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Börsen-Zeitung, 6.7.2013
Mehr als drei Netzeingriffe pro Tag waren2011notwendig,umdasdeut-sche Energienetz stabil zu haltenundumteilweisegroßeStromausfäl-le zu verhindern. Doch kaum etwasfindet in der öffentlichen Wahrneh-mung weniger Beachtung als ein ab-gewendeter Black-out.Nahezu ungebremst schreitet derUmbau des Energiesystems Rich-tung erneuerbare Energien voran.Mittlerweile tragen diese mehr als20% zur deutschen Stromversor-gung bei und bis 2030 sollen sie dieHälfte des benötigten Stroms erzeu-gen. Bereits heute gibt es Tage, andenen die Leistung der erneuerba-ren Energien Deutschland ohne Un-terstützung der fossilen Kraftwerke versorgen kann. Was für die einenals unbestreitbarer Erfolg und Belegfür ein funktionierendes Regelwerk gesehen wird, definieren andere als wachsende Gefahr für den StandortDeutschland.HauptgrundfürdieKri-tik sind neben den sehr hohen Kos-ten auch die Herausforderungen fürdie Versorgungssicherheit sowie diesteigenden CO
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-Emissionen.
Überdurchschnittliche Kosten
Der Ausbau der erneuerbarenEnergien, vor allem der Fotovoltaik,hat den Strompreis in den letztenJahren in standortgefährdende Hö-hen geschraubt. Die Stromkosten fürdiedeutscheIndustrieliegenmittler- weile um rund 19% über demEU-Durchschnitt. Deutsche Haushal-te zahlen sogar durchschnittlichrund 39% mehr als Haushalte in an-deren EU-Ländern.Dass am derzeitigen Gesetzesrah-men Änderungsbedarf besteht, be-streiten heute nur noch die wenigs-ten.Es geht darum,eine ausgewoge-ne Balance zwischen den Zielen derEnergiewende und der Sicherungdes Standorts Deutschland zu schaf-fen.Dazugehörtnebeneinerverträg-lichen Kostenentwicklung auch Ver-sorgungssicherheit. Und letztlichzahlen sich alle Bemühungen nuraus, wenn Deutschland als Nettoex-porteur für Industriegüter, zu denenauch die Energietechnik zählt, wei-terhin auf den Weltmärkten erfolg-reich ist.
Versorgung gewährleisten
Der aktuelle gesetzliche Rahmen verhindert,dass sich das Dreieck ausNachhaltigkeit, Versorgungssicher-heit und Wirtschaftlichkeit wiederschließt. Was ist damit gemeint?Nach aktuellen Berechnungen wer-denim Jahr2030 zwischen 5und 10Gigawatt an flexibler Leistung imSystem fehlen. Diese ist jedoch drin-gendnötig,umbeieinemAusfalldererneuerbaren Energien Stromausfäl-le zu vermeiden und somit Versor-gungssicherheit zu gewährleisten.Im derzeitigen Marktrahmen habenhocheffiziente und CO
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-arme Gas-und Dampfkraftwerke (GuD) aller-dings keine Geschäftsperspektive.Sie werden von den erneuerbarenEnergien und der kostengünstigenKohle aus dem Markt gedrängt.Entsprechend gering ist das Inter-esse, in Gaskraftwerke zu investie-ren. Das hat einerseits zur Folge,dassderzeitdieCO
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-Emissionenstei-gen, obwohl noch nie so viel Stromdurch erneuerbare Energien produ-ziert wurde wie in diesem Jahr. DerGrund: Die Bedarfslücken im Tages-laufdurch dieschwankende Einspei-sung der Erneuerbaren füllen Kohle-kraftwerke,dievongünstigenBrenn-stoffkosten und niedrigen CO
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-Kos-ten profitieren. Bei der-zeitigem Stand wird dasCO
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-Ziel der Energie- wende für 2050 defini-tiv verfehlt. Anderer-seits können mittelfris-tig nur GuD-Kraftwerkedie Versorgungssicher-heit garantieren, die nö-tig ist, wenn der über- wiegende Anteil imStrommix aus erneuer-baren Energien kom-men soll.Bis kostengünstigeTechnologien für Lang-zeitspeicher einsatzfähig sind, umDeutschlandauch übermehrere Wo-chen,etwaineinemwindstillen, ver-schneiten Januar, stabil mit Stromzu versorgen, führt an der hochfle-xiblen und effizienten GuD-Technik kein Weg vorbei, vorausgesetzt, dasCO
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-Ziel soll erreicht werden.
Investitionsanreize setzen
Wir können das positive Potenzialder Energiewende heben, wenn wirdie Regularien des Energiemarkts sogestalten, dass dieser entsprechendeInvestitionssignale an die Akteuresendet. Die Rechnung ist einfach:Geht der Ausbau der erneuerbarenEnergien in der Intensität wie bisher weiter, werden im Jahr 2030 etwadreimal so viel Kapazitäten zurStromerzeugung aus erneuerbarenEnergien installiert sein, wieDeutschland an einem normalenTag benötigt. Das führt an windrei-chen, sonnigen Tagen zu erhebli-chenPreiserosionen,währendumge-kehrt an trüben Januartagen die ge-samte Last zusätzlich durch einenkonventionellen Kraftwerkspark zur Verfügung stehen muss. Wie man esdreht und wendet: Versorgungssi-cherheit bei 90% Anteilder erneuer-baren Energien an der Stromversor-gung bedeutet, dass man zwei paral-lele Kraftwerksparks vorzuhaltenhat: einen aus Wind, Sonne, Wasserund Biomasse sowie einen aus kon- ventionellen Kraftwerken bezie-hungsweise in Zukunft auch ausSpeichern. Verlangsamtmandurcheinintelli-gentes Marktdesign den Ausbau vorallem der Fotovoltaik etwas und be-günstigt dafür Investitionen inGuD-Kraftwerke und die effizienteund stromertragsstarke Offshore-Technik, lassen sich erheblicheKosten einsparen. Bis zum Jahr2030 ergäbe sich in solch einemSzenario ein theoretisches Einspar-potenzial von über 150 Mrd. Euro.Die Strompreise könnten auf demohnehin schon zu hohen Niveauimmerhin „eingefroren“ werden. Wiegesagt: Es geht nicht um ein Endedes Ausbaus der erneuerbaren Ener-gien, sondern vielmehr um einen in-telligenten Ausbaumix, damit Windund Sonne ihr Potenzial auch wirt-schaftlich voll ausspielen können.
