eylffhor / eine gemeine
eingepfarte versamlunge / vffm radthawße alhier / erscheynen wollen vnd
sollen / aldoselbst durch bte gnade gottis / ynn roarem Christlichen glawben /
eintrechtigklichen / zehen furmüden oder fursteher / zu dem gemeine kästen 1
au§m gantzen Haussen / ane vnderschied die ruglichsten / erwelen / Als nem
10 lieh / zwene Erbar manne / zwene des regirenden Rats / drey aus den ge­
meinen bürgern ynn der stadt / vnd drey aus den bawern vffm lande /
Welche zehen also erwelten / die bürde dieser furwesung vnd furmund-
schafft / alßbaldt vmb gotes vnd gemeines nuys willen / gutwillig vff sich
nehmen vnd laden sollen / bey guten Christlichen gewissen / .vnangesehen /
i 5 gunst / neidt / nutz / so:d)tc / odder einigerley vnzymliche vrsache / nach yrem
besten vermögen / ynnhalts dieser gegenwertigen vnser vereynigunge / die
verwesunge / eynnahme vü außgabe / treulich vnd vngeuerlich zu handeln /
pflichthafftigk vnd verbunden sein.

Beschliessunge des kastens mit


so vier besondern schlossern.
Dieser gemeyner käste vst beheltnus / saU nn vnserm ' gotshawße / an h s e
dem orthe / do es am sicherste / verwart sein / vnd mit vier vnderschied-
sichen besundem schloffen / vnd schlüsseln verschloffenn werden / also das die
Erbarmanne einen / der Rath einen / die gemeine ynn der stadt einen / vnd
,5 die Bawerschafft vffm lande einen sonderlichen schlussell haben.

Die Vorsteher sollen alle sontage


bey sammen sein.
Alle sontage Im iare / von eylsshora biß vmb zwey zur Vesper zeitt/
sollen die zehen Vorsteher / nnn vnserm gemeine pfarhofr / aber vm Radt-
30 hawße / beysammen sein / vnnd aldo vrer vormundschafft vleissig pflegen /
vnd gewertig sein / alle sembtlich radtschlagen vnnd handeln / damitt die
ehre gottes / vnd die1liebe des ebe Christen menschen / yn ganghafftiger atW
vbung / erhalte vnd zu bessemnge angeschickt werden möge / Vnd sollen
solche vre radtschlege / ynn vffrichtiger trewer geheyme / gehalten« / vnnd
35 vnordentlicher weiße / nicht geoffenbaret werden / Ab etliche aus Inen /
nicht allzeit entgegen / vnnd redlicher vrsache verhindert / soll gleichwoll der
mehrerteyll / zu handeln vnnd vorfaren macht habenn.
4 der oktave 8 Vormünder 15 irgend eine 16 laut dieser Ver­
einbarung 31 warten 32 dauernder 36 zugegen
32
Ordnung eines
414

Drey bucher: dar ynne alle guter


gerechtigkeitt vnd vorwesunge angeyetchet
D re y bucher oder register / sollen die zehen Vorsteher off die ze itt /
a lle r S onta ge / fü r Handen haben R e inlich
D a s heubtbuch / dar ynne solle beschrieben sein / vnd fu rth in werden / 5
diese vnsere brüderliche vereynigunge / w ie die selbige beflgelt ym kästen
lig t A lle brieueliche vrkunde / stifftungs brieue / oorheichnus vnd erb-
register / vber alle guter vnd gerechtigkeitten / so allenthalben yn gemeynen
kästen / w ie obin / gewandt / vnnd eingebracht / vnd kunfftiger ze itt dareyn
gebracht vnd kommen werden 10
D a s handelbuch / dareyn sollen alle handelüg / radtschlege / abschiede /
119 e erkundunge / Nachforschung v u d 1beschloss / ßo allenthalben bey vn vber der
vorwesung eynnahme vn außgabe des gemeine kastens / bescher / geübt vnd
Doltzogen / eigentlichen eingeschrieben vnd veryeichet werden / daraus man
sich allzeit / n o dturfftigs beschieds / zuerholen haben möge. 15
D as Jarrechen Register / dareyn sollen beschrieben werden anfenng-
lich / eyn volstendige vertzeichnus vü Jn u e n ta riu m / aller stucke des Vorrats /
farender habe cleinod / silberwerck vn barschaffr an gelde / ein iglichs m it
rechter vnderschiedt / des gewichts tzalh vn masß / den vorgemelten zehen
Vorstehern / als ein eynnahme ynn yrhem ankörnen eines iglichen Ja re s / -0
stuckweiße vbergeantw urt / vnd widerum b berechent werden sollen / H iereyn
sollen auch alle S onta ge wöchentlich / alle vnd igliche eynnahmen / vnd
außgaben / beschriebe werde / A lle s nach y n n h a ltt einer gemeinen rechnügs
forma / welcher sich eine gantze versamlunge / vereyniget / vnd nach ge-
legenheitt hinfurder zuuereinigen haben w ird t / dauon allwege ein solch ge- 25
macht register / m it seinen notturfstige capiteln geordent / v ff den tag der
erwelunge / den nawen zehen furstehern / durch die alten / gefastet vnd
beschrieben / vberreicht werden fa ll / dam itte schedliche y rth u m vnd ver-
sewmnis furkomen. D nd wan dieße drey bucher wie oben / gebraucht
w urden / sollen sie als baldt w iderum b ynn gemeinen kästen eingeschlossen 3°
werden.

„w 'Alle einkomen vnnd schulde eyn-


nahmen.
D ie zehen Vorsteher / sollen m it gantzem vleis alle zinße / vffhebüge /
einkomen vnd schulde / beide standhafftige vnd zufellige / mahnen / vnd yn 35
gemeinen kästen einbrengen / somit ym er möglich / vnd ane vnderdrucküge
der armen beschern kan / ynn vnuorruckliche wesenn vnderhaldenn

2 Verwaltung 4 zur band 11 urteile 14 genau spezialisiert


15 nötigen bescheid holen könne 16 jahrrechenregister 20 unter
haben gebucht bei ihrem amtsantritt jäh r für jähr 23 entsprechend
der üblichen form der buchführung 27 neuen 29 zu verhindern
34 steuern 35 regelmässige und gelegentliche einmahnen
gemeinen Kasten. 1523.
415

Ambt zweier bawhmeisier.


Zwene Baw hm eister / sollen die tzehen Vorsteher vnter sich selbst
verorden / welche beyde / m it rathe vft wissen der andern achte / versorgen
sollen / die gebewhde / 1 des G otshaw ss / der Brucken / des pfarrhofes / der , 20 e
5 S chulen / der kusterey / der Hospitalen / Auch das dieße beyde / ym gots-
hawße / m it zweien seckleyn oder taffeln / so offt vnnsere eingepfarte ver-
samlunge geginw ertig / die alm uffen / zu erhaltung der armen / b itte n /
Vnd alßbald ynn die beyde dartzu verordente geltstocke / öffentlich ein­
schütten / dauon die schlüsselt ym gemeinem tasten sollen enthalden / vnd
‘o durch die zehen fursteher sembtlich / das ge lt hieraus alle svntage genomen /
fürder ynn gemeinen tasten gelegt / vnd yn das Rechenregister eigentlich
beschrieben werde fall. Auch die almussen / ann essender speiße vnd vor-
rathe / welche verderblich / nach dem es eins yeden S o n ta g s fü r n o ttu rfftig
vnd gut angesehen / vnd durch die zehe Vorsteher sembtlich beschloffenn /
>5 teglich vnte r die armen außteylen. W as aber w ehrhafftiger stucke / sollen
aus den Almußkasten genohmen / vnd an beqwemen orthen ym goteßhawße /
allwege biß off eine S o n ta g / ve rw a rt / vnd also fürder nach ermessunge
der zehen fursteher / fü r die armen außgewandt werden«.

Frembde beschwerügen abgelegt nu


Nach dem w ir Erbarm anne / R a th / viertelmeister Eldesten / vnd
gemeine einwoner der stadt vnd dorffer vnnsers kirchspiels / fü r vns vnd
vnsere nachkamen yn trafst dieser vnnser Vereinigung / beschlossen / vnd
dieße merckliche beschwerung / damitte eine gantze eingepfarte versamlunge
vber die masße / als vor. den frembden / errichten / vnn otturfftigen armen
oft musstg gengern beladen / vnd yn vnserm selbst mangell vetteufft ge­
west / aus rathe der gotlichen schriffrgelerten abgewandt vnd vffgehabe /
vn masßen auch abgewad vnd vffgehaben sein vnd bleyben sollen N em lich.

Termineyen abgelegtt.
Keine monche / welchs ordens auch die feint / sollen furtm ebr ynn
30 vnserm kirchspiell / yn der stadt noch dorffern / eyncherley termineyen
haben / darumb 1 yne auch die drey termineyheuser / aus dem g e m eine n,3w
tasten / oft dem selbigen zugute / nach zimlicher w irderung / sollen vernuget
werden

7 zum unterhalt 9 verwahrt 11 genau 12 essbarer


18 verwandt 23 empfindliche 24 heuchlerischen, aber nicht
wirklich notleidenden 25 in unserem eigenen mangel vertieft, ver­
senkt (unfähig, aus dem bei uns selbst vorhandenen elend emporzutauchen)
27 wie sie auch . . . (20— 27 anakoluth) 32 abschätzung vergütet
4i6 Ordnung eines

'« E ' B e tte ln der monche: ftationirer


vnd kirchenbitter abgethan.

K einem münche / keinem fta tio n ire r noch kirch rb itte r / fa ll yn vnserm
kirchspiell / yn der stadt vü dorffern zu betteln aber zu betteln lassen / ge-
statet noch verhangen werden« Z

B ette ln fremder schuler abgelegt


K eyn fremd schuler fa ll ynn vnserm kirchspiell ynn der stadt noch
dorffern czu betteln geliden werden / W i ll aber yemand yn die schule bey
vnd gehen / d ' mag ym selbst seine kost vnd narunge verschaffen.

B e ttle r vnnd bettleryn abgelegt.


Kenne betteler vnnd bettleryn sollen ynn vnnserm kirchspiell ynn der
stadt noch dorffern / gelidden werden / dann welche m it alder oder kranck-
h e itt nicht beladen / sollen arbeiten / aber aus vnnserm kirchspiell / aus der
stadt vnnd dorffern / auch m it hulffe der obrigkeitt / hynw egt getrieben
werden / D ie aber aus zu fellen bey vns verarmen / ader aus kranckheit 15
vnd alder / nicht arbeiten können / solle durch die verordenten zehen / aus
vnserm gemeinen kästen / zimlicher weiße versehen werden / yn Massen
hiernach volgett.

Auffgabe vnd versehunge auffm v


gemeinen kastenn.

H ie ru m b w ollen vnnd sollen nu fu rth in w ir eingepfatte versamlunge


vn vnser nachkomen / aus vnserm gemeinen kästen / durch die zehen erwelte
vnnser Vorsteher / so w e it sich vnser vermögen / m it gotes gnaden erstrecken
w ird e t / ernehren / versehen vnd erhalten / V n d die außgaben w ie volget /
nach gelegeheit / th u n vnd darlegen. Nem lich -Z

Ausgabe des p farr Am bts.


D em gemeinen vnsern beruffenen erwelten seelsorger ader P farrer /
zu sambt einem auch vnserm beruffenen Prediger / ßo eym Pfarrer (welcher
z u e doch selbst sein 1 pfarrlich am bt / m it Verkündigung des g o ttis w orts / vnd
24 w anderm 1 thu n können vnd wissen saw zu hulffe zugeordent / off dar zu ein y>
Cappella« / ab es die n o ttu rfft erfordern wurde / sollen die zehen Vorsteher /
aus einrrechtigem beschliess der ganntzen versamlunge / m it einer «am-
hälftigen summa geldes / D n n d etlichem genyeßlichem vorrathe vnd nutzunge /

2 mönche, die für einen kirchenbau geld zusammenbettelten


5 erlaubt 15 unglücksfällen 32 genau fixierten 33 zu ihrem
genuss bestimmten
gemeinen Kasten. 1523.
417

ligender grübt vn guter / alle Jare ierlich / ye den vierdenteyll / off eine
quatemper onb viertelt Jares / zu yrer -imlichen notturfst onb vffent-
bfllhmgc versehen / onb auffm gemeinen kästen gegen geburlicher quitantz
überreichen / Ann welchem yare gelbe / vorrathe onb nutzunge / als einer
5 versorgunge / fle gefetriget fein sollen / mit keinerley weiße etwas mehr /
von den eingepfarten Personen onb menschen / -usuchen noch zuentpsahen /
es weren ban vngesuchte ledige freye erbtetungen onb gaben / funber sollen
sich nach der oibenunge onb vnterwepsunge / m it dem / onb auch der vev»
mefunge des gemeinen selensorgen Ambts / der gotlichen schüfftgelerten /
1 0 halten / Welche ordenung yn onferm gemeinen kästen verwart / onb durch

die zehen Vorsteher / alle Sontage oleiffig fall bewogen onb gefordert werden /
damitte an dem seelsorgenambt / kein abbruch geschee.

Ausgabe für die Custerey.


Dem kirchner aber kuster / welchem von einer versamlunge / das gotes
, 5 hawss zuuerschliesßen / onb die zimlichen binste dabey zuthun / beuolhe /
satt durch die zehen fursteher / auffm gemeinen kästen ein namhafftig
yaergelt / onb etlicher genvßlicher vorrath / auch Nutzunge / off die vier
virteyll iares gegeben «erde / wie solchs durch die versamlung beschlossen /
onb yn der schrifftlichen ordenung / des gemeinen seelsorgen Ambts / wie
ao obin / zu sambt der kusterey dinsten / mitbegriffen.

Ausgabe für die zeucht schulen.


Einen schulmeister für die yungen knaben / zuberuffen / setzen onb
entsetzen / sollen die zehen verordnte1fürsteher yn nahmen onfer gemeinen u 3 b
eingepfarten versamlunge / macht onb beuelh haben / nach rathe onb gut
, 5 ansehen / vnsers enoelten seelsorgers onb eins Predigers / onb ander got­
lichen schrifftgelerten / bamitte ein frommer vntadlicher wollgeletter man /
zu Christlicher ehrlicher onb erbarer zucht onb vnterweysung der iugent /
als eine hvchnotigen ambte1furgesetzt werde / welcher schulmeister yn seiner 25 w
zeucht / lehre / leben vn regierung / nach vermögen der ordenüg vnsers ge-
3 0 meinen seelsorgenambts / wie obin / ym vorrathe vnsers kastens furhanden

ligenb / sich richten onb onueranbert zuhalten / verpflichtet fein s l l / d ib


aus onferm gemeinen kästen ein namhafftig mrgelt onb etlichen vorrathe /
off die vier viertel! iares / nach beschloss einer gemeinen versamlunge /

2 quatember als zinstermin ist jedesmal der mittwoch der quatember-


/astenwoche, also mittwoch vor Reminiscere und Trinitatis, nach kreuz-
erhöhung (14. sept.) und St. Lu dä (13. dez.) erhaltung 3 quittung
8 sondern sollen sich in diesem punkte und in der Verwaltung des seel-
sorgeramts nach der Ordnung und Unterweisung der in der göttlichen
sehnst gelehrten halten 11 erwogen
durch die zehen fursteher / dem selbigen schulmeister / fall gegeben vnd
vernuget w erden/vnd fall darüber nichts m eh r/au s vnser eingepfarten
versamlunge / wie die yn vier vnderschieden obin angetzeigt / suchen noch
entpfahen / Aber von frembden schulem / welche alleyne vff yre selbst
eygene kost / vnd nicht vff bettley alhier solle gelidden werden / mag der $
schulmeister / nach ermeffunge eines Pfarrers vnd Predigers / sambt der zehen
fursteher/billiche belonnge nehmen/Also das auch / den selbigen frebden
Christliche zeucht vst lehre / mittgeteylet werde / Dff diss schullambt vnd
regierunge der iugent / sollen vnser seelsorger / Prediger vn zehen fursteher /
ein vnnachlesflg treulich vffsehen haben / vnd alle sontage / Verwegen IO
notturfftig bedencken vnd ratschlag halten / vnd mit gestracktem ernst handt-
haben / Dergleichen fall aus vnserm gemeinen kästen / durch die zehen
ftrrsteher / eine ehrliche / betagte / vntadliche weibs Person mit eym iaer-
gelde / vü etlichem vorrathe versehe werden / die iungen meidlen vnder
zwelff iaren / yn rechtlicher Christlicher zeucht / ehre vnd tugent / zu vnter- ,5
weißen / vnd nach ynhalt der ordenunge / vnsers seelsorge ambts / deutsch
i 14b schreyben vnd 1lesen lernenn / etliche namhafftige stunden / bey Hellem lichten
sonnenscheyn vnd an eym ehrlichen vnuerdechtigen orthe / vnd darüber auch
nichts mehr / auS vnser versamlung suchen noch entpfahen / Aber von
frembden meidlin / ab die anderßwo anher geschickt / yn die deutsche schule / Ä
mag solche Weibsperson / nach rathe der zehen fursteher / mögliche be-
lonung auch nehme / vnd die zehen fursteher / sollen ye mit hochem vleis/
vff die zmcht vnd regirung dieser deutschen schulen vnd iungen meidleyn/
vffsehen haben / Damitte Christliche zeucht ehre vnd tugent / vnuerrucklich
erhalten werde. *5

Außgabe für die gebrechlichen


vnd alden armen menschen.
Die menschen / so yn vnser eingepfarten versamlunge vnd kirchspiell /
auß zufellen bey vns verarmen / vö yren freunden / ab sie etliche vermoq-
liche der selbigen hetten / mit hulffe verlassen weren / Auch welche aus *>
kranckheit oder alder / nicht arbeiten können / vnd notturfftig arm weren /
»6W sollen durch die1zehen fursteher / wöchentlich ave sontage / vnd sustend
nach gelegenheit / aus vnserm gemeinen kästen erhalten vnd versehen
werden / Alßo / daS sie yre leib vnd leben / gotte zu ehre vnd lobe / aus .
mangelt notturfftiger hawsunge / kleidung / nahrunge / vnd wartunge / ferner 35
zukrencken schwechen vnd verkurtzen / aus Christlicher liebe / verhüttet sein

i gebeben A 2 zur entschädigung gegeben 11 je nach be-


dtirfnis angestrengtem ausführen 17 genau fixierte 21 ent­
sprechende 32 sonst 34 so dass sie Gott zu ehre und lobe davor
bewahrt sein mögen, ihr leib und leben aus mangel an . . auch ferner
noch krank zu machen, zu schwächen und zu verkürzen
gemeinen Kasten. 1523. 419

mögen / Dnd ye von keinem armen / vnter vnser versamlunge / solche stucke
der teglichen notturfft / öffentlich geruffen / geklaget vnd gebettelt / werd-
durffen / bammb sollen die zehen fursteher / mit grossem steten vleis / er»
kundunge vnd nachforschunge furwenden / vnh warhafftig gruntlich wissen
s haben / aller solcher armen / wie obin / yn der stadt vü dorffem / ynner-
halb vnsers gantzen kirchspiels / vtt darüber alle sontage ratschlagen / vnd
die nahmen der ienigen armen/welche also erforschet / vnd ynen hulffe
zuthun / beschlossen / sollen zusambt dem beschlossenen ratschlage / yn das
handellbuch / klerlich eingeschrieben werde damilte das vermögen aus vnserm
io gemeinen kästen / ordentlich außgeteylet werde.

1Außgabe versehüge der weyhsen 1,1B


vnd armen kinder.
Arme verlassene weyhsen / sollen mit zucht oft leibs notturfft / biss
sie yre bwth verdienen vnd erarbeiten können / durch die fursteher / auffm
13 gemeinen kästen / ynnerhalb der stadt und dorffem / vnsers gantz- kirch­
spiels / nach gelegenheit versorget «erden / Ab auch vnter solch- weyhsen /
aber armer vnuermogender Leute kinder / iunge knaben befunden / welche
zu der schule «oll geschickt / vnd begrifflich der freyen kunste vn schriffte
sein wurden / die sollen neben den andem armen mmschen / durch die für»
so steher / auffm gemein- kästen / emeret vnd versehe werden / Dnd die andem
knaben zur arbeit / handtwercken / vn zimlichen gewerben gefordett werdm /
Die iungfrawen vnter solchm verlassen weyhsm / deßgleichen armer leutte
tochter / sollen auch durch die fursteher / auffm gemeynen kästen / zu ehstande
beraten werden / mit einer zimlich- hulffe.

