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Geschichtliche Hintergrund
Am 20. Dezember 1963 begann im Frankfurter Römer der erste Auschwitz-Prozess. 183
Verhandlungstage lang würde er dauern. Drei Richter und sechs Geschworene sollten in dieser Zeit
vier Staatsanwälte, drei Nebenklagevertreter19 Verteidiger, 22 Angeklagte und 357 Zeugen anhören.
Bei diesem Prozess traten Hunderte von Zeugen auf und deshalb stellt der Autor nur 9 Zeugen in
seinen Gerichtssaal um sie für die anderen hundert sprechen zu lassen. Sie verlieren ihre Namen, wie
sie auch während der Häftlingszeit nur Nummern waren, und werden in ihrer Anonymität zu bloßen
"Sprachrohren".
Die 18 Angeklagten hingegen stellen jeder eine bestimmte Figur dar. Im Gegensatz zu den obigen
behalten sie ihre Namen, wie im wirklichen Prozess, da sie ja während der behandelten Zeit ebenfalls
ihre Namen hatten während den Häftlingen ihre persönliche Identität mit der Vergabe von Nummern
genommen worden war.
Die Angeklagten stehen als Symbole für ein System, das viele andere schuldig werden ließ, die nie
verurteilt wurden.
Staatsanwalt und Nebenkläger sowie Vertreter der Verteidigung werden nur durch je einen Vertreter
repräsentiert.
Oswald Kaduk wurde des 10fachen Mordes und der Beihilfe zum Mord in Über 1000 Fällen für
schuldig befunden.
Josef Klehr wurde des Mordes in 475 Fällen und der Beihilfe zum Mord schuldig befunden.
Auschwitz war zunächst ein Schutzhaftlager für politische Häftlinge unter SS Rudolf Höß ( 47 gehenkt
nach einer Verurteilung durch das polnische Volksgericht ), später seit Dezember 43, als die Zahl der
Häftlinge immer größer wurde unter 3 Kommandanten.
Dort kamen bis 45 2,5-4 Mill. Menschen um ( v.a. Juden und sowjetische Kriegsgefangene Soviet
prisoners of war )
Dabei stützt sich der Autor auf Gedächtnisprotokolle aus der Gerichtsverhandlung, und bei
Lokalterminen sowie auf die Prozessberichte aus der Tagespresse ( v.a. von Bernd Naumann
"Frankfurter Allgemeine Zeitung") und auf die dokumentarische Literatur ( besonders biographische
Aufzeichnungen von Höß )
Inhalt
Gesang von der Rampe (ehemalige Häftlinge beschreiben ihre Ankunft in Auschwitz, die Angst und
Unsicherheit und die Lügen die ihnen über den Aufenthalt in diesem "Arbeitslager" erzählt wurden.)
Gesang vom Lager (das tägliche Leben im Lager: mangelnde Essensrationen, unzureichende
Bekleidung...)
Gesang von der Schaukel ( Zeugin 5, die in der politischen Abteilung des Lagern als Bürokraft
arbeitete, wo hauptsächlich tote Häftlinge registriert und erfundene Todesanzeigen verschickt
wurden, beschreibt die grausame Vorgehensweisen des Verantwortlichen der Abteilung Grabners
und besonders Bogers. Im zweiten und dritten Teil berichten die Zeugen 5, 7 von ihren Peinigern
Boger und Dylewski, die sie während der Verhöre aufs grausamste zurichteten. Dazu gab es eine
eigene Foltereinrichtung: die Schaukel.)
Gesang von der Möglichkeit des Überlebens ( Macht der Wärter willkürlich über Leben und Tod zu
entscheiden, Sonderstellungen war eine Möglichkeit dem Überleben näher zu kommen; grausame
Menschenversuche in der medizinischen Abteilung an der Gebärmutter junger Mädchen und
Frauen).
Gesang vom Ende der Lily Tofler ( eine junge Frau die von Boger erschossen wurde, weil sie ihren
Freund zu dem sie unerlaubten Briefkontakt hatte nicht denunzierte). Am Schicksal der Lili Tofler
wird deutlich, wie sehr die Häftlinge der unbegrenzten Verfügungsgewalt der Lagerleiter ausgesetzt
sind. Dazu kommt noch die Verfügungsgewalt über billige Arbeitskräfte, mit immer genug
Nachschub, für die umliegenden Industrien - deren zwielichtige Rolle oft übersehen wird.
