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lJer gütige Umgang mit den

Etern
von
Abdul-Malik Bin Muhammad
Ibn Abdur-Rahman Al-Qasim
Vorwort des Verlegers ..................................................... 7

Einleitung ...................................................................... 9

Pflichtbewusst gegenüber den Eltern .............................. 11

Die Bedeutung des Birr mit den Eltern .......................... 23

Der Segen, rechtschaffene Eltern zu haben ..................... 35

Die Wertschätzung der Mutter und des Vaters ............... 41

Eltern befürchten, dass die Strafe Allahs


ihre Kinder trifft. .......................................................... 46

Rechtschaffene Eltern sind betrübt über den Verlust


rechtschaffener Kinder, doch i.iben sie sich in Geduld
und hoffen auf Allahs Lohn hierfür. ............................... 47

Luqman gibt Rat .......................................................... 49

Wie wird mit den Eltern in der heutigen Zeit


umgegangen ................................................................. 56

Die Gelehrten der Salaf gehorchten ihren Eltern,


selbst während sie religiöses Wissen unterrichteten ......... 59

Bring deinen Kindern die Liebe zu Allah und Seinem


Gesandten bei. .............................................................. 63

Warnung vor dem Uquq gegenüber den Eltern .............. 64

Oh ihr, die ihr den Uquq begeht! .................................. 67

Übe den Uquq mit deinen Eltern aus und deine Kinder
werden ebenso mit dir umgehen .................................... 70
I
Aussagen des Gesandten Allahs ;e;.;, bezüglich des Birr
und des Uquq mit den Eltern ........................................ 72
Mütter tragen ihre Kinder durch alle Mühen hindurch ... 77

Wieweit sind wir von diesen rechtschaffenen Personen


entfernt? ....................................................................... 79

Arten des Uquq ............................................................ 81

BilT ist eine Notwendigkeit im Umgang mit dem Vater .. 94


Die T ugendhafrigkei t des Birr mit den Eltern ................ 96

Der Bfrr mit den Eltern nach ihrem Tod ..................... 100

Zwei Beispiele des Birr mit den Eltern ......................... 109


IM NAMEN ALLAHS, DES ALLERßARMERS,
DES BARMHERZIGEN

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„UND DEIN HERR HAT BEFOHLEN: "VEREHRT KEINEN

AUßER IHM UND (ERWEIST) DEN EITERN GüTE. WENN EIN

ELTERNTEIL ODER BEIDE BEI DIR EIN HOHES AITER

ERirnICHEN, SO SAGE DANN NICHT 11 PFUI! 11 ZU IHNEN UND

FAHirn SIE NICHT AN, SONDERN SPRICH ZU IHNEN IN

EHRERBIETIGER WEISE. UND SENKE FÜR SIE IN

BARMHERZIGKEIT DEN FLÜGEL DER DEMUT UND SPIUCH:

"MEIN HERR, ERBARME DICH IHRER (EBENSO MITLEIDIG),

WIE SIE MICH ALS KLEINES AUFGEZOGEN HABEN."" EUER

HERR WEiß AM BESTEN, WAS IN EUREN SEELEN IST: WENN

IHR RECHTGESINNT SEID, DANN IST ER GEWISS

VERZEIHEND GEGENÜBER DEN SICH-BEKEHRENDEN." (Al-

Isral 7:23-25)
Vorwort des Verlegers

Alles Lob und aller Preis gebührt Allah, dem Herrn der
Welten und möge Allah die Stellung des Propheten
Muhammad, dem Auserwählten, dem Vertrauenswürdigen
noch weiter erhöhen, sowie die seiner Familie und all seiner
Gefährten.

„Der gütige Umgang mit den Eltern" ist der Titel eines sehr
aufschlussreichen Büchleins des Autors Abdul-Malik Al-
Qasim, einem bekannten islamischen Gelehrten und
ausgewiesenen Experten der arabischen Sprache. Dem
gütigen Umgang mit den Eltern und der Verwandtschaft
wird im Islam sehr große Beachtung geschenkt. Der Islam
ist der größte Vorzug, den Allah dem Menschen zuteil
kommen ließ. Allah hat die Menschen durch den Islam mit
einem Regelwerk ausgestattet, welches jedem Mitglied der
Gemeinschaft (der Menschheit) sein ihm zustehendes Recht
gewährt und dies in ganz besonderem Maße, den Eltern
und den Verwandten. In zahlreichen Versen des Qur' ans
und in ebenso vielen Ahadith (Aussprüchen des Propheten
ttJ ), sowie weisen Aussagen der Salaf, wird der Muslim dazu
angehalten, seine Eltern wertzuschätzen und zu respektieren.

Das kann nur erreicht werden, indem man alle


Angelegenheiten auf den Qur' an und die Sunnah
zurückführt. Allah sagt im Qur'an:

7
,, ... Sei Mir und deinen Eltern dankbar ... " (31: 14)

An einer anderen Stelle lautet es:

„Mein Herr, erbarme Dich ihrer (ebenso mitleidig), wie sie


mich als Kleines aufgezogen haben." (Al-Isra 17:24)

Der Gesandte Allahs ~~ sagte: ,,Drei Arten des Bittgebets


werden von Allah nicht abgelehnt: das Bittgebet der Eltern
für ihre Nachkommenschaft, das Bittgebet einer fastenden
Person und das Bittgebet eines Reisenden." (Sahih Al-Jami').

Mujahid, einer der Großen der Safaf, sagte ebenfalls:

„Wenn die Eltern ein hohes Alter erreichen und keine


Kontrolle mehr über den Ruf der Natur haben (über das,
was sie ausscheiden), ekele dich nicht davor und sage nicht
einmal ,Uff zu ihnen. Sondern entferne den Urin und die
Ausscheidungen, genauso, wie sie es zu tun pflegten, als du
noch klein warst, ohne dabei Ekel zu empfinden."

Abdul-Malik Mujahid

8
Einleitung
Aller Dank gebührt Allah, Der alles erschaffen und geformt
hat, Der in perfektem Maß vorherbestimmt und dem
Menschen das Richtige und das Falsche deutlich machte.
Möge Allahs Frieden und Segen auf dem ehrenwerten
Propheten und Gesandten sein, der auf vollst~indige Weise
seine Mission erfi.iJlt hat, in Wort, Tat, dem rechten
Benehmen und dem gütigen Umgang.

Gemäß des Gehorsams Allah l}l!. gegenüber, sind die


Gläubigen dazu angehalten, einander in Rechtschaffenheit
und Gottesfurcht zu helfen, sowie jedem Muslim mit
gutem Rat beizustehen. Aus diesem Grund habe ich mich
dieser Angelegenheit angenommen, nämlich dem Befehl
Allahs an Seine Diener, gütig, nachsichtig, großzügig,
gehorsam und pflichtbewusst gegenüber den Eltern zu sein.

In diesem Buch habe ich einige Geschichten und


Überlieferungen zusammengestellt, welche die Güte und
den Birr (das Pflichtbewusstsein) unserer rechtschaffenen
Salaf verdeutlichen. Sie zeigen auf, wie sehr sie sich darum

1 Sa/afnennt man die Geführten des Gesandten Allahs ~ und jene, die
ihnen in der kommenden Generation folgten (die 7:Zbi'in), sowie die
T'abi T:1bi'in - also die 3. Generation (des Islam) nach dem Propheten
~ und den Salwba (Prophetcngeföhrten). Der Gesandte Allahs ~,
bezeichnete sie in authentischen Ahadith als die besten der Menschen.

9
bemi.ihten, aus aufrichtigem Gehorsam gegenüber Allah
heraus, ihre Eltern zufriedenzustellen und deren
Bedürfnissen nachzukommen. Zwischen den Zeilen dieses
Buches, steckt ein gütiges Wort, ein schmerzerfüllter
Seufzer eines blutenden Herzens und eine warme Träne,
welche die Wange herunterläuft.

Neben den Geschichten und Aussagen bezüglich dieses


ohnehin sehr ernsten Themas, habe ich noch einige der
ehrenwerten Ahadith hinzugefügt, welche das Herz
erweichen, die Härte lösen und die Achtlosigkeit vertreiben
sollten. Sie sollten Anlass dazu geben, den Eltern ihren
gebührenden Respekt und Ehre zu erweisen.

Dieses Buch soll ebenfalls den Zweck erfüllen, die


Missstände und Miingel all jener von uns aufzudecken, die
ihren Eltern nicht ihr Recht geben.

Wir bitten Allah darum, uns zu einer Freude im Leben


unserer Eltern zu machen; wir bitten Allah darum, sie in
Rangstufen und Status zu erhöhen, sie großzügig zu
belohnen, ihnen das höchste Paradies zur Wohnstiitte zu
machen und wir bitten Allah darum, uns und sie im Garten
Eden wieder zu versammeln. In ihm befindet sich, was kein
Auge je gesehen, kein Ohr jemals gehört und kein Herz sich
jemals vermag, vorzustellen.

Abdul-Malik ßin Muhammad


Ibn Abdul-Rahman AI-Qasim

10
Pflichtbewusst gegenüber den Eltern

Allah lni1 sagt in Seinem edlen Buch:

~
J

j~T c~ ~ ~Tj

„Und dein Herr hat befohlen: "Verehrt keinen außer Ihm


und (erweist) den Eltern Güte. Wenn ein Elternteil oder
beide bei dir ein hohes Alter erreichen, so sage dann nicht
"Pfui!" zu ihnen und fahre sie nicht an, sondern sprich zu
ihnen in ehrerbietiger Weise. Und senke für sie in
Barmherzigkeit den Flügel der Demut und sprich: "Mein
Herr, erbarme Dich ihrer (ebenso mitleidig), wie sie mich
als Kleines aufgezogen haben."" Euer Herr weiß am besten,

11
was in euren Seelen ist: Wenn ihr rechrgesinnt seid, dann ist
Er gewiss verzeihend gegenüber den Sich-
Bekehrenden." (17: 23-25)

Ad-Daylami berichtete, dass Al-Hussain Bin Ali ~


berichtete, dass der Gesandte Allahs @ sagte:

» ,,Wenn es einen Ausdruck des Uquc/ geben würde, der


noch geringer wäre als Uff (Pfui) (zu sagen), so hätte Allah
diesen ebenfalls verboten." «

Des Weiteren kommentierte Ibn Abbas ~ die Aussage


Allahs: » ,,so sage dann nicht "Pfui!" zu ihnen und fahre sie
nicht an ... ". ,,Pfui" ist ein Wort, welches Ablehnung zum
Ausdruck bringt (gegenüber etwas, was einem die Eltern
aufgetragen haben zu tun, oder des Ekels welcher durch den
Geruch eines von ihnen hervorgerufen wird usw... ). «

Muqatil vertritt die Meinung, dass in diesem Vers die


respektlose und unhöfliche Anrede der Eltern gemeint ist.

Es wird ebenfalls gesagt, dass ein Kind zu keiner Zeit und


ungeachtet dessen, wie alt es selbst schon ist „Uff
(Pfui)" wegen eines schlechten Geruches, welches es von
den Eltern vernimmt, äußern darf. Demzufolge ist alles,
was größer ist als das, strengstens verboten.

2 Uquq - beinhaltet an dieser Stelle respektloses, unhöfliches und


unrechtmäßiges Verhalten gegenüber den Eltern.

12
lvfojahid sagte in einem Kommentar hierzu:

» ,,Wenn die Eltern ein hohes Alter erreichen und den Ruf
der Natur selbst nicht mehr kontrollieren können, fühle
dich weder angeekelt noch sage „Uff' zu ihnen. Entferne
stattdessen den Urin und die Ausscheidungen, genauso, wie
sie es zu tun pflegten, als du noch klein warst, ohne dabei
Ekel zu empfinden." «

Urwah Bin Az-Zubair sagte kommentierend zu Allahs


Aussage, » ,, ... und senke für sie in Barmherzigkeit den
Flügel der Demut ... " (17:24): ,,Dies bedeutet, dass man
den Eltern keine ihrer Bitten verweigern soll. "3 «

Allah sagt:

,, ... Und sprich: "Mein Herr, erbarme Dich ihrer (ebenso


mitleidig), wie sie mich als Kleines aufgezogen haben."
(17:24)

In diesem Vers erwähnt Allah explizit das Aufziehen und


Erziehen, auf dass die Kinder sich an die große Güte und
Fürsorge ihrer Eltern, während dieser Zeit, erinnern mögen

JAd-Durr Al-Mantlwr, Band 1, S. 259

13

/
und sie auf Grund dessen Mitgefühl und Güte ihren Eltern
gegenüber entwickeln.

An dieser Stelle sollten wir allerdings darauf hinweisen, dass


Allah es untersagt hat, Ihn 1.f#. für verstorbene Ungtiubige
um Vergebung anzuflehen. Sind also die Eltern eines
Muslims Christen oder Juden, so soll er mit ihnen auf die
Weise verfahren, wie Allah es ihm zur Pflicht
vorgeschrieben hat. Sollten sie allerdings im Zustande des
Unglaubens versterben, darf für sie nicht mehr um
Barmherzigkeit gebeten werden. 1

Imam Abu Bakr Al-Jassas sagte:

» ,,Sterben die Eltern eines Muslims als Ungläubige, sollte er


sie waschen, ihrem Begräbnis beiwohnen und sie begraben.
Dies ist gemäß dem Befehl Allahs, gütig mit ihnen
umzuge hen. «
«5

Allah hat die Rechte der Eltern noch einmal ganz besonders
hervorgehoben, als Er sagte:

4Tafsir Al-Qurtubi, ßand 10, S. 244.


5Ahka, ul-Qur'an, von Al-Jassas, ßand 2, S. 236

14
„Und als Wir mit den Kindern Israels einen Bund
schlossen: "Ihr sollt niemanden außer Allah anbeten, euch
den Eltern, Verwandten, Waisen und Armen gegenüber
wohltätig erweisen ... " (2:83)

Ibn Kathir sagte in seinem Kommentar zu diesem Vers:

» ,,Allah hat den Kindern Israels auferlegt, Ihm alleine zu


. dienen und davon abzulassen, Ihm in der Anbetung etwas
oder jemanden zur Seite zu stellen. Dieser Befehl richtet
sich an Seine gesamte Schöpfung, denn dies ist der Grund,
warum Er sie erschaffen hat. Wahrlich das größte und
höchste Recht ist das Allahs, und niemand hat das Recht
auf Anbetung, außer Er allein. Erst danach folgen die
Rechte der Schöpfung, in besonderem Maße und von
größter Wichtigkeit, die Rechte der Eltern. Hierzu sagt
Allah beispielsweise:

15
,, ... Sei Mir und deinen Eltern dankbar ... " (31:14t'

Allah hat ebenfalls die Propheten gelobt, da sie gütig im


Umgang mit ihren Eltern waren. Dabei wurde der Prophet
Yahya ~ ganz besonders hervorgehoben, da er gütig zu
seinen Eltern war, die bereits ein hohes Alter erreicht hatten.
Sicherlich ist der Bedarf nach gütigem Umgang in Zeiten
der Erschwernis größer, als zu anderen Zeiten. Gerade aus
dem hohen Alter heraus erwachsen Bedürfnisse, denn das
Alter geht mit Schwäche einher:

„Und ehrerbietig gegen seine Eltern. Und er war


nicht hochfahrend, trotzig." (19: 14)

Im weiteren Verlauf lobt Allah Isa Ibnu Maryam ~l (Jesus,


Sohn der Maria), da er seiner Mutter hingabevoll diente
und barmherzig mit ihr umging. In der Tat beschrieb sich
Isa ~ selbst, als er sagte:

6 Mukhrasar I1fsir Ibn Kar/iir, ßand 1, S. 30

16
„und ehrerbietig gegen meine Mutter (zu sein); Er hat
mich nicht gewalttätig und unselig gemacht." (19:32)

Wahrlich, in den Gesandten Allahs, möge der Friede Allahs


auf ihnen allen sein, und in den rechtschaffenen
Nachfahren haben wir vorzügliche Beispiele (in Bezug auf
den gütigen Umgang mit den Eltern). Der Vater aller
Propheten zum Beispiel, Ibrahim, l~riede sei mit ihm, war
sehr giitig im Umgang und in der Ansprache zu seinem
Vater und in der Art, wie er ihn zu Allah rief. Auch
nachdem sein Vater ihm mit harten Worten auf seine Rede
erwiderte, sprach Ibrahim in geziemender Rede und
versprach, dass er Allah darum anflehen würde, seinem
Vater zu verzeihen. Allah Lt'iit sagt:

17

(
„Und erwähne in diesem Buch Abraham. Er war ein
Wahrhaftiger, ein Prophet als er zu seinem Vater sagte: "O
mein Vater, warum verehrst du das, was nicht hört und
sieht und dir nichts nützen kann? 0 mein Vater, zu mir ist
ein Wissen gekommen, das nicht zu dir kam; so folge mir,
ich will dich auf den ebenen Weg leiten. 0 mein Vater,
diene nicht dem Satan; denn Satan empört sich gegen den
Allerbarmer. 0 mein Vater, siehe, ich fürchte, es könnte
dich die Strafe des Allerbarmers treffen, und dann wirst du
ein Freund des Satans werden."Er sagte: "Wendest du dich
von meinen Göttern ab, o Abraham? Wenn du (damit)
nicht aufhörst, so werde ich dich wahrlich steinigen. Verlass
mich für lange Zeit." Er (Abraham) sagte: "Friede sei auf
dir! Ich will bei meinem Herrn um Vergebung für dich
bitten; denn Er ist gnädig gegen mich." (19: 41-47)

18
Was nun die rechtschaffenen Safaf (Vorfahren) anbelangt,
so lasst uns an dieser Stelle Uways Al-Qarani erw~ilmen.
Asir Bin Jabir @:§ berichtete:

» ,,Als die Leute des Jemens (nach Madinah) kamen,


befragte sie Umar @: , Ist Uways Al-Qarani unter euch?
' Es wurde ihm gesagt, welcher von ihnen Uways war,
alsdann (ging er zu ihm und) Umar litli fragte ihn: , Bist du
Uways Bin Amir?' Er sagte:, Ja.' Umar m fragte: ,Von dem
Unterstamm der Murad, des Stammes der Qaran?' Uways
sagte: ,Ja'. Umar @fi fragte: ,Du warst an der Weiß-Flecken-
Krankheit [eine Hautkrankheit] erkrankt, von welcher du
geheilt wurdest - alles, was von ihr übrig geblieben ist, ist
ein Mal in der Größe eines Dirhams?' Er sagte: ,Ja'. Umar
@ fragte: ,Hast du eine Mutter, die noch lebt?' Er sagte: ,Ja'.