*5 Ausgabe versehunge hawßarmer


leutte.
Handtwercks leuttm / vn andem hawß armen Leuten / die yn ehlichem
oder witwen stände / yn der stadt vnd dorffem / ynnerhalb vnsers kirch-
spiess / wonhafftig feint / vnd nicht vermögen / noch sustend anderswo hulffe
3 0 haben / yre handtwercke bürgerlich / vn bawerS namng redlich / zutreyben

vnd arbeiten / sollen die fursteher auffm gemeinen kästen / zimliche für»
streckunge thun / vff mögliche tagezeitt wider zubetzalk / Welche aber / vber
yre trewe erbeit vnd1vleis / solchs nicht vermochten wider zugeben / denen >7w
fall es / als zu yrer notturfft / vmb gotes willen erlaffm werden / solche
35 gelegenheit / fall durch die fursteher eigentlich erkundet werden.

2 vorübergehenden auf der stresse zugerufen und geklagt 18 capaces


artium et litterarum 24 ausgestattet 32 an entsprechenden tenninen
trotz 35 genau
420 Ordnung eines

Ausgabe verschlinge fremder


einkomlinge.

Frembden einkomlingen / welchs stands / sie m annes. oder weibes


Personen w e re n /v n d Christlich brüderliche -u u e rs tc h t/z u vnser gemeinen
versamlunge haben y vnd ynnerhalb der stadt oder dorffern vn vnserm 5
kirchsprell / m it yrer arber m he vn vleis yre narunge suchen w u rd e n /
sollen die zehen fursteher treuliche forderunge thu n / auch aus vnserm ge*
1,6 e meinen ka'sten / m it leyhen vnd geben nach gelegenheit zimliche zu hülffe
komen / dam itte auch die frembden nicht tro illo ß verlassen / vnd fü r schänden
vnd offen funden erre ttig e tt sein mögen. 10

Ausgabe für enthalt vnd vjfrich-


h in g t der gebewhde.

Teglichen enthaldt vnd besserung der gebewhde auch nawe gebewhde /


N em lich an diesen volgenden orthen / dem gemeyne kästen zustendig / D z
g o tis hawß die M uldenbrucke / der pfa rrh off / die schule / die küsterey / «5
die hospitalh / solle die zehen fursteher / m it gutem vleis vnd fursichtig-
-e it / auch m it rathe der bawhfurstendigen / vnd bewert er bawhleute / be­
rathschlagen / bestellen / thu n vnd volfuren lassen / vnd die zugehörige
n o ttu rfft m it beqwemigkeit yn vorrathe verschaffen / vnd auffm gemeinen
kästen die darlegung thun / auch durch yre zwene bawmeister fuhren / vnd *>
ander handtarbeit nach hergebrachter gewonheit beyn leuten yn der stad vn
vffm lande / sonderlich zur bruckk / durch bethe zuerlangen.

Ausgabe getreide kauffen yn ge-


meinen vorrath.

V nser emgepfarten versamlunge zu einem gemeinen nuye / sollen die *5


zehen fursteher aus vnserm gemeinen kästen / neben der zulegunge eins
R a d ts aus yrer stadtkamer / eine redliche summa vnd antzalh korns vn
erbeiss / v ff die schutehewßer / so dem R athe vnd gemeinem kirchspiell zu­
s te n d ig /y n vorr the einkauffen vnd verschaffen sblchen vorrath / yn w oll-
feilen iaren getteide kauffen / nicht angreiffen / sonder allwege mehren vnd j°
28 w stercken / dam itte die einwoner 1 gemeiner eingepfarten versamlunge / allent-
halb yn der stadt vnd dorffern / yn zeit der anligenden n o ttu rfft / ym ver

7 förderung 8 wie sich’s gehört 11 Unterhaltung 13 neue


18 das nötige material in angemessener weise beschaffen 20 be­
zahl ung 22 entbietung derjenigen, die an der reihe sind, die fuhren
zu stellen und die handarbeit zu leisten 26 dem Zuschuss 28 erbsen
schuttehäuser, magazine 29 dafür sorgen, dass solcher Vorrat in
jähren, da das getreide billig zu kaufen ist, nicht angegriffen wird
32 drohenden
gem einen K as te n . 1523. 421

kauffen / leyhe oft geben / wie solchs durch die zehen fursteer für gelegen
vnd beqweme angesehen wirdt / zu solchem vorrathe durch die gnade gottes /
zirsincht vnd leibs narunge Habs mögen / Was auch an getreide vö acker-
leutten yn der (tobt oder -awern vffm lande / gemeinem nutze zu gute /
5 aus milder handt g geben aber zu testamenten bescheiden / oft ober btt er-
haldunge der armen le u tte /w ie obin / oberb eiben 1wurde / fall auch zu 1*
diesem gemeinem vorrathe geschlage / vnd wte gehortt zur nottursst der
gantzen eingepfarten versamlüge gebraucht werden.

Jerliche ;ulage yn gemeynen ka- VI


10 (ton zuthun.
Wo auch die zinße / vffhebungr / geselle vnd zugenge / ym sürmögen
oft vorrathe vnsers gemeinen kastens wie obin stuckweiße angezeiget / nicht
gnugsam zuvnterhaltunge vnd versorgunge vnsers pfarrambts / kusterey /
schulen / der nortursstigen armen / vnd gemeiner gebewhde / yn Massen
15 ordentlich nacheinander außgesatzt / haben w ir Erbarmanne / Rath / viertell-
meister / eldesten / vnd gemeine einwoner der stadt vnd dorsser nsers
gantzen kirchspiels / für vns vnd vnsere nachkomen / yn tröfft dieser vnse
brüderlichen vereynigunge eintrechtiglich beschlossen oft verwilliget / das ein
yeder Erbarman / bürg er vnd bawer / yn dem kirchspiell wonhafftig / nach
» dem er hat vnd vermag / für sich sein weid vnd kinder / ierltchen ein gett
zulegen solle / damit die heubtsumma / so sich eine gemeine eingepsarte ver-
samlunge/yn yrem bedencken vnd ratschlage / aus der yarrechnung / als
für notturfftig vnd gMgsam / belerrnen vnd erkunden wurde / für folh aus
zubrengen vnd zuerlangen sein möge / Hierzu sollen auch / so w eitt sich
•5 vnser kirchspiell erstreckt / alle hawßgnoffen / dienstgestnde / k.rapschafft der
handtwercke / oft andere Personen / welche nicht hewßlich besessen / vnd
doch vnsere pfarrechte ch m itt frawen vnd geprauchen / eine yede Person '
ein silbern groschen / allwege off em temper oft viertelt yares / drey
nawe Pfennig / als den Vierden teyll desselbigen fl v f* n / erl cken zubulffe
30 reichen / welchs ein yeder hawßwirt oder hawßwtr'ynne vle ssig embren -n /
vnd fürder den zehen furstehern / off tgliche quat-mp r vberantworten fall.
Dnd eine emgepfarte versamlung wöllen vnd sollen sich ytzndt vnd kunfftig«
lich / solcher yerlichen geringen zutage oft hulffe / zu der ehre gottes / vnd
liebe des eben Christen menschen / nicht beschwere / 1 yn betrachtug das xa8 e
35 hiefur / eine lange ewige zeitt / beide / die wonhafftige oft nicht wöhafftige /
durch vnser gemeyne1kirchspiell / m it vbermessiger vntteglicher beschwerunge «»w
vnd abetzug / yn mancherley weysen vnd listen / ane vnderlass durchs gantze
2 angemess 5 testam entarisch verm acht über-hinaus 11 er-
hebungen eink ü n fte 14 w ie 15 auseina dergesetzt dargelegt
23 belehren für vo ll auszubringen — v o ll zusamm e zi g u 0 ge­
sellen 26 hausbesitzer sind 27 f.e u e 9 neu 3^ o ^
die ansässigen als auch die unansässigen 37 geldaozug
422 Ordnung eines

yaer vberladen vn außgesogen / welcher dinge numaln / durch die gnade


gottes / «iderum b yn wäre freyheit des Christlichen geists / gewandt vnd
komen feint / vnd eym yeden Christen / m it höchstem vleis zuverhntte /
solche Christliche freyheit zubedeckunge des schentlichen geitzs / nicht misse-
brauchen. 5

Dreymalh ym iare gemeine vcr- vn


samlunge zuhaltenn.
Dreym alh ym iare / als Nemlich / den sontag nach dem achten tage
der heiligen drey könige / den sontag nach sanct V rbans tage / vnd den
sontag nach sanct M ichaels tage / wollen vn sollen / eine gantze gemeine *0
eingepfarte versamlunge / vmb eylffhora / vffm radthawße zuhauffe komen /
vnd zum wenigsten biss vmb zwey Hora / nach Mittage aldo beharren /
erstlich diese vnser brüderliche vereynigüge / öffentlich verlesen vn anhören /
aus vnterricht vnser zehen verordenten fursteher / m it furlegung yrer handell
vnd rechenbucher / vnd süstend aus vnser aller gemeinem bedencken / die 15
verwesunge / eynnahme vnd außgabe / vnsers gemeine kastens / vnd sustend
allenthalben / die notturfft vn beqwemigkeit / zuberadtschlagen / auch durch
die gnade gotes / entlich zubeschlieffen / damitte diese brüderliche ver-
eynigunge / nach gelegenheit des gemeine Vermögens vnd vorradts / er»
halten / vnd nicht yn abnemen kome / Ab auch ymands aus gemeynr *>
kirchspiell / off solche drey bestimbte tage / nicht gegkwertig sein künde /
wie doch ane mercklich grosse vrsache sich nymäd dauon ewffern solle/
nichts weniger wie obin berurt / durch den Haussen / ordentlich verfaren
werden.
Fursteher yre volstendige iarrech- »$
nunge zuthun.
Vnsere zehen verordenten fursteher / sollen alle yar ierlich / off den
12Y E sontag nach dem achten der heiligen 1dreyer konige / vn volgend tage / nach-
einäder yre gantze iarrechnüg / von verwesunge / eynnahme vnd außgabe /
vnsers gemeynen kastens / durch yre handell oft rechenbucher / vnd süstend §»
m it yrem muntlichk bericht öffentlich yn gegenwertigkeit vnser gemeinen
versamlunge / aber einer mercklichen antzall vn außschuß / ob wegen vnd an
stadt gantzer versamlunge / wie es die gelegenheit geben will / thun / fur-
wende vnd volfuren Nachdem die forma vn vnterricbt / zu solcher yar-
rechnung aus gemeinem beschliess einer versamlunge / off den ersten tag 35
yres ankomens / wie obin bemeldet / gemacht / vnd den furstehern vberge-

i nunmehr 3 sich hüten muss 4 1. Pt. 2, 16 9 25. mai


18 endgültig 19 entsprechend dem zustand 22 dispensieren 23 so
soll doch nicht desto weniger in der oben erwähnten weise obin / berurt A
34 vorlegen 36 Amtsantritts
gemeinen Kasten. 1523. 42Z

antourt aber zugestellet worden ist / vnd man solche rechnung von den
furstehern bescheen vnd angenomen wurden / sollen die von1einer versamlng 30w
wegen / m it vleisflger dancksagunge der selbige nach aller notturfft / ledig /
queid / vnd loss gesaget werden / vnd als baldt sollen sie vnsern nawer-
5 wetten zehen furstehem 1 eynantwurten vft vberreichen den gemeine kästen /
m it sambt allen brieuelichen vrkunden / vertzeichnussen vnd register / auch
die drey bucher das heubtbuch / das handelbuch / die yarrechenbucher / souill
der selbigen gemacht feint / vn daneben lauts des ynuentarien / alle stucke
die nach beschlossener yrer rechnung / ym vorrathe vnd restat verblieben /
10 getreide genyßlicher vorrath / farendehaben / cleinod / fflberwerck / barschafft
an gelde / allerley notturfft zu gebewhd? / alles nach rechter vnderschied des
gewichts / zcalh vnd mass / volkümlich anweißen vnd vberantwurten / vnd
solche vberantwortung satt von nawen ordentlich yn ein ynuentanü vn ver-
tzeichnus anderweitt beschrieben / vnd durch die erbarmanne / rethe / vnd
*5 vier handtwercke / yn nahmen gantzer versamlunge / bestgelt / vnd yn ge-
meinen kästen widerumb darauff zuberechen / hinderlegt werden.

D ie nawen fursteher erholunge


beyn alden zuhaben.
So mögen auch die na»? fursteher / so offt es ynen nodt sein wirdt /
80 bey den alden erholnge haben / 1 welchs stch die alden fursteher / vmb der 130 b
ehre gottes vnd gemeines nutzs willen nicht beschwer? / sunder trew?
vnterricht vnd rath mitteylen sollen.
Zu marer vrkunde / vnd vff das biege vnser brüderliche vereynigunge /
yn allen yren obgeschrieben artikeln / stucken vnd Puncten / nicht anders /
*5 tan alleyne zu der ehre gottes / vn liebe des eben Christen mensch? vn
also gemeinem nutze zu gute / durch eine eingepfarte versamlung alhier zu
leyßneck / zu aller zeitt satt gehandett / gebraucht vnd gehandthabt werd?
tteulich vnd ane alle geferde / haben w ir erbarmanne / m it tiamen Baltaser
vö arras / Bastian pon kotteritzsch oft Sigmundt von laußk / vnsere ange-
•to borne Erb instgell / V ft w ir d' radt vnser (labt secrett / Vnd w ir geschworne
handtwercks Meister der vier handtwercke. Nemlich / Tuchmacher / Becken
Schuster vnd Bötticher / vnsere gewonliche handtwergs stgill / von wegen
oft vff bitte aller vnd iglicher einwoner / yn der (ladt oft dbrffern / vnsers
kirchspiells / mit öffentlicher rechter wiffentschafft / für vns vnd vnsere nach-
35 körnende eingepfarte versamlunge / an biege gegenwertige vnser beschreydung
thun anhmgen. Gescheen vnnd geben zu Leysneck nach Christi vnsers lieben
herm gebürt / tausent funffhüdert oft ym dreyvndzwentzigsten yare.
4 quitt 16 als grundlage für die nächste rechenschaftsablegung
20 sich rats erholen 21 weigern 28 betrug 30 E rs A ge­
heimsiegel 34 m it klarem bewusstsein
424
Von Ordnung Gottesdiensts

Von Ordnung Gottesdiensts in der


Gemeine. i§»Z.
Vorlage: W. A. 12, 32 A (danach auch der abdruck in den „Kleinen
Texten1* h. 36, s. 3—5). ___

x$3 e 1 V on ordenung gottiS dienstS


3$w yrm der gemeine.
C ^N ohr G ottiS dienst der itzt allenthalbi gehet / hatt eyn Ehristliche feyne
^ ^ a n k u n f f t gleych wie auch das predigampt. Aber gleych wie das predig«
ampt verderbt ist / durch die geystlichi tyrannk / also ist auch der gottiS $
dienst verderbt durch die Heuchler / W ie wyr nu daS predigampt nicht abe«
thun / sondern Widder ynn seyn rechten stand begeren tzu brengen / so ist
auch nicht vnser meynüg / den gottiS dienst auff zuheben / sondern Widder
ynn rechten schwang tzu bringen.
1f D rey grosse mißbreuch sind ynn den gottiS dienst gefallr / D er
erst / daS man gottiS wort geschwyge hat / vnd alleyne geleßen / vnd -c*
sungen ynn den kirchen / daS ist der ergiste mißbrauch / D er ander / da
G ottiS wort geschwygen gewesen ist / sind neben eyn komen / so viel Dtv
christlicher fabeln / vnd lugen / beyde ynn legenden / gesange vnd predigen /
daS greulich ist tzu sehen. D er dritte / daS man solch- gottiS dienst / alS i $
eyn werck than hatt / da m it gottiS gnade vnd selickeyt zur werben / da ist
der glaub vntergangen / vnd hatt yderman zu kirchen geb- / stifften / pfaff /
mund) vn nonnen werden wollen.
T N u diße mißbreuch abtzuthun / ist auffS erst tzu wissen / das die
Christlich gemeyne nymer soll zu same komen / eS werde denn da felbS •o
G ottiS wort gepredigt vnd gebett / eS sey auch auffS kurtzist. W ie Psalm
.101. W enn die konige vnd daS volck tzu samen kompt gott tzu dienen /
sollen sie G otttS namen vnd lob verkündigen / V nd P au lu s . 1. Corm. 14.
spricht daS ynn der gemeyne soll geweyffagt / gelert vnd ermanet werden.
D arum b wo nicht gottS wort predigt Wirt / istS besser daS man Widder »5
singe noch leße / noch zu samen kome.
154 e
T Also istS aber tzu gangen vnter den Christen tzur1tzeyt der Apostel /
vnd sollt auch noch so tzu geh-. DaS man teglich deS morgeS eyne stunde
frue vmb vier odder funffe tzu samen keme / vnd daselbS lesen liesse / eS
seye schuler odder purster / odder wer eS sey / gleych wie man itzt noch So
e Lection ynn der Metten ließet / daS sollen thun / eyner odder tzween /
odder eyner vmb den andern / odder eyn Chor vmb den andern / wie daS
am besten gesellet.
Y Darnach soll der Prediger odder welchem eS befolhe w irt / er für
tretten / vnd die selb lectron eyn stuck auS legen / das tu andern alle ver-
3 im gang ist 4 abkunft 13 daneben eingedrungen 14 sowohl
in leg. als auch . . . 16 zu erwerben 22 Ps. 101, 23 23 1. Ko.
14. 31 25 weder 34 hervortreten
in der Gemeine. 1523. 425
stehen / lern* vnd ermanet werden / D as erst «erck heyst Paulus .1. Coru
14 mit zungen reden. D as ander / aus legen odder weyssagen / vnd mit
dem synn odder verstand reden. Vnd wo dis nicht geschicht / so ist die
-emeyne der lectiö 1 nichts gebessert / wie bis her ynn klostern vnd stifften 3*w
5 geschehen / da sie nur die wende haben angeblehet.
1s Diße Lettion soll aber seyn aus dem alten Testament / nemlich
das man eyn buch für sich neme / vn eyn Capitel odder -wey / odder eyn
halbes leße / bis es aus sey / dar nach eyn anders für nemen / vnd so fort
an / bis die gan-e Biblia aus gelesen werde / vnd wo mau fle mcht per»
10 stehe / das man für ober fare / vnd got ehre. Also das durch tegliche
vbunge der schrifft / die Christe ynn der schrifft verstedig / leufftig vnd kundig
werde / Denn daher wurden voryeytten gar feyne Christen / iungfraw* oft
werterer / vfl sollte wol auch noch werd*
Wenn nu die Lettion vnd auslegng eyn halb stüd odder lenger ge-
15 weret hatt / soll man drauff yn gemeyn got dancken / loben / vn bitt* vrnb
frucht des Worts, rc. Dazu soll man brauchen der psalm* / vnd ettlicher
-utter Respösoria / Antiphon / kur- / also / das es alles yn eyner stund
ausgerichtet werde / odder wie lange fle wollen / denn man rnus die seelen
nicht vberschutten / das fle nicht rnude vnd vberdruffig werden / wie bis
to her ynn klostern vnd stifften fle flch mit esels erbeyt beladen haben.
1s Desselben gleyche an dem abent / vmb sechs o d d '' fünffe W idder,5$ b
also -u samen. Dnd hie sollt aber aus dem altem Testament eyn buch
nach dem andern furgenomen werden / nemlich die Propheten / gleych wye
am morgen Moses vnd die Historien. Aber weyl nu / das newe Testament
*5 auch eyn buch ist / las ich das alte Testamrt dem morge / vk das newe
dem abent / odd' widderüb vfl gleych also lesen / aus leg* / lob* / flnge vk
beten / wie am morgen / auch eyn stund lang. Den es ist alles zuthun
vmb gottis wort / das dasselb ym schwäg gehe / vnd die seelen yrner auff-
richte vnd erquicke / das fle nicht lasß werden.
30 1 man nu solch versarnlung des tags noch ein mal hallten
nach effens / das stehe ynn freyer wilkore.
ff Auch ob solchs tegliches gottis diensts villeicht nicht die ganye
versamlunge gewartten künde / sollen doch die vriester vnd schuler vnd tzuuor
die ienigen / so man verholst gutte Prediger vn seelsorger aus zu werden /
35 solchs thun. Dnd das man fle ermane solchs frey nicht aus -wang / odder
vnlust / nicht vmb lohn -eytlrch noch ewig / sondern alleyne gott -u ehre /
den nehisten -u nu- -u thun.
ff D es sontags aber soll solch versarnlung für die gan-en gerneyne
geschehen / vber das tegliche versamlen des kleynern Haussen / vn da selbs /
40 wie biß her gewonet Mesß vnd Vesper flngen / also das man zu beyder
i 1. Ko. 14, 26 5 angebläht, angeblökt 10 darüber hinweg­
gehe, ohne an Gottes wort herumzumäkeln 11 bewandert 15 ins­
gemein 19 obroere 20 übertriebener plackerei 22 abermals
26 umgekehrt 33 abwarten 39 über-hinaus, ausser
V on Ordnung Gottesdiensts in der Gemeine. 1523.

heytt predige der ganhen gemeyne / des morgens das gewonlich Euägelion /
37 w des abents die Epistel / 1 odder stehe bey dem Prediger / ob er auch eyn buch
für sich neme odder tzwey / wie yhn duckt das nuhist seyn.
W ill nu vemand als dann das sacramet enrpfahen / dem laß mans
geben / wie man das alles wol kan vnternäder nach gelegeheyt der zeyt vn 5
Person schicke.
% Die teglichen messen solle abseyn allerdinge / den es am wort /
vnd nicht an der messen ligt / Doch ob ettlich ausser dem sontag begette
das sacrament / so hallt man messe / wie das die andacht vnd heyt gibt /
denn hie kan man keyn geseh noch Hill sehen. I0
H Das gesenge ynn den sontags messen vnd Vesper las man bleyben ,
156 e tonn sie sind fast gutt / vnd aus der ' schrifft gehogen / doch mag mans
wenigem odder mehren. Aber das gesenge vnd psalme teglich des morgens
vnd abents zu stellen soll des Pfarrers vnd Predigers ampt seyn / das sie miss
eyn iglichen morgen eyn Psalmen / eyn seyn Responsonon odder Antiphen , 5
mit eyner Collecten ordene. Des abents auch alßo / nach der Lettion vnd
auslegung öffentlich zu lesen vnd zusingen. Aber die Antiphen vtt
sponsoria vn Collectey / legende von den Heyligen / vnd vom creuh / laß
man noch eyn heyt stille ligen / bis sie gefegt werden denn es ist greulich
viel vnflatts drynnen. *>
1 Atter Heyligen fest sollten ab seyn / odder wo eyn gutte Gfmfb
liche legede were / «uff den Sontag nach dem Euangelio zum exempel mit
eyn gefurt werden. Doch das fest Purificationis / Annüciationis Marie
ließ ich bleyben / Affumptioms vnd Natiuitatis mus man noch ton yeyt-
lang bleyben lassen / wie wol der gesang drynnen nicht lautter ist. Johannis 25
Baptiste fest ist auch reyn. Der Apostel legend ist keyne reyn / on .S.
Pauli / drumb mag man sie auff die Sontage hyhen / odder so es gefelt /
sonderlich feyren.
IT Anders mehr wirt ssch mit der heyt selb geben / wenn es angehet.
Aber die Summa sey die ! das es ia alles geschehe / das das wort ym 3c
schwang gehe / vnd nicht widderumb eyn loren vnd dohnen draus werde /
wie bis her gewesen ist. Es ist alles besser nach gelassen / denn das wort.
Vnd ist nichts besser getrieben den das wort / den dz das selb sollt ym
schwang vnter den Christen gehen / yeygt die ganhe schrifft an / vn Christus
auch selb sagt / Luce .x. Eyns ist von notten. Nemlich das Maria hu 35
Christus füffen sitze vnd höre seyn wort teglich / das ist das beste teyl /
das zurwelen ist / vnd nymer weg genomen wirt. Es ist eyn ewig roort /
das ander mus alles vergehen / wie viel es auch der Martba zuschaffen
gibt. Datzu helff vns gott Amen.

