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V3 Zum Phä nomen Satz

1. Kriterien der Satzdefinition


1.1. Das syntaktische Kriterium (Subjekt-Prädikat-Funktion; P-Funktion)
1.2. Semantische Kriterien
1.2.1. „Der Satz ist eine Aussage.“
1.2.2. Das semantisch Kriterium der Abgeschlossenheit
1.3. Zur Intonation (das prosodische Kriterium)
1.4. Periode
2. Zur Klassifikation von Sätzen
2.1. Satztyp und Satzform
2.2. Satzarten/Satzmodi
2.2.1. Aussagemodus (Aussagesätze, Deklarativsätze)
2.2.2. Fragemodus (Fragesätze, Interrogativsätze)
2.2.3. Aufforderungsmodus (Aufforderungssätze, Imperativsatz)
2.2.4. Wunschmodus (Wunschsätze, Optativsätze)
2.2.5. Exklamativmodus (Ausrufesätze, Exklamativsätze)
2.2.6. Satzartliste nach Eroms (2000)
Literatur

1. Kriterien der Satzdefinition


Den Satz eindeutig, restlos und widerspruchsfrei 1 zu
definieren, wurde bereits von zahlreichen
Sprachwissenschaftlern versucht. In den 1930er Jahren gab es
erste Versuche, Übersichten über die Satzdefinitionen
zusammenzustellen, z.B. von Ries 1931 oder von Seidel 1935.
Sie kamen auf über 220 Satzdefinitionen (allerdings wurden
Definitionen bedingt durch Rechtschreibfehler unterschiedlich
zugeordnet). Diese Versuche halten auch heute noch an. Die
Schwierigkeit besteht u.a. auch darin, die unterschiedlichen
logischen, philosophischen, kommunikationswissenschaftlichen

1
Hier spiegelt sich das Streben nach Beschreibungsadäquatheit, d.h. dass ein Phänomenbereich
vollständig und widerspruchsfrei beschrieben werden soll (wegen der Komplexität der menschlichen
Sprache wird dies nur im Idealfall erfüllt). [Erklärungsadäquatheit = (Reduktion der angenommenen)
Prinzipien (auf ein minimales Grundinventar), die verhindern bzw. rechtfertigen die
Erzeugungsmöglichkeit von Phrasen und Sätzen (Übereinstimmung von produzierten Daten im
Sprachlernprozess mit den angesetzten universalgrammatischen Prinzipien).
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und psychologischen Perspektiven in Einklang zu bringen. 2 Zur


Veranschaulichung seien hier einige Beispiele genannt:

Wahrheitswertfunktionale Definition (Urteilstheorie): Der Satz ist eine


Aristoteles bejahende oder verneinende Aussage.
Dionysios Thrax Satz als Sinneinheit (Abgeschlossenheit des Gedankens): Der Satz ist eine
(Technè Verbindung von Wörtern, welche einen in sich vollständigen Sinn darstellen.
grammatikè, 2. Jh.
v.u.Z.)
Johann Christoph
Unsere Vorstellungen […] bestehen allemal darin, daß wir von einem Dinge
Adelung (1781) etwas behaupten oder verneinen. Der Nahme des Dinges, von welchem solches
geschiehet heißt das Subject, dasjenige was von demselben bejahet oder
verneinet wird , das Prädicat, beyde zusammen aber machen den Satz aus.
Kessel/Reimann Definition des Verbalsatzes: Ein Satz ist eine sprachliche Konstruktion aus
(22008: 1) verschiedenen Satzgliedern, in deren Zentrum das Prädikat steht.
5
Dürscheid ( 2010: Sätze sind sprachliche Einheiten, die relativ selbstständig und abgeschlossen
56, angelehnt an sind. Sie bauen sich aus Phrasen auf; und erscheinen normalerweise in
Duden 1998) größeren selbständigen und abgeschlossenen, sprachlichen Einheiten, in
Texten.3

Dass es bisher noch keine zufriedenstellende Definition gibt,


liegt an der mangelnden Konvergenz der Kriterien. Der
schwedische Linguist Forsgren (1992 (Skövde, Schweden)
spricht in diesem Zusammenhang von einem heuristischen
Paradoxon und meint damit den Gegensatz von
Identifizierbarkeit und Definierbarkeit. Intuitiv kann nämlich
jeder kompetente Sprachteilhaber beurteilen, welche
Zeichenkombination er als Satz bezeichnet. Intuition allerdings
ist lediglich in normalen Redekontexten von Bedeutung und

2
So gibt es z.B. durch das Zentrieren des Kriteriums der grammatischen Korrektheit bzw. der
Beschreibbarkeit durch eine Grammatik strukturalistisch und formalistisch orientierte Definitionen wie
der Satz ist „eine grammatische Kette von Wörtern“ oder der Satz ist „eine Kette von Wörtern, die
durch eine Grammatik beschreibbar ist“; psychologische Gesichtspunkte spielen bei folgenden
Definitionen eine Rolle, in denen „Sätze als Ausdruck mehr oder weniger genau spezifizierter mentaler
Einheiten“ beschreiben werden, vgl. der Satz ist „Ausdruck einer Proposition“ oder der Satz ist
„Ausdruck eines vollständigen Gedankens“; Definitionen wie der Satz ist „die Grundeinheit des
Diskurses“ dagegen sind textlinguistisch geprägt, den der Satz wird „als eine Einheit eines größeren
Phänomens, des Diskurses“ angesehen (vgl. Flohr/Lobin 2002: 127).
3
Unter Phrasen versteht man Wortgruppen, „die syntaktisch eine Einheit bilden“ (Dürscheid 52010:
29). Sie werden nach dem jeweiligen Kern/Kopf der Phrase bezeichnet, z.B. Nominalphrase (NP) das
kleine Kind, Verbalphrase (VP) nach Hause fahren, Präpositionalphrase (PP) mit dem Kind,
Adjektivphrase (AP) sehr klein, Adverbphrase (AdvP) sehr oft (vgl. Dürscheid 52010: 29, Beispiele
auch dort).

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hilft nicht bei der Definition dessen, was ein Satz ist. Heringer
(1996:18-19)4 meint, dass die meisten Definitionen an zwei
Mängeln leiden:
1. Der erste Mangel beruht darauf, den Satz von außen mit
logisierenden Begründungen zu definieren, wie Der Satz
ist eine Aussage. Das ist deshalb problematisch, weil jede
logische Sprache von natürlichen abgeleitet ist und man
sich mit logischen Definitionen im Kreis bewege, d.h. es
kommt zu einer Zirkeldefinition. Die Definition des Satzes
als Aussage schließt Fragesätze, Befehlssätze sowie
Modalität ausdrückende Sätze aus, weil Aussagen per
definitionem wahr oder falsch sein müssen. Das Postulat
der Zweiteiligkeit ist eine weitere Komponente dieses
Mangels. Sätze, die keine Zweiteiligkeit aufwiesen,
versuchte man mithilfe der Annahme einer Ellipse zu
erklären: vgl. Wasser! Es besteht allerdings keine
Einigung darüber, welche Teile elliptisch ausgelassen
wurden.
2. Der zweite Mangel ist die Definition, wonach einen Satz
Subjekt und Prädikat ausmachen, denn diese Definition
lässt sich bei weitem nicht auf alle Sprachen anwenden
(z.B. auf Pro-Drop-Sprache wie dem Ungarischen, in
denen Pronomina in bestimmten syntaktischen Positionen
zur Konstituierung eines grammatisch korrekten Satzes

4
Heringer (1996) z.B. will den Satz in einer „weiteren Theorie menschlicher Kommunikation“
eingebettet sehen und geht von Texten aus, deren Elemente Sätze sind. Heringer (1996: 19) zufolge
ist der Satz die Einheit, die sich im Gebrauch der Sprache dadurch auszeichne, dass sprachliche
Kommunikation sich in Sätzen vollziehe und kommunikative Akte mit Sätzen vollzogen werden. Er
definiert dementsprechend den Satz als „das Schema für kleinste potentiell selbständige
Äußerungen“.