Umar @fi sagte: ,Ich hörte den Gesandten Allahs 4~ sagen:

, Uways Bin Amir wird mit den Leuten des Jemen zu euch
kommen, sie gehören dem Unterstamm der Murad, einem
Stamm der Qaran, an. Er pflegte an der Weiß-Flecken-
Krankheit zu leiden, doch wurde er von ihr geheilt, bis auf
eine Stelle (auf seiner Haut) in der Größe eines Dirhams
(Münze). Er hat eine Mutter zu der er gütig ist. Wenn er
schwört, dass Allah etwas tun wird, erfüllt ihm Allah seinen
Schwur. Deshalb, wenn es euch möglich ist, ihn darum zu
bitten, Allah anzuflehen, euch zu vergeben, so tut dies'.
Deshalb bitte Allah darum, mir zu vergeben'. Und so tat
dies Uways. Umar m fragte ihn: ,Wohin zieht es euch?' Er

19
sagte: ,Nach Kufa (im Iraq) '. Umar k!:t sagte: ,Soll ich dir
ein Empfehlungsschreiben für den (dortigen) Gouverneur
/ mitgeben?' Uways sagte: ,Nein, es ist besser für mich, unter
den einfachen Leuten zu sein.' Im darauffolgenden Jahr
vollzog einer der Stammesführer des Stammes von Uways
die Hajj. Umar cl:f befragte ihn über Uways. Dieser
erwiderte, dass er ihn zuletzt in iirmlicher Behausung und
mit nur wenigen Möbeln vorgefunden hatte. Umar ~ sagte:
,Ich hörte den Gesandten Allahs ,.,_,~;;s sagen: ,Uways Bin
Amir von dem Stamm der Murad, dem Stamm der Qaran,
wird mit einigen Leuten des Jemen zu euch kommen. Er
pflegte an der Weiß-Flecken-Krankheit zu leiden, doch
wurde von ihr geheilt, bis auf eine Stelle in der Größe eines
Oirhams. Er hat eine Mutter zu der er gütig ist. Wenn er
schwört, dass Allah etwas herbeiführen wird, so wird Allah
ihm seinen Schwur erfüllen. Deshalb, wenn es euch
möglich ist, ihn darum zu bitten, Allah darum anzuflehen,
euch zu vergeben, so tut dies.' Alsdann kehrte der Mann zu
Uways zurück und bat ihn darum, Allah anzuflehen, ihm
zu vergeben. Daraufhin fragte Uways: ,Hast du Umar ~
getroffen?' Der Mann bestätigte dies und Uways bat Allah,
ihm zu vergeben. Nach und nach erfuhren die Menschen
von dieser Auszeichnung Uways, führte dies dazu, dass er
sich entfernte."' (Muslim) «

Die Gelehrten des Islam sind sich darüber einig, dass der
gütige Umgang mit den Eltern notwendig ist, doch sind
ihre Aussagen diesbezüglich unterschiedlich.

20
Ibn Hazm sagte beispielsweise, dass der gütige Umgang mit
den Eltern eine verpflichtende Handlung ist. In dem Werk
Al-Adab Al-Kubra wird überliefert, dass Qadi Iyad gesagt
haben soll: » ,Gütig mit den Eltern umzugehen ist eine
Pflicht, es sei denn er beinhaltet einen Verstoß. ' 7 «

Als Beleg führen sie zahlreiche authentische und eindeutige


Beweise an. Beispielsweise die Aussage Allahs:

„Und dient Allah und setzt Ihm nichts zur Seite; und seid
gut zu den Eltern [... ]" (4:36)

Dieser Vers weist auf eine verpflichtende Handlung hin,


nämlich, gütig zu den Eltern zu sein. Diese Bestimmung
wird gemeinsam mit der Anbetung Allahs alleine (dem
Tauhid/islamischer Monotheismus) erw~ilmt und es gibt
keinen Beleg dafür, welcher diese Anweisung von der Stufe
einer Verpflichtung auf etwas Geringeres als das
herunterstufen würde. Der gütige Umgang mit den Eltern
wird demzufolge von den Menschen gefordert und ist
notwendig und verpflichtend.

7 Ghidha-ul-Albab, ßand 1, S. 382

21
Allah U':J sagt ebenfalls:
(
'1- ..L..,Ü
J J,,.,,
~ .

„Und dein Herr hat befohlen: "Verehrt keinen außer Ihm


und (erweist) den Eltern Güte [... ]" (17:23)

Qadaa bedeutet laut Ibn Kathir „bestimmt", während Al-


Qurtubi sagte, dass es „befohlen, angeordnet und
verpflichtend gemacht" bedeutet. Ash-Shaukany
kommentiert diesen Vers wie folgt:

» ,,Das Erwähnen des gütigen Umgangs mit den Eltern


gemeinsam mit der Anbetung Allahs alleine (dem
Monotheismus/Tauhid) verdeutlicht das große Recht, über
welches die Eltern verfügen und zeigt die Wichtigkeit des
Birr ihnen gegenüber (der pflichtbewusste Umgang mit
ihnen)." 8 «

8 Fathul-Qadir, Band 3, S. 218


22
.

Die Bedeutung des Birr mit den Eltern

Das Wort Birr bedeutet an dieser Stelle pflicht- und


verantwortungsbewusst 9 und weist auf ein gutes Benehmen
hin. So lautet es in einer Aussage des Gesandten Allahs ~~

» ,,Bin~ ist gutes Benehmen." «

In Bezug auf Elrern und Verwandte bedeutet Birr das


Gegenteil von Uquq, mit welchem Respektlosigkeit und die
Missachtung der Rechte beschrieben wird.

Al-Hassan Al- Basri sagte:

» ,,Birr gegenüber den Eltern umfasst, dass man ihren


Anordnungen folgt, außer, wenn diese einen Ungehorsam
Allah gegenüber zur Folge haben. Im Gegenteil dazu ist mit
Uquq die Vernachlässigung der Eltern gemeint, sowie das
Verweigern des gi.itigen Umgangs mit ihnen. " 10 «

Des Weiteren sagte Al-Qurtubi:

» ,, Uquqgegenüber den Eltern bedeutet, dass man ihren


Bedürfnissen und Anforderungen, die zu ihren Rechten

9,,Pflichtbewusst" ist eine der ßedeutungen des Wortes Ifür, welches im


Allgemeinen alle Dinge umfasst, die der Rechtschaffenheit
zugeschrieben werden.
10 Ac!-Durr Al-Manthur, ßand 5, S. 259

23
gehören, nicht nachkommt. Al-Birr dagegen stellt die
/
Erfüllung dieser Bedürfnisse und Anforderungen dar.
Deshalb, wenn die Eltern ihren Nachkommen etwas
auftragen zu tun, ist es erforderlich, ihnen diesbezüglich
Folge zu leisten, solange ihr Auftrag keinen Ungehorsam
(gegenüber Allah) beinhaltet." 11 «

Shaykh ul-Islam Ibn Tayymiyyah sagte:

» ,,Abu Bakr sagte in seinem Buch Zad-ul-Musafir: ,Jeder,


der seine Eltern verärgert und sie zum Weinen gebracht hat,
ist dazu angehalten zu ihnen zurückzukehren und sie
wieder zum Lachen zu bringen.' Dies deutet darauf hin,
dass es erforderlich ist, den Eltern in den erlaubten
Angelegenheiten zu gehorchen. Demnach soll alles was sie
anordnen, erfüllt werden und alles, was sie ablehnen
vermieden werden, solange das für sie von Nutzen ist und
ihrem Kind nicht schadet. Dies beinhaltet auch, dass man
von Reiseplänen ablässt und bei ihnen verweilt, sollten sie
dies wünschen. " 12

Ein Mann kam einmal zum Gesandten Allahs um von


ihm ,i~ die Erlaubnis für die Teilnahme am Jihad zu
YS

bekommen. Der Prophet i~ fragte ihn: » ,,Leben deine


Eltern noch?" «

11 Al-Jami' li-Ahkam-ul-Qur'an, Band 6, S. 238


12 Ghidha-ul-Albab, Band 1, S. 382

24
Er antwortete bestiitigend, woraufhin der Gesandte Allahs
zu ihm sagte: » ,,So verausgabe dich im Dienst an
ihnen." « (Sahih Al-Bukhari)

Al-Jassas sagte kommentierend in Ahkam-ul-Qur'an:

» ,,Es ist einem Mann nicht gestattet, am Jihad


teilzunehmen, wenn die Armee über genügend Männer
verfügt, um sich dem Feind zu widersetzen. Sollten jedoch
nicht ausreichend muslimische Kämpfer vorhanden sein,
um die feindlichen Kräfte zurückzuschlagen, muss man sich
dem Jihad anschließen, auch ohne die Erlaubnis der Eltern.
In einem solchen Fall wird der Jihad zu einer Verpflichtung
für all jene Männer, die dazu in der Lage sind - farcl ul-ayn
-, im Gegensatz zu fard-ul-kifayah, welcher einen Zustand
beschreibt, in dem zumindest ein Teil der Gesellschaft (der
Ummah) der Erfüllung der Pflicht (des Jihads)
nachkommt." 13 «

Imam An-Nawawi sagte in seinem Kommentar zu der


Sahih Sammlung des Imam Muslim:

» ,,Abu Muhammad Bin Abdussalam sagte: ,Es ist einem


Mann nicht gestattet, am Jihad teilzunehmen, ohne vorher
die Erlaubnis seiner Eltern einzuholen, da der Gedanke
daran, dass es (das Kind) getötet oder verstümmelt werden
könnte, ihnen Sorgen bereitet. Hinzu kommt, dass sie auf

IJ Ahkam-ul-Qur'an, von Al-Jassas, Band 4, S. 235

25
Grund dieser eventuellen Ereignisse tiefe Trauer
C, den. "' «
empnn

Ibn Abbas sagte zudem:

» ,,Es gibt drei Verse, die an drei Dinge gebunden sind und
sie sind nicht voneinander zu trennen."
Unter ihnen erw~ihnte er den Vers:

,, ... Sei Mir und deinen Eltern dankbar[ ... ]" (31:14)
Des Weiteren sagte er kommentierend:

,,Jeder, der Allah dankt, aber seine Eltern nicht wertschätzt,


dessen Dank an Allah wird nicht angenommen werden. Aus
diesem Grund sagte der Gesandte Allahs : » ,,Die
Zufriedenheit des Herrn ist mit der Zufriedenheit der
Eltern verbunden und der Zorn des Herrn ist mit dem
Zorn der Eltern verbunden."' 1\<

In einigen seiner ehrenwerten Ahadith ordnete der


Gesandte Allahs man, den Eltern Gehorsam zu leisten.
~

So sagte beispielsweise Abu Darda: ,,Der Gesandte Allahs


~ befahl mir neun Dinge zu tun: Allah niemanden in der
~s'

11 Kitabul-Kabair, S. 10
26
Anbetung beizugesellen, selbst wenn man deshalb
verstümmelt oder verbrannt wird (gefoltert wird). Verlasse
das Pflichtgebet niemals mit Absicht, denn jeder, der das
Gebet mit Absicht verlässt, hat das Band der Dimmah
zerschnitten (die Heiligsprechung seines Blutes und seines
Besitzes). Trinke keinen Alkohol, denn er ist der Schlüssel
zu allem Übel. Gehorche deinen Eltern, selbst wenn sie dir
(in dem Maße) etwas anordnen, was den Verlust deines
Besitzes zur Folge haben könnte." (Al-Bukhari)

Muhammad Bin Ali sagte ebenfalls: ,,Die schlimmsten


Kinder sind jene, deren Verfehlungen sie zum Uquq führen,
während die schlechtesten Eltern jene sind, die bezüglich
des Birr (der Kinder) übemeiben. 15 Allah hat die Eltern
davor gewarnt und darüber in Kenntnis gesetzt, dass ihre
Nachkommenschaft eine Prüfung für sie darstellt:

„Eure Reichtümer und eure Kinder sind wahrlich eine


Versuchung[ ... ]" (64: 15)

15 Sie halten ihre Kinder nicht dazu an zu beten und betrachten jegliches

sündhaftes Verhalten der eigenen Kinder, aus Liebe zu ihnen, als


unmöglich.

27

/
Allah hat den Eltern im Umgang mit ihren Kindern nicht
den Birr anempfohlen, jedoch hat Er C:W den Nachkommen
den Birr im Umgang mit den Eltern befohlen.

Zwei Gründe können angeführt werden, warum es im


Qur' an keinen ausdrücklichen Befehl zum freundlichen
Umgang der Eltern mit den Kindern gibt:

1. Auf Grund der Barmherzigkeit der Eltern


für ihre Kinder, welche Allah in ihre Herzen gelegt
hat.

2. Die Nachkommen entstammen den Eltern


- was „natürlich" bedingt, dass Letztere Güte und
Zuneigung mit Ersteren empfinden. Des Weiteren
ist es eine wundervolle Tatsache des Lebens, dass
alle lebendigen Geschöpfe über elterliche
Zuneigung für ihre Nachkommenschaft besitzen.

Im Islam ernten die Eltern Belohnung für ihre


unermüdlichen Anstrengungen im Bestreiten des
Lebensunterhaltes und für das Großziehen der Kinder. In
ähnlichem Maße werden auch Kinder dafür belohnt, wenn
sie ihren Eltern helfen, ihnen dienen und wenn sie ihnen
Freude und Wohlbehagen bereiten. Ka'b Bin Ujrah
berichtete:

» ,,Ein Mann ging einmal am Gesandten Allahs i~ vorbei.


Die Gefährten waren auf Grund seines Eifers und seines

28
Einsatzes (im Streben nach seinem Lebensunterhalt)
erstaunt. Sie sagten: ,Oh Gesandter Allahs, wäre doch dieser
Eifer für Allahs Sache eingesetzt.' Der Gesandte Allahs $,i
erwiderte: ,Wenn er hinausgegangen ist, um den Unterhalt
für seine kleinen Kinder zu verdienen, dann befindet er sich
auf dem Wege Allahs. Wenn er hinausgegangen ist, um
seine alten Eltern zu unterstützen, dann befindet er sich auf
dem Wege Allahs. Wenn er hinausgegangen ist, um sich
selbst zu unterstützen und um seine Ehre zu wahren (um
nicht von den Menschen betteln zu müssen), dann befindet
er sich auf dem Wege Allahs. Wenn er mit der Absicht
hinausgegangen ist, um anzugeben und des falschen Stolzes
wegen, dann ist er auf dem Weg des Satan."'« (At-Tabarani)

In einer anderen Überlieferung sagte A'isha ~:

» ,,Eine Frau kam einmal zu mir mit ihren beiden Töchtern,


um mich um Hilfe zu bitten, doch hatte ich nur eine Dattel,
welche ich ihr gegeben habe. Sie nahm die Dattel, teilte sie
in zwei Hälften und gab sie ihren Töchtern. Sie selbst aß
keinen Teil davon, alsdann gingen sie fort. Als der Gesandte
Allahs ¼,
·~~. kam, erzählte ich ihm \;li§
~
die Geschichte der Frau
und er sagte: ,Wer immer damit geprüft wurde, Töchter zu
bekommen und gütig mit ihnen umgegangen ist, so werden
sie ihm (oder ihr) ein Schild vor dem Feuer sein."' « (Al-
Bukhari und Muslim)

Abdullah Ibn Abu A'ufah berichtete: » ,,Ein Mann sagte: ,


Oh Gesandter Allahs! Es gibt einen jungen Mann, der im

29
Sterben liegt und dem gesagt wird, ,La ilaha ill-
Allah' (niemand hat das Recht angebetet zu werden außer
Allah) zu sprechen. Die Sunnah ist es, dass jenen, die im
Sterben liegen befohlen wird, es (das Glaubensbekenntnis)
auszusprechen, jedoch ist er nicht dazu in der Lage, es
auszusprechen.' Der Prophet ~ ging zu dem jungen Mann
und befahl ihm: ,Sprich: La ilaha ill-Allah!' Er erwiderte:
,Ich kann nicht.' Der Prophet @ fragte ihn warum und er
antwortete: ,Mein Herz ist verschlossen. Jedes Mal, wenn
ich es aussprechen möchte, wird mein Herz daran gehindert,
dies zu tun. ' Der Prophet ~ ,.., fragte ihn: ,Warum?' Der
junge Mann sagte: ,Wegen meines Uquq (respektlosen und
missachtenden Umgangs) mit meiner Mutter.' Der Prophet
+, ließ nach ihr schicken und fragte sie: ,Was wäre, wenn
':;,-)~

ich befehlen würde, ein großes Feuer anzuzünden und du


gefragt würdest, Allah darum zu bitten, deinem Sohn zu
vergeben, andernfalls würde er ins Feuer geworfen
werden?' Sie sagte: ,In so einem Fall würde ich Allah für ihn
anflehen, oh Gesandter Allahs. Der Prophet ,:t~ sagte: ,
Dann bezeuge bei Allah und dann vor mir (in meiner
Gegenwart), dass du ihm verziehen hast.' Sie sagte: , Ich
bezeuge bei Dir (Oh Allah) und vor Deinem Gesandten,
dass ich meinem Sohn verziehen habe.' Der Prophet ~
sagte zu dem jungen Mann: ,Sprich: ,La ilaha ill-Allalrn
Wahdahu 1a Sharika Lahu (Es gibt nichts und niemanden,
der der Anbetung wih-dig ist, außer Allah allein, Der keine
Partner neben Sich hat).' Der Prophet :i\h
,,,,,., sagte dann drei
Mal: ,Alles Lob gebührt Allah, Der dich vor dem Feuer
gerettet hat."' « (At-Tabarani)
30
Bezüglich der Vorzüglichkeit des Dienstes an den Eltern
und des pflichtbewussten Umgangs mit ihnen sagte Ibn
Abbas:

» ,,Allah öffnet zwei Türen (des Paradieses) für jeden


Muslim, der pflichtbewusst zu seinen beiden muslimischen
Eltern ist, in der Erwartung auf Lohn von Allah allein, eine
Tür, wenn er über einen i.iberlebenden Elternteil verfügt
(mit welchem er pflichtbewusst umgeht). Wenn einer
jedoch einen seiner Eltern verärgert, alsdann wird Allah
solange nicht mit ihm zufrieden sein, bis ihm sein Elternteil
vergibt." Er ,~ wurde gefragt: ,,,Selbst, wenn sie ungerecht
zu ihrem Kind waren?"' Er @ sagte: ,,Selbst, wenn sie
ungerecht waren."« (Al-Bayhaqi)

Wie großzügig und vorzüglich Allahs Gunsterweisungen


doch sind! Allah öffnet eine Tür im Paradies, welche mit
dem pflichtbewussten Umgang mit jedem einzelnen
Elternteil verbunden ist. Wann immer erwachsene Kinder
das Haus verlassen, um den Lebensunterhalt für ihre Eltern
zu bestreiten, öffnet Allah ihnen diese Tür, auf Grund ihrer
Güte ihnen gegeni.iber, und Seine Barmherzigkeit wird
ihnen zuteil, solange sie ihre Eltern zufriedenstellen. Wenn
das Kind jedoch seine Eltern oder nur einen Elternteil
verärgert, verärgert es auch gleichzeitig Allah und
verschließt sich somit selbst die Tür zum Paradies. Ebenso
verhält es sich, wenn man unrechtmäßig von den Eltern
behandelt wird. Kinder lernen auch, dass sie ihren Eltern
immer unterstellt sind.

31

/-'
Ein weiterer Aspekt des elterlichen Rechts ist, dass der
Befehl Allahs, pflichtbewusst und gehorsam mit den Eltern
umzugehen, die Befehle und Wünsche der Eltern mit
einschließt. Diese Anordnungen der Eltern können den
Kindern gefallen oder auch nicht. Es steht den Kindern
nicht zu, sich darüber zu beschweren oder sich ihretwegen
mit den Eltern zu streiten. Dies ist eine sehr wichtige
Tatsache, welche die meisten Kinder nicht beachten, da sie
annehmen, dass mit dem Gehorsam gegenüber Eltern
lediglich Dinge gemeint sind, die ihnen passen und welche
ihren Wünschen und Meinungen entsprechen. Noch
einmal, es wird den Kindern abverlangt, dass sie gütig und
pflichtbewusst mit den Eltern umgehen, auch wenn ihnen
das, was ihre Eltern ihnen auftragen, nicht passt, denn dies
entspricht der allgemeinen Bedeutung des Wortes Birr.

Es gibt drei Dinge, die zum Bfrr gehören:

1. Das Kind sollte das Wohlbefinden der


Eltern über das eigene Wohlbefinden stellen sowie
über das der Ehefrau, der Kinder und aller anderen
Menschen (mit Ausnahme des Gesandten Allahs
~)
½".