7 omnino 12 sehr 13 vermindern 14 bestellen, anordnen


pfarres A 19 gereinigt 31 heulen und lärmen 32 unterlassen
35 Lc. 10, 42
Formula missae et communionis. 1523. 427

Formula missae et communionis. 1523.


Um eine Instruktion für weitere gottesdienstliche reformen hatte
der Zwickauer pfarrer Nikolaus Hausmann L. durch den damals in
Wittenberg studierenden Stephan Roth seit dem i8. juli 1523 wieder­
holt gebeten1. Aber erst am 4. der. konnte der vielbeschäftigte L. ihm
die ‘formula missae* schicken; am 11. der. hatte Hausmann den druck
in bänden. Ueber Emsers gegenschrift vgl. Kawerau, Hieronymus Einser,
Halle 1898, s. 43 ff.
Zum Verständnis unbedingt nötig ist die kenntnis der römischen
messe („Kleine Texte“ h. 19; vgl. auch den art. messe, liturgisch,
R E 8 12, 697 s!.).
Unsere vorläge: W . A. 12, 201 A (druck von Nickel Schirlentz
in Wittenberg; danach auch der abdruck in den „Kleinen Texten“
h. 36, s. i i —24).

opp. v. a.
VENERABILI 7, « E
11 105W
In CHRISTO D. NICOLAO HAVSMAN
EPISCOPO CYGNEAE ECCLESIAE
IN CHRISTO SANCTO.
$ MART. LVTHER.
/^ R a tia m et pacem in Christo optat Hactenus libellis et
VJsermonibus egi inter populos, vt corda primum ab impiis
opinionibus ceremoniarum auocarem, Christianum et comodum
arbitratus me facere, si causa fierem, ut absque manibus
co contereretur abominatio, quam Satan per hominem peccati in
loco sancto statuerat, Proinde nihil vi aut imperio tentaui,
nec vetera nouis mutaui, semper cunc'tabundus et formida- 3E
bundus, tum propter imbedlles in fide animos, quibus subito
eximi non potuit tarn vetus et inolita, nec inseri tarn recens
cz et insueta ratio colendi dei, tum maxime propter leues illos
et fasddiosos Spiritus, qui ceu sues immundae, sine fide, sine
mente irruunt et sola nouitate gaudent, atque statim, vt nouitas
esse desiit, nauseant, Quo genere hominum cum in rebus
caeteris nihil est molestius, tum in rebus sacris sunt molestissimi

I) vielleicht auch schon kurz vorher (zwischen i. und 15. juli)


durch den aus Zwickau, wo er im juni mehrere gastpredigten gehalten
hatte, nach Eisleben zurückkehrenden Kaspar Güttel, vgl. W . A. 12,
197 und dazu noch Kawerau, Caspar Güttel, Halle a. S. 1882, s. 49 ff.
gegen E. 4, riz^-vgl. W A S rz.i.z6 *

9 Da. 8, 25 (vgl. oben s. 301, z. 12) 10 Mt. 24, 15 2. Th. 2, 3


33% Luthers Werke II
428 Formula missae et

ae6W et intolerabiles, 1quamuis, vt rumpar ira, ferre illos cogor,


nisi velim et Euangelion ipsum e publico tollere.
Sed cum iam spes sit, multorum corda per gratiam dei
illustrata esse et roborata ipsaque res poscat, vt tandem
scandala tollantur de regno Christi, audendum est aliquid m s
nomine Christi Iustum est emm, vt vel pauc's consulamus,
ne dum p rpetuo leuitatem et abusum illorum formidamus,
nullis prorsus consulamus, et, dum istorum futura scandala
cauere volumus, vniuersas abominationes illorum roboremus.
Quare de formula aliqua pia missandi (vt vocant) et communi- *o
candi, vt et tu postulasd toties, optime Nicolae, agemus, ac
sic agemus vt non amplius solum verbo doctrinae corda
regamus, sed manum quoque apponamus, et publica ad-
ministratione in opus perducamus, nulli prorsus preiudicantes,
ne aliam amplecti et sequi liceat. Quin ex animo per Chri- 15
stum obsecramus, vt, siquid melius illis reuelatum fuerit nos
priores tacere iubeant, vt communi opera rem communem
iuuemus.
Imprimis jtaque profitemur, non esse nec fuisse vnquam
in animo nostro, omnem cultum dei prorsus abolere, sed *>
eum, qui in vsu est, pessimis additamentis viciatum, repurgare,
et vsum pium monstrare. Nam hoc negare non possumus,
Missas et communionem panis et vini, ritum esse a Christo
4 L diuinitus institutum. Qm sub ipso Christo primum, 1Deinde
sub Apostolis, simplicissime atque piissime, absque vllis addi -5
tamentis, obseruatus fuit, Sed successu temporum tot humanis
inuends auctus, vt praeter nomen ad nostra saecula nihil de
missa et communione peruenerit.
Ac primorum patrum additiones, qui vnum aut alterum
psalmum ante benedictionem panis et vini leui voce orasse 30
leguntur, laudabiles fuere, quales Athanasius et Cyprianus
aoyw fuisse putantur. Deinde, qui Kyneleison 1*addiderunt, et ipsi
placent Nam sub Basilio magno legimus Kyrie Eleison fuisse
in vsu totius populi publico. Iam Epistolarum et Euangehorum
lectio etiam necessaria fu t et est, msi quod vicium sit ea 3s
lingua legi, quae vulgo non intelligitur. Post vero, vbi cantus
cepit, mutati sunt psalmi in imroitum, tum additus est hymnus

5 Mt. 13, 41 16 1. Ko. 14, 30 31 vgl. Aug. conf X 33, 50


(MSL. 32, 800) Cyprian vielleicht verwechselt mit Papst Cölestin I.
Vgl. Durandus, Rationale (Ad. Franz, Die Messe im deutschen Mittel-
alter, Freiburg i. Br. 1902, s. 476 ff.) IV 5, 4 33 vgl. Durandus IV
12, 4: ‘Legitur enim, dumbeatus Basilius xopie fcXfrnoov damasset, portae
Tidnae sive Papiensis ecclesiae sunt apertae’. Vgl. ferner R E 8 11, 553 ff.
communionis. 1523. 429

ille angelicus: Gloria in excelsis, Et in terra pax. Item gra


dualia et allelma et symbolum Nicenum. Sanctus. Agnus
dei. Commumo. Que omnia talia sunt, vt reprehendi non
possint, presertim quae de tempore seu dominicis diebus
5 cantantur. Qui dies soli adhuc priscam puritatem testantur,
excepto Canone
At vbi iam licentia fiebat addendi et mutandi, pro vt
cuiuis libebat, accedente tum et quaestus et ambitionis sacer-
dotalis tyrannide tum ceperunt altaria lila et insignia Baal
to et omnium deorum poni in templum domini per impios reges
nostros, idest Episcopos et pastores. Hic sustulit impius Abas
altare aereum. et constituit aliud e Damasco petitum, loquor
autem de Canone illo lacero et abominabili, ex multorum
lacunis ceu sentina collecto; ibi cepit missa fien sacnficii m,
15 ibi addita offertoria et collectae mercenariae, ibi Sequentiae
et prosae inter Sanctus et Glona in excelsis insertae. Tum
cepit missa esse monopolium sacerdotale, totius mundi opes
exhauriens, dimtes, ociosos, potentes et voluptuarios et immun­
dos illos coelibes toto orbe ceu vastitatem vltimam exundans.
*> Hinc 1Missae pro defunctis, pro itineribus, pro opibus. Et 5 £
quis illos titulos solos numeret, quoriim missa facta est sacri-
ficium?
Neque hodie cessat Canon iste augeri, aliis et aliis festis,
alias actiones, alios Communicantes asciscens. Vt taceam
2$ memorias viuorum et mor'tuorum, nondum ad finem sui auctas. 208w
Nam additamenta externa, vesdum, vasorum, cereorum, palla-
rum, deinde orpanorum et totius musice, imaginum, quid
dicam? Nihil pene fuit in toto orbe artificiorum, quod non
magna ex parte sua negocia ac suum quaestum haberet et e
jo missa aleretur.
Transierint itaque ista et adhuc transeant, reuelante
Euangelio abominationes tantas, donec penitus aboleantur.
Nos interim omnia probabimus, quod bonum est, tenebimus.
Verum hoc libro dicere omittimus Missam non esse sacrificium
35 seu opus bonum quod alias abunde docuimus. Apprehen-
damus eam vt sacramentum seu testamentum, seu bene-
dictionem latine, Eucharistiam graece, vel mensam domini vc!

I I 2. Kö. 16, 10 ff. 20 Franz s. 218 ff. 204 ff. 215 ff.
24 „die mit ‘Communicantes* anhebende ‘infrm acüonem* bezeichnete
Partie des Canon missae erleidet bei verschiedenen anlassen Verände­
rungen, die im Missale jeweils hinter den zugehörigen Praefationes auf­
geführt sind“ 33 I. Th. 5, 21 34 non fehlt A 35 z. b. De
captivitate Babylonica ecd. oben I 443, z. 6 ff.
33>Ä*
430 Foramla missae et

caenam domini vel memoriam domini vel communionem, vel


quocunque nomine pio placet, modo sacrificii aut operis titulo
non polluatur, et ritum monstremus, quo nobis visum est
illa vti.
Primo, introitus dominicales et in festis Christi, nempe, 5
Paschatis, Pentechostes, Natiuitads, probamus et seruamus,
209w quamquam psalmos mal'lemus, vnde sumpti sunt, vt olim, sed
nunc sic vsui recepto indulgebimus. Quod siqui Apostolorum,
Virginis, aliorumque Sanctorum introitus (quando e psalmis
aut aliis scripturis sumpti sunt) probare volent, non damnamus. 10
Nos VVittembergae solis dominicis et festis domini sabathissare
quaeremus, omnium sanctorum festa prorsus abroganda, vel
siquid dignum in eis est, in dominicalibus concionibus mi-
scenda esse putamus. Festum Purificationis et Anunciationis
6 e pro festis Christi, sicut Epiphanian et Cir'cumcisionem, habemus. 15
Loco festi 8. Stephani et Iohannis Euangelistae, officium
Naduitatis placet Festa S. Cruds Anathema sunto. Alii
fadant pro sua conscientia vel aliorum infirmitate, quod
Spiritus suggesserit.
Secunde, Kyrieleison, vt hactcnus celebratum est, variis -0
melodiis pro diuersis temporibus, amplectimur, cum sequenti
hymno angelico, Gloria in excelsis; tarnen in arbitrio stabit
Episcopi, quoties illum omitti voluerit
Tertio, sequens Oratio illa seu collecta, modo sit pia
(vt fere sunt, quae dominids diebus habentur), perseueret ritu -5
suo, sed ea duntaxat vnica. Post hanc lectio Epistolae.
Verum nondum tempus est et hic nouandi, quando nulla
impia legitur. Alioqui, cum raro eae partes ex Epistolis Pauli
legantur, in quibus fides docetur, sed potissimum morales et
exhortatoriae, Vt ordinator ille Epistolarum videatur fuisse 30
insigniter indoctus et superstitiosus operum ponderator, officium
requirebat eas potius pro maiore parte ordinäre, quibus fides
aiow in Christum docetur. Idem certe in Euangeliis1spectauit
saepius, quisquis fuerit lectionum istarum autor. Sed interim
supplebit hoc vemacula Concio. Alioqui, si futurum est, vt 35
vemacula missa habeatur (quod Christus faueat), danda est
opera, vt Epistolae et Euangelia suis optimis et potioribus
lods legantur in missa.
Quarto, Graduale duorum versuum simul cum alleluia,
vel vtrum, iuxta arbitrium Episcopi cantetur. Porro Gradualia 4°

17 kreuzauffindung und kreuzerhebung R E 8 11, 92 s. 22 RE*


n . 548s. 33 RE8 7. 57f. H, 549 ff.
communionis. 1523. 431

quadragesimalia et similia, quae duos versus excedunt, cantet,


quisquis velit, in domo sua, In Ecclesia nolumus tedio ex-
tingui spiritum fidelium. Sed nec ipsam quadragesimam sine
maiorem hebdomadam aut sextam feriam penosam aliis
5 ritibus ostentare decet, quam alias quascunque, ne semimissa
et altera sacramenti parte Christum amplius ludere et ridere
veile videa'mur. Alleluia enim vox perpetua est Ecclesiae, ^ e
sicut perpetua est memoria passionis et victoriae eius.
Quinte, Sequentias et prosas nullas admitdmus, nisi
,0 Episcopo placuerit illa breuis in Natiuitate Christi: Grates
nunc omnes. Neque ferme sunt, quae spiritum redoleant, nisi
illae de spiritu sancto: Sancti Spiritus. Et: 1 veni, Sancte 911w
Spiritus. Quas vel post prandium vel sub vesperis vel sub
missa (si Episcopo placet) cantari licet
,s Sexte sequitur Euangelii lectio. Vbi nec candelas ne­
que thurificationem prohibemus, Sed nec exigimus, Este hoc
liberum.
Sepdmo, Symbolum Nicenum cantari solitum non dis-
plicet, tarnen et hoc habet in manu Episcopus. Idem de
sovemacula Concione sentimus, vt nihil referat, siue hic post
Symbolum, siue ante introitum missae fiat, quamquam est
aha ratio, cur apbus ante missam fiat, Quod Euangelion sit
vox clamans in deserto et vocans ad fidem infideles, Missa
vero sit vsus ipse Euangelii et communio mensae domini,
*5 quae duntaxat fidelium est et seorsum fieri conueniebat, sed
tarnen liberos nos ratio ista non ligat, Praesertim quod omnia,
quae vsque ad Symbolum in missa fiunt, nostra sunt et
libera, a deo non exacta, quare nec ad missam necessario
pertinent.
30 Octauo sequitur tota illa abominatio, cui seruire co-
actum est, quicquid in missa praecessit, vnde et offertorium
vocatur. Et ab hinc omnia fere sonant ac olent oblationem.
In quorum medio verba illa vitae et salutis sic posita sunt,
ceu olim arca domini in templo idolorom iuxta Dagon. Et
35 nullus est ibi Israeiita, qui vel accedere vel arcam reducere
possit, donec ipsa hostes suos in posteriora percussos opprobrio
sempitemo nobilitauit, et sese dimittere compulit, quae est

4 grosse woche, karfreitag. R E 4*8 21, 414 ff. 5 über die missa
praesanctificatorum R E 9 21, 4 24 ff. 10 Wackemagel, Kirchenlied 1
no. 88 12 in die sancto Pentecostes: Sancti Spiritus assit nobis gratia,
Wackemagel i, no. 146. Antiphona in vigilia pentecostes: Veni, sancte
Spiritus, Wackemagel 1, no. 281 18 vgl. K. K . 2, 398 unten 23 Jes.
40, 3. 6 Mt. 3. 3 34 1. Sa. 5, iff.
432 Formal» missae et

Parabola instantis temporis. Proinde Omnibus illis rcpudiatis,


8E 1quae oblationem sonant, cum vniuerso Canone, retineamus,
quac pura et sancta sunt, ac sic Missam nostram ordiamur:
i. Sub symbolo vel post Concionem, apparetur panis et
vinum ad benedictionem, ntu solito, nisi quod nondum con- 5
stitui mecum, miscenda ne sit aqua vino, quamquam huc
mclino, vt rnerurn potius vinum paretur, absque aquae mix-
tura, quod significatio me male habeat, quam Isaias i. ponit:
Vinum tuum (inquit) mixtum est aqua; Merum vinum enim
pulchre figurat puritatem doctrinae Euangelicae. Demde, quod 10
pro nobis non est fusus nisi solius sanguis Christi imper-
mixtus nostro, cuius ibi memoriam fadmus. Vt non stet
illorum somnium, qui dicunt ibi figmari vnionem nostri cum
aiaw 1 Christo; Huius vnionis memoriam hic non fadmus. Nec
sumus vmti ante eius fusionem, alioqui simul noster quoque 15
sanguis cum sangume Christi pro nobis fusus celebrabitur.
Tarnen contra libertatem non mtroducam legem superstitiosam.
Christus hec non magnopere curabit, nec res digna est con-
tentione, Pugnauit satis hanc pugnam stultam Romana et
Graeca Ecclesia, vt et alias multas. Quod vero aliqui ad- »o
ducunt e latere Christi fluxisse aquam cum sanguine, nihil
probat. Aliud emm lila aqua significat, quam volunt per
hanc mixtam aquam significari. Sed nec mixta illa fuit cum
sanguine, figura insuper nihil probat, exemplum autem non
constat. Quare vt humanum inuentum libere tractetur. ,z
ij. Apparate pane et vino mox procedatur ad hunc
modum: Dominus vobiscum, Respon: Et cum spiritu tuo,
Sursum corda, Respon: Habeamus ad dominum, Gratias
agamus domino deo nostro, Respon: dignum et iustum est.
Vere dignum et iustum est, equum et salutare, nos tibi semper 30
et vbique gratias agere, domine sancte, pater ommpotens,
aeteme deus, per Christum dominum nostrum.
9e üj. Deinde. 1 Qui pridie quam pateretur accepit panem
gratias agens, fregit, deditque discipulis suis, dicens: Acdpite,
comedite, Hoc est corpus meum, quod pro vobis datur. 3$
Similiter et calicem, postquam caenauit, dicens Hic alix
est noui testamenti in meo sanguine, qui pro vobis et pro

