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mit Tafel 5
1
Es ist mir eine große Freude, vielen Kollegen, die mir Nachrichten über Doppelnadeln verschiedener
Museen gaben, und besonders den Kollegen, die mir das Publizieren noch nicht oder nur teils
veröffentlichter Nadeln ermöglichten, an dieser Stelle meinen Dank abzustatten. Dazu gehören
F. Aupert, Athen; D.M.Bailey, London; V.Bitrakova, Skopje; M. Bruskari, Athen; P. G. Calligas,
Athen; B.Covic, Sarajevo; K.Despini, Thessaloniki; N.Djuric, Pristina; R.Drechsler, Zagreb; H.
Eiwanger-Donder, Volos; B. Govedarica, Sarajevo; B. Hansel, Berlin; A.Hochstetter, Berlin; K. Ki-
lian, Athen; H.Koukouli-Chrysanthaki, Kavala; I.Kriseleit, Berlin; P. Kuzmanoski, Ohrid; C.H.
Lagrand, Marseille; I.Marovic, Split; M. Parovic-Pesikan, Belgrad; R.Pasic, Skopje; S.Perisic, Bel-
grad; Z. Petacki, Titov Veles; J. Petrovic, Novi Sad; Lj. Popovic, Belgrad; F. Prendi, Tirana; O. Radu,
Timi§oara; K. Rhomiopoulou, Thessaloniki; V.Rychner, Neuchatel; M.Siganida, Pella; D.Srejovic,
Belgrad; A.Sonje, Porec; M. Stojic, Svetozavevo; N.Tasic, Belgrad; B.Terzan, Ljubljana; I.Vokoto-
poulou, Thessaloniki; M. Zotovic, Titovo Uzice. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. B. Hansel für
die Möglichkeit, diesen Beitrag in der Prähistorischen Zeitschrift publizieren zu können, wie auch Frau
A. Hochstetter für die Übersetzung des Textes.
Die Hauptliteratur zu den Doppelnadeln: P.Jacobsthal, Greek Pins (1956) 135—141; F.Maier,
Germania 34, 1956, 63ff.; J.Alexander, Proc. Prehist. Soc. N.S.30, 1964, 170ff. — Vgl. auch
C. Marchesetti, Boll. Soc. Adriat. sc. nat. Trieste 15,1893, 267f.; M.Hoernes, Mitt. Anthr. Ges. Wien
24,1894,165.
2
Jacobsthal a.a.O. (Anm. 1) 138f.; V.G.Petrenko, Ukrasenija Skifiji VII—III v. do n.e., Arheologija
SSSR, SAI D4—5 (1978) 19; G. L. Carancini, Die Nadeln in Italien, Prähist. Bronzefunde XIII, 2
(1975) 376ff.; C. Lagrand u. J. P.Thalmann, Les habitats protohistoriques du Pegue (Drome), Centre
de Documentation de la Prehistoire Alpine 2, 1973, 23 f.
3
Über den Volutenkrater aus Spina mit der Darstellung einer Doppelnadel: Jacobsthal ebd. 109,
Abb. 334; über den möglichen Gebrauch der Doppelnadeln als Haarnadeln in Italien ebd. 135.
Die Position der balkanischen Nadeln in Gräbern weist sie als Gewandnadeln aus, jedoch ist es bei
der großen Anzahl und auch bei den verschiedenen Formaten der balkanischen Nadeln möglich, daß
einige Stücke auch als Haarnadeln benutzt worden sind.
4
Die letztgenannte Ansicht wird durch die Datierung des Fundes von Aegion begründet, der vier
Doppelnadeln enthielt und in die erste Hälfte des 7.Jahrhunderts gehören soll: Jacobsthal a.a.O.
(Anm. 1) 136 selbst spricht jedoch von der Unsicherheit der Fundes in seiner Geschlossenheit. — Über
die wahrscheinliche Datierung der Nadeln von Aegion in das S.Jahrhundert s. unten.
5
F. Maier, Germania 34, 1956, 68—70.
6
A. Benac u. B. Covic, Glasinac 2 (1957) 95, 105 ff., 111 f., 114.
7
V. Lahtov, Problem Trebeniske kulture (1965) 68 f.; ders., Situla 8, 1965, 60 ff.
8
M. Parovic-Pesikan, Starinar N. S. 11, 1960, 31 f.
9
L Mikulcic, Pelagonija u svetlosti arheoloskih nalaza (1966) 32.
10
C.Truhelka, Wiss. Mitt. Bosnien u. Herzegowina 8, 1902, 29, hat auch diesen Unterschied in der
Datierung der zwei Typen in der Herzegowina bemerkt.
11
J.Alexander, Proc. Prehist. Soc. N.S.30, 1964, 170ff., 181 f.
12
R. Vasic, Acta Praehist. et Arch. 5—6, 1974—75, 195f.; ders., Starinar N.S.27, 1976, 11 ff.
0
l
2 3 4 5
10 12
Abb. 1. Doppelnadeln der Typen I und II. Typ I a: l Korfu (?). Typ I b: 2 Gotovusa, aus Hügelgrab 4/2.
Typ Ic: 3 Citluci, Glasinac, aus Hügel III; 4 Brankovici, Glasinac, aus Hügelgrab XII, 3; 5 Vrane, Arilje,
aus Hügelgrab; 6 Radanje, Krivi Dol, aus Grab; 7—8 Tri Celjusti, Ochrid, aus Gräbern; 9 Sidirokastro
(Demirhissar); 10 Aidonochori, aus Grab. Typ II a: 11 Recica, aus Grab; 12—13 Aidonochori, aus
Gräbern. Typ IIc: 14 Radoliste, aus Grab XVIII. 11 Eisen, 14 Silber, sonst Bronze. Maßstab 2:3.
Typ V teilweise seinem Typ II und der Typ VI seinem Typ IV. In der Einteilung Lahtovs entspricht
unser Typ I dem Typ I, der Typ II umfaßt die Typen IV und V, der Typ III entspricht dem Typ II und
der Typ IV dem Typ III. Unsere Typen IV und VI sind von Lahtov nicht erfaßt.
Eine Nadel von Aidonochori und einige Exemplare vom Glasinac (Hrastovaca Hügel II, l—3; Mehagin
Do XLII, Saranceve Vrtace VII, 2) sind Übergangsformen zwischen den Typen I a und I c: ihre Köpfe
stellen eine Zwischenform zwischen Kreis und Dreieck dar. Eine Nadel von Brezje Hügel VII, l mit
schulterförmigen Schenkeln steht zwischen den Typen I a und II a. Eine Anzahl der Nadeln des Typs
III a hat ebenfalls geschulterte Schenkel und erinnert an den Typ II.
Marchesetti a.a.O. (Anm. 1) 267 und Hoernes a.a.O. (Anm. 1) 165 erwähnen eine Doppelnadel
aus Dodona (C. Carapanos, Dodone et ses ruines [1878] Taf.51,11), die eigentlich ein Teil der"
sogenannten Lanzenfibel ist, dann auch eine von Pizzughi in Istrien, bei der es sich nach einer
freundlichen Mitteilung von A.Sonje vielleicht um eine Pinzette handelt. Jacobsthal a.a.O. (Anm. 1)
136 zitiert eine Nadel von Tegea (Bull. Corr. Hellenique 1921, 377 Abb. 111), die wahrscheinlich keine
Doppelnadel ist, dann eine aus Boeotia, die nach dem freundlichen Hinweis von I. Kriseleit auch eine
Pinzette sein kann. Maier, Germania 34, 1956, 73 erwähnt eine „M"-förmige Nadel in Lindos
(Chr. Blinkenberg, Lindos I, Les petits objets [1931] Taf. 12,310), die nicht zu den Doppelnadeln
gehört.
