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2016

Anlagentechnik
für elektrische Verteilungsnetze

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.)


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UND ÜBERGABESTATIONEN
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Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Anlagentechnik 2016
D Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. MBA Rolf Rü-
diger Cichowski ist als Autor tätig. Die ers-
ten Jahre seiner beruflichen Laufbahn war er
bei den Vereinigten Elektrizitätswerken AG,
VEW in Dortmund (fusioniert seit 2000 mit RWE
AG) in verschiedensten Funktionen im Bereich
Elektrische Verteilungsnetze aktiv. Nach der
politischen Wende in Deutschland unterstützte
er für einen Zeitraum von fünf Jahren die Ent-
wicklungsprozesse ostdeutscher Unterneh-
men und zwar als Leiter der Elektrischen Ver-
teilungsnetze bei der Mitteldeutschen
Energieversorgung AG, MEAG in Halle/Saale und als Geschäftsführer der damals
neu gegründeten Energieversorgung Industriepark Bitterfeld/Wolfen GmbH, ein
Unternehmen, das den Industriestandort mit Strom, Gas, Wasser und Fernwärme
versorgte.
Mitte der 90er Jahre stiegen die Energieversorgungsunternehmen in das Ge-
schäftsfeld Telekommunikation ein und Rolf Rüdiger Cichowski gründete und lei-
tete als Geschäftsführer für VEW das Tochterunternehmen VEW TELNET, einen

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Regional-Carrier in Dortmund. Nachdem VEW dieses Tochterunternehmen 1999
an die jetzige versatel verkaufte, schied er nach 30 Jahren aus dem Konzern aus
und war danach ein Jahr als Leitender Consultant bei der Detecon in Bonn, einem
Tochterunternehmen der Deutschen Telekom tätig. Von 2001 bis zum Frühjahr
2011 war er Geschäftsführer der SSS Starkstrom- und Signal-Baugesellschaft
mbH in Essen, einem mittelständischen Dienstleistungsunternehmen für Strom,
Daten, Gas und Wasser mit 30 Standorten und etwa 600 Mitarbeitern.
Im Rahmen des BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

und der Deutschen Elektrotechnischen Kommission im DIN und VDE (DKE) arbei-
tete er in Ausschüssen und Komitees mit. Rolf Rüdiger Cichowski hat in den letz-
ten Jahrzehnten als Autor und Herausgeber zahlreiche Fachbücher veröffentlicht
und sich als Referent in Seminaren und Kongressen betätigt. Darüber hinaus war
er über mehrere Jahre Lehrbeauftragter an den Fachhochschulen Dortmund und
Berlin. Rolf Rüdiger Cichowski ist Initiator und Herausgeber der Buchreihe An-
lagentechnik für elektrische Verteilungsnetze, die bei dem Verlag EW Medien und
Kongresse und dem VDE Verlag seit 25 Jahren erscheint.
homepage: www.cichowski.de
Kontakt: rolf@cichowski.de
Anlagentechnik
2016
Herausgegeben von
Rolf Rüdiger Cichowski

Anlagentechnik für
elektrische Verteilungsnetze

EW Medien und Kongresse GmbH


Frankfurt am Main | Berlin | Essen
Die Ratschläge und Empfehlungen dieses Buches wurden von Autoren und
Verlag nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und sorgfältig geprüft.
Dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung der
­Autoren, des Verlages oder seiner Beauftragten für Personen-, Sach- oder
­Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

© EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes
ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt vor al-
lem für Vervielfältigungen in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrokopie oder
ein anderes Verfahren), Übersetzungen und die Einspeicherung und Verar-
beitung in elek­tronischen Systemen. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Verlag
EW Medien und Kongresse GmbH, Kleyerstraße 88, 60326 Frankfurt am Main

So erreichen Sie das Buch-Team von EW Medien und Kongresse


EW Medien und Kongresse GmbH, Montebruchstraße 20, 45219 Essen
Telefon 0 20 54.924-123
Telefax 0 20 54.924-139
E-Mail vertrieb@ew-online.de
Internet www.ew-online.de
ISBN 978-3-8022-1139-3 (Print)
ISBN 978-3-8022-1255-0 (eDok-PDF)
Geleitwort zum Jahrbuch Anlagentechnik 2016

M it dem Jahrbuch „Anlagentechnik“ wird neben der Fach-


buchreihe jährlich ein weiteres, wichtiges Werk für die
Weiterbildung aller Berufstätigen im Bereich der Energieversor-
gung vorgelegt. Es ergänzt in hervorragender Weise die the-
menbezogenen Einzelbände der Fachbuchreihe, indem durch
versierte Experten in kurzen Beiträgen auf aktuelle Themen in
der Anlagentechnik eingegangen wird. Dieses Jahrbuch kann
somit durch seine Konzeption einerseits Themen aufgreifen, die
im Rahmen der Fachbuchreihe bislang nicht abgedeckt sind,
andererseits sehr zeitnah auf Veränderungen und technische
Weiterentwicklungen reagieren.
Bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der ersten Bände
der Fachbuchreihe Anfang der 1990er Jahre war der Austausch
von Kenntnissen gefragt. Um wie viel mehr ist beim derzeitigen
Tempo des technischen Fortschritts Weiterbildung ein Gebot der
Stunde. Wer heute einen technischen Beruf ausübt, sieht sich
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

schnelllebigen Veränderungen mit ständig neuen Anforderun-


gen ausgesetzt. Sein Wissen von heute ist morgen zum Teil
schon überholt. Die Bereitschaft, lebenslang Lernender zu sein,
ist für den Techniker Voraussetzung zum beruflichen Erfolg und
für einen zukunftssicheren Arbeitsplatz.
Auf dem Weg zum Smart Grid werden die schnell fortschrei-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

tende Automatisierung und der Einbau technischer Komponen-


ten der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) die
Verteilnetze und damit auch die Aufgaben der Anlagentechnik
deutlich verändern. Dadurch sind die Fachleute der Energie-
technik außerordentlich herausgefordert. Der Jahresband „An-
lagentechnik“ stellt sich den Herausforderungen und will durch
die Veröffentlichung von neuem Fachwissen die Kenntnisse auf
eine breite Basis stellen.
Ich wünsche der Ausgabe „Anlagentechnik 2016“ viel Erfolg
und einen guten Anklang bei den Lesern.

Dipl.-Ing. Thomas Niemand Essen,


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Vorwort des Herausgebers der Fachbuchreihe

S ehr geehrter Leser, lieber Fachkollege, Ihnen liegt die Fach-


buchreihe „Anlagentechnik für elektrische Verteilungsnetze“
vor. Sie haben sich für den Ihnen vorliegenden Band oder gar für
die gesamte Fachbuchreihe entschieden und nutzen diese Bü-
cher zur Unterstützung Ihrer praktischen Arbeit. Dafür gilt Ihnen
von mir als Herausgeber dieser Fachbuchreihe mein herzlichs-
ter Dank, beweist Ihr Interesse doch, dass das Vorhaben, ein
solches Werk für diesen Fachbereich schaffen zu wollen, richtig
war.
Die Anforderungen an elektrische Anlagen und Betriebsmit-
tel für Verteilungsnetze nehmen ständig aus verschiedenen
Bereichen zu, wie der Gesetzgebung, der Sicherheitstechnik,
der Ökonomie, der Zuverlässigkeit des Umweltschutzes, der
Raumplanung und der Kundenanforderungen. Die Technik der
Verteilungsnetze und damit die Anlagentechnik in öffentlichen
Netzen und in Industrienetzen ist schon längst nicht mehr eine
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

statische Angelegenheit, sondern die Fachleute dieser Technik


sind gefordert, ständig sich verändernden Gegebenheiten an-
passen zu müssen.
Selbstverständlich stehen bereits andere Fachbücher für
elektrische Anlagen oder einzelne Betriebsmittel zur Verfügung.
Mit dieser Fachbuchreihe möchten die Autoren, die Verlage und
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

ich als Herausgeber Ihnen als Leser jedoch etwas Neues bieten:
• D
 ie Thematik wird zusammenfassend als eine Fachbuchreihe
angeboten, in der zum einen die wesentlichen Bestandteile
der Anlagentechnik und zum anderen wichtige Tätigkeitsbe-
reiche, wie die Qualitätssicherung, behandelt werden.
• Jeder Band ist für sich abgeschlossen und somit auch für
den Leser einzeln anwendbar.
• Die Autoren sind jeweils Spezialisten der einzelnen Themen-
bereiche und stellen somit kompetent dem Leser ihr Wissen
zur Verfügung.
• Die Fachbuchreihe kann dem Leser als Weiterbildungs- bzw.
in ihrer Gesamtheit als Nachschlagewerk dienen.

9
• Auf theoretische Abhandlungen ist möglichst zugunsten von
Darlegungen aus bzw. für die Praxis verzichtet worden.
• Es ist jeweils der neueste Stand der Technik berücksichtigt;
alte Techniken werden nur erwähnt, wenn es zum Verständ-
nis erforderlich erscheint.
• Zur Unterstützung der verbalen Aussagen ist der Anteil an
Fotos, Checklisten, Tabellen, Bildern und Textzusammenfas-
sungen gegenüber anderen Fachbüchern erhöht worden.
• Die äußere Gestaltung als Taschenbuch ist bewusst so ge-
wählt, damit dem Praktiker die Anwendung erleichtert wird.
(Benutzen nicht nur am Schreibtisch, sondern u.U. auch in
der Werkstatt, an der Baustelle oder im Gespräch mit ande-
ren Fachkollegen.)

Ich darf den Autoren für ihre intensive Arbeit und ihr Bemühen,
aus der Praxis für die Praxis zu schreiben, recht herzlich dan-
ken. Mein Dank gilt auch den beiden Verlagen, die es meines
Erachtens durch ihre Kooperation für dieses Werk erreicht ha-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
ben, dass diese Buchreihe einen großen Leserkreis erreicht.

Ich danke Ihnen, sehr verehrte Leser, für Ihre Treue zur Buchrei-
he Anlagentechnik. Sie ist seit 25 Jahren auf dem Markt und
hat sich mittlerweile einen festen Platz im Bereich der Anlagen-
technik erobert. Danken möchte ich ebenfalls den Damen des
EW-Verlages, die mich als Herausgeber hervorragend und uner- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
müdlich in allen Fragen unterstützen:
Tatjana Holzenhauer (Leitung), Melanie Zöller (Herstellung) und
Alexandra Linke (Marketing und Vertrieb)

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Inhaltsverzeichnis

Planung
Wie hat sich die Energiewende bisher
auf die Anlagentechnik ausgewirkt?___________________  17
Statements von René Chassein • Ulrich Crombach
Andreas Feldmann • Bernhard Fenn • Susanne Hake
Franz Hein • Dieter Metz • Thomas Niemand
Wolfram H. Wellßow
Netzplanung mit Spitzenkappung: Konkretisierung,
Umsetzung und Rahmenbedingungen_________________  51
Henning Schuster
Netznutzungsentgelte 2016 und Folgende
Wohin geht die (Preis-)Reise?________________________  57
Dirk Schramm
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Wirtschaftlicher KWK-Betrieb in Zeiten von „BHKW 4.0“____ 69


Ronny Kirbach
Wirtschaftlicher und effizienter Netzbetrieb durch
Intelligente Netzplanung und dezentrale Netzautomation____ 73
Raoul Scharnberg, Christian Oerter und Marcus Zdrallek
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Die Bedeutung der neuen EU Grid Codes für die


Verteilnetzbetreiber_______________________________ 85
Rainer Bachmann und Michael Krumpholz

Bau
Netzstationen im Jahr 2016_________________________  97
Illo-Frank Primus
RAL-Gütezeichen 962, Inhaber sind einen Schritt voraus___ 139
Susanne Hake

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Schaltanlagen unter beengten Platzbedingungen_________  145
Klaus Zimmermann und Wilfried Braun
Qualitätssicherung an Baustellen:
strukturiert, objektiv, rechtssicher und effizient__________  157
Peter Strobel
Aktuelles aus der Gremienarbeit der Kabel und
Garniturentechnik_______________________________ 165
Mario Kliesch

Betrieb
Spannung sicher prüfen: Klasse contra Störfeld__________  191
Jürgen Finsinger, Steffen Jordan und Karolina Kos
Vorausschauende Netzführung in Verteilungs­netzen –
ein notwendiger Beitrag aufgrund künftig steigender
Systemrelevanz von VNB__________________________  207

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Martin Brochtrop und Erik Hauptmeier
Erweiterung der Netzkapazität in der Hochspannungsebene
durch den Einsatz eines witterungsabhängigen indirekten
Leiterseiltemperatur-Monitoring-Systems______________ 219
Lars Jendernalik, Udo van Dyk, Oliver Herz und
Martin Brochtrop
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Instandhaltung
Integriertes Asset Management in intelligenten
Verteilungsnetzen_______________________________  231
Pascal Köhn und Nico Schultze

Strategien, Verfahren und neue Techniken


Symbiosen in der Energieversorgung_________________ 249
Franz Hein

14
G3-Powerline für das Smart Metering.
Großflächiger Pilottest mit 1.000 Modems._____________ 273
Michael Koch

Historische Daten
Historische Daten zur Anlagentechnik: Jubiläen 2016______ 279
Walter Schossig

Liste der Autoren___________________________ 293


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Totally Integrated Power

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zukunftssichere Energieverteilung
Das modulare 3-Stufen-Konzept von Siemens

Intelligente Ortsnetzstationen von • Optimierung des Netzausbaus


Siemens bieten folgende Vorteile • Beherrschen von Überlastsituationen
für das Verteilnetz: • Überwachen und Sicherstellen
• Minimierung des Ausfalls von der Energiequalität
Netzentgelt durch deutlich • Objektüberwachung der
verkürzte Unterbrechungszeiten Ortsnetzstation.

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Wie hat sich die Energiewende bisher auf die
Anlagentechnik ausgewirkt?

In dem Jahrbuch Anlagentechnik 2013 haben wir uns die Frage


gestellt, inwieweit die Energietechnik fit für die Energiewende
sei. Damals haben Führungskräfte aus Energieversorgungsun-
ternehmen, aus Dienstleistungsunternehmen, aus Beratungs-
unternehmen und Professoren von Hochschulen in Statements
ihre persönliche und/oder die Sicht des jeweiligen Unterneh-
mens dargestellt. Ich fand damals die Statements hoch interes-
sant, daher habe ich nach nunmehr drei Jahren die Fragestellung
etwas erweitert und nach Auswirkungen auf die Anlagentech-
nik durch die Energiewende gefragt. Einige Jahre sind ins Land
gegangen, Gesetze haben sich geändert, das jeweilige Umfeld
in einigen Unternehmen ist teilweise total verändert und die
öffentliche Meinung ist überschattet durch ständige Verände-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

rungen, wie die vielfältigen Krisen in der Welt, die sich bis zu
uns nach Deutschland auswirken.
Herr Prof. Dr. Dieter Metz hat es in seinem Statement folgen-
dermaßen formuliert, „Die Energiewende ist ein gesellschafts-
politischer Umbruch mit technischen Konsequenzen“. Dies gilt
in besonderem Maße für die Anlagentechnik, denn die Verände-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

rungen im Netz, z. B. durch die vielen dezentralen Stromerzeu-


ger im Niederspannungsnetz, stellen die Netzbetreiber vor
großen Herausforderungen. Wie kann der gewaltige Anstieg der
Einspeisung bewältigt werden? Wie stellt sich der Ausbau der
KWK-Anlagen dar? Hat sich in der Entwicklung für die Technik
etwas positiv verändert? Wie weit ist der Stand bei regelbaren
ON- Transformatoren oder bei „Smart Metern“? Was hat sich
zu den Themen IKT und/oder Speicher getan? Werden die jetzi-
gen Investitionen für die Zukunft ausreichend sein?
Diese und weitere Fragen werden nachfolgend durch die
Fachleute aus ihrer jeweiligen Sicht beantwortet. Es haben
mich erneut viele Rückmeldungen zu meiner Fragestellung er-
reicht. Den Autoren und Fachleuten danke ich sehr für Ihre
17
18
Ihr Rolf Rüdiger Cichowski
nis- aber lesen Sie bitte selbst!
Mühen und die Darstellung Ihrer Ansicht in einem Fachbuch.
Ihnen verehrte Leser, gebe ich die Statements gern zur Kennt-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Statement von René Chassein

Aufgabe der regionalen Verteilungsnetze


• Netz- und Anlagenauslegung erfolgt gem. den geltenden
Richtlinien (VDE-AR-N 4105, BDEW Richtlinie „Erzeugungs-
anlagen am Mittelspannungsnetz“) unter der Annahme zeit-
gleicher maximaler Einspeisung aller Erzeugungsanlagen.
Dies führt bei strikter Anwendung zu vermehrtem Netzaus-
bau. Die wirtschaftliche Abwägung zwischen Kosten des
Netzausbaus und ggf. nicht transportierter Energie (-> Ver-
gütungsausgleich f. Anlagenbetreiber) ist z. Zt. unzulässig.
• Aus dem Koalitionsvertrag d. Bundesregierung: „Um die Sta-
bilität des Systems zu gewährleisten, werden wir zudem
festlegen, dass Neuanlagen vom Netzbetreiber und von den
Direktvermarktern ansteuerbar sein müssen. Spitzenlast
kann bei neuen Anlagen im begrenzten Umfang (weniger als
5 Prozent der Jahresarbeit) unentgeltlich abgeregelt werden,
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

soweit dies die Kosten für den Netzausbau senkt und dazu
beiträgt, negative Börsenstrompreise zu vermeiden.“
• BMWi-Verteilernetzstudie: „Das Erzeugungsmanagement
sollte bereits in der Netzausbauplanung Berücksichtigung
finden, um einen Netzausbau für die ,letzte Kilowattstunde‘
zu vermeiden.“
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

• Der erhöhte Anschluss erheblicher Mengen regenerativer


Einspeiser unter Beibehaltung der bestehenden (hohen) Sys-
temstabilität und Versorgungssicherheit bei möglichst gerin-
gen Netzausbaukosten hat bereits heute gravierende Konse-
quenzen für die Auslegung der Anlagentechnik.