4 Canonem A 6 R E 3 5, 570. 12, 677. 703 s. 8 Jes. I, 22


13 Durandus IV 30, 18: Praeterea admistio huius unionem populi cum
Christo designat 20 Durandus IV 42, 9- Nam et Graecorum ecclesia
diatur non apponere aquam in sacramento 21 Durandus IV, 30, 19:
Secundo adnotandum, quod de latere Christi simul exivit et sanguis
et aqua 27 R E 3 11, 555 ff. 28 Habemus?
communionis. 1523.
433
multis effundetur in remissionem pcccatorom. Haec quoties-
cunque feceritis in mei memoriam faciatis.
Haec verba Christi velim, modica post prefationem inter-
posita pausa, in eo tono vocis recitari, quo canitur alias oratio
5 dominica in Canone, vt a circumstantibus possit audiri, quam-
quam in bis omnibus libertas sit piis mentibus, vel silenter
vel palam ea verba recitare.
iiij. Finita benedictione, Chorus cantet Sanctus, et sub
cantu benedictus, eleuetur panis et Calix ritu hactenus seruato,
10 vel propter infirmos, qui h a c *1*repentina huius insignioris i n 2|3 w
Missa ritus mutatione forte offendentur, praesertim vbi per
conciones vemaculas docti fuerint, quid ea petatur eleuatione.
v. Post haec legatur oratio dominica. Sic: Oremus,
preceptis salutaribus moniti etce. omissa oratione sequenti:
15 Libera nos quesumus, cum omnibus signis, quae fieri solent
super hosdam et cum hostia super calicem, nec frangatur
hostia nec in calicem misceatur. Sed statim post orationem
dominicam dicatur: Pax domini etce., quae est publica quae-
dam absolutio a peccatis communicantium, Vox plane Euan-
*> gelica, annuncians remissionem peccatorum, vnica illa et
dignissima ad mensam domini preparatio, si fide apprehen-
datur, non secus atque ex ore Christi prolata, Vnde veilem
eam nunciari verso ad populum vultu, quemadmodum solent
Episcopi, quod vnicum est vestigium Episcoporum priscorum,
äs in nostris Episcopis.
vi. Deinde communicet, tum sese, tum populum,1interim xoe
cantetur Agnus dei. Quod si orationem illam: Domine
Ihesu Christi, fili dei viui, qui ex voluntate patris etce. ante
sumptionem orare voluerit, non male orabit, mutato solum
30 numero singulari in pluralem, nostris et nos, pro meis et me.
Item et illam: Corpus domini etc. custodiat animam meam,
vel tuam in vitam aeternam. Et: sanguis do: nost custodiat
animam tuam in vitam aeternam.
vij. Si communionem cantare übet, cantetur. Sed loco
35 complendae seu vltimae collectae, quia fere sacrificium sonant,
legatur in eodem tono oratio illa: Quod ore sumpsimus
domine; potent et illa legi: Corpus tuum, domine, quod
sumpsimus etce. mutato numero in pluralem. Qui viuis et

9 vgl. Köstlin-Kawerau 1, 511. 688. 2, 578. Barge, Karlstadt


1, 499 10 Franz, Messe, s. io i f f .' 11 mutatione fehlt A.
16 Franz s. 357, 390, 415, 417, 426, 436, 458 u. s. w. 27 R E 8 1. 245 s.
34 d. h. die Antiphon, quae communio dicitur 35 die kollekte oder
kollekten der sog. Postcommunio
Fonnula missac et
434
regnas etce. Dominus vobiscum etce. Loco: ite Missa, di-
catur: Bcnedicamus domino, adiecto (vbi et quando placet)
alleluia in suis melodiis. Vel ex vespertinis Benedicamus
mutuentur.
viij. Benedictio solita detur. Vel acdpiatur illa Numeri 5
vL quam ipse dominus digessit d. Benedicat nos dominus
et custodiat nos, Ostendat nobis fadem suam et misereatur
nostri, Conuertat dominus fadem suam ad nos et det nobis
214w pacem. Vel illa psal. xcvi: Benedicat nos deus deus1noster,
benedicat nos deus et metuant eum omnes fines terrae. Amen. 10
Eiusmodi credo et Christum vsum fuisse, cum in caelum
ascendens suos disdpulos benedixit
E t hic quoque liberum sit Episcopo, quo ordine velit
vtranque spedem vel sumere, vel ministrare, Potent enim
vtrunque, nempe panem et vinum, continuo benedicere, ante- 15
quam panem sumpserit, Vel inter benedictionem panis et
vini stadm sese et quotquot voluerint, pane communicare,
Deinde vinum benedicere ac demum omnibus bibendum dare,
Quo ritu Christus vsus videtur fuisse vt verba Euangelii
ii b sonant, vbi manducare iussit panem,1antequam calicem bene- *»
diceret. Deinde expresse didt: Similiter et calicem, post-
quam caenauit. Vt post manducationem primum calicem esse
benedictum sentias. Sed ritus hic nimis nouus non patietur
ea fieri, quae hactenus post benedictionem diximus, nisi et
ipsa mutentur. ,z
Sic de Missa sentimus. In quibus omnibus cauendum,
ne legem ex übertäte fatiamus, aut peccare cogamus eos, qui
vel aliter fecerint, vel quaedam omiserint, modo benedictionis
verba sinant Integra, et fide hic agant Christianorum enim
hii esse debent ritus, idest fiUorum liberae, qui sponte et ex 30
animo ista seruent, mutaturi, quoties et quomodo voluerint.
Quare non est, vt necessariam aliquam form am velut legem
in hac re quispiam vel '•petat vel statuat, qua consdentias
illaqueet et vexet. Vnde et in prisds patribus et primitiua
Ecclesia nullum exemplum legimus ritus huius plenum, nisi 35
in Ro: Ecclesia. Sed nec seruandum esset, si quicquam pro
lege in hac re sanxissent, quod legibus hec obstringi nec
possint nec debeant Deinde, si etiam diuersi diuerso ritu
vtantur, nullus alterum vel iudicet vel contemnat, sed vnus-

6 Nu. 6, 24s. .d. = dicendo 9 Ps. 67, 7 s. 11 Lc. 24, 51


24 die oben unter 4 u. 5 aufgeführten gebete 29 die einsetzungs-
worte 30 Ga. 4, 31 39 Rö. 14, 3
quisque sensu suo abundet, et idem sapiamüs ac sentiamus,
edam si diuersa fadamus, et vniuscuiusque ritus alten placeat,
ne ad diuersitatem rituum diuersae sequantur opiniones et
sectae, quemadmodum sub Romana Ecclesia contigit Extern!
5 enim ritus, etsi iis carere non possumus, sicut nec tibo et
potu, non tarnen nos deo commendant, sicut nec esca nos
deo commendat Fides autem et Charitas nos deo commen­
dan t Quare hic regnet illud Pauli: Non est regnum dei
esca et potus, sed iustitia, pax et gaudium in spiritu sancto.
so Ita nec ritus vllus est regnum dei, sed fides intra vos etce.
Vestes praeteriuimus. Sed de his vt de aliis ritibus send-
mus. Permittamus illis vti libere, modo pompa et luxus absit
Neque enim magis 1places, si in vestibus benedixeris, Nec S1$w
minus places, si sine vestibus benedixeris. Neque enim
*5 vestes edam n o s1deo commendant Sed nec eas consecrari 12B
velim aut benedid, velut sacrum aliquod futurae sint prae
aliis vestibus, nisi generali illa benedictione, qua per verbum
et orationem omnis bona Creatura dei sanctificari docetur,
alioqui mera superstitio et impietas est, per abominationis
»0 pontifices introducta, sicut et alia.

DE COMMVNIONE POPVLI.
T T AEC de Missa et offido ministri seu Episcopi dixerimus.
T T lN unc de zitu communicahdi populi dicemus, cuius gratia
potissimum caena ista domini instituta est et eo nomine
15 vocatur. Vt enim longe abaurdissimum est, ministrum verbi
sic desipere, vt verbum publico ministerio pronundet, vbi
nullus est auditor, et sibi soli inter saxa et ligna aut sub diuo
damet, ita peruersissimum est, si ministri publicam caenam
domini parent et oment, vbi nulli sint hospites, qui edant et
30 bibant, et ipsi soli, qui aliis ministrare debent, in vacua mensa
et aula comedant et bibant Quare, si vere Christi institutum
amplecti volumus, nulla debet missa priuata relinqui in Ecclesia,
nisi toleretur et hic vel infirmitas vel necessitas ad tempus.
Hic autem seruandus est ritus, qui in baptismo seruatur.
js Nempe, vt Episcopo primum significetur, qui futuri sint
communicantes, petantque ipsi caena domini communicari,
vt eorum et nomina et vitam cognoscere queat Deinde
petentes non admittat, nisi rationem fidei suae reddiderint, et
interrogati responderint, an intelligant, quid sit caena domini,

I Rö. 14, 5 P h i 2. 2 6 1 . Ko. 8, 8 8 Rö. 14, 17


18 1. Ti. 4» 4k. 38 vgL Köstlin-Kawerau 1, 523. 544.
34 Luthers Werke II
436 Fonnula roissae et

quid praestet, quo vsu illa velint potiri. Scilicet, si poterint


verba benedictionis memoriter recitare, et exponere, sese
ideo venire, quod conscientia peccati, aut timore mortis, aut
alio malo tentationis camis, mundi, diaboli, vexati, esuriant
et sitiant verbum et signum gratiae et salutis ab ipso domino z
rz E per ministerium Episcopi, quo solentur e t 1confortentur, quäle
Christus inaestimabili charitate dederit et instituerit hac caena,
cum diceret: Accipite et comedite etce.
Arbitror autem hanc interrogadonem seu explorationem
sufficere, si semel in anno fiat cum eo, qui petit communicari. *<>
Quin potent tarn intelligens esse, qui petit, vt vel semel in
tota vita, vel prorsus nunquam interrogetur. Nam hoc ritu
illud cauere volumus, ne irruant ad caenam domini digni et
indigni, sicut hactenus vidimus fieri sub Romana Ecclesia,
vbi nihil quaesitum est aliud, quam communicari, de fide, de *5
2i6W solatio, et de toto vsu'et fructu caenae prorsus ne mentio quidem
aut cogitatio habita est Quin et ipsa verba benedictionis,
scilicet ipsum panem vitae, absconderunt, ingenti Studio, imo
summo furore id agentes, vt communicantes opus operarentur
bonum sua dignitate, non autem fidem alerent et roboraient *©
Christi bonitate. Nos autem eos, qui respondere non poterint
iuxta praedicta, prorsus exclusos et alienos volumus ab istius
caenae communione, tanquam veste nuptiali carentes.
Deinde, vbi Episcopus viderit eos intelligere haec omnia,
etiam hoc obseruabit, an vita et moribus eam fidem et in- -z
telligentiam probent, — Nam et Satan haec omnia et intelligit
et loqui potest, — hoc est, si viderit aliquem scortatorem, adul-
terum, aebrium, lusorem, vsurarium, maledicum, aut alio cri-
mine manifesto infamem, prorsus ab hac caena excludat, nisi
manifeste argumento vitam sese mutasse testatus fuerit. Nam j°
illis, qui aliquando labuntur et redeunt, dolentque de lapsu,
caena ista non solum negari non debet, quin propter eos
ipsos maxime institutam esse nosse oportet, vt reficiantur et
roborentur. In multis enim offendimus omnes, Et onera in-
uicem portamus, dum et mutuo nos oneramus. De illis enim 35
1 4 e contemptoribus lo'quor, qui inuerecunde et sine timore peccant

et magnifica nihilo minus de Euangelio iactant.


Deinde, vbi Missa celebratur, conuenit, vt communicaturi
seorsum vno loco et vna turba constent. Adhoc enim re-
pertum est altare, repertus est et Chorus. Non quod apud 40

1 poterunt? 2 die einsetzungsworte 16 quidem fehlt A


21 poterunt? 23 M t 22, 11 34 Ja. 3, 2 35 Ga. 6, 2
communionis. 1523.
437
deum aliquid sit, hic vel hic stetisse, aut quicquam fidei hinc
accedat, Sed quod oporteat eos palam videri et nosci, tarn
ab iis, qui communicant, quam iis, qui non communicant., quo
deinde eorurn vita quoque melius videri et probari et prodi
5 possit Nam huius communio caenae est pars confessionis»
qua coram deo, angelis et hominibus sese confitentur esse
Christianos. Ideo curandum, ne velut kurtim aufferant caenam,
et deinde inter alios mixti ignorentur, an bene vel male viuant
Quamquam ne hic quidem legem figere velim, sed id solum
10 monstrare, quod honestum ac decorum sit a Christianis liberis
libere praestari.
De confessione vero priuata ante communionem sentio,
sicut hactenus docui, esse eam scilicet nec necessariam nec
exigendam, vtilem tarnen et non contemnendam, Quando nec
15 ipsam caenam dominus necessario exegerit aut lege firmauerit,
sed cuique liberum permiserit, dicens: Quotiescunque haec
feceritis etce. Sic de praeparatione ad caenam hanc sapimus,
vt liberum sit ieiunio et orationibus sese componere. Sobrios
certe oportet adesse et sedulos ac diligentes, vt maxime nihil
20 ieiunes aut parum ores. Sobrietatem vero dico, non illam
superstitiosam Papistarum, sed ne crapula ructues e t 1distento 217w
ventre pigrescas. Nam optima preparatio est (vt dixi) Anima
peccatis, morte, tentationibus agitata, esuriens et sitiens me-
delam et robur. Verum quicquid est harum rerum, ad Epi-
15 scopum pertinet, vt populum doceat
Id nunc reliquum est, an vtranque speciem (vt vocant)
populo ministrare oporteat. Hic sic dico: postquam Euangelion
nunc biennio toto apud 1nos inculcatum est, satis simul in- 15 e
dultum et donatum est infirmitati. Deinceps agendum est,
joiuxta illud Pauli: Qui ignorat, ignoret Nec enim refert, si
neutram speciem accipiant denuo, qui Euangelion tanto tem­
pore non cognouerunt, ne forte perpetua infirmitatis tolerancia
pertinaciam alat, et aduersus Euangelion prescribat. Quare
simpliciter iuxta institutum Christi vtraque species et petatur
35 et ministretur. Qui hoc noluerint, sinantur sibi et nihil
mnistretur ipsis. Nam hanc Missae formam iis praemonstra-
mus, quibus Euangelion annunciatum et aliqua parte cogni-
tum est Qui vero nondum audiemnt nec cognoscere
potuerunt, iis nondum quicquam huius rei consuli potest
40 Nec quenquam id morari debet, quod Concilium iactant,
in quo id rursum licere sanciatur. Nos Christi ius habemus,
12 von der bricht, ob die der bapst macht habe zu gebieten
W . A. 8, 138 ff. 30 1. Ko. 14, 38
438 Formula missac et

et Condlia nec morari nec audire volumus, in his, quae mani­


feste sunt Euangelii. Quin amplius dicimus: Siquo casu
Concilium id statueret ac permitteret, tune minime omnium
nos veile vtraque specie potiri, imo tune primum in despectum
tarn Concilii quam statuti sui vellemus aut vtra tantum aut 5
neutra, et nequaquam vtraque potiri, ac plane eos anathema
habere, quicunque autoritate talis Concilii vel statuti vtraque
potiretur. Miraris et causam quaeris? Audi: Si tu nosti
panem et vinum a Christo institutum, utnmque sdlicet sumen-
dum esse ab omnibus, vt clarissime testantur Euangelia et «>
Paulus, ita, vt et ipsi aduersarii cogantur id confiteri, nec
tarnen audes illi credere et fidere vt ita sumas, audes vero
vt sumas, si homines in Condlio suo id statuant, Nonne tum
praefers homines Christo ? Nonne extollis homines peccati
super deum, qui didtur et colitur? Nonne plus fidis in ho- z
H minum verba quam in d e i1verba? Imo verbis dei prorsus
diffidis, et solis hominum verbis credis? At quanta est ista
abominado et negatio dei altissimi? Quae idolatria tum par
esse potest tuae tarn religiosae obedientiae erga Condlium
hominum ? Nonne potius milies mori ? norme potius vnam •©
aut nullam spedem accipere deberes, quam in tali obedientia
tarn sacrilega et apostasia fidei aedpere?
Desinant itaque iactare Condlia sua, Sed primum hoc
„sw fadant: restituant Sacrilegium diuinae gloriae, confiteantur sese
Satana magistro prohibuisse vnam spedem, sese super deum *5
eleuasse, verbum eius damnasse, et tot populos per tot saecula
perdidisse, et penitendam agant pro hac tyrannide indicibilis
crudelitads et impietatis, Et sandant, Nos recte egisse, quod
dtra, imo contra eorum dogmata vtranque spedem doeuimus
et sumpsimus, nec illorum Condlium exspectauimus, gratias- 30
que agant, quod illorum perditionem et abominationem sequi
detrectauerimus. Postquam haec fecerint, libentes pronique
eorum Concilium et statutum adorabimus et amplectemur.
Interim dum hoc non fadunt, pergunt vero postulare, vt suam
autoritatem praestolemur, nihil audimus, sed pergimus et nos 35
contraria illis et docere et facere, eo maxime, quo scimus eis
maxime displicere. Nam hac postulatione diabolica quid
postulant, nisi vt eos supra deum, verba eorum supra verba
dei extollamus, et nobis portenta laruarum suarum pro idolis
loco dei ponamus ? cum velimus nos totum mundum deo 40
subdi et obnoxium fieri.

14 3 . Th. 2, 3 f. 23 ictare A
communionis. 1523.
439
Cantica vclim ctiam nobis esse vemacula quam plurima,
quae populus sub missa cantaret, vel iuxta gradualia, item
iuxta Sanctus et Agnus dei. Quis enim dubitat, eas olim
fuisse voces totius populi, quae nunc solus Chorus cantat vel
s respondet Episcopo benedicenti? Possent vero ista cantica
sic per Episcopum ordinär», vt vel simul post latinas1cantiones, 17 B
vel per vices dierum, nunc latine, nunc vemacula cantarentur,
donec tota Missa vemacula fieret Sed poetae nobis desunt,
aut nondum cogniti sunt, qui pias et spirituales cantilenas (vt
v, Paulus vocat) nobis condnnent, quae dignae sint in Ecclesia
dei frequentari Interim placet illam can tan post communio-
nem : Gott sey gelobet vnd gebenedeyet, der vns selber hatt
gespeyset etct 0 missa ista particula: Vnd das heylige sacra-
mente, an vnserm letzten ende, aus des geweyeten priesters
i5hende, quae adiecta est ab aliquo d. Barbarae cultore, qui
sacramentum tota vita parui ducens, in morte hoc opere bono
sperauit vitam sine fide ingredi. Nam et numeri et musicae
ratio illam superfluam probant Praeter hanc illa valet: Nu
bitten wyr den heyligen geyst Item: Eyn kindelin so lobe-
* lieh. Nam non multas inuenias, quae aliquid grauis Spiritus
sapiant. Haec dico, vt, siqui sunt poetae gennanici, extimu-
lentur et nobis poemata pietatis cudant
Haec de Missa et communione pro tempore dicta sint
satis, Caetera vsus et res ipsa docebunt, modo verbum de»
a5 strenue et fideliter in Ecclesia annundetur. Nam quod forte
petent aliqui, haec omnia scripturis et exemplis patrum pro-
bari, non multum mouemur, Quod supra diximus, in bis debere
1libertatem regnare, et neque legibus neque imperiis liceat 219w
consdentias captiuare Christianas. Vnde et nihil de his rebus
y, scripturae definiunt, sed sinunt libertatem Spiritus abundare
suo sensu, pro comoditate locomm, temporum et personarum.
Patrum vero exempla partim sunt incognita, Quae vero nota
sunt, tarn varia sunt, vt nihil certi liceat constituere, videlicet,
quod et ipsi libertate sua v si1sunt Quin, vt maxime certa *8E
356t simplicia essent, nobis tarnen nec legem nec necessitatem
imitandi imponerent
In reliquis diebus, quas ferias vocamus, nihil video, quod
non fern possit, modo missae abrogentur. Nam Matutinae
trium lectionum et horae, tum vesperae et completorium, de