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explizit nicht realisiert werden5) und ist zudem nur dann


brauchbar, wenn Subjekt und Prädikat unterschieden
werden können, vgl. Deutsch versus Englisch.

Grundlegende Überlegungen zur Begriffsbestimmung des


Satzes stammen u.a. von Forsgren (1992). Er geht von
folgenden Kriterien aus:
1. vom syntaktischen Kriterium
2. vom inhaltlichen Kriterium (Aussagekriterium)
3. vom inhaltlichen Kriterium der Abgeschlossenheit
4. vom prosodischen Kriterium (= terminaler Schluss)
5. vom graphematischen Kriterium (= satzschließendes
Zeichen)
6. Periode.

1.1. Das syntaktische Kriterium (Subjekt-Prädikat-


Funktion)
Unter dem Einfluss der logischen Urteilstheorie von Aristoteles
(nach der der Satz ein Urteil (eine Aussage) ist, das aus S G und
SA besteht) wurde ein mehrgliedriger Satzbegriff
postuliert/vorausgesetzt [Subjekt + Prädikat (Kopula), wobei
eine Isomorphie zwischen Ausdrucks- und Inhaltsebene
angestrebt wurde]. Allerdings ist dieser Ansatz problematisch
bei Gebilden wie Es regnet. oder Mir ist kalt. oder Mir liegt an
deiner Meinung. Zu deren Erklärung wurde – um an der

5
Zu den Pro-Drop-Sprachen gehören u.a. – mit Ausnahme des Französischen – die romanischen
Sprachen: vgl. Spanisch: lo veo oder Italienisch: lo conosco
es seh-1SG = ‚Ich sehe es’ ihn kenn-1SG = ‚Ich kenne ihn’.
Aufgrund der ausgeprägten Flexionsmorphologie am Verb sind eindeutige Rückschlüsse, z.B. auf das
Subjekt möglich, was zur Nichtrealisierung bestimmter Pronomina führt. Am Beispiel des Deutschen,
bei dem ebenfalls durch die grammatische Kongruenz von Subjekt und Prädikat vergleichbare
Rückschlüsse gezogen werden können, zeigt sich, dass es keine notwendige Korrelation zwischen
morphologischem Typ der Sprache und ihrem Verhalten in Bezug auf Realisierung der Pronomina
gibt. Auch im Deutschen gibt es Fälle, in denen das Subjekt nicht realisiert wird, z.B. in
Kurznachrichten wie Ankomme mit 12-Uhr-Zug, allerdings handelt es sich dabei um in der
Umgangssprache auftretende Ausnahmen.

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Mehrgliedrigkeit des Satzes festzuhalten – eine Loslösung von


der Grammatik vorgenommen, z.B. Paul (1920) und Amman
(1928). Paul führt die Begriffe logisches Subjekt und logisches
Prädikat ein und meint damit Folgendes (Paul 1920:121, zit
nach Forsgren 1992: 6):
„Ein Satz besteht daher aus mindestens zwei Gliedern.
Diese verhalten sich nicht gleich. Das eine vertritt die
Vorstellung oder Vorstellungsgruppe, die zuerst in der
Seele des Sprechenden vorhanden ist, das andere die
daran neu angeknüpfte. Die erstere bezeichnen wir als
das psychologische Subjekt, die letztere als das
psychologische Prädikat.“
Somit lassen sich das psychologische Subjekt („Vorstellung
oder Vorstellungsgruppe, die in der Seele des Sprechenden
vorhanden ist“) mit Bekanntem und das logische Prädikat („die
daran neu angeknüpfte“ Vorstellung, -sgruppe) mit neuen
Informationen identifizieren. Amman (1928) ersetzt diese
Termini durch Thema und Rhema. Damit wird die
Mehrgliedrigkeit des Satzes auf der Folie der Kommunikation
erklärt, wodurch die Isomorphie von Ausdrucks- ( Signifikant =

Ausdruck des sprachlichen Zeichens) und Inhaltsebene (Signifikat = Inhalt


des sprachlichen Zeichens) verlorengeht.
Admoni (1970) bezieht in seine Satzdefinition ebenfalls
kommunikative Aspekte mit ein. Er nähert sich aber wieder der
grammatischen Ebene und geht von der Subjekt-Prädikat-
Funktion aus. Die Mehrgliedrigkeit des deutschen Satzes
erklärt er:

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(1) mit dem Hinweis auf die Häufigkeit, d.h. die meisten
deutschen Sätze bestehen aus einem grammatischen
Subjekt und einem grammatischen Prädikat;
(2) wobei abweichende Formen, wie z.B. Schön. immer
durch kontext- und situationsabhängige (KoSi-
dependente) Faktoren erklärt werden können, vgl. Das
Bild ist schön. Peter singt schön.6

Ein anderer Ansatz besteht darin, nur vom finiten Verb (d.h.
dem Prädikat) auszugehen. Vorläufer dieses Ansatzes sind u.a.
Lehmann (1833: 6ff., zitiert nach Forsgren 1992: 5) und
Götzinger (1839: 5f., zit. nach Forsgren). Lehmann trennt
Logik und Grammatik. Er meint, dass beide Begriffe (Subjekt
und Prädikat) für die Logik notwendig sein können, die
Grammatik aber lediglich das finite Verb als Hauptbestandteil
des Satzes benötige. Götzinger geht hier insofern weiter, als er
diese Entscheidung für das finite Verb als satzkonstituierenden
Teil kommunikativ begründet. Nach Götzinger besitze einzig
das Verb die „Kraft des Sagens und Behauptens“ und bildet
deshalb die „Grundlage aller Mittheilung und allen
Gedankenaustausches“ (zit. nach Forsgren 1992: 5).7
Forsgren (1992) betont, dass die S-P-Funktion bzw. die P-
Funktion keine Definitionsalternativen darstellen, sondern von
Sprache zu Sprache entschieden werden muss, welches
syntaktische Kriterium zur Beschreibung der gegebenen
Sprache am geeignetsten ist. Nach Forsgren (1992) ist für das
6
Verschiedene Sprachwissenschaftler (wie z.B. Behaghel 1934) lehnen den mehrgliedrigen
Satzbegriff ab, denn auch Einwortgebilde wie Halt!, Feuer! sind Sätze. In der Regel bringen sie aber
nichts an seine Stelle.
7
Aus diesem Grunde sieht z.B. Forsgren Götzinger als frühen „Valenztheoretiker” an (vgl. Forsgren
1992: 5).

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Deutsche – wegen der Sonderstellung des finiten Verbs und


seiner deutlichen Identifizierbarkeit das P-Kriterium am
besten geeignet.