Typ I ist der einfachste Typ der Doppelnadel, Er besitzt einen leicht betonten
Kopf und zwei Schenkel unterschiedlicher Länge, die gespreizt oder eng beieinander
angeordnet sein können. Er besteht meistens aus Bronze, selten aus Eisen, und seine
Größe schwankt zwischen 5 und 20cm. Drei Varianten sind deutlich zu unterschei-
den: die erste mit einfachem rundem Kopf (Abb. 1,1), die zweite mit entsprechen-
dem, jedoch tordiertem Kopf (Abb. 1,2) und die dritte mit triangulärem Kopf
(Abb. 1,3). Einige Einzelfunde dieses Typs weisen Besonderheiten auf und können
als Subvarianten angesehen werden. Dazu gehören zwei Nadeln aus dem griechi-
schen Makedonien — die eine aus Mikrokastro bei Kozani und die andere aus dem
Museum Thessaloniki (Taf. 5,1) — mit einer eckigen Verdickung auf dem runden
Kopf und unterhalb des Kopfes einer entsprechenden Verbindung zwischen den
beiden Schenkeln15. Diese Nadeln können ebenso wie eine weitere aus Finiq in
Südalbanien, die zwei Ringe unter dem runden Kopf aufweist16, zur ersten Variante
gerechnet werden, während eine Nadel von Brankovici auf dem Glasinac mit zwei
Ringen unter dem triangulären Kopf17 (Abb. 1,4) und eine Nadel von Tri Celjusti bei
Ohrid, bei der der obere Teil des triangulären Kopfes zu einer Spirale gerollt ist18
(Abb. 1,8), als Subformen der dritten Variante angesehen werden können.
Typ
(Die folgende Auflistung und alle weiteren Listen geben nach dem Fundort mit
einer Ziffer die Anzahl der gefundenen Nadeln und mit einem Kleinbuchstaben das
Material an, aus dem sie hergestellt sind: b = Bronze; e = Eisen; g = Gold; s =
Silber.)
Aiani, Nomos Kozani, Griechenland — 2 b.
A. Andriomenou, Athens Ann. Arch. l, 1968, 244 Abb.3.
Donja Dolina, Bosanska Gradiska, Nordbosnien — Ib.
Z. Marie, Glasnik Sarajevo Arh. N. S. 19, 1964 Taf. 6,1.
Glasinac, Ostbosnien
Borovsko — Ib. Zemaljski Muzej Sarajevo.
Brezje — Ib. Zem. Muz. Sarajevo.
tardak — Ib. Zem. M\iz. Sarajevo.
Citluci — 2b. Benac u. Covic, Glasinac 2 (1957) 105 Taf. 29,9 (im folgenden zitiert: Glasinac 2).
Gosinja planina — 5b und l e. Zem. Muz. Sarajevo; letztere: Glasinac 2, 95 Taf. 11,18.
Hrastovaca — 4b. Zem. Muz. Sarajevo.
Ilijak — 3b. Glasinac 2, 95 Taf.7,11; F.Fiala, Wiss. Mitt. Bosnien u. Herzegowina 3, 1895, 16.
Mehagin Do — Ib. Zem. Muz. Sarajevo.
Podgradac, Kusace — l b. Truhelka, Wiss. Mitt. Bosnien u. Herzegowina l, 1893, 96 Abb. 140.
Podilijak — l b und l e. Covic, Glasnik Sarajevo Arh. N. S. 14, 1959, 63, Taf. 6,2; 7,22.
Sjeversko — Ib. Zem. Muz. Sarajevo.
Sokolac — l b. M.Hoernes, Mitt. Anthr. Ges. Wien 19,1889, 141 Abb. 182.
Sokolacko polje — Ib. Zem. Muz. Sarajevo.
Saranceve Vrtace — 2b. Zem. Muz. Sarajevo.
Taline — l b. Zem. Muz. Sarajevo.
Glogovik, Hercegnovi, Montenegro — Ib.
I. Pusic, Arh. Pregled 4,1962, 76 Taf. 11,13.
15
Mus. Kozani, Inv. AE 795; Mus. Thessaloniki, Inv.7212:
16
D.Budina, Iliria l, 1971, 295 Taf. 10,2.
17
Hügelgrab XII, 3. Zem. Muz. Sarajevo, Inv. 17962.
18
V. Malenko, Macedoniae Acta Arch. l, 1975, 147 Abb. 13.
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Ein Beitrag zu den Doppelnadeln im Balkanraum 22 5
Typlb
Glasinac, Ostbosnien
Arareva gromila— l b. Glasinac 2, 111 Taf.41,8.
Godomilje — Ib. Zem. Muz. Sarajevo.
Ilijak — Ib. Zem. Muz. Sarajevo.
Kovacev do — Ib. Zem. Mus. Sarajevo.
Mladj — Ib. Zem. Muz. Sarajevo.
Rusanovici — 2b. Glasinac 2, 108 Taf. 36,20.
Gotovusa, Plevlja, Montenegro — 2 b. (Abb. 1,2}.
C.Markovic, Starine Crne Gore 3—4, 1965—66, 221 Taf. 1,6; 3,20.
19
So enthalten die Gräber in Gosinja planina XXV,3, Ilijak IV,2 und XIII, Sjeversko 111,2 und Podilijak
B,2 zusammen mit diesen Nadeln auch eiserne Brillen- und Bogenfibeln, Ketten, Gürtelscheiben,
Kalottenbuckel, Spiralarmringe, bronzene verzierte Beinschienen usw. — also das Material, das
meistens der Phase Glasinac IV b angehört. — Vgl. F.Fiala, Wiss. Mitt. Bosnien u. Herzegowina 3,
1895, 16; Benac u. Covic, Glasinac 2 (1957) 90—99; B.Covic, Glasnik Sarajevo Arh. N.S. 14, 1959,
73ff.
20
Die Nadel aus Pilatovici stammt aus Grab 21, einem der ältesten im Hügel III, das spätestens an den
Beginn des 6Jahrhundert gehört (M.Zptovic,v Arch. lugoslavica 15, 1974, 28). Die jüngsten
Gegenstände im Hügel II von Gotovusa (Covic, Clanci i Gradja 7, 1967, 38 Taf. 3), in dem die Nadel
gefunden worden ist, gehören an den Beginn des S.Jahrhunderts. Einige Objekte aus Ston und
Glogovik, wie die zweischleifigen Bogenfibeln mit Schildfuß, die Kalottenbuckel, die Diademe, die"
eisernen Ärmchenbeile usw., können mit einiger Sicherheit ins 6. Jahrhundert datiert werden (Posedel,
Wiss. Mitt. Bosnien u. Herzegowina 11, 1909 Taf.21—22; Pusic, Arh. Pregled 4, 1962 Taf. 11).
21
Dünne Armringe mit vierkantig profilierten Stempelenden haben ihre Parallele in dem Grabfund von
Valanida zwischen Kavala und Drama (K.Kilian, Prähist. Zeitschr. 50, 1975, 101 Taf. 27,17; 33,15;
18,19) wie auch in dem Grab aus Tri Celjusti bei Ohrid (Malenko, Macedoniae Acta Arch. l, 1975
Abb. 9—10) und datieren in die erste Hälfte des 6. Jahrhunderts.
22
Carancini a.a.O. (Anm.2) 376 Taf. 102, 3380—3383.
Der Typ I b kommt wie der Typ I a vorwiegend im Glasinac-Bereich vor (Abb. 2)
und wird in die Phase IVc, also vom Ende des 7. bis zum Beginn des S.Jahrhunderts
datiert".
Typ Ic
23
Die Nadeln von Gotovusa sind zusammen mit einer Pinzette, einer Nadel mit profiliertem Kopf und
einigen Gürtelscheiben gefunden und gehören in die erste Hälfte der Phase Glasinac IV c. Die Nadeln
aus Rusanovici und besonders die aus Arareva Gromila mit einem korinthischen Helm älterer Form
datieren spätestens in die zweite Hälfte des 6. Jahrhunderts.