8 vgl. Köstlin-Kswerau 1, 535 ff. 10 Kol. 3. 16 12 Wacker­


nagel 2, no. 989 s. 15 vgl. W . A. 4, 640* 18 Wackemagel 2,
no. 43 s. 19 ebd. no. 697 27 s. 428, z. 14 u. s. 434, z. 27
440 Formul» raissae et

tempore (exclusis sanctorum feriis) nihil sunt nisi scripturae


diuinae verba, Et pulchmm, im o necessarium est, pueros
assuesscere legendis et audiendis Psalmis et lectionibus scrip:
sanctarom. Verum si quicquam hic nouari de bet, prolixitas
mutari polest arbitrio Episcopi, vt tres psahni pro matutinis, $
tres pro vesperis cum vno vel duobus responsoriis absoluantur.
H aec vero non melius ordinantur, quam ipso arbitrio Epi­
scopi, cuius est deligere optima in responsoriis et antiphonis,
et de dominica in dominicam per hebdomadam ordinäre, vt
nec nimia eiusdem assidiuitate fastidium, nec nimia varietate *>
et multitudine cantus et lectionum tedium Spiritus generetur.
Sed per partes distributum totum psalterium in vsu maneat,
et vniuersa scriptura in lectiones partita perseueret in auribus
Ecclesiae.
H ic vero, quod alias egi, agendum est, vt iste cantus <s
non sit tantum lingua loqui, vel potius tan tum sicut sonus
fistulae aut cytharae, sine sensu. Ideo instituendae sunt
lectiones quottidianae, altera mane in nouo vel veteri testa-
mento, altera vesperi in altero testamento cum explanatione
vemacula. Hunc ritum esse antiquum, probat et res et voca- *°
bulum Homilia in matutinis, et capitulum in vesperis et aliis
horis. Scilicet, quod Christiani quoties conuenissent, aliquid
legebant et vemacula interpretabantur, more, quem Paulus
.1 Cor. xiiij. describit Post successu temporis peioris, cum
deficerent prophetae et interpretes, relicta est ista vox sola »s
post lectiones et capitula: D eo gratias. Tum loco interpre-
tationis multiplicatae sunt lectiones, psalmi et hymni, et alia
x9 e in hanc tediosam prolixitatem,1Quamquam hymni et T e deum
laudamus’ aeque id testantur, quod D e o gratias’ Scilicet, quod
post interpretationes et Homilias deum laudarint et gratias zo
egerint pro reuelata veritate sermonum dei. Quales et ego
veilem fieri nostras vemaculas cantilenas.
Tantum habui, optime Nicolae, quod de nostrae Wittem-
bergen: Ecclesiae ritibus et ceremoniis partim iam institutis
ac prope diem (Christo volente) consummandis ad te per- 3$
220xv scriberem, cuius exemplar, si tibi et aliis placuerit,1imitari licet.
Sin minus, vnctioni libenter locum dabimus, parati a vobis et
quibus uis aliis comodiora accipere. N ec vos aut quosuis
aJios absterreat, quod in nostra Wittemberga adhuc perseuerat
Topheth illa sacrilega, quae principum Saxoniae impia et 40

15 oben 8. 426, z. 31 24 1. Ko. 14, 7 37 1. Jo. 2, 27


40 Jer. 7, 31 Köstlin-Kawerau 1, 525 ff.
communionis 1523. 441

perdita pecunia est, Ecclcsiam dico omnium sanctorum. Nam


tantum est miserente deo apud nos antidoti per copiosum Ver­
bum dei, vt pestis illa in angulo suo languens, non nisi sibi ipsi
pestilens sit. Denique vix tres aut quatuor pord et ventres
3 sunt in ipsa illa perditionis domo, qui pecuniam illam colunt,
caeteris omnibus simul et vniuerso pdpulo insignis nausea et
abominatio est Neque licet ui aut imperio in eos grassari, vt
nosä decere Christianos non nisi virtute gladii Spiritus pugnare,
Sic enim et infreno populum quottidie, alioqui iam dudum
10 domus illa omnium sanctorum, imo domus omnium diabolorum,
alio nomine ferretur in orbe. Sed nec potestatem Spiritus, quam
dedit nobis deus, in illam exercui, ferens longanimiter oppro-
brium istud, si forte det illis deus penitentiam, Contentxis
interim, quod nostra domus, quae verius est omnium san-
*5 ctorum domus, hic regnat et stat velut tums libani contra
domum omnium diabolo'rum. Sic Satanam torque- to E
mus verbo, quamuis ille risum simulet Sed
dabit Christus, vt spes sua fallat eum et
cunctis videntibus praecipitetur. Ora
*> pro me, vir Sancte dei, Gratia
tecum et cum omnibus
vestris. AMEN.
4 L. meint Matth. Beskau, Gg. Einer, Joh. Volmar (Nik. Müller,
Die Wittenberger Bewegung s. 238 ff. 272 ff. 343 ff.) Joh. Dölach war
schon am 22. juli 1523 gestorben (W A 813,114» ZKG. 21, 454ff.)
15 HL. 7, 5
442 An die Ratsherrn aller Städte deutsches Lands, dass sie

An die Ratsherrn aller Städte deutsches Lands,


dass sie christliche Schulen aufrichten und
halten sollen. 1524.
Erschien „im ansang februar, wenn nicht schon im januar 1524",
ein Jenaer nachdruck (W. A. 15, 16 E) am 16. märz. Von Joh. Eberlin
von Günzburg zitiert in der „in den ersten monaten des Jahres 1524" in
Wittenberg verfassten, mit vorrede vom 24. märz versehenen sehnst „W ie
sich ein Diener Gottes Worts in seinem Tun halten soll" (Enden, Joh. Eb.
v. G., Sämtliche Schriften 3, Halle a. S. 1902, s. 232). Felix Rayther aus
Wittenberg an Thomas Blaurer in Konstanz, 8. april 1524: ‘Editors est nuper
libellus Martini Germaniens ad magistratus Germaniae, quo ipsos adhortatus
est, ut quisque in sua civitate constituat pueris praeceptorem necsiciuventus
undique dreumvagetur et pereat penitus. Totus fere libellus encomium
est linguarum, in quo, de argumends loquor, cemendus Germaniens
Cicero4 (Tr. Schiess, Briefwechsel der Brüder Blaurer 1, 100; über
Rayther 95*). Einl. u. anm. in W . A. 15, 9 ff. beruhen auf dem inhalt­
reichen aufsatz von O. Albrecht, Theologische Studien und Kritiken 18Q7,
687 ff. Zur Situation vgl. noch Frz. Eulenburg, Die Frequenz der
deutschen Universitäten von ihrer Gründung bis zur Gegenwart, Leipzig
1904, s. 52 f. u. Barge, Karlstadt 1, 418 ff. Unsere vorläge: W . A. 15,15 A.

E st, 170
W 15, S7 An die Burgermeyster vnd Rad-
Herrn allerley (lebte ynn Deutschen
landen. Martinus Luther.
/D tN a d vnd ftid von G ott vnserm vater vnd Herrn Jhesu Christo. Für-
umsichtigen weysen lieben Herrn / Wie wol ich tm wol drey iar verbannet 5
171 e vnd ynn die acht gethan / hette sollen schweygen / wo ich ' menschen gepott
mehr denn Gott geschewet hett / wie denn auch viel ynn deutschen landen /
beyde gros vnd kleyn / mein reden vnd schreiben aus der selben sach noch
ymer verfolgen / vnd viel blutts drüber vergieffen. Aber weyl myr Gott
den mund auff gethan hatt vnd mich heyffen reden / dazu so trefftiglich bey »
myr stehet / vnd meyne fache / 01t meynen rad vnd thatt / so viel stercker
macht vnd weytter ausbrevtt / so viel sie mehr toben / vnd sich gleich stellet /
als lache vnd spotte er yhrs tobens / wie der ander Psalm sagt. An
wilchem alleyne mercken mag / wer nicht verstockt ist / das dise fache mus
Gottes eygen seyn. Sintemal sich die art Gtttlichs Worts vnd wercks *$
hie enget / wilchs allzeyt / denn am meysten zunimpt / wenn mans auffs
höhist verfolget vnd dempffen will.
Darumb will ich reden (wie Jsaias sagt) vnd nicht schweygen / weyl
ich lebe / bis das Christus gerechtigkeyt aus breche wie eyn glan- / vnd
seyn heylbertige gnad wie eyn lampe anzündet werde / vnd bitte nu euch «
8 Ursache 13 Ps. 2, 4 16 zeiget 18 Jes. 62, 1 so­
lange als 20 heilwärtige, heilsame
christliche Schulen aufrichten und halten sollen. 1524. 443

alle meyne lieben Herrn vnd fründe / wölktet bist meyne schrifft vnd er-
manung fründlich annemen vnd zu hertzen fassen. Denn / ich sey gleych
an myr selber / wie ich sey / so kan ich doch für Gott mit rechtem ge­
wissen rhümen / das ich darynnen nicht das meyne suche / wilchs ich viel
5 bas möcht mit stille schweygen vberkomen / sondern meyne es von hertzen
ttewlich mit euch vnd ganyem deutschen land / da hyn mich Gott ver-
ordenet hat / es glewbe odder glewbe nicht / wer do will. Vnd will ewer
liebe das frey vnd gettost zugesagt vnd angesagt haben 1 das / wo yhr mir
hierinn gehorchet / on zweyffel nicht myr / sondern1Christo gehorchet. Vnd
10 wer myr nicht gehorchet / nicht mich / sondern Christon veracht. Denn ich
weys yhe wol / vnd byn gewiss / was vnd wo hyn ich rede odder leer /
so wirds auch yederman wol selbs spüren / so er meyne lere recht will
ansehen.
Ausss erst / erfaren wyr ieht ynn deutschen landen durch vnd durch /
x5 wie man allenthalben die schulen zur gehen lesst / die hohen schulen werden
schwach / klö'ster nemen ab / vnd w ill solichs gras dürre werden / vnd die v » E
blume fellt dahyn / wie Jsaias sagt / weyl der geyst Göttis durch seyn wort
drein webet / vnd scheinet so Heys drauss durch das Euangelion. Denn nu
durch das wort Göttis kund wird / wie solch wesen vnchristlich vnd nur
*° «tiff btn bauch gericht sey. Ja weyl der fleyschliche Hausse flhet / das sie
yhre söue / töchter vnd freunde / nicht mehr sollen odder mügen ynn klöster
vnd stifft verflossen / vnd aus dem Hause vnd gutt weysen / vnd auff frembde
gütter setzen / w ill niemand meher lassen kinder leren noch studiern. Ja
sagen Ke /W a s soll man lernen lassen/so nicht Pfaffen/Münich vnd
*s Nonnen werden sollen- Man las sie so mehr leren / da mit fle sich
erneren.
Was aber solche leut für andacht vnd ym synn haben / zeuget gnug-
sam solch yhr eygen bekentnus. Denn wo fle hetten nicht alleyn den bauch
vnd zeytliche narung für yhre kinder gesucht ynn klöstem vnd stlfften odder
3° ym geystkichen stand / vnd «ere yhr emst gewest / der kinder heyl vnd
seligkeyt zu'suchen / so würden fle nicht so die hende ablassen vnd hynfallen agw
vnd sagen / S oll der geystliche stand nichts seyn / so willen w ir auch das
leren lassen anstehen vnd nichts dazu thun / sondern würden also sagen /
Jsts war wie das Euangelion Irret / das solcher stand unsern kindern fer-
35 lich ist / Ach lieber so Irret vns doch eyne ander weyse / die Gott gesellig
vnd vnsern kindern seliglich sey / Denn wyr wöllten iha gerne vnsem lieben
kindern nicht alleyn den bauch / sondern auch die frei versorgen / das werden
freylich rechte Christliche trrwe elltern von solchen fachen reden.

5 erreichen 14 gründlich 17 Jes. 40, 6 ff. 18 weht


25 man lasse sie lieber lernen, wom it sie sich ernähren können 27
meinung 31 die h&nde sinken lassen und in gleichgültigkeit verfallen
33 hintansetzen
44.4 An die Ratsherrn aller Städte deutsches Lands, dass sie

Das aber der böse teuffel sich also zur fache stellet / vnd gibet solchs
eyn den fleyschlichen welthertzen / die kinber vnd das iunge volck so zu-
uerlaffen / st mcht wunder / vnd wer wills yhn verdencken? Er ist eyn
fürst vnd gott der wellt / Das er tm des sollt eyn gefallen tragen / das
yhm seyne nester / die klöster vnd geistliche rotte verstöret werden durchs 5
X73 e Euangelton / ynn wilchen er aller meyst das iunge volck 1verderbet / an
wtlchen yhm gar viel / ta gantz vnd gar gelegen tst / wie ists müglich?
Wie sollt er das zugeben odder anregen / das man iung volck rtd)( auffzihe?
Ja eyn narre were er / das er ynn seynem reich sollt das lassen vnd helffen
auffrichten / da durch es auffe aller schwindest müste zu boden gehen / wie 10
denn geschehe / wo er das niedliche bislin die liebe iugent verlöre / vnd
leiden muste / das sie mit feyner köste vnd gütter erhallten würden zu
Göttis dienst.
Darumb hat er fast weyslich than zu der zeyt da die Christen yhre
kinder Christlich auffzogen vnd leren liessen. Es wollt yhm der tunge Hausse 15
zu gar cntlauffen vnd ynn seinem reich eyn vnleidlichs aussrichten. Da für
er zu / vnd breyttet seyne netze aus / richte soliche klöster / schulen vnd
stende an / das es nicht müglich war / das yhm eyn knabe het sollen ent­
lausten / on sonderlich Göttis wunder. Nu er aber sihet / das dise stricke
durchs Göttis wort verraten werden / feret er auss die ander seytten / vnd 20
rrttt nu gar nichts lassen lernen. Recht vnd weyslich thut er abermat für
seyn reych zuerhallten / das yhm der iunge Hausse ia bleybe. Wenn er
den selben hat / so wechst er vnler yhm auss / vnd bleybt seyn / wer will
yhm etwas nemen? Er behelt die m it denn wol mit friden ynnen. Denn
wo yhm soll eyn schaden a^ichehen der da recht beysse / der mus durchs 25
tmtuf voi.cl- geschehen das ynn Göttis erkcntms auss wechst vnd Gottes
wort aus breyttet vnd ander icrct
Niemand / niemand g'-eudr milch eyn schedlichs teuffelisch furnemen
das sey / vnd gehet doch so still daher / das niemand merckt / vnd w ill den
30w schaden 1gethan haben / ehe man radten / rotten vnd helffen kan. R an 30
furcht sich für türcken vnd kriegen vnd wassern / denn da verstehet man was
schaden vnd frumcn sey. Aber was hte der teuffel ym synn hat / sthet
niemand / fiircht auch niemand / gehet still ereyn. So doch hie billich
were ' das / wo man eynen gülden gebe Widder die türcken zu streytten /
wenn sie vns gleich auss dem halse legen / f)it hundert gülden geben würden / 35
i 74 e ob man 1gleich nur eynen knabe kund damit auss erzihen das eyn rechter
Chnsten man würde. Syntemal eyn recht Christen mensch besser ist / vnd
mehr nutzs vermag / denn alle menschen auss erden.
Der halben bitt ich euch alle meyne lieben Herrn vnd freunde vmb
Göttis willen vnd rer armen iugent willen / wöllet dise fache nicht so 40

i i das leckere bisslein 12 suo sumptu 14 sehr 16 etwas


unerträgliches 24 in unbestrittenem besitz 29 wird wohl
christliche Schulen aufrichten und halten sollen. 1524. 445

geringe achten / wie viel thun / die nicht sehen / was der wellt fürst ge-
denckt. Denn es ist eyn ernste grosse fache da Christo vnd aller wellt viel
anligt / das wyr dem iungen volck helffen vnd ratten. D a mit ist den
auch vns vnd allen geholffen vnd geratten. Vnd denckt / das soliche stille /
5 heymliche / tückische anfechtunge des teuffels will mit grossem Christlichen
ernst geweret seyn. Lieben Herrn / mus man ierlich so viel wenden an
büchsen / wege / stege / demme / vnd der gleichen vnzelichen stucke mehr /
da mit eyne stad zeyttlich fride vnd gemach habe. Wammb sollt man nicht
viel mehr / doch auch so viel wenden an die dürfftige arme iugent/ das man
10 eynen geschickten man oder zween hielte zu schulmeystern?
Auch soll sich eyn iglicher burger selbs das lassen bewegen / hatt er
bis her so viel gelts vnd gutts an ablas / messen / Vigilien , stifften / testa-
ment / iartagen / bettel München / bruderschafften / walffarten vnd was des
geschwürms mehr ist / verlieren müssen / vnd nu hynfurt / von G öttis
is gnade / solches raubens vnd gebens loss ist / wöllt doch G ott zu danck
vnd zu ehren / hynsutt des selben eyn teyl zur schulen geben / dle armen
kinder auff zuzihen / das so her-lich wol angelegt ist / so er doch hette müst
wol zehen mal so viel vergebens den obgenanten reubern vnd noch mehr
geben ewiglich / wo solch liecht des Euan'gelij nicht komen were / vnd yhn 31 w
ro dauon erlöset hette / vnd erkenne doch / das / wo sich das weret / be-
schweres / sperret vnd zerret / das gewislich der teuffel da sey / der sich
nicht so sperret / das mans zu kltstern vnd messen gab / ia mit Haussen
dahyn treyb. Denn er fulet / das dis werck nicht seynes dinges ist. S o
lasst nu dis die erste vrsach seyn / alle lieben Herrn vnd fründe / die euch
25 be'wegen soll / das wyr hvrynn dem teuffel wider stehen / alls dem aller 17s e
schedlichsten heymliche feynde.
Die ander / das / wie S . P aulus sagt 2 Cor. 6. wyr die gnade
G öttis nicht vergeblich empfahen vnd die selige zeyt nicht verseumen.
Denn G ott der allmechtige hatt für war vns deutschen ieht gnediglich
30 daheymen gesucht / vnd eyn recht gülden iar auff gericht. Da haben wyr
ieyt die feynsten gelertisten iunge gesellen vnd menner / mit sprachen vnd
aller kunst geziert / weliche so wol nu- schaffen kündten / wo man yhr
brauchen wöllt / das iunge volck zu leren. Jsts nicht für äugen / das man
ie-t eynen knaben kan ynn dreyen iaren zu richten / das er ynn seynem
35 funff-ehenden odder ach-ehenden iar mehr kan / denn bisher alle hohen
schulen vnd klöster gekund haben- Ja was hat man gelernt ynn hohen
schulen vnd klöstern bisher / denn nür esel / klö- / vnd bloch werden?
^wen-ig / vierzig iar hat eyner gelernt / vnd hat noch Widder lateinisch
noch deutsch gewust. Ich schweyge das schendlich lesterlich leben / darynnen
4c die edle iugent so innerlich verderbt ist.
7 geschütze 8 ruhe 12 Stiftungen 13 anniversarien 20 wo
sich hier hindernisse, Schwierigkeiten und Verzögerungen ergeben 27 2. Ko.
<>, i f. 30 jubeljahr 32 Wissenschaft 37 blöcke 38 dennoch
44Ö A n die Ratsherrn aller Städte deutsches Lands, dass sie

War ists / ehe ich wollt / das hohe schulen vnd kltster blieven so /
wie fle bis her gewesen sind / das keyn ander weyse zu leren vnd leben
sollt für die iugent gebraucht werden/ w -llt ich ehe/das keyn knabe
nymer nichts Uxntt vnd stum were. Dean es ist mein ernste meynuag /
bitt vnd begirde / das dise esel stelle vnd teuffels schulen entweder ym ab- 5
gründ versüncken / oder zu Christlichen schulen verwandett «erden. Aber
nu vns Gott so reichlich begnadet / vnd solicher leut die menge geben hat/
die das iunge volck seyn leren vnd zihen mügen. Warlich so ist not / das
wyr die gnade Göttis nicht ynn wind schlahen / vnd lassen yhn nicht vmb
sonst anklopffen. Sr stehet für der thür / wol vns / so wyr yhm auss thun. xo
S r griffet vns / selig der yhm antwortet. Versehen wyrs / das er für
vber gehet / wer w ill yhn Widder holen -
Last vns vnsern vorigen iamer ansehen vnd die finsternis / darynnen
s*w 1w ir gewest flud. Ich acht / das deutsch land / noch nie so viel von Göttis
wort gehtret habe / als itzt. Ran spürt yhe nichts ynn der Historien xz
X76E 1davon / lassen wyrs denn so hyn gehen on band vnd ehre / so ists zu be­
sorgen / wyr werden noch greulicher finsternis vnd plage leyden. Lieben
deutschen / keufft «eyl der marck für der thür ist / samlet eyn / weyl es
scheynet vnd gutt Wetter ist / braucht Göttis gnaden vnd wort / weyl es
da ist. Denn das sollt yhr wissen / Göttis wort vnd gnade ist ein farender *>
platz regen / der nicht wider kompt / «0 er eyn mal gewesen ist. S r ist
Hey den Juden gewest / aber hyn ist hyn / fle haben nu nichts. Paulus
bracht yhn ynn kriechen land. Hyn ist auch hyn / nu haben fle den Türcken.
Rom vnd latinisch land hat yhn auch Qtb&btl hyn ist hyn / fle haben nu
den Bapst. Vnd yhr deutschen dürfft nicht dencken / das yhr yhn ewig 25
haben werdet / Denn der vndanck vnd Verachtung wird yhn nicht lassen
bleyben. Drumb greyff zu vnd hallt zu / wer greyffen vnd hallten kan /
faule hende müssen eyn btffes tat haben.
Die dritte / ist wol die allerhthist / nemlich Göttis gebott/der durch
Rose so offt tteibt vnd fodett / die elltern sollen die kinder leren / das zo
auch der 77. Psalm spricht. Wie hatt er so hoch vnsern vetern gepotten
den kindern kund zu thun / vnd zu leren kinds kind. Vnd das weyset
auch aus / das vierde gebott Göttis / do er der elltern gehorsam den kindern
so hoch gepeut / das man auch durchs gericht t-dten soll vngehorsame kinder.
Dnd «arumb leben wir allten anders / denn das w ir des iungen volcks 35
«atten / leren / vnd auffzihen? Ss ist yhe nicht müglich / das flch das tolle
volck sollt selbs leren vnd halten / darumb hat fle vns Gott besolden /
die wyr allt vnd ersaren flnd / was yhn gut ist / vnd wird gar schwerlich
rechnung von vns für die selben fi-dera. Darumb auch Mose befilht
Deutero. 32. vnd spricht. Frage deynen vater der wird dyrs sagen / die 40
allten die werden dyrs zeygen.
15 liest 18 solange als markt 28 Wander, Hand no. 153 31 Ps.
78, 5 s. 33 D t. 2 i, 18 ff. 38 alt sind und wissen schwere 40 D t. 32, 7
christliche Schulen aufrichten und halten sollen. 1524.