2. Das Kind sollte seinen Eltern in allem, was


sie ihm auftragen, gehorchen. Selbst wenn es sich
um etwas handelt, worüber das Kind der Meinung
ist, dass es sich hierbei um etwas Unpassendes

32
handelt. Ausgenommen ist natürlich der Befehl des
Ungehorsams Allah !ti

3. Das Kind sollte bereitwillig und mit


aufrichtigem Herzen den Eltern das versuchen zu
ermöglichen, was es denkt, dass sie sich wünschen,
noch bevor sie danach fragen. Im Zuge dessen
verspi.irt es dennoch das Gefühl, dass es nicht die
für den Umgang mit den Eltern gebührliche Stufe
des Respekts und des Zuvorkommens bezüglich
ihres gewaltigen Rechts erreicht hat.

Der Gesandte Allahs ~ sagte:

» ,,Es gibt drei Arten von Bittgebeten, die nicht (von Allah)
abgelehnt werden: das Bittgebet der Eltern bezüglich der
Nachkommen, das Bittgebet einer fastenden Person und
das Bittgebet eines Reisenden." « (Sahih Al-Jami', # 3029)

Wenn der Birr mit den Eltern nur dazu führt, dass sie Allah
für ihr Kind anflehen, dann ist dies ein ausreichender
Grund dafür, die Kinder zu solch einem Verhalten
anzuleiten, welches, so Allah will, ihr ewiges Glück zur
Folge hat. Zudem hat Allah m>. gesagt, dass Er die
rechtschaffenen Taren jener annehmen wird, die respektvoll
und pflichtbewusst mit ihren Eltern umgehen, denn Er Ji
sagte:

33
/
t.:

,,Das sind die, von denen Wir die guten Werke annehmen,
die sie getan haben, und deren üble Werke Wir übergehen.
[... ]" (46:16)

Demzufolge hat Allah fr#. das Zuteilwerden Seiner


Barmherzigkeit und die Vergebung der Sünden aneinander
geknüpft und sie zu einem Ergebnis des Birr gegeni.iber den
Eltern gemacht.

34
Der Segen, rechtschaffene Eltern zu haben

Die Barmherzigkeit und Zuneigung, welche jedes Elternteil


für sein Kind empfindet, bedarf keiner weiteren Erklärung
oder Bekundung. Sobald man Vater oder Mutter wird,
beginnt die Barmherzigkeit, Zuneigung, Güte, Fürsorge,
Hingabe und Liebe zum Kind zu wachsen. Im Islam wird
von dem rechtschaffenen Mann verlangt, dass er nach einer
reclnschaffenen Frau Ausschau hält, da sie die Quelle für
die Zuneigung, die Weisheit und die tugendhafte
Erziehung der Kinder ist. Demzufolge ist die Gründung
einer rechtschaffenen Familie eine wichtige Zutat in der
Grundsteinlegung und Errichtung einer rechtschaffenen
muslimischen Gesellschaft. Zudem verhalten sich religiöse
Kinder, die von religiösen Eltern großgezogen wurden, eher
gütig und pflegen die Verwandtschaftsbande. Die Si.inder
hingegen sind jene, die am weitesten von der
Rechtschaffenheit und der Pflege der Familienbande und
dem Birr im Allgemeinen entfernt sind.

Nichtsdestotrotz sollte die Liebe und die Fürsorge für die


Kinder nicht dazu führen, dass man die Rechte und Regeln
Allahs missachtet und bisweilen einen zu milden Umgang
walten lässt, obwohl festeres Auftreten in der Erziehung der
Kinder eher angebracht gewesen wäre.

Es begab sich einmal, dass der Kalif Hisham Bin Abdul-


Malik seinen Sohn nicht unter den Anwesenden beim
Freitagsgebet entdeckte und sich später danach erkundigte.

35
/
Sein Sohn berichtete ihm, dass sein Reittier nicht in der
Lage gewesen war, ihn zu tragen. Hisham sprach zu ihm:

» ,,Doch du hättest laufen können." « Hisham verbat


seinem Sohn für ein Jahr, ein Reittier zu besteigen, und sein
Sohn musste in dieser Zeit zu Fuß zum Freitagsgebet
ge l1en. 16

Das war eine Form der Disziplinierung, welche unsere


Vorfahren mit ihren Kindern anwandten, um sie auf den
rechten Weg zurückzubringen. Sie taten dies, um sie zur
Einhaltung und Befolgung der Wahrheit zu bewegen und
hielten sie dazu an, ihren islamischen Pflichten und
Verpflichtungen nachzukommen.

Ein weiterer positiver Aspekt der elterlichen Gefühle zeigt


sich dann, wenn Stille und Ruhe die Welt überkommt, und
die Eltern sich vor Allah aufstellen, um Ihn rnif anzuflehen,
den Kindern reichlich von den nützlichen Dingen
zukommen zu lassen. Hisham Bin Hassan sagte, dass Sa'id
Bin Jubair zu ihm sprach: » ,,Für die Nutzen meines Sohnes
verrichte ich längere Gebete. " 17 «

Als Malik Bin Dinar einen Mann sah, wie er sein Gebet
unvollständig verrichtete, sagte er:

16 Al-Bidayah wan-Nihayah, ßand 9, S.396


17 Hilyatul-Auliya, ßand 4, S. 279

36
» ,,Seine Kinder tun mir leid!" Daraufhin wurde er gefragt:
„Er verrichtet sein Gebet nicht richtig und du bedauerst
seine Kinder?" Malik sagte: ,,Er ist ihr Anführer (oder
Lehrer) und sie lernen von ihm!" 18 «

Dies verdeutlicht, welch entscheidende Schliisselrolle die


Eltern in der Erziehung ihrer Kinder einnehmen und welch
großen Einfluss sie auf das wechselseitige Benehmen haben,
wobei entscheidend ist, ob sie sie in einer Atmosphäre der
Rechtschaffenheit und Achtsamkeit erziehen und ob sie
Allah für sie anflehen und alles Schlechte von ihnen
fernhalten oder nicht.

Deshalb liegt es in der Aufgabenpflicht des muslimischen


Vaters und der muslimischen Mutter, die Kinder vor der
Strafe Allahs für jene zu beschützen, ~lie den Uquq mit den
Eltern begehen. Dies tun sie, indem sie sich selbst
rechtschaffen verhalten und den Kindern die Mittel und
Wege des Birr vermitteln. Es wird von ihnen verlangt, dass
sie ihre Kinder in Rechtschaffenheit erziehen und ihnen die
Grenzen Allahs aufaeigen. Die Eltern sollten ebenfalls die
Kinder vor den Dingen und den Wegen, die den Zorn
Allahs und Seine Unzufriedenheit herbeiführen, warnen.
Die Umsetzung dieser Erziehungsmethode wird den
Kindern später im Leben eine Unterstützung sein, gütig mit
ihnen umzugehen.

18 Sifatus-Safwah, Band 3, S. 287

37
Al-Ghazali sagte zum Beispiel:
(

» ,,Eltern sollten ihre Kinder dabei unterstützen, gütig mit


ihnen umzugehen, indem sie von ihnen keine Dinge
verlangen, die sie nicht tragen können und indem sie darauf
verzichten auf Dinge zu bestehen, wenn sie merken, dass
die Kinder vielleicht unmotiviert (oder müde) sind. (Dieser
Verzicht erfolgt) aus der Angst heraus, dass die Kinder
ihnen gegenüber ungehorsam sein könnten und sich in der
Folge das Höllenfeuer verdienen. " 19 «

Es wird gesagt, dass das Kind sieben Jahre mit dir als ein
Gefangener verweilt, danach sieben Jahre als ein Prinz und
hierauf sieben Jahre als Minister. 20

Des Weiteren sagte Muhammad Bin Hatib, dass er


Abdullah Ibn Umar ~r-
4,i, zu einem Mann sagen hörte:

» ,,Erziehe deine Kinder, denn du wirst über das, was du


ihnen beigebracht hast, befragt werden. Während es ihnen
obliege, respektvoll und gehorsam mit dir umzugehen." «

Demzufolge sind Kinder ein Gut, welches den Eltern


anvertraut wurde. Ihre Herzen sind wie ungeschliffene
Edelsteine, unberührt, noch ohne jede Inschrift. Diese
Edelsteine warten nur darauf, bearbeitet und mit

19Tanbibul-Ghafllin, S. 98
20 A!-ßarakh fl Fad! A5-Sa'i wa'l-Harakah, S. 98

38
Inschriften versehen zu werden. Wird Kindern
rechtschaffenes Benehmen vermittelt, wachsen sie darin auf
und ernten hierfür die Glückseligkeit des Diesseits und des
Jenseits.

Die Rechtschaffenheit der Eltern ist den Kindern zudem


ein Nutzen, wie wir in der Aussage Allahs lesen können, in
der es heißt:

,,[ ... ] und ihr Vater war ein rechtschaffener Mann gewesen
[... ]" (18:82)

Es wird gesagt, dass es sich bei dem Vater, von dem in


diesem Vers die Rede ist, um ihren siebten oder zehnten
Urgroßvater handelt. 21

Wie bereits erwähnt, sollte die Liebe zu den Kindern nicht


dazu führen, die Rechte Allahs oder die Rechte der
Geschöpfe Allahs zu Gunsten der eigenen Kinder außer
Acht zu lassen. Ein Sohn des Sharih Bin Al-Harith sprach
einmal zu ihm:

» ,,Es herrscht Streit zwischen mir und ein paar Leuten.


Bitte richte zwischen uns in diesem Fall. Denn wenn ich im

21 Fatlml-Qadir, Band 3, S. 304

39
Recht bin, gehe ich damit vor den Richter und wenn sie es
sind, versuche ich, den Streit anders beizulegen." Er erklärte
seinem Vater den Sachverhalt, der ihm den Rat gab, die
Angelegenheit vor Gericht zu tragen. Sein Sohn setzte
seinen Ratschlag um und wandte sich mit der Streitsache an
die zuständigen Behörden und verlor den Prozess. Alsdann
kehrte er zu seinem Vater zurück und sagte zu ihm: ,,Bei
Allah! Wenn ich dich nicht zuvor um Rat gebeten hätte,
wäre ich mit dieser Sache nicht vor Gericht gegangen, um
dann zu verlieren." Sharih sagte: ,,Bei Allah, mein Sohn! Du
bist mir lieber, als die Erde gefüllt mit all ihrem Segen.
Dennoch, Allah, Der Erhabene und Ehrenvolle, ist mir
lieber als du es bist. Ich habe dir nicht gesagt, dass dein
Streitpunkt schwach ist, weil ich Angst davor hatte, dass du
versuchen würdest, die Angelegenheit mit ihnen anders
beizulegen und sie im Verlauf dessen einige ihrer Rechte
berauben würdest. "22 «

Birr mit den Eltern beinhaltet auch die Art und Weise wie
man in ihrer Gegenwart läuft, wie wir anhand folgender
Geschichte erkennen können:

» Abu Ghassan Adh-Dhahabi ging hinaus und lief vor


seinem Vater her (dies geschah in Al-Madinah). Abu
Hurayrah holte ihn ein und fragte ihn: ,,Wer ist dieser
Mann, der hinter dir herläuft?" Er sagte: ,,Mein Vater." Abu
Hurayrah sagte: ,,Du hast das richtige Verhalten verfehlt

22 Sifaws-Safivah, ßand 3, S. 40

40
und der Sunnah zuwider gehandelt. Laufe nicht vor deinem
Vater, sondern stets hinter ihm oder zu sein.er Rechten und
lass niemanden zwischen euch (w/ihrend des Laufens)
kommen. Ergreife keinen Knochen, der mit Fleisch bedeckt
ist, den dein Vater zuvor angeschaut hat, denn es kann sein,
dass er ihn haben wollte. Starre deinen Vater nicht an, sitze
nicht, bis er sich gesetzt hat und schlafe nicht, bis er sich
schlafen gelegt hat." « (At-Tabarani)

Die Wertschätzung der Mutter und des Vaters

Der Islam hat bestimmt, dass der Muslim jeden, der ihm
Zuwendungen und Begünstigungen erweist, wertsch~itzt
und die Tugendhaftigkeit seiner Handlung anerkennt. Vor
allem und in ganz besonderem Maße die Mutter, welche
Beschwernis nach Beschwernis über sich hat ergehen lassen
und nicht müde wird, sich im Dienst und der Erziehung
ihrer Kinder zu verausgaben. Auch der Vater müht sich
schwer in der Erziehung seiner Kinder und in dem
Bestreben danach, dass ihr Leben mit Liebe und Fürsorge
gefüllt ist. Er ist es, der die finanziellen Aufwendungen trägt.
Erkennt man die Begi.instigungen, die man erfährt, an, setzt
man sich im Gegenzug noch mehr dafür ein, die Gunst mit
mindestens Gleichwertigem zu vergelten. Gegensätzlich
verh~ilt es sich, wenn man sich unaufmerksam gegenüber
dem Gefallen und Vorlieben anderer verhält und in der
Folge ihre Rechte missachtet. Derartiges Verhalten gehört
zu den schlimmsten Charaktereigenschaften, die es gibt,

41
und verdeutlicht wird dies noch, wenn man bedenkt, dass
dem Gefallen mit Schlechtem vergolten wird. 23

Abu Al-Laith sagte:

» ,,Wenn die Nachkommen rechtschaffen werden und ihre


Eltern ihnen religiöses Wissen und den Qur' an lehren,
ernten sie ebenso viele Belohnungen, wie es ihre
Nachkommen tun, ohne dass die Belohnungen der
Nachkommen gemindert werden. Wenn aber die Eltern
ihren Nachkommen nicht den Qur' an beibringen und
ihnen stattdessen den Weg der Sünde lehren, ernten die
Eltern so viele Sünden, wie ihre Nachkommen begehen,
ohne dass die üble Bi.irde für die Nachkommen gemindert
werden würde. "21 «

Wahrlich, Allah hat entschieden davor gewarnt, es zu


versäumen, seine Kinder in Rechtschaffenheit zu erziehen,
als Er if# sagte:

J. ,,,,, J. t . ,. ·1 ,., \'


~\ \~ y-o„

23 ßirru Al-Walidayn, Ibn Jauzi, S. 27


21 Tanbihul-Ghafilin, S. 99

42
„0 ihr, die ihr glaubt, rettet euch und die Euren vor einem
Feuer, dessen Brennstoff Menschen und Steine sind
[ ... ]" (66:6)

Zudem hat der Gesandte Allahs ,,,:i uns darauf hingewiesen,


~~

dass die eigenen Kinder sich am Tag der Auferstehung


darüber beklagen werden, wenn die Eltern es versäumt
haben, sie zu unterrichten und in Rechtschaffenheit zu
erziehen.

Der Gesandte Allahs ~~ sagte diesbezüglich:

» ,,"Wahrlich, ihr seid alle Hirten, und jeder von euch ist
verantwortlich für seine Herde: der höchste Imäm, der über
alle Menschen eingesetzt worden ist, ist ein Hirte, und er ist
verantwortlich für seine Herde. Und der Mann ist für die
Leute in seinem Haushalt ein Hirte, und er ist
verantwortlich für seine Herde. [... ]" « (Al-Bukhari und
Muslim)

Ebenfalls sagte der Gesandte Allahs ~J :

» ,,Derjenige, der den Qur'an liest und an ihm festhält,


dessen Eltern werden Kronen gegeben werden, die sie am
Tage der Wiederauferstehung tragen werden. Das Licht
dieser Kronen strahlt heller als das Licht der Sonne im

43
)

Hause dieser Welt. Was denkt ihr also über jene, die
I( ronen tragen weffl en.;,"''5
- «

Zudem gilt das, was wir bereits zuvor erw~ihnt haben,


nämlich dass die Eltern Nlah bezüglich ihrer Kinder
anflehen sollen und sich darum bemühen sollen, ihnen gute
Vorbilder zu sein:

„Und diejenigen, welche sagen: "Unser Herr, gew~ihre uns


an unseren Frauen und Kindern Augentrost und mache uns
zu einem Vorbild für die Gottesfürchtigen." (25:74)

Umar Ibn Abdul-Aziz war ein hervorragendes Beispiel für


seinen Sohn, sowie für alle Muslime, die nach ihm kamen.
Als die Nachricht zu ihm kam, dass sein Sohn einen Ring
im Wert von tausend Dirham gekauft hatte, schrieb er an
ihn:

» ,,Mir wurde mitgeteilt, dass du einen Ring im Wert von


tausend Dirham gekauft hast. Wenn du also diesen Brief
erhältst, verkaufe den Ring und fülle tausend Mägen mit

25 Jam'i-11l-Us11l, S. 82

44
dem Geld. Dann kaufe einen Ring für zwei Dirham, dessen
Kernstück aus Eisen besteht. Daraufl1in lässt du die
folgenden Wörter darauf eingravieren: ,Möge Allah mit
demjenigen barmherzig sein, der die Grenzen seiner selbst
kennt. "' 26 «

Ein weiterer Aspekt der rechtschaffenen Erziehung ist, dass


Allah Y'\!. die Kinder über den eigenen Tod hinaus
beschützen wird, im Falle, dass sie dazu herangezogen
wurden, gute Muslime und Diener Allahs zu sein. Abu
Hazim Salamah Bin Dinar ging einmal an Abu Ja'far Al-
Madini vorbei, als er sich zu jener Zeit in Trauer befand. Da
fragte dieser ihn: » ,,Warum bist du traurig?' ,Wenn du
denn magst, so werde ich dir sagen, warum ich traurig
bin.' Abu Jafar sagte: ,Berichte mir warum.' Abu Hazim
sagte: ,Hast du darüber nachgedacht, was nach dir mit
deinen Kindern geschieht?' Abu Ja'far sagte: ,Ja.' Abu
Hazim sagte: ,Tu das nicht, denn wenn sie Auliya
(Unterstützer und/oder Verbündete) Allahs sind, sorge dich
nicht um ihr Wohlbefinden. Sind sie hingegen Feinde
Allahs, so mache dir dann keine Sorgen darum, was nach
dir mit ihnen geschehen wird."' 27 «

26 Madarij-us-Salikin, Band 2, S. 345

27 I-Iilyatul-Auliya, Band 3, S. 232


45
Eltern befürchten, dass die Strafe Allahs ihre
Kinder trifft

Abu Hayyan At-Taymi sagte:

» ,,Ich sah Majma At-'faymi bei der Beerdigung seines


Sohnes weinen und ich fragte ihn, warum er denn weinte.
Er sagte: ,Ich verspüre großen Schmerz wegen meines
Verlustes, sowie ihn alle Eltern verspüren würden. Und ich
weine, weil ich nicht weiß, ob sein Ende im Paradies oder
im Feuer sein wird. "' 28 «

Auf diese Weise sollte man besorgt sein und diese


Gedanken (sollten einen diesbezüglich) beschäftigen. Man
sollte um das Wohlbefinden der Kinder und ihre
Bestimmung nach ihrem Tod besorgt sein, denn dieses
Leben ist bloß kurz und das ewige Leben liegt in der Stätte
der Ewigkeit. Möge Allah uns, unsere Eltern und unsere
Nachkommen zu den Bewohnern des Paradieses gehören
und uns ewig darin verweilen lassen.