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Ein Beitrag zu den Doppelnadeln im Balkanraum 227
24
Kallipolitis-Feytmans, Arch. Ephemeris 1948—49 Abb. 19. — Vgl. R.Vasic, Godisnjak, Centar
balkan. ispitivanja Sarajevo 14, 1975, 88; K. Kilian, Prähist. Zeitschr. 50, 1975, 96.
25
Vgl. L.Key, Albania 4,44, Abb. 10.11; W.Heurtley, Prehistoric Macedonia (1939) 104, Abb. 112;
T.Makridis, Arch. Ephemeris 1937 Taf. 6; N. G. L.Hammond, History of Macedonia I (1972)
340—344; Coll. Stathatos I, Abb. 34.35.42.43. Nach dem Bericht des Russischen Archäologischen
Instituts in Istanbul (Izvest. RUSS. Arh. Inst, v Konstantinopole 4,2, 1899, 157 ff. und 6,2—3, 1901,
477) wurden in Pateli insgesamt 27 bronzene und acht eiserne Doppelnadeln gefunden. Eine von ihnen
ist von L. Rey publiziert und gehört zum Typ III c. Die meisten, jedoch besonders die eisernen, sollen
dem Typ I c angehören.
26
Jacobsthal a.a.O. (Anm. 1) 201—208.
27
Für die Information über die Datierung der Nadel von Kastanas danke ich Frau A. Hochstetter. Eine
der Nadeln von Aidonochori ist zusammen mit einem korinthischen Aryballos mit Augen gefunden
und soll der Mitte des 6.Jahrhunderts angehören (H. Koukouli-Chrysanthaki, Arch. Deltion 24,
Chron.355 Taf. 363 a). Für die übrigen Funde aus Jannitsa siehe Arch. Deltion 26, 1971, Chron. 395
Taf. 396, g. d.
28
Das Hügelgrab XII,3 von Brankovici (vgl. Anm. 17) enthielt neben einer Nadel zwei zweischleifige
Bogenfibeln mit Schildfuß, eine kleine Brillenfibel, zwei dünne Armringe, eine Gürtelscheibe mit
Blütenblättern und eine durchbrochene Bommel, die zusammen spätestens in die Mitte des 6. Jahrhun-
derts gehören können. Das Material von Citluci III, 3—7 ist vermischt und enthielt zwei Brillenfibeln,"
zwei Bogenfibeln mit rechteckigem Fuß, eine Fibel mit trapezoidem Fuß, eine Gürtelscheibe usw. Das
Inventar dürfte insgesamt etwas jünger sein.
29
Marie, Glasnik Sarajevo Arh. N. S. 19, 1964, 38 Taf. 25,5.
30
In Vrane ist das Material gemischt und datiert in die zweite Hälfte des 6. und die erste Hälfte des
5. Jahrhunderts. Das Grab 4 mit der Nadel in Karagac scheint älter zu sein als das Grab l und gehört in
die Zeit vor dem Beginn des 5.Jahrhunderts. Vgl. Vasic, Chronology of the early Iron Age in Serbia
(1977) 25 Taf. 39.
Der Typ II, ebenfalls zwischen 5 und 20cm lang, besteht aus Nadeln mit
Schultern bildenden Schenkeln, weist aber Unterschiede in der Kopfform auf, die
sich in drei Varianten erfassen lassen. Die Exemplare der ersten Variante haben einen
runden oder eiförmigen Kopf (Abb. l, 11—13) und weisen Beziehungen zum Typ I
auf, diejenigen der zweiten Variante besitzen einen langen tordierten Hals mit
schmalem rundem Kopfaufsatz, und diejenigen der dritten Variante sind durch einen
gewöhnlich getrennt gegossenen stabförmigen Kopf gekennzeichnet (Abb. 1,14).
Typ Ha
Die ältesten Exemplare sind anscheinend die großen bronzenen und eisernen
Nadeln von Reiica und Visoji, die in das Ende des 7. und an den Beginn des
O.Jahrhunderts datiert werden können, während diejenigen von Marvinci und
Kozani spätestens in die Mitte des 6. Jahrhunderts gehören31. Eine fragmentarisch
erhaltene Nadel von Vlasko Sclo könnte sogar der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts
zugerechnet werden, doch sind die Daten der Gräbergruppe so ungenau, daß keine
befriedigenden Schlußfolgerungen gezogen werden können. Silberne und vergoldete
Nadeln dieses Typs, die gewöhnlich durch einen dünnen Silberdraht um den Hals
verstärkt werden, kommen seit der zweiten Hälfte des 6Jahrhunderts vor und
ersetzen.die Bronzenadeln. Dank der Funde von Trebeniste, die der zweiten Hälfte
des O.Jahrhunderts angehören, ist ihre Datierung weitgehend abgesichert. Während
des 5. Jahrhunderts ist diese Form noch im Gebrauch, wie eine Silbernadel von
Cavarine auf dem Glasinac zeigt, die aufgrund der Beifunde im Hügel nicht älter als
die Jahrhundertmitte sein kann.
Zwei Doppelnadeln aus Le Pegue, Südfrankreich, datiert in das letzte Drittel des
6. und die erste Hälfte des S.Jahrhunderts v. Chr., gehören zu diesem Typ und
stehen vielleicht in Verbindung mit makedonischen Stücken313.
Typ II b
31
Die Gräber von Visoji enthalten neben den Nadeln auch einige „Makedonische Bronzen", die nicht
später als an den Beginn des 6.Jahrhunderts zu datieren sind (I.Mikulcic, Pelagonija u svetlosti
arheoloskih nalaza [1966] Abb. 11,h), während die Nadel von Recica, die, nach freundlicher Mitteilung
von P. Kuzmanoski, mit den großen Kalottenbuckeln und Spiralarmringen zusammen gefunden
worden ist, zur gleichen Periode gehört.
Ma
Lagrand u. Thalmann a.a.O. (Anm.2) 23f. Taf. 37,4—5. Die erste Nadel aus Bronze ist ähnlich den
balkanischen Exemplaren; die zweite aus Eisen ist wahrscheinlich ein lokales grobes Produkt, es nähert
sich formal auch dem Typ II b.
32
Marchesetti a.a.O. (Anm. 1) Taf.23,1 (Grab 1442) und 29,6 (Grab 2923). Szombathy hat in St. Lucia
vier Doppelnadeln entdeckt. Nach dem freundlichen Hinweis von Fräulein B.Terzan befinden sich
eine im Mus. Civ. Trieste Inv. 30122 (aus dem Grab 531) und drei im Naturhist. Mus. Wien Inv. 32287
(Grab 1784), 58595 (Grab 2147) und 58658 (Grab 2169).
33
Das Grab 1442 enthielt auch eine Urne mit Ornamentik, die in die Phase Este II c gehört (Marchesetti
a. a. O. [Anm. 1] Taf. 4,3), während die Doppelnadel einen Spitzenschutz hat, der auf den Nadeln der
Phasen Este II c und II—III erscheint (O.H.Frey, Die Entstehung der Situlenkunst [1969] 24
Taf. 11,4; 14,1). B.Terzan — ich danke ihr für den Hinweis — datiert diese Nadeln im St. Lucia-
Katalog (in Vorbereitung) in die Zeit vom Ende der Phase St. Lucia I b bis zum Beginn der Phase II a,
d.h. vom Ende der ersten Hälfte des 7. bis zum Beginn des 6.Jahrhunderts.