1.2. Semantische Kriterien


1.2.1. „Der Satz ist eine Aussage.“
Besonders im 19. Jh. kamen die Begriffe Aussage und Gedanke
als Satzkorrelate auf. Kritiker dieser Begriffe (vgl. z.B. Seidel
1935) meinen, dass Formulierungen wie der Satz sei eine
Behauptung, Mitteilung oder Aussage, die ja nur wahr oder
falsch sein kann, zu eng seien. Dieser Meinung ist auch
Forsgren (1992), der betont, dass ein Urteil/eine Aussage
überhaupt nicht anders versprachlicht werden kann als durch
einen Satz, lediglich die Umkehrung sei falsch (vgl. Ries 1931,
zit. nach Forsgren 1992: 13). Zum anderen sei es nicht – so
Forsgren – Aufgabe der Grammatik die Frage, ob ein Satz wahr
oder falsch ist, zu beurteilen.8

1.2.2. Das semantisch Kriterium der Abgeschlossenheit


Das semantische Kriterium der Abgeschlossenheit bezieht sich
darauf, dass der Satz Ausdruck eines vollständigen Gedankens
ist. Problematisch ist dieses Kriterium, wenn es um Konstrukte
geht wie Er sagt, er kommt morgen.
Derartige Gebilde sind in zwei Stufen/Schritten zu analysieren.
Einmal betrachten wir das Gebilde in seiner Ganzheitlichkeit
(= holistisch) unter dem Aspekt, wie viele abgeschlossene
Gedanken es enthält. Auf einer zweiten Stufe werden die
8
Außerdem sei die Diskussion, ob das Urteil die Form des Satzes bestimme bzw. der Satz die Form
des Urteils aporetisch (Aporie = Ausweglosigkeit) (vgl. Forsgren 1992: 13).

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satzartigen Einheiten getrennt und (analytisch) danach


untersucht, ob sie abgeschlossene/vollständige Gedanken zum
Ausdruck bringen.

Das Kriterium der Abgeschlossenheit rückt den Begriff


„Unvollständigkeit“ ins Blickfeld. Dabei ist zwischen
syntaktischer oder semantischer Unvollständigkeit zu
unterscheiden. Der Ausdruck Er versucht … fliehen. ist gewiss
nicht aus semantischen Gründen unvollständig. In
verschiedenen Fällen, wie z.B. *Er stellt. ist sicher schwer
zwischen semantischer und syntaktischer Unvollständigkeit zu
unterscheiden. Es ist also häufig von einem Zusammenwirken
beider Dimensionen auszugehen.
Das Kriterium der Abgeschlossenheit muss beim
Ellipsenproblem mit der KoSi-Dependenz bzw. Independenz in
Zusammenhang gebracht werden. Nach Forsgren (1992) ist
zwischen KoSi-independenten usuellen Ellipsen wie z.B. Wie
gewonnen, so zerronnen. Jung gefreit, nie gereut. Ende gut,
alles gut.
bzw. KoSi-dependenten okkasionellen Ellipsen wie Die Tür.
Schön. zu unterscheiden.
1.3. Zur Intonation (das prosodische Kriterium)
Für das richtige Verstehen eines Satzes/Aussage geht man von
drei relevanten Grundtypen der Satzintonation (d.h. bei
sachlicher Betonung) aus, vgl.:

Satzintonation Art des Satzes


(Melodieverlauf)
terminaler Aussagesatz (Die Sonne In abgeschlossenen
(abschließender) scheint.) Sätzen fällt die

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Verlauf (fallender Ergänzungsfrage (Wo Melodie nach der


Offset) befindet sich der Bahnhof?) letzten betonten Silbe
Ausrufesatz (Es ist schön (bis an die untere
hier.) Grenze des
Wunschsatz (Wäre er nur Stimmbereichs
hier!)
(Lösungstiefe)) ab (↓).
Imperativsatz (Schließen Sie
bitte die Tür!)
2. Teil einer
Alternativfrage9 ((Kommst
du mit) oder bleibst du hier?)
Entscheidungsfrage
(selten) (Hast du den Film
gesehen?)
interrogativer Entscheidungsfrage Nach der letzten
(fragender) Verlauf Rückfrage ((Hans und Peter betonten Silbe steigt
(steigender Offset) gehen ins Kino.) – Wer geht ins die Melodie bei Sätzen
Kino?) mit fragendem Ton
Gegenfrage ((Kommst du steil an (↑).
mit?) – Ob ich mitkomme?)
progredienter 1. Teil einer Die Melodie bleibt in
(weiterführender) Alternativfrage (Kommst du der Schwebe und
Verlauf mit (oder bleibst du hier?) charakterisiert damit
1. Teil eines nicht abgeschlossene,
zusammengesetzten weiterweisende
Satzes (Wenn ich mehr Zeit Sprecheinheiten (→).
hätte, würde ich euch helfen.)
1. Teil eines
zusammengezogenen
Satzes (Er fährt nach
Budapest und sie nach Pécs.)
Aufzählungen (eins → zwei →
drei…)
Redeankündigungen in
indirekter und direkter
Rede (Hans sagt→: Ich gehe
ins Kino.; Heute, → sagte er, →
muss ich noch arbeiten.)
Anreden (Liebe Gäste, → ich
begrüße Sie herzlich.)

Mit anderen Worten, über die Intonation werden Texte und


Sätze in kleinere Einheiten gegliedert. Die Intonation
signalisiert außerdem, ob eine Passage abgeschlossen ist oder
nicht. Weil die Intonation sich auf Wortgruppen und Sätze
bezieht, organisiert sie die innere Struktur des Satzes, z.B.
9
Bei der Alternativfrage wird der 1. Teil mit einem progredienten (oder sogar interrogativen), der 2.
mit einem terminalen Verlauf realisiert.

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kann die fallende Tonhöhenbewegung/terminaler


Verlauf/fallender Offset (= Intonationsbogen) das Ende von
Aussagesätzen signalisieren. Allerdings sind intonatorische
Mittel10 fakultativ, so kann z.B. am Ende von Aussagesätzen
der steigende Offset darauf verweisen, dass diese zu größeren
Komplexen verbunden werden, vgl. das folgende Beispiel bei
Eroms (2000: 43)
(Der Nikolaus bringt den Kindern Nüsse.)
Er bringt sie wirklich. (↑) Aber er gibt sie nur den braven
Kindern.

1.4. Periode
Nehmen wir einmal folgende Sätze und überprüfen sie
hinsichtlich der Übereinstimmung der Ergebnisse der
verwendeten Kriterien:
(1) Sie schreibt noch heute den Brief.
(2) Sie hat ihm versprochen, dass sie noch heute den
Brief schreibt.
(3) Er hat es ihr immer wieder gesagt, dass er es nicht
getan hat.

Während wir im Simplexsatz von Kriterienkonvergenz


sprechen können, divergieren im Komplexsatz die Kriterien.
Darin liegt der Kern des Definitionsproblems des Begriffs Satz,
dass nämlich der Satzbegriff sowohl den Simplex- als auch den
Komplexsatz umfasst. Aber lediglich beim Simplexsatz
konvergieren die Kriterien, beim Komplexsatz dagegen liegt
Kriteriendivergenz vor.

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Wobei nicht vergessen werden darf, dass über Intonation Emotionen, Kontaktbereitschaft,
Regionales, Dialektales u.a. ausgedrückt wird.

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An dieser Kriteriendivergenz scheitert die Definition des


Satzes. Eine Lösung kann die Spaltung des Satzbegriffs sein.
Dabei wird der Satz begrifflich an das syntaktische Kriterium
gebunden und der Terminus Periode an das Kriterium der
Abgeschlossenheit. Forsgren (1992) definiert beide Begriffe
folgendermaßen:
„Nur ein- oder mehrgliedrige Einheiten, die ein finites
Verb enthalten, sind Sätze. Abgeschlossene Einheiten vom
Einwortsatz ohne finites Verb bis zum Komplexsatz sind
Perioden.“

Vor diesem Hintergrund können folgende Konstrukte als


Perioden aufgefasst werden, vgl. Du weißt doch, dass mir
deine Meinung wichtig ist. Aufgepasst! Los!
Kessel/Reimann (22008: 2) halten Ausdrücke wie Nein. Hilfe!
Überfall auf Supermarkt. für „nicht satzhaft“. Derartige
Formen sind ihrer Ansicht nach als Setzungen oder als
Satzäquivalente einzuordnen. Setzungen sind Ausdrücke ohne
Prädikat, bei denen auch keines ergänzt werden kann oder
soll, vgl. Hilfe!, Zeitungsüberschriften wie Überfall auf den
Supermarkt. Satzäquivalente betrachten sie als
selbstständige Wortart, zu der sie Empfindungswörter (=
Ausrufe oder Interjektionen) wie Aua!, Hurra!, Ja., Doch (als
Antwort auf Entscheidungsfragen), Bitte. oder Danke. rechnen.

