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Kalkmörtelboden

Materialgruppen: Kalk

Materialbeschrieb

Kalkmörtelboden ist ein ein- oder zweischichtiger, gestampfter oder gewalzter


Nutzestrich, bestehend aus Luftkalk, Kies und Sand.

Die jahrtausendealte Technik des Kalkmörtelbodens wird heutzutage nur noch


von einigen wenigen Handwerkern beherrscht und ausgeführt. Die Herstellung
eines solchen exklusiven, aus natürlichen Materialien bestehenden Bodens ist
zeitintensiv und entsprechend teuer. Moderne Estriche mit Zement als
Bindemittel unterscheiden sich in ihren physikalischen Eigenschaften und in
der Herstellungsweise grundlegend von Kalkmörtelböden.

Kalkmörtelböden sind bei richtiger Pflege sehr haltbar und strapazierfähig. Sie
zeichnen sich zudem durch eine hohe Elastizität aus, wodurch auch ein Einbau
auf Holzdecken möglich ist, und können eine Stärke von bis zu 20 cm
aufweisen. Wie Kalkmörtel sind sie diffusionsoffen und bei unversiegelter
Oberfläche kapillaroffen, im Gegensatz zu modernen zementgebundenen
Estrichen.

Der fertig gestampfte und geglättete Kalkmörtelboden kann zusätzlich geölt,


verseift oder gewachst werden, um der Oberfläche Glanz zu verleihen und sie
gegen Schmutz zu schützen. Der Estrich kann vor der Glättung mit Pigmenten
eingefärbt werden. Je nach Qualität und gewünschter optischer Wirkung kann
zur Veredelung eine zweite Lage aufgebracht und mit kalkechten Pigmenten
eingefärbt oder a fresco bemalt werden. Kalkmörtelböden können auch in
mehreren Schichten eingebracht werden.

Kalkmörtelböden werden heutzutage in ausgewählten Wohn- und


Geschäftsräumen angelegt. Die Technik ist auch in der Denkmalpflege bei der
Restaurierung historischer Kalkmörtelböden – meist in Kirchen oder Villen –
gefragt.

Ähnliche Arten:
Terrazzi unterscheiden sich von schlichten Kakmörtelböden nur dadurch, dass
sie geschliffen sind und meist als Zuschlagstoff Steine von unterschiedlicher
Körnung, Färbung und Beschaffenheit enthalten. Eine häufige Variante ist die
Verwendung von hydraulisch wirkendem Ziegelsplitt als Zuschlagstoff zu
Kalkmörtelböden. Der klassische Pastellone ist eine Mischform zwischen

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Kalkmörtelboden

Kalkmörtelboden und Terrazzo. Er besteht aus drei Lagen, wobei die unterste
aus Cocciopesto, feinem Kies und Luftkalk besteht und die Mittelschicht aus
Cocciopesto, Schotter und Luftkalk. Die abschliessende Schicht wird aus einer
1:1-Mischung aus Marmor- oder Ziegelmehl und Luftkalk hergestellt. Diese
kann wieder eingefärbt werden. Sehr selten waren grüne Pastelloneböden, für
deren Farbgebung Terra verde di Treviso sorgte (Crovato, 63–64).

Hintergrund

Geschichte:
Kalkmörtelböden waren schon im alten Rom gebräuchlich, ihr Ursprung ist
aber wesentlich älter. Vitruv beschreibt die Vorteile eines Kalkmörtelbodens im
1. Kapitel des 7. Buches seiner Zehn Bücher über Architektur (Vitruv, 315–
319). Vor allem im Schweizer Kanton Graubünden haben sich einige auf das
Mittelalter zurückgehende Kirchen erhalten, die mit Kalkmörtelböden
ausgestattet sind.

Ökologie:
Als Naturkalkprodukt ist Kalkmörtelboden unter ökologischen Aspekten
unbedenklich und sehr umweltverträglich.

Herstellung

Fertigung:
Ein Gemisch aus Luftkalk, Sand und meist auch gröberem Kies wird auf den
Untergrund aufgebracht und geglättet. Während des häufig mehrere Monate
dauernden Trocknungsprozesses wird der Boden verdichtet (mehrfach gewalzt
und/oder gestampft). Kalkmörtelböden werden möglichst trocken, d. h. mit
geringem Wassergehalt, eingebracht. Nach der letzten Verdichtung wird die
Oberfläche mit der Kelle geglättet.

Bearbeitung

Arbeitsschutz:
Calciumhydroxid ist ätzend, daher muss bei dessen Verarbeitung
Schutzkleidung (Handschuhe und Brille) getragen werden.

Anwendung

Anwendungsgebiete:
Bauwesen

Anwendungsbeispiele:
- Kapelle Sankt Martin, Brigels, Graubünden, CH
- Kathedrale Chur, Graubünden, CH (Ausführung: Ruedi Krebs)
- Kirche Sankt Martin, Krypta, Disentis, Graubünden, CH
- Kirche Sogn Gieri, Rhäzüns, Graubünden, CH
- Landesgedächtniskapelle, Basilika Rankweil, Vorarlberg, A (Ausführung:
Gerold Ulrich)

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Kalkmörtelboden

- Marienkirche, Sagogn, Graubünden, CH


- Stift Stams, Bernardisaal, Stams, Tirol, A (Restaurierung: Ruedi Krebs)

Sammlungen
Muster in folgenden Sammlungen: ETH Zürich Baubibliothek

Standort in der Sammlung


ETH Zürich Baubibliothek: BK-ES | Bindemittel Kalk > Boden- und
Strassenbeläge/Estrich

Bezugsquelle

Musterherstellung:
Gerold Ulrich, Satteins, A

Quellennachweis

Verwendete Quellen:
Krebs, R. (2008). Trostpflaster für eine graue Eminenz. Die Restaurierung des
Kalkmörtelbodens im Bernardisaal, Kloster Stams, Tirol. In: Restauro, Bd. 114,
Nr. 3, S. 172–177, 199.
Ulrich, G. (2013). Natürliche Baumaterialien. Traditionelle Handwerkstechniken,
in: www.coviss.ch/index.cfm?s=beitrag&beitragID=336 (01.04.2015).
Vitruv (1976). Zehn Bücher über Architektur, übersetzt und mit Anmerkungen
versehen v. C. Fensterbusch. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S.
315–319.

Expertin / Experte:
Dr. Karl Stingl/Graz

Material-Archiv-Signatur: KAL_4
Text verfasst von: ETHZ, KB, 2013

Stand: 05.03.2019 (Online-Schaltung: 13.11.2013)


Permalink: materialarchiv.ch/detail/1337

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