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dem Aufbau von Wörtern auseinander. Morphologie beschäftigt sich mit zwei
grundlegenden Prozessen, nämlich Flexion und Wortbildung.
Morphologie ist die Lehre von Formen, Gestalten und Strukturen von Wörtern.
à Die Morphologie beschäftigt sich unter anderem damit wie Sprecher Wörter
bilden, welche Regularitäten bezüglich der Wortbildung und Flexion bestehen
und welches intuitive Wissen über (diesen Teil von) Sprache sie somit haben
müssen.
àDas Morphem ist eine Klasse/Menge von Morphen, die denselben Wert, das
heißt, dieselbe Bedeutung – bei identischer oder ähnlicher Ausdrucksseite –
haben.
Lexikalische Morpheme:
Lexikalische Morpheme, sind Morpheme, die eine Bedeutung haben. Sie etwas
Reales, Konkretum oder ein Abstraktum, oder etwas Irreales z.B. Hexe,
Einhorn.
Inhaltswörter
• Nomen: Hund, Mut, Philosophie
• Verben: lernen, betrachten, zerschneiden
• Adjektive: traurig, reizbar, sanft
• Adverben: ordentlich, angenehm
Funktionswörter:
• Pronomen: ich, sie, uns
• Verben: bin, hatte, sollte
• Artikel: der, des, eine
• Demonstrative: diesem, jener
• Adverben: nicht, sehr
• Präpositionen: in, bei, an
à Inhaltswörter stellen eine offene Klasse dar, das heißt ihre Anzahl ist
prinzipiell unbeschränkt und es können immer neue gebildet werden.
Funktionswörter bilden dagegen ein geschlossene Klasse, ihre Anzahl ist
beschränkt.
Morph = Morphe sind Phonem- (oder Graphem-) Sequenzen, die ein Morphem
in bestimmten Umgebungen repräsentieren. Die unterschiedlichen
Realisierungen eines Morphems werden Morphs genannt. Mit dem Begriff
„Morph“ beziehen wir uns auf die Einzelvorkommen der konkreten
Realisierung eines Morphems.
à Das Morph ist das kleinste formale Bauelement der Sprache.
à Ein einzelnes Wort kann aus einem oder mehreren Morphemen bestehen.
Das Allomorph ist eine Variante des Morphems, die in einer bestimmten
phonemischen, grammatikalischen oder lexikalischen Umgebung vorkommt.
à Ein Lexem ist eine abstrakte Einheit die als eine Menge von Wortformen
angesehen werden kann. Man kann sie vergleichen mit Wörterbucheinträgen.
Lexeme sind Bestandteile des mentalen Lexikons.
Bei einem Lexem handelt es sich um eine abstrakte Einheit, welche die
Eigenschaften eines Wortes verzeichnet, die nicht durch Regeln vorhersagbar
sind:
1. Die phonologische Form
2. Die lexikalische Bedeutung
3. Wortart
4. Irreguläres grammatikalisches Verhalten
à Ein Lexem repräsentiert eine Menge der Wörter, die durch invariante
Eigenschaften definiert.
Das Lexem Hören umfasst also alle dazugehörigen Wortformen {höre, hörst,
hört, gehört,...}.
Die Menge von Wortformen eines Lexems wird auch als Paradigma bezeichnet.
Beispiele:
• Kinder: {Kind} ist das Lexem + {Kinder} ist die Wortform des Lexems +
{er} die grammatische Information Plural.
à Lexeme sind:
• Flektierbar: konjugierbar (insbesondere Tempus) oder deklinierbar
(nach dem Kasus).
• Nicht flektierbar (Partikel: mit, ohne, durch, auf, und, aber, als, weil, nein,
bitte, hallo, gestern, oben, umsonst etc.).
Lexemverband = Mit dem Begriff Lexemverband beziehen wir uns auf Stämme,
die von einer gemeinsamen Wurzel abgeleitet werden, aber nicht unbedingt zur
selben Wortart gehören müssen: schlagen, Schläger, Schlag, geschlagen.
Schlagen und Schläger sind zwei verschiedene Lexeme, denn ihre Bedeutung ist
nicht gleich und sie gehören unterschiedliche Wortarten an, aber sie sind beide
von der Wurzel schlag- abgeleitet.