Wie wol es fünde vnd schände ist / das da hyn mit vns komen ist /
das wyr aller erst reytzen vnd vns reytzen sollen lassen / vnsere kinder vnd
iunges volck zu -ihen 1 vnd ybr bestes denckeu / so doch das selb vns die *77 *
natur selbs sollt treyben / vnd auch der Heyden exempel vns manichfelltig
5 weysen. Es ist keyn vnuernünjsti- thier / das seyner iungen nicht wartet
vnd leret / was yhn 1gepürt / on der straus / da Gott von jagt Job 81. 33w
das er gegen seyne iungen so hatt ist / alls weren fle nicht seyn / vnd lefft
seyne eyer auff der erden ligen. Dnd was hülffs / das wir sonst alles
hetten vnd thetten vnd weren gleich eyttel Heyligen / so wyr das vnter
10 wegen lassen / darumb wyr aller meyst leben / nemlich / des iungen volcks
pflegen? Ich acht auch / das vnter den eufferlichen funden / die wellt für
Gott von keyner so hoch beschweret ist / vn> so grewliche straffe ver­
dienet / alls eben von diser / die wyr an den bindern thun / das wyr fle
nicht -ihen.
15 D a ich iung war / füret man ynn der schulen eyn sprich «ott. Non
minus est negligere scholarem / quam corrumpere virginem. Nicht geringer
ist es eynen schuler verseumen / denn eyne iungfraw schwechen. DaS sagt
man darnmb / das man die schulmeyster erschrecket / denn man miste dazu
mal keyn schwerer sunde / denn iungsrawen schenden. Aber / lieber Herr-
* gott wie gar viel geringer ists iungfraw oder weiber schendk (wilchs doch
als ein leybliche erkandte sunde mag gebüffet werden) gegen diser / da die
edlen fersen verlassen vnd geschendet «erden / da soliche sunde auch nicht
geachtet noch ettennet vnd nymer gebüffet wird? O «ehe der wellt ymer
vnd ewiglich. Da «erden teglich kinder geporn vnd wachsen bey vns
*5 daher / vnd ist leyder niemand / der flch des armen iungen volcks an ueme
vnd regire / da lefft mans gehen / wie es gehet. Die kltster vnd stiffte
sollten* thun / so flnd fle eben die / von denen Christus sagt. Wehe der
wellt vmb der ergerniffe willen / wer diser iungen eynen ergett die an mich
glewbea / dem «ere es besser eynen mülstein an den hals gehenckt / vnd
3o yns meer gesenckt da es am tieffesten ist. Es flnd nur kinderfreffer vnd
Verderber.
J a sprichstu / solchs alles ist den elftem gesagt / ' was gehet das d ie ,78B
radherm vnd oberkeyt an? Ist recht geredt / ia wie wenn die elltem aber
solchs nicht thun? «er solls denn thun? solls drumb nach bleyben vnd die
55 kinder verseumet werden? Wo will flch da die oberkeyt vnd Rad ent
schuldigen / das yhnen solchs nicht sollt gepüren? Das es von den elltem
nicht geschützt / hat mancherley vrsach. 1 Auffs erst / flnd etliche auch nicht
so fhim vnd redlich / das fle es thetten / ob fle es gleich kundten / sondern
wie die strauffe / hetten fle flch auch gegen yhre iungen / vnd laffens da
6 H i. 39, 14. 16 10 hauptsächlich 15 vgl. W . A. 15, 331
20 dwie A 21 im vergleich m it dieser, bei d e r . . . 22 weil sogar
27 M t 18, 7. 6 34 unterbleiben 38 rechtschaffen und pflicht­
bewusst 39 verhärten
448 An die Ratsherrn aller Städte deutsches Lands, dass sie

bey bleibest / das Ke die eyer von sich geworffen vnd kinder zeuget haben /
nicht mehr thun fle dazu. N u dise kinder sollen dennoch vnter vns vnd
bey vns lebest ynn gemeyner stad. Wie will den vu venmnfft vnd sonder»
lich Christliche liebe / das leyden / das sie vngezogen auff svachsev/vnd den
andern sintern gisst vnd schmeyffe seyen / damit zu letzst eyn gantze stad s
verderbe / wie es denn zu Sodom vnd Gomorra vnd Gaba vnd ettlichen
mehr stedten ergangen ist.
Ausss ander / so ist der gröffest Hausse der elltern legtet vngeschickt
dazu / vnd nicht weys / wie man kinder zihen vnd lernen soll. Denn fle
nichts selbs gelernet haben / on den bauch versorgen / vnd gehören sonder- *o
liche leut dazu / die kinder wol vnd recht leren vnd zihen sollen. Ausss
dritte / ob gleich die elltern geschickt «eren vnd wölltens gerne selbs thun/
so haben fle für andern geschessten vnd Haus hallten Widder zeyt noch raum
dazu / also das die not zwinget / gemeine zuchtmeyster für die kinder zu
hallten / E s wöllte denn eyn iglicher für sich selbs eynen eggen hallten / *s
aber das würde dem gemeynen man zu schwere / vnd würde abermal manch
fegn knabe vmb armuts willen verfeumet. Dazu / so sterben viel elltern
vnd lassen weysen hynder flch / vnd wie die selben durch furmunden ver­
sorgt werden / ob vns die erfarung zu wenig were / sollt vns das wol
zeygen / das flch G ott selbs der weysen ortet nennet / als dere / die von «
I79 b yderman sonst verlassen sind. Auch flnd ettliche die nicht kinder haben/
die nemen flch auch drumb nichts an.
Darumb will- hie dem Rad vnd der oberkeyt gepüren / die aller
gröffesten sorge vnd fieys ausss iunge volck zu haben. Denn «eyl der
gantzen stad / gutt / ehr / legb vnd leben / yhu zu tre n n Hand befolgen ist / »$
so thetten fle nicht redlich für G ott vnd der wett / wo fle der stad ge-
deyen vnd befferung nicht suchten mit allem vermögen / tag vnd nacht.
N u lsgt eyner stad gedeyen nicht alleyne darynn / das man grosse schetze
famle / feste mauren / schöne heuffer / viel büchsen vnd Harnisch zeuge / J a
wo des viel ist / vnd tolle narren drüber tonten / ist so viel beste erger / 3°
vnd beste grösser schade der selben stad. Sondern das ist einer stad bestes
vnd aller reichest gedeyen / heyl vnd krafft / das fle viel segnet geirrter /
vernünfftiger / erbat / wol gezogener bürget hatt / die künden darnach wol
schepe / vnd alles gut samlen / hallten vnd recht brauchen.
35w 1 Wie hat die stad Roma than / die yhre knaben also lies zihen / das 35
fle ynwendig fünffzehen / achtzehen / zwentzig taten ausss ausbündigst kündten
lateynisch vnd kriechisch / vnd allerley frege künste (wie man fle nennet)
darnach flux ynn den krieg vnd regiment / da würden witzige / vernünsstige
vnd treffliche leute aus / mit allerley tunfl vnd erfanmge geschickt / das /
wenn man itzt alle Bischoffe vnd alle Pfaffen vnd Müniche ynn deutschem 40
5 geschmeiss 19 versogtt A 20 Ps. 68, 6 22 haben
darum auch kein Interesse am Schulwesen 26 pflichtgemäss 27 mit
allen mittein 29 geschütze erzeuge, herstelle 38 verständige
christliche Schulen aufrichten und halten sollen. 1524.
449
lande / auff eynen Haussen schmeltzet / sollt man nicht so viel finden / alle
man da wol ynn eynem Römischen kriegs knecht fand. Darumb gieng
auch yhr ding von statten / da fand man leute die zu allerley tüchtig vnd
geschickt waren. Also hatt die nott allezeyt erzwungen vnd erhallten ynn
5 aller wellt / auch bey den Heyden / das man zuchtmeyster vnd schulmeyster
hatt müssen haben / so man anders ettwas redlichs hatt wöllen aus eym
volck machen. Daher ist auch das wort / zucht meyster / ynn santt Paulo
G al. 4. alls aus dem gemeynen brauch menschlichs lebens genomen / da er
spricht. D as gesetzt ist vnser zuchtmeyster gewesen.
10 1Weyl denn eyne stad soll vnd mus leute haben / vnd allenthalben i*> e
der gröste gebreche / Mangel vnd klage ist / das an (rufen feyle / so mus
man nicht harren / bis sie selbs wachsen / man wird sie auch wider aus
steynen hawen / noch aus holtz schnitze / so wird G ott nicht wunder thun /
so lange man der fachen durch ander seyne dargethane gütter geraten kan.
13 Darumb müssen wyr dazu thun / vnd mühe vnd kost dran wenden / sie
selbst erzihen vnd machen. Denn wes ist die schuld / das es itzt ynn allen
stedten so dünne sihet von geschickten leutten / on der oberkeyt / die das
iuuge volck hatt lassen auff wachsen wie das holtz ym wald wechset / vnd
nicht zu gesehen / wie mans lere vnd zihe? darumb istL auch so vntrdig
*0 gewachsen / das zu keynem baw / sondern nur eyn vnnütz gehecke vnd nur
zum fewrwerg tüchtig ist.
ES mus doch welltlich regiment bleyben / soll man denn zu lassen /
das eyttel rüllyen vnd knebel regiren / so mans wol bessern kan / ist yhe
ein wild vnuernünfftiges surnemen. S o las man eben so mehr sew vnd
*3 «tlffe zu Herrn machen / vnd setzen ober die / so nicht dencken wbllen / wie
sie von menschen regirt werde. S o ists auch eyn vnmenschliche bosheyt /
so man nicht weytter denckt denn also / wyr wöllen itzt regiren / was geht
vns an / wie es denen gehen werde / die noch vns komea. Nicht vber
menschen / sonder vber sew1 vnd Hunde sollten soliche leute regiren / die nicht 36 w
y mehr denn yhren nutz oder ehre ym regiment suchen. Wenn man gleich
den höhiste« sitys für wendet / das man eyttel feyne / gelerte / geschickte
leutt erzöge zu regiren / es würde dennoch mühe vnd sorge gnug haben /
das es wol zu gienge. Wie soll es denn zu gehen / wenn man da gar
nichts zu thut?
35 Za sprichstu aber mal / ob man gleich sollt vnd müste schulen haben /
was ist vns aber nütze / lateynisch / kriechisch / vnd ebreyisch zungen vnd
3 ging e bei ihnen auch vorwärts 6 ordentliches 8 Ga. 3, 24
9 sprcht A 14 dem bedürfnis abhelfen 17 spärlich aussieht,
mangelt an 19 unordentlich 20 dorogebüsch 21 zur feuemng
(M t 13, 30) 22 soll man—kan fragesatz oder Vordersatz zu So las
Man (im letzteren falle ist ist yhe—furnemen als eingeschobener ausrufe-
satz anzusehen) 23 grobiane und flegel 24 lieber 25 daran
denken, darauf hinarbeiten 35 abermals, s. oben s. 443, z. 24
450 A r die Ratsherrn aller St.'tdte deutsches Lands, dxss sie

andere frene künste zu leren / künden wyr dock wol deutsch die Bibel vnd
G ö ttis wort leren / die vns gnugsam ist zur selickeyt. A ntw ott. J a ich
I?, r. weys leyder wol / 1das wyr deutschen müssen ymer bestien vnd tolle thier
seyn vnd bleyben / wie vns denn die vmbligende lender nennen vnd wyr
auch wol verdienen. M ich wunden aber / warumb wyr nicht auch ein mal 5
sagen / W as sollen vns seyden / wein / würtze / vnd der frembden aus-
lendischen wäre / so wyr doch selbs weyn / körn / wolle / flachs / holtz /
vnd steyn ynn deutschen landen / nicht alleyn die fülle haben zur narung /
sondern auch die kür vnd wal zu ehren vnd schmuck? D ie künste vnd
sprachen die vns on schaden / ia grösser schmuck / nutz / ehre / vnd frumen 10
und / beyde zur heyligen schrifft zuuerstehen vnd welltlich regiment zu füren /
wöllen wvr verachten / vnd der aus lendischen wäre die vns wider not noch
nütze sind / dazu vns schinden bis auff den grat / der wöllen wyr nicht ge-
ratten / heyssen das nicht billich deutsche narren vnd bestien?
Zwar wenn kenn anderer nutz an den sprachen were / sollt doch vns *3
da» billich erfrewen vnd anzünden / das es so eyn edle feyne gäbe G öttis
ist / da mit vns deutschen G ott itzt so reichlich fast ober alle lender beym-
sucht vnd begnadet. M an sitzet nicht viel / das der teuffel die selben hette
lassen durch die hohen schulen vnd klöster auffkomen. J a sie haben allzeyt
auff- höhest da Widder getvbet vnd auch noch toben / denn der teuffel roch «
ttn braten wol / wo die sprachen erfur kemen / würde seyn reich eyn fach
gewonnen , das er nicht künde leicht wider zu stopffen. Weyl er im nicht
bat müqen weren da- sie erfur kemen / dencket er doch / sie nu also schmal
zu ballten / das sie von yhn selbs wider sollen vergehen vnd fallen. E s
ist vbm nicht evn lieber gast damit yns Haus komen / D rum b will er yhn 25
auch also spensen / das er nicht lange solle bleyben. Disen bösen tuet des
teuffel- / sehen vnser gar wenig / lieben Herren,
j w ' D arum b lieben deutschen lasst vns Hie die äugen auffthun / G ott
dancken fllr da- edel kleynod / vnd fest drob hallten / das vns nicht wider
rR. i entzückt werde / vnd der teuffel nicht seynen Mutwillen büffe. Denn 1 das 3o
können wir nicht leucken / das / wie wol das Euangelivn allevn durch den
beoligen geost ist komen / vnd teglich kompt / so ists doch durch mittel der
frradvn komen / vnd hat auch dadurch zugenomen / muS auch da durch bv
hallten werden. Denn gleich all- da G ott durch die Apostel wollt ynn
alif w ellt da- Euauqelton lassen komen / gab er die jungen da zu. Vnd 35
h atte auch zunor durch der Röm er regiment / die kriechische vnd latevnische
sprach weot mm alle land ausgebreyttet / auff das seyn Euangelivn yhe
bald fern ond weot frucht brechte. Also hat er itzt auch gethan. Niem ant
h at gew ust ' warnmb G ott die sprachen erfur lies komen / bis das man nu
i Wissenschaften 9 auswahl 13 bis auf die knocken 14 ent­
behren 15 wahrlich 17 vor allen 1. 21 Thiele no. 91
21 fei.hteroffnung. kicke, loch 26 tucke 30 entrissen an uns aus-
la<'' 3; Vermittlung
christliche Schulen aufrichten und halten sollen. 1524.
45 l

allererst flhet / das es vmb des Euangelio willen geschehen ist / wilchs er
hernach hat wöllen offinbarn / vnd da durch des Endchrists regiment auff-
decken vnd zu stören. Darumb hat er auch kriechen land dem Türcken
geben / auff das die kriechen vertagt vnd zustrewet / die kriechischr
5 sprach aus brechten / vnd eyn ansang würden / auch andere sprachen mit
zu lernen.
So lieb nu alls vns das Euangelion ist / so hatt last vns ober den
sprachen hallten. Denn Gott hat seyne schrifft nicht vmb sonst alleyn ynn
die zwo sprachen schreib- lassen / das allte testament ynn die Ebreische /
10 das new ynn die Kriechische. Welche nu Gott nicht veracht / sondern zu
seynem wort erwelet hat für allen andern / sollen auch wyr die selbe für
allen andern ehren. Den S . Paulus rhümet das für eyn sonderliche ehre
vnd votteyl der Ebreischen sprach / das Göttis wort drynnen geben ist /
da er sprach Röm 3. Was hat die beschneyttung votteyls odder nutzes?
15 Fast viel / auffs erst / so sind yhn Göttis rede befvlhen / Das rhümet auch
der könig Dauid Psalm .147. Er verkündigt seyn wort Jacob / vnd seyne
gepott vnd rechte Israel. Er hat keynem volck also gethan / noch seyne
rechte yhnen offinbatt. Daher auch die 1Ebreische sprach heylig Heysset. 38w
Dnd santt Paulus Röm. L nennet ste die heylige schrifft / on zweyffel vmb
ao des Heyligen Worts Göttis willen / das drynnen verfasset ist. Also mag
auch die Kriechische sprach wol heylig heyffen / das die selb für andern
dazu erwelet ist / das das newe testament drinnen geschribe würde. Vnd
aus der selben1alls aus eym brunnen ynn andere sprach durchs dolmetschen 183 e
geflossen / vnd ste auch geheyliget hat.
-5 Dnd last vns das gesagt seyn / Das wyr das Euangelion nicht wol
werden erhallten / on die sprachen. Die sprachen sind die scheyden / darynn
dis Messer des geysts stickt. Sie stnd der schreyn / darynnen man dis
kleynod ttegt. Sie sind das gefess / darynnen man Visen tranck fasset.
Sie stnd die kemnot / darynnen dise speyse ligt. Dnd wie das Euangelion
3 0 selbs zeygt / Sie stnd die körbe / daryMen man dise brot vnd flsche vnd

brocken behellt. Ja wo wyrs versehen / das wyr (da Gott für sey) die
sprachen faren lassen / so werden wir nicht alleyn das Euangelion verlieren /
sondern wird auch endlich dahyn geratten / das w ir wider lateinisch noch
deutsch recht reden odder schreyben künden. Des last vns das elend grew-
35 lief) exempel zur beweysnng vnd Warnung nemen / ynn den hohen schulen
vnd klöstern / darynnen man nicht alleyn das Euangelion verlernt / sondern
auch lateinische vnd deutsche spräche verderbet hat / das die elenden leut
schier zu lautter bestien worden stnd / wider deutsch noch lateinisch recht

2 Apg. 2, 4 ff. 5 verbreiteten 7 eifrig 10 wenn sie nun . . .


14 R ö . 3, 1 f. 15 sehr anbefohlen, anvertraut 16 Ps. 147, 19
19 R ö . I , 2 28 kemnate 29 M t. 14, 20 31 aufbewahrt
33 gelangen
452 An die Ratsherrn aller Städte deutsches Lands, dass sie

reden oder schreyben können. Vnd bey nahend auch die natürliche vernunfft
verloren haben.
Darumb Habens die Apostel auch selbs für nöttig an gesehen / das
sie das newe testament ynn die Kriechische spräche fasteten vnd anbänden /
vn zweyffel / das ftt es vns daselbs sicher vnd gewis verwarete / wie ynn 5
eyner Heyligen laden / Denn sie haben gesehen / all das ienige das zukunfftig
war / vnd nu also ergangen ist / wo es alleyn ynn die köpff gefastet würde /
mit manche wilde / wüste / vnordnung vnd gemenge / so mancherley synnen/
dunckel vnd leren sich erheben würden ynn der Christenheyt / wilchen ynn
keynen weg -u weren noch die eynfelltigen zu schützen weren / wo nicht *o
das newe testament gewis ynn schnfft vnd spräche gefastet were. Darumb
ists gewis / wo nicht die sprachen bleyben / da mus zu letzt das Euangelion
vitter gehen.
Das hat auch beweyffet / vnd zeygt noch an die erfarung. Denn so
bald nach der Apostel zeyt / da die sprachen auffhöreten / nam auch das 15
j9w Eiiangelion 1 vnd der glawbe vnd gantze Christenheyt yhe mehr vnd mehr
x84 b 1 ab / dis das sie vnter dem Babst gar versuncken ist / Dnd ist synter zeyt
die sprachen gefallen sind / nicht viel besonders ynn der Christenheyt er­
sehen / aber gar viel grewlicher grewel aus vnwiffenheyt der sprachen ge«
schehen. Also widdernmb weyl itzt die sprachen erfur komen sind / bringen 20
sie eyn solid) liecht mit sich vnd thun solch grosse ding / das sich alle wellt
verwundert / vnd mus bekennen / das wir das Euangelion so lauter vnd
reya haben fast alls die Apostel gehabt haben / vnd gantz ynn seyne erste
reynigkeyt komen ist / vnd gar viel reyner / denn es zur zeyt santt Hieronymi
odder Augustini gewesen ist. Dnd summa / der heylige geyst ist keyn narre / 25
gehet auch nicht mit leichtfertigen vnnötigen fachen vmb / der bat die
sprachen so nütz vnd not geacht ynn der Christenheyt / das er sie offtmals
von hymel mit sich bracht hat / wilchs vns alleyne sollt gnugsam bewegen/
die selben mit fieys vnd ehren zu suchen vnd nicht zuuerachten / weyl er sie
nu selbs Widder auff erden erweckt. y>
Ja sprichstu / es sind viel veter selig worden / haben auch geleret on
sprachen. Das ist war Wo rechenstu aber auch das hyn / das sie so offt
ynn der schnfft gefeylt haben? Wie offt feylet santt Augustinus ym
Psalter vnd andern auslegung / so wol alls Hilarius / ia auch alle die on
die sprachen sich der schnfft haben vnterwunden aus zulegen? Dnd ob sie 35
gleich ettwa recht geredt haben / sind sie doch der fachen nicht gewiss ge­
wesen / ob das selb recht an dem ort stehe / da sie es hyn deutten? A ls /
das ich des eyn exempel -eyge. Recht ists geredt / das Christus Göttis
son ist. Aber wie spöttisch lautet es ynn den oren der widdersacher / da

