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Thema — Rhema: Kurzgeschichte eines linguistischen Begriffspaares

Author(s): Lars Riebold


Source: Archiv für Begriffsgeschichte, 2000, Vol. 42 (2000), pp. 231-237
Published by: Felix Meiner Verlag GmbH

Stable URL: https://www.jstor.org/stable/24361103

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Lars Riebold

Thema - Rhema
Kurzgeschichte eines linguistischen Begriffspaares1

Das komplementäre Begriffspaar >Thema/Rhema<2 ist in der heutigen linguisti­


schen Theoriebildung, vor allem in der Semantik und Pragmatik, von ebenso zen­
traler Bedeutung, wie seine terminologische Fixierung umstritten ist. Dies zeigt
schon die Vielzahl der konkurrierenden Termini.3
>Thema/Rhema< verweist auf das Phänomen, daß sich eine sprachliche Mittei­
lung aus semantischer bzw. kommunikativ-pragmatischer Perspektive in zwei
Teile gliedert: erstens in schon bekannte (alte, vorerwähnte, präsupponierte oder
kontextuell präsente) Information (Thema) und zweitens in neue, bisher unbe­
kannte Information (Rhema). So ist z.B. in der Sequenz »A: Wen hast du getrof­
fen? - B: Deine Mutter (habe ich getroffen)« die in der Frage formulierte Infor­
mation (du hast getroffen) das >Thema< der Antwortäußerung, und die in der
Antwort formulierte neue Information ist ihr >Rhema<.4 Varianten dieses ersten
Definitionstyps, der >Thema/Rhema< »als Klassifikation der semantisch-pragmati­
schen Unterscheidung von alter und neuer Information [...], die konsistent nur
als Präsupposition im Sprechakt zu verstehen ist«5, faßt, werden von Autoren der
Prager Schule, z.B. Petr Sgall6, Udo Fries7 und Jan Firbas8, vertreten, aber
auch in deren weiteren Umkreis, so etwa vom Briten Michael A. K. Halliday9,

1 Dieser Beitrag sollte ursprünglich im Historischen Wörterbuch der Philosophie erscheinen,


konnte aber wegen des zu groß gewordenen Umfangs von Band 10 nicht mehr aufgenommen
werden. Für die Überarbeitung des Artikels ist Herrn Axel Gierke zu danken (Hrsg.).
2 Griech. ÖEpa/pfjpa; engl. theme/rheme', auch: Funktionale Satzperspektive, engl. functional
sentence perspective', auch: Topik/Prädikation, engl. topic/comment.
3 Vgl. Werner Abraham: Artikel »Thema (:Rhema)«. In: ders.: Terminologie zur neueren
Linguistik (Tübingen 21988) 873 f.; Jan van Kuppevelt: Artikel »Topic and Comment«. In: The
Encyclopedia of Language and Linguistics 9, hg. von Ronald E. Asher (Oxford 1994) 4629­
4633, 4629f.; Hadumod Bussmann: Artikel »Thema vs. Rhema«. In: Lexikon der Sprachwissen­
schaft (Stuttgart 21990) 784-786,784f.; Edda Weigand: Zum Zusammenhang von Thema/Rhema
und Subjekt/Prädikat. In: Zeitschrift für germanistische Linguistik 7 (1979) 167-189,167 f.; Philip
H. Cook: Theme, rheme, and focus as grammatical universals (Ann Arbor 1974) 1 ff.; zum Zusam­
menhang der Termini >Thema/Rhema< und >topic/comment< vgl. Hans-Werner Eroms: Funk­
tionale Satzperspektive (Tübingen 1986) 24-30.
4 Das Beispiel stammt von H. Bussmann: Thema vs. Rhema, a. a. O. [Anm. 3] 784.
5 E. Weigand: Zusammenhang, a. a. O. [Anm. 3] 182.
6 Petr Sgall: Focus and contextual boundness. In: Topic and comment, contextual boundness
and focus, hg. von Osten Dahl (Hamburg 1974) 25-51,25.
7 Udo Fries: Textlinguistik. In: Linguistik und Didaktik 7 (1971) 219-234,226.
8 Jan Firbas: Some aspects of the Czechoslovak approach to problems of functional sentence
perspective. In: Papers on functional sentence perspective, hg. von FrantiSek Danes (Prag 1974)
11-37,24.
9 Michael A. K. Halliday: Language structure and language function. In: New horizons in