Lexikon = Das Lexikon einer Sprache ist die Menge der Lexeme (Konzepte)
dieser Sprache.
Wortbildung = Sie bezeichnet den Prozess der Bildung von neuen Wörtern aus
bestehenden Wörtern.
Stamm = Ein Stamm ist der lexikalische Teil einer Wortform, der ihr Lexem
repräsentiert, also nach Abzug jeglicher Flexion.
Wenn man z.B. von der Konjugationsform verliefest zunächst die Personal- und
Modusflexion abzieht, erhält man den Präteritalstamm verlief. Und wenn man
von dem noch die Tempusflexion abzieht, erhält man den Stamm verlauf.
Ein Stamm kann Ausgangspunkt zur Bildung von flektierten Wortformen sein.
à Ein Stamm ist die morphologische Form eines Wortes abzüglich aller
Funktionsmorpheme.
à Ein Stamm enthält notwendigerweise eine Wurzel (in diesem Falle lauf).
à Ein Stamm ist ein Morphem, an das sich andere Morpheme anhängen, so wie
sich in ein- an den Stamm sicht hängt: Ein-sicht.
à Ein Stamm ist einfach (wie Einsicht), wenn er nur aus einem Morphem
besteht. Er ist komplex (wie einsichtig), wenn er aus mehreren Teilen besteht.
Ein Stamm ist der Teil eines Wortes, an den die Flexionsaffixe angefügt werden.
In dem englischen Wort derivations ist das auslautende „s“ ein Flexionssuffix
(Plural). Wenn wir dieses abstreichen bleibt der Stamm derivation übrig. Dieser
ist mit den Affixen -at und -ion aus der Wurzel deriv abgeleitet.
à Wortstrukturregeln:
Basis = Jede Form, an die ein Affix angefügt werden kann, ist eine Basis.
Wurzel = Die Wurzel ist ein Stamm, der nicht mehr in kleinere Einheiten zerlegt
werden kann. Jede Wurzel ist zugleich ein Stamm, aber nicht jeder Stamm auch
eine Wurzel.
Eine Wurzel ist die Grundform eines Wortes, die ohne Identitätsverlust nicht
weiter analysiert werden kann. Es ist der Teil des Wortes, der verbleibt, wenn
alle Affixe entfernt werden.
Ein Stamm kann Ausgangspunkt zur Bildung von flektierten Wortformen sein.
Affixe = Affixe lassen sich hinsichtlich ihrer Position relativ zum Stamm
unterteilen: Ein Affix, das nach einem Stamm folgt, nennt man Suffix. Ein Affix,
das vor einem Stamm steht, nennt man ein Präfix. Es gibt Affixe, die einen
Stamm „umklammern“, diese nennt man Zirkumfixe, ge- -t ist ein Zirkumfix,
denn es gehört zusammen.
à Ein Lexem ist ein Wort mit bestimmten Eigenschaften, so wie es im Lexikon
verzeichnet ist. Lexeme kann man hinsichtlich ihrer lexikalischen
Kategorieklassifizieren. Man kann auch sagen, dass man ihre Wortart oder
ihre Lexemklasse bestimmt. Wortartenbestimmung ist eigentlich ein Teilgebiet
der Morphologie.
o Verben (V), die nach Person, Numerus, Tempus und Modus flektieren.
Man spricht bei dieser Art von Flexion von Konjugation.
o Nomina (N,) sind Substantive, die nach Numerus, Kasus und ihrem
lexikalisch festgelegten Genus flektieren. Diese Form der Flexion nennt
sich Deklination.
o Adjektive (Adj), die nach Numerus, Genus und Kasus dekliniert werden.
Das Genus eines Adjektivs ist vom Genus des Bezugsnomens abhängig.
Bei Adjektiven ist (mit einigen semantischen Einschränkungen)
zusätzlich eine Komparation(Steigerung) möglich.
o Pronomen (zu den N gehörend), die nach Person (teilweise), Numerus,
Genus und Kasus dekliniert werden.
o Nichtflektierbare, die grammatikalisch unveränderbar sind.
Zu den Nichtflektierbaren gehören: Präpositionen (Pr, je nach Position
Prä- und Postpositionen), Konjunktionen (K, koordinierende und
subordinierende), Adverben (Adv) und Partikeln (Part). Bei dieser
Klasse ist der syntaktische Gebrauch nicht immer einfach zu bestimmen.
