VARM Projektwoche
Wintersemester 2017/2018
Der Rohstoff Keramik
Der Begriff Keramik charakterisiert sämtliche Er-
zeugnisse aus dem Naturstoff Ton oder aus tonhal-
tigen Mischungen, die unter Zugabe von Wasser bei
Raumtemperatur geformt, dann getrocknet und an-
schließend bei über 900°C zu harten, dauerhaften
Gebrauchsgegenständen gebrannt werden. Dabei un-
terscheidet man zwischen Grobkeramik (zum Beispiel
Ziegel, Klinker, etc.) und Feinkeramik (beispielsweise
Porzellan).
Je nach Rohstoffkombination, Brennverfahren und
Brenntemperatur weist der sogenannte Scherben, d.h.
der durch Brennen verfestigte Rohkörper, bestimmte
Eigenschaften in Bezug auf Dichte, Stärke und Schlag-
festigkeit auf. Ein dichter Scherben wird auch als ge-
sintert bezeichnet. Das heißt, dass er beim Brennen
glasartig dicht und somit undurchlässig für Wasser
und Luft geworden ist. Ein poröser Scherben weist
dagegen Hohlräume bzw. Poren auf und besitzt da-
durch weniger Masse. Ein poröser bzw. ungesinterter
Scherben wird beim Brand nicht so stark verfestigt
und ist deshalb durchlässig für Wasser und Luft.
In Abhängigkeit von der Dichte des Scherbens unter-
scheidet man zwischen Steingut (mit porösem Scher-
ben) und (Fein-)Steinzeug bzw. Porzellan (mit dich-
tem Scherben). Steingut wird aus weißbrennenden,
sehr plastischen Tonen bzw. Kaolinen, Quarz, Feld-
spat und evt. weiteren Mineralien hergestellt. Es ist
durch und durch weiß und ähnelt dadurch dem Por-
zellan, allerdings ist der Scherben dicker, poröser und
weniger hart.
Keramik als kulturelles Erbe
Ton ist das erste antropogen prozessierte Material
und ist mit der Entstehung der Zivilisation eng ver-
woben. Die ersten Beispiele keramischer Erzeugnisse
gehen bis zu 30.000 Jahre zurück. Im Gegensatz zu
Holz oder Metallen vergeht gebrannter Ton nicht und
ist somit die Hauptfundgattung in der Archäologie.
Aus Fundstücken kann man viele Informationen über
die Lebensweise vergangener Kulturen herauslesen.
Die Form gibt Auskunft über den Gebrauch, Bema-
lungen geben Auskunft über Mythologie und Weltbild.
Das Material verrät bei genauerer Untersuchung viel
über Herkunft und Herstellung. Dadurch können
Handelsruten und die geographische Ausbreitung von
Kulturen nachvollzogen werden. Techniken zur Bear-
beitung von Ton reichen von primitivsten bis zu hoch-
industriellen Methoden (vgl. Terra Sigillata).
Abb. 1: Tonlagerung
Abb. 3: Wulsttechnik, Grundplatte
Abb. 5: Wulsttechnik, Verstreichen
Abb. 7: Drehen an der Töpferscheibe
Keramik als kulturelles Erbe
Herstellung einer Schüssel nach antiken Methoden
Abb. 2: Modellierfähige homogene Masse
Abb. 4: Wulsttechnik, Aufbau
Abb. 6: Wulsttechnik, ungebranntes, nasses Gefäß
Herstellung einer Schüssel
Die Herstellung bzw. Formgebung von Keramik-Arti-
keln erfolgt entweder von Hand oder maschinell.
Die maschinellen Herstellungsverfahren umfassen
das Ein- und Überformen (Rotationsverfahren) sowie
verschiedene Gießverfahren.
Zu den manuellen Herstellungsverfahren zählen die
Wulsttechnik, die Daumendrucktechnik, die Platten-
technik, das Freidrehen mit der Töpferscheibe etc.
Bevor damit begonnen wird, den Ton zu modellieren,
müssen einige Vorbereitungen getroffen werden. Ton
wird zur Lagerung in Wasser „eingesumpft“ (Abb.1).
Um eine formbare homogene Masse zu erhalten, muss
der Ton ausgelegt, getrocknet und geknetet werden.
Daumendrucktechnik
Bei der Daumendrucktechnik wird aus einer Tonku-
gel, die bereits geknetet wurde, ein Objekt frei ge-
formt. Dieses kann eine im Innern hohle Kugel, eine
Schale, eine Vase, ein Krug oder vieles anderes sein.
Die Formung erfolgt dadurch, dass man den Ton mit
Daumen und Zeigefinger nach oben drückt. Die Un-
terseite wird abgeflacht, indem man den Gefäßboden
gegen die Arbeitsplatte bzw. den Tisch drückt.