Archiv für Begriffsgeschichte · Bd. 42 · © Felix Meiner Verlag 2001 · ISSN 0003-8946

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aufgegriffen. Unumstritten ist, daß Definitionen dieser Art einerseits wichtige


Aspekte der kommunikativen Dynamik von Äußerungen erfassen, andererseits
aber weder hinreichend noch eindeutig sind. Beispielsweise ist in der obigen
Sequenz sowohl dem Sprecher als auch dem Hörer die Person, um die es geht,
>bekannt<.10
Von dem eben genannten Typ muß ein zweiter Definitionstyp (»Definition im
aussagentheoretischen Sinn«11) abgegrenzt werden, der auf die traditionelle Un­
terscheidung von Satzgegenstand (»das, wovon die Rede ist«) und Satzaus­
sage (»das, was darüber ausgesagt wird«) abhebt und sich exemplarisch bei Vilem
Mathesius (1882-1945) findet, der zu den Mitbegründern der Prager Schule
zählt: »all sentences [...] contain two basic content elements: a statement and
an element about which the statement is made. [...] The element about which
something is stated may be said to be the basis of the utterance or the theme,
and what is stated about the basis is the nucleus Qi the utterance or the rheme.«12
Auch andere für die Diskussion wichtige Autoren definieren >Thema/Rhema<
auf ähnliche Weise wie Mathesius, so z.B. Frantisek Dane§: »In fast jeder
Aussage unterscheidet man das, worüber etwas mitgeteilt wird {Das Thema)
[!] und das, was darüber mitgeteilt wird {Das Rhema, die Aussage im eige­
nen, engeren Sinne).«13 Diesem Definitionstyp ist jedoch entgegenzuhalten,
daß sich weder inhaltliche noch formale Kriterien finden lassen, mit denen
der Satzgegenstand vom grammatischen Subjekt präzise unterschieden werden
kann.14
Der frühe Noam Chomsky schließlich hat >Thema/Rhema< rein formal-syn­
taktisch, über die Wort- bzw. Satzgliedstellung, zu fassen versucht: »It might be
suggested that Topic-Comment is the basic grammatical relation of surface struc­
ture corresponding (roughly) to the fundamental Subject-Predicate relation of
deep structure. Thus we might define the Topic-of the Sentence [sic!] as the left­
most NP immediately dominated by S in the surface structure, and the Comment-
of the Sentence as the rest of the string.«15 In späteren Versionen der Generativen
Transformationsgrammatik hat Chomsky die stärker semantisch orientierten Be-

linguistics, hg. von John Lyons (Harmondsworth 1970) 140-165,162-164; vgl. zum »britischen
Kontextualismus« Hallidays, welcher der funktionalen Sprachbetrachtung der Prager Schule na­
hesteht, E. Weigand: Zusammenhang, a. a. O. [Anm. 3] 172; Luise Lutz: Zum Thema >Thema<.
Einführung in die Thema-Rhema-Theorie (Hamburg 1981) 80-94.
10 H. Bussmann:Thema vs. Rhema, a. a. O. [Anm. 3] 784; E. Weigand: Zusammenhang, a. a. O.
[Anm. 3] 168-177, bes. 176 f.
11 E. Weigand: Zusammenhang, a. a. O. [Anm. 3] 177.
12 Vilem Mathesius: A functional analysis of present day english on a general linguistic basis
(Paris 1975 [1961]) 81.
13 Frantisek Dane§: Zur linguistischen Analyse der Textstruktur. In: Folia Linguistica 4
(1970) 72-78,72 f.
14 Vgl. E. Weigand: Zusammenhang, a. a. O. [Anm. 3] 177-181, bes. 180.
15 Noam Chomsky: Aspects of the theory of syntax (Cambridge Mass. 1965) 221, Anm. 32.
16 Vgl. N. Chomsky: Deep structure, surface structure, and semantic interpretation. In: Seman-

