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PRÜFUNGSTHEMEN LEXIKALISCHE SEMANTIK

1. Definieren Sie: Sem, Lexem, Semem (V 1)


Im Mittelpunkt der Untersuchungen der lexikalischen Semantik stehen das Wort und seine
Bedeutung(en). In der Fachliteratur wird statt „Wort“ häufig der Terminus Lexem (auch
„lexikalische Einheit“) benutzt, wobei es da einen kleinen Unterschied gibt. Als „Wörter“ verstehen
wir generell einzelne Elemente des Wortschatzes, während Lexeme sowohl Einzelwörter als auch
Zusammensetzungen, Ableitungen oder feste Wortverbindungen sind und folglich kann das Lexem
ein Einzelwort sein oder mehrere zusammenhängende Wörter umfassen.
Die Elemente der Bedeutung (auch Bedeutungsmerkmale oder Bedeutungskomponenten
genannt) heißen Seme.
Die Anzahl der Seme, die wir bei der Beschreibung einer Bedeutungsstruktur aufzählen, hängt
davon ab, wie genau wir die Bedeutung beschreiben wollen. Alle Seme, die zur Bedeutungsstruktur
eines Lexems gehören, bilden zusammen ein Semem.

2. Definition und Entstehung der Polysemie (V 2, V 3)


Unter Polysemie (Mehrdeutigkeit) versteht man die Fähigkeit der Wörter, nicht nur eine,
sondern mehrere Bedeutungen zu haben.Polyseme (mehrdeutige) Wörter benennen folglich mehrere
Sachen, Gegenstände, Erscheinungen usw.
Die Polysemie ist die Grundeigenschaft der Wörter und das bedeutet, dass jedes Wort einer
Sprache potentiell mehrdeutig sein kann. So ist die Polysemie eine allgemeinsprachliche
Erscheinung, die für alle natürlichen Sprachen charakteristisch ist.
Die häufigste Ursache der Polysemie ist die Notwendigkeit, neue Realien (Gegenstände,
Prozeduren, Erscheinungen usw.) zu benennen, wobei es ‒ nach dem Prinzip der Sprachökonomie ‒
am einfachsten ist, dafür bereits existierende Wörter des Wortschatzes zu verwenden. Diese Wörter
erhalten zusätzliche, und zwar übertragene Bedeutungen. Die Übertragung der Benennung von einer
Sache auf die andere erfolgt nicht zufällig, sondern auf 2 Arten:

1. aufgrund der Ähnlichkeit (metaphorische Übertragung)


2. aufgrund logischer Relationen und Assoziationen (metonymische Übertragung)
3. Metapher und Metonymie (V 3)
Im Falle der Metapher (der metaphorischen Übertragung) handelt es sich um einen
Vergleich zwischen zwei Gegenständen oder Sachverhalten, die mindestens eine Eigenschaft/ein
Merkmal gemeinsam haben. Diese gemeinsame Eigenschaft, auf der der Vergleich beruht, nennt
man Tertium comparationis. Die Sachen, die dieselbe Benennung haben, müssen folglich eine
gewisse Ähnlichkeit aufweisen. Dabei wird der Vergleich nicht mit Hilfe des Wortes „wie“
ausgedrückt, deshalb ist es ein latenter Vergleich. Ein Wort, das bisjetzt eine Bedeutung hatte, erhält
noch eine andere, übertragene Bedeutung.

süß (Ähnlichkeit einer konkreten und einer abstrakten Eigenschaft)


= ein angenehmer Geschmack
= süßes Kind (herzig, lieb)
kommen (Personifizierung)
= auf den Sprecher zu gerichtete Fortbewegung
= der kommende Tag (der folgende/ nächste Tag)

Anders als bei der Metapher gibt es im Falle der Metonymie keine Ähnlichkeit zwischen den
Gegenständen und Sachverhalten, sondern gewisse logische Relationen und Assoziationen. Deshalb
basiert die Metonymie nicht auf einem Vergleich, sondern eben auf diesen logischen Relationen und
Assoziationen. Die Übertragung einer bereits existierenden Benennung auf einen zweiten
Gegenstand oder Sachverhalt findet also deshalb statt, weil es zwischen diesen eine logische
Verbindung gibt.