4 zu anbänden Vgl. oben s. 3 9 4 , z. 20 7 eingetroffen


dem gedächtnis u. mündlicher tradition anvertraut 8 Verwirrung ge-
smnungen 9 Meinungen 17 seitdem 19 wahrgenommen worden
20 ebenso umgekehrt 33 o fft A 36 irgendwo
christliche Schulen aufrichten und halten sollen. 1524
453

sie des gründ fureten aus dem 109. Psalm. Tecum principium in die
virtutis tue. So doch da selbs ynn der Edreischen sprachen nichts von
der Gottheyt geschriben steht. Wenn man aber also mit vngewiffen gründen
vnd feylsprüchen den glawben schützet / ists nicht eyn schwach vnd spot der
5 Christen bey den Widder fechtern / die der sprach kündig sind? vnd werden

nur halsstarriger ym yrthum / vnd1halten vnsern glauben mit guttem schevn 185 e
für einen menschen träum.
Wes ist nu dis schuld / das vnser glaube so zu schänden wird? nem-
lich / das wyr der sprachen nicht wissen / vnd ist hie keyn hülste / denn die
xosprachen wissen. Wart nicht S. Hierony. gezwungen den Psalter von
newem zu'uerdolmetzen aus dem Edreischen vmb des willen / tai / m man 40 w
mit den Juden aus vnsenn Psalter handelt / spotten sie vnser / das es nicht
also stünde ym Edreischen / wie es die vnsern fureten? Nu sind aller
allten veter auslegung / die on sprachen die schrifft haben gehandelt (ob sie
15 wol nichts vnrechts leren) doch der gestallt / das fle fast osst vngewisse /
vnebene / vnd vnzeyttige spräche füren / vnd tappen wie eyn blinder an der
wand / das sie gar offt des rechten texts feylen / vnd machen yhm eyne
nasen nach yhrer andacht / wie dem vers droben angezeygt / Tecum prim
cipiü ic. Das auch S. Augusti. selbs mus bekennen / wie er schreybt de
2 0 doctnna Christ das eynem Christlichen lerer / der die schrifft soll aus­
legen / not stnd ober die Lateinische / auch die Griechische vnd Ebreische
sprachen. Es ist sonst vnmüglich / das er nicht allenthalben anstoffe / Ja
noch not vnd erbeyt da ist / ob eyner die sprachen schon wol tan.
Darumh ists gar viel eyn ander ding / vmb eyney schlechten Prediger
25 des glaubens / vnd vmb eynen ausleger der schrifft / odder wie es S. Paulus
nennet / eynen Propheten. Eyn schlechter Prediger (ist war) hat so viel
Heller spräch vnd text durchs dolmetschen / das er Christum verstehen /
leren / vnd heyliglich leben vnd andern predigen kan. Aber die schrifft aus
zulegen vnd zu handeln für sich hyn / vnd zu streytten Widder die yrrigen
30 evufärer der schrifft /ist er zu geringe / das lesset sich on sprachen nicht
thun. Nu mus man yhe ynn der Christenheyt soliche Propheten haben /
die die schrifft tteyben / vnd auslegen / vnd auch zum streyt fugen / vnd ist
nicht gnug am Heyligen leben vnd recht leren. Dammb sind die sprachen
stracks vnd aller 1dinge von nstten ynn der Christenheyt / gleich wie die 186 e
35 Propheten / odder ausleger / obs gleich nicht not ist / noch seyn mus / das
eyn iglicher Christ odder Prediger sey eyn solich Prophet / wie sanct Paulus
sagt 1. Cor. 12 vnd Ephe. 4.
i gründ, beweis dafür anführtenPs. 110, 3 4 fehlsprüchen, un­
zutreffenden spr. 5 gegnem 12 auf gründ unseres Ps. verhandelt
13 anführten 15 sehr 16 unangemessene u. unpassende 18 ihre
mehtong in ihn eintragen (Thiele no. 394) angezeyt A 20 I I 11, 16
( M S L 34, 42) 24 geringen, einfältigen 2$ 1. K o . 12, 28 ff. 14, 2 6 ff.
27 aus Übersetzungen 29 selbständig zu traktieren 30 Zitierer
32 taugen 34 unbedingt u. durchaus 37 I . K o . 12, 6 ff. E ph. 4. 11
454 A n die R atsherrn aller Städte deutsches Lands, dass sie

Daher kompts / das sind der Apostel zeyt / die schrifft so finster ist
blieben vnd nyrgent gewisse bestendige auslegunge drüber geschriben find.
Denn auch die Heyligen veter (wie gesagt) offt gefeyllt / vnd weyl sie der
sprachen vnwiffend gewesen / find sie gar selben eynes / der feret sonst /
der feret so. Sanct Bernhart ist eyn man von grossem geyst gewesen / r
das ich yhn schier thürst ober alle lerer setzen / die berümbt find / beyde
41 w allte vnd newe. Aber fihe / wie e r1*mit der schrifft so offt (wie wol geyst-
lich) spielt vnd fle füret ausser dem rechten synn. Der halben haben auch
die Sophisten gesagt. Die schrifft sey finster / haben gemeynet / Göttis
wort sey von art so finster / vnd rede so seltzam. Aber fie sehen nicht das 10
aller Mangel ligt an den sprachen / sonst were nicht liechters yhe geredt /
denn Göttis wort / wo wyr die sprachen verstünden. Eyn Türck mus mir
wol finster reden / milchen doch eyn türckisch kind von (leben iaren wol
vernympt / die weyl ich die spräche nicht kenne.
Darumb ist das auch eyn toll furnemen gewesen / das man die schrifft 15
hat rvöllen lernen durch der veter auslegen / vnd viel bücher vnd glossen
lesen. Man sollt fich dafür auff die sprachen geben haben. Denn die
lieben veter / weyl fie on sprachen gewesen find / haben fie zu weilen mit
vielen Worten an eynem spruch geerbeyttet / vnd dennoch nur kaum hynnach
geomet / vnd halb geraten / halb gefeylet. So leuffestu dem selben nach 20
mit viel mühe / vnd kündtist die weyl durch die sprachen / dem selben viel
bas solichen ratten / denn der / dem du folgest. Denn wie die sonne gegen
dem schatten ist / so ist die spräche gegen aller veter glosen. Weyl denn
nu den Christen gepürt / die Heyligen schrifft zu oben / alls yhr eygen
eyniges buch / vnd eyn fünde vnd schände ist / das wyr vnser eygen buch 25
187 e nicht1wissen / noch vnsers Göttis sprach vnd wort nicht kennen / so istS
noch viel mehr fünde vnd schaden / das wyr nicht sprachen leren / sonder­
lich / so vns itzt Gott dar beut vnd gibt leute vnd bücher vnd allerley /
was dazu dienet / vnd vns gleich dazu reitzt / vnd seyn buch gern wollt
offen haben. O wie fro sollten die lieben veter gewesen seyn / wenn fie 30
hetten so kund zur Heyligen schrifft komen vnd die sprachen leren / alls wyr
künden. Wie haben fie mit so grosser mühe vnd steys kaum die brocken
erlanget / da wir mit halber / ia schier on alle erbeyt / das gantze brod ge-
wynnen künden. O wie schendet yhr steys vnser faulheyt? Ja wie hart
wird Gott auch rechen solchen vnsern 'mfleys vnd vndanckbarkeit. 35
42 w >Da her gehöret auch / das S . Paulus 1. Cor. 14. w ill / das ynn
der Christenheyt soll das vrteyl seyn ober allerley lere / dazu aller dinge
von n-ten ist / die spräche zuwissen. Den der Prediger oder lerer mag
wol die Biblia durch vnd durch lesen / wie er w ill / er treffe oder feyte /

i seit 2 unangreifbare 6 w agte 10 von natur 11 klareres


17 s tatt dessen gelegt 20 eben nu r (halt nur) so hinterher gemessen,
ih r mass hat sich als nicht zulänglich erw iesen ( W . A . 15, 4 1 3) 22 besser
solchergestalt 34 beschämt 36 1. K o . 14, 27. 29
christliche Schulen aufrichten und halten sollen. 1524.
455
wenn niemand da ist / der da vrteyle / ob ers recht mache odder nicht.
Soll man denn vrteylen / so mus kunst der sprachen da seyn / sonst ists
verloren. Darumb ob wol der glaube vnd das Euangelion durch schlechte
Prediger mag on sprachen predigt werden / so gehet es doch faul vnd
5 schwach / vnd man wyrds zu letzt müde vnd vberdrüsslg vnd fellet zu poden.
Aber wo die sprachen sind / da gehet es frvd) vnd starck / vnd wird die
schrifft durch trieben / vnd findet sich der glaube ymer new / durch andere
vnd aber andere wort vnd werck / das der 128. Psalm solid) fiudirn ynn
der schrifft vergleicht eyner iaget vnd spricht / Gott -ffene den hirffen die
10 dicke melde. Dnd psalm. 1. Eynem bäum der ymer grünet vnd ymer
friffch waffer hat.
Es soll vns auch nicht yrren / das ettliche sich des geysts rhümen /
vud die schrifft geringe achten. Ettliche auch wie die brüder Valdenses
die sprachen nicht nützlich achten. Aber lieber freund / geyst hyn / geyst
151her / ich bin auch ym geyst gewesen / vnd habe auch geyst gesehen (wens 188 e
yhe gellten soll von eygenem fleysch rhümen.) vielleicht mehr / denn eben
die selbigen noch ym iar sehen werden / mit fast sie auch sich rhümen.
Auch hat meyn geyst steh ettwas beweyset / so doch yhrer geyst ym winckel
gar still ist / vnd nicht viel mehr thut / denn seynen rhum auff wirfst.
30 Das weys ich aber wol / wie fast der geyst alles alleyne thut / were ich
doch allen püffchen zu ferne gewest / wo mir nicht die sprachen geholffen
vnd mich der schrifft sicher vnd gewiss gemacht1 hetten. Ich bette auch 43 w
wol kund frum sein / vnd ynn der stille recht predigen. Aber den Bapst
vnd die Sophisten mit dem gantzen Endechristischen regiment / würde ich
35 wol haben lassen seyn was sie find. Der teuffel achtet meynen geyst nickt
so fast / alls meine spräche vnd feder ynn der schrifft. Denn meyn geyst
nympt yhm nichts denn mich alleyn. Aber die Heyligen schrifft vnd sprachen
machen yhm die wellt zu enge / vnd thut yhm schaden ynn seym reich.
So kan ich auch die brüder Valdenses darynnen gar nichts loben /
30 das fie die sprachen verachten. Denn ob sie gleich recht lereten / so müssen
fie doch gar offt des rechten texts stylen / vnd auch vngerüst vnd vngeschickt
bleyben zu fechten für den glauben Widder den yrthum. Dazu ist yhr ding
so finster vud auff eyne eygen weyse gezogen / ausser der schrifft weyse zu
reden / das ich besorge / es sey / -dder werde nicht lauter bleyben. Denn
35 es gar ferlich ist von ®ottit fachen anders reden / odder mit andern
Worten / denn Gott selbs braucht. Kürtzlich / sie mügen bey yhn selbs
heylig leben vnd leren. Aber weyl fie on spräche bleyben / wird yhn
mangelln müssen / das allen andern mangelt / nemlich / das fie die schrifft

2 Sprachwissenschaft 3 einfältige 7 durchgearbeitet 8Ps. 29, 9


9 hirschen 10 wälder Ps. I , 3 12 irre machen 13 böhmischen
brüder 15 vgl. 2. K o . 12, 2 ff. und oben I 57. r. 5 ff. 16 P hi. 3, 4
17 innerhalb eines Jahres sehr 21 dem ziel fern geblieben (W . A . 15, 4z3)
23 ehrbar 28 das tut 33 subjektiv
456 A n die Ratsherrn aller Städte deutsches Lands, dass sie

gewis vnd gründlich nicht handeln/noch andern vtlckern nützlich seyn


mügen. Weyl sie aber das wol kündten thun / vnd nicht thun wöllen /
mügen sie zu sehen / wie es für G ott zuuerantwottten sey.
N u das sey gesagt von nutz vnd not der sprachen vnd Christlichen
schulen / für das geystlich «esen vnd zur seelen heyl. N u last vns auch s
189 £ den leyb für nemen / vnd setzen / ob schon keyn seel noch hymel1odder Helle
were / vnd sollten alleyne das zeyttlich regiment ansehen nach der wellt /
ob das selb nicht dürste viel mehr gutter schulen vnd gelerter leutte / denn
44 w das geystliche. Denn bisher 1 sich des selben die Sophisten so gar nichts
haben angenomen / vnd die schulen so gar aust den geystliche« stand ge-10
richtet / das gleich eyne schände gewesen ist / so eyn gelerter ist ehlich
worden / vnd hat müssen hören sagen / sihe / der wird welltlich vnd w ill
nicht geystlich werden / gerade alls were alleyn yhr geystlicher stand Gott
angenem / vnd der welltliche (wie sie yh« nennen) gar des teufels vnd vn-
christlich. S o doch die weyl für G ott sie selbs des teufels eygen werden /15
vnd alleyn dlser arm pöffel (wie ynn der Babylonischen gefencknis dem
volck Israel geschach) ym land vnd rechten stand ist blieben / vnd die
besten vnd öbersten zum teustel gen Babylon gefürt sind mit platten vnd
kappen.
N u hie ist nicht not zu sage / wie das welltlich regiment evn göttlich -0
ordnung vnd stand ist. Davon ich sonst so viel gesagt hab / das ich hoffe /
es zweyffel niemand dran. Sondern ist zu Handellen / wie man feyne ge­
schickte leutt dreyn kriege. Dnd hie bieten vns die hevden eyn grossen
trotz vnd schmach an / die vorzeyten / sonderlich die Römer vnd Kriechen /
gar nichts gewuft haben / ob solicher stand G ott gefiele aber nicht / vnd -5
haben koch m it solichem ernst vnd fieys / die iungen knaben vnd meydlin
lassen lernen vnd auffzihen / das sie dazu geschickt wurden / das ich mich
vnser Christen schemen mus / wenn ich dran dencke / vnd sonderlich vnser
deutschen / tu w ir so gar stöck vnd thier sind / vnd sagen tbüren / Za was
sollen d e schulen /so man nicht soll genstlich werden- die w ir doch wissen 30
oder yhe missen sollen / wie eyn nötttges vnd nüyes ding es ist / vnd G ott
so angenem / wo tim Fürst / Herr / radman odder was regirn soll / gelert
vnd geschickt ist / den selben stand Chnstlich zu füren.
Wenn nu gleich (wie ich gesagt habe) keyn ferse were / vnd man der
190 e schulen vnd spracht gar nichts 1dürffte mb der schrifft vnd G öttis willen. 3$
S o were doch alleyn dise vrsach gnugsam / die aller besten schulen beyde
für knaben vnd meydlin an allen ortten auff zu richten / das die wellt /
auch yhren welltlichen stand eufferlich zu halten / doch bedarff feiner ge­
schickter menner vnd frawen. Das die meuner wol regirn künden land
vnd leutt. Die frawen wol -ihen vnd hallten künden Haus / kinder / vnd 40
gesinde. Nu soliche menner müssen aus knaben werden / vnd soliche frawen
6 arm *n 8 brauche 16 pöbel 25 oder 29 zu sagen
wagen 35 . lürfte
christliche Schulen aufrichten und halten sollen. 1524.

müssen aus meydlin werden. Darumb ists zu thun / das man kneblin vnd
meydltn dazu recht lere vnd auffzihe. N u hab ich drohen gesagt / der ge-
meyn man thut hie nichts zu / kans auch nicht / wills auch nicht / «eys
auch nicht / Fürsten vnd Herrn solltens 1thun / aber ste haben auffm schlitten 45W
s zufaren / zu trincken / vnd ynn der mumerey zu lauffen / vnd find beladen
m it hohen mercklichen geschefften des kellers / der küchen vnd der kamer.
Vnd obs ettliche gern thetten / müssen ffe die andern schewen / das fle nicht
für narren odder ketzer gehallten werden. Dammb w ills euch lieben Rad­
herrn alleyne ynn der Hand bleyben / yhr habt auch raum vnd fug dazu /
*• besser denn Fürsten vnd Herrn.
Za sprichst» / Eyn iglicher mag seyne tochter vnd söne wol selber
leren oder yhe zihen m it zucht. Antwort. Za man sthet wol / wie stchs
Irret vnd zeucht. Dnd wenn die zucht auffs höhest getrieben wird / vnd
wol gerett / so kompts nicht ferner / denn das eyn wenig eyn eyngezwungen
*s vnd erbar geberde da ist / sonst bleybens -leychwol eyttel holtzböcke / die
wider hie von noch da von wissen zu sagen / niemand wider radten «och
helffen können. Wo man sie aber Irret vnd zöge ynn schulen oder sonst /
da gelerte vnd züchtige meyster vnd meysterynn weren / da die sprachen vnd
andere tunst vnd Historien lereten / da würden sie hören die geschichte vnd
90 spräche aller wellt / rote es diser stad / disem reich / disem Fürsten / disem
man / disem weybe / gangen were / vnd kündten also ynn kurtzer zeyt /
gleich der ganhen wellt von1anbegynn / wesen / leben / rad vnd anschlege /191B
gelingm vnd vngelingen / für sich fassen / wie nnn eym spigel / daraus fle
denn yhren synn schicken / vnd sich ynn der wellt laufst ruhte« künden m it
•s G öttis furcht / Dazu witzig vnd klug werden aus den selben Historien /
was zu suchen vnd zu meyden were ynn diffem enfferlichen leben / vnd
andern auch darnach radtcn vnd regim. Die zucht aber die man daheyme
on solche schulen für nimpt / die w ill vns «eyse mache« durch eygea t
farung / ehe das geschrcht / so sind wyr hundert mal tod / vnd haben vnser
3° lebenlang alles vnbedechtig gehandelt / denn zu eygener erfamng gehört
viel zeyt.
' Weyl denn das iuage volck mus lecke« vnd springen / odder yhe was 46W
zu schaffen haben / da es lust ynnen hat / ond yhm darynn nicht zu weren
ist / auch nicht gut were / das mans alles »eres. Warumb sollt mau denn
" -hm nicht solche schulen zurichten vnd solche kunst furlegen? Syntemal
es itzt von G öttis gnaden alles also zugericht ist / das die kinder m it lust
vnd spiel leren künden / es seyen sprachen odder ander künst odder Historien.