Fünf Ideen für den Markt
Dazu braucht man dauerhaftplanbare und verlässliche Rahmen-bedingungen, die ein entsprechen-des Klima für Investitionen schaffen.Entscheidend ist, dass die erneuer-baren Energien künftig auch Verant- wortung für das System überneh-men. Dieser Grundsatz steht hinterunseren fünf Ideen für ein neuesMarktdesign:1. Einspeiseverantwortung: DieProduzenten von Strom aus regene-rativen Energiequellen werden zurDirektvermarktung verpflichtet undmüssen künftig wie alle anderenStromerzeuger auch zuverlässig„nach Fahrplan“ einspeisen. Es ent-steht ein freier Markt für „sicherenStrom“, denn die fluktuierendenErneuerbaren müssen sich für ihre verlässlich angebotene Leistungrückversichern,entwederdurcheige-ne, gesicherte Kapazität oder auf einem Markt für „Residualenergie“,also Optionen auf flexibel zuschalt-bare Leistung. Dort können flexibleKraftwerke und Speicher anbieten.2.Gezielte Technologieförderung:UmdenkünftigenAusbaudererneu-erbaren Energien besser als bishertechnologiespezifisch steuern undzugleich die Kostenentwicklung be-grenzen zu können, werden Einspei-
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Börsen-Zeitung, 6.7.2013
In der deutschen Debattenland-schaft hat sich ein Schlagwort her-ausgebildet, das bei der Wahl desUnwortes des Jahres schon jetztguteChancen aufeinen Spitzenplatzhat:„Fracking“.DerBegriffwird auf-geladen mit Emotionen und Ängs-ten,aber nurmitwenigen Informati-onen versehen. Zu Unrecht: DasSchlagwort sollte eigentlich dazuauffordern, eine versachlichendeund tiefergehende Diskussion übereinesderwichtigstenThemenzufüh-ren, die wir derzeit in Deutschlandund Europa haben: eine wettbe- werbsfähige,langfristigeEnergiever-sorgung.Die Energiedebatte ist zugegebe-nermaßen komplex und nicht sehreingängig – weder in medialer nochpolitischer Hinsicht. Zuspitzungensind davon die logische Folge undeinStandardmittelinder politischenRhetorik. Ebenso ist es natürlich,spontane Bedenken und Gefühle inDebatten einzubringen. Sie sind einTeil von Veränderungs-prozessen und müssendaher Beachtung fin-den. Emotionen dürfenaber nicht bewirken,dass Chancen bereits verworfen werden, be- vor überhaupt fundiertgeprüft wurde, wie aus-sichtsreich diese sind.
Erprobte Methode
Hinter dem Schlag- wort Fracking steht eineMethode,dieinDeutsch-land und Europa seit vielen JahrenzurFörderung vonErdgaseingesetzt wird. Hydraulic Fracturing ist dieSchlüsseltechnologie zur Förderung von Erdgas aus tiefliegenden Lager-stätten mit besonders dichtem Ge-stein. Das so in Deutschland geför-derte Erdgas, sogenanntes TightGas,trägtschonseitmehrals30Jah-ren zur Versorgungssicherheit bei.Erdgas aus Schiefergestein wird hin-gegen derzeit nicht in Europa geför-dert. Um dies zu tun, muss man dasbei uns aus der Tight-Gas-Förderungbekannte und bewährte vertikaleHydraulic-Fracturing-Verfahren miteiner horizontalen Bohrung verbin-den. Nur so lässt sich Schiefergas wirtschaftlich fördern.
Heimische Einbahnstraße
Wer heute in Deutschland Fra-ckingsagt,meintaberzumeistdamitnichtdieMethode,sondernstelltun-terschiedliche Grundüberzeugungen von Energieversorgung gegeneinan-der – der Begriff wird damit zumSammelbecken der Meinungen. Die-se Überzeugungen lassen sich leichtumreißen. Auf der einen Seite gibtes den europäischen Weg: Hierherrscht die Ansicht, dass nur teureEnergie gute Energie ist, weil nur siezumSparenanhält.Inanderen Regi-onen der Welt herrscht genau dieentgegengesetzte Meinung. Außer-halb Europas ist man glücklich, wenn Energie günstig ist, denn sieist ein Treiber für mehr Wettbe- werbsfähigkeit und Wachstum.Seitmehreren Jahrenerlebt Nord-amerikaeinenSchiefergasboom.Sei-neFolgensindbekannt:DerUS-ame-rikanische Gaspreis liegt derzeit beinur einem Viertel bis Drittel deseuropäischen, Nordamerika wird inZukunft unabhängiger von Energie-importen werden, milliardenschwe-re Investitionen der US-amerikani-schen Industrie laufen oder sind an-gekündigt. Hier kommt harte Kon-kurrenz auf die europäische Indus-trie zu.