Grammatische Kategorien
Die Verben sind die einzige Wortklasse, die konjugiert wird und dabei fünf
grammatische Kategorien ausdrückt, die Person, den Numerus, das Tempus,
das Genus und den Modus.
Modus: Modus dient dazu einen durch ein Verb (in Zusammenspiel mit seinen
Argumenten) beschriebenen Sachverhalt als real oder irreal zu
charakterisieren,
Merkmal = Ein Merkmal ist eine Zuordnung von einem Attribut und einem Wert
(oder Ausprägung) aus einem gegebenen Wertvorrat.
sangst
Kategorie: Verb
Person: 2
Numerus: Singular
Tempus: Präteritum
Modus: Indikativ
Flexion = Der Terminus Flexion bezieht sich auf die Prozesse, welche die
verschiedenen Formen desselben Lexems erklären. Es ist ein Oberbegriff für
Deklination, Konjugation und Komparation.
à Flexion ist die Relation zwischen Wortformen eines Lexems. Die einzigen
Wortformen können in Paradigmen dargestellt werden.
à Nomen lassen sich durch die für die Flexion relevanten grammatikalischen
Kategorien von Verben abgrenzen. Die relevanten Kategorien für Nomen sind:
Numerus (singular, plural), Kasus (Nominativ, Akkusativ, Dativ, Genetiv) und
Genus (Maskulin, Feminin, Neutrum). Dieselben Kategorien sind auch für
Adjektive relevant, ein wesentlicher Unterschied findet sich jedoch hinsichtlich
Genus. Nomen haben ein festes Genus, strikt genommen kann kein Nomen
hinsichtlich Genus flektiert werden, sodass Genus keine variable
Flexionskategorie von Nomen ist. Aber jedes Nomen hat ein Genus, das
lexikalisch spezifiziert ist. Man spricht davon, dass das Genus dem Nomen
inhärent ist. Adjektive haben kein inhärentes Genus, sondern werden in Bezug
auf Genus flektiert.
Adjektive flektieren nach dem starken Muster, wenn kein Artikel vorausgeht,
wenn der vorausgehende Artikel nach dem Muster des indefiniten
Artikels (ohne Nominativendung) flektiert oder unflektiert ist. In der starken
Flexion übernimmt dann die Adjektivform die spezifische Markierungsleistung
eines Artikels mit Flexionsendung. Beispiele:
!!"#$%&! '%()!
Schwache Flexion: -e, -en {Flexionsmarker}, nach dem definiten Artikel und
Artikeln, die Flexionsendungen besitzen: die, der, das, dies-, jen-, welch-, solch-,
ein-, kein, mein-, dein-, ihr-, sein-, unser-, euer-,etc. à mit dem frischen Mut.
Bei der schwachen Adjektivflexion treten nur die zwei Marker -e und-en auf.
Adjektive flektieren nach dem schwachen Muster, wenn ein Artikel vorausgeht,
der Flexionsendungen besitzt. Dies ist nach Artikeln der Fall, die nach dem
Grundmuster flektieren und nach dem definiten Artikel. Bei den Artikeln, die
nach dem Muster des indefiniten Artikels (ohne Nominativendung) flektieren,
werden Adjektive schwach flektiert, wenn die Form des Artikels
Flexionsendungen besitzt (z. B. nach einem, keiner, seines). In der schwachen
Flexion ergänzt dann die Adjektivform die Markierungsleistung eines Artikels
mit Flexionsendung in den Kongruenzbeziehungen innerhalb der
Nominalphrase. Beispiele:
-*%&%&!"#$%!'%()!
&%*+%&!"#$%+!'%()&
Wird ein Adjektiv attributiv oder nominalisiert verwendet, dann kann man
unterscheiden, ob das entsprechende Adjektiv starkeoder schwache
Flexionsendungen hat:
• Schwache Deklination: Wenn ein Begleiter dem Adjektiv vorausgeht, der
Flexionsendungen hat, dann ist der Begleiter stark dekliniert und das
Adjektiv bekommt schwache Endungen.