2. Zur Klassifikation von Sätzen


Der Klassifikation von Sätzen können unterschiedliche
Gesichtspunkte zugrunde liegen, u.a.

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- die Position des finiten Verbs, das finite Verb kann im


Satz in Erst-, Zweit-, Letztstellung aufscheinen, deshalb
lassen sich nach der Form die Sätze in Satztypen wie
Stirn-, Kern-, Spannsatz unterteilen.
- die Zahl der finiten Verben im Satz, sie führt zur
Unterteilung in einfache und komplexe
(zusammengesetzte) Sätze.
- die Art der Verknüpfung der Komplexsätze; demnach
erfolgt eine Subklassifizierung in koordinierende und
subordinierende Sätze, die auch als Satzreihen
(Parataxe) und Satzgefüge (Hypotaxe) bezeichnet
werden.
- die Modalität, d.h. die „Art und Weise, wie der Sprecher
seine Einstellung zu dem im Satz geäußerten Sachverhalt
ausdrückt: Möchte er etwas mitteilen, eine Frage stellen,
den Hörer zu einer Handlung veranlassen, einen Wunsch
äußern, seine emotionale Einstellung zum Ausdruck
5
bringen?“ (Dürscheid 2010: 61). Dementsprechend
können folgende Satzmodi (Satzarten) Aussage-, Frage-,
Aufforderungs-, Wunsch- und Exklamativmodus
unterschieden werden.
- die syntaktische Vollständigkeit, wobei Anakoluth, Ellipse,
Fragment, Nominalsatz zu unterscheiden sind.11

2.1. Satztyp und Satzform

11
Anakoluth (Abbruch, besonders in der gesprochenen Sprache): Was wollt ich doch gleich noch
sagen…Ach ja, der Peter hat letzte Woche geheiratet.; Ellipse: Heiko verbringt den Urlaub in Italien
und Manfred an der Ostsee. Ende gut, alles gut.; Fragment eine Erscheinung in verstümmelten
Texten; Nominalsatz (Satz ohne Prädikat, aber mit Subjekt, wird meist verstanden als Satz ohne sein):
Frau weg, Geld weg, alles weg.

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Wenn Formkriterien zur Einteilung von Sätzen herangezogen


werden, geht es um charakteristische Positionen, die das finite
Verb im Deutschen besetzen kann. Je nachdem, welche
Position das Finitum einnimmt, werden unterschieden
a.) Stirnsatz, bei dem das Verb an erster Stelle steht
(V1-Stellung), vgl. bei Entscheidungsfragen (Kommst du
mit ins Kino?) oder bei Aufforderungssätzen (Zieh dich
warm an!)
b.) Kernsatz, der typisch für das Deutsche ist und bei
dem das finite Verb an zweiter Position steht (V2-
Stellung), vgl. bei Aussagesätzen (Er geht mit ins Kino.
Weil er Zeit hat, geht er mit ins Kino.), Ergänzungsfragen
(Wann gehen sie ins Kino?), bei einigen uneingeleiteten
Nebensätzen, wenn es sich dabei um Ergänzungssätze
handelt (Ich hoffe, der Kinobesuch bringt dich auf andere
Gedanken.)
c.)Spannsatz, bei dem das finite Verb in Endstellung steht
(VL-Stellung). Diese Position ist charakteristisch für
eingeleitete Nebensätze, d.h. für Sätze, die mit einer
subordinierenden Konjunktion/Subjunktion oder einem
Relativwort beginnen (Ich hoffe, dass er mit ins Kino
kommt. Er will wissen, wer mit ins Kino kommt. Er zeigt
auf die Person, die er am Tatort gesehen hat. Sie hat
gesagt, dass sie wegen dem Binden ihrer Bachelorarbeit
noch beim Copy-Shop hat vorbeischauen wollen.).

Bei der Bestimmung des Satztyps bereiten Ellipsen eine


gewisse Schwierigkeit. Dabei gilt es die fehlenden Satzteile zu

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ergänzen, um eine korrekte Zuordnung vornehmen zu können,


vgl. Ich gehe erst an die Uni und dann ins Kino. Zu ergänzen
sind demnach Prädikat (gehe) und Subjekt (ich), vgl. Ich gehe
erst an die Uni und dann gehe ich ins Kino, so dass als Satztyp
ein Kernsatz vorliegt (vgl. Kessel/Reimann 22008: 6).

Die Einteilung nach Satztypen gibt bereits Aufschluss über die


Satzform, d.h. darüber, ob Haupt- oder Nebensätze vorliegen:
Hauptsätze sind an der Verbzweitstellung (V2-Stellung)
erkennbar, Verbendstellung (VL-Stellung) ist charakteristisch
für (fast) alle eingeleiteten Nebensätze. Von einfachen Sätzen
(Simplexsatz) wird gesprochen, wenn der Satz nur ein finites
Verb hat, bei mehr als einem finiten Verb handelt es sich um
einen komplexen (zusammengesetzten) Satz. Ein Komplexsatz
kann als Satzreihe (Parataxe) oder als Satzgefüge (Hypotaxe)
vorkommen. Unter Satzreihe (Parataxe) versteht man die
Koordination von Hauptsätzen, d.h. von selbstständigen
Sätzen. Weiterhin ist zwischen Reihen ohne verbindende
Konjunktion (asyndetischen)12 und Reihungen mit
koordinierenden Konjunktionen (syndetischen) zu
unterscheiden. Die Konjunktionen können einfach (einstellig)
(und, aber, oder, denn) oder komplex (paarig/mehrgliedrig)
sein. Komplexe Konjunktionen treten diskontinuierlich auf, z.B.
entweder – oder, sowohl – als auch, weder – noch, zwar – aber.

Hauptsatz
Koordination/Reihung

12
Kessel/Reimann (22008: 7, Beispiele auch dort) machen auf mögliche Zeichensetzungen bei
asyndetisch verbundenen Reihungen aufmerksam, z.B. Komma (Petra geht nicht ins Kino, ihr Freund
ist krank.), Semikolon (Ich wartete; er kam nicht) oder Doppelpunkt (Das ist meine Freundin: Sie ist
schön, intelligent und hat Humor.).

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 14


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asyndetische Reihung syndetische Reihung


Die Tür schlug zu, er verließ das Haus. koordinierende
Konjunktion

einfache Konjunktion komplexe


(diskontinuierliche) Konjunktion

Da diese Konjunktionen Hauptsätze verbinden steht das


Finitum an der zweiten Position.

Exkurs: Konjunktionaladverbien
Von Konjunktionen sind die Konjunktionaladverbien zu unterscheiden. Konjunktionaladverbien
verbinden ebenfalls Sätze, sie haben aber im Gegensatz zu den Konjunktionen Satzgliedcharakter,
d.h. sie besetzen Positionen auf dem Satzfeld. Valenzgrammatisch betrachtet man sie als Angaben.
Hierzu gehören: außerdem, deshalb, daher, deswegen, demnach, folglich, insofern, trotzdem.
Kessel/Reimann (22008: 45, Beispiele auch dort) manchen darauf aufmerksam, dass es darunter auch
Homonyme geben kann, z.B. doch, vgl. Er putzt gern die Wohnung, doch er bügelt ungern seine
Hemden. (Konjunktion, da in Ø-Position, er besetzt Spitzenstellung) vs. Er putzt gern die Wohnung,
doch bügelt er ungern seine Hemden. (Konjunktionaladverb, doch besetzt Spitzenstellung, er im
Mittelfeld).