Technologie per se ist neutral
Doch damit nicht genug. Auch an-dere Länder, wie beispielsweise Ar-gentinienundChina,schauensichih-re Potenziale genau an. Währendman dort interessiert Chancen ab- wägt, läuft Deutschland derzeit Ge-fahr, ein neues technologisches Angstthema zu schaffen. Auf einenGesetzentwurf, der Klarheit über dieRahmenbedingungen gebracht hät-te, konnte sich die Politik bislangnicht einigen. Vielfach wird eingrundsätzliches Verbot gefordert.Das hieße für Deutschland: DieseEnergiequelle wird nur in anderenRegionen erschlossen und wird nurdort Arbeitsplätze schaffen – in derEnergiebranche und auch in nachge-lagerten Industrien wie der Chemie.Eins ist sicher: So reduzieren wir un-sereImportabhängigkeitnicht,auch
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AUS DEM INHALT
Standortsicherungals oberstes Ziel
Von Dr. Michael Süß
 B1Energiegenossenschaftenim Aufwind
Von Dr. Eckhard Ott
 B5Weiter Weg vom Schlagwortzur fundierten Debatte
Von Dr. Harald Schwager
 B1Der Bürgerals Investor
Von Myriam Schilling
 B5Energiewende nicht fürWahlkampf missbrauchen
Von Klaus Josef Lutz
 B2Zukunftsmarkt mitnachhaltigem Renditepotenzial
Von Markus Pimpl
 B6Vom Energie- zumKlimaschutzland Nummer 1
Von Dietmar P. Binkowska
 B3Strommarktliberalisierungnur teilweise geglückt
Von Andreas Hergaß
 B6Herausforderungender Energiewende annehmen
Von Dr. Jörg Zeuner
 B4Asset-Finance-Modelleals Motor der Energiewende
Von Wolf-Rüdiger Stahl
 B7Evolution stattRevolution
Von Georg Müller
 B4Investitionen in effizienteAnlagentechnik lohnen sich
Von Jörn-Erik Mantz
 B8
Von
Harald Schwager
Mitglied des Vorstandsder BASF SE
Standortsicherung als oberstes Ziel
ÄnderungenimRegelwerk für den Energiemarkt sindgefordert –WirtschaftlichesPotenzial von Windund Sonne mit intelligentemAusbaumixheben
Weiter Weg vom Schlagwortzurfundierten Debatte
DerBegriff„Fracking“ wird zueinem Sammelbecken derMeinungen
Energie&Umwelt
Von
Michael Süß
Mitglied des Vorstandsder Siemens AG
Foto: Siemens
Sonnabend, 6. Juli 2013
 Sonderbeilage
 Börsen-Zeitung Nr. 127
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Börsen-Zeitung, 6.7.2013
 Aktuelle Schlagzeilen über den Zu-stand der jungen Solarindustrie er- weckendenEindruck,dieSolarener-gie insgesamt stecke in der Krise.Doch der Eindruck täuscht. Bei allerDramatik für die betroffenen Unter-nehmen leiden im Wesentlichen dieModulhersteller unter den stark sin-kenden Weltmarktpreisen ihrer Pro-dukte. Der Trend zur Solarenergie –als einer Säule unserer künftigenEnergiepolitik und als GeschäftsfeldiminternationalenMarkt–istweiter-hinintakt.DasPotenzialderSolarin-dustrie und der Energiewende alsdeutsches Exportprojekt besteht un- verändert, jedoch erschwert die Un- vorhersehbarkeit des politischenHandelns planvolles wirtschaftlichesHandeln und damit den wirtschaftli-chen Erfolg beträchtlich.
Rahmen muss stimmen
Jüngste Erfahrungen des Bay-Wa-Konzerns als weltweit tätigerHändler von Photovoltaikmodulen,Montage-und Komplettsystemen so- wieInvestorundProjektierervon Er-neuerbare-Energie-Projekten einer-seits wie auch aktuelle Marktstudienandererseits belegen den ungebro-chenenWachstumstrendimSolarbe-reich. So korrigierten beispielsweisedieAnalysten der Deutschen Bank inihrem Marktausblick vom März die weltweite Zubauprognose für Solar-energie auf 30 Gigawatt für 2013 eine um 20% höhere Markterwar-tung als noch einige Monate zuvor –und sie sagen für den Solarsektor ei-nen endgültigen Durchbruch imkommenden Jahr voraus.Trotzdem sieht sich der Solar-markt, wie im Übrigen der gesamteMarkt der erneuerbaren Energien,ständigen Angriffen ausgesetzt,nicht zuletzt zugespitzt in der (vor-erst) gescheiterten Diskussion umdie sogenannte Strompreisbremse.Es zeigt, dass politisch nicht durch-dachte Eingriffe und ständige Ände-rungen gesetzter Rahmenbedingun-gen Verzerrungen auslösen und so-gar Fehlallokationen verursachenkönnen. Auch wenn klar ist, dass ei-neFörderungwiez.B.derjungenSo-larindustrie immer mit dem Ziel ver-bunden war und ist, dass die Unter-nehmen ab einem bestimmten Zeit-punkt ohne Subventionen auskom-men: Der Weg dahin muss von ver-lässlichen Rahmenbedingungen ge-prägt sein.Über das Wie zu diskutieren istnotwendig, aber das Ob dabei stän-dig in Frage zu stellen, ist nicht ziel-führend. Denn permanente Wechsel vonRegeln und Parametern verunsi-chern Wirtschaft und Industrie – mitder Folge, dass sich Geschäftsmodel-le, Investitionen sowie die Technolo-gieentwicklung in die falsche Rich-tung bewegen oder gänzlich unter-bleiben.Dies als „nötiges Übel“ der politi-schen Willensbildung zu betrachten,geht am Problem vorbei: Verlässli-che und bezahlbare Energieversor-gung wird von der Politik scheinbarnicht wirklich ernst genommen, son-dern lieber zu Wahl-kampfzwecken genutzt.Beobachten lässt sich,dass die politische Dis-kussion viel zu häufig vonDogmen,Partikular-interessen und Profilie-rungsbemühungen Ein-zelner geprägt und inkeinerWeiselösungsori-entiert ist. Der Bedeu-tung der Energieversor-gung als wesentlicheGrundlage allen Wirt-schafts- und Gesell-schaftslebens tragen diepolitischen Akteure nicht Rechnung.