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Ein Beitrag zu den Doppelnadeln im Balkanraum 23I
Abb. 4. Doppelnadeln des Typs II b aus St. Lucia (Most na Soci): 1—2 aus Gräbern 2923 und 1442
(Marchesettis Ausgrabung); 3—6 aus Gräbern 531, 1784, 2147 und 2169 (Szombathys Ausgrabung). —
Alle Exemplare aus Bronze. Maßstab ca. l :3.
Typ II c
1
D.Komata, Iliria 6, 1976, 333 Taf.3,2.
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132 Rasiko Vasic
Hälfte des 6. und die erste Hälfte des S.Jahrhunderts datiert werden*5 und repräsen-
tiert so eine Gruppe wertvoller Schmuckgegcnstände aus Silber, die während einer
Phase intensiver Herstellung von Doppclnadeln in Makedonien auf der Basis des
Ila-Schemas entstanden.
Das Hauptcharaktcristikum des Typs III ist der bogenförmige Kopf mit zwei
kleinen Schleifen, der, wie bereits B.Covic erkannte36, wohl von der zweischleifigen
Bogenfibel abgeleitet werden kann. Der Typ III wird zweischleifige oder hufeisen-
förmige Doppelnadel oder auch „Omega"-Nadel genannt. Letzterer Name führte zu
einer gewissen Verwirrung, weil auch Typ IV teilweise so bezeichnet worden ist.
Maier nannte die hier behandelte Form Typ „Glasinac" aufgrund der großen Zahl
dort gefundener derartiger Nadeln. Der Typ III besteht in der Regel aus Bronze,
doch sind unter den jüngeren Funden auch Silbernadeln bekannt. Die Länge variiert
zwischen 5 und 25 cm. Es lassen sich vier Hauptvarianten unterscheiden, die in sich
weiter durch unterschiedliche Kopfgestaltung und Größe untergliedert sind. Das
fällt besonders beim Typ III a auf, dessen Kopf aus einem einfachen gebogenen
Draht besteht, und dessen Varianten (nach Kopfform und Größe, Abb. 5,1—7)
zeitliche und geographische Unterschiede erkennen lassen. Typ III b besitzt einen
tordierten Kopf (Abb. 5,8—10), ähnlich wie Typ Ib. Bei Typ IIIc lassen sich unter
dem Kopfbogen und oberhalb der Schleifen zwei größere und eine Serie von
kleineren Ringen nachweisen (Abb. 6), während bei Typ III d der Kopfbogen
verdickt ist und manchmal durch Punkte und Ritzungen verziert sein kann
(Abb. 5,11—14).
Typ III a
35
Für Trebeniste vgl. Anm. 26. — Nach dem freundlichen Hinweis von Frau K. Despini gehören die
Nadeln aus Sindos in die Zeit zwischen 540/30 und 480/70 v. Chr. Das Grab 10 von Amphipolis
enthielt neben der Nadel ein rhombisches Goldblech, das für diese Periode charakteristisch ist.
36
Benac u. Covic, Glasinac 2 (1957) 90.
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Ein Beitrag zu den Doppelnadeln im Balkanraum
14
Abb. 5. Doppelnadeln des Typs III a—b.d. Typ III a: l Chauchitsa, aus Grab l (Ausgr. 1922); 2 Delphi;
3 Siroko, Suva Reka; 4 Kriva Reka, Titovo Uzice, aus Hügelgrab; 5 Pecka bara, Eisernes Tor, aus
Siedlung; 6 Ljubuski; 7 Prozor, Otocac, aus Grab. Typ III b: 8—9 Kriva Reka, Titovo, Uzice, aus.
Hügelgräbern; 10 Eisernes Torgebiet (?), Museum Banatului Timifoara. Typ III d: 11 Zagradje, Glasinac,
aus Hügelgrab 1,3; 12 Höhle Zlot; 13—14 Sarajevo, Kamenjaca, aus Gräbern. 13,14 Silber, sonst Bronze.
Maßstab 2:3.
Abb. 6. Doppelnadeln des Typs III c: l Radava, Glasinac, aus Hügel IX; 2 Sjeversko, Glasinac, aus
Hügelgrab 1,1; 3 Saranceve vrtäce, Glasinac, aus Hügelgrab VII,2; 4 Srednja Dobrinja, Uzicka Pozega,
aus Hügelgrab; 5 Skodra, Umgebung; 6—7 Razana, Kosjeric, aus Hügelgräbern; 8—9 Titov Veles,
Umgebung, wahrscheinlich aus Gräbern; 10 Radanje, Krivi dol, aus Grab; 11—14 Tri Celjusti, Ochrid,
aus Gräbern. — Alle Exemplare aus Bronze. Maßstab 2:3.
Die frühesten Stücke vom Glasinac dürften an den Anfang der Phase IV c, also an
die Wende vom 7. zum O.Jahrhundert datiert werden, und desgleichen einige
Nadeln von Pilatovici37. Die übrigen anhand der Fundzusammenhänge datierbaren
Exemplare — von Strpci, Ostrovul Märe (Taf. 5,3) und Donja Dolina — sind jünger
und zwischen der zweiten Hälfte des 6. und dem Ende des 4. Jahrhunderts anzuset-
zen38. Die dalmatinischen und herzegowinischen Nadeln sind schwieriger zuzuwei-
sen und dürften höchstwahrscheinlich zum größten Teil dem S.Jahrhundert angehö-
ren, obwohl einige auch früher sein könnten. Zwei Exemplare aus der Lika fallen
durch ihren sehr kleinen Kopfbogen über den Schleifen auf und sollten aus typologi-
schen Gründen jünger datiert werden. Das zeigt auch eine derartige Nadel aus Grab
60 von Kompolje, die aufgrund der übrigen Beigaben (Abb. 7) nicht älter als die
Mitte des S.Jahrhunderts sein kann39. Eine Nadel aus Grab l von Chauchitsa in
Makedonien dürfte der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts angehören40, und von den
griechischen Funden kann nur das Stück von Myonia aufgrund der Vergesellschaf-
tung mit einem korinthischen Helm des frühen S.Jahrhunderts präzise datiert
werden41. Es ist auffallend, daß alle griechischen Funde (Myonia, Delphi, Aegion
und Olympia) eine schulterartige Krümmung des Schaftes aufweisen und vielleicht
Die Nadel von Kusace, Hügelgrab III, l, früher in die Phase Glasinac IVa datiert (Benac u. Covic,
Glasinac 2 [1957] 90), gehört eigentlich in die Phase IVc (B. Covic, tlanci i Gradja 6,1965, 70). — Für
Pilatovici: Zotovic, Arch. lugoslavica 15, 1974, 27ff.
Die Nadel von Strpci ist mit einem fragmentarischen Skyphos gefunden (Fiala, Wiss. Mitt. Bosnien u.
Herzegowina 6, 1899, 59), der kaum älter als das ausgehende 6. Jahrhundert sein kann. Die Nadel von
Ostrovul Märe stammt aus einem Grab, das eine Imitation einer griechischen Oinochoe und eine
späthallstattische Fibel (verloren) enthielt, und das deshalb auch nicht vor dem Ende des 6. Jahrhun-
derts datiert werden kann (Berciu, Mat. §i Cercet. Arh. l, 1952, 615 Taf. 36,1). Das Grab auf der Greda
von M.Petrovic Junior in Donja Dolina (Truhelka, Wiss. Mitt. Bosnien u. Herzegowina 9, 1904
Taf. 44, 12—24) enthielt neben der Nadel auch zwei Certosafibeln der Gruppe XIII h, die in das
4. Jahrhundert datieren (B.Terzan, Arh. Vestnik 27, 1976, 340).
Eine Certosafibel mit Tierkopf auf dem Fuß kann nicht vor dem S.Jahrhundert datiert werden, vgl.
S.Gabrovec, Arh. Vestnik 17, 1966, 30.