Semantisch lassen koordinierende Konjunktionen


folgendermaßen unterteilen (vgl. Wellmann 2008: 212,
Kessel/Reimann 22008: 44):

Charakteristik Koordinierende Beispielsätze


Konjunktionen
(Beispiele)
kopulativ/addit einstellig: und, Dann sei noch eine Einigung bis
iv noch, so (wie) zur Bundestagswahl möglich.13
(Anreihung, paarig: sowohl – als Diese Finanzierung ist sowohl
a+b) (auch)/wie (auch), ungerecht als auch ökonomisch
(nicht nur) – wenig sinnvoll.14
sondern (auch),
weder – noch

13
Vgl. http://wortschatz.uni-leipzig.de/abfrage/ (Quelle: n-tv.de vom 01.01.2005).
14
Vgl. http://wortschatz.uni-leipzig.de/cgi-portal/de/wort_www?site=22&Wort_id=72346&bl=208
(Quelle: fr-aktuell.de vom 04.01.2005)

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 15


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adversativ einstellig: aber, Sie wollte ins Kino, aber er wollte


(Gegensatz, a allein, allerdings, den Abend zu Hause verbringen.
im Gegensatz bloß, doch, jedoch,
zu b) nur, sondern,
während
paarig: nicht nur –
Er fährt nicht nur mit dem Rad zur
sondern (auch) Arbeit, sondern treibt auch sonst
noch viel Sport.
disjunktiv/ Einstellig: oder, Nur muss man erst einmal fündig
alternativ (a beziehungsweise werden, respektive herausfinden,
oder b) (bzw.), respektive warum das nicht gelingt.15
(resp.)
paarig: entweder – Entweder du diskutierst ehrlich
oder mit uns oder du lässt es bleiben.
restriktiv außer, es sei denn Phantasiebilder sollten vermieden
(Einschränkun werden, es sei denn, sie haben
g) einen künstlerischen Wert.16
explikativ/korr das heißt (d.h.), Er wollte den Abend zu Hause
ektiv nämlich, und zwar verbringen, d.h. er wollte allein
(Erklärung, b (u. zw.), vielmehr sein.
erläutert a)
kausal (Grund, denn, nämlich, weil Sie ist glücklich, denn sie haben
b begründet a) (!) sich verlobt. Sie ist glücklich, sie
haben sich nämlich verlobt. Sie
haben sich verlobt, deshalb ist sie
glücklich. Wir sagen den Ausflug
ab, weil – es regnet bald.
konzessiv wenn auch, obwohl, Das war ein trauriger, wenn auch
(Einräumung) obgleich, obschon ein denkwürdiger Tag.
komparativ als, wie, ob Er mag seinen Beruf mehr als
(Vergleich) seine Familie.

Satzgefüge (Hypotaxe) haben eine hierarchische Struktur und


bestehen aus einem Hauptsatz (auch Matrixsatz genannt) und
einem oder mehreren Nebensätzen.

Satz

einfacher Satz (Simplexsatz) komplexer/zusammengesetzter


Satz (Komplexsatz)
(Satz-)Periode
15
Vgl. http://wortschatz.uni-leipzig.de/cgi-bin/wort_www.exe?site=22&Wort_id=1788698&bl=2 (Quelle:
spiegel.de vom 24.02.2005).
16
Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Artikel_illustrieren [2011-10-16].

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 16


V3 Zum Phänomen Satz

Satzreihe (Parataxe)
Satzgefüge (Hypotaxe)
Koordination von Hauptsätzen
Subordination
Üb
er-/Unterordnung

Hauptsatz (Matrixsatz)
Nebensatz (NS)

eingeleiteter NS
uneingeleiteter NS

Allerdings ist es nicht unproblematisch bei Hauptsätzen von


selbständigen Sätzen zu sprechen, denn verschiedene
Ergänzungen können satzartig realisiert werden, so dass bei
Wegfall des subordinierten Nebensatzes der Matrixsatz
ungrammatisch wird, vgl. Sie wissen nicht, dass wir auch
eingeladen wurden. *Sie wissen nicht.
In Anlehnung an Welke (2007: 56ff., Beispiele auch dort)
werden hier nur folgende Formen von Nebensätzen erwähnt:

Nebensätze Beispiele
Konjunktionalsätze (durch eine Er sagt, dass er kommt.
subordinierende
Konjunktion/Subjunktion eingeleitete
Sätze)
Relativsätze (durch Er liest das Buch, das du
ein
empfohlen hast.
Relativpronomen oder Relativadverb
eingeleitete Sätze) Das ist das Haus, in dem/wo seine
Großeltern lebten. (P.Sz.)17
indirekte Fragesätze (durch ein Er weiß nicht, wer das ist.

17
Das folgende Beispiel belegt gut, dass der deutsche Relativsatz im Gegensatz zum ungarischen in
der Regel unmittelbar an das Bezugswort angeschlossen gesetzt wird, um den engen Zusammenhang
zwischen beiden zu gewährleisten: Beide Überfälle wurden etwa einen Kilometer von der Wohnung
entfernt, in der Tobias Hansson zusammen mit seiner Mutter wohnt, verübt.(Tursten, Helene (12009):
Das Brandhaus. Aus dem Schwedischen von Lotta Rüegger und Holger Wolandt. München: btb
Verlag, S. 61, Hervorhebungen P. Sz.).

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 17


V3 Zum Phänomen Satz

Interrogativpronomen eingeleitete Er fragt, wann du kommst.


Sätze)
weiterführender Nebensatz (durch Emil ging, worüber alle sich
ein Pronomen oder Adverb freuten.
eingeleitete Sätze) Das, was du gesagt hast, stimmt
nicht.
uneingeleitete (verkappte) Emil sagt, er komme morgen.
Nebensätze (haben Hauptsatzform,
sind aber in einen übergeordneten
Satz eingebettet)

Nebensätze lassen sich unter syntaktischen und semantischen


Gesichtspunkten subklassifizieren. Unter syntaktischen
Aspekten geht es darum, ob ein Nebensatz Satzgliedstatus hat,
d.h. eine Ergänzung zum Verb ist. In diesem Fall spricht man
auch von satzförmigen Ergänzungen. Diese haben die Funktion
eines Subjekts, Objekts, Adverbials oder eines Prädikativums:

Subjektsätze: Dich zu sehen, erfreut mein Herz. Wer anderen


eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.
(Ersatzprobe: Es (er) erfreut mein Herz. Er fällt
selbst hinein.)
Objektsätze: Der Band zeigt, wie sich die Stadt in den letzten
Jahren entwickelte. (Ersatzprobe: Der Band
zeigte es (ihn). Akkusativergänzung)
Er entsann sich auch, dass es dort sehr traurig
ausgesehen hatte. (Ersatzprobe: Er entsann sich
auch dessen. Genitivergänzung)
Sie sahen zu, wie das Auto verunglückte.
(Ersatzprobe: Sie sahen dem Unglück (ihm) zu.
Dativergänzung)

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 18


V3 Zum Phänomen Satz

Man stritt sich (darüber), ob er eingeladen


werden soll. (Ersatzprobe: Man stritt darüber.
Präpositivergänzung)18
Adverbialsätze: Die Leute wohnen, wo sich Fuchs und Hase
„Gute Nacht“ sagen. (Ersatzprobe: Die Leute
wohnen da (dort). Situativergänzung)
Prädikativsätze: Sie benahm sich, wie man es von ihr
gewohnt war. (Ersatzprobe: Sie benahm sich so.
Adjektivalergänzung)

Nebensätze können auch als Erweiterung zu einem


Bezugswort vorkommen. In diesem Fall handelt es sich um
Gliedteilsätze, die als Attributsatz fungieren, vgl. Der Gedanke,
dass er die Tat begangen haben könnte, war erschreckend.