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Thema - Rhema 233

griffe >presupposition< und >focus< eingeführt, um die in Frage stehenden Phä­


nomene abzudecken.16
Bereits bei Aristoteles findet sich der Ausdruck >Rhema< in seiner Gegen­
überstellung von όνομα und ρήμα. Zudem sollen seine Termini υποκείμενον
(»das Zugrundeliegende«) und κατηγορούμενον (»das dazu Gesagte«)« zwar lo­
gische Begriffe bezeichnen: Aus einer Sprachanalyse entwickelt, weisen sie jedoch
ebenso auf den Umstand hin, daß ein Satz in einen thematischen (expositionel­
len) und einen explizierenden Teil gegliedert ist.17
Die moderne Begriffsgeschichte von >Thema/Rhema< reicht bis in die Mitte
des 19. Jh. zurück.18 Der französische Altphilologe deutscher Herkunft Henri
Weil (1818-1909) wies bereits 1844 darauf hin, daß die lineare Abfolge der Satz­
elemente eine >Denkbewegung< vom Bekannten zum Neuen hin repräsentiert.19
Dieser Gedanke wurde von dem deutschen Sprachforscher Hans Georg Conon
von der Gabelentz (1840-1893) aufgegriffen, der die Termini psychologisches
Subjekt< und psychologisches Prädikat< prägte. Jene psychologischen Begriffe
entwickelte er aus Überlegungen zu einem »vorsynthetischen Standpunkte«20 der
Sprache, von dem aus er den Prozeß der Verknüpfung von ursprünglich syntak­
tisch zusammenhanglosen lautlichen Äußerungen analysierte. Im Zuge dessen
nennt er »dasjenige [...], was mein Denken anregt, worüber ich nachdenke, mein
psychologisches Subject, und dann das, was ich darüber denke, mein psychologi­
sches Prädicat«.^ Diese Unterscheidung sei nicht identisch mit der zwischen
grammatischem Subjekt und Prädikat: »In dem Sprichworte: >Mit Speck fängt
man Mäuse< ist das grammatische Subject >man<. Ganz gewiß ist das aber nicht
das psychologische Subject, nicht Dasjenige, wovon die Rede ist.«22
Der Sprachpsychologe Hermann Paul (1846-1921) behandelte etwa zur glei­
chen Zeit die mit den beiden Termini verbundenen Fragen.23 Er formulierte als

tics. An interdisciplinary reader in philosophy, linguistics and psychology, hg. von Danny D.
Steinberg I Leon A. Jakobovits (Cambridge Mass. 1971) 183-216, 205 ff.; L. Lutz: Einführung,
a.a.O. [Anm. 9] 13.
17 Eduard Bene§: Thema-Rhema-Gliederung und Textlinguistik. In: Studien zur Texttheorie
und zur deutschen Grammatik. Festgabe für Hans Glinz zum 60. Geburtstag, hg. von Horst Sitta
/ Klaus Brinker (Düsseldorf 1973) 42-62,42.
18 Zum folgenden vgl. L. Lutz: Einführung, a.a.O. [Anm. 9] 11-15; Eduard BeneS:Thema-
Rhema-Gliederung, a.a.O. [Anm. 17] 42f.; P. SGALL:The czech tradition. In: Syntax. Ein interna­
tionales Handbuch zeitgenössischer Forschung. Halbbd. 1, Vol. 1, hg. von Joachim Jacobs / Arnim
von Stechow / Wolfgang Sternefeld / Theo Vennemann (Berlin, New York 1993) 349-368,
355 ff.
19 Vgl. Henri Weil: De Γordre de mots dans les langues anciennes comparees aux langues
modernes (Paris 31879 [1844]) 11.
20 Georg von der Gabelentz: Die Sprachwissenschaft, ihre Aufgaben, Methoden und bishe­
rigen Ergebnisse (Leipzig 1901); Repr. in: History of Linguistics. 18th and 19th Century German
Linguistics. Bd. 7 (London, Tokio 1995) 365.
2i Ebd. 369 f.
22 Ebd. 370.
23 Vgl. Hermann Paul: Principien der Sprachgeschichte (Halle 21886) 99 ff.