Zweifel am Erfolg wachsen
Das hat unter anderem zur Folge,dass Deutschland in Europa undauch international kein überzeugen-des Bild in Energiefragen abgibt.NacheinerUmfragedesWeltenergie-rats (Ergebnisse von April 2013) wachsen die Zweifel am Erfolg derdeutschenEnergiewende.Internatio-nale Experten sind sich inzwischensicher, dass sie die deutsche Wirt-schaft schwächt. Was jetzt erforder-lich ist, um wieder auf Kurs zu kom-men, sind Maßnahmen, mit denensich die Energiezukunft in nachvoll-ziehbarenSchritten,eindeutigenPri-oritäten sowie tragfähigen Parame-ternundRegelnumsetzen lässt. Diessollte im Einklang mit den Einschät-zungen von Wissenschaft und For-schung sowie der Energiewirtschaftund dem Einverständnis von Ver-brauchern geschehen. Eine klare po-litischeFührungistdabeiohneAlter-native.
Europaweit vernetzen
Die Zukunft unserer Energiesyste-me und die Umstellung des Energie-marktes auf regenerative Quellensind langfristig nur gemeinsam mitden europäischen Partnerländern zugestalten. Was national erfolgreichbegonnenwurde,kannindieÜberle-gungeneineseuropaweitvielstärker vernetzten Energiesystems einge-bracht werden. Es wird im Kanon ei-ner zunehmend regenerativen Ener-gieerzeugung und -versorgung im-mer wichtiger, Volatilitäten undSchwankungen über eine größeregeografische Verteilung auszuglei-chen, gemeinsam gesicherte Kapazi-tät(Wind,Solar,Bio-Rohstoffe,Gas) vorzuhalten und entsprechende Fle-xibilitätsoptionen in Europa zu nut-zen.Umdaszuerreichen,sindweite-re Maßnahmen zur Interkonnektivi-tät und Harmonisierung von Förder-programmen in Europa erforderlich.Eine Grundvoraussetzung fürneue Investitionen ist Planungssi-cherheit. (Institutionelle) Investorenstehen bereit, sich im Energiemarktzu engagieren allerdings nur, wenndasRisikoprofil stimmtundei-ne nachhaltige Rendite möglich ist.Eine stabile Dividendenausschüt-tung und langfristige und sichereCash-flowssindKriterien,dieeinEn-gagement für (institutionelle) Anle-ger attraktiv machen. Das ist ange-sichtsderPlanungsvorläufefürGroß-projekte – etwa drei bis fünf Jahrebei Windparks – angemessen. Fin-den Unternehmen keine stabilenRahmenbedingungen vor, dann in- vestieren diese das Geld im Sinne ei-nerabgewogenenRisikodiversifikati-on woanders.Beispiel BayWa: Der Konzern istimVerbundmitseinenTochtergesell-schaften der BayWa r.e. ein soliderund innovativer Partner, wenn esum Planung, Finanzierung, Realisie-rung und den Bau von Windkraft-,Solar- und Biogasanlagen geht. Alsinternationales Unternehmen mitstarken regionalen Wurzeln ist dieBayWa von der Energiewende über-zeugt. Dementsprechend wird aucham Standort Deutschland investiert.DerErfolgsolcher Projektestehtundfällt allerdings mit der Planungssi-cherheit; und Kapital wird vor allemdort investiert, wo diese gegeben ist.Ständiges, oft unvorhersehbaresUmsteuern, wie die diversen Ände-rungen des Erneuerbare-Ener-gien-Gesetzes (EEG), untergrabendasVertrauenderInvestorenundbe-hindern eine neue Energieordnung.Ohne Absprache mit Verbänden,Wirtschaft und Industrie sind Ände-rungen mit weitreichenden Folgenundenkbar und bedrohen unnötigdie Wirtschaftlichkeit von Technolo-gien und Geschäftsmodellen.