Netz-und Anlagenauslegung
• Erhebliche und zunehmende Kapazitätsengpässe in allen
Spannungsebenen
• Gemäß geltenden Richtlinien unter der Annahme zeitgleicher
maximaler Einspeisung aller Energieanlagen führt theore-
tisch zu einem vermehrten Netzausbau

19
• Erzeugungsmanagement sollte (siehe BMWi-Verteilernetz-
studie) bereits bei der Netzausbauplanung berücksichtigt
werden

Verstärkte Probleme der Spannungshaltung


• Bevor es in Netzen zur grenzwertigen Auslastung von Leitun-
gen bzw. Kabeln kommt, treten in der Regel Spannungshal-
tungs-Probleme auf.
• Zur Spannungsstabilisierung im Mittelspannungsnetz wur-
den zusätzliche Umspannwerke errichtet (Leistungstrans-
port von Mittelspannungs- zu Hochspannungsebene), aber
nicht mehr mit (n-1)-Sicherheit. Bei (n-1)-sicher ausgeleg-
ten Anlagen kann das (n-1)-Kriterium für den Leistungs-
transport Mittelspannung -> Hochspannung zugunsten der
Wirtschaftlichkeit verletzt werden. Bei einem Ausfall ist die
Versorgung der Letztverbraucher sicher, nicht aber der
Transport der EE-Leistung. Die Versorgungszuverlässigkeit

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
wird in jedem Fall durch Mitnahmeschaltungen gewahrt.
• Aufgrund erhöhten Blindleistungsbedarfs durch Energieanla-
gen im untererregten Bereich bei gleichzeitig verringertem
Wirkleistungsbezug ist die Folge eine Verschiebung des Be-
triebspunkts des gesamten Netzes.
• Es kommt zum Einsatz von Strangreglern in Niederspan-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
nungsnetzen (z. T. auch von Netzbetreibern in der Mittel-
spannungsebene eingesetzt)
• Zukünftige Ansätze (z. Zt. laufende Forschungsprojekte):
Einsatz von Querreglern in vermaschten NS-Netzen

Betriebsmittelbelastung / Kapazitätsengpässe
• Verteilnetze sind nie für dezentrale Einspeisungen geplant
worden. Neue Netzkonzepte wurden entwickelt.
• Leistungsflussumkehr (von niedrigen zu höheren Span-
nungsebenen) ist heute schon die Regel
• Heute kommt es zu zeitweiser Betriebsmittelüberlastung
(Transformatoren)

20
Einsatz intelligenter Technologien und Betriebsweisen
• Preisgesteuertes Verbrauchs- und Einspeiseverhalten führt
zu erheblichen Belastungsspitzen
• Steuerungs- und Überwachungsintelligenz ist erforderlich
• Einsatz von lastabhängig regelbarer Ortsnetztransformato-
ren (L-rONT)bei denen als Regelgröße nicht nur die Sollspan-
nung, sondern auch Richtung und Größe des Leistungsflus-
ses als Eingangsgröße zur Spannungsregelung verwendet
wird.
• Erhöhter schutztechnischer Aufwand (Einsatz von Leitungs-
vergleichsschutz)
• Witterungsabhängiger Betrieb von Freileitungen (Dynamic
Line Rating)
• Entwicklung und Einsatz von Scada-Systemen für Nieder-
spannungsnetze
• Regelung mit abgesetzten Messpunkten
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Energiemanagement
• Der gesamte Prozess von der Energiegewinnung bis zu deren
Nutzung (Lastmanagement incl. Smart Home) wird durch ein
Energiemanagement-System unterstützt; sie bringen beide
Komponenten in zeitlichen Einklang.
• Vermehrter Einsatz thermischer Speicher: gerade thermi-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

sche Prozesse mit großen Zeitkonstanten sind für die volatile


Erzeugung wie geschaffen.

Perspektiven
• Die Energiewende wird den Energiemarkt und die Vertei-
lungsnetze in den nächsten Jahren nachhaltig beeinflussen.
• Versorgungsnetze werden neben ihrer ursprünglichen Auf-
gabe zu „Einsammelnetzen“ von regenerativem Strom; länd-
liche Netze tragen die „Last“ der Energiewende.
• Je nach Ausprägung des Systems (zentral oder dezentral)
variieren technische Faktoren wie Gesamtrisiko, Abhängig-

21
keiten von Energiequellen, Koordinationsaufwand und IT-
Ausfallwahrscheinlichkeiten.
• Gezieltes Einfügen von Steuerungsintelligenz kann den In-
vestitionsbedarf erheblich verringern.
• Elektrische Energiespeicher in Verbindung mit PV-Anlagen
kommen bei richtiger Anlagendimensionierung und Fahrwei-
se in die Wirtschaftlichkeit
• Bidirektionale Kommunikation zwischen Kunden und den
Marktrolleninhabern Netzbetreiber und Stromvertrieb
• Chance für Breitband-Powerline (stromführende Leiter wer-
den zur Kommunikation verwendet)

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Statement von Ulrich Crombach

Die Energiewende mit all ihren Begleiterscheinungen wird gro-


ße Auswirkungen auf die Anlagen haben: mit den zunehmend
elektronischen und intelligenten Komponenten ändern sich die
Prozesse rund im Bau und Instandhaltung erheblich. Dem klas-
sischen Netz-Monteur wird bald ein „IP-Kollege“ zur Seite ste-
hen müssen, der sich um die Kommunikation kümmert oder er
wird selbst im Zuge der Fortbildung auch diese Arbeiten über-
nehmen. Inspektionen werden teilweise durch Diagnose durch
die Geräte selbst überflüssig gemacht werden. Und gleichzeitig
wird der wachsende Kostendruck in Wartung und Instandset-
zung nur durch weitere Standardisierung, Automatisierung und
ein modernes Controlling aufzufangen sein – kurz gesagt, eine
‚Industrialisierung‘ steht an. Ein erhebliche Anspruch an die
Personalentwicklung und eine moderne, industrielle Gestaltung
aller Prozesse.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
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Statement von Andreas Feldmann

Ausgangssituation

Die Energiewende in Deutschland wird seit einigen Jahren im


Energiesektor stark vorangetrieben. Eine wichtige Rolle spielen
dabei Fördermaßnahmen z. B. nach dem EEG (Erneuerbare-
Energien-Gesetz) oder dem KWK-G (Kraft-Wärme-Kopplungs-
Gesetz).
Am Beispiel der Photovoltaik lässt sich dieser Trend sehr gut
darstellen:
Im Jahr 2001 betrug die installierte Leistung in Deutschland
176 MWp* und stieg bis 2006 auf 2.870 MWp*. Bis zum
31. 12. 2009 waren bereits Anlagen mit einer Gesamtleistung
von 10.566 MWp* installiert. Dieser Trend hielt in den folgenden
Jahren weiter an, so dass zum Stichtag 31. 08. 2015 eine Anla-
gengesamtleistung von fast 40.000 MWp* installiert war. Ein
derart starker Anstieg der Einspeisung vornehmlich auf der

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Niederspannungsebene stellt insbesondere die Netze vor eine
große Herausforderung, da diese in der Vergangenheit eher
unidirektional ausgelegt waren (von den zentralen Großkraft-
werken auf Höchstspannungsebene zu den großen Verbrau-
cherzentren und über die Spannungsebenen bis hin zum
Endkunden). Heutzutage kommt es immer öfter vor, dass in
Verteilnetzen der Energiefluss von der unteren zur oberen Span- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
nungsebene erfolgt. Um die Netze für den bidirektionalen Ener-
giefluss fit zu machen, werden von den Netzbetreibern
erhebliche Investitionen vorgenommen.
Auch der Ausbau von KWK-Anlagen ist in den letzten Jahren
kontinuierlich fortgeschritten im Wesentlichen durch die KWK-
Förderung getrieben. Die Fördermechanismen führten hier
überwiegend zu einer stromgeführten Fahrweise, weil Unter-
nehmen maßgeblich das Ziel verfolgt haben, den eigenen Ver-
brauch mithilfe dieser Anlagen zu decken. Eine Einspeisung in

*Quelle: Bundesnetzagentur, alle Werte beziehen sich auf geförderte Anlagen

24
das öffentliche Netz war bisher dagegen vergleichsweise wenig
lukrativ.
Generell bleibt anzumerken, dass KWK-Anlagen eine sehr
gute Ergänzung zu PV und Windkraftanlagen bilden. Warum?
Sie sind nicht von Wettereinflüssen abhängig und lassen sich
daher besser regeln. Die eingangs erwähnten Belastungen für
die Verteil- und Übertragungsnetze können mit einer hohen
Durchdringung von KWK-Anlagen deutlich reduziert werden.

Aktueller Stand:
Das EEG 2014 hat den Zubau von neuen PV-Anlagen deutlich
gebremst. Bei Privatkunden ist der Einsatz auf Dachflächen
noch immer wirtschaftlich. Bei Gewerbe und Industriekunden
muss genauer auf den individuellen Strompreis und den Ver-
brauch geachtet werden. Die Ausschreibung von Freiflächenan-
lagen (seit 2015) begrenzt den Zubau auf vorgegebene Ziele.
Weitere Technologien wie z. B. Batteriespeicher sind bereits
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

heute auf dem Markt allerdings aufgrund des aktuellen Preisni-


veaus noch ohne wesentliche Marktdurchdringung.
Die KWK-Novelle führt zu einer Anpassung des Betriebsver-
haltens neuer KWK-Anlagen. Durch eine höhere Vergütung für
netzeingespeisten Strom werden die BHKWs zukünftig ver-
mehrt wärmegeführt betrieben. Mehr Gewicht, weil im neuen
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

KWK-G gefordert, bekommt daher in Zukunft die Vermarktung


von Strom, der in das öffentliche Netz eingespeist wird.
Das EDL-G (Energie-Dienstleistungsgesetz), das am 22. Ap-
ril 2015 in Kraft getreten ist, verpflichtet alle Firmen (Ausnah-
me: Kleine, mittelständische Unternehmen) ein Energieaudit
oder vergleichbare Maßnahmen durchführen zu lassen. Das
Gros dieser verpflichteten Unternehmen lässt sich nach der
EN 16247 auditieren, andere entscheiden sich wiederum für
eine Zertifizierung nach ISO 50001.

25
Ausblick:

Bei PV-Anlagen kann davon ausgegangen werden, dass aktuell


und zukünftig die Modulpreise weiter sinken werden. Dadurch
wird zumindest ein Teil der geringeren Förderung kompensiert,
so dass auch zukünftig PV Anlagen weiter gebaut werden. Auch
bei den Stromspeichern ist zu erwarten, dass hier die Preise
noch deutlich sinken werden. Insbesondere in Kombination mit
PV Anlagen lassen sich dann attraktive Kundenprodukte entwi-
ckeln.
KWK-Anlagen werden vermehrt in Fernwärmenetzen einge-
setzt und direkt vermarktet.
Bislang fokussierten sich die meisten Optimierungsmaßnah-
men und unterstützend auch die entsprechenden Förderungen
auf das Thema Strom. Im Wärmesektor hat eine umfassende
„Wärmewende“ noch nicht stattgefunden. Es ist aber davon
auszugehen, dass sich zukünftig dort ein weiterer Schwerpunkt
bilden wird.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Ein erster Anstoß erfolgt durch das EDL-G. Die Audits nach
EN 16247 bzw. die Zertifizierungen nach ISO 50001 werden
dazu führen, dass Unternehmen verstärkt nach Energie-Effizi-
enzen suchen und entsprechende Maßnahmen bei Wirtschaft-
lichkeit umsetzen. Hier ist zu erwarten, dass gerade bei
Industrie- und Gewerbekunden zukünftig verstärkt Wärmeer-
zeugungsanlagen saniert werden. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Allerdings muss beachtet werden, dass die Amortisations-
zeit für die Investition allein durch bessere Wirkungsgrade we-
nig attraktiv ist. Wegen heutiger Preisniveaus (insb. Heizöl) ist
auch ein Brennstoffwechsel wirtschaftlich wenig sinnvoll. Da-
her wäre es zu begrüßen, wenn hier durch zusätzliche Förde-
rungen unterstützt wird.

Fazit:
Im Zuge der Energiewende konnte der Ausbau von EEG- und
KWK-Anlagen substanziell forciert werden. Gerade KWK-Anla-
gen sind aber auch weiter zentrale Bausteine einer sicheren
26
Energieversorgung. Sie haben bereits heute einen hohen tech-
nologischen Reifegrad erreicht.
Auch PV-Anlagen habe im Zuge der Energiewende eine hohe
Durchdringung erreicht. Bei Stromspeichern gibt es jedoch wei-
teren Entwicklungsbedarf, um die technischen und kommerzi-
ellen Anforderungen zu erfüllen.
Die Stromwende ist weit fortgeschritten, die Wärmewende
steckt noch in den Kinderschuhen. Ohne diese sind aber die
CO2 Einsparziele der Bundesregierung nicht zu erreichen. Da
der Wärmebereich mehr als 50 % des Endenergiebedarfes aus-
macht, müssen hier in Zukunft noch mehr Anstrengungen un-
ternommen werden.
Energieversorger wie die Lechwerke AG können dabei mit
ihren Erfahrungen im Bereich Energiedienstleistungen (z. B. mit
dem Engineering, Bau und Betrieb von Erzeugungsanlagen) und
der Lieferung von Strom, Gas und Wärme als kompetente Lö-
sungsanbieter wichtige Aufgaben für die Kunden übernehmen.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Weitere Informationen finden sich hier:


• Auf der Homepage der LEW (www.lew.de)
• Kurzfilme über ausgewählte LEW Produkte werden auf
YouTube bereitgestellt
https://www.youtube.com/watch?v=w9Xr_fGC89I
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

• https://www.youtube.com/watch?v=chuxk_dIJhQ

27
Statement von Bernhard Fenn

Im Jahrbuch Anlagentechnik 2013 haben wir uns die Frage ge-


stellt, ob die Anlagentechnik fit für die Energiewende ist? Aus
Sicht der damaligen HEAG Südhessischen Energie AG (HSE),
dem Vorgängerunternehmen der heutigen ENTEGA AG, haben
wir für die Verteilnetzebene einige Schwierigkeiten aufgezeigt.
Denn obwohl die Anlagentechnik wie z. B. regelbare Ortsnetz-
transformatoren schon damals grundsätzlich verfügbar waren,
wurden sie aufgrund fehlender Serienreife und Erfahrung noch
nicht eingesetzt.
In diesem Bereich sind wir inzwischen schon deutlich weiter.
Unser Tochterunternehmen und regionaler Verteilnetzbetreiber,
die e-netz Südhessen, hat inzwischen schon regelbare Ortnetz-
transformatoren (RONTs) eingebaut und plant auch zukünftig
den Einsatz von RONTs an geeigneten Stellen im Verteilnetz.
Damit trägt die e-netz Südhessen auch dazu bei, dass ihr regi-
onales Verteilnetz für die Herausforderungen der Energiewende

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
gerüstet ist.
Insgesamt versteht sich die ENTEGA Gruppe als Wegbereiter
einer nachhaltigen Energiepolitik in Deutschland steht aus
Überzeugung zur Energiewende und initiiert viele Projekte, um
die Energieversorgung der Zukunft voran zu bringen und die
Versorgungssicherheit zu gewährleisten: Die ENETGA AG inves-
tiert mit seinen Tochterunternehmen nicht nur in den Ausbau Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
der erneuerbaren Energien sondern auch in moderne Anlagen-
technik für die Bestandsnetze.
Dennoch ist der Einsatz von neuer Anlagentechnik für die
Energiewende ein eher zähes Geschäft. Trotz der Verfügbarkeit
der Technik ist der regulatorische Rahmen noch nicht so gesi-
chert, dass großflächiger Einsatz wirtschaftlich sinnvoll ist. Bis-
her hat deshalb unser Verteilnetzbetreiber neue Anlagentechnik
nur punktuell eingesetzt.
Beim Messwesen, den „Smart Metern“, ist man deutlich
hinter dem ursprünglich vorgesehenen Zeitplan für die Einfüh-
rung zurück. Der Marsch durch Gremien und Instanzen zur De-
finition der Messsysteme („smart meter“ und Gateway) bzw.
28
der Schutzprofile hat viel Zeit gekostet. Der Gesetzgeber hat
erkannt, dass der §21g des EnWG einer genaueren Ausgestal-
tung im Zuge der technischen Evolution hin zu den „Intelligen-
ten Energieversorgungsnetzen der Zukunft“ bedurfte. Das
„Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“ soll weitere Ver-
fahrensklarheit schaffen.
Nach unserer Einschätzung ist die gesamte IKT-Ausstattung
noch deutlich zu intensivieren, wobei dabei auf eine ausgewo-
gene Relation zwischen dem Aufwand und dem tatsächlichen
Nutzen geachtet werden muss. Wie auch bei den anderen
Themen hemmt der aktuelle Regulierungsrahmen, der immer
noch zu sehr auf Konsolidierung und Kosteneinsparungen aus-
gerichtet ist, die notwendigen Entwicklungen und Pilotprojekte
bei den Netzbetreibern.
Ähnliches gilt leider auch für das Thema „Speicher“. Bisher
haben wir als ENTEGA AG nur im Rahmen von Forschungspro-
jekten erfolgreich an möglichen Geschäftsmodellen für statio-
näre Speicher gearbeitet. Aktuell verspricht der Einsatz von
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Quartierspeichern in Neubaugebieten eine kurzfristig umsetz-


bare Anwendung für größere Speicher, die in parallelen weite-
ren Anwendungen gleichzeitig auch netzdienlich eingesetzt
werden können. Dennoch sind für einen großflächigen Einsatz
solcher Quartierspeicher, den sich viele unserer Konzessions-
kommunen für ihre Neubaugebiete wünschen, noch einige Än-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

derungen und Klarstellung des derzeitigen Regulierungsrahmens


nötig.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Anlagen-
technik und auch ihr praktischer Einsatz in Vergleich zu 2013
deutlich weiter entwickelt haben. Leider hat sich der rechtliche
Rahmen noch nicht so entwickelt wie es wünschenswert wäre.
Wenn dann auch im regulatorischen Bereich Klarheit und Hand-
lungssicherheit besteht, dann sind wir als ENTEGA vorbereitet
und werden noch verstärkter in neue Anlagentechnik investie-
ren und damit die Energiewende weiter vorantreiben.