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»durchgehendes gesetz [sic!]«, daß »das psychologische prädicat als das bedeutsa­
mere, das neu hinzutretende stets das stärker betonte element«24 sei, und wies die
Annahme zurück, daß das »psychologische Subjekt< formal durch seine Stellung
am Anfang einer Äußerung definiert sei: »Der subjectsbegriff ist zwar immer
früher im bewusstsein des sprechenden, aber indem er anfängt zu sprechen, kann
sich der bedeutsamere prädicatsbegriff schon so in den Vordergrund drängen,
dass er zuerst ausgesprochen und das subject erst nachträglich angefügt wird.«25
Erst der Sprachphilosoph Hermann Ammann (1885-1956) kritisierte die
Mehrdeutigkeit des Ausdrucks »psychologisches Subjekt/Prädikat< und führte in
einer 1928 erschienenen Schrift statt dessen die Termini >Thema< für den »Gegen­
stand der Mitteilung« und >Rhema< für »das Neue, das was ich dem Hörer über
das Thema zu sagen habe«,26 ein. Er wies darauf hin, daß für die Gliederung einer
Mitteilung in alte und neue Aspekte verschiedene Faktoren eine Rolle spielen, so
vor allem die »Differenz der Bewußtseinslage zwischen Sprechendem und Hörer,
die das Wesen der Mitteilung konstituiert«27, aber z. B. auch die Sprechermoti­
vation sowie die Einbettung der Äußerung in den situativen und sprachlichen
Kontext.28
V. Mathesius löste sich endgültig vom >Psychologismus< der deutschen Jung­
grammatiker und konzentrierte sich auf rein linguistische, sprachvergleichende
Untersuchungen über die Gesetzmäßigkeiten der Wortfolge.29 Er unterschied
eine formal-grammatische von einer »informationstragenden Struktur« des Sat­
zes, die er »aktuale Satzgliederung« bzw. »Satzperspektive« nannte: »Während die
formale Gliederung die Zusammensetzung des Satzes aus den grammatischen
Elementen betrifft, handelt es sich bei der aktualen Satzgliederung um die Art
und Weise, in der der Satz in den Sachzusammenhang eingebettet ist, aus dem
heraus er entstanden ist. [...] die Grundelemente der aktualen Satzgliederung sind
der Ausgangspunkt der Aussage, d. h. das, was in der gegebenen Situation bekannt
oder zumindest evident ist und wovon der Sprecher ausgeht, und der Kern der
Aussage, d. h. das, was der Sprecher über den Ausgangspunkt der Aussage oder im
Hinblick darauf aussagt.«30

24 Ebd. 101.
25 Ebd. 102.
26 Hermann Ammann: Die menschliche Rede. Sprachphilosophische Untersuchungen. Teil II
(Repr. Darmstadt 1974 [Lahr 1928]) 141; zu >Thema< vgl. bereits ders.: Die Stellungstypen des la­
teinischen attributiven Adjectivums und ihre Bedeutung für die Psychologie der Wortstellung auf
Grund von Ciceros Briefen an Atticus untersucht. In: Indogermanische Forschungen 29 (1911/12)
1-121,14-23, insbes. 15: »Das Thema stellt gleichsam den Kristallisationskern dar, an den der neu
mitzuteilende Inhalt anschießen [!] soll.«
27 H. Ammann: Die menschliche Rede, a. a. O. [Anm. 26] 141.
28 Vgl. ebd. 139-161.
29 Vgl. V. Mathesius: Zur Satzperspektive im modernen Englisch. In: Archiv für das Studium
der neueren Sprachen und Literaturen 155/156 (1929) 202-210.
30 V. Mathesius: o.T [1939]. In: Postilla Bohemica 2 (1972) 16-22, 16f; vgl. L. Lutz: Ein­
führung, a. a. O. [Anm. 9] 12,16.