Neue Spielregeln am Markt
Mit dem Energiekonzept von2010 definierte die Bundesregie-rung die erneuerbaren Energien alseine „tragende Säule“ der zukünfti-gen Energieversorgung. Wird diesernst genommen, bedeutet das einegrundlegende Transformation unse-resVersorgungs- undVermarktungs-systems für Energie. Das stellt enor-me politische, ökonomische undtechnische Anforderungen, die nurin gemeinsamer Anstrengung undimKonsensjenseitsvonPartikularin-teressen zu lösen sind. Bisher bietetdieganzeStrom-Wertschöpfungsket-te trotz des gesetzlich verankertenEinspeisevorrangs für erneuerbareEnergiennichtdienotwendigenRah-menbedingungen, um einen großen Anteil Energie aus erneuerbarer Er-zeugung zu integrieren bzw. denÜbergang zu einem geeignetenMarktdesign zu ermöglichen.Grundsätzlich ist die BayWa der Auffassung, dass ein neues Marktde-sign den Vorrang für erneuerbareEnergienbeibehaltensollte.AusSon-ne, Wind und Wasser erzeugterStrom ist annähernd grenzkosten-frei, da nicht brennstoffbasiert, sehremissionsarm, er weist kaum laufen-de oder externe Kosten auf und ge-nießt gesellschaftliche Akzeptanz.Die Einführung ist allerdings mithohen Fixkosten (Investitions- undKapitalkosten)verbunden.Daherbe-nötigen erneuerbare Energien geeig-nete, hinreichende und verlässlicheRefinanzierungsmechanismen.Da die Sonne nicht immer scheintund der Wind nicht immer weht,brauchen erneuerbare Energien mitBlickauf einezuverlässigeStromver-sorgungvielfältigeFlexibilitätsoptio-nen zur Überbrückung kurz-, mittel-und langfristiger Angebotslückenund -überschüsse. Für eine längereÜbergangsfrist sind daher weiterhinfossile Kraftwerke notwendig. Dem-entsprechend muss es für Betreiberund Investoren rentabel sein, zumBeispielflexibleGaskraftwerkezube-treiben oder konventionelle Kraft- werke mit neuer, effizienterer Tech-nologie auszurüsten. Außerdem müssen alle Speicher-technologien mit Nachdruck er-forscht und die Speichersysteme fürImmobilien weiterentwickelt wer-den. So kann beispielsweise Biomas-se als gut verfügbare Energieformmit Speichermöglichkeiten vielfälti-ge Flankierungsfunktionen überneh-men. Voraussetzung ist aber auchhiereinenotwendigetechnologischeWeiterentwicklung. Daher solltenauch für die Biomasse hinreichendeundverlässlicheRefinanzierungsme-chanismen und stabile Rahmenbe-dingungen entwickelt werden.
Politik muss klar führen
Die Weichenstellung in Richtungregenerative Energiewirtschaft unddie Finanzierung dieser Umstellung wird weitere Strompreiserhöhungen– zumindest für eine Übergangsfrist– nach sich ziehen. Dies gilt es, dem Verbraucher klar zu kommunizie-ren. Die Energiewende ist nicht kos-tenlos zu haben. Zudem sollte einePolitik, die den Mut hatte, ein Ab-schalten der AKW bis 2020 zu ent-scheiden, ohne genau zu wissen, was danach kommt, auch den Muthaben festzulegen, welche Kraftwer-kefüreineÜbergangsfristzurBereit-stellung der Grundlast bzw. als Stüt-zungsreserve am Netz bleiben sollenund welche abgeschaltet werden.Insgesamt betrachtet umfasst die Arbeit an der Ausgestaltung des zu-künftigenSystemsderEnergieversor-gung ein breites Bündel von Maß-nahmen in Bezug auf die Vergü-tungsmechanismen für die einzel-nen Technologien, die Gestaltungder Märkte und der Marktregeln,aber auch die weiteren Verknüpfun-gen mit der Netzinfrastruktur oderMaßnahmen wie Kraft-Wärme-Kop-pelung.Der Wunsch von Investoren und Akteuren am Energiemarkt an diePolitik ist gerade mit Blick auf dieBundestagswahl einfach: Das The-ma Energiewende sollte nicht für wahltaktische Manöver missbraucht werden. Vielmehr braucht es eineüber das politische Tagesgeschehenhinausgehende Strategie. Spätes-tenswenn der Wahlkampf vorbei ist,sollte die Politik sich an die Arbeitmachen und endlich die Weichenstellen, die wir für eine erfolgreicheEnergiewende brauchen.
Von
Klaus Josef Lutz
Vorsitzender desVorstands derBayWa AG
Energiewende nicht für Wahlkampf missbrauchen
PolitischeDiskussion nicht lösungsorientiert– ZahlreicheMaßnahmen müssennoch getroffenwerden Investoren brauchenPlanungssicherheit
setarife künftig nicht mehr pauschalgarantiert. Innovative Technologienerhalten bis zu ihrer Marktreife eineFörderung, insbesondere auch bezo-gen auf die Standortwahl, und werdendannindenWettbewerbent-lassen.3. CO
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-Begrenzung: Das Europäi-sche Zertifikate-Handelssystem istderrichtigeAnsatz,umeineReduzie-rung der CO
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-Emissionen innerhalbder EU und damit auch in Deutsch-land zu erreichen. Derzeit leidet dasSystemallerdingsunter einemzuge-ringen Preis pro Zertifikat. Ein Preis-korridor mit Ober- und Untergren-zen sowie ein zeitlicher Faktor fürdie Verknappung von ZertifikatenkönntenAbhilfeschaffen.EineAlter-nativewäre,eineaufdenEnergiesek-tor bezogene Flottenregelung einzu-führen. Dabeiwürden Kraftwerksbe-treiberaufeineCO
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-Obergrenzefest-gelegt.4. Fixkosten-Umlage: Die Finan-zierung der Strominfrastruktur er-folgt über die Netzumlage, also überden Strom, den man aus dem Netzbezieht. Der zunehmende Anteil anSelbstversorgern untergräbt jedochdieses Modell. Siemens schlägt da-her eine Entkoppelung der System-kosten vom Strompreis vor. Künftigzahlen alle Konsumenten entspre-chendihrerAnschlussleistungamöf-fentlichen Netz einen fixen Betrag.MitderFixkostenumlage werdendienotwendigen Investitionen zum Sys-temerhalt,wiezumBeispielNetzaus-bau, EEG-Kosten und strategischeReserve, von allen Verbrauchern ge-tragen, die davon auch profitieren.Die Anschlusskosten steigen zwardeutlich,gleichzeitigfälltderStrom-preis aber auch auf rund 12 ct/kWhnach heutigem Stand.5.Versorgungsabsicherung:Bleibtdie Frage, wie man auch im Januar Versorgungssicherheit garantierenkann. Unser Vorschlag: Es wird eineSicherheitsreserve außerhalb desMarktes eingeführt. Diese strategi-sche Reserve besteht aus Kraftwer-ken, die nicht mehr wirtschaftlichamMarkt betrieben werden können.Sie erhalten eine durch eine Auktionbestimmte Ausgleichszahlung und werden nur dann aktiviert, wenn die VersorgungssicherheitoderdieNetz-stabilität akut gefährdet sind. DieFrage nach einem Kapazitätsmarktals dem gesteuerten Ausbau vonKraftwerken mit flexibler Leistungsollte entschieden werden, wenn ab-sehbar wird, wie sich der Markt ent- wickelt.Fünf Punkte, fünf Hebel. Konse-quentumgesetztwürdendieseeinenMarkt beschreiben, der mit einemhohen Anteil an freiem Wettbewerbkostendämpfend wirken würde, oh-nedieZielederEnergiewendezuge-fährden. Vor allem aber würde dasentscheidende Ziel erreicht: Die Si-cherung des Standorts Deutschland.Dann kann die Energiewende zu ei-nem Modell für andere Energiewen-den weltweit werden – mit allenpositiven Folgen für die deutscheExportwirtschaft.