Gesang vom Unterscharführer/SS sergeant Stark ( ein damals 20jähriger, der genauso grausam
handelte wie seine älteren Kollegen; seine Ausrede lautet: damals herrschte die Sippenhaftung - was
ihm schon in der Schule eingetrichtert worden war)
Gesang von der schwarzen Wand (Massenerschießungen wie Fließbandarbeit an der schwarzen
Wand )
Gesang vom Phenol (wurde verwendet um die Zahl der Kranken zu reduzieren, indem sie durch eine
Injektion ins Herz getötet wurden. Die vermeintliche Schutzimpfung traf nicht nur Erwachsene
sonder ein Mal sogar eine ganze Schar von Kindern)
Gesang vom Zyklon B ( der Apotheker und andere leugnen, von der Lagerung des tödlichen Gases
Zyklon B bewußt zu haben. Obwohl der Angeklagte Mulka den Bau neuer Krematorien wegen des in
Zukunft steigenden Bedarfs angeordnet hatte, weist er den Vorwurf von den Massenvernichtungen
gewußt zu haben zurück)
Gesang von den Feueröfen (der Weg zur Gaskammer und weiter zur wird von einem ehemaligen
Gefangenen geschildert )
Im Laufe dieser Gesänge versucht das Gericht einen unklaren Tatbestand aufzuhellen indem
Aussagen von Angeklagten und Zeugen, Anklägern, Richtern und Verteidigern in Frage und Antwort
rekonstruiert werden.
Während des ganzen Stücks fällt die Gelassenheit der Angeklagten auf, die die Zeugen fallweise sogar
verhöhnen und sich amüsieren. Sie weisen alle Anschuldigungen mit den Ausreden : "Von alledem
hab ich nichts gewußt.", "Meine Aufgabe war ausschließlich administrativer Art.", "Ich tat es ja nicht
allein." oder "Da war ich gar nicht zuständig." zurück. Alle berufen sich auf die "befehlsbestimmte
Verantwortung".
von der Ankunft im Lager und der Registrierung bzw. Aussonderung zur sofortigen Tötung führt der
Weg der arbeitsfähigen Inhaftierten in die überbelegten, hygienisch völlig unzureichend
ausgestatteten Lagerblocks, an die Arbeitsplatze in den Industriebetrieben in der Umgebung.
Schließlich, wenn Krankheit, Unterernährung, Seuchen, Denunzierungen oder völlige Erschöpfung
und Selbstaufgabe ihr Werk getan haben, führt der Weg zu den sadistischen Verhören auf der
Schaukel von Boger zum Hinrichtungsplatz an der Schwarzen Wand den Phenol-Injektionen von Klehr
oder schließlich in die Vergasungskammer.
Nach einer lange Fahrt von meist bis zu 5 Tagen trafen die ausgehungerten Häftlinge im Lager ein.
Alle drängten, fielen und stolperten aus den Wagons. Mit Stöcken wurde auf sie eingeschlagen. Nach
der Rampe wurden die Frauen und Männer wurden getrennt aufgestellt. Die Kinder kamen schein
halber auf einen Rotkreuzwagen, um die Eltern nicht zu beunruhigen, doch sie wurden sofort
"überstellt " . "überstellen" bedeutet sofort zu den Krematorien und "verlegen" als arbeitsfähig ins
Lager aufnehmen.
Dann wurden die Kranken von den arbeitsfähigen getrennt. Dies wurde von Lagerärzten erledigt.
Jeder bekam eine Nummer, später wurden diese dann eintätowiert, für sich, seine Wertsachen und
für die Effekte. Von diesem Zeitpunkt an, verliert der Häftling seine Individualität und es wird ihm mit
dem Verlust seines Namens auch jede Würde geraubt.
Nach dem Waschen, Einkleiden und Haare schneiden, werden Zugangslisten erstellt, um die
kriminellen, ethnischen und politischen Häftlinge zu registrieren.