K.Kilian, Prähist. Zeitschr. 50, 1975, 77 datiert das Grab (1) in Chauchitsa in seine Phase IIa, d.h. in
die erste Hälfte des 7. Jahrhunderts, doch scheint ein späteres Datum wahrscheinlicher zu sein. Vgl. die
Parallelen für den Krug aus dem Grab (1) im Plattengrab von Chauchitsa (S. Casson, Arm. Brit. School
Athens 24,1919—1921 Abb.9b), in Marvinci (Vasic, Acta Praehist. et Arch. 5—6,1974—75,189) und
Gevgelija (R.Pasic, Macedoniae Acta Arch. 3, 1977 Abb. 14), die alle einer späteren Periode angehö-
ren.
Jacobsthal a.a.O. (Anm.l) 136.
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Ein Beitrag zu den Doppelnadeln im Balkanraum 237
300km
• Typ lila o Typ III b A Typ Nie Typ III d
mit dem Typ II verwandt sind. Wenn man sich vergegenwärtigt, daß Typ II seine
Hauptverbreitung an der Wende vom 6. zum 5. Jahrhundert aufweist, wird man in
der Annahme bestärkt, daß alle diese ähnlichen Nadeln des Typs III in Griechenland
in die erste Hälfte des S.Jahrhunderts gehören, was auch durch die angeführte
Datierung des Exemplars aus Myonia bestätigt wird.
Die Konzentration des Typs III a im Glasinac-Bereich (Abb. 8) spricht für die
Annahme seines westbalkanischen Ursprungs, doch kann dies erst bestätigt werden,
wenn das gesamte Glasinac-Material publiziert ist. In Süddalmatien entstanden die
Nadeln wahrscheinlich unter Glasinac-Einfluß, zeichneten sich aber durch einige
lokale Charakteristika aus. Zum Beispiel kommen die langen Nadeln hauptsächlich
in Süddalmatien und der Herzegowina vor und werden dort mit verschiedenen
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238 Rastko Vasic
Anhängern versehen. Typologisch mögen die Nadeln mit einem größeren Bogen, die
den zwcischleifigen Fibeln näher stehen, älter sein als diejenigen mit kleinem Bogen
und großen Schleifen, auch wenn in jüngerer Zeit beide Typen nebeneinander
existierten. Die Blütezeit des Typs IIIa lag jedenfalls im 6. und S.Jahrhundert;
vereinzelt lebte diese Form bis in das 3. und 2. Jahrhundert weiter.
TypIIlb
42
Benac u. Covic, Glasinac 2 (1957) 106 ff.; R. Vasic, Chronology of the early Iron Age in Serbia (1977)
32 f.
43
F.Fiala, Wiss. Mitt. Bosnien u. Herzegowina 6, 1899, 30. Vgl. M. Parovic-Pesikan, Starinar N. S. 11,
1960, 33.
44
Die zweischleifigen Bogenfibeln mit Schildfuß sind in Makedonien in das letzte Drittel des 7. und das
erste Drittel des 6.Jahrhunderts datiert (K.Kilian, Prähist. Zeitschr. 50, 1975, 108; R.Vasic a.a.O.
[Anm. 42], 19 f.). Der Vogelanhänger hat die beste Paralelle im Grab (10) von Chauchitsa (Casson,
Ann. Brit. School Athens 26, 1923—25, Taf. Via), der etwa der gleichen Zeit angehört.
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Ein Beitrag zu den Doppelnadeln im Balkanraum 239
Typ III c
Glasinac, Ostbosnien
Radava — l b; Truhelka, Wiss. Mitt. Bosnien und Herzegowina l, 1893, 95 Abb. 135 (Abb. 6,1).
Sjeversko — l b, Zem. Muz. Sarajevo, Inv. 14106 (Abb. 6,2).
Saranceve Vrtace — l b, Zem. Muz. Sarajevo.
Invr726 (Abb. 6,3).
Gotovusa, Plevlja, Montenegro — Ib.
Marko vic, Starine Crne Gore 3—4, 1965—66, 222 Taf.1,8.
Kolonje, bei Korge, Albanien — mehrere.
Freundliche Mitteilung F. Prendi.
Kozani, Nomos Kozani, Griechenland — Ib.
Kallipolitis u. Feytmans, Arch. Ephemeris 1948—49, 102 Abb. 17,21.
Omolio, Nomos Larissa, Griechenland — Ib.
Mus. Volos, Inv. M 2861.
Pateli, Nomos Florina, Griechenland — l b.
L.Rey, Albania 4, 1932, 59 Abb. 11.
Radanje Stip, Jugosl. Makedonien — l b (Abb. 6,10).
Kilian, Prähist. Zeitschr. 50, 1975, 103 Taf. 47,12.
Srednja Dobrinja, Uzicka Pozega, Westserbien— l b (Abb. 6,4).
Muz. Titovo Uzice, Inv. 422.
Titov Veles, Umgebung, Jugosl. Makedonien — 2 b (Abb. 6,8—9).
Muz. Titov Veles, Inv. 379 und 382.
Tri Celjusti, Ohrid-See, Jugosl. Makedonien — 4b (Abb.6,11—14).
Malenko, Macedoniae Acta Arch. l, 1975 Abb. 9—12.15.
Tsotyli, Nomos Kastoria, Griechenland — Ib.
Nat. Mus. Athen, Inv. 20223 a.
Visoji, Bitola, Jugosl. Makedonien — Ib.
Mikulcic, Pelagonija u svetlosti arheoloskih nalaza (1966) Abb. 11 c.
Typ III c hat oberhalb der Schleifen noch zwei Ringe und eine Gruppe von
parallelen Ritzlinien. Diese Zusätze sind mit der Dekoration vieler zweischleifiger
Bogenfibeln mit Schildfuß identisch, so daß besonders für diese Nadelvariante eine
Abhängigkeit von den zweischleifigen Bogenfibeln wahrscheinlich wird.
Die Nadel von Sjeversko gehört an den Beginn der Phase Glasinac IV c, während
diejenigen von Saranceve Vrtace und Gotovusa etwas jünger sind45. Die makedoni-
schen Nadeln sind nicht genauer datierbar, doch können die Stücke von Tri Celjusti,
Visoji, Pateli und Kozani sicher nicht jünger als die erste Hälfte des 6. Jahrhunderts
sein46. Die Verbreitung der zweischleifigen Bogenfibeln mit Schildfuß und der oben
erwähnten Verzierung des Bogens hilft bei der Lösung dieses Problems kaum. Viele
von ihnen wurden im Glasinac-Bereich gefunden, doch ist auch ihr Vorkommen in
Makedonien üblich47. Aufgrund des hohen Fundanteils von Nadeln des Typs III c in
Makedonien ist anzunehmen, daß sie zuerst in dieser Gegend auftraten. Diese
45
Das Hügelgrab 1,1 in Sjeversko enthielt neben einer Nadel des Typs III c auch eine doppelkonische
Perle aus Bronze, während das Grab 1,2, das vielleicht aus der gleichen Zeit stammt, eine eiserne
Brillenfibel und einen eisernen Armring barg. Das Hügelgrab VII,2 in Saranceve Vrtace, das ebenfalls
nicht publiziert ist, enthielt zwei Doppelnadeln (Typen I a und III c), eine Scheibenfibel, eine spätere
Gürtelscheibe und zwei kleine Bogenfibeln mit Schildfuß, die jünger sind als die Hauptperiode der
Entwicklung dieses Typs. Deshalb könnte die Nadel von Sjeversko schon an den Beginn des
6.Jahrhunderts gehören, während die von Vrtace frühestens dem zweiten Viertel des O.Jahrhunderts"
zuzuordnen ist. Für Gotovusa s. oben.
46
Das Grab 8 in Tri Öeljusti enthielt neben der Nadel zwei dünne Armringe mit vierkantig profilierten
Stempelenden und konzentrischer Kreisverzierung, die der ersten Hälfte des O.Jahrhunderts angehören
sollen. Für Kozani, Pateli und Visoji vgl. Anm.24, 25 und 31.