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Standortsicherung als Ziel
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 Börsen-Zeitung Nr. 127
 Sonderbeilage
 Sonnabend, 6. Juli 2013
 
 
Börsen-Zeitung, 6.7.2013
Nordrhein-WestfalenistdasEnergie-landNummer1undwirdsichimZu-ge der Energiewende zum Klima-schutzland Nummer 1 in Deutsch-land entwickeln. Die NRW.Bank un-terstützt diesen Wandel hin zu einerstärker regenerativen und dezentra-len Energiestruktur mit zinsgünsti-gen Fördermitteln und passgenauerFinanzierung – und stärkt so nichtzuletzt den Industriestandort Nord-rhein-Westfalen.
FürdenUmbauderEnergieversor-gung hat die Bundesregierung kon-krete Ziele bis 2050 formuliert:Deutschland will dann mindestens80% seines Stromverbrauchs undmindestens60%desgesamtenEner-gieverbrauchs durch erneuerbareEnergiendecken. Nordrhein-Westfa-len kommt dabei eine wichtige Rollezu. Denn rund ein Drittel aller inDeutschland entstehenden Treib-hausgase wird in NRW emittiert,knapp30%desinDeutschlandbenö-tigten Stroms werden hier erzeugtund fast ein Viertel des deutschenEndverbrauchs an Energie schlägthier zu Buche.
Land der Effizienz-Potenziale
Im Januar hat der Landtag NRWdeshalbeinKlimaschutzgesetzverab-schiedetmitdemZiel,Treibhausgas-emissionen zu verringern, Ressour-cen- und Energieeffizienz zu stei-gern, Energie zu sparen und die er-neuerbarenEnergiensowiedezentra-le Energiestrukturen auszubauen. InNRW soll die Gesamtsumme der kli-maschädlichenTreibhausgasemissio-nensoum mindestens 80%bis 2050 verringert werden, verglichen mitdenEmissionenvon1990.Energieef-fizienz, Energieeinsparung und er-neuerbareEnergien sind die essenzi-ellen Aspekte dieser Entwicklung. Vorangetrieben wird sie von derPolitik, getragen insbesondere vondenUnternehmen.Inihrenbetriebli-chen Prozessen heben diese Effizi-enz- und Einsparpotenziale, steigerndie Energie-, Material- und Ressour-ceneffizienz und – in der Erneuerba-re-Energien-Branche – suchen neueWegezueinernocheffektiverenNut-zung regenerativer Energiequellen.Besondere EffizienzpotenzialegibtesinNRWimBereichKraft-Wär-me-Kopplung (KWK). Laut KWK-Po-tenzialstudie NRW hat Nord-rhein-Westfalen sowohl bei der In-dustrie-KWK als auch bei der Sied-lungs-KWK gute Voraussetzungen,den KWK-Stromanteil bis zum Jahr2020aufüber25%zuerhöhen.Eineentsprechende Förderung ist inNRW zum Jahresbeginn mit demKWK-Impulsprogramm NRW aufge-setzt worden. Dazu gehört auch derNRW/EU.KWK-Investitionskredit:zinsverbilligte Förderdarlehen fürUnternehmen in NRW, die auKraft-Wärme-Kopplung setzen undso zur Reduktion von CO
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-Emissio-nenbeitragen.GefördertwerdenAn-lagen mit einer elektrischen Leis-tungüber50KW.Beieinemgeringe-ren Energiebedarf bietet das LandNRW den NRW/EU.KWK-Investiti-onszuschuss an. Ebenso kann derNRW.Bank.Effizienzkredit zum Ein-satz kommen. Mit ihm vergibt dieNRW.Bankseit2011besonders zins-günstige Darlehen für Investitionen,durch die bestimmte Einsparquotenin den Bereichen Energie, Materialund Ressourcen erreicht werden.
