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Was ist Kultur?

Was ist “Kulturkompetenz”?


Was ist“interkulturelle
Kompetenz” bzw.
„interkulturelle
Kommunikation“?
Die Kultur-Wende (cultural turn)
Fremde Kulturen waren schon immer attraktives
Forschungsfeld, ABER:
•Die Globalisierung brachte vielfältige Kulturkontakte hervor;
das besondere Interesse für kulturelle Unterschiede intensivierte
sich jedoch erst dann, wenn daraus Konflikte mit
wirtschaftlichen Folgeschäden, soziale Probleme etc.
entstanden.
•Deshalb fokussierte man sich erneut auf die Kulturproblematik
unter den gegenwärtigen Bedingungen (besonders stark
ausgeprägt nach den 90-er Jahren – daher der Begriff der
Kultur-Wende)
Mehrdeutigkeit des
Kulturbegriffs
• Etymologie • Mehrdeutigkeit
Latein: cultura = Bearbeitung; Allgemeinsprache;
Pflege; Ackerbau (von colere
Landwirtschaft, Gartenbau,
„wohnen“, „plegen“, „den Acker
Forstwirtschaft; Medizin,
bestellen“
• Definition Biologie
Kultur ist im weitesten Sinne alles, • Verwendung (Unterrichtsrelevanz)
was der Mensch selbst gestaltend a) Deskriptiv (beschreibend)
hervorbringt, im Unterschied zu
b) Normativ (vorschreibend)
der von ihm nicht geschaffenen
und nicht veränderten Natur. • Komplexität
a) Horizontale Gliederung
b) Vertikale Gliederung
Traditionelle Auffassung
• Kultur ist traditionell der Oberbegriff für
die materiellen und geistigen
Errungenschaften der Menschheit im Laufe
ihrer geschichtlichen Entwicklung.
• Diese Auffassung schlägt sich in den
Lehrwerken und anderen
Unterrichtsmaterialien nieder (meist durch
die Vermittlung deklarativer Kenntnisse).
Materielle Kultur
• Architektur, Denkmäler
• Landschaftsgestaltung
• Wohnungseinrichtungen
• Gebrauchsgegenstände
• Verkehr (Verkehrsmittel, Regeln)
• Werkzeuge, Geräte
• Kleidungs- und Schmuckstücke
• Esskultur etc.
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In den Lehrwerken werden diese Kulturausprägungen
thematisiert und in der Regel mit einer Akzentsetzung auf
deklarative Kenntnisse im FU vermittelt.
Geistige Kultur
• Literatur
• Bildende Kunst
• Musik, Ballett
• Kino, Theater
• Wissenschaft
• Technologien
• ........
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Die Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der geistigen
Kultur erlaubt tiefere Einblicke in die Kultur der
anderen und bietet die Möglichkeit, neben Faktenwissen
auch soziokulturelle Kompetenzen zu vermitteln.
Weitere Differenzierungen des
Kulturbegriffs: Kultur - horizontal
• Kulturen nebeneinander
Hinweise auf verschiedene nationale bzw. regionale Kulturen
(deutschsprachige Länder: gewisse Dysbalance bei der Darstellung)
• Subkulturen innerhalb einer Kultur
Verschiedene soziale Gruppen, verschiedene Altersgruppen,
verschiedene Lebensbereiche
• Hybride Kulturen
Verschmelzung von Kulturen
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Problemfelder: Akzent auf eine dominierende nationale Kultur; oft
mangelnder Bezug auf die Ausgangskultur der Lerner
Fokussierung auf die Subkultur der Jugendlichen;
Globalisierung schafft unerwartete Konstellationen
Kultur - vertikal
• Gliederung innerhalb von Subkulturen, z.B.
Esskultur
Speisen Geräte Rituale
Produkte zur Zubereitung.. Auftragen...
Zubereitung Kommunikation
Essensaufnahme
Beispiel Sprache als Element der Kultur
Sprache
Subsysteme

Laute, Prosodie / Grammatischer Aufbau /Versprachlichung der


Umwelt /Schrift
Sprechtempo Wortbildung Verbalisierungs- Lateinschrift
Intonation, Versprachlichung muster
Satzmelodie der Zeit
Satzstruktur
Vergleiche mit:
der Muttersprache;
mit anderen Substandards (Dialekte, nationale Standards)
Neue Bedürfnisse
• Das Zusammenleben und die
Zusammenarbeit von Vertretern
verschiedener Kulturen mussten
notgedrungen zu neuen, erweiterten
Interpretationen des Kulturbegriffs führen.
Kulturbegriff nach G. Maletzke
10 Merkmale, die für die sozialen, politischen und
wirtschaftlichen Kontakte zu berücksichtigen sind:

National-
charakter
Wahrneh-
soziale
mung der
Beziehungen
Umwelt

Verhal-tens-
Zeit-erleben
muster

Kultur

Werte Raum-erleben

nonverba-le
subjekti-ves
Kom-munika-
Denken
tion
Sprache
Zu einigen Aspekten der
erweiterten Kultur-Auffassung:
Sprache als Kulturmarker
•Versprachlichung der Welt (Relevanz dessen,
was die Sprache zum Ausdruck bringt und was
sie „verschweigt“)
•Nationale Substandards, Dialekte,
Gruppensprachen, Varianten
•Konventionen im Sprachgebrauch
•Sprachenregelung (z.B. in der Schweiz)
Zu einigen Aspekten der
erweiterten Kultur-Auffassung:
Die gemeinsame Sprache Deutsch(?)
Nationale und regionale Substandards (BRD, Österreich,
Die Schweiz, Liechtenstein; Regionen in anderen Ländern
mit deutschsprachiger Bevölkerung), die sich auf Momente
beziehen wie:
•Aussprache, Intonation
•Lexik
•Grammatik
•Textaufbau
Zu einigen Aspekten der
erweiterten Kultur-Auffassung:
Die nonverbale Kommunikation
Für die Wahrnehmung einer Äußerung ist das
Nonverbale sehr wichtig. Es impliziert:
In der mündlichen Kommunikation
•Körpersprache
•Intonation, Prosodie
•Dresscode...
In der schriftlichen Kommunikation
•Visualisierungsmittel
•Typographie
Zu einigen Aspekten der
erweiterten Kultur-Auffassung:
Spezifik der Körpersprache
•Nicken und Kopf schütteln
•Auf Distanz achten
•Begrüßungsrituale (Die Hand reichen, Handkuss...)
•Blickkontakt
•Sprache der Hände
•Körperhaltung

Kontaktarme und kontaktreiche Kulturen


Zu einigen Aspekten der
erweiterten Kultur-Auffassung:

Zeiterleben

Zeit ist wichtig

Pünktlichkeit Vergangenheitsbewusst zukunftsorientiert


Zu einigen Aspekten der
erweiterten Kultur-Auffassung:

Raumerleben

• Territorium • Raumerleben
• Geographie (welche dimensionalen
Vorstellungen hat die
jeweilige Kultur)
Zu einigen Aspekten der
erweiterten Kultur-Auffassung:

Symbole
• Staatssymbole • Farben
• Religion • Gegenstände
• Tabus
Zu einigen Aspekten der
erweiterten Kultur-Auffassung:

Nationalcharakter
• Positive Selbst- und Negative Selbst- und
Fremdeinschätzung Fremdeinschätzung

Gefahr: Stereotypen
Zu einigen Aspekten dier
erweiterten Kultur-Auffassung:

Wertesystem
• Kollektivistische oder
individualistische Kulturen
• Werteskala (z.B. Hierarchie in
der Gesellschaftsstruktur,
Toleranz u.a.)
Zu einigen Aspekten der erweiterten
Kultur-Auffassung:

Gesellschaftliche Organisation
• Staatsaufbau
• Parteiensystem
• Nichtregierungsorganisationen
• Zivilgesellschaft (Verantwortungsbewusstsein)
• Etc.
Zu einigen Aspekten der
erweiterten Kultur-Auffassung:

Geschichte
Gemeinsame Erlebnisse
Höhepunkte
Schicksalsschläge
Historisch relevante Personen
Weltbekannte Persönlichkeiten
Kultur-Kompetenz oder das
notwendige deklarative Wissen
• Die Unterrichtsmaterialien im FU sollen deklarative Kenntnisse
vermitteln (Faktenwissen)
vgl. Vorgaben zum Thema Architektur (11.Klasse, B1-B2) -
Architekturgeschichte:
Antike (Porta Nigra in Trier)
Klassizismus (Das Brandenburger Tor)
Historismus (das Schloss Neuschwanstein, der Berliner Dom, dasUlmer Münster, der Kölner Dom)
Zeitgenössische Strömungen (das Hundertwasserhaus)
Was fällt negativ auf:
 Ausschleißlich Bauwerke in Deutschland
 Kein Bezug auf die Ausgangskultur
 Dominanz der deklarativen Kenntnisse; die interkulturelle Kommunikation bleibt
auf der Strecke
Aber: die interkulturelle Kompetenz ist
integrativer Teil des DaF-Unterrichts