Unter semantischen Aspekten werden in der einschlägigen


Fachliteratur noch folgende Nebensätze, Adverbialsätze,
unterschieden (vgl. Dürscheid 52010: 60-61, Wellmann 2008:
212-213, Kessel/Reimann 22008: 44), wobei es sich dabei um
eine Grobklassifizierung handelt:

Charakteristik Subordinierende Beispiele


(unterordnende)
Konjunktion/Subjun
ktion (Beispiele)
kausal (Ursache weil, da, zumal Die Debatten waren nicht leicht,
wird bezeichnet, zumal eine finanzielle
b als Ursache, Absicherung fehlte.
Grund von a )
temporal als, wenn, sobald, Sobald wir in Rom angekommen
18
Wie das Beispiel zeigt, kann in bestimmten Fällen im Hauptsatz eine Proform (meist ein
Pronominaladverb; auch es) stehen, auf die sich der Nebensatz bezieht. Da diese Proformen
inhaltsleer sind, ist der abhängige Folgesatz obligatorisch. Die Bedingungen für das Aufscheinen der
Proformen sind noch zu klären.

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 19


V3 Zum Phänomen Satz

(Zeitpunkt oder sowie, während, sind, rufen wir die Eltern an.
Zeitraum des im bevor, bis,
Matrixsatz nachdem,
ausgedrückten seit/seitdem,
Sachverhalts solange, sooft
wird bezeichnet,
b während, vor,
nach a)
konditional falls, wenn, Wer wird der neue Trainer, falls
(Bedingung wird so(fern), bevor er den Posten abgibt?
bezeichnet, b als nicht, soweit
Bedingung von a)
final (Zweck, damit; auf dass, Sie schreibt alles in ihr
Ziel, auf das die dass, um…zu Notizheft, damit sie am Abend
im Verb des noch einmal alles nachlesen
Matrixsatzes kann.
ausgedrückte
Tätigkeit
gerichtet ist,
wird bezeichnet,
b als Zweck von
a)
konsekutiv (Folge (so)dass, weshalb, Richtet nicht, auf dass ihr nicht
wird bezeichnet, (auf dass), (als gerichtet werdet. (Wellmann
b als Folge von a) dass) 2008: 214)
konzessiv obwohl; obgleich, Obwohl es ihm nicht leicht fiel,
(Einschränkung wiewohl; half er ihr.
wird bezeichnet, ungeachtet Ein schlechter Meister ist
b als dessen…, dass; niemals glücklich, auch wenn er
unwirksamer trotzdem, auch Glück hat. (Wellmann 2008:
Grund von a) wenn, obschon 214)
modal (Art und indem; dadurch, Wie du gesät hast, (so) wirst du
Weise, unter dass; auf solche ernten. (Wellmann 2008: 214)
denen das Weise, dass, wie…
Geschen abläuft, (so)
wird bezeichnet,
b auf die Weise
von a))
exzeptiv (b als außer…dass; es sei Nicht einmal sich selbst vermag
Ausnahme von a denn, dass der Mensch zu lieben, es sei
denn, dass er sich als Ewiges
erfasse. (J. G. Fichte, Wellmann
2008: 214)
instrumental (b indem; dadurch Anfang und Ende einer Liebe
durch a) dass kündigen sich dadurch an, dass
man sich scheut, mit dem
anderen allein zu sein.
(Wellmann 2008: 214)
fehlender ohne dass Kein Mensch fühlt im andern

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 20


V3 Zum Phänomen Satz

Begleitumstand eine Schwingung mit, ohne dass


(b ohne a) er sie selbst in sich hat. (H.
Hesse, Wellmann 2008: 214)
vergleichend (a als, wie, wie wenn, Wer höher steigt, als er sollte,
wie b) als wenn, als ob fällt tiefer, als er wollte.
(Wellmann 2008: 214)
substitutiv (a als anstatt (dass) Sie schaut fern, anstatt dass sie
Ersatz für b) an ihrem Referat arbeitet.
graduierend (die so dass Er hat sie so geärgert, dass sie
Folge in b gibt in einen Wutanfall ausbrach.
den Grad der
Intensität in a an)
restriktiv, (in)sofern als, Der Vorschlag ist insofern gut,
adversativ, (in)soweit, soviel, als er leicht umgesetzt werden
spezifizierend während, soweit, kann.
(die Geltung von wohingegen
a ist durch b
eingeschränkt)
proportional (a …desto/umso…je; Je größer der Ruhm und je
im Verhältnis zu je nachdem länger der Applaus sind, umso
b) mehr besteht die Gefahr, sie als
selbstverständlich zu
betrachten.
Man irrt umso mehr, je mehr
man urteilt. (Wellmann 2008:
215)
inhaltsleer (rein dass, ob, wie Ob vom Kölner Dom, ob vom
syntaktische Zirkuszelt, ob vom Dach einer
Funktion) Dampfwäscherei, für den
Arbeiter, der herunterfällt, ist
das völlig einerlei. (E. Kästner,
Wellmann 2008: 215) Welt

Des Weiteren lassen sich Nebensätze noch einteilen aufgrund


- des Grades der Abhängigkeit (in Nebensatz 1., 2., 3., 4.
Grades; diese hängen entweder vom Hauptsatz (HS) oder
vom jeweils höheren Nebensatz (NS) ab): Tanja wird sich
ärgern(HS), wenn sie hört(NS 1. Grades) , dass ihre Freundin in
Augsburg studiert(NS 2. Grades), wo es die schönste Bibliothek
gibt(NS 3. Grades) , die man sich denken kann(NS 4. Grades) .
(Wellmann 2008: 217)
- ihrer Stellung als Vorder-, Zwischen- und Nachsatz.

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 21


V3 Zum Phänomen Satz

2. Satzarten/Satzmodi
Im Einklang mit den meisten einschlägigen Grammatiken
werden fünf Satzmodi unterschieden, die hier in Anlehnung an
Eroms (2000) nach ihrer ungefähren Häufigkeit angeordnet
sind (d.h. Wunsch- und Ausrufesätze sind eher seltene Typen):
Aussagemodus (Aussagesätze, Deklarativsätze)
Fragemodus (Fragesätze, Interrogativsätze)
Aufforderungsmodus (Aufforderungssätze)
Wunschmodus (Wunschsätze)
Exklamativmodus (Ausrufesätze, Exklamativsätze).

Es muss aber mit Dürscheid (52010: 64) darauf hingewiesen


werden, dass es im Deutschen keine hinreichenden Kriterien
zur Bestimmung einer Satzart gibt.19

2.2.1. Aussagemodus (Aussagesätze, Deklarativsätze)


Formale Merkmale von Aussagesätzen wie Peter fährt zu
seinen Großeltern. sind die V2-Stellung, die Intonation
(terminaler Schluss), der Punkt als satzschließendes Zeichen
und der Modus (Indikativ, Konjunktiv). Das ist der „Default“-
Typ (Default = Standardannahme, d.h. das was im standardfall
gilt) ist, wobei er der zudem auch der Prototyp der Sätze ist.
Er ist in jeder Hinsicht unmarkiert und somit der Normalfall
der Kommunikation. Die kommunikative Funktion dieser
Satzart besteht darin, dass der Sprecher die Grundeinstellung
„Ich sage/behaupte das“ zum Ausdruck bringt (vgl.
Kessel/Reimann 22008: 3).20

19
So gibt es z.B. im Koreanischen Partikeln, die anzeigen, ob ein Satz im Aussage-, Aufforderungs-
oder Fragemodus steht; solche Satzmarker gibt es auch im Chinesischen (vgl. Dürscheid 52010: 64).
20
Anmerkung zur Bezeichnung Prototyp: Die Generative Grammatik geht vom Nebensatz als
prototypischer Form aus.