47
S.Gabrovec, Godisnjak, Centar za balkanoska ispitivanja Sarajevo 8, 1970, Karte 11; R.Vasic, Arch.
lugoslavica 12, 1971, 12f„ Karte II; ders., 2iva Antika 24, 1974, 219f. — Für die neuen Funde dieser
Fibeln in Dedeli, Valandovo: Päsic, Arh. Pregled 21, 1979, 54 f. Taf. 38, 1.
Typ III d
48
Malenko, Macedoniae Acta Arch. l, 1975 Abb. 9.
49
F.Prendi, Buletin per Shkencat Shoqerore 2, 1958, 125 Abb. 11. Zwei Nadeln von Razana (Muz.
Titovo Uzice, Inv. 658 und 683) gehören wahrscheinlich einer späteren Periode an.
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Ein Beitrag zu den Doppelnadeln im Balkanraum 241
Der in Ausführung und Form vollendetste Typ IV ist am weitesten von allen
Formen verbreitet, denn er erscheint in einer beachtlichen Zahl auf der Balkanhalb-
insel, aber auch in Anatolien, Südrußland und Italien. Der Kopf besteht aus einem
dreifach gebogenen Draht, so daß er wie der Buchstabe „M" aussieht. Er wird auch
aufgrund der Ähnlichkeit mit dem kleinen Omega „Omega-Typ" genannt, doch soll
diese Bezeichnung hier vermieden werden, da auch Typ III dem großen Buchstaben
„Omega" ähnelt und so Verwirrung entstehen könnte. F. Maier nannte den Typ IV
50
F.Fiala, Wiss. Mitt. Bosnien u. Herzegowina 6, 1899, 51 Abb. 51.
51
Vasic a. a. O. (Anm. 42) 19 Taf. 20.
52
Die Doppelnadeln sind nicht in den latenezeitlichen Nekropolen des 3. und 2. Jahrhunderts in Syrmien
und Slawonien gefunden, so daß sie in diesen Gebieten wahrscheinlich nach dem 4. Jahrhundert nicht
mehr in Gebrauch waren.
53
In Gostilj wurden diese Nadeln zusammen mit Münzen aus dem Beginn des 2. Jahrhuiiderts gefunden
(Basler, Glasnik Sarajevo Arh. N.S.24, 1969, 9 Taf.7,28; 21,105). Für das Material von Plana:
Truhelka, Glasnik Sarajevo Arh. 13, 1901, l ff. Taf. 1.
54
Gabrovec, Godisnjak, Centar za balkanoloska ispitivanja Sarajevo 8, 1970, 43.
10 n
Abb. 9. Doppelnadeln des Typs IV a: l—2 Aidonochorio, aus Gräbern 12 und 41; 3 Chauchitsa; 4 Pella;
5 Korfu (?); 6 Same, Kefallonia; 7 Borovci, Metkovic (Skizze nach dem Inventarbuch); 8 Duvanjsko polje;
9 Grude, Ljubuski, aus Grab; 10 Krehin Gradac, Mostar, aus Grab; 11 Stobi. — Alle Exemplare aus
Bronze. Maßstab 2:3.
„Trebeniste", doch ist dieser Name unangemessen, da die Verbreitung nicht auf
dieses Gebiet begrenzt ist.
Typ IV a besteht meistens aus Bronze, kommt aber auch in Eisen, Silber oder
Gold vor (Abb. 9 u. 10,1). Bei den Silber- und Goldnadeln wird der Kopf zumeist
durch dünne Silber- oder Golddrähte verstärkt. Die Nadellängen variieren zwischen
5 und 18cm. Die Unterteilung des Typs IV in Varianten ist problematisch, da eine
Differenzierung aufgrund der Größe und Form der beiden oberen und der unteren
Kopfbiegungen keine besonders guten .Ergebnisse für eine chronologische und
regionale Zuweisung erbringt. Es läßt sich sagen, daß Nadeln mit gleich großen
Bögen oder einer größeren Mittelbiegung in Makedonien häufiger vorkommen, und
daß Nadeln mit einer nur geringen Mittelbiegung vor allem im Westbalkanraum zu
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Ein Beitrag zu den Doppelnadeln im Balkanraum
Abb. 10. Doppelnadeln der Typen IV bis VI. Typ IV a: l Ljuljaci, aus Grab; Typ IVb: 2 Ljubomir, aus
Grab; Typ IV c: 3 Aidonochori, aus Grab; Typ V a: 4 Aidonochori, aus Grab; 5 Strymontal, aus Grab;
6 Srednja Dobrinja, Uzicka Pozega, aus Hügelgrab. Typ Vc: 7 Plana, aus Grab. Typ Via: 8 Kompolje,
aus Grab 107. Typ VIb: 9 Kaldrma, Prilep, aus Grab 22. — l, 2 Silber, 9 Eisen, sonst Bronze. Maßstab
2:3.
Typ IVa
2 3 4
Abb. 11. Grabfund 28 von Kompolje, Kroatien. Maßstab 1:2.
dagegen sind die Silbernadeln aus Serbien etwas früher: Die Stücke von Novi Pazar
und Pecka Banja können aufgrund der Vergesellschaftung mit attischer Keramik in
den Übergang vom 6. zum 5. Jahrhundert datiert werden, und die Nadeln vom
Umcari sind typologisch ein wenig jünger56. Die Nadel des Grabes 28 von Kompolje,
die zusammen mit einer Armbrustfibel gefunden wurde, dürfte nicht älter als das
S.Jahrhundert sein (Abb. 11), und auch die Nadel aus Grab 520 von St. Lucia kann
aufgrund eines konischen Anhängers in die gleiche Zeit datiert werden. Die Nadel
aus Grab 17 von Nin kann sicher dem 4. Jahrhundert zugewiesen werden, während
das andere Stück von Nin sehr wahrscheinlich nicht dem frühen Grab 85 angehört57.
Zweifelhaft ist auch die Zuweisung einer solchen Nadel von Sitno bei Split zu einem
Hort der Periode Hallstatt B58. Die „MMörmigen Nadeln aus der Herzegowina und
Süddalmatien geben nicht viele Anhaltspunkte für eine Datierung. Viele gehören in
das S.Jahrhundert, viele sind aber auch jünger und in das 3. und 2.Jahrhundert zu
setzen59. In Albanien ist die Situation ähnlich; dort können alle Nadeln mit Ausnah-
me derer von Mati, Qinamak und Dushmani in die hellenistische Zeit datiert werden.
Die Funde um den Ohrid-See, aus Trebeniste, Radoliste und Recica sind älter und
reichen von der Mitte des 6. bis in die Mitte des S.Jahrhunderts, und die übrigen
Nadeln aus Jugoslawisch-Makedonien (Babino, Beranci, Gorno Pole und Kaldrma
bei Prilep) gehören in die gleiche oder eine etwas spätere Periode. Die Silbernadeln
um Thessaloniki, aus Sindos und Zeitinlik sind in das letzte Drittel des 6. und das
S.Jahrhundert zu datieren, während zwei Bronzenadeln aus den Gräbern 12 und 41
von Aidonochori aufgrund ihrer Vergesellschaftung mit spätkorinthischer Keramik
wahrscheinlich vor der Mitte des 6. Jahrhunderts anzusetzen sind60. Die eisernen
Nadeln von Vitsa gehören meistens dem 5. und 4. Jahrhundert an, während das
56
Manozisi u. Popovic, 50. Bericht RGK 1969, 204 f. Für die Datierung der attischen Vasen aus Pecka
Banja danke ich Frau M. Parovic-Pesikan.