das Dach
= ein Dach über dem Kopf haben (ein Obdach/eine Wohnung haben); pars pro toto (ein Teil
für das Ganze)
die Stadt
= die Stadt besichtigen (bestimmte Teile der Stadt besichtigen); totum pro parte (das Ganze
für einen Teil)
4. Der Unterschied zwischen Polysemie und Homonymie (V 4)
Im Unterschied zur Polysemie handelt es sich bei der Homonymie nicht um unterschiedliche
Bedeutungen desselben Lexems, sondern um ganz verschiedene Wörter.
Die Abgrenzung zwischen Polysemie und Homonymie ist nicht immer eindeutig zu treffen
und deshalb wird manchmal darauf verzichtet. In der lexikographischen Praxis, also beim Verfassen
von Wörterbüchern, ist diese Unterscheidung trotzdem wichtig, denn polyseme Wörter werden als
ein einziges Lemma (Stichwort) eingetragen und alle Bedeutungen werden der Reihe nach
aufgelistet, während Homonyme als separate Lemmata erscheinen, z.B.:

1 der Kater: männliche Katze


2 der Kater: schlechter Zustand nachdem man viel Alkohol getrunken hat

5. Die Differenzierung der Synonyme (V 5)


Wenn es zwischen den Synonymen Unterschiede einer bestimmten Art gibt, dann handelt es
sich um unvollständige (partielle) Synonymie. Ihre Differenzierung (Unterscheidung) wird nach
folgenden Kriterien gemacht:

1. Nach den Bedeutungsmerkmalen (nach den semantischen Merkmalen)


Die Hauptmerkmale der Synonyme sind gleich, aber sie unterscheiden sich durch
semantische Nebenmerkmale, z.B.
das Ufer (= Rand eines Gewässers)
die Küste (= Ufer eines Meeres oder Ozeans)
der Strand (= flaches Ufer eines Gewässers, meist Meeres/Ozeans, oft mit Sand bedeckt)
der Kai (= befestigtes Ufer im Hafen, an dem die Schiffe anlegen können)
2. Nach dem kontextuellen Gebrauch (nach den möglichen Kontextpartnern)
Im Falle dieser Lexeme liegt Polysemie vor, deshalb können sie nur in bestimmten
Kontexten als Synonyme auftreten, z.B.:
sauber = rein: Hände, Kleider, Wohnung, Wasser (frei von Schmutz)
sauber: Arbeit, Charakter (den Normen und Erwartungen entsprechend)
rein: Gold, Farbe (nicht vermischt); Gewissen (ohne Schuld)
3. Nach der stilistischen Markierung (nach der Stilebene)
Die Synonyme haben in diesem Fall zwar die gleiche Bedeutung und können auch in
diversen Kontexten ausgetauscht werden, aber sie gehören zu unterschiedlichen Stilebenen
(Stilschichten) und sind folglich normalsprachlich (stilistisch neutral) bzw. stilistisch markiert:
gehoben/poetisch, umgangssprachlich/salopp oder vulgär, z.B.:
das Gesicht (normalsprachlich) ‒ das Antlitz (gehoben) ‒ die Fresse (vulgär)
die Welle (normalsprachlich) ‒ die Woge (poetisch)
stehlen (normalsprachlich) ‒ klauen (umgangssprachlich)
essen (normalsprachlich) ‒ speisen (gehoben) ‒ futtern (umgangssprachlich) ‒ fressen
(vulgär)

6. Die Relation zwischen Polysemie, Synonymie und Antonymie (V 6)


1. Die Relation zwischen Polysemie und Synonymie
Ein mehrdeutiges Wort kann mehrere synonymische Relationen haben, z.B.:
heiter
(Wetter/Himmel): sonnig, klar, wolkenlos
(Mensch/Stimmung): froh, gutgelaunt, fröhlich

2. Die Relation zwischen Polysemie und Antonymie


Ein mehrdeutiges Wort kann mehrere antonymische Relationen haben, z.B.:
heiter
(Wetter/Himmel): wolkig, bewölkt, trüb
(Mensch/Stimmung): traurig, bedrückt, betrübt

3. Die Relation zwischen Synonymie und Antonymie


Die Lexeme, die Synonyme sind, können dasselbe Antonym haben, z.B.:
groß, riesig, lang, breit, enorm vs. klein
Die Antonyme eines Lexems können zueinander in einer synonymischen Relation stehen,
z.B.:
langsam vs. schnell, rasch, geschwind, flink
7. Erklären Sie die Begriffe Monosemierung und Kontext (V 7)
Mit Hilfe der Kontextpartner findet die Monosemierung statt, das heißt ein polysemes Wort
wird monosemiert (eindeutig gemacht). Auch im Falle der Homonymie wird es mit Hilfe
bestimmter Kontextpartner klar, um welches Homonym es sich handelt.
Im Falle der semantischen Relationen der Synonymie und der Antonymie sind es ebenfalls
die Kontextpartner, die das treffende Synonym bzw. Antonym bestimmen, z.B.:
Synonymie
offenes Fenster: geöffnetes/aufgemachtes Fenster
offener Mensch: aufrichtiger/ehrlicher Mensch
offene Frage: beantwortete/geklärte Frage
Antonymie
offenes Fenster: geschlossenes/zugemachtes Fenster
offener Mensch: verlogener/unehrlicher Mensch
offene Frage: beantwortete/geklärte Frage

Die Verständlichkeit und die Eindeutigkeit einer Aussage hängen folglich vom Kontext ab.
Der Kontext betrifft einerseits die Kontextpartner, also die anderen lexikalischen Elemente
(Wörter) und andererseits den gesamten Rahmen der Kommunikation, also die außersprachlichen
Informationen. Entsprechend ergibt sich die Unterscheidung zwischen dem sprachliche und dem
außersprachliche Kontext.