Die Überstellten Häftlinge, wie später auch alle anderen gingen den Weg über die Rampe der
Transporter zum Tor des Krematoriums, wo schon das Sonderkommando auf sie wartete
(Sonderkommando bestand aus 860 Häftlingen, die alle paar Monate ausgetauscht wurden, es somit
nicht überlebten um keine Panik verbreiten zu können. 100bis2000 Menschen wurden auf einmal in
die Auskleideräume geführt, wo sie ihre Kleidung sorgfältig zusammenlegen mußten. Über der Tür in
die Gaskammer stand in verschiedenen Sprachen "Bade-und Desinfizierungsraum " um die Leute zu
beruhigen. Erst als sie dich zusammengedrängt schon in der Falle saßen brach Panik aus, aber dann
war es auch schon zu spät: Das Zyklon B Gas wurde eingeworfen und der Todeskampf begann und
dauerte 20Minuten.
Die einzige Möglichkeit diesem vorprogrammierten Weg zu entkommen, bestand darin, eine
Sonderstellung als sogenannter "Funktionshäftling" zu erlangen, die auch Exrtarationen mit sich
brachte, was die Überlebenschance erheblich steigerte.
Die Personen, die in dem Stück auftreten, heißen "Zeugin 4", "Angeklagter 17" oder "Richter". Ihre
Dialoge sind nackte Fakten - genau so, wie sie bei der Gerichtsverhandlung zur Sprache kamen.
Dennoch ist "Die Ermittlung" keine bloße Wiedergabe, das Stück bricht mit der Reihenfolge des
Prozesses, verdichtet die zahllosen Zeugenaussagen zu elf "Gesängen" - "von der Rampe", "von der
schwarzen Wand", "vom Zyklon B". Es ist ein Destillat des Konzentrationslager-Prozesses.
Zu dem Theatertext kam Weiss, in dem er vor allem zuhörte. Stundenlang harrte der Schriftsteller im
März und April 1964 in Frankfurt aus und notierte Aussagen des Prozesses.
Später, im Dezember 1964, nutzte Weiss außerdem einen Ortstermin des Frankfurter Gerichts, um
das Vernichtungslager mit eigenen Augen zu sehen. Als Ergänzung zu seinen eigenen Aufzeichnungen
sollen Weiss außerdem Gerichtsmitschriften und Artikel des Journalisten Bernd Naumann geholfen
haben, der für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" viele Abschnitte der Verhandlung detailliert
wiedergab.
Dem Text ist daher eine längere Regieanweisung von Weiss vorangestellt. Dort steht, dass es
vermieden werden sollte, "den Gerichtshof, vor dem die Verhandlungen über das Lager geführt
wurden, zu rekonstruieren". Denn das sei "ebenso unmöglich wie (...) die Darstellung des Lagers auf
der Bühne".
Man sucht die Arbeiter heraus um aus den arbeitsfähigen Juden noch Profit zu schlagen, indem man
sie als kostenlose Arbeitskräfte missbraucht. Die Angeklagten weisen jegliche Schuldzuweisung von
sich und lachen über die Aufgebrachtheit der einzelnen Schuldigen. Die Angeklagten nehmen den
Prozess nicht ernst und zeigen sich als gefühllos, ironisch und kalt.
Die Opfer müssen versuchen sich in der Hierarchie des Lagers hochzuarbeiten um zu überleben. Die
Häftlinge haben nur eine Überlebenschance wenn sie sich anpassen und sich gegenseitig
Überlebensstrategien zeigen. Doch mit der Zeit wird das Lagerleben normal, was die extreme
Anpassungsfähigkeit des Menschen wiederspiegelt. Wer Gerüchte in die Welt setzt, oder über die
schlimmen Sachen redet, die im Lager passieren, der wird getötet.
Häftlinge werden ohne jeden erkennbaren Grund gefoltert und niedergeschlagen. Man erkennt dort
einen offensichtlichen Sadismus. Die Wärter haben Freude daran die Opfer wahllos zu schlagen und
zu foltern. Dabei schliessen diese ihre persönlichen Gefühle aus. Es werden fiktive Todesursachen
aufgeschrieben, wenn die Häftlinge bei den Foltern ums Leben kommen. Von denen, die gleich nach
dem Ankommen getötet werden, werden nicht einmal mehr die Namen aufgeschrieben. Der
Angeklagte Broad hält sich selbst für unschuldig und erwartet Dankbarkeit von den Zeugen, weil er
sie angeblich so gut behandelt hat. Er beschuldigt die Opfer und das zeigt seine Eitelkeit, seinen
Egoismus und seine Uneinsichtigkeit.