http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/
LS/BP2016BW/ALLG/SEK1/F1/LG
Was ist die interkulturelle
Kompetenz?
Interkulturelle Kompetenz beinhaltet Interagieren,
gemeinsames Handeln mit Vertretern verschiedener
Kulturen. Sie setzt auch erfolgreiche
Kommunikation voraus.
Beispiel: Verhaltensweisen beim Kritisieren
Angemessenes Verhalten bedeutet für manche direkte
und offene Kritik; für andere wirkt das als
Beleidigung, was die Kommunikation beeinträchtigt.
Interkulturelle Kommunikation
Die erfolgreiche interkulturelle Kommunikation
setzt Kenntnis über die sichtbaren und
unsichtbaren Kulturunterschiede voraus
(veranschaulicht durch die Eisberg-Metapher)
Ein Beispiel:
Dass Bulgaren bei negativer Antwort den Kopf anders bewegen,
ist ein sichtbarer Unterschied. Dass aber ein bulgarisches „Nein“
oft keine endgültige Verneinung ist, gehört zu den unsichtbaren
Unterschieden in der Kommunikation mit Deutschen.
Beispiele aus der Forschung:
Vgl. Forschungsfelder einer interkulturellen Grammatik (Traoré
2008: 77-78) mit den Hinweisen auf die kulturspezifische Ausprägung
von Sprachhandlungen wie:
•Komplimente machen
•sich bedanken
•sich entschuldigen
•begrüßen
•sich verabschieden
•einladen
•absagen
•widersprechen
•bejahen oder verneinen.
Es handelt sich um kommunikative Kategorien, die in jeder Kultur
vorhanden sind, aber kulturspezifisch gewichtet und gedeutet werden.
Die interkulturelle Kompetenz
integriert in sich auch Nonverbales:
Neben Verbalisierungsmitteln  sind auch nichtsprachliche
Aspekte berücksichtigen, z.B. beim Begrüßen (vgl. Traoré
2008: 79).
•Wie nahe kommt man sich ?
•Welche körperlichen Kontakte gibt es?
•Küssen sich Männer, umarmen sie sich sich?
•Wie zeigen sich Rollenverhältnisse?
•Wie lange dauert das Begrüßen? usw.
Zurück zum Thema Architektur:

Eine Idee zur Ergänzung der Kulturkompetenz


um interkulturelle Kompetenz:
Um neben Faktenwissen auch interkulturelle
Kompetenz zu fördern bedarf es
Aufgabenstellungen, die
•die Kommunikation fördern
•die Ausgangskultur mit berücksichtigen
Vorschlag 1: Regional gefärbte Kommunikation
Sie begleiten als Dolmetscher eine Gruppe bulgarischer
Touristen bei einer Reise in Deutschland, Österreich und der
Schweiz. Sie haben eine Führung beantragt.Der Reiseleiter
kommt. Wie werden Sie ihn begrüßen? Wählen Sie die
passende Begrüßung:
1.Grüß Gott!
2.Guten Tag!
3.Grüezi!
A) Sie möchten den Kölner Dom besichtigen.
B) Sie sind im Kloster St. Alban in Basel angekommen.
C) Bald soll die Besichtigung in Stephansdom beginnen.
Vorschlag 2: Bezug zur Ausgangskultur
Projektarbeit
Porta Nigra ist ein römisches Stadttor und das Wahrzeichen
der Stadt Trier.
Auch in Bulgarien sind Reste aus der römischen Zeit zu
besichtigen, z.B. die Stadtmauer in Hisarya und die „Kamele“,
wie das dort erhalten gebliebene Stadttor genannt wird.
Finden Sie im Internet Informationen über diese
Sehenswürdigkeit und schreiben Sie einen kurzen Text unter
dem Bild.
Diskussion über ein Lehrbuchbeispiel
und einige weitere Vorschläge:
Lektion 2 Hast du Worte; M4 Sag mal was! (S.32 – 37) Aspekte junior, B2-
1; Kursbuch, Klett Verlag
Dialekte (Schwerpunkt Sprache – Kultur - Kommunikation)
Als Einstieg: Dialekte im eigenen Land, Dialekte in Deutschland; Hörprobe;
Lesetext mit Aufgaben;
Diskussion mit angeführten Sprachmitteln (Zustimmen/Ablehnen, eigene
Meinung, Beispiele als Argumente anführen)
Schreiben: Reaktion auf 2 Texte „Karrierebremse Dialekt“ mit Hinweisen
zum SA
Porträt LaBrassBanda Moderne Blasmusik aus Bayern (mit anschließender
Aufgabe zur Recherche: Infos über Personen, die für das Thema
Kommunikation interessant sind.

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