• Starke Deklination: In allen übrigen Fällen erhält das Adjektiv starke
Flexionsendungen; dies trifft auch zu, wenn gar kein Begleiter vorausgeht
(dann ist das Adjektiv immer stark flektiert). Ein Begleiter hat dann
keine Flexionsendungen (und ist schwach dekliniert), wenn nur der
Stamm des Worts vorhanden ist:
Ein schöner Sommer erwartet uns. -> Der Begleiter "ein" ist schwach, hat
(neben dem Stamm "ein") keine Flexionsendungen, deshalb folgt ein stark
flektiertes Adjektiv.
Eine schöne Aussicht erwarte ich. -> Der Begleiter "eine" ist stark, hat
(neben dem Stamm "ein") die Flexionsendung "e", deshalb folgt ein
schwach flektiertes Adjektiv.
Schöner Aussicht erfreue ich mich. -> Es hat keinen Begleiter vor dem
Adjektiv, deshalb ist das Adjektiv stark flektiert.
Der Schöne singt ein trauriges Lied. -> Der Begleiter "der" ist stark, hat
(neben dem Stammbuchstaben "d") die Flexionsendung "er", deshalb folgt
ein schwach flektiertes (nominalisiertes) Adjektiv.
à Adjektive werden stark flektiert, wenn kein Artikel dem Adjektiv vorausgeht.
à Adjektive werden schwach flektiert, wenn ein definiter Artikel dem Adjektiv
vorgeht.
Wortart = Eine Wortart ist eine Klasse von Lexemen einer lexikalischen
Kategorie, die sich hinsichtlich ihres grammatikalischen Verhaltens von
anderen Lexemen derselben lexikalischen Kategorie unterscheiden.
à Die Klasse der Hilfsverben ist sehr klein (primär sein, haben, werden) und
nicht beliebig erweiterbar. Man spricht davon, dass eine geschlossene Klasse
ist, womit gemeint ist, dass nicht einfach neue Lexeme in diese Klasse
aufgenommen werden können. Vollverben sind dagegen eine offene Klasse,
neue Lexeme können problemlos in diese Klasse integriert werden.
Funktionswörter (u.a. Hilfsverben, aber auch Determinierer) bilden immer
geschlossene Klassen. Da sie eine grammatikalische Funktion üben sind sie
konstant und es besteht keine Notwendigkeit für eine schnelle Erweiterung der
entsprechenden Klasse. Neben Hilfsverben stellen auch die Determinierer,
Adpositionen, Konjunktionen und Pronomen geschlossene Klassen dar.
Vollverben, ebenso Nomen, Adjektive und Adverben, stellen offene Klasse dar.
Diese Klassen sind problemlos erweiterbar, zum Beispiel über Entlehnungen
oder Wortbildungsprozesse.
à Paradigmen bestehen aus Zellen, jede Zelle gibt eine Wortform für eine
bestimmte Kombination von Werten grammatikalischer Kategorien wieder. Die
Anzahl der Zellen eines Paradigmas wird bestimmt durch die Kombination der
grammatikalischen Kategorien.
Suppletion = ein Stamm wird in der Flexion durch einen anderen Stamm ersetzt
(sein, bin, ist). Suppletion ist ein Fall von Stammallomorphie.
à Unter „Supletion“ versteht man den Fall, dass ein Wort zur Bildung seiner
Formen zwei oder mehr völlig verschiedene Wortstämme benutzt. Dies sieht so
aus, als würden mehrere Wörter mit (ungefähr) gleicher Bedeutung
zusammentreten, um gemeinsam all die Formen zu bilden, die gewöhnlich ein
einziges Wort derselben Wortart bildet.
In He came und he has come haben das Präteritum und das Partizip Perfekt von
come verchiedene Formen. In He tried und he has tried haben sie die gleiche
Form, es handelt sich um einen Fall von Synkretismus.
Die Segmentierung dient der Analyse sprachlicher Einheiten. Darauf baut die
Klassifizierung der Bestandteile der sprachlichen Einheiten, d.h. die Zuordnung
zu bestimmten Kategorien auf. Die Segmentierung und Klassifizierung setzen
voraus, dass die Sprache ein geordnetes System ist, deren Elemente zueinander
in bestimmten Relationen stehen.
Definition: Glossierung/Interlinearglossierung
Sie ist eine Methode der Sprachwissenschaft, bei der eine zumeist
fremdsprachliche Äußerung Wort für Wort analysierend glossiert wird. Die
analysierenden Glossen werden dabei in einer separaten Zeile, inter-linear
zwischen den Zeilen mit den Wörtern der analysierten Sprache und der
Übersetzung geschrieben.