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 22


V3 Zum Phänomen Satz

2.2.2. Fragemodus (Fragesätze, Interrogativsätze)


Als Haupttypen sind folgende drei Typen zu unterscheiden:
Entscheidungsfragen (Ja/Nein-Fragen: Hast du das Geschenk
schon besorgt?), Ergänzungsfragen (w-Fragesätze: Wann
findet die Konferenz statt?), Alternativfragesätze (Willst du dir
den Film ansehen oder liest du lieber ein Buch?). Weitere
gemeinsame Merkmale der drei Fragesatztypen sind die am
Ende des Satzes meist steigende Intonation und das
Fragezeichen als Satzschlusszeichen. Gelegentlich kommen
typische Partikeln wie denn, eigentlich vor. Bei Entscheidungs-
und Alternativfragen steht das Verb an erster Position. Einen
großen Bereich innerhalb der Fragesätze bilden die w-
Fragesätze. Im Vergleich zum Aussagesatz besitzen sie eine
große Fülle an Arten. Der Offset ist steigend, manchmal auch
fallend. Dieser Satztyp ist durch die w-Wörter ausreichend
gekennzeichnet. Bei der Ergänzungsfrage nimmt das Finitum
V2-Stellung ein.
Weniger kennzeichnend ist die Rückfrage (Assertivfrage), die
an eine typische kontextgebundene Form gebunden ist, denn
es muss diesem Typ schon etwas vorausgegangen sein. M.a.W.,
es handelt sich dabei um dialogische Reaktionen.
Bei entsprechender Intonation bzw. Interpunktion können auch
gewöhnliche Hauptsätze zu Fragesätzen umfunktioniert
werden: Peter hat sich auch für dieses Seminar angemeldet?
Die kommunikative Funktion dieser Satzart besteht darin, dass
der Sprecher die Grundeinstellung „Ich will wissen“ zum
Ausdruck bringt (vgl. Kessel/Reimann 22008: 3).

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 23


V3 Zum Phänomen Satz

2.2.3. Aufforderungsmodus (Aufforderungssätze,


Imperativsätze)
Die kommunikative Funktion dieser Satzart besteht darin, dass
der Sprecher die Grundeinstellung „Ich will/empfehle dir, dass
du das tust“ zum Ausdruck bringt (vgl. Kessel/Reimann 22008:
3).
Aufforderungssätze können Sprechakttypen wie Befehl,
Anordnung, Anordnung, Weisungen, Vorschläge, Anweisungen,
Ratschläge, Warnungen und Bitten. (Mit Sprechakten
beschäftigt sich die linguistische Teilwissenschaft Pragmatik.)
Charakteristisch für Aufforderungssätze sind die V1-Stellung
des finiten Verbs, der Modus Imperativ (wobei das Deutsche
lediglich in der 2. Person Singular eine Imperativform hat,
ansonsten stimmen diese mit den Indikativformen überein) und
Partikeln wie bitte, bloß, doch.
Dass- und ob-Sätze kommen seltener vor. Sie stellen
sprechakttheoretisch ultimative Aufforderungen oder
gutgemeinte Ratschläge dar: Dass ihr mir nur gesund wieder
nach Hause kommt!
Häufiger dagegen sind syntaktische Schablonen wie folgende
Aufforderungssätze: Sei bitte so nett und sag mir morgen
Bescheid, ob du die Aufgabe übernimmst.
Unter Berücksichtigung der Sprecherintention ist auch
festzustellen, dass Fragesätze Aufforderungen beinhalten
können: vgl. Gibst du mir mal das Salz? (der Sprecher erwartet
keine Ja/Nein-Antwort, sondern eine Handlung).

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 24


V3 Zum Phänomen Satz

Heischesätze (Mögen dir noch viele glückliche Jahre im Kreise


deiner Lieben vergönnt sein!) stellen eine Sondergruppe
innerhalb des Aufforderungsmodus dar. Charakteristisch für
diese Sätze ist der Konjunktiv I in der Funktion, eine Annahme
oder einen Wunsch auszudrücken. Aus diesem Grund kann
man sie auch zusammen mit den Wunschsätzen behandeln.
Eroms (2000: 111) veranlasst das Merkmal, eine indirekte
Aufforderung zum Ausdruck zu bringen (und nicht „einen als
erfüllbar gedachten Sachverhalt“), sie eher beim
Aufforderungsmodus einzuordnen. Er stellt ferner fest, dass
dieser „Satztyp auf dem Wege der Erstarrung ist“, wie vor
allem folgende Schablonen/Muster/Beispiele belegen: Sei g die
Verbindung zweier Punkte a und b.

2.2.4. Wunschmodus (Wunschsätze, Optativsätze)


Es ist zwischen realen (= erfüllbaren) und irrealen (=
unerfüllbaren) Wunschsätzen zu unterscheiden, vgl. Wenn er
es jetzt nur sagen würde. ↔ Wenn er es doch gesagt hätte.
Merkmale von Wunschsätzen sind Konjunktiv (irreale
Wunschsätze im Konjunktiv Plusquamperfekt), als
satzschließendes Zeichen entweder der Punkt oder das
Ausrufezeichen und die Satzintonation, die fallend ist.
Partikeln, wie doch, bloß, nur, doch nur, doch bloß, können als
Indikatoren dieses Satzmodus angesehen werden. Die Stellung
des finiten Verbs in realen Wunschsätzen ist variabel: V1-
Stellung (Würde er es jetzt nur sagen!), V2-Stellung (Man
stelle sich vor…), VL-Stellung (Wenn er doch endlich ginge.).
V2-Stellung ist bei irrealen Wunschsätzen nicht möglich.

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 25


V3 Zum Phänomen Satz

Wunschsätze wie Wäre er (doch) rechtzeitig zurückgetreten!


betrachtet Eroms (2000: 112) als Ellipsen, d.h. als den ersten
Teil eines noch zu ergänzenden Gebildes/Konstrukts, vgl. Wäre
er (doch) rechtzeitig zurückgetreten, dann hätten wir jetzt
nicht diese Probleme!

2.2.5. Exklamativmodus (Ausrufesätze, Exklamativsätze)


Durch Ausrufesätze wird die emotionale Beteiligung des
Sprechers am Sachverhalt hervorgehoben: Der hat sich
vielleicht geärgert! Wie hat er sich aber auch geärgert! Du bist
mir ein nettes Bürschchen!
Allerdings ist der Exklamativsatz am schwersten
festzumachen. Nach Eroms (2000: 112) spricht für seine
Konstituierung der auch hier vorzufindende Sonderakzent. Er
unterscheidet sich vom Wunschsatz dadurch, dass hier der
Sonderakzent in Form einer Druckverstärkung (= starker
Akzent) besteht, während beim Wunschsatz er in der größeren
Längenausdehnung besteht. Diese Ausrufe können auch als
„besondere Klasse von Aussagesätzen“ aufgefasst werden,
„wenn man das ‚Erstaunen’ als emphatische
Behauptungsklasse werten will“ (vgl. Eroms 2000: 112).
(emphatische = nachdrückliche, flehentliche) Diese Sätze
enden mit einem Ausrufezeichen. Die Intonation ist fallend. Die
Position des Verbs ist variabel. Das Verb steht überwiegend im
Indikativ.