29
Statement von Susanne Hake

Qualifizierter Kabelleitungstiefbau –
ein Schritt zur Verwirklichung der Energiewende

Qualifizierten Kabelleitungstiefbau gibt es nun in geprüfter


Form durch die Gütegemeinschaft Leitungstiefbau e. V. schon
fast drei Jahrzehnte. Im Jahr 2016 jährt sich die Gründung der
Gütegemeinschaft Leitungstiefbau e. V. zum 29.sten Mal. Noch
nie in diesem Zeitraum stand der Leitungstiefbau so im Fokus
von Politik, Netzbetreibern und Diesntleistungsunternehmen,
wie Tiefbaufirmen.

Status Quo
Seit geraumer Zeit bemüht sich die Politik, die Energiewende in
Deutschland umzusetzen. Neue Erzeugungsanlagen sind ge-
baut, aber die Übertragung, die Verteilung und die Speiche-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
rungsmöglichkeiten fehlen in weiten Teilen.
Bis 2020 soll regenerativer Strom 50 % der gesamten Strom-
erzeugung ausmachen. Investitionen von mehr als 13 Mrd. €
wurden geschätzt. Selbst die EU will bis 2020 Milliarden-Beträ-
ge zur Verfügung stellen – Voraussetzung dafür soll die Ver-
pflichtung der Länder sein, innerhalb von 3 Jahren die
Genehmigungsverfahren abzuschließen. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Obwohl schon 1990 begonnen wurde, mit dem Vorläufer
zum EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) die regenerativen
Energien salonfähig zu machen, greifen die darin verankerten
Beschlüsse nicht in allen Bereichen.
Waren es noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts die fehlen-
den Investitionen in bestehende unterirdische Leitungsinfra-
struktur, so kommt nun noch – nach dem verheerenden
Atomunglück in Japan – der „plötzliche“ Atomausstieg hinzu.
Das heißt, zu den schon seit geraumer Zeit zu sanierenden
Leitungen fehlen nun noch neue Leitungen, die Off- und
Onshore-Energien dahin bringen müssen, wo sie gebraucht
werden.
30
Deutschlandweit müssen gemäß einer dena-Studie über
4.000 km Höchstspannung (220 kV, 380 kV) und lt. Schätzun-
gen des BDEW ca. 380.000 km Leitungen im Verteilernetz (bis
110 kV) quer durch die Republik gelegt werden.
Und nicht nur das: überschüssige Energie muss gespeichert
werden, um sie in Engpässen sofort parat zu haben.
Woran scheitert´s also immer noch?
Warum sind noch nicht einmal 20 % der geforderten Höchst-
spannungleitungen gelegt?

Gesetze
Die Politik richtete Arbeitsgruppen ein: Netzplattform im Bun-
desministerium für Wirtschaft (BMWi), Kanzlergespräche mit
allen Beteiligten. Und seit 2011 sind auch einige Gesetzesände-
rungen auf den Weg gebracht worden.
Erinnert sei hierbei an das Energieleitungsausbaugesetz
(EnLAG), das die Planungs- und Genehmigungsverfahren im
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Rahmen der vier Erdkabel-Pilotprojekte, die hierin definiert sind,


vereinfachen und beschleunigen sollen.
Von der Gesamtlänge der Pilotprojekte (1.876 km) sind aber
nach dem 2. Quartal 2015 erst 487 km fertiggestellt und noch
keines der Vorhaben mit Pilotstrecken für Kabel ist in Betrieb.
Der Übertragungsnetzbetreiber Amprion führt aktuell für das
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

erste 380-kV-Kabel-Pilotprojekt in der Gemeinde Raesfeld die


abschließenden Bauarbeiten durch.
Die Übertragungsnetzbetreiber rechnen mit einer Fertigstel-
lung von 40 % der EnLAG-Leitungskilometer bis 2016. Auf vier
Pilotstrecken können Kabel eingesetzt werden. Dabei kam es
auf den Pilotstrecken bisher teilweise zu Verfahrensverzögerun-
gen, weil nicht klar war, wer über die Teilverkabelung entschei-
den sollte. Im Laufe der letzten Jahre wurde mit der
Feinjustierung des EnLAG klargestellt, dass die zuständige
Landesbehörde das Letztentscheidungsrecht hat.
Neben der Beschleunigung des Netzausbaus schafft diese
Vorgabe auch klare Regeln für den Einsatz neuer Technologien.
Die Pilotprojekte sollen Erkenntnisse über die Vor- und Nachtei-
31
le beim Einsatz der Kabel-Technologie liefern. Nicht zuletzt ist
die Regelung auch im Interesse der Bürger, die von der Infra-
struktur betroffen sein werden: Das Verfahren über die Einsatz-
möglichkeiten des Kabels wird mit der neuen Regelung
transparent und eindeutig.
Das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) ist ein wei-
teres Gesetz, das vorsieht, Leitungen bis 110 kV vorwiegend als
Kabel zu legen, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und
mehr Bürgerbeteiligungen zu zulassen.
Die theoretische Basis ist zum großen Teil geschaffen. An
der Umsetzung scheitert es jedoch noch. Der Hauptgrund für
das zögerliche Vorankommen in der Leitungslegung bleiben die
Planfeststellungsverfahren, die immer noch Jahre dauern und
die dezentral und nicht bundesländer-übergreifend organisiert
sind.

Technik

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Im Focus der weiteren Vorgehensweisen muss aber auch die
Schaffung von einheitlichen technischen Standards stehen. Es
gibt derzeit keine einheitliche Norm für das fachgerechte Legen
von Erd-Leitungen. Verschiedene Möglichkeiten von Materialien
und Techniken der Kabellegung werden deutschlandweit disku-
tiert.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
• Polyethylenisolierung (VPE):
Übertragungskapazität kann beliebig erhöht werden
• Gasisolierte Leitung (GIL):
Direktverlegung im Erdreich machbar
• Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ):
für längere Strecken möglich mit geringem Spannungsverlust
Ob Polyethylen- oder Gasisolierung der Kabel bei Wechsel-
strom oder HGÜ – Kabel sind technisch machbar und treffen auf
mehr Akzeptanz in der Bevölkerung als Freileitungen.

32
Ausblick

Nach der parlamentarischen Initiative der Bundesregierung


vom April 2015, das Verlegen von Höchstspannungsleitungen
ins Erdreich erleichtern zu wollen, hat sich nun Bundeswirt-
schaftsminister Gabriel anlässlich des BDEW-Kongresses in
diesem Jahr für das Legen von Kabeln stark gemacht. Die
technischen Voraussetzungen seien gegeben, so Herr Gabriel
vor den Teilnehmern, aus Unternehmen der Netzbetreiber, Her-
steller und Dienstleister. Gleichzeitig ließen sich Kosten für auf-
wendige Prozesse und dementsprechende Verzögerungen
vermeiden.
Ein „Reizthema“ im wahrsten Sinne des Wortes ist auch
weiterhin die Anreizregulierung. Sie bietet den vielen Dienstleis-
tungsunternehmen, wie den Leitungstiefbauern keine Chance,
die Auslastungen ihrer Unternehmen zu egalisieren und hat so-
mit direkten Einfluss auf ihr Investitionsverhalten.
In sog. Photo-Jahren bauen die Netzbetreiber verstärkt ihre
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Netze aus. Die Tiefbaufirmen richten sich darauf ein mit mehr
Personal, mehr Gerätschaften, mehr Investitionen. In den ande-
ren Jahren, in denen nicht bemessen wird, fließen kaum Inves-
titionen seitens der Netzbetreiber und auch darauf müssen die
Leitungsbauer reagieren: Die Fachkräfte, die eingestellt wur-
den, werden wieder entlassen, die Geräte, die angeschafft wur-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

den, werden dann nicht mehr ausgelastet.


Trotz der organisatorischen und investiven Schwierigkeiten
stehen die Leitungsbauer bereit, Kabel fachgerecht und qualita-
tiv hochwertig in die Erde zu bringen. In vielen Teilabschnitten
der Pilotprojekte führen sie im Auftrag von Netzbetreibern und
Kabelherstellern den Leitungstiefbau fachgerecht aus.
Immer mehr Energieversorger, Netzbetreiber (Regionalver-
sorger wie auch Stadtwerke) sind daran interessiert qualitäts-
gerechte Leistung von geprüften Fachfirmen im Bereich
Kabelleitungstiefbau einzukaufen. So fordern sie in ihren Ver-
trägen Qualität nach RAL GZ-962.
Die Gütegemeinschaft Leitungstiefbau wird auch in den
nächsten Dekaden den Leitungsbau deutschlandweit prüfen
33
und Netzbetreibern zusichern, dass Leitungstiefbauer mit dem
Gütesiegel RAL GZ-962 Qualität in der unterirdischen Infra-
struktur optimieren, so dass sie sich selbst in ihrer Qualität
überwachen und Regeln und Normen einhalten, um damit einen
eigenen Beitrag zur gelungenen Energiewende zu liefern.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

34
Statement von Franz Hein

Symbiosen in der Energieversorgung

Die Anlagentechnik in der Energieversorgung hat die große


Chance, Nutznießer der Entwicklungen zum Internet der Dinge
sowie der Neuerungen im Bereich der Industrie 4.0 zu werden.
Das würde dann erlauben, dass die Energienutzer ihrer Mitver-
antwortung für das Funktionieren der Kritischen Infrastrukturen
(hier der Energietechnik zusammen mit Informations- und Kom-
munikationstechnik, also der kompletten Energieversorgung)
gerecht werden können. Denn längst ist abzusehen, dass sich
die Energiebereitstellung von den mit fossiler Rohenergie
betriebenen „zentralen“ Kraftwerken auf lokale Einheiten
verlagert, die dann oft direkt vor Ort erneuerbare Energien
nutzen. Dazu kommt noch eine Ausweitung der lokalen Ener-
giebevorratung, welche die verstärkte Eigennutzung des Stro-
mes ermöglicht. Dies wird noch ergänzt durch ein lokales
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Energiemanagement, um mit den Möglichkeiten der Energiebe-


vorratung sich zum einen gemeinschaftsdienlich im Netz zu
verhalten und zum anderen die eigene Energienutzung kosten-
günstig zu gestalten. Das erfordert eine Vielzahl von IT-unter-
stützten Lösungen und eine Einbettung der Kunden in ein
umfassendes Energie-Informationsnetz. Die bisher als Abneh-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

mer oder sogar auch als „Letztverbraucher“ bezeichneten


Stromkunden werden so (endlich!) zu mündigen Energienutzer.
Dazu befähigen sie Energieassistenzsysteme, welche Teil des
Energie-Informationsnetzes sind und die mit lokal ermittelten
Informationen zusammen mit den in Leitzentralen gebildeten
Gesamtsichten einen verantwortungsvollen Umgang mit den
Kritischen Infrastrukturen bewerkstelligen. Das bedingt auch
einen Wandel der Energieversorgungsunternehmen vom Ener-
gielieferanten und/oder Netzbetreiber zum Dienstleister für die
Kunden in ihrer Rolle als mündige Energienutzer. Dies ist ein
umfassender Kulturwandel.

35
Statement von Dieter Metz

Das ist eine interessante Frage, verehrte Leser, deren Beant-


wortung allerdings auch im gesellschaftlichen und politischen
Kontext zu sehen ist. Die Energiewende ist schließlich keine
isolierte technische Frage. Insbesondere die Politik setzt die
Randbedingungen für die technische Realisierung der Anlagen,
für die Förderung der Forschung und letztlich für die gesell-
schaftliche Akzeptanz. Daher sei es erlaubt, zunächst diesen
Aspekt zu beleuchten. Anlagentechnik hat sich an dem tech-
nisch Möglichen, am wirtschaftlich Sinnvollen und am gesell-
schaftspolitisch Gewollten zu orientieren. Nur dann können
profitable Anlagen entstehen. Die Energiewende ist ein gesell-
schaftspolitischer Umbruch mit technischen Konsequenzen.
Dieser erfordert neue Konzepte und letztlich neue Anlagen und
-Komponenten. Es ist offensichtlich, dass nur klare Randbedin-
gungen den für die Energiewende erforderlichen modifizierten
Anlagenbau fördern. Wichtig für den Erfolg der Energiewende

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
erscheint aktuell, dass alle politischen Akteure, beginnend mit
der EU, dem Bund, den Bundesländer bis hin zu den Kommunen,
gemeinschaftlich nach den besten Lösungen suchen, statt die
jeweiligen partikulären Interessen zu verfolgen. Ein solcher
konsistenter Lösungsansatz ist bisher nicht immer zu erkennen.
In Folge entstehen suboptimale Lösungen in technischer und
wirtschaftlicher Hinsicht. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Nun zur Kernfrage, und die Antwort scheint einfach: Die
Energiewende ist eine riesige Transformationsaufgabe und
wirkt zweifellos auf die Anlagentechnik. Die bisherige top-down
Stromversorgung mit großen zentralen Kraftwerken wird er-
setzt durch eine große Menge dezentraler, regenerativer Erzeu-
gungen aus Wind und Sonne, die witterungsabhängig sind.
Dieser Paradigmenwechsel der Stromerzeugung soll mit
weitgehender Nutzung der bisherigen Netze geschehen, die
dafür schlichtweg nicht gebaut wurden. An vielen Stellen gibt
es also Engpässe und damit Impulse für eine modifizierte An-
lagentechnik, teilweise auch für neuartige Anlagen. In meinem
Beitrag möchte ich weniger eine detaillierte Auflistung der Aus-
36
wirkung auf die einzelnen Sparten der Anlagentechnik liefern,
weil Sie, verehrte Leser, dies besser und aktueller in den Fach-
zeitschriften verfolgen können. Ich möchte mehr auf die Aus-
wirkung auf die Anlagentechnik eingehen, die sich durch die
vielfältigen Lösungsansätze ergeben, die sich durchaus auch
widersprechen, also mehr im Sinne eines Überblicks.
Zur Zeit entsteht ca. 30 % der elektrischen Energie aus rege-
nerativen Quellen und es ist politischer Wille, dass der Anteil
weiter wächst. Damit passen Energieverbrauch und Produktion
immer seltener zusammen. Die Qualität der Versorgung soll
natürlich erhalten bleiben. Während sich ein Überangebot von
Erzeugung durch Preisgestaltung und letztlich durch Abrege-
lung technisch beherrschen lässt, ist das größere Problem die
Versorgung bei trüben und windstillen Tagen in der kühlen
Jahreszeit, in der der Strombedarf am höchsten ist. Zur Lösung
des Problems wird in vielen Richtungen gearbeitet: Zu erken-
nen sind insbesondere vier „Dimensionen“.
Zunächst die räumliche Dimension: Neue Leitungen sollen
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Netzbereiche mit einen Überangebot von Erzeugung mit Netz-


bereichen, die ein Defizit aufweisen, weiträumig und strom-
stark vernetzen. Durch die bereits installierten offshore
Windparks im Norden Deutschlands sind Hochspannungsanla-
gen und -leitungen neu zu bauen, um den Strom von den Erzeu-
gerschwerpunkten im Norden zu den Verbrauchern im Westen
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

und Süden zu transportieren. Mit dem Ziel einer hohen Akzep-


tanz und damit einer beschleunigten Planung der Trassen wer-
den teilverkabelte Leitungen entstehen. Auch hier zeigt sich:
Wegen die Vielzahl der Anforderungen und Rahmenbedingun-
gen entsteht nicht immer die technisch ausgereifteste Lösung.
Für den Austausch der Fluktuationen wäre ein weiträumiger,
europäischer Austausch sogar noch besser. Hierfür ist das be-
stehende Drehstrom-Höchstspannungsnetz jedoch nicht geeig-
net. Es fehlt eine überlagerte Gleichstromebene, für die es
schon Pläne gibt. Deren Anlagenkomponenten sind prinzipiell in
der HGÜ-Technik vorhanden, wenngleich noch Detaillösungen
zu entwickeln sind. Ein europaweiter Austausch vergrößert je-
doch das grundsätzliche Problem, dass neue Leitungen nur
37
gegen den Widerstand der betroffenen Regionen durchgesetzt
werden können.
Die zeitliche Dimension zielt auf den zeitlichen Ausgleich
durch Energiespeicher, wobei alle Speichertypen, die Kurzzeit-,
die Mittelzeit- und die Langzeitspeicher erforderlich sind. Die
heute bestehenden Speicher und Regelungsmöglichkeiten wer-
den in wenigen Jahren nicht mehr ausreichen, einen stabilen
Netzbetrieb zu gewährleisten. Neue Speicher fehlen.
In der Öffentlichkeit wird hier vor Allem an Batterien gedacht,
insbesondere weil auch in der Elektromobiltechnik preiswerte
Speicher für die gewohnten Reichweiten fehlen. Den wortge-
waltigen Ankündigungen für neue Akku-Entwicklungen, leichte
Bauformen und deutlich sinkende Preise fehlt noch die Umset-
zung in die Realität. Elektrospeicher auf LI-Ionenbasis sind zu
teuer. Sie sind auch nur für Kurzzeit- oder Tage weise Speiche-
rung geeignet. Eine physikalische Speicherung, wie sie traditio-
nell mit Pumpspeicherkraftwerken geschieht, ist in der
Bundesrepublik an die Grenzen gekommen. Einzig die Speiche-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
rung in chemischer Form scheint erfolgsversprechend, insbe-
sondere vor dem Hintergrund eines gut ausgebauten
Erdgasnetzes, dessen Speicherkapazität für mehrere Versor-
gungsmonate reicht. Keine andere Speichertechnologie kann
das leisten. Das technische Konzept ist bekannt: Mit Elektrolyse
gelingt die Zerlegung des Wassers in Wasserstoff und Sauer-
stoff, wobei der Wasserstoff zu einem geringen Prozentsatz, ca. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
5 %, direkt dem Erdgasnetz zugemischt werden kann. Ein wei-
terer Prozess kann mit dem Wasserstoff und mit CO2 Methan
erzeugen, das verträglich in das Netz eingespeist werden kann.
Die Anlagentechnik für Strom-zu-Gas-zu-Strom besteht in
Teilen bereits auf Produktniveau. Für die fehlenden Teile gibt es
erfolgreiche Prototypen bereits im MW-Bereich. Diese lassen
auf eine baldige Möglichkeit der industriellen Fertigung der An-
lagen hoffen. Übrigens: Der gesamte Wirkungsgrad mit Rück-
verstromung liegt um die 30 %, was nicht beeindruckend ist,
aber immerhin besser ist, als eine Abregelung der Energie.
Die dritte Dimension möchte ich als systemtechnische Di-
mension bezeichnen. Hiermit sind alle Maßnahmen und Anla-
38
genkomponenten gemeint, die darauf abzielen, die Diskrepanz
zwischen Erzeugung und Verbrauch dezentral auszugleichen
und damit die Volatilität der Differenz im Gesamtnetz besser zu
beherrschen. Dieses Konzept zielt auf intelligente Netzzellen,
oft als Smart Grids bezeichnet, die für sich bereits einen inter-
nen Ausgleich der Fluktuationen zwischen Last und Erzeugung
vorplanen, dem überlagerten Netz als Übergabefahrplan mel-
den und versuchen, den Fahrplan einzuhalten. Das Konzept
basiert auf einem dezentralen Ansatz, bei dem Kundenlasten
und Erzeuger gruppenweise zu virtuellen Einheiten zusammen-
gefasst und auch gesteuert werden. Jedes Smart Grids über-
wacht und steuert aus einer Leitstelle heraus sowohl intern den
Stromfluss, die Spannungen, die virtuellen Gruppen sowie in-
terne Speicher als auch nach extern die Übergaben zu benach-
barten Zellen sowie zum Übertragungsnetz. Dazu müssen
Netzgebiete informationstechnisch neu erschlossen werden,
zum Teil auch bis die Niederspannung, die bislang nicht beob-
achtbar waren. Der Smart Grid Ansatz trägt der Tatsache Rech-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