Segmentieren
Bevor man Wörter in ihre Bestandteile zerlegt, muss man zunächst die
Bedeutung eines Wortes ermitteln.
Man muss immer vorsichtig sein, dass man keine strukturellen Eigenschaften
seiner Muttersprache auf die zu analysierenden Sprache überträgt.
Eine wichtige Annahme, die wir gemacht haben, ist: Satzbedeutungen werden
kompositionell aufgebaut. Kompositionalität ist ein zentrales Grundprinzip, das
besagt, dass die Bedeutung eines komplexen Ausdrucks (z.B. eines Satzes)
regulär aus der Bedeutung seiner Bestandteile aufgebaut ist. Nicht alle
komplexe Ausdrücke sind kompositionell, z.B. phrasale Idiome wie über die
Wupper gehen sind in ihrer Bedeutung nicht kompositionell.
So wie wir die Bedeutung von Wörtern ermitteln, können wir auch die
Bedeutungstragende Elemente in Wörtern identifizieren.
Die Segmentierung von Wörtern – also die Zerlegung von Wörtern in ihre
Bestandteile (Segmente) – besteht einerseits darin, dass wir wiederkehrende
lautliche Muster identifizieren, anderseits müssen wir diesen lautlichen
Strukturen auch eine Bedeutung zuordnen. Wenn wir wiederkehrende
Lautliche Strukturen finden, denen wir dieselbe Bedeutung zuordnen können,
dann haben wir ein Morphem identifiziert.
Während wir segmentieren, stellen wir Hypothesen über Form-
Bedeutungspaare auf, die wir anhand weitere Sprachbeispiele überprüfen
können.
Glossieren
Glossieren umfasst auf der einen Seite bereits einige Aspekte einer Analyse von
Sprachdaten, auf der anderen Seite geht es aber auch um eine
konventionalisierte Darstellung sprachlicher Daten, sodass die Daten für die
wissenschaftliche Gemeinschaft nutzbar sind.
Schreiben wir etwas in eine Glossierung, dann machen wir eine Aussage
darüber, dass eine bestimmte (grammatikalische) Bedeutung vorliegt. Zudem
machen wir eine Aussage darüber, wie diese Bedeutung morphologisch
getragen ist (z.B. overt, inhärent, Nullmorphem).
à Das Wort, an das sich ein Klitikon anlehnt, heißt meist Basis, sonst
auch Stützwort oder Wirt (im Englischen host, also wörtlich „Gastgeber“). Es
bildet zusammen mit dem Klitikon eine prosodische Einheit, zumeist
ein phonologisches Wort. In diesem Sinne sind Klitika keine freien,
unabhängigen Wörter und nehmen eine Sonderstellung zwischen freien
Wörtern und Affixen ein.
• i gib’n’s (ich gebe es ihm; der Dativ steht vor dem Akkusativ, evtl. auch i
gib eam’s)
• hiatzan hauma’n nieder (jetzt hauen wir ihn nieder)
• wånn imi umschau (wenn ich mich umschaue)
• i såg da’s (ich sage dir (e)s)
• „gibt’s“ statt „gibt es“
• „’s gibt“ statt „es gibt“
10 rules of glossing:
1. Word-by-word alignment
2. Morpheme-by-morpheme correspondence: segmentable morphemes are
separated by hyphens, both in the example and in the gloss. There must
be exactly the same number of hyphens in the example and in the gloss.
Clitic boundaries are marked by an equals sign, both in the object
language and in the gloss.
3. Grammatical category labels: Grammatical morphemes are generally
rendered by abbreviated grammatical category labels, printed in upper
case letters.
4. One-to-many correspondences: When a single object-language element is
rendered by several metalanguage elements, these are separated by
periods: come.out-INF
5. Person and number labels: Person and number are not separated by a
period when they occur in this order: go-PRS.1PL
6. Non-overt elements: boy[NOM.SG]
7. Inherent categories: inherent, non-overt categories such as gender may
be indicated in the gloss, but a special boundary symbol, the round
parenthesis, is used.