4 vgl. Joh. Kessler, Sabbats, S t Gallen 1902, s. 79, z. 6 9 mög


lk h k e it 13 macht m it dem lehren und erziehen 14 weiter
15 In nerlich er anstand 23 sich vorstellen 24 sich ihre meinung
bilden 25 versündig 32 ausschlagen
458 An die Ratsherrn aller Städte deutsches Lands, dass sie

Vnd ist itzt nicht mehr die Helle vnd das fegfewr vnser schulen / da mit
ynnen gemartert sind / ober den C-sualibus vnd temporalibuS / da wir
doch nichts denn eyttel nichts gelernt haben durch so viel steupen/zittern/
angst vnd iamer. Nympt man so viel zeyt vnd mühe / daS man die kinder
spielen auff kattea / singen / vnd tantzen Irret / Warumb nympt man nicht 3
auch so viel zeyt / daS man sie lesen vnd ander fünft leret / weyl sie iuug
vnd müssig / geschickt vnd lustig da zu sind - Ich rede für mich / Wenn
ich kinder hette vnd oermöchtS / S ie mästen mir nicht alleyne die sprachen
vnd Historien htren / sondern auch singen / vnd die musica mit der gantzeu
mathematica lernen. Denn waS ist dis alles / denn eyttel kinder spiel?
darynnen die Kriechen yhre kinder vor zeytten zogen / da durch doch wunder
geschickte leut auS worden zu allerley hernach tüchtig. Za wie leyd ist
mirs itzt / daS ich nicht mehr Poeten vnd Historien gelesen habe / vnd mich
E auch die selben niemand gelernt hat. Habe dafür müst lesen deS 1 teuffelö
dreck / die PhilosophoS vnd Sophisten mit grosser kost / erbeyt / vnd schaden / *5
das/ ich gnug habe dran aus zufegen.
S v sprichstu. Za wer kan seyner kinder so emperen / vnd alle zu
mnckern ziehen? Sie müssen ym Hause der erbeyt warten rc. Antwort.
Zsts doch auch nicht meyne meynung / das man solche schulen anrichte /
wie sie bisher gewesen sind / da eyn knabe zwenhig odder dreysstg iar hat so
ober dem Donat vnd Alexander gelernt / vnd dennoch nichts gelernt ES
ist itzt eyn ander wellt / 1 vnd gehet anders zu. M eyn meynung ist / daS
man die knaben deS tagS eyn stund odder Zwo lasse zu solcher schule gehen /
vnd nichts deste weniger die ander zeyt / ym Hausse schaffen / handwerck
lernen / vnd wo zu man sie haben will / das beydes mit eynander gehe / »s
weyl das volck iung ist / vnd gewarten kan. Bringen sie doch sonst wol
zehen mal so viel zeyt zu / mit keulichen schiessen / ball spielen / lausten /
vnd rammelln.
Also kan eyn meydlin ia so viel zeyt haben / daS deS tageS eyne
stunde zur schule gehe / vnd dennoch seynS geschefftS ym Hause wol warte / jo
Verschleffts vnd vertantzet vnd verspielet eS doch wol mehr zeyt. E s
feylet alleyn daran / das man nicht lust noch ernst dazu hat / daS iunge
volck zu zihen / noch der wellt helffen vnd ratten mit feynen leuten. Der
teuffel hat viel lieber grobe blöche vnd vnnütze leut / daS den menschen ia
nicht zu wol gehe auff erden. 35
Milche aber der ausbund dar vnter were / der man sich verhofft /
das geschickte leut sollen werden zu lerer / vnd lereryn / zu Prediger vnd

2 deklinations- und konjugationsübungen £> so lange als 7 von


mir aus 15 mit viel kosten 21 Aelius Donatus, Ars Grammatica
u. Ars minor, Alexander de Villa Dei, Doctrinale puerorum 26 so
lange als fleiss darauf verwenden 27 kiiulchen, kügelcben 28 schäkern,
balgen 34 blocke 36 die eiite
christliche Schulen aufrichten und halten sollen. 1524. 459
andern geystlichen emptern / die soll man beste mehr vnd lenger da bey
lassen / odder gany daselbs zu verordenen / wie mpt tefen von den hepligen
inertem / die S . Hagnes vnd Agata vnd Lucia vnd der gleichen auihogen.
Daher auch die klöster vnd stiffte körnen sind / aber nu gar ynn eynen
5 andern verdampfen brauch verkeret. Dud das will auch wol nott seyn /
denn der beschorne hausse nympt fast ab / so find sie auch das mehrer teyl
vntüchtig zu leren vnd regireu / denn sie funden nichts / 1 on des bauchs 193 w
pflegen / Wilchs man auch sie alleyn gelernt hat. S o müssen wyr ia leut
haben / die vns Göttis wort vnd sacrament reichen vnd frei matter seyen
10 ym volck. Wo roötten « y r sie aber 1 nemen / so man die schulen zurgehen 4*w
lefft / vnd nicht andere Christlicher auffrichtet? Syntemal die schulen
bisher gehallten / ob sie gleich nicht vergangen / doch nichts geben mügen /
denn eyttel verlorne schedliche verfurer.
Darumb es hohe not ist / nicht alleyne der iungen leut halben /
15 sondern auch beyder unser (lende geystlich vnd welltlich zur halten / D as
man ynn diser fachen / mit ernst vnd ynn der zeyt dazu thu. Auff das
wyrs nicht hinden nach / wenn wirs verseumet haben / villeicht müssen
lassen / ob wyrs denn gerne thun wollten / vnd vmb sonst den reuling vns
mit schaden beyffen lassen ewiglich. Denn G ott erbeut sich reichlich / vnd
00 reicht die Hand dar vnd gibt dazu / was dazu gehöret. Verachten wirS /
so haben wir schon vnser vtteyl mit dem volck Israel / da Isaias von sagt.
Ich habe meyne Hand dar gebotten den ganheu tag dem vngleubigen volck /
das mir widerstrebt. Vnd Prouer. l. Ich habe meyne Hand dar ge­
borten / vnd niemand wollts ansehen / yhr habt alle meynen rad verachtet /
*5 Wolan so will ich ewer auch lachen ynn ewerm verderben vnd spotten /
wenn vber euch körnet ewer vnglück rc. da lasst vns für hüten. Sehet an
zum exempel / mild' eynen grossen fleysder könig Salomo hyrynuen thau
hat / Wie hat er sich des iungenvolcks angenomen / das er unter seynen
königlichen geschefften auch eyn buch für das iunge volck gemacht har /
3° das da heyst Prouerbiorn / Vnd Christus selbs / wie zeucht er die iungen
kindlin zu sich? wie fleyssig bestlhet er sie vns / und rhümet auch die enget /
die yhr warten. M atth, am 18. das er vns anzeyge / wie eyn grosser
dienst es ist / wo man das iunge volck wol zeucht. Widdemmb .wie grew»
lich er zürnet / so man sie ergett vnd so verderben leffet.
35 Darumb lieben Herrn / last euch das werck anligen / das G ott so
doch von euchfoddert / das ewer am pt 1 schuldig ist / das der iugent so not 194 e
ist / vnd des Widder wellt noch geyst empem kan. W yr sind leyder lang
gnug ym finstemis verfaulet vnd verdorben. W ir sind allzu lange gnug

3 s. oben s. 236, z. 25 u. s. 267, z. 18 6 mönchsstand sehr


9 Seelsorger 1$ zu erhalten 18 die reue 21 Jes. 65, 2
1 2 Pr. l. 24 ff. 32 Mt. 18, 5 ff. 10 34 ihnen anstoss gibt
4ÖO An die Ratsherrn aller Städte deutsches Lands, dass sie

deutsche -estien gewesen. Last vns eyn mal auch der vernunfft brauchen /
das G ott mercke die danckbarkeyt seyner guter / vnd ander lande sehen /
das wyr auch menschen vnd leute sind / die ettwas nützlichs enttwedder
von yhn lernen oder sie leren künden / da mit auch durch vns die wellt
49W gebessert werde. Ich habe das meyne1gethan. Ich wollt yhe Deutschem 5
lande gerne geraten vnd geholffea haben / ob mich gleich ettlich darüber
werden verachten vnd solchen trewen rad ynn wind schlahen / vnd beffers
wissen wöllen / das mus ich geschehen lassen. Ich weys wol / das andere
kündten besser haben ausgericht / auch weyl sie schweygen / richt ichs aus
so gutt alls ichs kan. Es ist yhe besser dazu gered / wie vngeschickt es ie
auch sey / denn aller dinge dauon geschwige. Vnd bin der Hoffnung / Gott
werde yhe ewer ettliche erwecken / das meyn trewer rad nicht gar ynn die
affchen falle / vnd werden ansehen / nicht den der es redt / sondern die sach
selbs bewegen vnd sich bewegen lassen.
Am letzten ist auch das wol -u bedencken / allen den yenigen so lieb *5
vnd tust haben / das solche schulen vnd sprachen ynn Deutschen landen auff*
gericht vnd erhallten werden / das man fleys vnd koste nicht spare / gutte
librareyen odder bücher Heuser / sonderlich ynn den grossen stedten / die
solichs wol vermögen / zuuerschaffen. Denn so das Euangelwn vnd allerley
kunst soll bleyben / mus es yhe ynn bücher vnd schrifft verfasset vnd an*30
gebunden seyn. Wie die Propheten vnd Apostel selb- gethan haben / alls
ich droben gesagt habe. Vnd das nicht alleyne darumb / das die yenigen /
so vns geystlich vnd welltlich fürstehen sollen / zu lesen vnd studirn haben /
sondern das auch die guten bücher behallten vnd nicht verloren werden
sampt der kunst vnd sprachen / so «yr itzt von Göttis gnaden haben. **
Hie^ynnen ist auch S . Paulus fleysflg gewesen / da er Timotheo bestlhet /
195 b er solle anhallten am lesen 1 vnd auch befilht / er solle das pergamen zu
Troada gelassen / mit sich bringen.
J a sollchs haben sich gefliffen alle ktnigreiche / die etwas sonderlichs
gewesen sind / vnd zuvor das Israelische volck / vnter wilchen solchs «erck 30
Mose anfieng der erste / vnd hies das buch des gesetzs ynn die lade Göttis
verwaren / vnd thets vnter die Hand der Leinten / das man bey den selben
sollt holen abschrifft / wer es bedürffte / also / das er auch dem Könige ge­
peilt / er solle von den Lernten solchs buchs abschrifft nemen. D as man
wol sthet / wie Gott das Leuitische Priestetthum vnter andern geschefften /js
auch dazu verordntet hat / das sie der bücher Hütten vnd warten sollten.
Nach dem hat dise librarey gemeret vnd gebessert Iosua / darnach Samuel /
y>w David / Salomo / Jsaias / vnd 1 so fort an viel mehr Könige vnd Pro*

2 für seine wohltaten 9 und nur weil 11 oronino 13 ver­


loren gehe 20 Wissenschaft 27 1. Ti. 4, 13 23 2. Ti. 4, 13
31 D t 31, 25 s. 33 D t 17, 18
christliche Schulen aufrichten und halten sollen. 1524« 461

pheten. Daher ist körnen die heylige schnfst des Alten Testaments / wilche
sonst nymer mehr were zu samen bracht ooder dlieben / »0 Gott nicht hette
sollchen sieys drauff heyffen haben.
Dem exempel nach / haben auch die stijste vnd klöster vor zeytten
5 librareyen angericht / wie wol mit wenig gutten büchern. Dnd was es
für schaden than hatt / das man zu der zeyt nicht drob gehallten hatt /
bücher vnd gutte librareyen zu verschaffen / da man bücher vnd leute genug
dazu hatte / ist man darnach wol gewar worden / das leyder mit der zeyt
dahyn gefallen ist alle tunst vnd sprachen. Vnd an (tat rechtschaffener
10 bücher / die tollen vnnühen schedlichen Müniche bücher / Catholicon /
Florist« / Grecista / Labyrinthus / Dormi semre / vnd der gleychen esels
mist vom Teuffel eyngefutt ist / das damit die Lateinische spräche zu Hoden
rst gangen / vnd nyrgent keyn geschickte schule noch tote noch weyse zu
studirn ist ober blieben. Dnd wie wyr erfaren vnd gesehen haben / das
15 mit so viel mühe vnd erbeit / man die sprachen vnd tunst / dennocht gar
vnuolkomen aus ettlichen brocken vnd stucken allter bücher / aus dem staub
vnd würmern Widder erfür bracht hatt / vnd noch teglich dran sucht vnd
erbeyt / gleych wie man ynn eyner zustbreten stad ynn der affchen nach den
schetzen vnd kleynoten grebt.
*° Darynn ist vns auch recht geschehen vnd hat Gott 1 vnser vndanck' 1 9 6 e
barkeyt recht wol bezalet / Das wyr nicht bedachten seyne moltbat / vnd
Vorrat schafften / da es zeyt war / vnd wol kundten / damit wyr gutte
bücher vnd geirrte leut betten behallten / liessen es so faren / alls gienge
es vns nicht an / Thet er auch widerumb / vnd lies an stat der heyligen
ss schnfft vnd gutter bücher / den Aristotelem tomen mit vnzelichen schedlichen
büchern die vns nur ymer weytter von der Byblien füreten / Dazu die
Teuffels laruen / die Müniche vnd der 1hohen schulen gespenst / die wyr s*w
mit vnmenschlichem gutt gestifft vnd viel Dottores / Predicatores / Magistros
Pfaffen / vnd Müniche / das ist / grosse / grobe / fette esel / mit rotten vnd
30 braunen parreten geschmückt / m t die saw mit eyner gülden keten vnd
perlen / erhallten / vnd «uff vns selbs geladen haben / die vns nichts guts

6 darauf 10 Catholicon, ein 1286 von dem predigermönch Johann


Januensis verfasstes lateinisches Wörterbuch 11 Florista ist der kanonikus
Ludolf v. Lüchow in Hildesheim und sein werk, ein latein. gedieht über
die Syntax (1317), Graetista ist Eberhard v. Bethune, angeblich Verfasser
emes grammatisch-lexikalischen Sammelwerks, Labyrinthus ist der titel
eines gedichts de misenis rectorum scholarum, verfasst um 1220 wahr­
scheinlich von demselben Eberhard von Bethune, D orm i secure ist der
titel einer predigtsammlung von Joh. v. W erden (mitte des 15. jhrh.s;
v g l F L Landm ann, Das Predigtwesen in Westfalen in der letzten
Zeit des Mittelalters, Münster i. W . 1900, s. 7 s.) 31 unter­
halten
An die Ratsherrn aller Städte deutsches Lands, dass sie

lereten / sondern nur ymer mehr blinder vnd toller machten / vnd dafür
alle vnser gutt fressen / vnd samleten nur des drecks vnd mistes ybrer vn-
finigen gifftigrn -ücher alle klbstrr / ia alle winckel voll / das grewlich zu
dencken ist.
Is ts nicht eyn elender iamer bisher gewesen / das evn knabe hat 5
müssen -wentzig iar oder lenger studiren / alleyn / das er so viel büses
lateinisch hat gelernt / das er möcht pfaff werden vnd mess lesen? Dnd
wilchem es dahyn fernen ist / der ist selig gewest / S elig ist die muter ge­
west / die eyn solid) kind getragen hat. Vnd ist doch eyn armer vngelerter
mensch seyn leben lang blieben / der Widder zu glucken noch zu eyer legen ”
getücht hatt. Solche lerer vnd meyster haben wyr müssen allenthalben
haben / die selbs nichts gekundt / vnd nichts guts noch rechts haben mügen
leren / ia auch die «eyse nicht gewiss / wie man doch lernen vnd leren
sollte. W es ist die schuld? E s sind keyn ander bücher für Handen ge­
west / denn solche tolle Müniche vnd Sophisten bücher. W as sotten denn >s
anders d-aus werden / denn eyttel tolle schuler vnd lerer / wie die bücher
waren die sie lereten. Eyn dole hecket keyne tauben / vnd eyn narr machet
keyn klugen. D as ist der lohn der vndanckbarkeyt / das man nicht hat
197 e fleys 1 an librareyen gewendet / sondern hat lassen die gutten bücher ver­
gehen / vnd die vnnützen behalten. *°
Aber meyn rad ist nicht / das man on vnterschied allerley bücher zu
Hauff raffe / vnd nicht mehr gedencke / den nur auff die menge vnd Haussen
bücher. Ich wollt die wal drunder haben / d a s. nicht nott sey / aller
Juristen comment / aller Theologen Sententiarum vnd aller Philosophen
Questiones / vnd aller Müniche Serm ones zu samlen. J a ich wollt *s
solchen mist gantz ausstossen / vnd m it rechtschaffenen büchern meyne librarey
s*w versorgen / vnd gelette1 leut darüber zu rad nemen. Erstlich sollt die beylige
schrifft beyde auff Lateinisch / Kriechisch / Ebreifch / vnd Deutsch / vnd ob
sie noch ynn mehr sprachen were / drynnen seyn. Darnach die besten aus-
leger vnd die Elltisten beyde Kriechisch / Ebreyfch / vnd Lateinisch / wo ich *>
sie finden künde. Darnach solche bücher / die zu den sprachen zu lernen
dienen / alls die Poeten vnd O ratores / nicht angesehen ob sie Heyden
odder Christen weren / Kriechisch odder Lateinisch. D enn aus solchen mus
man die Grammatica lernen. Darnoch sollten seyn / die bücher von den
freyen künsten / vnd sonst von allen andern künsten. Zu letzt auch der 3$
Recht vnd Erheney bücher / Wiewol auch hie vnter den Commenten evner
gutten wal not ist.

8 soweit gelungen 11 getaugt 17 Wander, Dohle


no. 4
christliche Schulen aufrichten und halten sollen, z524.

M it den fürnemsten aber sollten seyn die Chronicken vnd Historien /


waserlen sprachen man haben künde / Denn die selben wunder nun stnd /
der wellt lauff zu erkennen vnd zu regiren / Za auch G öttis wunder vnd
werck zu sehen / O wie manche ferne qeschichte vnd spräche sollt man itzt
5 haben / die ynn Deutschen landen geschehen vnd gangen sind / der ronr itzt
gar keyns wissen / das macht / niemand ist da gewesen / der sie beschrieben /
oder ob sie schon beschrieben gewest weren / niemand die bücher gehallten
hat / darumb man auch von vns Deutschen nichts weys ynn andern landen /
vnd müssen aller wellt die Deutschen bestien heyffen / die nichts mehr
io künden / denn kriegen vnd fressen vnd sauffen. Aber die Kriechischen vnd
Lateinischen / J a auch 1 die Ebreischen haben yhr ding so gnaw vnd sieyssiy tc« e
beschrieben / das / wo auch eyn weyb oder kind ettw as sonderlichs gethan
odder geredt hat / das mus alle wellt lesen vnd wissen / die weyl sind wyr
Deutschen noch ymer Deutschen / vnd wöllen deutsche bleyben.
15 W evl vns denn, itzt G o tt so gnediglich beratten hat / mit aller fülle
beyde der tunst / gelerter leutte vnd bücher / so ists zeyt / das w yr erndten
vnd eynschneytten das beste / das wyr künden / vnd schetze samlen / damit
w yr ettw as behallten auff das znkunfftige von Visen gülden taten / vnd
nicht dise reyche erndte verseumen. D enn es zu besorgen ist / vnd itzt
86 schon widder ansehet / das man m t x new vnd ander bücher macht / das
zu letzt da hon kome / das durch des tenffels werck / die glitten bücher /
so itzt durch den druck erftir bracht sind / widderumb unterdrückt werden /
vnd die losen heylosen bücher von vnnützen vnd tollen dingen wider eyn
reiffen vnd alle winckel füllen. D enn damit geht der teuffel gewislich
*5 vmb / das man sich widderumb m it eyttel Catholicon / 1 Floristen / Modernisten 5 3 W
vnd des verdampten M ünichen vnd Sophisten miste / tragen vnd martern
müsse / wie vorhnn / vnd ymer lernen vnd doch nymer nichts erlernen.
D e r halben bit ich euch meyne lieben henn / wbllet dise meyne ttewe
vnd fleys / bey euch lassen frucht schaffen. D nd ob ettlich weren / die
3° mich zu geringe dafür hielten / das sie mevns radts sollten leben / odder
mich alls den verdampten von den tyrannen / verachtm / die motten doch
das ansehen / das ich nicht das meyne / sondern alleyn des ganyen Deutschen
lands glück vnd heyl suche. Dnd ob ich schon eyn narr were / vnd treffe
doch w as guts / sollts yhe keynem werfen eyn schände duncken / mir zu
35 folgen. Dnd ob ich glevch eyn Türcke vnd Heyde were / so man doch
sihet / das nicht m ir daraus kan der nutz komen / sondern den Christen /
sollen sie doch billich meynen dienst nicht verachten. E s hat wol ehe

I zu den vornehmsten aber sollten gehören 2 welcherlei


7 erhalten, aufbewahrt 17 einernten 18 s. oben s. 445. z. 30
23 nichtsnutzigen 25 Modernisten — Nominalisten
464 Ab die Ratsherrn aller Städte deutsches Lands etc. 1524.

matt ryn narr bas zu geraten / denn eyn gander radt bet Hagen. Mose
199 e muffe (Id) e»n Iethro leren lassen. Hie mit besilh ich1«nch «Ile Get-
ttt gnaden / der »Mit e»r herhen erweychm
enb anzünden / das sie sich der armen /
elenden / eertoffenen / ingetrt mit
ernst (tmtemen / enb durch
Göttliche HÜffe / yhn
radtenvnd hel­
fen zq seli­
gem
»nb Christ­
lichem regiment
Deutsches lands an
leyb enb feel mit aller fülle /
enb ebersius zu lob enb ehren
Gott dem eurer durch Zesnm Chri­
stum enfern heyland. Amen.
2 Ex. 18, 17 ff.

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