nung, dass viele Probleme durch die dezentral installierten


Quellen entstehen. Man versucht eine lokale, dezentrale Be-
herrschung. Gelingt diese, dann sollten die bestehenden Leitun-
gen und Regelungsmöglichkeiten für einen stabilen Netzbetrieb
ausreichen, da sie bisher für eine Vollversorgung ohne interne
Quellen konzipiert waren. Unterstützt wird dieses Konzept be-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

reits heute durch frequenzabhängige Regelungseingriffe an den


regenerativen Erzeugern und zwar durch die Teilnahme an der
50,2 Hz Regelung im Falle eines Erzeugungsüberschusses. Es
ist technisch möglich, auch eine Regelreserve für ein Erzeu-
gungsdefizit in den Anschlussbedingungen einzurichten. Deren
Zugriff ist aber ohne zusätzliche Speicher systembedingt unsi-
cher.
Das Smart Grid Konzept der intelligenten Zellen hat aller-
dings zwei Schwächen. Die Erste: Der Ersatz größerer Kraft-
werkseinheiten in der Zelle kann nur mit Gaskraftwerken
realisiert werden, deren Gas regenerativ erzeugt werden sollte.
Heute rechnet sich der Betrieb solcher Gaskraftwerke nicht,
weil die Kohleverstromung billiger ist. Die zweite Schwäche:
39
Das einheitliche Betrachten und Steuern von Netz, Erzeugun-
gen und Lasten in der Zelle steht im Widerspruch zum Unbund-
ling, also zur bestehenden Gesetzgebung.
Hier sind wir bei der vierten „Dimension“ angekommen, der
politischen, der wichtigsten wahrscheinlich. Schließlich wurde
von der Politik die Energiewende beschlossen, und es wurden
die Randbedingen gesetzt, um Investoren anzureizen, die not-
wendigen Anlagen zu planen und zu betreiben. Damit entstan-
den Industrieanreize für vielfältige neue Anlagen- und
Komponentenentwicklungen, beispielsweise für Offshore Wind-
parks, für Batteriespeicher, für Informationstechnik und Vieles
mehr.
Diese Dimension beinhaltet auch eine wissenschaftliche He-
rausforderung. Die neuen Konzepte, Anlagen und Komponenten
stoßen Untersuchungen im Bereich der Grundlagenforschung
an, deren Ergebnisse neue Impulse setzen. Im besten Falle
können mit Industriepartnern neue Wege eingeschlagen wer-
den, neuartige Anlagenkomponenten zu realisieren.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Man sieht, die Energiewende hat die Anlagentechnik vielfäl-
tig beeinflusst. Es bleibt die spannende Frage: Welche Anlagen-
technik wird das Rennen gewinnen? Als Techniker und Ingenieur
ist man geneigt, die physikalisch effizienteste zu favorisieren.
Das ist zu kurz gegriffen, denn Ökonomie, Politik und Gesell-
schaft gestalten massiv mit. Somit ist damit zur rechnen, dass
es zunächst keine klare Lösung gibt, sondern eher eine Mi- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
schung von Lösungen und Anlagen, die sich im besten Fall gut
ergänzen.
Meine persönliche Antwort: Künftig sind nicht nur techni-
sche Innovationen notwendig, sondern insbesondere auch Sys-
teminnovationen, Innovationen der Infrastruktur und meines
Erachtens auch in der Gesetzgebung, um Hindernisse oder fal-
sche Anreize zu beseitigen.
Ich meine, durch die Genehmigung und den Bau großer off-
shore Windparks und der Stilllegung einiger KKW wird es in der
Bundesrepublik neue Hochspannungsleitungen geben müssen,
wahrscheinlich suboptimal und stückweise realisiert in Kabel-
und Freileitungstechnik. Das zeitweise Überangebot von Wind-
40
strom wird zu Null- oder Minuspreisen an der Strombörse
führen. Mit effizienten Strom-zu-Gas Anlagen, die in das Erd-
gasnetz einspeisen, wäre das Speicherproblem gelöst. Mit der
Rückverstromung mittels Gasturbinen könnten sowohl die Defi-
zite der Grundlast ausgeglichen, die Lastspitzen bereitgestellt
als auch die Regelungsaufgaben gelöst werden. Wirtschaftlich
rechnet sich dieser Weg dann, wenn durch höhere Preise der
der Emissionszertifikate die Kohlekraftwerke unrentabel wer-
den. Schließlich soll parallel zur Energiewende auch der CO2-
Ausstoß verringert werden.
Ich vermute auch eine wachsende Nutzung von Batteriespei-
chern im Haus, denn Eigenerzeugung und Eigenverbrauch rech-
nen sich bereits. Der Leistungsbezug zum Stromnetz kann
damit begrenzt werden. Hohe häusliche Lastspitzen kommen
dann aus dem eigenen Wechselrichter oder werden durch ein
häusliches Energiemanagement abgefangen. Das entlastet das
Stromnetz. Nicht zu vergessen: Die netzgeführten Wechselrich-
ter der Eigenerzeugung erhalten die feste Frequenz vom Netz,
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eine Serviceleistung, die sich auch im Tarifmodell widerspie-


geln sollte. Im Haus hat man sich schon lange an einen Speicher
für Warmwasser gewöhnt, künftig sehe ich dort auch Strom-
speicher von einigen kWh. Man wird sehen.
Schließlich ist zu hoffen, dass in Deutschland die Energie-
wende gelingt und die Vorreiterrolle hilft, dass die dabei entwi-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

ckelte neue Anlagentechnik auch in anderen Ländern der Erde


nützlich eingesetzt werden kann und damit unsere Exportin-
dustrie stärkt.

41
Statement von Thomas Niemand

Das elektrische Verteilnetz hat in den letzten Jahren immer


mehr die Funktion des „Einsammels“ von dezentral erzeugter,
erneuerbarer Energie übernommen, die heute bereits mehr als
ein Viertel zum deutschen Strommix beiträgt. Der Umbau der
Verteilnetze ist angelaufen, die umfassende Veränderung steht
aber sicher noch bevor. In zahlreichen Pilotprojekten nahezu
aller Verteilnetzbetreiber werden theoretische Ansätze auf ihre
Praxistauglichkeit hin untersucht. An Hochschulen und Institu-
ten wird mit Hochdruck an Studien zur Weiterentwicklung der
Netze gearbeitet, in den technischen Verbänden der notwendi-
ge Umbau durch Anwendungsregeln ausgestaltet. Hier, wie
auch in der nationalen und internationalen Normungsarbeit
spielt der Systemgedanke eine zentrale Rolle. Das Netz der
Zukunft muss flexibler, kommunikativer und damit intelligenter
sein als bislang. Die Anlagentechnik leistet dazu ihren Beitrag.
Schon in der Vergangenheit wurden Nieder- und Mittelspan-

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nungsnetze im ländlichen Raum eher hinsichtlich des zulässi-
gen Spannungsbandes nach EN 50160 und weniger für die
Stromtragfähigkeit dimensioniert. Um die normativen Vorgaben
sowohl für den Last- als auch den Einspeisefall voll auszunut-
zen, werden zunehmend spannungsregelnde Betriebsmittel
eingesetzt. Beginnend am Umspannungspunkt HS/MS kommt
vermehrt die sogenannte Weitbereichsregelung zum Einsatz, Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
mit der ausgehend von Sensoren an ausgewählten Netzausläu-
fern der Stufenschalter des 110 kV-Transformators automati-
siert geregelt wird. Bemerkenswerte Weiterentwicklungen der
Anlagentechnik gibt es im Bereich der Mittelspannungslängs-
regler. Mussten erste Prototypen noch in Übersee beschafft
werden, bieten jetzt auch Hersteller in Deutschland Längsregler
an. Bei Leistungen bis zu 8 MVA und Spannungen bis 24 kV
können die technischen Einrichtungen jetzt bereits in einem
Gehäuse von nur 2,5 mal 6 Meter untergebracht werden. Mit
Hilfe eines Kommunikationsmoduls und einer RTU (Remote Ter-
minal Unit) besteht neben dem automatischen Betrieb die Mög-
lichkeit der Fernüberwachung und des Fernzugriffs. Der
42
erreichte Wirkungsgrad liegt oberhalb von 99,75 %. Ein Längs-
regler dieser Größe ist in der Lage, Spannungsschwankungen
in ± 5 x 2 % Stufen in einem ausgedehnten Stromkreis auszu-
steuern. So wird es bei einem Projekt in der Eifel möglich, zu-
sätzlich zur bereits installierten Erzeugungsleistung von rund
5 MW weitere 3 MW ohne zusätzliche Netzverstärkungen anzu-
schließen.
Im Niederspannungsnetz stellt der regelbare Ortsnetztrans-
formator (rONT) eine wirksame Lösung zur Beherrschung von
Spannungsschwankungen dar. Sein Einsatz ist in vielen Fällen
eine wirtschaftliche Alternative zum konventionellen Netz­
ausbau. So ist sowohl in der Außendarstellung als auch im
praktischen betrieblichen Einsatz der rONT bei einigen Verteil-
netzbetreibern inzwischen die Standardkomponente auf dem
Weg zum „Smart Grid“. Einen regelbaren Ortsnetztransformator
kennzeichnen grundsätzlich die drei Komponenten Trafo-Aktiv-
teil, Stellglied und Steuereinheit, mit denen als wesentliche
Wirkung eine vollständige Entkopplung der Nieder- von der
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Mittelspannung möglich ist. Daraus resultiert die Möglichkeit


einer neuen Aufteilung des zur Verfügung stehenden Span-
nungsbandes gemäß DIN EN 50160 für die nachgelagerte
Spannungsebene. Da vom Prinzip her eine autonome Regelung
gegeben ist, kann grundsätzlich auf abgesetzte Messungen
verzichtet werden, was wiederum den Vorteil hat, dass nicht
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

zwingend eine Kommunikationsanbindung erforderlich wird.


Noch sehr umstritten ist allerdings die Frage, in welchem Maße
die Betriebskosten für Wartung und Instandsetzung mit ver-
stärktem Einsatz von regelbaren Ortsnetztransformatoren an-
steigen. So wird in aktuellen Studien aufgezeigt, dass die
durchschnittlichen jährlichen Zusatzkosten dann am niedrigs-
ten sind, wenn mit einem innovativen Planungskonzept eine
geeignete Kombination aus Erzeugungsmanagement (Abrege-
lung), Blindleistungsregelung Q(U) an der Einspeisung und Ver-
wendung von intelligenten Ortnetzstationen (inklusive rONT)
zur Ausführung kommt.
So werden auch intelligente Ortsnetzstationen heute ver-
mehrt eingesetzt. Diese bieten dem Betreiber mehrere Baustei-
43
ne für unterschiedliche betriebliche Aufgaben. Das Konzept
umfasst in der Regel kompakte, kommunikationsfähige Mittel-
spannungsschaltanlagen, regelbare Ortsnetztransformatoren
und eine integrierte Fernwirk- und Automatisierungslösung zur
Überwachung und Steuerung des Mittel- und Niederspan-
nungsnetzes.
In Niederspannungsnetzen mit großem Anteil dezentraler
Einspeisung kommen heute auch die in normgerechte Schalt-
schränke integrierbaren NS-Längsregler zum Einsatz. Sie wer-
den in den üblichen Leistungsklassen von 63 bis 250 kVA
angeboten und besitzen Laststufenschalter mit denen ein auto-
matischer Betrieb auf einen Spannungssollwert möglich ist. So
werden hohe Spannungsanhebungen, wie sie beim Betrieb von
Erzeugungsanlagen entstehen, wirksam reduziert und eine
bessere Aufnahmefähigkeit für die Integration von dezentralen
Einspeisungsanlagen im Netz erreicht.
Das FNN Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE hat im
Rahmen seiner Roadmap „Technische Herausforderungen beim

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Umbau der Netze“ mehrere Studien in Auftrag gegeben, um
künftige Anforderungen an Erzeugungsanlagen und Verteilnet-
ze zu untersuchen. Die vier wesentlichen Themenschwerpunkte
sind: Spannungshaltung, Verhalten im Fehlerfall, Inselnetzer-
kennung und der Wechsel von Schwungmassen zum Wechsel-
richter. Die größtenteils bereits vorliegenden Ergebnisse fließen
jetzt in die relevanten VDE-Anwendungsregeln ein. In diesem Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Zusammenhang sind auch die europäischen Netzcodes zu nen-
nen, die bei Entso-E erarbeitet werden und von denen nun die
ersten als EU-Verordnungen in die nationale Umsetzung kom-
men. Auch die dort enthaltenen Anforderungen werden in den
VDE-Anwendungsregeln national umgesetzt.
Kein wesentlicher Durchbruch konnte bislang im Bereich
Smart Metering erreicht werden. Hier ist ein flächendeckender
Roll-Out seitens der Politik zwar terminiert aber in vielen Details
noch auszugestalten. Für die Netzbetreiber ist im Rahmen der
Weiterentwicklung der Netze insbesondere das Last- und Ein-
speisemanagement von Bedeutung. Werden künftig mehrere
Marktteilnehmer auf die Steuerungsfunktionen eines Smart
44
Meter Gateway zugreifen, so sehen die Netzbetreiber die
Notwendigkeit die Steuerung von netzkritischen Lasten und
Einspeisungen (z. B. Nachtspeicherheizungen, Wärmepumpen,
Straßenbeleuchtung, große Wind- und PV-Parks) ausschließlich
selbst vornehmen zu können.
Neben den dargestellten greifbaren Weiterentwicklungen
der Anlagentechnik wurden Pilotprojekte initiiert, die das Ge-
samtsystem eines Verteilungsnetzes weiter untersuchen. Hier
werden zusätzlich zu den einzelnen Netzkomponenten auch
elektrische Speicher, Home Energy Controller und Ladesäulen
für E-Mobility mit in die Betrachtung einbezogen, um dann für
lokale Versorgungssituationen die gesamten Leistungsflüsse
automatisiert zu managen. Insbesondere auf diesem Gebiet, wo
es mit intensiver Nutzung moderner Kommunikationstechnik
um die Bereitstellung und Verarbeitung von Messdaten geht,
sind noch Anstrengungen und Weiterentwicklungen erforder-
lich.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

45
Statement von Wolfram H. Wellßow

Bereits im Band Anlagentechnik des Jahre 2015 ist auf die


Problematik der Spannungshaltung in Niederspannungsnetzen
ausführlich eingegangen worden [1]. Regelbare Ortsnetztrans-
formatoren (rONT) werden inzwischen verstärkt eingesetzt.
Obwohl das avisierte Preisniveau leider noch nicht erreicht
worden ist, sind per Ende 2015 bereits ca. 1000 Stück in den
öffentlichen Netzen im Einsatz. Die Betriebserfahrungen sind
dabei durchweg positiv.
Aufgrund dieser positiven Erfahrungen hat sich der FNN im
VDE dazu entschlossen die derzeit gültige Anwendungsregel
VDE-AR-N 4105 zu überarbeiten, da das dort bisher zur
Anwendung kommende 3 %-Kriterium beim Einsatz eines rONT
hinfällig ist. Die überarbeitete Anwendungsregel wird voraus-
sichtlich in 2016 erscheinen.
Der FNN hat dazu eine Studie in Auftrag gegeben, in der
einzeln und in Kombination die Konzepte cosφ(P), Q(U) und

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
rONT zur Lösung der Spannungshaltungsprobleme auf der Nie-
derspannungsebene untersucht wurden. Der Abschlussbericht
dieser Studie liegt inzwischen vor [2].
Darin wird die Verwendung einer Q(U)-Regelung, ggf. auch
in Kombination mit einem rONT, zur Steigerung des Integrati-
onspotenzials dezentraler Erzeuger empfohlen. Als minimaler
Verschiebungsfaktor wird 0,95 bzw. 0,9 angegeben. Durch ent- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
sprechende Parametrierung könne ein instabiles Verhalten so-
wie unerwünschte Wechselwirkung mit einem rONT vermieden
werden.
Man darf sicher davon ausgehen, dass eine derartige span-
nungsabhängige Blindleistungsregelung der PV-Wechselrichter
in vielen Ortsnetzen das Problem der Spannungshaltung für
eine gewisse Zeit kostengünstig lösen kann, insbesondere
wenn der weitere Zubau der PV-Leistung auf dem derzeitigen
vergleichsweise niedrigen Niveau verbleibt. Dies steht in Über-
einstimmung mit anderen Studien. Beispielhaft zeigen die Bilder
1 und 2 ausgewählte Simulationsergebnisse aus einem umfang-
reichen Forschungsprojekt an der TU Kaiserslautern. Darge-
46
Bild 1: Simulationsergebnis für ein niederdichtes Gebiet mit Ein- und Zweifamili-
enhäusern. 57 % Durchdringung mit PV-Anlagen, homogene Verteilung,
Szenario 2035
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Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 2: Simulationsergebnis für ein niederdichtes Gebiet mit Ein- und Zweifamili-
enhäusern. 57 % Durchdringung mit PV-Anlagen, inhomogene Verteilung,
Szenario 2035

