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Ørestad Gymnasium in Kopenhagen

Ørestad Secondary School in Copenhagen


3XN, Kopenhagen/Copenhagen

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Das Ørestad-Gymnasium im Süden von Kopenhagen gehört Gruppenräume, beispielsweise für Fachklassen. Stattdes-
zweifellos zu den am meisten beachteten Schulbauten welt- sen gibt es Lerninseln in unterschiedlichster Ausprägung,
weit, und das vollkommen zu Recht. Denn auch gut zehn Jahre in die sich die Schüler zum individuellen Lernen oder in klei-
nach seiner Eröffnung 2007 sind sowohl das darin vertretene neren oder größeren Gruppen mit oder ohne Lehrer vollkom-
Lernkonzept als auch die räumliche Organisation noch immer men flexibel zusammenfinden können. Das Lernkonzept der
wegweisend, wobei das eine natürlich das andere bedingt. Schule ist fast ausschließlich digital, Hefte und Schreibstifte
Offenheit, größtmögliche Transparenz, Flexibilität und Eigen- sieht man hier nicht mehr, dafür aber überall Laptops, auf de-
verantwortung hatte die damals gerade erlassene dänische nen sich die Jugendlichen möglichst selbstbestimmt ihre
Gymnasialreform verlangt, und den Architekten 3XN gelingt Lehrvideos anschauen.
es beispielhaft, diese Vorgaben in einem einzigartigen Gebäu- Und noch etwas überrascht: Die so großzügig erschei-
de umzusetzen: Ein Schulhaus, das im Wesentlichen aus nende Anordnung stellt sich sogar als platzsparend heraus,
nur einem großen, lichtdurchfluteten und in alle Richtungen der Flächenbedarf pro Lernendem ist geringer als bei her-
fließenden Raum besteht, der ganz besonders von einer kömmlichen Konzepten. Ursprünglich für 800 Schüler ge-
eindrucksvollen Treppenskulptur geprägt wird. Ausgehend plant, besuchen das Gymnasium heute 1200 Jugendlichen.
von der zentralen Wendeltreppe winden sich die einzelnen Und trotzdem muss es jedes Jahr etwa 100 Bewerber abwei-
bumerangförmigen Ebenen geschossweise nach oben, Erschlie- sen, denn es gehört längst zu den beliebtesten Schulen in
ßungs- und Nutzflächen verschmelzen zu einem lebendigen Dänemark.
kommunikativen Raum, der vom Untergeschoss bis ins vierte Ausgehend von ihrem Erfolg in Ørestad setzen die
Obergeschoss reicht. Die so entstehende räumliche Vielfalt Architekten von 3XN später auch bei anderen Typologien
überwältigt den Besucher und führt zu zahlreichen Blickbezie- auf ähnlich markante Treppenskulpturen, wie etwa in der
hungen, die gleichzeitig auch den interdisziplinären Ansatz Hauptverwaltung der Saxo-Bank in Hellerup (2008), im Rat-
unterstreichen, da jede Ebene einem speziellen Wissensgebiet haus von Nieuwegein (2011) oder dem UN-Verwaltungsge-
zugeordnet ist. bäude in Kopenhagen (2013) – als Blickfang, vor allem aber
Ausgelegt ist das Ørestad-Gymnasium für Schüler auch als Ort der Begegnung und der Kommunikation. Die
im Alter von 16 bis 19 Jahren, die hier selbstbestimmt, in voll- Treppe, während der Hightech-Ära im ausgehenden 20. Jahr-
kommener Abkehr vom sonst üblichen Frontalunterricht lernen hundert vorwiegend in konstruktiver Hinsicht regelrecht in-
sollen. Es gibt keine Aufteilung in Jahrgangsstufen mehr szeniert, in der Nachfolgezeit aber eher von untergeordneter
und damit auch keine Klassenräume, ja nicht einmal Lehrer- Bedeutung, kehrt nun eindrucksvoll als tonangebendes ge-
zimmer. Pro Geschoss finden sich nur wenige abgeschlossene stalterisches Element in die Architektur zurück.