8. Bipartile elements
9. Infixes: are enclosed by angle brackets, and so is the object-language
counterpart in the gloss:
27) Tagalog
b<um>ili (stem: bili)
<ACTFOC>buy
'buy'
(28) Latin
reli<n>qu-ere (stem: reliqu-)
leave<PRS>-INF
‘to leave’
10. Reduplication: reduplication is treated to similarly to affixation, but
with a tilde.
à Konversion ist eine Form der Wortbildung, die nicht morphologisch sichtbar
ist.
Syntaktische Konversion: Das Resultat der Konversion ist in der Regel ein
Wechsel der lexikalischen Kategorie, z.B. von Verb zu Nomen oder Adjektiv zu
Nomen. Dass ein Kategorienwechsel stattgefunden hat, kann nur im
syntaktischen Kontext erkannt werden. Wir können somit von einer
syntaktischen Konversion sprechen:
Die Verbstämme treff- und öl- sind formal identisch mit den Nomenstämmen
Treff und Öl. Die Infinitivmarkierung ist kein Wortbildungsaffix.
Derivation = Bei der Derivation wird ein Wortbildungsaffix, also ein gebundenes
Morphem, an einem Stamm affigiert. Wir sprechen davon, dass ein
Derivationsaffix an eine Basis affigiert wird und bezeichnen das Resultat dieser
Affigierung als Derivat.
Beispiele:
Freiheit – machbar – begreifen – unbegreiflich – Ableitung – Tischchen -
verlaufen
à Neben der Komposition spielt auch die Derivation (auch: Ableitung) eine
wichtige Rolle bei der Wortbildung. Mittels Derivation wird ein Wort häufig in
eine andere Wortart überführt, zum Beispiel das Substantiv Herz in das
Adjektiv herz+lich und das wiederum in das Substantiv Herzlich+keit.
Vereinfacht ließe sich Derivation darstellen als D = A + i, wobei A für ein freies
Grundmorphem (oder Konfix) und i für ein
gebundenes Derivationsmorphem steht.
à Eine andere Form der Darstellung von Wortbildungen ist in Form von
Baumstrukturen. In der Baumstruktur steht das Derivat oben, die Basis und das
Derivationsmorphem stehen unten. Für Basis und Derivat sind zusätzlich die
lexikalischen Kategorien angegeben. Ableitungen sind immer binär. Durch die
Baumstrukturen lässt sich anschaulich darstellen, in welchen Schritten
komplexe Wörter gebildet werden. Dies spiegelt zugleich die wichtigen
Beobachtungen wider, dass komplexe Wörter nach bestimmten Regularitäten
und nicht willkürlich aufgebaut sind.
Beispiel:
-chen
Kategorie: Suffix
Lexikalische Kategorie des Derivats: N; Genus: Neutrum
Selektionsrestriktionen hinsichtlich Basis: N; Stamm endet nicht auf [x],
[ng], [g]
Bedeutung: ‚kleines N‘
à Die Komposition ist neben der Derivation das Standardverfahren zur Bildung
von Wörtern im Deutschen. Die Zusammensetzung weisen die Struktur K = A +
B auf (mit A, B = Grundmorpheme), wobei das Deutsche insbesondere dafür
bekannt ist, dass die Anzahl der Morpheme (Konstituenten) prinzipiell nicht
begrenzt ist.
Exozentrische Komposita: der Referent wird nicht durch den Kopf festgelegt à
Angst-hase: Ein Angst Hase ist kein Hase, sodass die Referenz des Kompositums
nicht durch den Kopf festgelegt wird.
Kompositatypen:
Fleischfresser
Es gibt auch Rektionskomposita, bei denen das Zweitglied ein Argument des
Erstglieds ist, zum Beispiel Untertassen.
Das zweite Glied (das Grundwort) wird vom ersten Glied (dem
Bestimmungswort) inhaltlich spezifiert: Milchkanne, Obstgarten, Drehtür,
hellblau.
Mädchenschule: Das Nomen Schule verlangt kein Argument. Mädchen
schränkt die Referenz von Schule auf solche Schulen ein, die (nur) für Mädchen
sind.
à Als Rektion eines Verbes wie die Anzahl und Art der jeweiligen verbalen
Argumente bezeichnet. Man spricht auch davon, dass ein Verb seine Argumente
regiert.
Die Glieder sind inhaltlich gleichgeordnet und gehören der gleichen Wortart an:
Hemdbluse, Dichterkomponist, taubstumm.