47
stellt sind die Kosten auf der negativen y-Achse und die
technische Zielerreichung auf der x-Achse in Form von Benefit-
Punkten der Smart-Grid Metrik. Null bedeutet keine Verbesse-
rung, 10 bedeutet dass alle Spannungsgrenzverletzungen
behoben werden können. Man erkennt, dass der Erfolg des
Einsatzes eines rONT sehr stark vom Regelkonzept und der
Verfügbarkeit von Messwerten aus dem Netz abhängig ist. Bei
der maximal inhomogenen Verteilung der PV-Anlagen im Netz
kann keine der Maßnahmen die Spannungsgrenzen vollständig
einhalten, jedoch ergibt sich einen deutliche Verbesserung,
wenn Spannungsmessungen an den Ausläufern zur Verfügung
stehen.
Weiter ist zu erkennen, dass bei homogener Verteilung der
PV-Anlagen der rONT mit wirkleistungsabhängiger Kennlinie
alle Bedingungen erfüllt, eine Blindleistungsregelung also nicht
erforderlich ist. Demgegenüber reicht bei maximal inhomoge-
ner Verteilung auch eine Kombination von Q(U)-Regelung und
rONT nicht aus, gleich welches Regelungsverfahren zur Anwen-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
dung kommt.
Näheres zur Smart-Grid Metrik ist in [3], weitere Simulati-
onsergebnisse und Erläuterungen sind in [4] zu finden.
Es muss aber warnend darauf hingewiesen werden, dass bei
Verwendung der Q(U)-Regelung der PV-Wechselrichter diese
Blindleistung von den überlagerten Netzen auch bereitgestellt
werden muss. Ein Verschiebungsfaktor von 0,9 bedeutet im- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
merhin, dass die bezogene Blindleistung ca. 48 % der einge-
speisten Wirkleistung entspricht. Auch wenn natürlich nicht in
allen Ortsnetzen und an allen Verknüpfungspunkten die Span-
nungen so weit ansteigen, dass die maximale Blindleistung be-
zogen wird, ergibt sich bei einem prognostizierten weiteren
Ausbau bis in den Bereich von 90 GW installierter Leistung ein
erheblicher Blindleistungsbedarf, der dann vermutlich bis in den
Bereich zweistelliger GW-Werte reichen könnte. Dies würde
zudem zeitlich mit einem geringen konventionellen Kraft-
werkseinsatz zusammen fallen, so dass in den Übertragungs-
netzen nur wenige Blindleistungsquellen zur Verfügung stünden.
Hier besteht aus Sicht des Autors ein erhebliches Bedrohungs-
48
potential für die Systemsicherheit, das genauer untersucht wer-
den sollte, bevor die Konzepte zur Blindleistungsregelung
flächendeckend umgesetzt werden.
Weiter sei nochmals darauf hingewiesen, dass mit der Ein-
haltung des Spannungsbandes nicht alle Probleme in Nieder-
spannungsnetzen gelöst sind. Wenn mit Hilfe des rONT oder der
Q(U)-Regelung Spannungshaltungsprobleme behoben sind,
wird die Aufnahmefähigkeit der Niederspannungsnetze für PV-
Erzeugung durch die thermische Belastbarkeit der Betriebsmit-
tel begrenzt. Dies ist insofern kritisch zu sehen, als die
Überschreitung der thermischen Belastbarkeit anders als die
Überschreitung der oberen Spannungsgrenze nicht „selbsthei-
lend“ ist und zu Ausschaltungen von NH-Sicherungen und da-
mit zu Versorgungsunterbrechungen führen kann. Die
Q(U)-Regelung wirkt in diesen Fällen kontraproduktiv, da sie zu
spürbar höheren Strömen im Niederspannungsnetz führt.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Literatur
[1] Wellßow, W.: Einsatz regelbarer Ortsnetztransformatoren in Niederspan-
nungsnetzen. Anlagentechnik für elektrische Verteilungsnetze, 2015, EW
Medien und Kongresse, S. 17ff
[2] Vergleich von technischer Wirksamkeit sowie Wirtschaftlichkeit zeitnah ver-
fügbarer Verfahren zur Sicherung der statischen Spannungshaltung in Nie-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

derspannungsnetzen mit starker dezentraler Einspeisung, Schlussbericht.


FNN Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE, 15.12.2014
[3] Arnold, M.; Rui, H.; Wellßow, W.H.: An Approach to Smart Grid Metrics. IEEE
ISGT Conference, 2011, Manchester
[4] Hauffe, P.; Rui, H.; Wellßow, W.H.: Assessment of Voltage Regulation Appli-
cations in LV Networks with Smart Grid Metrics. IEEE Power Engineering
Society General Meeting, 2016, Boston, eingereichter Beitrag

49
Netzplanung mit Spitzenkappung: Konkretisierung,
Umsetzung und Rahmenbedingungen
Henning Schuster

Die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) er-


möglicht dem Netzbetreiber zukünftig ein zusätzliches Pla-
nungswerkzeug: die Spitzenkappung. In der Netzplanung
erfolgt die Dimensionierung dann nicht wie heute gesetzlich
gefordert auf Basis selten auftretender Einspeisespitzen,
sondern sie berücksichtigt eine gezielte Abregelung von drei
Prozent der prognostizierten Jahreseinspeisung von Erneuerba-
re-Energien-Anlagen (EE-Anlagen). Im Folgenden wird das
Planungskonzept konkretisiert, dessen Umsetzung in der Netz-
planung aufgezeigt und anhand einer exemplarischen Kosten-
Nutzen-Analyse bewertet.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Definition und Abgrenzung der Spitzenkappung


als Planungswerkzeug

Bisher war es gesetzlich gefordert, elektrische Netze auf die


maximal auftretende Einspeisung von EE-Anlagen auszulegen,
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

auch wenn diese nur sehr selten auftreten. Da diese Dimensio-


nierung des elektrischen Netzes auf nur selten vorkommende
Einspeisesituationen unter Umständen unnötig hohe Kosten
verursachen würde, ermöglicht das Planungswerkzeug der
Spitzenkappung nun eine gesamtwirtschaftliche Abwägung
zwischen Netzausbau und Abregelung von EE-Anlagen bei der
Netzdimensionierung.

Definition Spitzenkappung:
Spitzenkappung beschreibt die Berücksichtigung eines be-
schränkten Maßes an prognostizierter Abregelung von Wind-
kraft- und PV-Anlagen in der Planung von elektrischen Netzen.

51
Spitzenkappung ist demnach ein Werkzeug der Netzplanung.
Einspeisemanagement dagegen beschreibt die betriebliche
Maßnahme der Abregelung von Einspeisungen im Falle von
Netzengpässen. Die betriebliche Umsetzung des Einspeisema-
nagements wird daher durch Spitzenkappung nicht beeinflusst,
der Umfang dessen Anwendung dagegen schon.
Spitzenkappung kann und soll Netzausbau nicht vollständig
substituieren, sondern ist lediglich ein netzplanerisches Werk-
zeug, um volkswirtschaftlich nicht sinnvollen Netzausbau zu
vermeiden, der nur in wenigen Stunden des Jahres benötigt wird.
Die gesetzliche Einführung des Planungswerkzeugs erfolgt
folglich als Anpassung der Netzausbauverpflichtung des Netz-
betreibers nach § 12 EnWG. Demnach ist die Netzausbauver-
pflichtung auch erfüllt, wenn bei der Netzplanung eine
prognostizierte Reduzierung der Jahresenergieeinspeisung von
Windkraft- und PV-Anlagen in Höhe von drei Prozent berück-
sichtigt wird.
Im Leitfaden zum Einspeisemanagement (v2.1) sind Eckpfei-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
ler der betrieblichen Umsetzung des Einspeisemanagements
durch die Bundesnetzagentur formuliert. Die Ermittlung der
Entschädigungszahlungen, Abschaltreihenfolge, Nachweis-
pflichten und die Auswirkung auf Netzentgelte werden konkre-
tisiert. Weitere Konkretisierungen und Empfehlungen zur
Umsetzung des Einspeisemanagements wurden vom Forum
Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (FNN) formuliert. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Einspeisemanagement im Verteilnetz findet bereits heute in
teilweise sehr hohem Umfang auch ohne die Berücksichtigung
von Spitzenkappung statt. Notwendig ist Einspeisemanage-
ment heute, wenn der EE-Ausbau schneller als der dafür not-
wendige Netzausbau voranschreitet und einspeisebedingt
Überlastungen drohen.

Netzplanerische Umsetzung

Die netzplanerische Umsetzung der Spitzenkappung erfolgt


durch eine Übersetzung von drei Prozent Abregelung der prog-
52
nostizierten Jahresenergieeinspeisung von Windkraft- und
PV-Anlagen in eine im Vergleich zur konventionellen Netzpla-
nung reduzierten Netzanschlusskapazität. Die reduzierte Netz-
anschlusskapazität in der Netzdimensionierung beeinflusst
anschließend Investitionsentscheidungen in der Netzplanung.
Die Dimensionierung von Ausbauprojekten auf Belastungen
durch die Einspeisung von Windkraft- und PV-Anlagen, die nur
in wenigen Stunden des Jahres auftreten, wird so verhindert.
Die Übersetzung von drei Prozent Abregelung der Jahres-
energie von EE-Anlagen in eine Verringerung der Netzan-
schlusskapazität in der Netzplanung kann nicht verallgemeinert
werden, sondern ist von einigen Eigenschaften des jeweiligen
Netzgebietes abhängig: Jahresdauerlinien der EE-Anlagen, An-
lagentypen, Volllaststunden der EE-Anlagen.
Spitzenkappung kann nur dann in der Netzdimensionierung
berücksichtigt werden, wenn eine gezielte Abregelung von
EE-Anlagen im Netzbetrieb möglich ist. Nach § 14 (3) EEG muss
die Notwendigkeit jeder einzelnen Maßnahme nachgewiesen
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

werden können.
Der Einsparung von Netzausbau stehen daher Entschädi-
gungszahlungen des EE-Anlagenbetreibers sowie Kosten für
fernwirktechnische Anbindung der Anlagen gegenüber. Jeder
Netzbetreiber muss daher Kosten und Nutzen für die individuel-
le Versorgungsaufgabe evaluieren.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Evaluierung der Spitzenkappung in einem


exemplarischen Netzausschnitt

In einem gemeinsamen Projekt von E-Bridge Consulting und


MITNETZ STROM wurde das Kosteneinsparpotenzial der
Spitzenkappung in der Hochspannungs- und Mittelspannungs-
netzplanung evaluiert. Die Netzsimulationen zeigen, dass Ein-
sparpotenzial durch Spitzenkappung vor allem in ländlichen
Mittelspannungsnetzen möglich ist.
In einem exemplarischen Netzausschnitt sind mit konventio-
neller Netzplanung bis 2020 insgesamt 6 Investitionsmaßnah-
53
men mit einem Investitionsvolumen von 523.000 EUR notwendig.
Mit Berücksichtigung der Spitzenkappung und gezielter Abre-
gelung von drei Prozent der Jahresenergie der besonders auf
Engpässe wirkenden EE-Anlagen sind drei Ausbaumaßnahmen
mit einem Investitionsvolumen von 233.000 EUR notwendig
(siehe Abbildung 1).

Abb. 1:  Einsparung von Netzausbau durch Spitzkappung

Um die Investitionen in den Netzausbau einzusparen zu

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
können, ist jedoch die Ausstattung von insgesamt sieben Anla-
gen im exemplarischen Netzgebiet mit Fernwirktechnik not-
wendig. Zusätzlich entstehen durch die Entschädigung der
abgeregelten Energie weitere Kosten (siehe Abbildung 2).

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Abb. 2: Abgeregelte Energie und IKT-Ausstattung von EE-Anlagen im exemplari-


schen Netzgebiet

54
Für die Abregelung werden Energiekosten von 100 EUR/MWh
angenommen. Diese Kostenannahme entspricht einer Prognose
des EEG-Vergütungssatzes bis 2030. Die IKT-Ausstattung der
EE-Anlagen (Controller, Gateway, Back-end-Integration) wird
mit 700 EUR pro EE-Anlage berechnet (dabei wird eine Einbin-
dungsmöglichkeit in die Leitwarte angenommen). Für eine
konkrete Umsetzung der Spitzenkappung müssen die Migrati-
onskosten unter Berücksichtigung der aktuellen IKT-Infrastruk-
tur und der möglichen Integration von Smart-Metern bewertet
werden.
Unter Berücksichtigung der eingesparten Netzinvestitionen,
der Kosten für die abgeregelte Energie, der Kosten für die IKT-
Ausstattung der EE-Anlagen sowie der Kommunikationskosten
ist eine Kosten-Nutzen-Analyse der Spitzenkappung für den
exemplarischen Netzbereich möglich (siehe Abbildung 3).
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Abb. 3:  Kosten-Nutzen-Analyse im exemplarischen Netzgebiet

Die Einsparungen sind insbesondere bis 2020 möglich.


Durch Spitzenkappung ist die Aufschiebung einzelner Investiti-
onen möglich. Die „Treppenstufe“ für eine Netzverstärkung ist
durch Spitzenkappung bis 2020 noch nicht erreicht. Die dauer-
haften Kosten der Abregelung steigen bis 2030 an, im betrach-
teten Netzbereich werden dabei sieben Anlagen abgeregelt.
Analysen im Hochspannungsnetz zeigen, dass bei einem
steilen EE-Anstieg keine Einsparungen durch Spitzenkappung
möglich sind. Die Robustheit der Investitionen wurde somit
nachgewiesen.
55
Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlung

Mit dem Planungskonzept der Spitzenkappung steht dem Netz-


betreiber ein neues Werkzeug zur Integration Erneuerbarer-
Energien-Anlagen in Verteilnetze zur Verfügung. Untersuchungen
zeigen, dass damit Einsparpotenzial insbesondere in ländlichen
Mittelspannungsnetzen möglich ist. Kosten und Nutzen des In-
struments sind jedoch sehr individuell und von der Versor-
gungsaufgabe sowie der fernwirktechnischen Ausstattung des
Netzbetreibers abhängig. Das Einsparpotential der Spitzenkap-
pung in der Netzplanung muss individuell bewertet werden.
Netznutzer würden von der Anwendung der Spitzenkappung
durch geringere Netzentgelte profitieren. Allerdings würde sich
der Netzbetreiber heute bei Verzicht auf Investitionen schlech-
ter stellen, denn nur diese werden verzinst. Zusätzlich entste-
hen durch Spitzenkappung Aufwände und Risiken, die bisher
nicht kompensiert werden. Daher muss der regulatorische Rah-
men dahingehend weiterentwickelt werden, dass Anreize zur

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Nutzung eines solchen innovativen Planungskonzeptes gene-
riert werden.

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

56
Netznutzungsentgelte 2016 und Folgende
Wohin geht die (Preis-)Reise?
Dirk Schramm

Präambel

Im Sommer 2015 hat sich die Regulierung der Strom- und


Gasnetze zum zehnten Mal gejährt. Sowohl in der Strom- als
auch Erdgasnetzregulierung befindet sich Deutschland derzeit
in der 2. Regulierungsperiode. Das für die 3. Regulierungsperi-
ode jeweils als Ausgangsniveau dienende „Fotojahr“ oder auch
„Basisjahr“ geht für die Gasnetze in 2015 zu Ende, für die Strom-
netze wird das 2016 der Fall sein.
Was sind die gegenwärtigen Herausforderungen? Der fol-
gende Text beantwortet diese Frage mit Fokussierung auf die
Stromnetze, wobei im Besonderen die zukünftige Energiespei-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

cherung im Zusammenhang mit EEG-Anlagen im Mittelpunkt


steht.

1. Einleitung
Exkurs vermiedener Netznutzungsentgelte
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Jeder kennt den Zusammenhang: Je mehr Wasser gespart wird,


desto teurer wird der („spezifische“) Wasserpreis.
Im Stromnetzbereich hat die rasante Entwicklung beim Aus-
bau der erneuerbaren Energien, insbesondere im Windenergie-
und PV-Anlagenbereich, ähnliche Auswirkungen.
Infolge § 18 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV),
der vermiedene Netzentgelte bei dezentraler Einspeisung regelt,
kommt es bei einer hohen Anzahl von Stromnetzbetreibern zu
der Situation, dass die berechneten vermiedenen Entgelte mitt-
lerweile bei ca. 50 % und mehr der Gesamterlöse liegen kön-
nen. Wenn man die Betrachtung aus der Sicht von
Endverteilungsunternehmen durchführt (z. B. Stadtwerke mit
57
mittelspannungsseitiger Versorgung aus einem Umspannwerk)
und eine Vermeidung von 50 % der Netzkosten beim vorgela-
gerten Netzbetreiber annimmt, dann stellt rein theoretisch die
Differenz zu den Kosten, die ohne die Existenz dezentraler Ein-
speiseanlagen entstehen würde, den Wert der vermiedenen
Netzkosten dar. Grundsätzlich ist theoretisch und praktisch die
Möglichkeit gegeben, dass die Summe aus den vorgelagerten
Netznutzungsentgelten und den vermiedenen Entgelten zusam-
men größer ist, als würde man vom vorgelagerten Netzbetrei-
ber die gesamte Energie beziehen. Das ergibt sich daraus, dass
z. B. PV-Anlagen kleinerer Leistung in der Regel ans Nieder-
spannungsnetz angeschlossen sind und damit höhere vermie-
dene Entgelte im eigenen Netz erzeugen, als zum vorgelagerten
Netz des Stadtwerks. Erfahrungsgemäß liegen hier die Berech-
nungsergebnisse im Bereich von maximal 5 % höher, in Aus-
nahmen sogar bis zu 10 % höher.
Vermiedene Entgelte, die in den EEG-Belastungsausgleich
einflossen, machten im Jahr 2014 insgesamt ca. 750 Millionen

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Euro aus.
„Unlogischer Weise“ wird aber gerade auch im Verteilnetzbe-
reich von einem notwendigen Netzausbau gesprochen und
nicht, wie man eigentlich vermuten müsste, vom Rückbau von
Leitungen und Stationen, was letztendlich die vermiedenen
Netznutzungsentgelte rechtfertigen würde.
Doch genau das Gegenteil ist heute Realität. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Die Konsequenz ist, analog zur o.g. Wasserpreisentwicklung,
dass die spezifischen vorgelagerten Netznutzungsentgelte teu-
rer werden müssen. In Folge steigen damit auch wiederum die
rechnerisch zu ermittelnden vermiedenen Netznutzungsentgel-
te nach § 18 StromNEV. Ein notwendiger Verteilnetzausbau, der
zwangsläufig mit höheren und zulässigen kalkulatorischen Kos-
ten verbunden ist – bei gleichzeitig geringeren Mengen bei der
Netzdurchleitung –, beschleunigt diesen Prozess erheblich.
Ein Verzicht auf die vermiedenen Netznutzungsentgelte im
EEG-Belastungsausgleich in Höhe von ca. 750 Millionen Euro
würde unterdessen zum weiteren Steigen der EEG-Umlage füh-
ren! Eine nicht unerhebliche Anzahl von Berechnungen für ver-
58
miedene Netznutzungsentgelte bei den Netzbetreibern ist nach
Auffassung des Autors ohnehin nicht korrekt!