Viele Menschen im Lager überleben nur durch ihren Glauben an Gott, oder an Hilfe, die vielleicht
kommt. Sie überleben für ihre Überzeugungen. Doch die Ärzte im Lager halten sich nicht an ihre
Ideale und brechen ihren Hypokritischen Eid, dass sie Menschen in Not helfen müssen. Sie führen
beispielsweise medizinische Experimente an Menschen aus, um neue Erkenntnisse für die Forschung
zu gewinnen. Der Angeklagte Mulka leugnet alles, obwohl er eigenhändig Erhängungen durchgeführt
hat.
Lili Tofler hat einen verbotenen Briefkontakt mit einem Freund. Das flog auf, doch bis zu ihrem Tod
verriet sie den Namen ihres Freundes nicht. Sie findet damit eine Art des Widerstands und wird als
starkes Vorbild geachtet. Ihre positive Einstellung gibt den Menschen im Lager Hoffnung und Stärke.
Stark ist jung und lernt für sein Abitur . Er kam nur durch Beziehungen zu diesem Posten. Er zitiert
Goethe und diskutiert über Humanismus, doch gleichzeitig bringt er Menschen um. Er spricht über
Tugenden wie Mitleid, Mitgefühl und Moral, doch er hält sie nicht ein. Er geht sehr brutal bei
Erschiessungen vor und beschimpft die Juden. Er fühlt sich stark wenn er jemanden erschiessen
kann. Für ihn ist die Anwendung von Gas unmännlich und feige.
Die Menschen werden ohne gerichtliche Todesurteile auf brutale Weise vor der schwarzen Wand
erschossen, zum Beispiel das Mädchen mit dem roten Kleid. Das Ganze soll sehr effizient sein und es
wiederspiegelt die Hoffnungslosigkeit. Denn Menschen, die aus der Not heraus kleine Vergehen
begehen, werden mit dem Tode bestraft.
Die Opfer werden zum Teil mit Benzin getötet, indem sie eine Phenolinjektion ins Herz bekommen.
Der Angeklagte Carpesius streitet alles ab, obwohl er so um die 16000 Menschen auf diese Weise
ums Leben gebracht hat. Es werden Obduktionen an den Toten durchgeführt, nachdem sie mit
Phenol getötet wurden. Das Einzelschicksal war in dieser Maschinerie nicht mehr wichtig.
Es gibt eine Stehzellen, in der ein Mensch einmal einen Monat lang überlebte. In der Zelle stehen
viele Menschen, die teilweise ersticken, oder Hitzschläge bekommen. Es gibt dort keine Chance zu
überleben. Doch nicht nur Häftlinge, sondern auch Aufseher kommen in die Zelle. Jede Schwäche im
System muss bekämpft werden. Die Leute die Vernichtungen durchführen, werden dafür belohnt.
Man will die Wärter motivieren.
Der gesamte entstandene Schaden wird noch einmal zusammengefasst. Es wird beschrieben, dass
die Häftlinge bis zu ihrem Tod nicht wissen, dass sie sterben sollen.
Die Angeklagten verharren immer noch auf ihrer Unschuld. Sie haben nichts aus der ganzen
Geschichte gelernt. Für sich selbst sind sie unschuldig, weil sie ja „nur“ Befehle ausgeführt haben.
Die Geschichte wird in 11.Gesängen erzählt. Die einzelnen Gesänge wiederspiegeln die einzelnen
Stufen des Daseins eines Häftlings in Auschwitz. Jeder Gesang handelt von einem anderen Thema.
6. Gesang: ein Mann der Menschen erschiesst und über Moral redet
Die Gesänge haben keinen grossen Zusammenhang untereinander. Es sind einzelne Beschreibungen.
Die Geschichte spielt im Gericht und wird von Zeugen, Gefangenen, Ankläger und Verteidiger erzählt.
Erzählperspektive
Die Figuren werden durch die Erzählungen charakterisiert. Ihre Persönlichkeit wird durch die
begangenen Taten deutlich beschrieben.
Eine psychologische Innensicht erhält man durch das Verhalten der Personen und durch ihre
Äusserungen.