Stark bei den Erneuerbaren
EinweitererwichtigerBausteinne-benderEnergieeffizienzistdieinten-sivereErschließungundnocheffekti- vere Nutzung erneuerbarer Energie-quellen. Eindrucksvolle Zahlen zei-gen, welch große Rolle die Erneuer-bare-Energien-BrancheheutebereitsinNRWspielt: DerAnteilregenerati- ver Energien an der Energiebereit-stellung in NRW versechsfachte sichzwischen 1998 und 2007 und legteauch seitdem weiter zu. Die Umsät-ze innerhalb der Branche stiegen2010 auf etwa 8,3 Mrd. Euro – einPlus von rund 20% im Vergleichzum Vorjahr. Hauptumsatzbringersind der Solarenergiesektor mitknapp 4,2 Mrd. Euro und die Wind-energie-Industrie mit fast 2 Mrd. Eu-ro. Die Beschäftigten-zahl lag 2010 bei rund24500Personen.Aktuel-le Studien weisen dar-auf hin, dass die Zahlder Arbeitsplätze in derErneuerbare-Ener-gien-Branche in NRWunterdengegebenenBe-dingungen im Jahr2020 bei bis zu 45000liegen könnte. GezielteFörderung wird dieseBedingungen stetig ver-bessern. Die Energie- wendewirdsozurunter-nehmerischenChanceundzumInno- vationsmotor und trägt damit auchzur Stärkung des Wirtschaftsstand-orts NRW bei.
Vielversprechender Wind
Immer stärkerrückt in NRW dabeidie Windenergie ins Blickfeld. DennWind ist in diesem Bundesland ein vielversprechender Energieträger:Das in NRW realisierbare Windpo-tenzial beträgt laut Potenzialstudie„Erneuerbare Energien“ des Landes-umweltamtesmitbiszu71Terawatt-stunden mehr als das Doppelte desderzeitigen Stromverbrauchs priva-ter Haushalte in NRW. In NRW sol-len deshalb bis 2020 15% des ver-brauchten Stroms aus Windenergiekommen,bis2025dann30%auser-neuerbaren Energien insgesamt.Und die Fundamente dafür sindgelegt: In Nordrhein-Westfalen sind weltweitdiemeistenGetriebeherstel-ler für Windkraftanlagen ansässig.Die hiesige Windenergiebranche hateinen Weltmarktanteil von rund50%, die Exportquote liegt bei60%. Von den 2007 weltweit errichtetenWindenergieanlagenkamjedeszwei-te eingebaute Getriebe aus Nord-rhein-Westfalen, das weltweit diehöchsteStandortdichtevonGetriebe-herstellern für Windenergieanlagenhat. Rund 2800 Windkraftanlagenproduzieren zurzeit fast 40% des re-generativ erzeugten Stroms in Nord-rhein-Westfalen.
Alt durch Neu ersetzen
 Auch technologisch entwickeltsichdie Windenergiebranche weiter,moderne Windkrafträder sind tech-nisch zuverlässiger und insgesamtleistungsstärker. So lässt sich alleinschon durch „Repowering“ – das Er-setzenalterAnlagendurchleistungs-starke neue – der Windstromertragin NRW um ein Vielfaches erhöhen.Und: Moderne Windkraftanlagensind auch geräuschärmer als ihre Vorgänger – ein wichtiger Aspekt ineiner Energieinfrastruktur, die de-zentral ausgerichtet sein soll. Hoch-moderne, geräuscharme Kleinwind-kraftanlagen können so genau dortStrom erzeugen, wo dieser ge-brauchtwird,installiertetwaaufDä-chern von Möbelhäusern, Bau- oderEinzelhandelsmärkten.SolcheKleinwindkraftanlagenent- wickelt zum Beispiel das 2011 ge-gründete Unternehmen EnbreezemitSitzinKöln:Dankeinerinnovati- ven Regelungsmechanik finden die-se Anlagen immer die optimale Posi-tion zum Wind und können so auchbei wenig Wind wirtschaftlich Stromerzeugen. Mangels störanfälligerElektronik sind die Wartungskosten vergleichsweise gering, ebenso dieProduktionskosten. Einen Business Angel für Enbreeze vermittelte die winNRW.BankBusinessAngelsIniti-ative.Neben den Unternehmen spielenauch die Bürgerinnen und Bürger ei-ne zunehmend wichtige Rolle beider Energiewende in Nord-rhein-Westfalen, und zwar nicht nurdadurch, dass sie ihre Immobilienenergetisch sanieren, sondern auchindemsiesichanBürgerenergieanla-gen beteiligen. Je nach Organisati-onsformderentsprechendenInitiati- ve können Bürger Anteile an einemUnternehmen erwerben, Genossen-schaftsanteile, Genussrechte oderSparbriefe.Jeder interessierte Bürger kannmitmachen, in den Energiewandel vor seiner Haustür investieren unddamit zum Akteur auf dem Marktder dezentralen Energieversorgung werden. Mit dem neuen ProgrammNRW.Bank.Energieinfrastruktur be-gleiten wir die Bürger dabei und för-dern Investitionen in die öffentlicheEnergieinfrastruktur – wozu neben Anlagen zur Energieerzeugung na-türlichauchNetzeundSpeichertech-nologien gehören.