2. Energieeffizienzentwicklung und deren Einfluss


auf die Netznutzungsentgelte

Neben dem beschriebenen Effekt zu den vermiedenen Netznut-


zungsentgelten kommen weitere Einflussgrößen auf die Netz-
nutzungsentgelte zu.
So ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Abnahme-
mengen im Strombereich, sowohl im Industrie- und Dienstleis-
tungssektor, als auch bei den SLP-Kunden1 im Bereich der
Haushalte sowie im Geschäftskundenbereich, zurückgehen
werden.
Dieses Sinken der Abnahmemengen führt letztendlich eben-
falls zu einem spezifischen Anwachsen der Netznutzungsentgelte.
Andererseits gibt es neben der Elektromobilität zukünftig
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

neue potentielle Stromanwendungen, die es ermöglichen, über-


schüssige regenerative Elektroenergie für Netzkunden nutzbar
zu machen, bevor man diese Energiequellen abschaltet und die
Erzeugung runterregelt. Hierdurch könnte es mittel- bzw. lang-
fristig auch wieder zu einer Entlastung der Netznutzungsentgel-
te kommen.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

3. Einfluss von Batterie-Speichersystemen


zu PV-Anlagen

Erheblichen Einfluss auf die Netznutzungsentgelte werden zu-


künftig entstehende PV-Anlagen haben, die über integrierte
Batteriepuffersysteme verfügen. Das gilt aber auch für vorhan-
dene PV-Anlagen mit Eigenstromnutzung, die mit Batteriespei-
chersystemen nachgerüstet werden.

1 Standardlastprofil-Kunden

59
Im Freistaat Bayern beispielsweise wurden von 01/2009 bis
07/2015 ca. 325.000 PV-Anlagen mit einer kumulierten Leis-
tung von ca. 9 GW installiert. Seit Mitte 2012 ist dabei eine
eindeutige Tendenz hin zu kleineren Anlagen zu verzeichnen.

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Bild 1:  monatlich installierte PV-Anlagen in Bayern 01/2009 - 08/2015

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 2:  monatlich installierte Leistung in Bayern 01/2009 - 08/2015

60
Bei einer kleinen PV-Anlage mit einer Leistung von Pinst. =
3,3 kWP und einem Jahresverbrauch von 3.600 kWh/a werden
ca. 32 % des erzeugten Stroms, also ca. 1/3 selbst verbraucht.
Bereits mit einem Speicher von 3 kWh kann der Eigenverbrauch
auf 55 % erhöht werden, vergleiche hierzu Tabelle 1.
Tabelle 1: Auswirkung der Speichergröße auf den Eigenverbrauchsanteil bei einer
3,3 kWp Analge
Haushaltskunde: 3.600 kWh Jahresabnahme
Profil HO Anlagengröße 3,3 kWp
Speichergröße Summe gespeicherte Rückspeisung Minderverbrauch %
Erzeugung Menge ins Netz durch EE
  0 kWh 2.970 kWh - 1.805 kWh 1.165 kWh 32 %
  3 kWh 2.970 kWh 600 kWh   973 kWh 1.197 kWh 55 %
  4 kWh 2.970 kWh 763 kWh   742 kWh 2.228 kWh 62 %
10 kWh 2.970 kWh 884 kWh   570 kWh 2.400 kWh 67 %

In Tabelle 2 sind die Ergebnisse für eine Jahresverbrauchs-


menge von 7.000 kWh dargestellt. Ohne Speicher werden hier
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

ca. 36 % des Eigenverbrauchs gedeckt, mit einem Speicher


von 10 kWh lassen bis zu 70 % des Eigenverbrauches decken.

Tabelle 2: Auswirkung der Speichergröße auf den Eigenverbrauchsanteil bei einer


10 kWp Analge
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Haushaltskunde: 7.000 kWh Jahresabnahme


Profil HO Anlagengröße 10 kWp
Speichergröße Summe Summe Ladung/ Rückspeisung Minderverbrauch %
Erzeugung Entladung ins Netz durch EE
  0 kWh 9.000 kWh - 6.484 kWh 2.516 kWh 36 %
  3 kWh 9.000 kWh   760 kWh 5.447 kWh 3.553 kWh 51 %
  4 kWh 9.000 kWh 1.187 kWh 4.850 kWh 4.150 kWh 59 %
10 kWh 9.000 kWh 1.745 kWh 4.067 kWh 4.933 kWh 70 %

In Bild 3, Bild 4 und Bild 5 ist die Situation als Diagramm für
drei aufeinander folgende Tage angegeben. Unterstellt werden
Pinst. = 10 kWP, Speicher 10 kWh und ein Jahresverbrauch von
7.000 kWh. Das Ergebnis ist, dass an diesen ausgewählten Ta-
gen, bis auf wenige Ausnahmen, eine Versorgung aus dem ei-
genen Speicher erfolgt.
61
Bild 3: Bedarfs- und Erzeugungslastgänge unter Berücksichtigung eines Batterie-
speichers vom 30.05.2013

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 4: Bedarfs- und Erzeugungslastgänge unter Berücksichtigung eines Batterie-


speichers vom 31.05.2013

62
Bild 5: Bedarfs- und Erzeugungslastgänge unter Berücksichtigung eines Batterie-
speichers vom 01.06.2013
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

In Bild 6 ist das Jahr 2013 für die Einspeisung und den Bezug
dargestellt. Man erkennt, dass im Sommerhalbjahr eine hohe
Eigenverbrauchsquote erzielt werden kann. Im Winterhalbjahr
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 6:  Gegenüberstellung von Reststrombezug und Überschusseinspeisung 2013

63
hingegen, auch in leistungsrelevanten Lastperioden, erfolgt na-
hezu der volle Bezug aus dem Netz.
Dieser Beispielkunde hätte, wären die Netznutzungsentgelte
ausschließlich mit einem variablen Preis ausgewiesen, für das
komplette Jahr nur 30 % der normalerweise fälligen Netzkos-
ten zu zahlen.
In Bild 7 wird für diesen Beispielkunden ein weiteres Prob-
lem offenkundig, das in diesem Zusammenhang zu beachten
wäre. Der rote Lastverlauf stellt die Differenzmenge im Verhält-
nis zur eingespeisten bzw. eigenerzeugten Menge dar. Dieses
Lastprofil ist so nicht prognostizierbar. Für den Reststrombezug
würde sicherlich das blaue Profil zur Anwendung kommen. Da-
durch könnte dieser Kunde noch einmal zusätzlich von dem Ef-
fekt profitieren, da wie in Bild 8 dargestellt, die Energiepreise
im Winterhalbjahr zwar nur geringfügig, aber doch sichtbar hö-
her sind als im Sommerhalbjahr.
In Bild 9 sind die Arbeitspreise der SLP-Netznutzungsentgel-
te für das Jahr 2015 in Abhängigkeit vom Grundpreis für baye-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
rische Netzbetreiber dargestellt. Von den 214 hier erfassten

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 7: Gegenüberstellung von prognostiziertem Stromverbrauch nach VDEW-


Profil und tatsächlichem Abnahmeverhalten

64
Netzbetreibern weisen noch 25 Unternehmen einen Grundpreis
von 0 € /a aus. Für die übrigen Bundesländer gilt ein ähnliches
Verhältnis.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Bild 8:  Börsenstrompreisentwicklung am Spotmarkt der EEX 2013


Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 9: Übersicht der Netznutzungsentgelte in Bayern 2015: Arbeitspreise in Ab-


hängigkeit der Grundpreise

65
Unterstellt man hier einen Arbeitspreis von AP = 7 ct/kWh
und einen Grundpreis von GP = 0 € /a, ergibt sich für den Bei-
spielkunden mit 7.000 kWh/a folgendes Ergebnis:

Variante 1a)
A P = 7.000 kWh x 7 ct/kWh = 490,00 €
GP = 1 x 0 € /a = 0,00 €
NNE = 490,00 €

Variante 1b) Restbezug 2.067 kWh/a aus dem Netz


A P = 2.067 kWh x 7 ct/kWh = 144,69 €
GP = 1 x 0 € /a = 0,00 €
NNE = 144,69 €

Das heißt, dieser Kunde zahlt dann auch nur noch ca. 29,5 %
der Netzkosten.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Zukünftig wird es sicherlich notwendig und sinnvoll sein, über
einen höheren Grundpreis nachzudenken. Wenn man unterstellt,
dass der Arbeitspreis bei 3,5 ct/kWh liegt und der Grundpreis
aber bei 245 € /a, ergibt sich folgendes Ergebnis:

Variante 2a) Vollbezug aus dem Netz Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

A P = 7.000 kWh x 3,5 ct/kWh = 245,00 €


GP = 1 x 245 € /a = 245,00 €
NNE = 490,00 €

Variante 2b) Restbezug aus dem Netz


A P = 2.067 kWh x 3,5 ct/kWh = 72,35 €
GP = 1 x 245 € /a = 245,00 €
NNE = 317,35 €

66
Für den zweiten Betrachtungsfall würde sich grundsätzlich
auch noch eine Entlastung für die Netzkosten ergeben, aller-
dings liegt diese in diesem Beispiel bei ca. 65 %.

Fazit

In den kommenden Jahren wird das Thema dezentrale Speiche-


rung von dezentral erzeugtem EEG-Strom erheblich an Bedeu-
tung gewinnen.
Einige Stadtwerke unterstützen diese Thematik durch Pro-
dukte und teilweise auch durch Förderangebote.
Unabhängig davon gibt es für die Speicherung auch die
Möglichkeit, zinsgünstige KfW-Mittel in Anspruch zu nehmen,
die diese Lösung weiter forcieren.
Wenn am gegenwärtigen Marktsystem nicht grundlegend
etwas verändert wird, sind zwangsläufig nicht unerheblich stei-
gende Netznutzungsentgelte die Folge.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Tendenziell ist aber zu erkennen, dass die Netzbetreiber auf


breiter Front – eben vor dem Hintergrund der hier dargestellten
Tatsachen – zum Teil bereits erhebliche Anpassungen bei den
Grundpreisen durchgeführt haben. Dieser Prozess ist bei wei-
tem nicht abgeschlossen und wird in den nächsten Jahren eine
weitere Verlagerung auf höhere Grundpreise bei den Netzkos-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

ten zur Folge haben.


Dies ist letztendlich auch die einzige Möglichkeit, um die
„schutzbedürftigen“ Netzkunden, die keine Möglichkeit haben,
die Vorteile des Systems zu nutzen, bis zu einem gewissen Grad
zu schützen und die auf diese Kundengruppe andernfalls zu-
kommenden hohen Zahlungen zunächst zu begrenzen.
Nebenbei bemerkt, sind Netzkosten zum überwiegenden Teil
fixe Kosten, demzufolge ist auch das Ausweisen nur eines
Grundpreises letztendlich legitim und gerechtfertigt.
Andererseits erwartet der energetische Selbstversorger
selbstverständlich Strom aus der Steckdose, sollte seine PV-
Anlage unter einer Schneeschicht liegen und der Batteriespei-
cher leer sein. Es bleibt weiter spannend!
67
Wirtschaftlicher KWK-Betrieb in Zeiten
von „BHKW 4.0“
Ronny Kirbach

Gesetzliche Entwicklungen und der Strommarkt haben es der


Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in den letzten Jahren nicht leicht
gemacht. Das Überangebot an Strom aus EEG-Anlagen drückte
nicht nur die Börsenpreise dauerhaft, sondern auch die Betriebs-
stunden installierter KWK- bzw. BHKW-Anlagen. Der Option, er-
zeugten Strom selbst zu nutzen – was quasi Pflicht wurde, um
BHKW-Anlagen wirtschaftlich betreiben zu können –, haben die
EEG-Novelle 2014 und der Wegfall des Eigenstromprivilegs zu-
sätzlich das Fundament abgetragen. Die anstehende Novellie-
rung des KWK-G in 2016 wirft ihre Schatten voraus und
konterkariert teilweise zusätzlich die Bemühungen zur Eigen-
stromnutzung. Zwar steigen teilweise die Vergütungssätze für
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

eingespeiste Strommengen, jedoch nicht so stark, als dass dies


als echte Alternative lukrativ würde. Gleichzeitig fällt die KWK-
Vergütung für eigenverbrauchten Strom so gut wie vollständig
weg. Die Substitution des Eigenstroms durch KWK-Strom wird
also ebenfalls unattraktiver.
Für Betreiber von KWK- (und EEG-) Anlagen stellt sich in
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

diesem Umfeld immer drängender die Frage, wann und wie


Anlagen noch wirtschaftlich betrieben werden können. Mit
einer überschlägigen Wirtschaftlichkeitsberechnung auf dem
berühmten Bierdeckel ist es schon lange nicht mehr getan.
Entwicklungen von Preisindizes, Betriebsvarianten, komplizier-
te Abgabenregelungen auf Strom und Brennstoffe sowie Preis-
modelle und Energiebedarfsstrukturen müssen ebenso
berücksichtigt werden wie vermiedene Netznutzungsentgelte
(vNNE). Insbesondere für mittlere und große Anlagen wird ein
optimiertes Zusammenspiel mit dem öffentlichen Netz immer
wichtiger, um das Maximum aus den vNNE im Leistungsbereich
herauszuholen.

69
Dazu kommt die intelligente Verknüpfung verschiedener An-
lagentypen mit Speichersystemen in immer komplexeren Ge-
samtenergiekonzepten. Die klassischen Produkte Wärme und
Strom aus BHKW-Anlagen können damit heute vielfältiger und
flexibler eingesetzt werden.
Mittels Sorptionskältemaschinen steht die Wärme beispiels-
weise zur Klimatisierung und Kühlung zur Verfügung. Damit
werden Anwendungsgebiete erschlossen, die vor einigen Jah-
ren noch nicht denkbar waren. So kann ein BHKW problemlos
auch in einem Rechenzentrum eingesetzt werden. Dank der
günstigen Konstellation von Wirkungsgraden und Coefficients
Of Performance (COP) deckt es fast vollständig den Strom- und
Kältebedarf bei hoher Betriebsstundenzahl.
Volatile regenerative Stromerzeugung kann durch modulie-
rende BHKW ausgeglichen werden, wenn Sonne und Wind die
benötigte Energie nicht bereitstellen. Speichersysteme erlau-
ben eine Verschiebung der Erzeugung, z. B. in Abhängigkeit von
Marktsignalen und Verfügbarkeit. Der Regelenergiemarkt bietet

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
ebenfalls Möglichkeiten, flexible KWK-Anlagen optimal einzu-
setzen. Dieser Markt kann auch regional gestaltet und damit
die Wertschöpfung auf lokaler Ebene durch Strompreisoptimie-
rung gestärkt werden.
Betriebsweise und Rahmenbedingungen für die Wirtschaft-
lichkeit von BHKW-Anlagen können sich in diesem Kontext
nicht nur an einer möglichst hohen Betriebsstundenzahl orien- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
tieren. Immer mehr externe Einflussgrößen wirken auf die Fahr-
weise und müssen in der Kalkulation berücksichtigt werden,
um die Energieversorgung realistisch und kosteneffizient dar-
zustellen. Die Vielzahl der Möglichkeiten kann als Herausforde-
rung, aber auch als Chance betrachtet werden, mit KWK-Anlagen
Energiequellen und -senken besser zu nutzen.
Optimierung und Vernetzung sind dabei zentrale Schlagwör-
ter. Gemeint ist einerseits eine technische Optimierung, um die
energetischen Bedürfnisse sicherzustellen und gleichzeitig den
Energieeinsatz möglichst effizient zu gestalten.
Andererseits steht die wirtschaftliche Optimierung durch IK-
Technologien (Informations- und Kommunikationstechnologien)
70
und intelligente Steuerungen im Zusammenwirken mit anderen
Erzeugungsanlagen oder Verbrauchern im Vordergrund. Dies ist
Grundvoraussetzung, um ebenjene Energiesenken effizient und
flexibel nutzen zu können. Denn unter den gegebenen Bedin-
gungen ist ohne ganzheitliche Optimierung selbst die technisch
effizienteste Anlage wirtschaftlich nicht überlebensfähig.
Anlagenbetreiber können die Fülle an Einflussfaktoren und
die komplexen Zusammenhänge in den seltensten Fällen allein
überblicken. Rat finden sie bei spezialisierten Beratern, die
Fachkompetenz, Erfahrung und die Fähigkeit mitbringen, Wirt-
schaftlichkeitsberechnungen für Neu- oder Bestandsanlagen
mit dem erforderlich gewordenen Detaillierungsgrad durchzu-
führen. Ingenieur- und Beratungsbüros sollten sich auf diese
neuen hochkomplexen Aufgaben – sie lassen sich analog zu
Industrie 4.0 mit dem Begriff „BHKW 4.0“ beschreiben – vorbe-
reiten, um den Anforderungen der zukünftigen Energieversor-
gung gerecht zu werden.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Kälte aus Wärme – KWKK mit Blockheizkraftwerk und Sorptionskältemaschine

71
Wirtschaftlicher und effizienter Netzbetrieb
durch Intelligente Netzplanung und dezentrale
Netzautomation
Raoul Scharnberg, Christian Oerter und Marcus Zdrallek

Die Energiewende und die Demokratisierung der Energieerzeu-


gung hat einen grundsätzlichen und schnellen Wandel herbei-
geführt: Abkehr von zentraler Stromerzeugung durch große
Kohle- oder Kernkraftwerke hin zu mehr regenerativen Energie-
quellen mit volatiler Einspeisung. Die weiter fortschreitende
Umstrukturierung der Energieversorgung sorgt für immer neue
Anforderungen an die Netzbetreiber. Neben der Erweiterung der
Transportnetzkapazität sind insbesondere die bestehenden Ver-
teilnetzstrukturen den damit verbundenen Einspeisesituationen
nicht mehr gewachsen. Neue Grundsätze in der Netzplanung
und Betriebsführung sind nötig, um den Umbau der Verteilnetze
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

nachhaltig und effizient gestalten zu können. In vielen Fällen


sind jedoch konventionelle Netzausbaumaßnahmen nicht die
optimale Lösung.