Das Lager
Das Lager ist eine Metapher für eine Fabrik. Alles läuft wie in einer Fabrik ab. Alles hat seinen
mechanischen Rhythmus, egal welche Jahreszeit, oder welches Wetter, oder welche Zeit es ist. Es ist
ein abgeschottetes System, welches nicht durch die äusseren Umstände beeinflusst wird.
Die Menschen
Dort werden zwar Menschen getötet, aber man gesteht diesen keine Menschenwürde zu. Sie werden
als Ungeziefer und Dinge angesehen, nicht aber als Lebewesen.
Ist uneinsichtig
Ist grausam
Ist zurückhaltend
Versucht Leben zu retten
Ist sadistisch
Ist uneinsichtig
Zur Sprache
-Charakter eines monotonen Kirchengesangs (worauf auch der Name "Oratorium hindeutet")
- Die Angeklagten sprechen respektlos und völlig unberührt von den Schicksalen, von denen die
Zeugen berichten und amüsieren sich sogar darüber.
- Zeugen tragen teilweise sehr lange Erklärungen vor mit genauen Beschreibungen und
Ausführungen
- Interviewcharakter
- Beabsichtigte Nicht-Individualisierung
- Emotionslose Darstellung
An einigen Tagen wohnte der Verhandlung auch ein stiller Beobachter auf der Zuschauertribüne bei.
Ein unscheinbarer Mann von 47 Jahren, kurze braune Haare, auf der Nase eine große Brille, dahinter
ein geduldiger Blick. Es war der Schriftsteller Peter Weiss.
Weiss selbst war als Jugendlicher nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten mit seiner Familie
von Berlin - über Exilstationen in England, Prag und der Schweiz - nach Schweden ausgewandert. Sein
Vater war ein zum Christentum übergetretener jüdischer Textilfabrikant, seine Mutter Schauspielerin.
Bis in Frankfurt der Auschwitz-Prozess begann, hatte es Peter Weiss mit ein paar autobiografischen
Werken zu einigem Erfolg gebracht. Außerhalb von Literaturkreisen war sein Name in Deutschland
allerdings nur wenigen bekannt.
An einem Tag im Jahr 1964, Weiss war gerade von Stockholm zur Verhandlung nach Frankfurt gereist,
da notierte der Autor, er sah "Gepeinigte vor ihren Peinigern stehen, letzte Überlebende von denen,
die sie zur Tötung bestimmt hatten".
Die Frankfurter Auschwitzprozesse haben das ganze Land mit seiner NS-Geschichte konfrontiert,
haben die politische Stimmung der BRD der 60er Jahre geprägt und die Frage nach Schuld,
Vergebung und Vergeltung gestellt. Das dokumentarisch Theaterstück Die Ermittlung verdichtet die
Prozessakten zum einem Oratorium des Schreckens und ist bahnbrechend für die Möglichkeit oder
Unmöglichkeit einer künstlerischen Auseinandersetzung nach Auschwitz.
In 183 Verhandlungstagen hörten drei Richter und sechs Geschworene 375 Zeugen an, vier
Staatsanwälte, drei Nebenklagevertreter 22 Angeklagte und 19 Verteidiger. Als Beobachter und
Chronist saß Peter Weiss dem Prozess bei und destillierte daraus seinen Theatertext in elf Gesängen.
Die Aussagen der Zeugen, das Reden und Schweigen der Angeklagten und ihrer Verteidiger, die
Sprache der Juristen, sprechen für sich.
Angeklagter 7: Ja
Da hatte ich den Gruppenverkehr
zu regeln
4. Teil: Auszug 3 - "Von 100 lebten nach einer Woche noch ein paar Dutzend
Richter: Frau Zeugin
wieviel Schreiberinnen waren in der Abteilung
Zeugin 4: schweigt
Richter: Frau Zeugin
es ist uns verständlich
daß Ihnen die Aussage schwerfällt
und daß Sie lieber schweigen möchten
Doch bitten wir Sie
Ihr Gedächtnis nach allem zu erforschen
was Licht wirft auf die Vorkommnisse
die hier zur Behandlung stehen
Zeugin 4: schweigt
Zeugin 4: schweigt
wurden im Bunkerblock
von Massentötungen
durch das Gas Zyklon B
vorgenommen
geschlossen hatte
anzutreten hätten
berichten dürften
Menschen entgegen
in ihren Händen
voneinander gelöst
aufgeschichtet hatten
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