28 Hilyawl-Auliya, ßand 5, S. 90

46
Rechtschaffene Eltern sind betrübt über den
Verlust rechtschaffener Kinder, doch üben sie
sich in Geduld und hoffen auf Allahs Lohn
hierfür

Kathir Bin 'famim Ad-Darri sagte:

»,,Ich saß mit Sa'id Bin Jubayr, als sein Sohn Abdullah kam.
Abdullah verfügte über gutes religiöses Wissen. Sa' id sagte:
,Wenn Abdullah stirbt, werde ich geduldig sein und auf den
Lohn (Allahs) hierfür hoffen. "' 29 «

Ein weiteres Beispiel ist Silah Bin Ashiam, der sich


gemeinsam mit seinem Sohn in einer Schlacht befand und
zu ihm sagte:

» ,,Mein Sohn! Kämpfe, auf dass du das Märtyrertum


erreichen mögest und ich den Lohn Allahs für meine
Geduld erhoffe." Sein Sohn kämpfte mutig und wurde in
der Schlacht getötet. 30 «

Neben dem Lohn, den sein Sohn für den Tod für die Sache
Allahs erhalten würde, ermutigte Silah seinen Sohn zum
Kampf und hoffte auf den Lohn für seine Geduld, sollte
sein Sohn den Märtyrertod finden. Vor diesem

29 Hilyatul-Auliya, Band 4, S. 275

30Sifatus-Safwah, Band 4, S. 23

47
Hintergrund sollten wir uns aufrichtig die Frage stellen, ob
wir unsere Kinder dazu erziehen, ihre Zeit zu verschwenden,
indem sie sie bloß mit „Spiel und Spaß" vertreiben und
somit einen Beitrag dazu leisten, eine Generation, bzw. ein
Volk hervorzubringen, welches sich in Unachtsamkeit
befindet und sich nur belanglosen Dingen hingibt. Oder,
ob wir sie dazu erziehen, ehrenhaft zu sein, ihnen religiöses
Wissen vermitteln und sie dazu erziehen, Allah und Seinen
Gesandten zu lieben und sich an der Sache Allahs zu
beteiligen, damit unsere Ummah zu altem Glanz gelangt
und ihre Fahnen wieder hoch erhoben werden können?

48
Luqman gibt Rat

Luqman riet seinem Sohn:

» ,,Mein Sohn, sitze Knie an Knie mit den Gelehrten, doch


vermeide es, mit ihnen zu diskutieren oder dich mit ihnen
zu streiten, denn dies kann dazu führen, dass sie dir
gegenüber abgeneigt sind. Gebe für dich in ausreichendem
Maße aus (ohne verschwenderisch oder geizig zu sein). Und
gebe von dem auf deinem Weg ins Jenseits her, was du
nicht benötigst. Lehne die Güter des diesseitigen Lebens
nicht ab, denn tust du dies, wirst du dich in Abhängigkeit
von anderen begeben und ihnen zu einer schweren Last
werden. Faste, denn das Fasten mindert die Verlockungen
der Gelüste, doch faste nicht im Übermaß, sodass du zu
schwach zum Beten wirst. Wahrlich, das Beten ist besser als
das Fasten. Begebe dich weder in die Gesellschaft der
Narren noch in die derjenigen mit zwei Gesichtern
(Heuchler)." 31 «'

Im Gegensatz zu Luqmans rechtschaffenem Rat ignorieren


viele Muslime die Erziehung der Kinder nach islamischen
Prinzipien und vernachHissigen die Wichtigkeit des
Beratschlagens und der Anleitung. Stattdessen richten sie
ihre volle Aufmerksamkeit auf die Versorgung (das Speisen),
die Bekleidung und den Unterhalt der Kinder! Als Resultat

31 Al-Ihya, Band 4, S. 58

49
gibt es viele Kinder in unserer Zeit, die nur sehr wenig über
die Religion wissen und deshalb unerlaubten Handlungen
und Aussagen verfallen, ohne dass ihnen dies gar untersagt
wird. Ebenfalls werden sie nicht auf ihre Fehler aufmerksam
gemacht. Schlimmer noch, manche Eltern helfen ihren
Kindern sogar dabei, Sünden zu begehen! Dies führt dazu,
dass die heutige Jugend bezüglich der erlaubten und der
verbotenen Dinge verwirrt ist und ihnen zwangsläufig zum
Opfer fallen muss, denn sie wissen nicht, was sie an
Aussagen tätigen oder nicht tätigen dürfen.

Was nun unsere rechtschaffenen Vorfahren anbelangt, so


verfolgten sie ihre Kinder mit ihren Augen genau und liefen
neben ihnen her, sie unterrichteten sie, beratschlagten sie,
leiteten sie an und erzogen sie in Rechtschaffenheit. Dies ist
der Grund, warum ihre Kinder ihnen eine Augenweide und
eine Erleichterung des Herzens waren und den
wesentlichen Bestandteil und den Kern der Ummah (der
muslimischen Nation) ausmachten. Sie beratschlagten und
unterwiesen ihre Kinder in den Belangen des Birr
gegenüber den Eltern, sowie es Ibn Muhayriz in seinen
weisen Worten tat:

» ,,Derjenige, der vor seinem Vater herläuft, ist dem Uquq


ihm gegenüber erlegen, es sei denn, er läuft vor ihm, um
einen Schaden, der sich auf seinem Weg befindet zu
beseitigen. In gleichem Maße ist derjenige dem Uquq
verfallen, der seinen Vater bei seinem Namen oder Titel ruft

50
(wie zum Beispiel: Abu Muhammad ... ). Stattdessen soll er
1"h n mit
. ,V:ater ' ansprechen. ,,p
·- «

Farqad riet, dass die Kinder ungeachtet ihres Alters, ihren


Eltern nicht direkt in die Augen blicken, vor ihnen
herlaufen, als erstes in ihrer Gegenwart sprechen, rechts
oder links von ihnen gehen sollten, es sei denn, es würde
ihnen die Erlaubnis dazu erteilt. Vielmehr sollten die
Kinder hinter ihren Eltern laufen, sowie es ein Diener mit
seinem Herrn tun würde. 33

Allah, Der Erhabene sagt:

„Und senke für sie in Barmherzigkeit den Fli.igel der


Demut und sprich: "Mein Herr, erbarme Dich ihrer
(ebenso mitleidig), wie sie mich als Kleines aufgezogen
haben." (17:24)

Deshalb lieber Muslim, schlendere nicht zu deinen Eltern,


wenn sie dich rufen, stattdessen fliege zu ihnen hin, wie ein

32 Al-Birr was-Si/al1, von Ibn AI-Jauzi, S. 113


33 Al-Birr was-Silal1, von Ibn AI-Jauzi, S. 113

51
Vogel, um ihren Ruf zu erwidern und um das, was sie dir
auftragen zu erfüllen, auf dass du dir ihre Zufriedenheit
verdienen mögest. Und selbst wenn du all dies getan hast,
wirst du niemals in der Lage sein, ihnen ihr Recht über dich
in vollkommenen Maß wiederzuvergelten. Und deshalb
füge deinem Einsatz im Gehorsam ihnen gegenüber noch
das Flehen zu Allah um Barmherzigkeit und Vergebung für
sie hinzu.

Kurz gesagt, wenn du mit deinen Eltern läufst, laufe hinter


ihnen, nicht vor ihnen und verhalte dich so, als seien deine
Eltern ein Stück von dir, indem du es nicht zulässt, dass
sich etwas zwischen dich und deine Eltern drängt. Du sollst
wissen, dass Kinder nicht ihren Eltern gleich sind, und
weder sollten sie die oberen Räume (über den Eltern) in
den Wohnstätten bewohnen noch sollten sie in Gegenwart
anderer vor ihnen das Wort ergreifen. Die Kinder sollten
sich darüber bewusst sein, dass sie ihr Leben der Gi.ite und
Großzi.igigkeit ihrer Eltern verdanken. Andererseits verlangt
der Islam von den Eltern, dass sie den Kindern gute
Vorbilder sein sollen. Traurigerweise gibt es viele Eltern, die
das Gebet vernachlässigen, unachtsam gegenüber den
zahlreichen Formen des Gottesdienstes und verbotenen
Dingen verfallen sind! Wie kann also eine solche Person
jemals ein gutes Beispiel für die eigenen Kinder abgeben?
Wie soll dann der bloße Versuch, die Kinder zum Guten
aufzufordern und vom Schlechten abzuhalten aussehen?
Wie kann eine solche Person es wert sein, die Kinder in
Rechtschaffenheit unter solchen Voraussetzungen zu
erziehen?
52
Im Gegensatz dazu waren die Prophetengefährten stets ein
gutes Beispiel für ihre Kinder, denn sie waren selbst
rechtschaffen und brachten den Kindern rechtschaffenes
Benehmen bei. Zwischen dem, was die Prophetengefährten
in der Öffentlichkeit taten und dem, was sie ihren Kindern
zuhause in Form von ,Vorleben' beibrachten, bestand kein
Unterschied.

Abdullah Ibn Umar zum Beispiel berichtete:

» ,,Wenn Umar die Menschen dazu aufforderte, von einer


Sache abzulassen, pflegte er zu seiner Familie zu gehen und
sie zu versammeln. Alsdann erl&irte er: ,Ich habe den
Menschen solches und solches untersagt. Die Menschen
schauen auf euch, wie die Vögel auf Fleischstücke schauen.
Wenn ihr diesen (Dingen) erliegt, werden sie dem folgen!
Doch wenn ihr euch von ihnen fernhaltet, werden sie ihnen
(diesen Dingen) nicht erliegen. Bei Allah! Jeder von euch,
der meinem Befehl, den ich den Menschen gegeben habe,
nicht nachkommt und vor mich gebracht wird, dessen
Strafe werde ich verdoppeln auf Grund des Verhältnisses zu
• [ ... ]"'31 «
mir.

Während der Krankheit, welche dem Tod des Kalifen Umar


Ibn Abdul-Aziz vorausgegangen war, besuchte ihn sein
Cousin Maslamah Bin Abdul-Malik und sagte zu ihm:

.HTarikh Baghdad, ßand 4, S. 219

53
» ,,'Oh Führer der Gläubigen! Du hast deine Kinder arm
gelassen und ihnen nichts hinterlassen. Warum bestimmst
du ihre Obhut nicht mir oder einem anderen deiner
Verwandten, sodass wir uns um sie kümmern
mögen?' Umar bat darum, geholfen zu werden, um sich
aufzusetzen und sagte dann: ,Was deine Aussage anbelangt,
ich hätte sie arm gelassen, so bei Allah, habe ich sie nicht
von Geldern abgehalten, die sie sich verdient haben und
auch habe ich ihnen nichts gegeben, was für sie verboten
war. Was dein Anliegen angeht, sie in deine oder in die
Obhut eines anderen Verwandten zu geben, so wisse, dass
der Fürsorger nach meinen Interessen Allah ist, Der das
Buch herabgesandt hat und Der Der Unterstützer der
Rechtschaffenen ist. Wenn nun meine Kinder rechtschaffen
sind und Allah fürchten, dann wird ihnen Allah einen
Ausweg aus jeder Bedriingnis verschaffen. Wenn hingegen
einer von ihnen sich beständig den Sünden hingibt, werde
ich ihn nicht dabei untersti.itzen, noch mehr Sünden zu
begehen. Wahrlich, ich bitte Allah um gute Einkehr in das
Jenseits, denn das Leben dieser Welt ist nur vorübergehend
und in keinster Weise ewig. "' 35 «

(An dieser Stelle sollten wir erwähnen, dass die


Nachkommen von Umar Ibn Abdul-Aziz rechtschaffen
waren, so wie er es gehofft hatte, obwohl er ihnen keine
großen Besitztümer hinterlassen hatte. Allah y half ihnen
und unterstützte sie. Sie verfügten über Besitz und Weisheit

35 Hilyawl-Auliya, Band 5, S. 333

54
darüber, wie dieser ausgegeben werden sollte, bis hin zu
dem Maße, dass ihre Cousins aus der Umayyaden-Familie
sich gelegentlich Geld bei ihnen liehen.)

Al-Ahnaf Bin Qays berichten, dass Yazid Bin Mu' awiyyah


sagte:

» ,,Mein Vater (der Kalif Mu'awiyyah) bestellte Al-Ahnaf


Bin Qays zu sich und fragte ihn: ,Oh Abul-Hassan! Was
hast du bezüglich der Kinder zu sagen?' Al-Ahnaf erwiderte:
,Oh Führer der Gläubigen! Sie sind die Früchte unserer
Herzen und sie sind unsere tragenden Säulen, während wir
für sie hingegen wie gepflasterte Straßen und ein
schützendes Himmelszelt sind. Wir verlassen uns auf ihre
Hilfe in jeder schwierigen Situation. Wenn sie um etwas
bitten, dann gib, und wenn sie sich ~irgern, hilf ihnen,
darüber hinwegzukommen. Auf diese Weise werden sie mit
dir liebevoll umgehen und dich so sehr sie nur dazu im
Stande sind lieben. Sei ihnen gegenüber nicht verschlossen
(zu streng mit ihnen), sodass sie an deinem Leben ermüden
und den 1~1g herbeisehnen an dem du stirbst und die Niihe
zu dir ablehnen.' Mu'awiyyah sagte: ,Bei Allah! Noch bevor
, war 1c
du gel<:ommen b1st, ..
, h sehr verargert u"b er V1az1c.
, l rnJG
«

·16 Al-Barakah H Fad/ As-Sa'i w;1/-Harakah, S. 97

55
Wie wird mit den Eltern m der heutigen Zeit
umgegangen

In der heutigen Zeit ist die Vernachbssigung der Eltern zu


einer Regel geworden, im Besonderen, wenn sie ein hohes
Alter erreicht haben und auf ihre Kinder angewiesen sind,
auch in finanzieller Hinsicht, da sie, wenn überhaupt, nur
über ein sehr geringes Einkommen verfügen. Tritt dieser
Fall ein, werden die Besuche der Kinder seltener oder sie
schieben sie gleich in Einrichtungen fiir alte Menschen ab,
um sich von der Last der Pflege und Fürsorge der Eltern zu
,, befreien".

Die unhöfliche Rede, der schlechte Umgang, das Erheben


der Stimmen ihnen gegenüber, die Zurschaustellung des
Unbehagens in ihrer Gegenwart und die Abneigung, auch
nur der kleinsten Bitte von ihnen nachzukommen, sich
darüber auszulassen was für eine große Last die Eltern
geworden sind und selbst den Wunsch zum Ausdruck zu
bringen, dass sie doch bald sterben mögen, ist in heutiger
Zeit unter den Menschen so gewöhnlich geworden, dass
man zu dem Schluss kommt, dass es sich bei den Eltern um
Feinde handelt! Noch verstörender wird es, wenn man
Muslime sieht, die einen guten Umgang mir Kuffar pflegen
und im Gegensatz dazu hart und ungezogen mit ihren
Eltern reden und umgehen. Schlimmer noch, viele
Muslime halten ihre Freunde in höherem Ansehen als ihre
eigenen Eltern. Der Uquq hat sich in heutiger Zeit weit
ausgebreitet und es lässt das Herz bluten, wenn man den

56
gegenwamgen Umgang mit den Eltern mit dem unserer
Salaf'7 vergleicht.

Es wird berichtet, dass, als Nasr Bin Abu Hafith Al-Maqdisi


von Jerusalem nach Mayyafaraqain im lraq reiste, um bei
Al-Kazaroni (einem bekannten Gelehrten) zu lernen, dieser
ihn fragte: » ,,Lebt deine Mutter noch?' Nasr sagte: ,Ja.' Al-
Kazaroni fragte: ,Hast du ihre Erlaubnis eingeholt?' Nasr
sagte: ,Nein.' Daraufhin sagte Al-Kazaroni: ,Bei Allah! Du
wirst nicht eher bei mir lernen, bis du zu ihr
zuriickgegangen bist und sich ihr Unmut über dich wieder
ge 1egt l1at. "' «

Nasr kehrte zu seiner Mutter zurück und verblieb bei ihr


bis sie starb. Erst danach begab er sich auf Reisen, um nach
Wissen zu streben. 38

Hisham berichtet, dass Hafsah Allah J),). für ihren Sohn


Hudhayl anflehte, welcher im Sommer Zuckerrohr zu
trocknen pflegte. Wenn Zuckerrohr getrocknet wird, gibt es
bei der Verbrennung keinen Rauch. Hudhayl benutzte das
getrocknete Zuckerrohr im Winter als Feuerholz für seine

37 Die Salaf sind die Prophetengcfährten, die 1i1bi'in (die zweite


Generation der Muslime) und die Tiibi-Tabi'in (die dritte Generation
'i> teilt uns in authentischen
der Muslime. Der Gesandte Allahs s..,
Überlieferungen mit, dass es sich bei ihnen um die beste Menschen
handelt.

38 ßirr-ul-Walidayn, von Ibn Al-Jauzi, S. 82

57

J
Mutter. Er pflegte sich hinter seine Mutter zu setzen,
während sie betete und zündete dann das Feuer an, welches
ihr Wärme spendete, ohne dabei Rauch zu entwickeln,
welcher die Mutter stören wiirde. Als er verstarb, war
Hafsah tieftraurig bis sie eines Nachts aufstand und
folgenden Vers rezitierte:

,i;_

J~ ~T ~ L:j
ß

,,Was bei euch ist, vergeht, und was bei Allah ist, bleibt.
Und Wir werden gewiss denen, die standhaft sind, ihren
Lohn nach der besten ihrer Taten bemessen." (16: 96)

Hafsah i.iberwindete ihre Trauer (und ertrug ihr Schicksal


mit Geduld) nachdem sie diesen Vers gelesen hatte. 39

39 Al-ßirr was-Silah, von Ibn Jauzi, S. 53


58
Die Gelehrten der Salaf gehorchten ihren Eltern,
selbst während sie religiöses Wissen
unterrichteten

Abu Bakr Bin Ayyash sagte zum Beispiel:

» ,,Des Öfteren saß ich im Haus von Mansur (einem


Gelehrten) und hörte seine Mutter laut und unhöflich (zu
ihm sagen): ,Oh Mansur! Ibn Hurayrah (der Gouverneur
des Iraks zu jener Zeit) hat dich zum Richter berufen, doch
du hast ihn abgelehnt.' Mansur schaute ihr aus Respekt
nicht einmal in die Augen. "40 «

Wenn Haywah Bin Shurih, ein Gelehrter, in seinen


Unterridusmnden saß, in denen er die Menschen im
islamischen Wissen unterwies, rief seine Mutter ihm
gelegentlich zu: ,,Oh Haywah, geh und füttere die Hühner
mit etwas Gerste!" Alsdann stand er auf, verlies seine
Zuhörer, gehorchte .seiner Mutter und kehrte danach zu
seinem Unterricht zurück.

In einem weiteren Bericht heißt es, dass Muhammad Bin


Al-Munkadir, ein weiterer Gelehrter, eines Nachts, während
sein Bruder Umar die Zeit im Gebet verbrachte, er
derweilen die Füße seiner Mutter hielt, um sie zu wärmen.

40 Al-Birr was-Silah, von Ibn Al-Jauzi, S. 85

59
Muhammad fügte hinzu, dass es ihm lieber sei, dies zu tun,
als die Nacht im Gebet zu verbringen wie sein Bruder Umar.

Im krassen Gegensatz hierzu steht die Geschichte eines


Mannes, die mir berichtet wurde. Dieser Mann übergab
seine Mutter einem Altersheim. Sein Umgang mit ihr war
bereits zuvor hart und respektlos. Nachdem er sie dort
abgeliefert hatte, besuchte er sie nicht ein einziges Mal. Als
sich ihr Gesundheitszustand verschlechterte, bat sie den
Leiter des Altersheimes, ihren Sohn zu einem Besuch
einzuladen, um ihn noch ein letztes Mal vor ihrem Tode zu
sehen. Dieser sündige Sohn-des-Uquq lehnte jedoch die
Einladung ab. Als die Mutter verstarb, nahm man Kontakt
zu ihm auf und teilte ihm mit, dass seine Mutter verstorben
war. Er kommentierte dieses Ereignis bloß mit den Worten:
„Machen sie einfach die Papiere fertig und legen sie sie in
ihr Grab".