Energiewende in den Verteilnetzen


Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Die seit Beginn der Energiewende erzielten Ergebnisse sind


beeindrucken aber selbst das BmWi konstatiert in 2015, dass
ein grundlegender Umbaus des Energiesystems nötig ist, um
Energie nachhaltig zu erzeugen. Das Ziel: In 2050 wird mindes-
tens 80 % des Bruttostromverbrauchs aus regenerativen Ener-
giequellen gedeckt.
Für das Gelingen wird neben der Erzeugung aber auch die
Speicherung und Verteilung dezentral erzeugter Energien im-
mer wichtiger. Neben der Entwicklung von Speichertechnologi-
en zur Zwischenspeicherung, von regenerativ erzeugtem Strom
für die Zeiten, in denen weder der Wind weht noch die Sonne
scheint, ist der Ausbau der Verteilnetze, notwendig. Denn über
73
90 % der regenerativen Stromerzeugung findet auf Ebene die-
ser lokalen Mittel- und Niederspannungsnetzen statt, die sich
damit zu „Bottom-Up-Einsammelnetzen“ für regenerativen
Strom gewandelt haben. Eine Aufgabe, für die die Netze nicht
ausgelegt wurden und für die auch die bisher etablierten Be-
triebsgrundsätze nur bedingt geeignet sind. Verschärft wird
dies noch durch die zunehmende Anzahl von Verbrauchern mit
hohem Leistungsbedarf wie beispielsweise Wärmepumpen
oder Elektrofahrzeuge.
Konkret Problemstellungen aufgrund vermehrter Einspei-
sung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen in die Verteil-
netze: Zum einen kann es zu erheblichen lokalen Verletzungen
des zulässigen Spannungsbandes und damit zu Schäden an
elektrischen Geräten oder Maschinen kommen, zum anderen
können Leistungsflüsse im Niederspannungsnetz auftreten, die
die thermische Belastbarkeit der Betriebsmittel überschreiten
und damit zu Ausfällen des Netzes führen.
Ein Großteil der durch den EEG-Zubau verursachten Netz-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
ausbaukosten von prognostizierten 23,2 Milliarden Euro entfällt
dabei auf die Verteilnetze [1]. Betroffen sind gemäß Verteilnetz-
studie 2014 ca. 8 % der ca. 500.000 Niederspannungsnetz
(= ca. 40.000 Ortsnetze) und 39 % der 4.500 Mittelspannungs-
netze (1.755 MS-Netze).
In der Vergangenheit wurden o. g. Probleme mit rein konven-
tionellem Netzausbau begegnet. Da die kritischen Netzsituatio- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
nen häufig nur wenige Stunden im Jahr auftreten ist dies
allerdings in vielen Fällen unwirtschaftlich. Innovative Smart-
Grid-Systeme wie z. B. iNES® stellen in vielen Fällen eine kos-
tengünstige Alternative dar. Die sinnvolle und optimale
Kombination von konventionellen Netzausbaumaßnahmen mit
dem Einsatz von Automatisierungstechnik im Verteilnetz ist
dabei die Grundlage für einen wirtschaftlichen und effizienten
Netzbetrieb der Zukunft.
In einzelnen Verteilnetzen können die Einsparung solcher
smarten Kombinationen gegenüber rein konventionellem Netz-
ausbau, wie sich bei vielen iNES®Netzen zeigt, allein auf Nie-
derspannungsebene bis zu 46 % betragen. Insbesondere auf
74
Mittespannungsebene, bei der ein Netzausbau im Verhältnis
erheblich höhere Investitionskosten verursacht, bietet die Netz-
automatisierung aber deutliches höheres Potential.
Zudem bieten diese Lösungen zusätzliche Flexibilität gegen-
über konventionellen Netzausbaumaßnahmen: Einerseits kön-
nen Netzautomationslösungen deutlich flexibler an veränderte
Anforderungen im Netz (weiterer Zubau dezentraler Erzeu-
gungsanlagen etc.) angepasst werden, andererseits werden
neue Technologieoptionen und marktrelevante Themen über-
haupt erst durch die Automation ermöglicht, bspw. als Smart-
Market-Enabler oder bei der zukünftigen Realisierung von
regionalen Flexmärkten.
Daneben sieht die aktuelle Gesetzeslage vor, dass bis zu 3 %
der jährlichen Einspeisemenge von Strom aus erneuerbaren
Energien abgeregelt werden können. Eine dynamische und ge-
zielte Ansteuerung von Einspeiseanlagen kann dabei durch
Einsatz von Netzautomatisierungssystemen wie iNES® reali-
siert werden.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Viele Verteilnetzbetreiber stehen daher jetzt vor der Heraus-


forderung, einerseits den zukünftigen Netzausbaubedarf in ih-
ren Verteilnetzen abzuschätzen und andererseits eine
Investitionsentscheidung hinsichtlich konventionellem Netzaus-
bau bzw. dem Einsatz von Netzautomation – oder einem ent-
sprechenden Optionenmix – zu treffen. Also letztlich zu klären,
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

ob und welche Netze möglicherweise in die in der Verteilnetz-


studie genannten Kategorie der smart aufzurüstenden Netze
gehören.
Die Lösung für diese Herausforderung ist eine Überplanung
des Verteilnetzes unter Berücksichtigung sowohl konventionel-
ler Netzausbaumaßnahmen als auch aktiver Netzkomponenten
und integrierter Automationslösungen für das Verteilnetz – eine
Art „intelligente Zielnetzplanung“. Eine derartige Netzüberpla-
nung ermöglicht dem Verteilnetzbetreiber die Ableitung einer
nachhaltigen zukunftsorientierten sinnvollen Investitionsent-
scheidung und die Bestimmung des kostenoptimalen Optionen-
mix für sein Verteilnetz.

75
Prognose der zukünftigen Verteilnetzentwicklung
und Hotspot-Erkennung

Ausgangspunkt für die Bestimmung des Investitionsbedarfs


und des kostenoptimalen Optionenmix ist eine möglichst ge-
naue Prognose der zukünftigen Entwicklung von Einspeisung
und Verbrauch im betrachteten Verteilnetz. Diese Prognose
kann für ein spezifiziertes Zieljahr, bspw. für das Jahr 2030,
oder für mehrere Stützjahre erfolgen, um Trends bei Zubaura-
ten verschiedenartiger dezentraler Erzeugungsanlagen oder
Verbrauchsprognosen noch detaillierter berücksichtigen zu
können. Grundsätzlich ist eine derartige Prognose der Ent-
wicklung von Einspeisung und Verbrauch mit einer gewissen
Unsicherheit behaftet. Die Einbeziehung lokaler Gegebenhei-
ten, bspw. Vorzugs- oder Ausschlussgebiete für Wind­
energieanlagen etc., kann die Prognosegüte aber erheblich
verbessern.
Die Prognose der zukünftigen Einspeise- und Verbrauchssi-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
tuation im Verteilnetz erlaubt dann die Definition von Szenarien,
die für die Auslegung der Netzinfrastruktur relevant sind – im
einfachsten Fall klassische Worst-Case-Szenarien wie eine ma-
ximale Einspeisung aller dezentralen Erzeugungsanlagen ohne
Berücksichtigung der Verbraucher im Netz oder vice versa. Es
können jedoch auch angepasste Planungsgrundsätze genutzt
werden, die bspw. an die aktuellen Entwicklungen angepasste Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Gleichzeitigkeitsfaktoren oder einen Mindestverbrauch inner-
halb eines Netzbereichs berücksichtigen.
Auf Basis der so prognostizierten Verteilnetzentwicklung
können dann mögliche Hotspots im Netz ermittelt werden, d. h.
Netzbereiche, in denen kritische Spannungswerte nah am bzw.
außerhalb des zulässigen Spannungsbands gemäß EN 50160
auftreten oder in denen die Auslastung einzelner Betriebsmittel
die Spezifikationen überschreitet.

76
Erarbeitung möglicher Lösungsansätze und
wirtschaftliche Bewertung

Nach Ermittlung der Hotspots im Netz werden mögliche Lö-


sungsansätze erarbeitet, die die Hotspots im Zieljahr bzw. den
einzelnen Stützjahren beheben. Zu den technischen Lösungs-
ansätzen zählen einerseits konventionelle Netzausbaumaßnah-
men, d. h. die Verlegung zusätzlicher oder verstärkter Leitungen
und die Errichtung zusätzlicher bzw. die Verstärkung bestehen-
der Transformatoren. Andererseits sind auch aktive Betriebs-
mittel wie bspw. regelbare Ortsnetztransformatoren (rONT)
oder dezentrale Längsspannungsregler in einzelnen Netzsträn-
gen und integrierte Netzautomationslösungen wie iNES® – in-
telligentes Verteilnetzmanagement – Teil der Lösungsansätze.
Die ermittelten Hotspots können prinzipiell entweder allein
mit konventionellen Netzausbaumaßnahmen oder allein mit Au-
tomationslösungen bewältigt werden. Häufig ist jedoch eine
derartige „Entweder-Oder-Strategie“ wirtschaftlich nicht opti-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

mal. Bei allein konventionellen Netzausbaumaßnahmen muss


eine Netzkapazität realisiert werden, die auf die auslegungsre-
levante, maximale Belastung ausgelegt ist – unabhängig davon,
ob diese Netzkapazität zu 95 % oder 5 % im Jahr ausgelastet
wird. Sollen die Hotspots allein durch eine Netzautomation be-
hoben werden, muss bei entsprechender Netzentwicklung ggfs.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

eine größere Menge regenerativer Energie abgeregelt werden,


die dann durch Ersatzvergütungen kompensiert werden muss.
Neben der Betrachtung von Preisdegressionen für bestimmte
Ausbau- oder Automationsoptionen müssen daher auch ent-
sprechende Annahmen und Abschätzungen für Ersatzvergü-
tungszahlungen etc. in der wirtschaftlichen Bewertung der
Lösungsansätze berücksichtigt werden.
Es ist zu erwarten, dass das wirtschaftliche Optimum für
den Netzbetreiber in einem netzspezifischen Optionenmix aus
konventionellen Netzausbaumaßnahmen und dem Einsatz von
Automationslösungen zu finden ist. Die wirtschaftliche Bewer-
tung und der nachfolgende Vergleich der einzelnen Optionen
auch unter Berücksichtigung regulatorischer Aspekte führen
77
dementsprechend zu einer Empfehlung für die Investitionsstra-
tegie des Netzbetreibers.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Intelligente Netzplanung als Basis für zukünftige Netzausbauent­
scheidungen

Intelligente Netzüberplanung am Beispiel der


E-Werk Schweiger oHG

Die im Rahmen dieses Beitrags vorgestellte Vorgehensweise


zur intelligenten Überplanung von Verteilnetzen wurde im Rah- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
men einer von der Bergischen Universität Wuppertal erstellten
Studie zur Verteilnetzentwicklung für die E-Werk Schweiger
oHG angewandt. Das „E-Werk Schweiger“ in Schwaig bei Mün-
chen verfügt über ein überwiegend ländlich strukturiertes Ver-
teilnetz der Mittel- und Niederspannungsebene mit ca. 60
Ortsnetzstationen. Neben zahlreichen PV-Anlagen tragen auch
einige KWK-Anlagen sowie Kleinwasserkraftwerke zum lokalen
Erzeugungsmix bei.
Bereits in den vergangenen Jahren sind bedingt durch den
erheblichen Zubau dezentraler Erzeugungsanlagen Anforderun-
gen an den Netzbetreiber hinsichtlich der Spannungshaltung
aufgetreten, die vor kurzer Zeit durch den Einsatz einer Weitbe-
78
reichsregelung des 110kV-Transformators im Umspannwerk
des „E-Werk Schweiger“ als erste Stufe zu einer integrierten
Verteilnetzautomation gelöst wurden. Dazu wurden einzelne
Messpunkte im Verteilnetz festgelegt und entsprechende
Messtechnik installiert, so dass aktuelle Spannungsmesswerte
an die Weitbereichsregelung übermittelt werden und somit eine
gezielte Stufung des Transformators im Umspannwerk ermög-
licht wird.
Für die Studie zur weitergehenden Verteilnetzentwicklung im
Zieljahr 2030 wurden sowohl die Entwicklung der Einspeisung
als auch die Entwicklung des Verbrauchs anhand verschiedener
Indikatoren, Pläne und Annahmen prognostiziert – es ist dabei
sowohl mit einer steigenden Lastspitze als auch mit einer deut-
lich gestiegenen installierten Einspeiseleistung zu rechnen.
Dementsprechend in 12 Ortsnetzen Hotspots identifiziert wer-
den, die eine weitergehende Überplanung des Verteilnetzes er-
fordern.
Sollen die Hotspots in den 12 Ortsnetzen durch konventio-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

nelle Netzausbaumaßnahmen behoben, würden bis zum Jahr


2030 Netzausbaukosten in Höhe von rund 345.000 EUR durch

SELBSTÄNDIGE ÜBERWACHUNG
AUTOMATISIERUNG
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Abb. 2:  iNES ® bei EW-Schweiger

79
Transformator- und Leitungsertüchtigungen bzw. Leitungs­
neubau entstehen. Wird demgegenüber ein Mix aus konventio-
nellem Netzausbau und einer Erweiterung mit einer
Weitbereichsregelung auf Mittespannungsebene durch den
Einsatz des dezentralen iNES®-Systems in 7 der 12 Hotspot-
Netze realisiert, können rund 160.000 EUR Netzausbaukosten
im Vergleich zur rein konventionellen Netzüberplanung bis zum
Jahr 2030 eingespart werden – dies entspricht einer Reduzie-
rung der Investitionskosten um rund 46 %.
Folglich wurde in den kritischsten Netzbereichen das iNES ®-
System zusammen mit einer Weitbereichsregelung installiert
und in Betrieb genommen. Durch das langfristige und Gesamt-
netz-orientierte Konzept, das auf einer dynamischen Kosten-/
Genauigkeitsanalyse aufgebaut ist und sich flexibel der jeweili-
gen Erzeugungs- und Verbrauchsentwicklung im Verteilnetz
anpasst, konnten schon im gegenwärtigen Stand deutliche
Kostenvorteile gegenüber einem rein konventionellen Netzaus-
bau erzielt werden. Zudem werden deutliche Vorteile aus der

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Kenntnis über Netzzustände und Netzkapazitäten für Netzfüh-
rung und Asset Management realisiert. Durch den Einsatz der
dezentralen Netzautomationslösung iNES® in Kombination mit

110kV/MS-

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.


Umspannanlage
Verteilungsnetz-
regler

110kV-Netz

NS-Netz
NS-Netz

Kommunikations-
infrastruktur Ortsnetzstation

intelligente Kabelverteilerschrank
Ortsnetzstation

regelbarer
Ortsnetztransformator

NS-Netz
dezentrale
Netzzustandsüberwachung
autarke Spannungs-
und Leistungsregelung Sensorik für das integrierte Verteilnetzautomatisierungssystem
intelligente Sensorik für das Automatisierungssystem des Niederspannungsnetzes
intelligente
Ortsnetzstation
Ortsnetzstation

Abb. 3: Konzept der spannungsebenübergreifenden Verteilnetzautomatisierung


mit iNES ®

80
einigen konventionellen Netzausbaumaßnahmen bietet sich da-
her ein erhebliches Einsparpotential für den Netzbetreiber.

Fazit

Die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende hängt maßgeb-


lich davon ab, ob es gelingt, die erforderlichen Investitionskos-
ten in die Netzinfrastruktur auf ein zu bewältigendes Maß zu
begrenzen. Dabei werden die Investitionen gerade auf der Ver-
teilnetzebene eine entscheidende Rolle spielen.
Die erforderlichen Umstrukturierungen der Verteilnetze kön-
nen jedoch nicht allein durch konventionelle Netzausbaumaß-
nehmen wirtschaftlich umgesetzt werden. Vielmehr werden in
Zukunft Automationslösungen für Verteilnetze eine immer wich-
tigere Rolle im Zusammenhang mit einer bezahlbaren Energie-
wende spielen. Die sinnvolle Kombination von konventionellen
Netzausbaumaßnahmen mit dem Einsatz von Automatisie-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

rungstechnik im Verteilnetz ist dabei die Grundlage für einen


wirtschaftlichen und effizienten Netzbetrieb der Zukunft.
Als Grundlage für die strategische Entwicklung eines Ge-
samtnetzes ist eine intelligente Zielnetzplanung notwendige
Basis zur Ermittlung zukünftiger Netzentwicklungen und deren
kostenoptimale nachhaltigen Umsetzung unter Berücksichti-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

gung aller zur Verfügung stehenden Ausbauoptionen,


gesetzlicher (3 % Spitzenkappung) und regulatorischer Rah-
menbedingungen.
Investitionskosten für Netzausbaumaßnahmen von ca. 23,2
Mrd. EUR können bis zum Jahr 2032 im Durchschnitt um 20 %
gesenkt werden, wenn bei der Überplanung eine Kombination
aus Netzausbau und dezentraler Netzautomation zum Einsatz
kommt [2]. In einzelnen Verteilnetzen können die Einsparung
mitunter nochmals erheblich höher sein, wie die hier dargestell-
ten Ergebnisse der Studie zur Verteilnetzentwicklung mit einer
Reduzierung der Investitionskosten um rund 46 % allein auf
Niederspannungsebene zeigen. In Extremfällen lässt sich an-
hand weiterer Case Studies eine Reduzierung der Investitions-
81
kosten um bis zu 65 % erzielen, denn insbesondere auf der
Mittelspannungsebene bietet sich durch die dezentrale Netzau-
tomation ein sehr hohes Potential zur Reduzierung der Investiti-
onskosten.