57
Das Grab 17 enthielt auch einige Certosafibeln und eine fragmentarische griechische Schale aus dem
4. Jahrhundert. Für Grab 85 vgl. S.Batovic, Arch. lugoslavica 6, 1965 Abb. 13.
58
Der Kopf der Nadel hat eine etwas abweichende Form, eine unabhängige Entstehung ist nicht
auszuschließen. Jedoch sind die Fundangaben nicht sicher; die Nadel muß wahrscheinlich später datiert
werden.
59
In Gostilj und Gajtan wurden solche Nadeln in Gräbern zusammen mit Münzen aus dem Beginn des
2.Jahrhunderts gefunden (Basler, Glasnik Sarajevo Arh. N. S. 24, 1969, Taf.8,34; Korkuti, Iliria 2,
1972, 455 f.).
60
Sindos verdanke ich den Hinweis von Frau K. Despini, Für die Datierung der korinthischen Keramik in
Aidonochori bin ich Frau H. Koukouli-Chrysanthaki dankbar.
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Ein Beitrag zu den Doppelnadeln im Balkanraum 249
(Mb 300km
, TypIVo oTypIVb xTypIVc =d
Stück aus Nemea in das dritte Viertel des S.Jahrhunderts datiert werden muß61.
Besonders bemerkenswert ist die Darstellung einer solchen Nadel auf einem Krater
aus Spina, der in das zweite Viertel des 5. Jahrhunderts zu datieren ist62. Wie auch im
westlichen Balkanraum bleiben die Nadeln in Makedonien und Griechenland (Pa-
tras) bis in die fortgeschrittene hellenistische Zeit in Gebrauch.
Aufgrund dieser Ausführungen kann man den Schluß ziehen, daß die frühesten
„MMörmigen Doppelnadeln im Balkanraum zuerst in Makedonien in der ersten
Hälfte des 6. Jahrhunderts auftraten und sich von dort während der zweiten Hälfte
61
Nach I. Vokotopoulou — ich bin dankbar für die Mitteilung — gehören fünf Nadeln von Vitsa in das 5.
und 4. Jahrhundert, eine weitere vielleicht ins 8. bis 7. Jahrhundert. Letztere Datierung ist jedoch nicht
gesichert.
62
Jacobsthal a.a.O. (Anm.l) 109 Abb.334; N.Alfieri u. P.E.Arias, Spina (1958) 32 Taf.16—17.
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250 Rastko Vasio
Typ IVb
Typ IV c
63
Die silberne Nadel von Zeitinlik, die in das dritte Viertel des S.Jahrhunderts datiert ist (Jacobsthal
a. a. O. (Anm. 1) 137, Hat einige Schutzelemente an den Schenkeln und kann etwas früher als die ersten
Nadeln des Typs III c angesetzt werden. Die späteste Nadel ist anscheinend ein Stück von Vergina aus
der Mitte des 2. Jahrhunderts (Pandermalis, Makedonika 12, 1972, 170 f.).
64
R.M.Boehmer, Die Kleinfunde von Bogazköy, Bogazköy-Hattusa VII (1972) 92 Taf.
23,530.530a.545—554; 24,555.588.589.589a; 49,1360.1366. Ders., Die Kleinfunde aus der Unter-.
Stadt von Bogazköy, Bogazköy-Hattusa X (1979) 13 f. Taf. 14,3093.3094.
« E. F. Schmidt, The Alishar Hüyük II (1933) 69 Abb. 96; H. H. von der Osten, The Alishar Hüyük III
(1937) 53 Abb. 58,5 und 110 Abb. 105.
66
Eine Steinplatte aus Arsada, Lykien, mit fragmentarischer Inschrift und einer „M"-Nadel (?), G. E.
Bean, Journal Hellen. Studies 68, 1948, 42 Abb. 9.
67
Petrenko a.a.O. (Anm.2) 19 Taf. 14, 1—13.
68
Carancini a. a. O. (Anm. 2) 376 f. Taf. 102,3384.3385.
Typ V (Abb. 13) wird durch einen kleeblattförmigen Kopf gekennzeichnet, dessen
Blätter unterschiedliche Größe und Stellung haben können, so daß sich mehrere
Varianten unterscheiden lassen. Bei der ersten Variante sind alle Blätter vertikal
ausgerichtet; das Mittelblatt ist generell das größte, gelegentlich sind aber auch alle
Blätter gleich. Die zweite Variante entwickelte sich aus der ersten und besitzt
mehrere Ringe auf der flachen Oberseite des Mittelblattes. Bei der dritten Variante
sind das Mittelblatt vertikal und die beiden anderen horizontal angebracht, so daß
sich die Form eines Kreuzes ergibt. Die vierte, von der dritten Variante ableitbare
Form besitzt fünf Blätter, ein vertikales und vier horizontale. Die Länge der Nadeln
dieses Typs variiert zwischen 5 und 15cm und neben bronzenen kommen auch
einige silberne Stücke vor.
Typ Va
69
Ebd. Taf. 102,3381.
Zur Chronologie läßt sich das Grab aus der Mitte des 6. Jahrhunderts von
Aidonochori heranziehen. „A grave on the Strymon", vielleicht von Amphipolis,
heute im Britischen Museum, enthielt neben der Nadel einen handgemachten
tiefbauchigen Krug, eine ionische Kylix, einen Fingerring mit Endspiralen und zwei
rhombische Bleche aus Gold und Silber. Diese besitzen Parallelen in Aivasil,
Aidonochori und in einem Grab aus der Gegend zwischen Kavala und Drama und
gehören der gleichen oder einer etwas früheren Periode an70. Für die übrigen
balkanischen Nadeln gibt es keine präzisen chronologischen Anhaltspunkte.
Brit. Museum Reg. No. 1918, 4—15, l—6. Für die Angaben danke ich Herrn D.M.Bailey. — Als
Parallele: K.Kilian, Prähist. Zeitschr. 50, 1975, 101 f. Vgl. auch einen tiefbauchigen Krug aus dem
Grab 3 in Saraj, der von Kilian (ebd. 87 Taf.62,5) in die Mitte des 7. Jahrhunderts datiert worden ist.
Die italischen Nadeln werden in das 7. Jahrhundert datiert, eine Zeitstellung, die
indirekt auch durch die Nadel von Krifcna Gora in Slowenien bestätigt wird, die
spätestens an das Ende des 7 Jahrhunderts gesetzt werden muß und wahrscheinlich
unter italischem Einfluß entstand". Aus diesem Grunde kann man annehmen, daß
der Typ in Italien früher als in Makedonien auftritt; eine von Westen nach Osten
gehende Beeinflussung ist daher nicht auszuschließen. Doch bedarf es auch hier noch
neuer und genauer datierbarer Funde, bevor endgültige Schlüsse gezogen werden
können.
Typ Vb
Typ V b entwickelte sich aus Typ V a durch das Hinzufügen von Ringen zum
oberen Teil des Mittelblattes. Auf diese Weise wirkt es flacher, und die seitlichen
Blätter erreichen eine fast horizontale Stellung. Nadeln der Form Vb stammen
ausschließlich aus dem Picenum, aus Cupramarittima und Novilara, und sind mit
dem Typ V a gleichzeitig72. Im inneren Balkanraum gibt es einige Nadeln des Typs
V b ähnliche Ausbildungen, einmal das erwähnte trianguläre Mittelblatt der Nadel
von Srednja Dobrinja und außerdem der spiralig gebogene obere Teil einer der
Nadeln des Typs Ic von Tri Celjusti, doch ist es fraglich, ob hier wirklich
Beziehungen zwischen den Funden vorliegen.
Typ Vc
71
Die jüngsten Gräber 95 und 115 in Krizna Gora sind in die Phase IIb, d.h. in den Beginn des
6. Jahrhunderts datiert, während das Grab 34 mit der Doppelnadel aufgrund der Keramik zu der Phase
II a gehört (Urleb, Krizna Gora pri Lozu [1974] 84 f.)