Wie groß ist die Zahl derjenigen, die ihre Eltern zum
Weinen bringen und ihnen Schlaflosigkeit bereiten? Wie
viele sind es, die ihren Eltern Kummer und Sorge bereiten,
weil sie sie vernachlässigen und sie nicht oft genug
besuchen? Wie groß ist die Zahl derjenigen, die, wenn sie
zu Männern und Frauen herangewachsen sind, ihre Eltern
terrorisieren und diese ihretwegen Tränen der Furcht
vergießen? Wie viele sind es, die ihre Eltern gütig und mit
Barmherzigkeit behandeln?

Stimmt es denn etwa nicht, dass die Eltern die Verbündeten


der Erschwernisse, der Trauer, der Sorgen und der
60
Betrübtheit sind? Sind die Kinder klein, fürchten sie um sie
und sind sie herangewachsen, fürchten sie sich vor ihnen.
Wie groß ist die Zahl derjenigen, die, wenn sie das Alter der
Reife erlangt haben, ihre Eltern verstoßen, indem sie in eine
von ihnen entfernte Region umziehen oder Reisen
unternehmen, denen kein dringlicher Grund vorausgeht?
Sie vernachlässigen ihre weinenden Eltern und lassen sie die
Gesichter vermissen, die ihnen am liebsten sind. Und
dennoch hören sie nicht auf, an sie zu denken und
Gedenken ihrer in ihren Herzen, obwohl sie ihre Stimmen
nicht mehr hören und ihre Gesichter nicht mehr sehen.
Selbst wenn eines ihrer Kinder sich bloß des Tags oder des
Nachts auf dem Weg zur Arbeit macht, i.iberkommt sie ein
Gefühl der Leere und bringt sie manchmal zum Weinen.
Wie muss dann ihr Gefühl erst sein, wenn ihr Sohn die Tür
hinter ihnen verschließt und sie wissen, dass er nicht so
bald zu ihnen zurückkehren wird? Sie blicken in sein leeres
Zimmer und werden traurig bei dem Gedanken daran, dass
sie die Freude seiner Gesellschaft und das Glücklichsein
seiner Gegenwart verloren haben. Was bleibt sind Trauer
und Tränenvergießen und Hoffnungslosigkeit. Wenn sie
dann auf die Freunde und Kollegen ihres Sohnes treffen
und ihn nicht unter ihnen wiederfinden, erfüllen sich ihre
Herzen mit großem Kummer und tiefer Trauer. 41

'11 Birr-ul-Walidayn, von Ibn Al-Jauzi, S. 116


61
Ein Mann sagte zu Ibrahim Bin Adham:

» ,,Tuba (ein Baum im Paradies) möge dein sein, denn du


hast dein Leben dem Dienst an Allah gewidmet(d.h. du
hast keine Kinder, um die du dich kümmern musstest)." «
Ibrahim erwiderte:

» ,,Vielmehr ist eine Erschwernis, welche du durchleben


musstest im Zuge der Erziehung deiner Kinder besser, als
dass, womit ich besch~iftigt bin. «1iz «

Wir danken Allah ir#. und lobpreisen Ihn EM dafür, dass den
Eltern für die Erziehung ihrer Kinder Lohn zureilwird,
gleichsam erhalten sie Lohn dafür, wenn sie sich um ihre
Kinder sorgen. Wahrlich aller Vorzug und aller Lohn ist bei
Allah.

42 Al-Ihya, ßand 2, S. 27

62
Bring deinen Kindern die Liehe zu Allah und
Seinem Gesandten bei i}
Genauso wie Samen Wasser, Nährstoffe und Pflege
brauchen, um zu Bäumen und Pflanzen heranzuwachsen
und um eines Tages gesunde Früchte hervorzubringen, sind
auch Kinder auf eine gute „Nährstoffzufuhr" und religiöse
Unterweisung angewiesen, auf dass auch sie zu starken,
rechtschaffenen und wissenden Gläubigen heranwachsen.
Deshalb ist es in diesem Sinne zwingend erforderlich, dass
alle Eltern in ihren Kindern den Samen der Liebe zu Allah
und Seinem Gesandten /i:;;,
,§,
zum Tauhid (dem islamischen
Monotheismus und zu La ilaha illallah (niemand hat das
Recht angebet zu werden außer Allah) pflanzen. Die
Nahrung, welche ihnen von ihren Eltern gegeben wird,
sollte aus Gottesfurcht, Gehorsam und gutem Benehmen
bestehen. Die Eltern sollten darum bemüht sein, ihr eigenes
Leben, sowie das ihrer Kinder auf ,,Allah hat gesagt" und
„der Gesandte Allahs ;tJ;;;
'0,.J"
hat gesagt" auszurichten. 43

43 Rasa'il ila Ummi wa Ukhti, S.9

63
Warnung vor dem Uquq gegenüber den Eltern

Mu' adh berichtet:

» ,,Der Gesandte Allahs d,:;; befahl mir: ,Verfalle nicht dem


'!;~-,,

Uquq gegenüber deinen Eltern, selbst wenn sie dich um


deine Familie und um deinen Besitz bringen."' «
(Überliefert bei Ahmad und At-Tabarani)

Der Sohn von Abdullah Ibn Umar ,....,


,0K, berichtete, dass sein

Vater Abdullah gesagt hat:

» ,,Ich heiratete eine Frau, welche Umar ~ missfiel und er


verlangte von mir, dass ich mich von ihr scheiden lasse,
doch ich widersetzte mich ihm. Dann ging Umar ~ zum
Gesandten Allahs ,i~ und erzählte ihm dies. Der Gesandte
"':!"

Allahs it\ sagte: ,Gehorche deinem Vater. "' 1 '1 (Überliefert


bei Ahmad und bei Abu Dawud) «

44 An dieser Stelle sollten wir erw~Ürnen, dass manche Gelehrte gesagt


haben, dass auch wenn die eigenen Eltern im Islam lediglich über sehr
geringfügiges Wissen verfügen und von einem verlangen, sich von der
Ehefrau scheiden zu lassen, dieser Anordnung nachgekommen werden
soll, wenn es sich bei ihrem Befehl um etwas handelt, was in sich selbst
rechtschaffen und gut ist. Sich dem Befehl der Eltern zu widersetzen, ist
nur dann erlaubt, wenn es sich bei dem Wunsch bloß um eine Art
Laune handelt, welche die Eltern erfüllt zu sehen wünschen, weil sie
sich einer gliiubigen und pflichtbewussten Ehefrau entledigen wollen.
Deshalb sollte man in dem Fall, dass die Eltern von dem Sohn
verlangen, sich von der Ehefrau scheiden zu lassen, dieses genauer
prüfen, um sicherzustellen, dass dieser Wunsch nicht bloß aus
64
Abu Ad-Darda berichtete, dass ein Mann einmal zu ihm
kam und ihm davon erzählte, dass seine Mutter ihm
befohlen hat, sich von seiner Frau scheiden zu lassen. Abu
Ad-Darda entgegnete ihm:

» ,,Ich hörte den Gesandten Allahs ~} sagen: ,Die Eltern


sind das mittlere Tor (das beste) unter den Toren des
Paradieses, deshalb verliere dieses Tor oder bewahre es."' «
(Überliefert bei At-Tirmidhi)

Dieser Hadith besagt, dass der Uquq gegenüber den Eltern


den Verlust des mittleren Tores (des besten) des Paradieses
zur Folge hat, während der gi.itige Umgang mit ihnen dieses
1or bewahrt. So soll derjenige, der nach ewiger
Glückseligkeit strebt, sich um den Eintritt durch dieses Tor
bemühen, auch wenn es bedeutet, dass er im Zuge dessen
um seine Annehmlichkeiten und Wiinsche gebracht wird.
Was nämlich diejenigen anbelangt, welche ihr Jenseits für
das Leben des Diesseits verkaufen, so geben sie dieser Welt
den Vorzug vor der immerwährenden und ewigen
Wohnstätte des Jenseits. Sie sind auf der Suche nach

Unwissenheit und Ignoranz heraus geäuGert wurde. Zudem sollte


ausgeschlossen werden, dass dieses Verlangen auch kein Ergebnis von
Vorurteilen gegenüber religiösen Frauen ist oder irgendeiner anderen
Laune oder niederen Motivation, welche die Eltern womöglich hegen,
entsprungen ist. Handelt es sich um rechtschaffene und wissende Eltern,
sowie Umar einer war, so sollte der Sohn das Wohlgefallen der Eltern
über das eigene stellen und ihrem Verlangen den Vorzug vor seinem
Wunsch geben. Und Allah wciG es am besten.

65
Erfüllung ihrer nur sehr kurz anhaltenden und schnell
durchlebten Gelüste, anstatt sich um das ewige Glück zu
bemühen. Der Gedanke daran, dieses Tor zu verlieren,
beunruhigt sie nicht.

Ist also die Frau, von der die Eltern verlangen, dass er sich
scheiden lässt, boshaft und ungehorsam, ist es ihm eine
noch dringlichere Pflicht, sich von ihr in solch einem Fall
scheiden zu lassen.

Es begab sich einmal, dass ein Beduine sich von seiner Frau
scheiden ließ, weil sie sich weigerte, das beste Stück des
Kamels, welches er geschlachtet hatte, für seine Mutter
aufzuheben. Sie bestand darauf, ihr das schlechteste Stück
zu geben, welches nur mit sehr wenig Fleisch und Fett
bedeckt war. Da sagte er zu ihr: » ,,Dann nimm das Sti.ick
Fleisch und kehre damit zurück zu deiner Familie!" « Dies
ist ein Beispiel einer ungeeigneten Frau, die sich in ihrer
Boshaftigkeit steigern wird, je pflichtbewusster ihr Mann
sich verhält. Ausdauernd und geduldig mit einer solchen
Frau zu sein, wird keine große Änderung herbeiführen,
denn die Geduld des Mannes steigert nur ihre Gemeinheit
und Sturheit, ähnlich eines vertrockneten Astes, der, wenn
man ihn nicht abschneidet, das Sterben und die
Vertrocknung des gesamten Baumes zur Folge hat. Alle
muslimischen Frauen sollten diesen Rat streng befolgen
und sich die rechtschaffenen Frauen zu Vorbildern nehmen.
Zu denen gehören die Frauen des Propheten \b~ und die
weiblichen Prophetengeführten, möge Allah sie mit dem

66
Paradies belohnen. So soll ihre Haltung gegenüber ihren
Schwiegermüttern wie ihre Haltung gegenüber ihren
eigenen Müttern sein und ihr Umgang mit den
Schwiegermüttern so sein, wie sie es sich wünschen wiirden,
dass die Schwiegertochter der eigenen Mutter mit dieser
umgeht.

Oh ihr, die ihr den Uquq begeht! Achtet auf


Folgendes:

Oh du, der du die wichtigsten Rechte missachtet hast, weil


du den Uquq dem Birr gegenüber deinen Eltern bevorzugt
hast. Vergessen hast du die Pflichten und du hast den
Gedanken an das Schicksal ignoriert, welches all jene
ereilen wird, die dies tun!

Wisse, dass die Erfüllung des Birr gegenüber deinen Eltern


wie eine Schuld auf dir lastet, die du begleichen musst,
auch wenn du so tust, als ob du dies nicht müsstest. Wie
kannst du dich dem Uquq gegenüber deinen Eltern
hingeben und zeitgleich behaupten, dass du nach dem
Paradies strebst, welches doch unter den Füßen deiner
Mutter liegt, die dich für neun Monate in ihrem Bauch
getragen hat, die sich wie neun Jahre anfühlten und die bei
deiner Geburt unbeschreibliche Erschwernisse durchleiden
musste? Sie fütterte dich, kümmerte sich um dich, säuberte
dich , gab dir in Bezug auf das Essen den Vorzug,
schaukelte dich auf ihrem Schoß, zeigte dir gegeni.iber
Barmherzigkeit und Zuneigung, gerade in Zeiten in denen
67
du krank warst, was sie mit Trauer erfüllte. Sie weinte
I deinetwegen und brachte dich zum Arzt und bezahlte ihn
·dafür, dass er dich wieder gesund machen würde. Wenn sie
vor die Wahl gestellt wi.irde, ihr Leben oder deines, so
wi.irde sie bereitwillig ihres für das deine hergeben. All dies
hat sie getan und doch behandelst du sie schlecht!? Sie fleht
Allah im Offenen und im Verborgenen an, dich zu leiten
und dich zum Besten zu führen. Als sie dich im hohen Alter
brauchte, machtest du sie zu der unwichtigsten aller deiner
Angelegenheiten. Du agest als sie hungrig war und du
trankst als sie durstig war und du gabst deiner Familie,
deinen Kindern und deinen Freunden den Vorzug vor ihr.
Vergessen hast du all die Gunst, die sie dir erwiesen hat und
siehst nur noch die Schwierigkeit in der Erfüllung ihrer
Anliegen. Du denkst, dass ihr Leben lang gew~ihrt hat, doch
war es in Wahrheit kurz und du hast es vermieden, sie zu
sehen, obwohl sie keine andere Stütze hatte, auger dir. Wie
bist du nur dazu in der Lage, all dies zu tun, wo doch dein
Herr y es dir verboten hat, noch nicht einmal „ Uff' zu ihr
zu sagen? Fürwahr wird dir noch in diesem Leben für
diesen Uquq wiedervergolten werden, indem du von deinen
Kindern in gleicher Weise behandelt wirst und im Jenseits
hierfür zu den Verstogenen vom Herrn der Welten gehören
wirst. So lies die Worte Allahs, Seine Ermahnung und
Seinen Tadel:

68
„Dies ist für das, was eure Hände vorausschickten, und
Allah ist nicht ungerecht gegen die Diener." (3:182)" 5

w,
Als Abdullah Bin Abbas ~,- über die Leute von Al-A'araf
befragt wurde, sagte er:

» ,,Al-A' araf ist ein Hügel, der sich zwischen dem Paradies
und der Hölle befindet. Er wurde Al-A' araf genannt, da
man von ihm aus über das Paradies und über die Hölle
hinausschauen kann. Auf ihm befinden sich Bäume,
Früchte, Fliisse und Quellen. Jene, die auf Al-A' araf
gehalten werden, umfassen auch Männer und Frauen, die
in den Jihad gezogen sind, ohne zuvor die Erlaubnis des
Vaters oder der Mutter eingeholt zu haben und zu
Märtyrern im Jihad wurden. Ihr Tod auf dem Wege Allahs
qualifizierte sie eigentlich dazu, vor dem Höllenfeuer
gerettet zu werden, doch ihr Ungehorsam den Eltern
gegenüber macht dies zunichte und hindert sie daran, ins
Paradies einzutreten. Sie werden solange in Al-A' araf
verweilen, bis Allah in ihren Fällen entschieden hat. "1i 6 «

45 Al-Kaba'ir, S. 44
46 Al-Kaba'ir, S.41

69

(
Übe den Uquq mit deinen Eltern aus und deine
I
Kinder werden ebenso mit dir umgehen

Es wurde überliefert, dass es einmal einen Mann gab, der so


schlecht zu seinem Vater war, dass er ihn sogar des Öfteren
an seinem Bein packte, ihn bis zur Hauseingangstür
schleifte und dann aus dem Haus warf. Allah gab diesem
Mann einen Sohn, welcher sich ihm gegenüber noch
schlimmer verhielt, als dieser es mit seinem Vater tat, denn
er packte ihn an seinen Beinen und schleifte ihn bis hinaus
auf die Straße und als sie die Straße erreichten sprach der
Vater zu seinem Sohn:

» ,,'Halte hier an, denn ich pflegte meinen Vater an seinem


Bein bis zur Hauseingangstür zu schleifen!' Da erwiderte
sein Sohn: ,Dies ist deine Wiedervergeltung für das, was du
(mit deinem Vater) getan hast und die Steigerung (der Weg
von der Eingangstür auf die Straße) ist ein Geschenk von
mir!"' «

Diese Geschichte macht deutlich, dass Wiedervergeltung


für die eigenen Taten bereits in diesem Leben stattfinden
kann. Deshalb soÜte man seine Eltern so behandeln, wie
man es sich später selbst wünscht, von den eigenen Kindern
behandelt zu werden. Man sollte die Eltern nicht bloß wie
Gegenstände betrachten und behandeln, von denen man
Gegenleistungen für sein vermeintlich gutes Benehmen
erwartet (z.B. finanzieller Art), vielmehr ist man dazu

70
angehalten, diesbezüglich aufrichtig nach dem Wohlgefallen
und dem Lohn Allahs alleine zu streben.

Viele denken, dass das Geld der Preis bzw. der Lohn in
diesem Leben ist nachdem es zu streben gilt, wohingegen
doch das Wohlgefallen der Eltern der Preis ist, welcher
einem im Diesseits und im Jenseits von Nutzen sein wird.
Die Eltern sind wie ein Baum in dessen Schatten man
Unterschlupf findet. Er ist eine Zufluchtsstätte, ein scharfes
Schwert, das einen beschützt, ein Fürsorger, der einen
verteidigt und ein Quell der Weisheit und Erfahrung, die
einem selbst im späteren Leben behilflich sein könn·en.
Wenn du also deine Eltern verlierst, verlierst du all diese
Gaben. Wahrlich, es geschieht oft, dass man etwas nicht zu
schätzen weiß ehe man es verloren hat. 47

Die Salaf waren sich über diese Dinge bewusst und


verhielten sich deshalb pflichtbewusst gegenüber ihren
Eltern, wie es folgende Geschichte verdeutlicht.
Mu'waiyyah Bin Qurrah wurde über seinen Sohn befragt
und er sagte:

» ,,Was für ein hervorragender Sohn. Er kümmerte sich um


meine alltäglichen Bedürfnisse und Anliegen und
ermöglichte es mir, mich auf die Angelegenheiten des
. zu lmnzentneren.
Jensens . «/48
«

47 Birr-ul-Wiilidayn, von Al-Hinawi, S. l 03


48 Hilyawl-Auliya, ßand 3, S. 124

71
Aussagen des Gesandten Allahs

des Birr und des Uquq mit den Eltern


• bezüglich

Kein Kind vermag, die Schuld, in der es gegenüber den


Eltern steht, zu begleichen, außer in dem Fall, den der
Gesandte Allahs ,~5 erwiihnt hat:
'<'5'

,,Kein Kind kann sie (die Gunst) seinen Eltern


»
zurückzahlen, es sei denn, dass es seinen Vater als Sklave
vorfindet und es ihn freikauft." « (Überliefert bei Muslim)
Außerdem warnte uns der Gesandte Allahs 't_f' ·'Ji.'; vor dem

Uquq mit den Eltern, indem er ii sagte:

» ,,Drei Handlungen machen die Taten zunichte: Allah


Partner beizugesellen, der Uquq mit den Eltern und das
Fliehen vom Schlachtfeld." « (Überliefert bei At-Tabarani)

In einer weiteren Überlieferung lautet es, dass Mu'awiyyah


Bin Jahimah As-Sulami sagte, dass sein Vater zum
Gesandten Allahs ;"~ ging und zu ihm sprach:
~

» ,, 'Oh
Gesandter Allahs, ich wünsche am Jihad
teilzunehmen, was empfiehlst du mir zu tun?' Der
Gesandte Allahs @; fragte ihn hierauf, ob seine Mutter
noch am Leben sei, woraufhin er antwortete: ,Ja.' Dann
sagte der Gesandte Allahs ~) ,Bleibe bei ihr, denn das

72
Paradies befindet sich unter ihren Füßen."' « (Überliefert
bei Ahmad und An-Nasa'i)

Ein Mann kam zum Gesandten Allahs ;'i;s und sagte zu ihm:
't-;:i~

» ,,Oh Gesandter Allahs! Ich bin gekommen, um dir den


Eid für die Hijrah zu leisten1i 9 , doch ich habe meine Eltern
weinend um mich zurück gelassen.' Der Gesandte Allahs '1J
sagte: ,Kehre zu ihnen zurück und bringe sie zum Lachen
sowie du sie zum Weinen gebracht hast."' « (Überliefert bei
Al-Bukhari und bei Abu Dawud)

Investieren die Kinder ausreichend Zeit in den Dienst an


ihren Eltern, gehorchen sie ihnen und erfüllen sie ihre
Pflichten ihnen gegenüber, insbesondere in Bezug auf die
Mutter, ernten sie hierfür das Wohlgefallen Allahs und
treten ins Paradies ein. Abdullah Bin Amr Bin Al-Aas sagte:

» ,,Ein Mann kam zum Gesandten Allahs ~~ und sagte: ,Ich


""
leiste dir meinen Eid dafür, die Hijrah und den Jihad im
Streben nach Allahs Lohn zu unternehmen.' Der Prophet
~i fragte ihn: ,Lebt einer deiner Eltern noch?' Er erwiderte,

19 DieAuswanderung von Makkah nach Madinah. Dies ereignete sich


aber noch vor der Eroberung von Makkah und der Einnahme der
gesamten arabischen Halbinsel. Vor diesen Ereignissen waren die
Muslime dazu angehalten, die Auswanderung nach Madinah zu
unternehmen und sich den Reihen des Gesandten ~ und der
Gläubigen (seiner Gefährten) anzuschließen.