Konfixe: Sie kommen auch nur in Komposita vor und haben häufig einen
fremdsprachigen Hintergrund, z.B. bio- in biologisch, Biologie, Biotop.
à Sowohl Konfixe als auch unikale Morpheme lassen sich als gebundene
Stämme analysieren.
Inkorporation bezeichnet eine spezielle Wortbildungsart, bei der ein Nomen mit
einem Verb kombiniert wird, wobei das Nomen seine syntaktische
Selbstständigkeit verliert. Inkorporation ist oft, aber nicht nur, in nord- und
südamerikanischen polysynthetischen Sprachen zu finden.
à Fugenelemente tragen keine Bedeutung mehr, weshalb wir sie als Elemente
und nicht als Morpheme bezeichnen. Nur weil sie keine Bedeutung tragen, heißt
es nicht, dass sie funktionslos seien. In einigen Fällen werden Fugenelemente
benötigt, um einen Kompositionsstamm zu bilden.
Nach der hier favorisierten Definition beschränken sich die Fugen auf vier
Typen.
• s-Fugen
• i-Fugen
• o-Fugen
• t-Fugen
Hut-Ø-schachtel
Hochzeit-s-torte
Therm-o-meter
mehrheit-s-fähig
öffen-t-lich
à Nur weil Fugenelemente keine Bedeutung tragen, heißt es nicht, dass sie
funktionslos seien. In einigen Fällen werden Fugenelemente benötigt, um einen
Kompositumsstamm zu bilden.
à Wenn eine bestimmte Form grammatikalisch gefordert ist, spricht das dafür,
dass wir es mit Flexion zu tun haben. Wenn eine Form dagegen nicht
grammatikalisch gefordert ist, können wir keine Rückschlüsse ziehen, denn sie
wohl in den Bereich der Flexion, als auch den Bereich der Derivation gehören.
Systematizität/Produktivität
Homogenität
Flexionsmorpheme kodieren für jede zugängliche Basis immer dieselben Werte
grammatikalische Kategorien. Sie sind somit in Bezug auf ihren
Bedeutungsbeitrag homogen. In allen Beispielen realisiert -st den Wert 2.Person
Singular, unabhängig vom Verb:
Bedeutungserhalt
Derivation ist nicht bedeutungserhaltend, sondern hat gerade die Funktion ein
Lexem mit neuer Bedeutung zu bilden: malen vs. bemalen
Portmanteau-Formen
*wünsch-te-te
Position
Jedoch zeigt Deutsch die Abfolge ‚Plural‘ vor ‚Diminutiv‘, etwa in Kind-er-chen.
(1) Flexion ist relevant für Syntax; Derivation ist nicht relevant für
Syntax.
(2) Flexion ist obligatorisch, Derivation ist optional.
(3) Flektierte Wortformen könne nicht durch einfache Wörter
ersetzt werden; Derivierte Lexeme können durch einfache Wörter
ersetz werden.
(4) Flektierte Wortformen drücken das gleiche Konzept aus wie ihr
Stamm; Derivierte Lexeme drücken neue Konzepte aus.
(5) Flexionskategorien kodieren relativ abstrakte Bedeutungen;
Derivationskategorien kodieren relative konkrete Bedeutungen.
(6) Flektierte Wortformen sind semantisch regelmäßig; Derivierte
Lexeme könne semantisch unregelmäßig sein.
(7) Die Bedeutung von Flexionskategorien sind wenig relevant für
die Bedeutung des Wortstamms; Derivationelle Bedeutungen sind
dagegen sehr relevant für die Bedeutung des Wortstamms.
(8) Flexionskategorien können auf einen Stamm angewendet werden
ohne arbiträre Beschränkungen; Derivation kann arbiträren
Beschränkungen unterliegen.
(9) Flexion wird an der Peripherie von Worten ausgedrückt;
Derivation wird nahe an der Wurzel ausgedrückt.
(10) Flexionskategorien können kumulativ ausgedrückt werden;
Derivationskategorien können nicht kumulativ ausgedrückt werden.
(11) Flexionskategorien können nicht iteriert werden;
Derivationskategorien können iteriert werden.
(12) Flexion ändert niemals die Wortart; Derivation ändert die
Wortart.