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Thema - Rhema 235

Der für die Thema/Rhema-Diskussion fundamentale Forschungsansatz Ma-


thesius’ wird von seinen Schülern bzw. von Anhängern der Theorierichtung der
Prager Schule (z.B. Eduard Bene§ , E Danes, J. Firbas, P. Sgall, Josef Vachek
u. a.) unter dem Namen »Funktionale Satzperspektive< bis heute weitergeführt.31
Inhaltlich geht es dabei unter anderem um Fragen nach der Wortstellung, dem
Zusammenhang von Satzakzent und Satzbedeutung sowie nach dem Verhältnis
zwischen »Thema/Rhema< einerseits und »Subjekt/Prädikat< andererseits.32 Un­
umstritten ist, daß die Regeln der Wortstellung sowie die Verteilung des Satzak­
zents die Thema/Rhema-Struktur einer sprachlichen Mitteilung wesentlich deter­
minieren. Darüber hinaus sind sich heute alle Autoren darin einig, daß die
Thema/Rhema-Struktur von der Subjekt/Prädikat-Struktur strikt zu unterschei­
den ist, auch wenn erstere in vielen einfachen Aussagesätzen, sofern ein Standard­
intonationsmuster und eine Standardwortstellung gegeben sind, mit letzterer
koinzidiert (z. B. ist in »»Fritz ißt einen Apfel« die Konstituente Fritz unter den o. g.
Voraussetzungen ebenso grammatisches Subjekt wie Thema des Satzes).33
Hervorzuheben unter den Theoretikern der Prager Schule ist erstens J. Firbas,
der anders als die bislang erwähnten Autoren nicht von einer binären Aufteilung
des Satzes in Thema und Rhema ausgeht, sondern »Thema/Rhema< als graduier­
bare Begriffe bestimmt. Die Elemente eines Satzes unterscheiden sich ihm zufol­
ge in ihrem »»Grad an kommunikativer Dynamik«, können also mehr oder weni­
ger thematisch bzw. rhematisch sein: »»Assuming that any linguistic element [...]
expressing some meaning is capable of carrying a degree of CD [= communicative
dynamism], we arrive at a gamut of degrees of CD constituted by theme proper,
rest of rheme, transition proper, rest of transition, rheme to the exclusion of
rheme proper, rheme proper.«34
Zweitens hat P. Sgall verschiedene Varianten eines heftig diskutierten »Frage-
tests< (question test) entwickelt, der zur Identifikation von Thema und Rhema in
Sätzen und Äußerungen dienen soll: »»In simple cases we can say immediately on the

31 Vgl. z.B. den Sammelband: Papers on functional sentence perspective, a.a.O. [Anm. 8];
P. Sgall:The czech tradition, a.a.O. [Anm. 18]; L. Lutz: Einführung, a.a.O. [Anm. 9] 105ff.; H.-
W. Eroms: Satzperspektive, a.a.O. [Anm. 3]; Hans-Heinrich Lieb: Integrational Linguistics. In:
Syntax, a. a. O. [Anm. 18] 430-469,459: »view functions«; H. Bussmann: Thema vs. Rhema, a. a. O.
[Anm. 3] 785.
32 Vgl. P. Sgall:The czech tradition, a.a.O. [Anm. 18]; J. van Kuppevelt:Topic and Com­
ment, a. a. O. [Anm. 3] 4630f.; V. Mathesius: A functional analysis, a. a. O. [Anm. 12]; E. Weigand:
Zusammenhang, a. a. O. [Anm. 3].
33 Vgl. einen Standardtext zu diesem Aspekt, nämlich E. Weigand: Zusammenhang, a.a.O.
[Anm. 3]; Longman dictionary of applied linguistics, hg. von Jack C. Richards / John T. Platt I
Heidi Weber (Harlow, Essex 21987) 296; Dictionary of language and linguistics, hg. von Rein­
hard R. K. Hartmann / Francis C. Stork (London 1972) 239; Theodor Lewandowski: Lingu­
istisches Wörterbuch 3 (Heidelberg 51990) 1183; vgl. aber Mario Pei: Artikel »comment« und
Artikel »topic«. In: ders.: Glossary of linguistic terminology (New York, London 1966) 44,279.
34 J. Firbas: Some aspects, a.a.O. [Anm. 8] 25; vgl. E. Weigand: Zusammenhang, a.a.O.
[Anm. 3] 170f.; P. Sgall:The czech tradition, a.a.O. [Anm. 18] 355.

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basis of a possible question [...] which part of the sentence is the topic and which
is the comment: the elements that are necessarily present in the question belong
to the topic; those that cannot be in the question belong to the comment«.35
Schließlich wurde von E Danes vorgeschlagen, die Thema/Rhema-Unter­
scheidung von Sätzen und Äußerungen auf Texte zu übertragen: »[...] jeder Text
[kann] als eine Sequenz von Themen betrachtet werden [...]. Die eigentliche the­
matische Struktur des Textes besteht dann in der Verkettung und Konnexität der
Themen, in ihren Wechselbeziehungen und ihrer Hierarchie, in den Beziehungen
zu den Textabschnitten und zum Textganzen, sowie zur Situation. Diesen ganzen
Komplex von thematischen Relationen im Text nenne ich die thematische Pro­
gression (TP). Diese Progression stellt das Gerüst des Textaufbaus dar.«36 Die
heutige Textlinguistik hat diese Überlegungen aufgegriffen.37
Außerhalb der Prager Schule sind Karl Boost in Deutschland,38 Jean-Marie
Zemb in Frankreich39 und Μ. A. K. Halliday in England40 für die Thema/
Rhema-Diskussion wichtige Autoren. In der amerikanischen Linguistik hat
Charles F. Hockett die Thema/Rhema-Unterscheidung der Sache nach un­
ter der Bezeichnung topic/comment< in die Diskussion eingeführt: »The most
general characterization of predicative constructions is suggested by the terms
>topic< and >comment< for their ICs: the speaker announces a topic and then says
something about it.«41 Hockett hat außerdem den universellen Charakter der
entsprechenden Phänomene hervorgehoben 42
Zu den wenigen Philosophen, die sich zumindest zum Begriff >Thema< (topic)
im hier relevanten Sinn äußern,43 gehört Gilbert Ryle.44 Er unterscheidet drei