73
dass beide seiner Eltern noch am Leben waren. Der
Gesandte Allahs fragte ihn: ,Strebst du nach dem Lohn
Allahs?' Der Mann sagte: ,Ja.' Da sagte der Gesandte Allahs
,1.5 : ,Dann geh zu ihnen zurück und kümmere dich um
~
. '" «
sie.

Daraus verstehen wir, dass der Lohn von Allah, nach dem
du strebst, nicht nur ausschließlich durch Hijrah und Jihad
erlangt wird, denn es gibt noch eine weitere Aufgabe,
welche dir den Lohn, nach dem du trachtest, einbringen
kann. Diese Aufgabe kannst nur du erfüllen und sie ist
speziell auf dich maßgeschneidert: gehe zu deinen Eltern
und erfülle deine Pflichten ihnen gegenüber. Verausgabe
dich im Dienst an ihnen (im Streben nach Allahs
Wohlgefallen allein), gehorche dem, was sie dir auftragen
und erfülle ihre Herzen mit Freude.

[... ]

Einige Gelehrte rieten sogar dazu, dass wenn man sich auf
eine Reise begibt, deren Anlass ein notwendiger ist, und
dass man Allah ;)lif auf dieser, für die Zeit der Abwesenheit
von ihnen (Eltern), um Vergebung bitten sollte. Wahrlich,
der Islam fordert einen dazu auf, ein gerechtes Maß in den
Verpflichtungen der (Religion), des Gebets, des Fastens und
in anderen gottesdienstlichen Handlungen einzuhalten.
Diese umschließen auch den sozialen Bereich, sowie die
Verpflichtungen gegenüber den Verwandten aber im
Besonderen der Eltern und der Nachbarn.

74
Der einzigartige Begriff der Ibadah umfasst all das, was
Allah Jlif liebt: an Aussagen, Handlungen, offenkundigen
und verborgenen 1~1ten.

Um das Thema des Birr gegenüber den Eltern noch etwas


weiter auszuführen, sollten wir die Aussage Atas erwähnen,
welche lautete, dass, wenn die Mutter lediglich auf die
Verrichtung der Pflichtgebete und dem Fasten im Monat
Ramadan bestiinde, man ihr gehorchen solle. Des Weiteren
sagte Hisham Bin Hassan:

» ,,Ich sagte zu Al-Hassan: ,Ich lerne den Qur'an und meine


Mutter wartet mit dem Abendessen bis ich
zurückkehre.' Al-Hassan sagte: ,Es ist besser für <lieh, <las
Abendessen mit ihr einzunehmen, auf dass ihr Herz
beruhigt sein möge, als eine freiwillige Hajj zu
unternehmen. "' 50 «

An dieser Stelle sollte ebenfalls noch einmal verdeutlicht


werden, dass rechtschaffene Eltern ihren Kindern eine
Unterstützung dabei sein sollen, sich ihnen gegeni.iber im
Birr zu verhalten. Diesbezüglich sagte Abu Al-Laith:
» ,,Ein rechtschaffener Mann pflegte sich bezüglich seiner
Befehle und Anordnungen an seinen Sohn, aus Furcht

50 Birr-ul-Walidayn, von Ibn AI-Jauzi, S. 45

75

I
heraus, er könne unfolgsam sein und infolgedessen zu den
Bewohnern des Feuers gehören, zurückzuhalten. " 51 «

Heutzutage verhalten sich viele junge Männer und viele


junge Frauen in Bezug auf ihre Eltern auf genau
umgekehrte Weise zum perfekten Maß des Islam. Sie
verhalten sich gelangweilt, genervt und stellen ihr
Unbehagen, wann immer es geht, zur Schau. Sie erheben
die Stimmen gegenüber ihren Eltern. Sie erwidern nicht
ihren Ruf und kümmern sich nicht im Geringsten um ihre
Bedürfnisse. Sie verhalten sich auf diese beschriebene Weise
nicht, weil es ihnen unmöglich ist, die Pflicht des Birr zu
erfüllen, sondern weil ihre Herzen sich verhärtet haben, da
sie sich von Allahs Religion und Seinen Geboten weit
entfernt haben.

Dieselben Personen zögern nicht darin, einem Freund zu


gehorchen, wenn dieser ihnen etwas aufträgt zu tun, denn
sie wertsch~itzen und bevorzugen ihre Freunde vor den
eigenen Eltern! Al-Hakim überliefere folgenden Hadith:

» ,,Allah gibt, wenn Er es so will, für die Bestrafung


jedweder Sünde bis zum Tag des Jüngsten Gerichts
Aufschub, außer für den Uquq mit den Eltern. Er
beschleunigt seine Wiedervergeltung (noch in diesem
Leben)."«

5'Al-Barnkah fi Fad] As-Sa'i wa/-Harnkah, S. 97

76
Zudem sagte Ka'b Al-Ahbar:

» ,,Allah erfasst den Sklaven mit einem schnellen Ende, der


die Pflichten gegeni.iber seinen Eltern nicht erfüllt, damit
diesem Sklaven seine gebührende Strafe schnell zuteilwird.
Ebenso verlängert Allah das Leben eines Sklaven, der die
Pflichten gegenüber seinen Eltern erfüllt, damit ihm der
Birr und die Gottesfurcht gemehrt werden. " 52 «

Mütter tragen ihre Kinder durch alle Mühen


hindurch

Die Mutter durchleidet Schwierigkeiten und Mühen im


Zuge der Erziehung ihrer Kinder, von der Zeit an in der sie
es in ihrem Schoß trägt bis hin zur Geburt und bis zum
Zeitpunkt ihres Abschieds von dieser Welt! Sie trägt ihr
Kind in ihrem Schoß, der Fötus gewinnt mit jedem Tag an
Gewicht und Lebenskraft. Zum Ende der Schwangerschaft
wird er immer schwerer und schwerer. Der Fötus fängt an,
sich in ihrem Schoß zu bewegen, er dreht sich hin und her,
und ihn zu tragen fällt der Mutter immer schwerer. Er Hisst
ihr nur wenig Zeit, sich zwischendurch mal zu erholen.
Und obwohl dies die Mutter zusehends ermüdet,
überkommen die Mutter Sorgen, wenn sich der Fötus nicht
bewegt. Aus Sorge um seine Sicherheit und sein
Wohlbefinden eilt die Mutter zur Hebamme, oder sie sucht

52 Al-Kaba'ir, S. 41

77

(
ihre Frauenärztin auf, um das Ungeborene untersuchen zu
( lassen! Sobald die Ärztin sie bezüglich der Gesundheit und
Sicherheit des Fötus beruhigt hat, erstrahlt sie vor Glück
und Erleichterung. Tag für Tag gewinnt der Fötus im
innersten ihres Körpers an Gewicht und führt dazu, dass ihr
Bauch immer mehr anschwillt. Schmerz und Unwohlsein
sind die Folgen.

Wenn der neunte Monat anbricht und es für den Fötus


langsam Zeit wird, den Schoß der Mutter zu verlassen,
beginnt eine bedeutsame Zeit für die Mutter. Manchmal
scheint es so, als wolle das Baby weder aus dem Körper der
Mutter herauskommen, noch vermag es allerdings den
Eintritt in die Welt noch weiter hinauszuzögern, weshalb es
immer wieder nötig ist, das Kind per operativen Eingriff
auf die Welt zu bringen. Dies geschieht vor allen Dingen in
Fällen, in denen man um das Wohl beider, also das Leben
der Mutter sowie um das des Kindes besorgt ist. Viele
Frauen sterben bei der Geburt ihrer Kinder. 53

Dies ist ein Grund dafür, warum der Islam gerade die
Rechte der Mütter noch vor den der Väter so sehr betont.
Ein Aspekt hierbei sind eben die Schwierigkeiten und
Mühen, welche die Mutter in ihrem Leben bis hin zu ihrem
Tod durchleidet. Egal wie alt ihre Kinder auch sind, h~ilt die
Mutter stets ein wachsames Auge auf sie und betrachtet sie
immer als ihre „Babys".

53 Birr-iil-\'v'iiliclayn, von Al-Hinnawi, S. 78

78
Wieweit sind wtr von diesen rechtschaffenen
Personen entfernt?

Az-Zubair Bin Hisham war für seinen Birr und sein


pflichtbewusstes Verhalten gegenüber seinem Vater bekannt.
Während der heißen Tage des Jahres kostete er das Wasser,
welches er seinem Vater zu trinken brachte. Wenn es kalt
war zog er es vor, dass sein Vater davon trank und schickte
es zu ihm, damit er davon trinken möge. 54

Abu Hurayrah ~f pflegte seine Mutter, nachdem sie bereits


ein hohes Alter erreicht hatte und inzwischen blind
geworden war, nach draußen zu tragen, damit sie ihre
Notdurft verrichten konnte. 55

Ibn Umar "Hi,~..- sah einen Mann, wie er seine·Mutter trug und
dabei die Kaba im Tawaf umrundete. Da fragte der Mann
Ibn Umar:<ic½:
,n.::1""

» ,,'Habe ich meine Pflicht ihr gegeni.iber erfi.illt?' Ibn Umar


antwortete: ,Nicht einmal für eine Weile! Dennoch ist es
etwas Gutes, was du getan hast und Allah wird dich
gewaltig für das Wenige belohnen. "' 56

51 Al-Birr was-Silah, von Ibn Al-Jauzi, S. 82


55 Al-Birr was-Silah, von Ibn Al-Jauzi, S. 81
56 Al-Kaba'ir, S. 42
79
Lieber Muslim, wenn sich jemand dir gegenüber ein- oder
( zweimal als großzügig erweist, würdest du ihm danken und
würdest dich in aller Uinge über seine Güte auslassen! Wie
steht es dann um deine Eltern, die womöglich noch kein
einziges Kompliment von dir zu Ohren bekommen haben,
obwohl sie sich dir gegeni.iber vielleicht zwanzig oder gar
dreißig Jahre deines Lebens als großzügig erwiesen haben!?
Sie versorgten dich mit Essen, Kleidung, Zuneigung und
Barmherzigkeit. Selbst wenn Allah uns nicht in aller Schärfe
vor dem Uquq gewarnt hätte, so wi.irden wir ihn dennoch
zumindest als Form sehr schlechten Benehmens betrachten.
Zudem ist es ein Zeichen der ehrenhaften Leute, dass sie
ihre Eltern vor ihren Freunden, Gefährten und Kindern
bevorzugen und unaufhörlich darin bestrebt sind, die
gewaltige Schuld den Eltern gegenüber in jedweder ihnen
möglichen Form abzutragen. Auf dass sie in diesem
Bestreben nach dem Lohn Allahs trachten und ihnen die
Vorzüglichkeiten für ihren Birr und den gütigen Umgang
mit den Eltern zuteilwerden.

80
Arten des Uquq

1. Den Eltern Trauer und Schmerz bereiten

[... ]

2. Schlechtes Verhalten vor den Eltern an den


Tag legen

Es ist nicht gestattet, sich Schlechtem im Beisein der Eltern


hinzugeben. Dies beinhaltet beispielsweise das Unterlassen
des Gebets, dem Trinken von Alkohol, dem Hören von
Musik, dem Schauen von unanständigen Film.en, dem
Betrachten von unanständigen Magazinen und aller
anderen Arten von Unanständigem vor den Augen der
Eltern.

Diese Dinge gehören zu den Arten des Uquq, denn sie


führen dazu, dass die Eltern ihren Kindern zürnen, wo
doch Allah selbst die bloße Aussprache des Wortes
„ UfP' ihnen gegenüber verboten hat. Sollten die Eltern mit
diesen genannten Handlungen ihrer Kinder jedoch
einverstanden sein, werden diese auch ihnen als schlechte
Taten aufgeschrieben. Manche Eltern mögen aus
sogenannter Liebe zu ihren Kindern mit derlei
unmoralischen Handlungen einverstanden sein, somit
verlocken die Kinder ihre eigenen Eltern zu schlechtem
Verhalten und bringen auf diese Art Zerstörung i.iber die
gesamte Familie.

81
1~
1

Die Gelehrten des Tafsir sagten kommentierend zu


( folgendem Vers:

,,, J ,,.4

~\

„Und was den Jiingling anbelangt, so waren seine Eltern


Gläubige, und wir fürchteten, er könnte Schmach durch
Widersetzlichkeit und Unglauben über sie bringen." (18:80)

... wir befürchteten, dass die Liebe zu ihm (dem Jungen) sie
dazu verlocken würde, seiner Religion und seinem
schlechten Weg zu folgen. 57

3. Sich ablehnend und vernachlässigend den


Eltern gegenüber zu verhalten

Anas Al-Juhani sagte, dass sein Vater berichtete, dass der


Gesandte Allahs ,~ sagte:

»,,Wahrlich am Tage der Wiederauferstehung wird es Diener


bei Allah geben, zu denen Er weder sprechen, sie noch
reinigen wird, noch wird Er sie anschauen."

57 fö1h-ul-Qadir, Band 3, S.304

82

-
Er wurde gefragt: ,,Wer sind jene, oh Gesandter Allahs
·f:)s ?" Er ;ij;~ sagte: ,,Derjenige, der seine Eltern ablehnt und
~.., 4"'Y'

sie vernachlässigt, der, der seine Kinder ablehnt, und der,


dem von Seiten eines Volkes ein Gefallen erwiesen wurde,
doch leugnet er ihren Gefallen und verhält sich ihnen
gegenüber ablehnend." « (Überliefert bei Ahmad)

Abu Hurayrah ~ berichtete, dass der Gesandte Allahs ,iJ


sagte:

»,,Lehnt eure Eltern nicht ab, denn derjenige, der dies tut,
wird zum Kafir (Ungläubigen)." « (Überliefert bei Bukhari
und Muslim)

Wir können die Behauptung aufstellen, dass das


Herauswerfen der Eltern aus dem Haus und ihre
„Unterbringung" in Altenheimen, wenn dies lediglich dem
Zweck dient, sich ihrer zu entledigen und vor den
finanziellen Aufwendungen für sie zu fliehen, ebenfalls zu
den Formen des Uquq gehört. Diese Art von Menschen
vergessen und leugnen alle Aufmerksamkeiten und jede
Güte, die sie von ihren Eltern erfahren haben. Und deshalb
lasst es alle wissen, dass das Ausgeben für die Eltern und der
pflichtgemäße Umgang mit ihnen, ganz besonders, wenn
sie bereits ein hohes Alter erreicht haben und schwach sind,
islamische Verpflichtungen sind welche, wenn sie erfi.illt
werden, den Lohn Allahs oder, bei Nichterfüllung, Seine
Strafe im Diesseits und im Jenseits zur Folge haben.

83

/
Sheikh ul-Islam Ibn Taymiyyah wurde einmal über einen
Mann befragt, der von Armut heimgesucht wurde und über
(
keine Mittel verfügte, um für seine Frau und Kinder zu
sorgen. Allerdings hatte er einen wohlhabenden Sohn. Ist es
nun erlaubt, wenn sein wohlhabender Sohn für seinen
Vater und seine Geschwister aufkommt? Ibn Taymiyyah
antwortete:

» ,,Alles Lob und aller Preis gebührt Allah. In diesem Fall


wird vom Sohn verlangt, dass er von seinem Besitz für
seinen Vater, seine Stiefmutter und seine jüngeren
Geschwister ausgibt. Vielmehr kann gesagt werden, dass
wenn er es nicht tut, er dem Uquq gegenüber seinem Vater
verfallen würde und somit die Familienbande zertrennen
wi.irde und demzufolge die Strafe Allahs in diesem Leben,
sowie im Nächsten auf sich ziehen wi.irde. Und bei Allah ist
das beste Wissen. " 58 «

Der Besitz, der sich bei den Nachkommen befindet, gehört


in Wahrheit ihrem Vater. So lesen wir in folgendem Hadith:

Ein Mann berichtete einmal dem Gesandten Allahs ,ii~,


'0-
dass
er über Besitztümer und Kinder verfügte, doch dass sein
Vater über einen Teil seines Besitzes verfügen möchte.

58 Majmu' Al-Facawa, ßand 34, S. 101

84
Der Gesandte Allahs ·d:',;
<l'S
sagte:

» ,,Du und dein Besitz sind deines Vaters." « (Überliefert


bei Ibn Majah)

Zur' ah Bin Ibrahim berichtete in diesem Zusammenhang,


dass ein Mann einmal zu Umar :i!fe kam und zu ihm sagte:

» ,,'Ich habe eine alte Mutter, die nicht in der Lage ist,
alleine ihre Notdurft zu verrichten. Deshalb trage ich sie auf
dem Rücken hinaus. Auch helfe ich ihr dabei, die
Waschung vorzunehmen und wende dabei meinen Blick
von ihr (aus Respekt) ab. Habe ich nun ihr gegenüber
meine Pflichten erfüllt?' Umar ~ sagte: ,Nein.' Der Mann
sprach: ,Obwohl ich sie auf meinem Rücken trage und
mich im Dienst an ihr verausgabe?' Umar ~ sagte: ,Sie
pflegte für dich das Gleiche zu tun (als du jung warst),
währenddessen hoffte sie darauf, dass du leben solltest. Was
nun dich anbelangt, so erwartest du den Zeitpunkt an dem
sie hinfort gehen wird (sterben wird). "' 59 «

4. Der Ehefrau den Vorzug vor der Mutter und


dem Vater zu geben, ist ebenfalls eine Form des
Uquq

59 ßirr-u/-W:.i/idayn, von Ibn Jauzi

85
Diese üble Praxis ist heutzutage leider eme
weitverbreitete. Wenn freiwillige Taten des
Gottesdienstes den Eltern vorgezogen werden, wie wir
in der Geschichte von Juraij lesen konnten, der von
seinem freiwilligen Gebet nicht abließ, obwohl ihn
seine Mutter zu sich rief. Wie verhält es sich dann bei
etwas, was weniger gewichtig ist?