In seiner Grammatik plädiert Eroms dafür, im Baumgraphen


den Satzmodus durch Satzartensymbole zu kennzeichnen, z.B.

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 26


V3 Zum Phänomen Satz

(vgl. Eroms 2000: 113)

S. Aussagesatz
S? Fragesatz
S! Aufforderungssatz
S- Wunschsatz
S\ Exklamativsatz/Ausrufesatz.

Für den Aufforderungssatz Tritt zurück! könnte man dann


folgenden Baumgraphen annehmen (vgl. Eroms 2000: 117):

S!
¦

Vimp ¦
¦
¦ Vpart ¦
¦ ¦ ¦
Tritt zurück!

2.2.6. Satzartliste nach Eroms (2000)


Nach Eroms (2000: 102)21 werden folgende
Kriterien/Parameter (wobei zu beachten ist, dass diese
polyfunktional sind) zur Bestimmung von Satzarten genutzt:
1. (positionelles Merkmal) satzkennzeichnende Position des
finiten Verbs (differenziert u.a. die Hauptsatztypen Hauptsatz versus

Nebensatz): Verberststellung, Verbzweitstellung,


Verbletztstellung
21
Dabei weist Eroms (2000: 102) darauf hin, dass es ideal wäre, Satzarten über ausdrucksseitige
Kriterien eindeutig gegeneinander zu differenzieren und eine Entscheidung nur auf ein einziges
Merkmal zu gründen. Dies sei jedoch nicht möglich, weil materielle Abgrenzungsschwierigkeiten
bestünden und die Kategorie als Satzart als Gesamtheit Probleme aufwürfe. Demzufolge ist auch mit
den Kriterien verbunden, dass diese polyfunktional sind.

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 27


V3 Zum Phänomen Satz

2. (positionelles Merkmal) das zweite Merkmal ist die Stellung


des w-Elements bei w-Fragesätzen
3. (wortbezogenes Merkmal) das Vorkommen von Partikeln
(lexikalische Elemente sind fakultativ (z.B. Partikeln wie
aber, auch, doch, vielleicht können satzartgebunden sein)
oder intern vorhanden oder nicht (z.B. w-Formen bei
Fragesätzen)).
4. (wortbezogenes Merkmal) ein morphologisches Kriterium:
Form des finiten Verbs (vgl. z.B. Indikativ)
5. (intonatorisches Merkmal) Kontur/Art des Intonationsbogens
(= der Offset) (terminale Intonation markiert daneben textuelle
Abgeschlossenheit versus Fortsetzung)

6. (intonatorisches Merkmal) das Vorkommen eines


bestimmten Akzenttyps bei den markierten Satzarten.

Aufgrund dieser Merkmale/Parameter kommt Eroms (2000) zu


folgender Satzartenliste, die er anschließend durch Beispiele
veranschaulicht:
Liste der wichtigsten Satzarten nach Eroms (2000: 106ff.)
Verb- Posi Lexemati- Morphema Off- Ak-
stellu -tion sche -tische set zen
ng Besonder Besonderh t
heit eit
Aussagemodus
1 Verb-Zweit- V2
Aussagesatz V1 doch Indikativ \
2 Verb-Erst-
Aussagesatz
Fragemodus
3 V1 /
Entscheidungsfragesa VL wohl /
tz V2 oder \
4 ob-Verb-Letzt- V2 /
Fragesatz V2 w:V w- /
5Alternativfragesatz or- Pronome
6 Assertivfragesatz feld n

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 28


V3 Zum Phänomen Satz

7 w-Verb-Zweit- V2 /
Fragesatz w:M w-
ittel Pronome
VL feld n /
8 w- w:V
Versicherungsfragesat or- w-
z feld Pronome
n, wohl

9 w-Verb-Letzt-
Fragesatz
Aufforderungsmodus
10 Verb-Erst-/Verb- V1(V2 Imperativ \
Zweit- )
Imperativsatz ja/nur, Indikativ \ X
11 dass- (und ob)- VL nicht
Verb- Konjunktiv \
Letzt- V1(V2 I
Aufforderungssatz )
12 Heischesatz
Wunschmodus
13 Verb-Erst- V1 (doch) Konjunktiv \ X
Wunschsatz VL doch II \ X
14 wenn-Verb-Letzt- Konjunktiv
Wunschsatz II
Exklamativmodus
15 Verb-Erst-/Verb- V1(V2 (vielleich Indikativ \ X
Zweit- ) t)
Exklamativsatz Indikativ \ X
16 Verb-Letzt- VL (so)
Exklamativ Indikativ \ X
satz V2(VL (aber
17 w-Verb- ) auch)
Zweit-/Verb-
Letzt-
Exklamativsatz

1 Der Bundestrainer ist zurückgetreten.


2 Ist der Bundestrainer doch zurückgetreten?
3 Ist der Bundestrainer zurückgetreten?
4 Ob der Bundestrainer wohl zurückgetreten ist?
5 Ist der Bundestrainer zurückgetreten oder bleibt er
im Amt?
6 Der Bundestrainer ist zurückgetreten?
7 Wer ist zurückgetreten?
8 Der Bundestrainer hat was getan?
9 Wer wohl zurückgetreten ist?

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 29


V3 Zum Phänomen Satz

10 Treten Sie zurück!


11 Dass Sie mir ja/nur nicht zurücktreten!
12 Möge er uns noch lange erhalten bleiben!
13 Wäre er (doch) rechtzeitig zurückgetreten!
14 Wenn er doch rechtzeitig zurückgetreten wäre!
15 Ist der doch einfach/Der ist doch einfach
zurückgetreten!
16 Dass er so einfach zurückgetreten ist!
17 Wie hat sich der Bundestrainer (aber auch) geärgert!

Literatur
Dürscheid, Christa (52010): Syntax. Grundlagen und Theorien. Mit einem
Beitrag von Martin Businger. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht (=
UTB 3319).
Eroms, Hans-Werner (2000): Syntax der deutschen Sprache. Berlin/New
York: W. de Gruyter.
Flohr, Horst/Lobin, Henning (2002): Die Struktur von Sätzen: Syntax. In:
Müller, Horst M. (Hrsg.): Arbeitsbuch Linguistik. Paderborn u.a.:
Schöningh (= UTB 2169), 125-147.
Forsgren, Kjell-Åke (1992): Zum Problem des Satzbegriffs im Deutschen.
In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 114,
S. 3-27.
Heringer, Hans Jürgen (1996): Deutsche Syntax dependentiell. Tübingen:
Stauffenburg (= Stauffenburg Linguistik).
Hoffmann, Ludger (1999): Ellipse und Analepse. In: Redder,
Angelika/Rehbein, Jochen (Hg.): Grammatik und mentale Prozesse.
Tübingen: Stauffenburg (= Stauffenburg Linguistik), 69-90.
Kessel, Katja/Reimann, Sandra (22008): Basiswissen Deutsche
Gegenwartssprache. Tübingen/Basel: A. Francke.
Redder, Angelika (2009): Konjunktor. In: Hoffmann, Ludger (Hrsg.):
Handbuch der deutschen Wortarten. Berlin/New York: Walter de
Gruyter, 483-524.
Petrović, Velimir (1995): Einführung in die Syntax des Deutschen. Pécs:
JPTE.
Welke, Klaus (2007): Einführung in die Satzanalyse. Die Bestimmung der
Satzglieder im Deutschen. Berlin/New York: Walter de Gruyter.
Wellmann, Hans (2008): Deutsche Grammatik. Laut. Wort. Satz. Text.
Heidelberg: Universitätsverlag Winter.

Szatmári Petra 2017 (2018) Seite 30

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