The Ørestad Secondary School in southern Copenhagen is un- closed group rooms for specialist classes. Instead, highly varied
doubtedly one of the most noted school buildings globally – and learning islands allow students to assemble for individual learn-
most rightly so. Even today, more than ten years after its opening ing or in smaller or larger groups with or without a teacher in a
(2007), both its educational concept and spatial organisation completely flexible manner. The school’s educational concept is
still lead the way, with both aspects mutually determining them- almost entirely digitalised. Exercise books and pens are absent.
selves. The Danish secondary school reform, then newly enacted, Instead, there are laptops everywhere which the students use to
demanded openness, maximum transparency, flexibility, and view their tutorial videos as self-reliantly as possible.
accountability. The architects 3XN exemplarily succeeded in There’s another surprise: The apparently expansive spa-
implementing these guidelines in a unique building: a school- tial arrangement even turns out to be a space saver as the area
house essentially consisting of a single, large, luminous space requirement per learner is less than in conventional concepts.
flowing in all directions and strikingly characterised by an im- Originally planned for 800 students, the secondary school is at-
pressive staircase sculpture. Emanating from the central spiral tended by 1,200 adolescents today. Even so, the school has to
staircase, individual boomerang-shaped levels ascend floor-wise, turn down about 100 applicants every year, as it has long since
as the circulation areas and usable floor areas merge into a lively, become one of the most popular schools in Denmark.
communicative space extending from the basement to the fourth Based on their success in Ørestad, the architects at 3XN
floor. The resulting spatial diversity overwhelms the visitor, leading later counted on similarly distinctive staircase sculptures in other
to multiple visual links which simultaneously underline the extant building typologies too, such as in Saxo Bank’s administrative
interdisciplinary approach as each level is dedicated to a specific headquarters in Hellerup (2008), the town hall of Nieuwegein
field of knowledge. (2011), or the UN administration building in Copenhagen (2013)
The Ørestad Secondary School is designed for students – both as an eye-catcher and a meeting and communication
between the ages of 16 and 19, who engage in learning in a space in particular. The element of the staircase, which during
self-determined manner, while completely dispensing with the high-tech era at the end of the 20th century had found itself
conventional teacher-centred learning. There are no divisions veritably foregrounded particularly in constructional terms, while
into age-group levels anymore, hence no classrooms, and not playing a rather minor role in the following period, now impres-
even teachers’ rooms. On each floor, there are only a few en- sively returns as a leading design element in architecture.

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Grundrisse EG, 1.OG, 2.OG, 4.OG (im Uhrzeigersinn) , Maßstab 1:750 / Floor plans: ground floor, first floor, second floor, fourth floor (clockwise), scale 1:750

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Die Treppe als Kommunikationsraum / The stairs as an area of communication

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„Das Museum Kolumba ist ein Gebäude, das gewissermaßen aus den Trümmern einer im
Krieg zerstörten gotischen Kirche wächst. Der Ziegel ist ein typisches Baumaterial des Ortes,
deshalb stand er für mich von Beginn an relativ schnell fest. Auch nach dem Krieg haben sie
in Köln die Ruinen mit Backstein geflickt, außerdem gibt es die rheinische Tradition, mit Back-
steinen auf vornehme Art zu bauen, denken Sie an Rudolf Schwarz.

Bei meiner Architektur geht es mir sehr stark darum, bestimmte Atmosphären zu erzeugen.
Es freut mich, wenn meine Gebäude gute Gefühle bei den Leuten auslösen.“

Peter Zumthor in einem Gespräch mit dem Autor im September 2007

“The Kolumba Museum is a building that, in a sense, grew out of the ruins of a Gothic church destroyed
in the war. Brick is a typical local building material, so I decided to use it very early on. After the war, they
would patch the bombed buildings in Cologne with brick and there is also the Rhenish tradition of using
brick in an elegant way, just think of Rudolf Schwarz.

In my architecture, I am very much concerned with creating certain atmospheres. I’m happy when my
buildings arouse good feelings in people.”

From a conversation between Peter Zumthor and the author in September 2007

Peter Zumthor
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