Der Uquq wird sogar noch gesteigert, wenn der Mann


der ungehorsamen Frau, die alles daran setzt, um einen
Keil zwischen ihren Mann und dessen Eltern zu treiben,
mit dem Ziel, dass er ihr ganz allein gehören solle, den
Vorzug gibt. Solche Frau wäre außer sich, wenn sie
erfahren würde, dass die Mutter oder der Vater ihres
Mannes bei ihnen zuhause wohnen soll. Eine solche
Frau würde ihrem Mann viele Probleme bereiten und
würde versuchen, ihm zu verbieten, seine Pflichten
seinen Eltern gegenüber zu erfüllen. Dies ist eine der
schlimmsten Formen des Uquq.

5. Die Eltern nicht oft genug zu besuchen und


den regelmäßigen Kontakt zu ihnen zu
vernachlässigen sind ebenfalls Formen des Uquq.

Al-Bukhari und Muslim überlieferten, dass Abu Hurayrah


berichtete, dass der Gesandte Allahs '@ sagte:

» ,,Nachdem Allah die Schöpfung abgeschlossen hatte,


richtete sich die Raham auf (Verwandtschaft) und sprach:

86
,Dies ist das Aufrichten derjenigen, die bei Dir Zuflucht
davor sucht, abgetrennt zu werden.' Allah fr¼ sagte: ,Gefällt
es dir, dass Ich die Bande zu jenen halte, die deine Bande
halten und die Bande zu jenen trenne, die deine
zertrennen?' Sie sagte: ,Ja, oh Herr!' Allah Er'#. sagte: ,Es sei
dir gewährt."' «

Abu Hurayrah ±¼ sagte dann: » ,,So lest dann, wenn ihr es


wünscht:

,,(Wollt) ihr denn, indem ihr euch (vom Glauben)


abwendet, Verderben im Land anrtchten und die Bande
eurer Blutsverwandtschaft zerreißen?" (47:22)

Die Gefahrten waren sich über die Wichtigkeit der Pflege


der Verwandtschaftsbande bewusst, wie es der Hadith
andeutet, weshalb sie stets darin bestrebt waren, diese
Bande zu bewahren und zu pflegen, in ganz besonderem
Maße mit den Eltern.

Abu Hurayrah ~...-


:A1, zum Beispiel lebte in einem Haus direkt

neben seiner Mutter. Immer wenn er aus seinem Haus


hinausging, stellte er sich vor ihre Tür und rief:

87


fZJot gättgo CZlmgaug mtt, de1t a/ttout

» ,,'Möge der Friede, die Barmherzigkeit und der Segen


Allahs mit dir sein, meine Mutter.' Sie antwortete: ,Und
mögen der Frieden, die Barmherzigkeit und der Segen
Allahs mit dir sein.' Dann sprach Abu Hurayrah: ,Möge
Allah Erbarmen mit dir haben, dass du mich aufgezogen
hast und dich um mich ki.immertest als ich noch klein
war.' Woraufhin sie erwiderte: ,Möge Allah Sich deiner
erbarmen, dass du deine Pflichten mir gegenüber erfülltest,
nachdem du herangewachsen warst."' Oft wiederholte er
dies, wenn er hinaus ging oder zurückkehrte.' << (Überliefert
bei Al-Bukhari)

Wir haben bereits erwähnt, dass es eine Form des Uquq ist,
seine Eltern „nur" böse anzuschauen, selbst wenn man
verärgert ist. Zudem ist es gleichermaßen verboten, zu
denken, dass man mit seinen Eltern gleichgestellt oder
ihnen sogar überlegen ist.

Zu den Arten des Uquq gehört auch, dass es einen aus


falschem Stolz heraus beschämt, zu den Eltern gerufen zu
werden, gerade in Fällen, in denen die Kinder einen
gewissen sozialen Aufstieg erfahren haben, während die
Eltern in Armut leben und sie keinen besonderen
gesellschaftlichen Rang eingenommen haben. In einigen
dieser Fälle unternehmen die Kinder keinerlei
Anstrengungen, um für ihre armen Eltern aufzukommen.
Manche Eltern sehen den letzten Ausweg darin, vor Gericht
gegen ihre eigenen Kinder vorzugehen, in denen dann der
Richter per Beschluss bestimmt, dass die Kinder auch für

88
das finanzielle Auskommen ihrer Eltern Sorge tragen
miissen.

Das Beschimpfen der Eltern, ist eme der schlimmsten


Formen des Uquq, dies beinhaltet ebenfalls die Beleidigung
der Eltern anderer, da dies wiederum in der Regel die
Beschimpfung der eigenen Eltern zur Folge hat. Manchmal
soll die Beleidigung der Eltern eine Art der
Wiedervergeltung für körperliche Übergriffe oder sonstige
Misshandlungen, wie dem Uistern, darstellen. Der Satan
stellt auf diese Weise seine Fallen auf und verführt
diejenigen, die sich in solch einer Situation befinden dazu,
die Eltern der anderen Person als „Wiedergutmachung" für
die erfahrene Ungerechtigkeit zu beleidigen, eine Falle, in
die man sehr leicht hineintappt.

Sich zu wünschen, dass Vater und Mutter sterben, um ihren


Besitz zu erben, oder um ihrer Bürde (auf Grund ihrer
Mittellosigkeit) entledigt zu sein, oder um „endlich" aus der
strengen Wachsamkeit der Eltern auszubrechen, gehören
genauso zu den Formen des Uquq.

Es scheint so, als würden diese Art Kinder ihre Eltern als
eine Art Krankheit betrachten, von der sie sich befreien
müssten.

Wir bitten Allah um den besten Umgang und möge Er


unsere Herzen reinigen und auf den rechten Weg führen,
Amin.

89
-
Es finden sich zahlreiche Verse im Qur' an, die zum Birr mit
beiden Eltern gleichsam auffordern und es finden sich viele
Verse, die sich jeweils nur auf den Birr im Umgang mit der
Mutter und dem Vater im Einzelnen beschäftigen. Dies
weist darauf hin, dass der Islam große Sorge und
Wichtigkeit auf die Erfüllung der Rechte der Eltern und die
Wahrung ihrer Ehre legt.

Allah lt}{ sagt zum Beispiel:

~j
,,,
~ Gj J~i ~ ~~'.Jj ~~1 t~:~-'-'r
J

J~J

„Und Wir haben dem Menschen im Hinblick auf seine


Eltern anbefohlen - seine Mutter trug ihn in Schwäche über
Schwäche, und seine Entwöhnung erfordert zwei Jahre: "Sei
Mir und deinen Eltern dankbar. Zu Mir ist die
Heimkehr[ ... ]" (31:14)

Die Mutter trägt ihr Kind für neun Monate in ihrem Bauch
durch alle Mühen hindurch bis es schließlich zur Geburt
kommt. Von dem Moment an, an dem sie ihr Kind in den
Armen hält, sind all ihre Schmerzen vergessen. Sie ist
vollauf entzückt beim Anblick des Glücks ihres Lebens und

90
verschreibt sich ab jetzt dem Dienst an ihrem Kind. Sie
fiittert es, beschützt es, kleidet es und s~iubert es, bis es nach
etwa zwei Jahren entwöhnt ist. Die Mutter kümmert sich
vom ersten Moment des Lebens ihres Kindes bis zu ihrem
Tod um ihr Kind. Aus diesem Grund erwähnt Allah /Y#. die
Mutter in Bezug auf den Gehorsam noch vor dem Vater.
Wie wir im Folgenden sehen werden, sprechen auch einige
Ahadith über dieses Thema:

Abu Hurayrah il;t sagte:

» ,,"Ein Mann kam zum Gesandten Allahs, Allahs Segen


und Friede auf ihm, und sagte: ,0 Gesandter Allahs, wer
hat am meisten Anspruch auf meine gütige
Kameradschaftlichkeit?' Der Prophet sagte: ,Deine
Mutter!' Der Mann fragte weiter: ,Wer sonst?' Der Prophet
sagte: ,Deine Mutter!' Der Mann fragte weiter: ,Wer
sonst?' Der Prophet sagte: ,Deine Mutter!' Der Mann fragte
weiter: ,Wer sonst?' Der Prophet sagte: ,Dann dein
Vater!"' « (Überliefert bei Al-Bukhari)

Dieser Hadith zeigt deutlich, dass der Anteil der kleinen


„Entschädigung" gegenüber der Mutter dem Dreifachen an
Güte, Dienst, Gehorsam und des Birr, welches dem Vater
entgegen gebracht wird, entspricht. Auch dem Vater steht
ein Anteil zu, welcher einem Viertel von dem entspricht,
welches die Mutter verdient, da er für die Erziehung und
die Versorgung der Kinder aufkommt und er der Herr des
Hauses und der Führer der Familie ist.

91
1 ·~.

Ibn Barral sagte:

» ,,Die Mutter durchlebt drei Arten der Erschwernisse,


welche der Vater nicht zu tragen hat: die Mühe der
Schwangerschaft, der Geburt und des Stillens (bzw. der
.. 1·1ch.en F"ursorge60 ) . " «
mutter

Es besteht große Weisheit darin, die Rechte der Mutter


hervorzuheben, auch stellt dies eine Art Ausgleich für ihre
Mühen und Erschwernisse dar. Zudem hat sie als Frau
mehr Anrecht darauf, dass man sich um sie sorgt und
kümmert, da es für sie, anders als für den Mann,
schwieriger ist, sich um den Lebensunterhalt zu kümmern.
Wem obliegt es dann mehr als ihren eigenen Kindern, ihr
ihre Rechte zu geben?

Al-Hassan Al-Basri sagte:

» ,,Das Recht des Vaters ist größer, wogegen der Birr


gegenüber der Mutter von größerer Pflicht ist." «

Um zu verdeutlichen, welches Gewicht die Salaf in das


Pflichtbewusstsein gegenüber den Eltern gelegt haben,
sollten wir erwähnen, dass Ali Bin Al-Hussain Bin Ali ~u,
=
einmal gefragt wurde:

60Anm. Übersetzer

92
»,,'Unter den Menschen bist du derjenige, der den meisten
Birr mit seiner Mutter hat, doch sehen wir dich nicht dabei,
wie du deine Speisen mit ihr einnimmst.' Er sagte: ,Ich
fürchte darum, dass sie auf das Essen blickt und sie mag
nach etwas verlangen, wonach meine Hand unabsichtlich
noch vor ihrer greifen mag. So habe ich Angst, dass ich in
solch einem Fall dem Uquq erliege."' 61 «

Diese Antwort stammt von einem Nachfahren des


Gesandten Allahs {t~ , welcher dazu erzogen wurde, den Birr
vor allem in seinem Herzen zu empfinden und ihn auch
zum Ausdruck zu bringen und nicht bloß durch
Bekundungen. Er war sich über die gewaltigen Rechte,
welche seine Mutter über ihn verfügte, bewusst und
erlangte so eine hohe Stufe in seinem Birr mit ihr, dass er
erahnen konnte, was seine Mutter mochte und wonach sie
verlangte, noch ehe sie es aussprach.

61 Al-ßirr was-Silah, S. 82

93
Birr ist eine Notwendigkeit 1m Umgang mit
dem Vater

Wenn der eigene Vater krank wird, würde das Kind dann
auf den Schlaf verzichten und sich um den kranken Vater
kümmern, sowie es der Vater tun würde, wenn sein Kind
erkrankt? Wenn sich der Vater nach der Arbeit verspätet,
wi.irde sich das Kind genauso Sorgen machen, wie sich der
Vater Sorgen um seine Kinder machen würde, wenn sie sich
verspäteten? Ganz im Gegenteil, viele Kinder schenken
ihren Viitern nur wenig Achtung und tun ihnen oft
Unrecht, doch Väter vergessen und ver1:eihen. Und wenn
der Vater mit seiner Zunge ein Bittgebet gegen seine
Nachkommenschaft sprechen würde, so wi.irde sein Herz
Allah im Anschluss daran bitten, sein Bittgebet nicht
anzunehmen.

Aus diesem Grund möchten wir all jenen, die weise sind
und über einen gesunden Menschenverstand verfügen,
diese Erinnerung ins Bewusstsein rufen: Denkt daran, dass
es jemanden gibt, der sich zwanzig (oder sogar noch mehr)
Jahre um all deine Bedürfnisse und Belange, deinen Hunger,
deinen Durst, deine Krankheit, deine Freuden, dein
Wohlergehen sowie um deine Zufriedenheit gekümmert hat.
Wirst du durstig, bringt er dir etwas zu trinken, wenn du
krank wirst, geht er los und besorgt dir die Medizin, bist du
traurig, müht er sich darum, dich wieder glücklich zu
machen, und wenn du lachst, freut er sich für dich. Bist du
standhaft, blickt er auf dich mit zufriedenen Augen und

94
fleht Allah oft deinetwegen an. Wie kannst du es also jemals
diesem Mann, deinem Vater, wiedervergelten? (Erinnere
dich) an den gewaltigen Dienst, die Fürsorge, die Güte,
Barmherzigkeit und Zuneigung, welche er dir gerne hat
zuteil werden lassen. Wie weist du dich demjenigen
erkenntlich gegeni.iber, der sein eigenes Wohlempfinden für
deines aufgegeben hat, der voller Trauer ist, wenn ein Leid
oder eine Unannehmlichkeit dich getroffen hat?

Ibrahim Bin Dahah schrieb an seinen Vater:

» ,,'Möge Allah mich um deinetwillen zum Opfer


machen.' Da schrieb sein Vater an ihn zurück: ,Sag das
nicht, denn du wirst an meinem Tag mehr Geduld haben,
als ich an deinem.' Dies bedeutet: ,Du wirst am Tage
meines Todes geduldiger sein, als ich es an deinem Todestag
sein werde. Mein Tod wird dich traurig machen, doch diese
Trauer wird mit der Zeit schwinden. Doch dein Tod wird
meinem Herzen eine Wunde zufügen, die niemals verheilen
wird."' «

95

/
Die Tugendhaftigkeit des Birr mit den Eltern

1. Der Birr mit den Eltern gehört zu den


besten der rechtschaffenen Taten. Abdullah Ibn
Mas' ud sagte:

» ,,Ich fragte den Gesandten Allahs d~:


,,.,- ,Welche Tat
wird von Allah, Allmächtig und Erhaben ist Er,
am meisten geliebt?' Der Prophet \~ sagte: ,Die
Verrichtung des Gebets zur richtigen Zeit! Ich fragte
weiter: Welche dann? Und er sagte: Die gütige
Behandlung der Eltern! Ich sagte: Welche dann? Er
sagte: Der Jihad auf dem Wege Allahs!" «
(Überliefert bei Al-Bukhari und Muslim)

2. Der Birr mit den Eltern führt die Vergebung


Allahs herbei. Allah ll'"if sagt:

b,

1~ •.~..:
1 ~i!'.Jj ~~T i<~jjy,

96
J J

• J ,,.

IH

„Und Wir haben dem Menschen anbefohlen, gegen


seine Eltern giitig zu sein. Seine Mutter trug ihn mit
Widerwillen, und mit Widerwillen brachte sie ihn
zur Welt. Und ihn zu tragen und ihn zu entwöhnen
erfordert dreißig Monate, bis er dann, wenn er seine
Vollkraft erlangt und vierzig Jahre erreicht hat, sagt:
11
Mein Herr, sporne mich an, dankbar zu sein fiir
Deine Gnade, die Du mir und meinen Eltern
erwiesen hast, und (sporne mich an,) Rechtes zu
wirken, das Dir wohlgefallen mag. Und lass mir
meine Nachkommenschaft rechtschaffen sein. Siehe,
ich wende mich zu Dir; und ich bin einer der
Gottergebenen. Das sind die, von denen Wir die
11

guten Werke annehmen, die sie getan haben, und


deren iible Werke Wir iibergehen. (Sie gehören) zu
den Bewohnern des Paradieses -in Erfüllung der

97

iüM&t!Giii!WWWWE diii&i&WWWmnniiiii&i/i
wahrhaftigen Verheißung, die ihnen verheißen
wurde." (46: 15- 16)

3. Der Birr mit den Eltern führt einen in


Allahs Paradies. Abu Hurayrah berichtete: » ,,'Ich
hörte den Gesandten Allahs ~ sagen': ,Möge seine
Nase in den Sand gesteckt werden! Möge seine Nase
in den Sand gesteckt werden! Möge seine Nase in
den Sand gesteckt werden!' Er ~ wurde gefragt:
,Wer, oh Gesandter Allahs '\IJ ?' Er ,jj, sagte: ,Der,
der lange lebt bis seine Eltern oder einer von ihnen
das Greisenalter erreicht und dennoch keinen
Eintritt in das Paradies erhält. "' 62 « (Überliefert bei
Muslim)

4. Der Birr mit den Eltern verhilft zu emem


längeren Leben. Anas Bin Malik ~..-
c0t, berichtete, dass
der Gesandte Allahs i sagte:
» ,,Derjenige, der es wünscht, dass ihm sein Leben
ausgedehnt und seine Versorgung vermehrt wird,
soll den Birr mit seinen Eltern, Bekannten und
Verwandten praktizieren." (Überliefert bei Ahmad)

62 Dies
ist ein Hinweis darauf; dass der ßirr mit den Eltern ein Mittel für
den Eintritt ins Paradies ist.

98
5. Der Birr mit den Eltern segnet die
Besitztümer. Abu Hurayrah ~..- +l-f1 berichtete, dass der

Gesandte Allahs ,i_ji gesagt hat:


» ,,Derjenige, dem es wohlgefallt, dass ihm sein
Besitz vermehrt und seine Lebensspanne verlängert
wird, der soll die Verwandtschaftsbande
pflegen." (Überliefert bei Al-Bukhari)

Mir wurde von einem Mann berichtet, der sehr arm


gewesen ist und dem es, obwohl er es wollte, vor
seinem zweiunddreißigsten Lebensjahr nicht
möglich war zu heiraten. Er war seiner Mutter
gegenüber immer stets sehr pflichtbewusst, und so
begab es sich, dass er sie zur Hajj von Najd
(inmitten Arabiens) auf seinem Rücken bis nach
Makkah trug. Allah gab diesem Mann später im
Leben riesige Besitz- und Reichtümer und wurde
später unter den Menschen für seinen Reichtum
und für seinen gütigen Umgang mit seiner Mutter
bekannt.