8. Definition und Klassifikation der Phraseologismen (V 8)

Phraseologismen sind feste Wortverbindungen, die aus mehreren (mindestens zwei)


Wörtern bestehen (d.h. sie sind polylexikalisch). Andere Benennungen dafür sind idiomatische
Wendungen, Phraseme oder Phraseolexeme. Die Disziplin der Sprachwissenschaft, die sich mit dem
Studium der Phraseologismen beschäftigt, heißt Phraseologie. Außerdem bezeichnet die
Phraseologie auch die Gesamtheit der Phraseologismen einer Sprache. Da die Phraseologismen feste
Einheiten darstellen, werden sie lexikographisch (also in Wörterbüchern) festgehalten.
Eine mögliche Klassifikation der Phraseologismen ergibt folgende Arten:
1. Phraseologische Wortverbindungen
Sie enthalten im Allgemeinen ein Substantiv und sind nicht immer mit der übertragenen
Bedeutung zu verstehen. Darunter gibt es auch Benennungen aus den Bereichen Geschichte und
Geographie.
stumm wie ein Fisch
der springende Punkt
der Erste/Zweite Weltkrieg
das Schwarze Meer
2. Funktionsverbgefüge
Ihre Gesamtbedeutung kann meistens aus der Bedeutung ihrer Komponenten verstanden
werden. Sie sind auch im Allgemeinen durch ein einfaches Verb ersetzbar.
eine Entscheidung treffen = (etw.) entscheiden
in Ordnung bringen = ordnen
eine Frage stellen = fragen
3. Wortpaare (Zwillingsformeln)
Ihre besonderen (aber nicht obligatorischen) Merkmale sind die Wiederholung des
Substantivs, der Endreim oder die Alliteration.
Wort für Wort
Schulter an Schulter
Freud und Leid
Freund und Feind
dann und wann
4. Redewendungen
Die Bedeutung dieser Phraseologismen ist immer übertragen (metaphorisch) zu verstehen.
Sie enthalten ein Verb im Infinitiv, das im gegebenen Kontext konjugiert wird.
aus dem Rahmen fallen
wie ein begossener Pudel dastehen
dastehen wie der Ochs am Berg
5. Redensarten
Diese Phraseologismen sind feste Satzkonstruktionen und werden vor allem in der
mündlichen Kommunikation als in den Kontext passende Kommentare bzw. Antworten verwendet.
Der Ton macht die Musik.
Das ist kalter Kaffee.
6. Sprichwörter
Sprichwörter sind meistens ebenfalls feste Satzkonstruktionen, die formal oft Endreim
aufweisen. Sie enthalten in konzentrierter Form die Lehre einer Lebenserfahrung.
Morgenstunde hat Gold im Munde.
Übung macht den Meister.
Hunde, die bellen, beißen nicht.
7. Zitate (Geflügelte Worte)
Im Falle der Zitate ist die Tatsache wichtig, dass sie auf einen Autor und ein Werk oder auf
einen Kontext und eine Person bezogen werden können. Der Form nach sind die Zitate nicht immer
komplette Sätze. Sie werden häufig in andere Sprachen übersetzt, sodass sie Äquivalente in
verschiedenen Sprachen haben.
Liebe macht blind. (Platon)
Viel Lärm um nichts (W. Shakespeare)
Zeit ist Geld. (B. Franklin)
8. Kommunikative Formeln (Routineformeln)
Bei dieser letzten Gruppe handelt es sich um feste Wortverbindungen, die in bestimmten
Situationen gebraucht werden. Für den mündlichen und schriftlichen Gebrauch der Routineformeln
gibt es Normen und Regeln, und zwar pragmatische Normen für das Verhalten in bestimmten
Situationen (z.B. Gruß- und Dankformeln) oder Regeln für das Verfassen von Briefen/E-Mails
(Anrede- und Grußformeln). Einige Routineformeln werden vor allem in der mündlichen
Kommunikation als Kontakt- oder als Kommentarformel verwendet.
Guten Abend!
Herzlichen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Bis bald!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Meine Damen und Herren!
Wie geht’s?

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