Durch streichende, drückende oder knetende Bewe-
gungen modelliert man den Ton. Die Außenseite kann
man mithilfe einer Schiene glätten oder mit verschie-
denen Werkzeugen texturieren. Diese Variante emp-
fiehlt sich vor allem für kleine Projekte.
Wulsttechnik
Eine keramische Grundtechnik zum Aufbau von Ge-
fäßen und Skulpturen aus Ton ist die Wulsttechnik.
Dazu werden mehrere Lagen Tonrollen einem gege-
benen Grundriss (Abb.3) folgend aufeinander gesetzt
(Abb. 4). Durch Aufrauen und Einschlickern der Ver-
bindungsstelle erhält man eine saubere Verbindung
der verschiedenen Lagen. Anschließend werden die
hierbei entstehenden Fugen verstrichen und mit wei-
chem Ton verputzt. (vgl. Abb. 5-7)
Plattentechnik
Bei der Plattentechnik, die ähnlich der Wulsttechnink
ist werden Tonplatten mit Hilfe von Walzen oder Roll-
hölzern geformt. Alternativ können die Platten mit
einem Schneidedraht geschnitten werden. Nachdem
man ihn in Platten geschnitten hat lässt man den Ton
lederhart werden. Man setzt die Platten zusammen -
um sie zu verbinden, verwendet man Schlicker. Die
Platten werden angeraut und aufgebaut bzw. Platte
für Platte aneinandergesetzt.
Abb. 8: Grubenbrand: Stapelung
Abb. 9 Grubenbrand mit Abdeckung
Abb. 10: Werkstücke in der Glut
Abb. 11: Gefäße vor dem Brand
Drehscheibe
Als eine technischere Methode für die Herstellung
von Feinkeramik gilt schon lange die Töpferscheibe,
mit der ein Töpfer den Ton drehen und formen kann.
Der Tonklumpen kann so durch die schnelle Drehung
der Töpferscheibe mit den Händen und Fingern ge-
formt werden.
Brennen
Es gibt verschiedene antike Ofentypen, mit denen Ton
gebrannt wird. Als Brennmaterial kommt stets Holz,
nicht Kohle, zum Einsatz, da es eine längere Flamme
bildet und somit zu einer gleichmäßigeren Hitzever-
teilung führt.
Bei allen Methoden ist es wichtig, dass die Hitzestei-
gerung sehr langsam und kontinuierlich erfolgt, da
die Gefäße sonst platzen könnten.
Einkammeröfen und Zweikammeröfen sind Ofenkon-
struktionen in denen die getrockneten Tongefäße
sachgerecht aufgestapelt werden müssen, sodass die
heiße Luft frei zirkulieren kann und sich nirgendwo
anstaut.
Der offene Feldbrand hingegen erfordert nur ein Feu-
er, in welches die Gefäße gelegt werden.
Der Grubenbrand (Abb. 8-10) funktioniert nach dem
gleichen Prinzip, jedoch muss vorher eine Grube aus-
gehoben werden, in die das Brennmaterial und die
Werkstücke gelegt werden (Abb.8).
Die Grube wird während des Brennvorgangs abge-
deckt. Durch Anheben oder Verschieben der Abde-
ckung kann die Sauerstoffzufuhr geregelt werden.
Der Brennprozess kann bei dieser Methode, anders
als beim offenen Feldbrand, beeinflusst werden.
Beim Brennen in konstruierten Öfen kann
der Prozess viel gezielter gesteuert werden.
Bei einem Grubenbrand werden Temperaturen von
ca. 600°-800°C erreicht, während in Brennöfen Tem-
peraturen über 1000° erzielt werden können.
Literaturverzeichns / Weblinkverzeichnis
Weiß, Gustav (1998): Keramik-Lexikon. Prakisches Wissen griffbereit. 3.Auflage, Haupt Bern.
<https://de.wikipedia.org/wiki/Keramik>, 09.03.2018 12:13 Uhr
Dohner, Gregor (2018). Keramiktechnologie. Vortrag in Projektwoche Keramik als kulturelles
Erbe, Darmstadt
Axtmann, Anna: Arbeitstechniken. <http://www.die-hafnerin.de/arbeitstechniken/> 14.03.2018
11:16
Abbildungsnachweis
Abb. 2: https://dahoam-magazin.de/aus-liebe-zum-ton-zu-besuch-bei-keramikerin-
corinna- post/
Abb. 8 und 11: Gregor Döhner
übrige Abb.: eigene
Bettina Deubler, Selin Dogruyol, Abdul Salam Shaikh, Marlene Mehrlein,
Abb. 12: nach dem Brand Marina Gros, Sebastian Hepp