72
Carancini a. a. O. (Anm. 2) 377 Taf. 102,3390—3392.
Enden, ähnlich der Formung des Mittelbogens einiger „M"-förmiger Nadeln, dort
nur in zwei Fällen vorkommen, wohl aber in Sanski Most und Plana häufig sind. Die
frühesten kreuzförmigen Doppelnadeln gehören im Glasinac-Bereich in die späte
Phase IV c und die jüngsten in die Phase V b, sie können also von der zweiten Hälfte
des 6. bis in das fortgeschrittene 4. Jahrhundert datiert werden73. Typ V c entwickelte
sich in Bosnien und der Herzegowina wahrscheinlich aus dem Typ V a, wie mehrere
Hinweise vermuten lassen. Erstens ist Typ V a älter als Vc, zweitens gibt es
Übergangsformen in Makedonien, wie die Nadel von Amphipolis mit sehr kurzen
und breiten Blättern, drittens ist bei einigen bosnischen Exemplaren die Mittelbie-
gung breiter als diejenige der Seitenblätter und viertens sind kreuzförmige Nadeln
mit breiten und kurzen Bögen, die dem Typ V a näherstehen, älter als diejenigen mit
schmalen Bögen74.
Typ Vd
Typ Via
73
Das vermischte Material aus den Hügelgräbern XII, l—3 in Hrastovaca enthielt neben einer kreuzför-
migen Doppelnadel zwei Doppelnadeln vom Typ I a und eine vom Typ II a, eine kleine Bogenfibel mit
Schildfuß, eine zweischleifige Bogenfibel mit viereckigem durchlochten Fuß, eine kleine Brillenfibel
usw. — Formen, die spätestens der zweiten Hälfte des 6.Jahrhunderts angehören. Gleichzeitig ist
wahrscheinlich die silberne Nadel aus titluci. Andererseits gehört die fragmentarische Nadel aus dem
Grab 121 in Sanski Most wegen der Certosafibel des Typs XIII h im gleichen Grab der Mitte oder
zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts an (Terzan, Arh. Vestnik 27, 1976, 380 Abb. 50).
74
Die Nadeln von Hrastovaca und ötulci haben breite und kurze Bögen, während die Nadel von
Potpecine mit schmalen Bögen aufgrund der Vergesellschaftung mit einer Certosafibel der Variante
III b in die zweite Hälfte des S.Jahrhunderts zu setzen ist.
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256 Rastko Vasic
ausschließlich aus Bronze und sind zwischen 15 und 30cm lang, V. Vejvoda unter-
suchte speziell diesen Typ und zählte etwa 60 Nadeln in Kompolje und Prozor sowie
nur ein Exemplar in Italien75. Die frühesten Nadeln aus Kompolje wurden in
Gräbern zusammen mit frühen Plattcnanhängern, großen Pinzetten und dreischleifi-
gen Fibeln gefunden, die jüngsten kamen zusammen mit Certosafibeln vor, so daß
der Typ vor allem in das 6. und S.Jahrhundert datiert werden kann. Die Nadel von
Alfedena, die in das 6, Jahrhundert gehört, entstand vermutlich unter balkanischem
Einfluß*.
Typ VI b
Wir haben mehrmals darauf hingewiesen, daß viele Verbindungsglieder bei der
Bestimmung von Typen und Varianten fehlen, doch lassen sich einige Tendenzen in
der Entwicklung dieser Doppelnadeln auf der Balkanhalbinsel erkennen. Doppelna-
deln begegnen zuerst in Bosnien und vielleicht in Makedonien im Laufe des
/.Jahrhunderts in Gestalt der Typen I und II, während der Beginn des Typs III
möglicherweise gegen Ende dieses Jahrhunderts angesetzt werden kann. Diese
Nad$n sind gewöhnlich groß und grob und aus Bronze oder Eisen hergestellt; sie
stimmen so in vieler Hinsicht mit der allgemeinen Entwicklung bosnischer
Schmuckstücke überein, desgleichen mit der in Makedonien, wo derartige Tenden-
zen noch während der letzten Phase der sogenannten „Makedonischen Bronzen"
beobachtet werden können. Ab der Mitte des 6. Jahrhunderts ist eine Veränderung
bemerkbar, die zuerst in Makedonien, etwas später auch im westlichen Balkanraum
auftritt. Die Nadeln werden schmaler und zierlicher, und neben der Bronze werden
nun auch Silber und Gold verwendet. Neue Formen, die Typen IV, V und VI, treten
75
V.Vejvoda, Vjesnik Zagreb 2, 1961, 115ff. Für neue Funde aus Prozor: R.Drechsler ebd. 6—7,
1972—73 Taf. 7,2; 23,3.
76
Carancini a.a.O. (Anm.2) 378 Taf. 102,3393.
77
Z.B. Gräber 2,3 und 29: Kitanoski, Macedoniae Acta Arch. l, 1975, 125 Taf. l und 13.
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Tafel 5
14
Doppelnadeln verschiedener Typen und einige ihrer Beifunde, l—2 Thessaloniki, Umgebung (?);
3—4 Ostrovul Märe; 5 Gomolava; 6—7 Djevdjelija; 8—9 Belgrad; 10—11 Negotino; 12 Thessaloniki,
Umgebung (?); 13 Delagozda Struga; 14 Chauchitsa (?). Maßstab der Metallgegenstände: ca. 2:3.
neben die bekannten Typen I, II und III, und innerhalb dieser lassen sich Ähnlich-
keiten und Unterschiede feststellen. Dieser Formenreichtum kann generell in die
zweite Hälfte des 6. und die erste Hälfte des S.Jahrhunderts datiert werden, die
Typen gehören in eine Zeit, in der die Doppelnadeln den Höhepunkt ihrer Beliebt-
heit erreicht hatten. Es ist dies auch die Phase ihrer größten geographischen
Verbreitung in Südosteuropa: sie konzentrieren sich vor allem auf Bosnien, die
Herzegowina und Makedonien, kommen aber auch häufig in der Lika, Süddalma-
tien, Montenegro und Albanien vor, selbst in Griechenland und Serbien sind sie
recht zahlreich; doch weiter östlich und nördlich, in Bulgarien, Rumänien und der
Vojvodina, sind sie seltener und begegnen nur gelegentlich in den Randzonen. Ab
der Mitte des S.Jahrhunderts nimmt der Variantenreichtum ab und viele hypotrophe
Formen ebenso wie die einfachen Typen kommen außer Gebrauch; nur die funk-
tionsgerechtesten und ästhetischsten Nadeln leben weiter: Typ IV mit dem „M"-
förmigen Kopf in Makedonien und der gleiche Typ sowie Typ III mit zwei Schleifen
unterhalb des Kopfes im westlichen Balkanraum. Für beinahe dreihundert Jahre
werden dann diese Nadeln, die manchmal einen hohen Perfektionsgrad aufweisen,
die führende Schmuckform in Makedonien und dem südwestlichen Balkanraum, der
Herzegowina, Süddalmatien und Albanien, bis durch die römische Okkupation der
illyrischen und makedonischen Staaten in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts die
materielle Kultur radikaler verändert wird.
Doppelnadeln begegnen, wie angedeutet, auch außerhalb der Balkanhalbinsel und
können zum Teil älter als die balkanischen Nadeln sein, so daß ihr Einfluß auf die
Herausbildung einiger Typen nicht ausgeschlossen werden kann. Doch können diese
Funde, die größtenteils isoliert in lokalen Werkstätten erstellt wurden, nur schwer-
lich als die Quelle aller westbalkanischen und makedonischen Nadeln angesehen
werden, die aufgrund ihrer Menge und ihres Variantenreichtums als hauptsächliche
und bedeutendste Gruppe aller Doppelnadeln gelten können.