35 P. Sgall: Focus and the question test. In: Folia Linguistica 7 (1975) 301-305, 302; vgl. E.
Weigand: Zusammenhang, a. a. O. [Anm. 3] 175 f.; J. van Kuppevelt: Topic and Comment, a. a. O.
[Anm. 3] 4631; Th. Lewandowski: Wörterbuch, a. a. O. [Anm. 33] 1183.
36 F. Dane§: Textstruktur, a.a.O. [Anm. 13] 74.
37 Vgl. U. Fries:Textlinguistik, a.a.O. [Anm. 8]; L. Lutz: Einführung, a.a.O. [Anm. 9] 108f.;
H.-W. Eroms: Satzperspektive, a.a.O. [Anm. 3] 81-97; Th. Lewandowski: Artikel »thematische
Progression«, a. a. O. [Anm. 33] 1184.
38 Vgl. Karl Boost: Neue Untersuchungen zum Wesen und zur Struktur des deutschen Sat­
zes: Der Satz als Spannungsfeld (Berlin 51964 [1955]); dazu: L. Lutz: Einführung, a. a. O. [Anm. 9]
14; H.-W. Eroms: Satzperspektive, a. a. O. [Anm. 3] 32-58.
39 Vgl. Jean-Marie Zemb: Les structures logiques de la proposition allemande (Paris 1968);
dazu: L. Lutz: Einführung, a.a.O. [Anm. 9] 95-104;H.-W. Eroms: Satzperspektive, a.a.O. [Anm.
3] 19-24.
40 Vgl. Μ. A. K. Halliday: Language structure, a.a.O. [Anm. 9]; dazu: E. Weigand: Zusam­
menhang, a. a. O. [Anm. 3] 172; L. Lutz: Einführung, a. a. O. [Anm. 9] 80-94.
41 Charles F. Hockett: A course in modern linguistics (New York 1958) 201.
42 Vgl. Ch. F. Hockett: The problem of universals in language. In: Universals of language, hg.
von Joseph H. Greenberg (Cambridge Mass. 21966 [1963]) 1-29,23; dazu: L. Lutz: Einführung,
a. a. O. [Anm. 9] 13.
43 Im Philosophers Index 1940-1996 sind unter dem Stichwort >Thema/Rhema< 0 Einträge,
unter >theme/rheme< 1 Eintrag und unter >topic/comment< im hier relevanten Sinne 5 Einträge
verzeichnet.
44 Gilbert Ryle: >About<. In: Analysis 1 (1933) 10-12.

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Thema - Rhema 237

Bedeutungsvarianten des Satzes »S handelt von Q«, die er als »purely linguistic«45
charakterisiert. Darunter gibt es eine Variante, um die es im gegebenen Kontext
geht. »S handelt von Q« heißt dann, »that the sentence S is part of a conversation
or discourse and that S and all or most of the other sentences [...] are alike in con­
taining the noun [...] >Q< [...]. So >Q< signifies what is the central topic of the con­
versation [...], which is >about< Q in the sense of revolving around it.«46 Auf ähn­
liche Weise bestimmt auch Peter F. Strawson im Kontext referenztheoretischer
Überlegungen den Ausdruck >topic<47

Abstract
This article reviews the history of the interconnected terms - known already to
Aristotle - »thema/rhema«, placing particular emphasis on the research approach
of the School of Prague. In addition, it makes reference to the different usage of the
terms in contemporary linguistic schools.

45 Ebd.ll.
46 Ebd. 10; vgl. dazu J. van Kuppevelt: Topic and Comment, a. a. O. [Anm. 3] 4630.
47 Peter F. Strawson: Identifying reference and truth-values. In: Semantics, a.a.O. [Anm. 16]
86-99,97 f.

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