Brücken in die Zukunft
Das einst bejubelte Zeitalter des Atomstromsgeht in Deutschland un- widerruflich zu Ende, eine neue Ärader Energieproduktion, -versorgungund -nutzung bricht an: regenerativ,dezentral, effizient und sparsam.Deutschland kommt bei dieser wich-tigen Entwicklung eine Vorreiterrol-le zu, die auch international zuneh-mend anerkannt wird. In jüngererZeit hat sich sogar die lange Zeit kri-tisch gestimmte Internationale Ener-gieagentur (IEA) positiv über dendeutschen Atomausstieg und dieEnergiewende geäußert.Innerhalb Deutschlands wieder-um spielt Nordrhein-Westfalen eineherausgehobeneRolle.Vielebeispiel-hafte Aspekte der Energiewendebündeln sich im Energieland Num-mer 1:der entschlosseneAusbau dererneuerbaren Energien, die Steige-rung der Energieeffizienz in den Be-trieben, eine verbesserte Energieein-sparung sowie der Ausbau der Netzeund Speicher. Als Förderbank fürNordrhein-Westfalen leistet dieNRW.Bank hierzu ihren Beitrag –ein Beitrag, der unmittelbar nicht„nur“ Klima und Umwelt, sondernauch der Wirtschaft selbst zugutekommt.
Von
Dietmar P. Binkowska
Vorsitzender desVorstands derNRW.Bank
Vom Energie- zum Klimaschutzland Nummer 1
Industriestandort NRW stärken – Wandel zu einer stärker regenerativen und dezentralen Energiestruktur – Beteiligung der Bürger wird immer wichtiger
beieinemweiterenrealistischenAus-bau der erneuerbaren Energien. Eskann nicht oft genug gesagt werden:Eine Technologie ist per se neutral,sie ist nicht gut oder schlecht. Eskommt darauf an, wie sie eingesetzt wird.DieseNeutralitäteinerTechno-logie wird in der Debatte negiert.
Forschung als Basis
Und hier liegt der entscheidendePunkt, an den die deutsche Diskussi-on zurückkehren sollte: Wir müssenerforschen dürfen, ob die Erschlie-ßungvon Schiefergasin Deutschland wirtschaftlich, umweltverträglichund gesellschaftlich akzeptabel mög-lich ist. Erst danach sollte, aufbau-end auf diesen Erkenntnissen und in Abstimmung mit allen Beteiligten, wie Behörden, Bürgern, Umweltver-bänden, eine Entscheidung über das weitere Vorgehen getroffen werden.Diese Entscheidungsgrundlage fehlt jedoch derzeit, weil wir noch nichtausreichendForschung betrieben ha-ben. Welche Perspektiven ergäbensich, wenn die Erkundungen aufzei-gen, dass eine wirtschaftliche undumweltverträgliche Förderung auchin Deutschland möglich ist?
Klar ist bereits jetzt: Eine Förde-rung in Deutschland wird nicht diegleiche Wirkung haben wie in denUSA. Es ist nicht davon auszugehen,dassDeutschlandoderEuropadurchdie Schiefergasgewinnung von Erd-gasimporten unabhängig werden.Dazu sind die Unterschiede zu denUSA zu groß, beispielsweise mitBlick auf die Besiedlungsdichte unddie Art der Gesteinsformationen. Aber deutsches Schiefergas könnteeinenBeitragleisten,umunsereVer-sorgungssicherheit und Wettbe- werbsfähigkeit zu sichern.Wir könnten mit dem Potenzial,das wir in Deutschland offenbar ha-ben, den Rückgang aus der heimi-schen Erdgasförderung, den wirJahr für Jahr verzeichnen, für einensehr langen Zeitraum kompensie-ren. Wir hätten damit aus eigenerQuelle ein Gegengewicht zum sonststetig zunehmenden Importbedarf und könnten den Erdgasanteil ander deutschen Energieversorgungbei12%halten.Diesistnichtnurfürdie Versorgungssicherheit von Be-deutung, sondern kann uns auch inder Bildung wettbewerbsfähigerPreise helfen. Und auch unter Um- weltgesichtspunkten ist dies ein er-strebenswertesZiel:Erdgasbietetge-genüberanderenfossilenEnergieträ-gern einige Vorteile, gerade vor demHintergrund der Energiewende. EshatvonallenfossilenEnergieträgerndie beste CO
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-Bilanz und ist in derStromerzeugung besonders flexibeleinsetzbar. Erdgas kann daher beimÜbergang zu erneuerbaren Energieneinewichtige Brückenfunktionüber-nehmen.
Für alle Optionen offen sein
Für die Erforschung von Schiefer-gasvorkommen darf keine Scheu-klappenmentalitätherrschen.DieIn-novationsbeiträge aus Deutschlandzum Thema Energie sollten sichnicht länger ausschließlich auf dieErneuerbaren beschränken. Der For-scherblick in die ferne Zukunft kannnicht darüber hinwegtäuschen, dassdiefossilenEnergiennochüberJahr-zehnte eine bestimmende Rolle imglobalen Energiemix spielen wer-den. Optionen bewusst zu vernach-lässigenodersogar zuunterbinden – wie es einige in Deutschland zurzeitanstreben –, anstatt sie weiter zuerforschen und gegebenenfalls fürdie nächsten Jahre und Generatio-nen weiterzuentwickeln, ist das Ge-genteil einer nachhaltigen Politik.Umso wichtiger erscheint mir, ausdem breiten, interdisziplinärenKnow-how in Deutschland zu schöp-fen und sich eingehend mit der Fra-ge zu beschäftigen, ob und wie dieSchiefergasförderung auch hierzu-lande einen nachhaltigen Beitrag füreinewettbewerbsfähige,sichere undumweltverträgliche Energieversor-gung leisten kann.
 Fortsetzung von Seite B1
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„Das einst bejubelte Zeitalter des Atomstroms geht in Deutschland unwiderruflich zu Ende, eine neue Ärader Energieproduk- tion, -versorgung und -nutzung bricht an: regenerativ,dezentral, effizient und sparsam.“ 
Sonnabend, 6. Juli 2013
 Sonderbeilage
 Börsen-Zeitung Nr. 127
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