99

(
Der Birr mit den Eltern nach ihrem Tod
I

In der Surah Al-Isra erteilt Allah uns den Befehl, dass wir
gütig und respektvoll mit den Eltern umgehen und dass wir
ihnen Gehorsam leisten sollen. Zugleich fordert Er uns
dazu auf, das Gute und die Opfer die unsere Eltern für uns
erbracht haben, zu bezeugen, ihnen dafür zu danken und
ihnen Anerkennung für all dies entgegenzubringen. Des
Weiteren sollen die Kinder häufig ihrer Eltern gedenken
und Allah darum bitten, dass Er ihnen verzeihen möge und
dass Er sich ihrer erbarmt:

,,[ ... ] Mein Herr, erbarme Dich ihrer (ebenso mitleidig),


wie sie mich als Kleines aufgezogen haben." (17:24)

Darüber hinaus sollte man nach ihrem Tod damit


fortfahren, Allah für seine Eltern anzuflehen, da der Tod die
Verrichtung der Taten in diesem Leben beendet. Trotz
dessen ist es möglich, dass die Liste der guten Taten der
Eltern auch nach ihrem Tod fortgesetzt wird, vorausgesetzt
ihre Kinder verhelfen ihnen dazu. Der Tod ist der Beginn
einer langen einsamen Reise, auf der man ausreichend
Proviant braucht, und nur eine der folgenden drei Dinge
können diese Reise erleichtern. Der Gesandte Allahs \,;~ &
sagte:

100
» ,,Die Taten werden nicht mehr gezählt, wenn jemand
stirbt, außer in drei Fällen: durch eine anhaltende Spende,
Wissen von dem profitiert wird und einem rechtschaffenen
Sohn, welcher für ihn (Allah) anfleht." « (Überliefert bei
Muslim)

Abu Hurayrah ·~ sagte:

» ,,Eines Toten Stufe erhöhte sich nach seinem Tod, da


fragte er Allah: ,Oh Herr! Wieso ist dies geschehen?' Allah
antwortete: ,Dein Sohn hat (Mich) darum gebeten, dir zu
verzeihen."' « (Überliefert bei Ibn Majah)

Folglich ist das Bitten Allahs u-'f.f für die Eltern eine der
besten Taten, die ein Muslim für seine verstorbenen Eltern
tun kann:

,,Mein Herr, vergib mir und meinen Eltern[ ... ]." (71:28)

Und Er a,>, sagt:

,,[ ... ] Mein Herr, erbarme Dich ihrer (ebenso mitleidig),


wie sie mich als Kleines aufgezogen haben." (17:24)
101

(
Allah erhört das Bittgebet für die Eltern zu Ihm, denn es ist
wie eme Schuld, die abgetragen wird und eine
Anerkennung für die Gunst, welche man erfahren hat.
Demzufolge sollten Muslime Allah oft darum anflehen,
dass Er ihren Eltern vergibt, ganz besonders, wenn sie
bereits verstorben sind, da sie gerade dann in ihren
Grabstätten auf Güte angewiesen sind, wo sie der Prüfung
der Wiedervergeltung ausgesetzt sind. In diesen
Augenblicken bereuen die Eltern jeden verschwendeten
Moment in ihrem Leben und trauern wegen der wenigen
guten Taten, die sie verrichtet haben. Auf Allahs
Barmherzigkeit allein hoffen sie. Deshalb geraten die Eltern
in Verzückung, wenn ihrem Tatenbericht noch eine gute
Tat auf Grund ihrer Kinder hinzugefügt wird, ähnlich eines
Regens, der auf ein ausgetrocknetes Stück Land niederfällt
und es sich erneut (vor Leben) wieder erhebt..

Malik Ibn Rabi'a As-Sa'idi sagte:

» ,,Als ich einmal mit dem Gesandten Allahs it zusammen


saß, kam ein Mann von den Ansar zu ihm Vi'i und fragte
""'
ihn ~: ,Oh Gesandter Allahs! Gibt es nach dem Tod
meiner Eltern irgendeine Form des Birr, welchen ich ihnen
entgegenbringen kann?' Der Prophet ~; erwiderte: ,Ja, es
gibt vier Arten: 1. Bete (zu Allah a,;i, dass Er mit ihnen
barmherzig ist) und bitte Ihn ifJ?. um Vergebung für sie. 2.
Erfülle ihre Versprechen (Vertr~ige oder auch ihren letzten
Willen), 3. Sei großzügig mit ihren Freunden, 4. Pflegt die
Verwandtschaftsbande, da sie erst durch deine Eltern zu
102
deinen Verwandten geworden sind. Dies sind die Formen
des Birr, welche du ihnen nach ihrem Tod entgegenbringen
sollst." « (Überliefert bei Ahmad, Abu Dawud und Ibn
Majah)

Deshalb bleibt auch die Verbindung zu den Eltern über


deren Tod hinaus bestehen. Das Bitten Allahs um
Verzeihung und Barmherzigkeit für sie, die Erfüllung ihres
letzten Willens, die Ehrung ihrer Freunde und die Wahrung
der Verwandtschaftsbande sind alles Wege in diesem
Unterfangen. Tut man dies, erntet man das Wohlgefallen
Allahs und lässt seinen Eltern auch noch nach ihrem Tod
Nutzen zukommen, so Allah es will. Ganz sicherlich ist
derartiges Verhalten ein Zeichen für einen ehrenvollen
Charakter und ein Ausdruck guten Benehmens, denn das
entspringt der Erinnerung an all die Gunst und
Zuwendungen, welche man von den Eltern erfahren hat.
Ebenfalls kann gesagt werden, dass derjenige, der großzi.igig
mit denjenigen (wer auch immer) ist, die ihm eine Gunst
erwiesen haben und zeitgleich der Auffassung ist, dass er die
Gunst nicht mit Gleichwertigem erwidert hat, am ehesten
denjenigen entsprechen, die pflichtbewusst und großzügig
handeln. Dies trifft in besonderem Maße zu, wenn es sich
um Kinder im Umgang mit ihren Eltern handelt, denn sie
sollten sich stets darüber gewiss sein, dass sie es den Eltern
nicht auf annähernd ausreichende Weise wiedervergelten
können, denn sie haben die Anforderungen des Birr mit
den Eltern nicht vollends erfüllt. Wenn sie sich
dementsprechend verhalten (indem sie die Ungenügsamkeit

103

(
in dieser Sache eingestehen) erkennen sie an, dass sie immer
in der Schuld der Eltern stehen werden.

Hier sind ein paar Beispiele des herausragenden Charakters


der Salaf im Umgang mit ihren Eltern. Als Umm Iyas Bin
Mu' awiyyah verstarb, weinte dieser und wurde nach dem
Grund. seines Weinens befragt? Er sagte:

» ,,Zwei Türen des Paradieses hatten sich vor mir geöffnet,


die eine hat sich heute für mich geschlossen." ((

Rifa' ah Bin lyas sagte:

»,,Ich sah Al-Harith Al-Ukli, wie er den Trauerzug seiner


Mutter begleitete und dabei weinte. Er wurde gefragt:
,Warum weinst du?' Er sagte: ,Warum sollte ich denn nicht
weinen, wenn sich eine Tiir des Paradieses heute für mich
verschlossen hat"' ((

Amir Bin Abdullah Bin Az-Zubayr sagte:

» ,,Ich bat Allah um Vergebung für meinen Vater für ein


ganzes Jahr nach seinem Tod." 63 (<

Abdullah Ibn Umar ..:.¾,


,,h:~
ist uns ebenfalls ein vorbildliches
Beispiel dafür, wie man als rechtschaffenes Kind sein soll

61 ßirr u!-W;11idayn, von Ibn Jauzi, S. 78

104
und dafür, wie man seine Eltern, ihre Freunde und
Verwandten ehrt. Abdullah Bin Dinar berichtete:

)) ,,Abdullah Ibn Umar &~t kam einmal auf seinem Weg nach
Makkah an einem Mann vorbei. Er grii.ßte ihn und half
ihm auf seinen Esel. Er schenkte dem Mann auch einen
Turban, den er eben noch trug. Da sagte ich zu Umar:
,Möge Allah dich rechtleiten. Er ist ein Beduine und sie
sind mit weniger als dies zufrieden.' Abdullah Ibn Umar ~
sagte: ,Der Vater dieses Mannes war ein Freund von Umar
4\-5,i und ich hörte den Gesandten Allahs ö>, sagen; ,Die beste
,,.......... "~

Form des Birr ist der großzLi.gige Umgang mit den


Freunden des Vaters."' « (Überliefert bei Muslim)

An dieser Stelle sollten wir zudem erw~Ürnen, dass zum Birr


auch der Besuch ihrer Gräber gehört, ohne allerdings
deswegen extra eine Reise zu unternehmen.

105
Liebe Brüder und Schwestern!

Begebt euch in die Gesellschaft von rechtschaffenen


Menschen und nehmt euch davor in Acht, euch Leute zu
Freunden zu nehmen, die schlecht im Umgang mit ihren
Eltern sind. Solche „Freunde" sind lediglich wie ein
Trugbild, eine Idee ohne Substanz und Wert. Sicherlich
sollten also diejenigen um Allahs Willen abgelehnt werden,
die den Uquq mit den Eltern praktizieren und die, die die
Familienbande brechen und nicht zu Freunden genommen
werden. Man sollte sich nicht von ihren sanften Worten
täuschen lassen, denn sie gehören gewiss nicht zu den
Leuten des Birr, die die Gefahrtschaft ehren und die
Freundschaft respektieren.

Ein weiser Mann sagte einmal:

» ,,Befreundet euch nicht mit demjenigen, der dem Uquq


verfallen ist, denn ein solcher kann eurer Beziehung
gegenüber niemals treu sein, da er doch den Uquq mit
denjenigen praktiziert, die über mehr Anrecht auf ihn
verrugen
C-•
als 1'h r. «64 «

Liebe jungen Männer und Frauen, dies ist ein Rat, den
Allah Jlif an euch alle von über dem siebten Himmel herab
gesendet hat und in Seinem edlen Buch, dem Qur' an und
in der Sunnah Seines letzten Gesandten ,>i,1; bewahrt. Blickt
~Y'

61 ßirr ul-Walidayn, von Ibn Jauzi, S. 63

106
auf eure Eltern, wie alt sie geworden sind, ihre Rücken
mehr und mehr gebeugt, und ihre Glieder allmählich zu
zittern beginnen. Es füllt ihnen schwer zu sitzen oder zu
stehen und oft gelingt ihnen dies nur mit Hilfe. Sie sind
Krankheiten und Gebrechen erlegen, deshalb befolgt den
Befehl Allahs und Seines Gesandten -i~. Seid mild und
nachsichtig mit euren Eltern und haltet die Rechte, die sie
iiber euch verfügen, ein. Küsst ihre Stirn und vergießt
einige Tränen in Mitleid und aus Zuneigung zu ihnen, auf
dass sich Allah ihrer Erbarmen möge und euch für eure
Ungenügsamkeit in der Erfüllung ihrer Rechte verzeiht.

""' ~i ~_,_,
.,
\~\;

107
(

„Und Wir haben dem Menschen anbefohlen, gegen seine


Eltern gütig zu sein. Seine Mutter trug ihn mit Widerwillen,
und mit Widerwillen brachte sie ihn zur Welt. Und ihn zu
tragen und ihn zu entwöhnen erfordert dreißig Monate, bis
er dann, wenn er seine Vollkraft erlangt und vierzig Jahre
erreicht hat, sagt: "Mein Herr, sporne mich an, dankbar zu
sein für Deine Gnade, die Du mir und meinen Eltern
erwiesen hast, und (sporne mich an,) Rechtes zu wirken,
das Dir wohlgefallen mag. Und lass mir meine
Nachkommenschaft rechtschaffen sein. Siehe, ich wende
mich zu Dir; und ich bin einer der Gottergebenen." Das
sind die, von denen Wir die guten Werke annehmen, die sie
getan haben, und deren üble Werke Wir übergehen. (Sie
gehören) zu den Bewohnern des Paradieses -in Erfüllung
der wahrhaftigen Verheißung, die ihnen verheißen
wurde." (46: 15-16)

Oh Allah! Vergib uns und unseren Eltern und lass ihnen


wegen uns großen Lohn zureilwerden. Oh Allah! Erhebe sie
in Rangstufen, steigere ihre Position und rechne ihnen jede
Mühe und Schwierigkeit als Sühne fi.ir ihre Fehler an und
lass sie ein Mittel dafür sein, dass sie in Rangstufen erhöht
108
werden. Oh Allah! Lass sie in die höchste Stufe des
Paradieses eintreten und versammle sie gemeinsam mit den
Propheten, den Wahrhaftigen und den Märtyrern - welch
vorzi.igliche Gesellschaft, Amin.

Zwei Beispiele des Birr mit den Eltern

1. » Abdullah Ibn Umar 4


~
t,!. berichtete, dass der Gesandte
Allahs ~' sagte: ,,,Eine Gruppe von drei Männern reiste
durch das Land, als es plötzlich zu regnen begann. In einer
Höhle im Berg suchten sie vor dem Regen Schutz. Da
stürzte ein großer Felsblock vom Berg herab und versperrte
ihnen den Ausgang der Höhle. Die einen sagten zu den
anderen: Lasst uns Allah, den Erhabenen, anrufen, in dem
wir von den guten Werken, die wir jemals um Allahs Willen
vollbracht haben, berichten, denn Allah möge uns dafür
den Weg aus dieser Höhle öffnen! Einer von ihnen erzählte:
0 Allah, ich hatte sehr alte Eltern und eine Ehefrau und
kleine Kinder. Ich war als Hirt tätig und versorgte sie.
Wenn ich die Tiere zurückführte, molk ich sie und brachte
zuerst meinen Eltern die Milch. Sie tranken, bis sie genug
hatten. Dann erst gab ich meinen Kindern von der Milch.
Eines Tages musste ich zu einem weitentfernten Ort gehen,
um eine Weide zu finden. Deshalb kehrte ich erst am
Abend zurück. Als ich nach Hause kam, schliefen meine
Eltern bereits. Ich molk die Tiere, wie ich es jeden Tag tat,
und stand mit dem Milchgef:'iß vor ihnen. Es widerstrebte
mir, sie aufzuwecken. Aber es widerstrebte mir auch, den
109
Kindern Milch vor ihnen zu geben. Meine Kinder klagten
( über ihren Hunger, ich aber gab ihnen nichts. Wir blieben
so, bis die Morgendämmerung aufbrach. 0 Allah, wenn Du
weißt, dass ich dies nur im Streben nach Deiner Gunst
getan habe, dann öffne uns den Weg aus dieser Höhle,
sodass wir den Himmel wieder sehen können! Da bewegte
der Felsblock sich ein wenig zur Seite, dass sie den Himmel
sehen konnten. Der andere erz1ihlte: 0 Allah, mein Gott,
Du weißt, ich hatte eine Kusine väterlicherseits, die ich
liebte, wie ein Mann eine Frau nur zu lieben vermag. Ich
begehrte sie und sie sagte, sie wi.irde meinem Verlangen nur
nachkommen, wenn ich ihr hundert Goldstücke gäbe. Ich
musste viel arbeiten, bis ich das Geld zusammenhatte. Und
dann war ich dabei, mit ihr zu schlafen, aber sie rief: 0
Diener Allahs, fürchte Allah und halt ein! Nimm mir meine
Unschuld nicht auf unrechte Weise! Da stand ich auf und
ging. 0 Allah, wenn Du weißt, dass ich das nur im Streben
nach Deiner Gunst getan habe, dann gib uns den Weg aus
dieser Höhle frei! Da bewegte sich der Fels noch ein wenig.
Der dritte Mann erzählte: 0 Allah, Du weißt, ich
beschäftigte einmal einen Lohnarbeiter, und sein Lohn
betrug einen Faraq (ein Gewichtmaß) Reis. Als er mit seiner
Arbeit fertig war, verlangte er seinen Lohn von mir. Als ich
ihm seinen Lohn geben wollte, wollte er ihn aber nicht
annehmen. Da nahm ich diesen Reis, säte ihn ein und
erntete, bis ich vom Ertrag schließlich einige Kühe und
einige Hirten kaufen konnte. Eines Tages kam dieser
Lohnarbeiter zurück und sagte: Fürchte Allah und gib mir
meinen Lohn! Ich sagte: Diese Kühen und die Hirten dort
gehören dir! Er sagte: Fürchte Allah und mache dich nicht
110
über mich lustig! Ich sagte: Nein, ich rede im Ernst. Du
kannst sie jetzt nehmen. Der Mann nahm sie und ging weg.
0 Allah, wenn Du weißt, dass ich dies nur im Streben nach
Deiner Gunst getan habe, dann gib uns den Weg aus dieser
Höhle frei! Da rollte der Fels völlig zur Seite. "' 65 «

2.» Abu Hurayrah, .... berichtete, Juraij (einer der Kinder


-0\i,
~

Israels) widmete sich dem Dienste Allahs in einer


Einsiedelei. Einmal kam seine Mutter zu ihm. Humaid (ein
späterer Überlieferer) sagte: ,Abu Rafi' (ein spätere
Überlieferer) beschrieb uns, laut Abu Hurayrah, laut dem
Gesandten Allahs ~ wie ihn seine Mutter rief. Sie legte ihre
Handfläche auf ihre Augenbraue und hob den Kopf, um
ihn zurufen. Sie sagte: 0 Juraij, das ist deine Mutter. Sprich
mit mir! Zu dieser Zeit war er mit dem Gebet beschäftigt.
Er sagte (zu sich selbst): 0 mein Herr, das ist meine Mutter.
Sie ruft mich, während ich das Gebet verrichte. Was soll ich
tun? Er entschied sich aber für das Gebet. Sie ging weg,
kam aber später und rief ihn ein zweites Mal: 0 Juraij, das
ist deine Mutter. Sprich mit mir! Er sagte (zu sich selbst): 0
mein Herr, das ist meine Mutter. Sie ruft mich w:i.hrend
meines Gebets. Was soll ich tun? Er entschied sich aber
wieder für das Gebet. Da sagte seine Mutter: 0 mein Herr,
das ist Juraij, mein Sohn. Ich wollte mit ihm sprechen, aber
er antwortete mir nicht. 0 Allah, lass ihn aber nicht sterben,
bevor er die Huren sieht! Der Prophet sagte weiter: Hätte
seine Mutter darum gebeten, dass er verführt wtirde, dann

65 Qucllc: Al-ßayan Hadithsammlung, Hadith # 1568

111
wäre er verführt worden. Ein Schafhirt aber pflegte, in
(
dieser Einsiedelei zu übernachten. Es geschah, dass eine
Frau aus diesem Dorf mit dem Hirten Unzucht trieb,
sodass sie schwanger wurde und später ein Kind gebar. Die
Leute des Dorfes sagten zu ihr: Von wem ist dieses Kind?
Sie erwiderte: Es ist von demjenigen, der in dieser
Einsiedelei lebt. Sie gingen zu ihm mit ihren Hacken und
Schaufeln. Als sie ihn riefen, war er mit dem Gebet
beschäftigt. Daher sprach er zu ihnen nicht. So fingen sie
an, seine Einsiedelei niederzureißen. Als er das sah, ging er
(erstaunt) zu ihnen. Sie sagten aber: Frage diese Frau! Er
aber tichelte, strich dem Säugling übers Haar und fragte es:
Wer ist dein Vater? Der Säugling erwiderte: Mein Vater ist
der Schafhirt. Als die Leute diese Antwort hörten, sagten sie
ihm (Juraij): Wir sind bereit, den Teil von deiner
Einsiedelei, den wir niederrissen, mit Gold und Silber
wiederaufzubauen. Er aber sagte: Nein, baut ihn aber nur
mit Ton, wie er war, wieder auf. [... ]" « (Überliefert bei Al-
Bukhari in seinem Al-Jami' As-Sahih)

112
I ), , , ,,, 1 I ,, • II I

Eltern
„Der gütige Umgang mit den I i llern" ist der Titel eines
·ehr au r·e hluss rcichcn Biieh lei ns des /\ ulors
/\bd ul-M alik A l-()as i rn, einem bekannten Gelehrten
der Religion und ei nen ausgewiesenen J·:xperten der
arnb ischen Sprache. Der gü tige Umga ng m it den !Jtern
und der· Ve rwa ndtsc haft ist i111 Islam vo r1 gröl.lt cr
W ichti gke i t. Der Islam ist der gröl.\te Vorzug den A ll ah
dem Menschen /u tei l ko 111n1c11 ließ. /\ l lah hat die
Menschen dun: h der1 h la111 mit einem Rege l we rk
au gest alt et, we lche, j edem M itg l icd der Gc rm: i 11scha J"i
(d er Merl',c hht: it) se in ihm /. ustehendes Rec ht gt:wfüirl
und dies in ga n1. besonderem Maße. den Litern
und den Ve rwa ndten. l 11 za hlreichen Verse n des () ur 'an
und in t:ben,o viele n /\ had it h ( A us~prüchcn des
Propheten ~ ). sow ie wei.-c r1 /\ ussagen der Sa lal; w ird
der Mu ·lirn dazu angc halt en sc ine/ihre J:ltcrn
wc rtzusc hiitzen und da;:u au lge f"o rdert sie zu
respek l ieren.

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