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2021
Vorlesung "Thukydides"
Modul II
Hr. Prof. Dr. Wendt
WiSe 2020
Tim Wetzer; Matrikelnummer: 108020225710
Essay: Die Rolle des Bürgerkrieges und der neuartigen Wortwahl in Kerkyra
im Werk des Thukydides
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gestürzt, was sich, nach Landmanns Übersetzung, dahingehend kanalisiere, dass
"die Mittelschicht der Bürger […] von beiden Seiten her ausgemordet" 1 werde
und somit die Versteifung beider Extreme einen Ausdruck erhält. Einer der
wichtigen Gründe für Thukydides ebendiesen Bürgerkrieg zu schildern ist somit
die Demonstration des übergeordneten Hauptkrieges, der sich bis in die lokale
"Polis" hinein ausbreite. In einer Art gegenseitigem Gefüge präge der
übergeordnete Krieg die lokale "Stasis" und diese wiederum den übergeordneten
Bündniskrieg, "Pólemos", als eine ausgeuferte "Stasis".
Thukydides verknüpft diesen weitreichenden Kollaps der "Polis" mit einer
folgenden Niederlegung der ursprünglichen Identität, indem er den veränderten
Sprachgebrauch im Krieg aufführt um die Eindringlichkeit des veränderten
Habitus zu explizieren. So übersetzt Landmann diesen Aspekt mit den Worten
"Und den bislang gültigen Gebrauch der Namen für die Dinge verstauschten sie
nach ihrer Willkür […]."2 Dies verdeutlicht, dass sich durch die Eindringlichkeit
des Krieges in Kerkyra nicht bloß politische Verhältnisse ändern, sondern ganze
eigene Leitbilder aufgegeben werden, was erneut die unverhältnismäßig
umfangreiche Schilderung jenes "untergeordneten" Konflikts verständlich macht:
In ihm spiegeln sich zuvor nie dagewesene Prozesse wieder, denen Thukydides
einen gewissen exemplarischen Status anerkannt.
Darüberhinausgehend erfasst Thukydides diesen und andere Aspekte als
Komponenten einer den Menschen innewohnenden Ur-Natur, die im Krieg
hervortrete und Gewalt und Exzess im großen Stile verursache und ermögliche.
Dieser Urinstinkt habe sich im weiteren Verlauf des Bürgerkrieges laut
Thukydides weiter ausgebreitet, was er im Kontext der sogenannten "Kinesis"
erörtert, sodass "die ganze hellenische Welt"3 in Bewegung versetzt werde, was
sinnbildlich für eine Erschütterung etablierter Paradigmen und Ordnungssysteme
sowie Moralvorstellungen stehen könnte. Thukydides sieht demnach die "Stasis"
und das hervortreten der "wahren" innersten Gemüter des Menschen als
wesentliche Kriegsbestandteile, die zu einer Erschütterung/Bewegung bzw.
Verschiebung zahlreicher Richtwerte und Norman führen.
Zusammengefasst, verdeutlicht Thukydides somit, dass der Krieg in Kerkyra als
neuartiges Exempel zu deuten sei, in dem eine Art menschliches Ur-Gemüt zum
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Thukydides: Der Peloponnesische Krieg, Buch 3, Kapitel 82.
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Thukydides: Der Peloponnesische Krieg, Buch 3, Kapitel 82.
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Thukydides: Der Peloponnesische Krieg, Buch 3, Kapitel 82.
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Vorschein komme. Dabei erläutert er zum Beispiel eine zunehmende Diskrepanz
von Worten und der dementsprechenden Bedeutung als ein gravierendes Signum
ebendieser Tendenz, des anthropologischen Kriegsgrundes der Selbstaufgabe und
der Aufgabe vorhandener Paradigmen. Eine Art Lehrfunktion ergebe sich zudem
aus dem Erkennen dieser Tendenz, um in künftigen Situation diese mit einplanen
zu können. Letztlich gibt es jedoch zahlreiche Lesarten des Thukydides, die diese
Aspekte als positive oder negative Lehren interpretieren, womit es somit nur bei
einer Annäherung an die Grundaspekte der Situation in Kerkyra belassen werden
kann. In Bezug auf die Ausgangsfrage wäre jedoch zu nennen, dass Thukydides
den Bürgerkrieg als "Nebenepisode" schildert um gerade die Eindringlichkeit des
makrokosmischen Peloponnesischen Krieges in die Mikroebene, den Konflikt in
Kerkyra, sowie deren gegenseitige Bedingung zu unterstreichen.
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Eigenständigkeitserklärung
Hiermit versichere ich, dass ich die Hausarbeit selbstständig verfasst und keine
anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe, alle
Ausführungen, die anderen Schriften wörtlich oder sinngemäß entnommen
wurden, kenntlich gemacht sind und die Arbeit in gleicher oder ähnlicher Fassung
noch nicht Bestandteil einer Studien- oder Prüfungsleistung war.