Referenzen
[1] Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), „dena-Verteilnetzstudie – Ausbau-
und Innovationsbedarf der Stromverteilnetze in Deutschland bis 2030.,“
Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), Berlin, 2012.
[2] E-Bridge Consulting GmbH, RWTH IAEW, OFFIS, „Moderne Verteilernetze für
Deutschland (Verteilernetzstudie) – Studie im Auftrag des Bundesministeri-
ums für Wirtschaft und Energie (BMWi),“ Berlin, Bonn, 2014.
[3] „Ein Strommarkt für die Energiewende – Ergebnispapier des Bundesministe-
riums für Wirtschaft und Energie (Weißbuch),“ Bundesministerium für Wirt-
schaft und Energie (BMWi), Öffentlichkeitsarbeit, Berlin, 2015.
[4] N. Neusel-Lange, C. Oerter, R. Uhlig, M. Zdrallek, W. Friedrich und M. Stieg-
ler, Intelligentes Verteilnetzmanagement als Basis für die Netzintegration
von erneuerbaren Energien und Elektromobilität, Tagungsband zur OTTI-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Konferenz „Zukünftige Stromnetze für Erneuerbare Energien“, Berlin (2014).
[5] N. Neusel-Lange, C. Oerter, M. Zdrallek, S. Behrend, B. Mecking, P. Birkner,
U. Dietzler und R. Schermuly, Intelligentes Verteilungsnetzmanagement –
Rückgrat für die Energiewende, ew – Magazin für die Energiewirtschaft,
Ausgabe 14/2013.
[6] C. Johae, H. Thies, M. Zdrallek, S. Ferling, W. Heyer und R. Bretzke, Kosten-
vorteile durch innovative Verteilnetzplanung, ew – Magazin für die Energie-

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.


wirtschaft, Ausgabe 06/2015.
[7] J. Meese, N. Neusel-Lange, M. Zdrallek, J. Winkler, J. Antoni, M. Stiegler
und W. Friedrich, Flexibilitätsmärkte für die gelbe Ampelphase im intelligen-
ten Stromnetz, Tagungsband zur ETG-Fachtagung 145 „Von Smart Grids zu
Smart Markets”, Kassel (2015).

82
Messtechnik im Verteilnetz
Monitoring-Komplettlösungen für Ihre Lastflüsse

 Volle Transparenz von der HS bis zur NS


 Automatische Überwachung der EN 50160
(APPs, Reporte und Jahresauswertungen)
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 Klasse A Spannungsqualitätsanalysatoren
auch als vorverdrahtete Plug-and-Play-Lösung
 Modular erweiterbare Systemlösung
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www.janitza.de
Die Bedeutung der neuen EU Grid Codes für die
Verteilnetzbetreiber
Rainer Bachmann und Michael Krumpholz

Die neuen EU Grid Codes kommen zunächst einmal wie ziem-


lich trockene Materie daher. Bei genauerem Hinsehen entpup-
pen sich diese umfangreichen EU Regularien aber als der
vielleicht bedeutendste Veränderungstreiber für die Einführung
von Smart Grids bei den deutschen Verteilnetzbetreibern. Ohne
die Einführung von neuen Prozessen und Systemen werden die
höchst anspruchsvollen neuen Anforderungen nicht zu erfüllen
sein.
In dem Buch „Per Anhalter durch die Galaxis“ wird der Held
der Geschichte anfangs recht rüde aus seinem Haus hinausge-
schmissen. Seine Einwände werden mit dem Hinweis abgetan,
dass die Pläne für den Abriss seines Hauses doch schon seit
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

längerem bekannt waren und er doch dagegen hätte vorgehen


können. Jetzt müsse er halt mit den Konsequenzen leben.
So oder so ähnlich könnte es den deutschen Netzbetreibern
mit den neuen EU Grid Codes ergehen, die als europäische
Verordnungen von der Organisation der europäischen Übertra-
gungsnetzbetreiber, der ENTSO-E im Jahr 2011 auf den Weg
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

gebracht wurden [1]. Damit sollen hauptsächlich zwei Ziele er-


reicht werden, nämlich erstens den Integrierten Energiemarkt
Europa (IEM) schaffen und zweitens den Anforderungen aus
den ansteigenden Einspeisungen volatiler Sonnen- und Wind-
energie, die zu einem starken Wachstum der Energiemengen in
den unteren Spannungsebenen führen, gerecht werden.
Bislang haben die Übertragungsnetzbetreiber (TSOs) in Eu-
ropa nach bilateralen Vereinbarungen zusammen gearbeitet.
Aktuell sieht die EU jedoch hier Regulierungsbedarf. So wird z.
B. auch das deutsche Netzausbaubeschleunigungsgesetz von
der EU kritisch gesehen: Es geht nicht um die Optimierung des
Energietransports in einzelnen Ländern, sondern um den Auf-
bau eines supranationalen Netzes in der gesamten EU.
85
Die genannten bilateralen Vereinbarungen werden nun durch
die EU Grid Codes abgelöst. Diese gelten zunächst vor allem im
Gebiet der ehemaligen UCTE – dem heutigen Synchrongebiet
Kontinental-Europa. Die anderen Synchrongebiete sind deutlich
kleiner und sollen die Regelungen der EU ebenfalls übernehmen,
auch wenn in den Synchrongebieten Kontinental-Europa und
Nordic auch Nicht-EU-Staaten betroffen sind.

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Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 1:  Synchrongebiete in Europa [2]

Im europäischen Gesetzgebungsverfahren wird grundsätz-


lich zwischen Richtlinien und Verordnungen unterschieden.
Während die Richtlinien innerhalb einer meist mehrjährigen
86
Frist in nationales Recht umgesetzt werden müssen, stellen die
Verordnungen EU Gesetze dar, welche sofort in allen Mitglieds-
staaten gelten [3] und dort innerhalb von drei Jahren umge-
setzt werden müssen. Da die EU Grid Codes als Verordnungen
formuliert und damit ab dem Zeitpunkt der Verabschiedung so-
fort gültig sind, haben sie für jeden deutschen Netzbetreiber
eine unmittelbare Relevanz: Eine Missachtung der EU Grid
Codes stellt dann eine Missachtung von geltenden technischen
Standards und Normen (mit den bekannten juristischen Impli-
kationen) dar.
Zwar besteht in dem EU Prozess für die Verabschiedung der
EU Grid Codes schon eine Verzögerung von mehr als einem
Jahr, allerdings ist dieser aufwendige Prozess für den ersten
Grid Code mittlerweile abgeschlossen worden [4]. Es ist also zu
erwarten, dass in den nächsten Monaten weitere Grid Codes
verabschiedet und somit als technische Standards für die deut-
schen Netzbetreiber sofort gültig werden.
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Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 2:  Zeitplan EU Grid Codes [5]

Im Folgenden geben wir zunächst einen Überblick über die


EU Grid Codes, deren Verabschiedung in den nächsten Monaten
zu erwarten ist. Dann gehen wir näher auf die Inhalte der drei
für Verteilnetzbetreiber relevantesten Grid Codes ein und
87
stellen die daraus resultierenden Aufgaben dar. Es folgt eine
Diskussion möglicher technischen Lösungen im Niederspa-
nungsnetz, bevor dieser Beitrag mit dem Fazit abschließt.

1.  Die EU Grid Codes im Überblick

Die neuen EU-Grid Codes werden in drei Gruppen eingeteilt,


und zwar in Codes für
1. die Netzanbindung, die sogenannten Connection Codes,
2. den Betrieb und die Sicherheit der Netze, die sogenannten
Operational Codes und die
3. Aktivitäten zur Nutzung und Unterstützung des nicht-regu-
lierten Erzeugungsmarktes, die sogenannten Market Codes.
Die in BILD 3 aufgezählten Grid Codes sind um einen weiteren
Code aus der Gruppe der Operational Codes zu ergänzen, und
zwar um den Code für Notfallmanagement und Netzwiederauf-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
bau (Emergency and Restoration).

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 3:  EU Grid Codes, die sich derzeit in der Verabschiedung befinden [5]

88
Die somit insgesamt zehn EU Grid Codes sind hier mit ihrer
deutschen Übersetzung bzw. Bedeutung aufgelistet:
1. Capacity and Congestion Management (CACAM): Kapazi-
tätsbereitstellung und Engpassmanagement
2. Forward Capacity Allocation (FCA): Mittel- und Langfristige
Kapazitätsplanung
3. Electricity Balancing (EB): Ausgleichs- und Regelenergie
4. Requirements for Generators (RFG): Anschlussregelungen
für Einspeiser und Erzeuger
5. Demand Connection Codes (DCC): Anschlussregelungen für
Kundenanlagen
6. H VDC Connection Code (HVDC): Anschlussregelungen für
Hochspannungs-Gleichstromanschlüsse
7. Operational Security (OS): Regelungen für die Sicherheit des
Netzbetriebs
8. Operational Planning and Scheduling (OPS): Sicherheitsana-
lysen und Ausfallplanungen
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

9. Load Frequency Control and Reserves (LFCR): Frequenzre-


gelung, Systemstabilität und Reserveleistungen
10. Emergency and Restoration (ER): Notfallmanagement und
Netzwiederanlauf
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 4:  Struktur eines möglichen HVDC-Netzes [6]

89
Die Mehrzahl der EU Grid Codes regelt die derzeitige Zusam-
menarbeit der TSOs. Allerdings befinden sich darunter auch
neue Ansätze wie die angedeutete Planung eines europäischen
Hochspannungs-Gleichstrom (HVDC)-Netzes.

2. Die für die Verteilnetzbetreiber bedeutsamsten


EU Grid Codes

Die für den Verteilnetzbetreiber (Distribution System Operator,


DSO) bedeutsamsten EU Grid Codes sind die Codes Nr. 4 (RFG),
Nr. 5 (DCC) und Nr. 7 (OS). Diese enthalten eine Vielzahl von
neuen Anforderungen und Elementen, die speziell für DSOs
formuliert wurden. Zudem werden die Codes RFG und DCC von
konkreten Umsetzungsrichtlinien (Implementation Guidelines)
begleitet.
Andere EU Grid Codes wie z. B. der Code Nr. 3 (EB) betreffen
DSOs nur dann, wenn Erzeugungsanlagen für die Bereitstellung

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
von Systemleistungen an das Verteilnetz angeschlossen sind.
Dies wird allerdings zunehmend der Fall sein, da zukünftig de-
zentrale Erzeugungsanlagen in den Markt für Systemleistungen
eintreten werden.

2.1 RFG – Anschlussregelungen für Einspeiser und


Erzeuger Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Der Grid Code RFG definiert einen einheitlichen Rahmen, in-


nerhalb dessen die Netzbetreiber die Anschlussbedingungen
für Erzeugungsanlagen festlegen. Ein Fokus liegt auf Vorgaben
für erneuerbare Erzeuger, speziell auf deren Beitrag zur Stabi-
lität des Gesamtsystems. Dadurch soll eine bessere Integrati-
on von erneuerbaren Energien in das Stromsystem ermöglicht
werden.
Außerdem erhalten Hersteller klarere Vorgaben, welche
technischen Eigenschaften ihre Produkte haben müssen, um
sie im gesamten Netzgebiet der ENTSO-E vermarkten zu kön-
nen.
90
Für den Verteilnetzbetreiber werden folgende Aufgaben definiert:
• Anpassung von Schutzsystemen (Spannungs- und Frequenz-
regelung),
• Bestimmung und Festlegung der Bedingungen und Verant-
wortlichkeiten am Anschlusspunkt der Erzeugungseinheiten,
• Simulation des Zusammenwirkens und
• Zertifizierung der Erzeugungseinheiten.
In dem RFG werden die Erzeugungsanlagen entsprechend ihrer
Erzeugungsleistung in vier Klassen eingeteilt. Für jede der Klas-
sen werden nun technische Vorgaben gemacht, welche netz-
dienlichen Funktionen eine Erzeugungsanlage erfüllen muss. Je
höher die Leistung einer Klasse, desto umfangreicher werden
die funktionalen Anforderungen an die Erzeugungsanlage an
einem Verbindungspunkt mit dem Verteilnetz definiert. Erzeu-
gungsanlagen bzw. Verbindungspunkte mit einer Leistung ab
800 Watt (!) sind von den technischen Vorgaben betroffen.
Am wichtigsten ist jedoch die Tatsache, dass für die so
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klassifizierten Erzeugungsanlagen eine Regelung für die Blind-


leistung gefordert wird. Damit wird der Verteilnetzbetreiber
erstmalig in die Situation versetzt, in seinem Netz ein Blindleis-
tungsmanagement durchführen zu müssen.

2.2  DCC – Anschlussregelungen für Kundenanlagen


Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Der Grid Code DCC vereinheitlicht die Anforderungen an Ver-


braucher für den Anschluss an das Übertragungsnetz. Verbrau-
cher sind aus Sicht des Übertragungsnetzes einzelne
industrielle Lasten, die direkt an das Übertragungsnetz ange-
schlossen sind. Vor allem sind dies aber auch die Verteilnetze,
welche die überwiegende Mehrheit der Endverbraucher mit
Strom versorgen.
Da die Erzeugungskapazitäten im Verteilnetz zunehmen und
somit immer häufiger eine Rückspeisung von Energie aus dem
Verteil- in das Übertragungsnetz auftreten kann, enthält der
DCC detaillierte Regelungen, um die Netzstabilität im Rückspei-
sefall gewährleisten zu können.
91
Außerdem definiert der DCC Rahmenbedingungen, die es den
Verbrauchern erleichtern, flexible Lasten anzubieten, Demand
Side Management durchzuführen und damit zur Netzstabilität
beizutragen. Für den Verteilnetzbetreiber ergeben sich zusätz-
lich folgende Anforderungen:
• Abgrenzung von Betreiber bzw. Eigentümer und Netzbetreiber
• Einführung von Demand Side Response und Laststeuerung
• Zusammenwirken TSO-DSO-Verbraucher (Frequenzanforde-
rungen, Spannungs- und Blindleistungsregelung, Kurz-
schlussfestigkeit)
• Anmeldeverfahren für den Netzanschluss
• Datenaustausch in Echtzeit
Eine wesentliche Schlussfolgerung aus der zukünftigen Echtzeit-
Interaktion von TSO und DSO: Der Verteilnetzbetreiber wird sich

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 5:  Neue Prozesse für den Verteilnetzbetreiber [7]

92
in allen seinen Betriebsprozessen an die Prozesse des Übertra-
gungsnetzbetreibers anpassen müssen. Und falls die Betriebs-
prozesse eines TSO bisher noch nicht für seinen operativen
Betrieb erforderlich waren, wird der Verteilnetzbetreiber zukünf-
tig solche Prozesse neu implementieren und betreiben müssen.

2.3  OS-Regelungen für die Sicherheit des Netzbetriebs


Der Grid Code für „Operational Security“ vereinheitlicht die
Rahmenbedingungen für den Betrieb der Übertragungsnetze in
Europa und regelt damit die immer mehr an Bedeutung gewin-
nende Zusammenarbeit von Übertragungsnetzbetreibern auch
über nationale Grenzen hinweg – im Sinne der Trans Europäi-
schen Netze (TEN).
Ferner wird die Rolle eines „Significant Grid Users“ (SGU,
besonderer Netznutzer) als im Verteilnetz angeschlossene Er-
zeugungs- und Verbrauchseinheit beschrieben und seine Auf-
gaben festgelegt. Der Grid Code OS definiert ferner
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• Regelungen zwischen TSOs und TSO-DSO zum Erhalt der


Systemsicherheit (Frequenz- und Spannungskontrolle, Blind-
leistungsregelung, Lastflusssteuerung, Engpassmanage-
ment, Überwachung der Kurzschlussleistung),
• Abgrenzung der Verantwortlichkeiten TSO-DSO-SGU und
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

• Datenaustausch von Mess- und Strukturdaten für Sicher-


heitsrechnungen.
Die daraus resultierenden Aufgaben des DSO sind:
• Abstimmung der Randbedingungen und Parameter zum Er-
halt der Versorgungssicherheit
• Möglicher Einfluss der dezentralen Erzeugung auf das Ge-
samtsystem
• Sicherer und effizienter Betrieb des Verteilnetzes durch:
– Lastflusssteuerung
– Blindleistungsmanagement
– Engpassmanagement
–  Spannungskontrolle bzw. Spannungsregelung
–  Steuerbare Lasten und Netzdienstleistungen
93
Last but not least werden in diesem Grid Code organisatori-
sche Rahmenbedingungen für den Betrieb der Verteilnetze
vorgegeben. Dies beinhaltet zum Beispiel Bestimmungen zur
IT Sicherheit bzw. Cyber-Abwehr, die mit den im deutschen
IT Sicherheitsgesetz zum Schutz kritischer Infrastrukturen
(„KRITIS“) [8] beschriebenen Vorgaben vergleichbar sind.

3.  Smart Grid und Smart Metering im deutschen Markt


Das Blindleistungsmanagement in den Verteilnetzen erfordert
zunächst eine entsprechende Mess- und Regeltechnik im Nie-
derspannungsnetz. Die mit den SCADA-Systemen kommunizie-
rende Messtechnik (Fernwirkköpfe) ist auf Grund der hohen
Kosten pro Fernwirkkopf (wenn überhaupt) nur in der Ortsnetz-
station installiert.
Von daher muss die für ein Blindleistungsmanagement not-
wendige Mess- und Regeltechnik im Niederspanungsnetz zu-
nächst neu installiert werden. In Deutschland sind prinzipiell für

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
diese Aufgabe die neuen intelligenten Messsystemen vorgese-
hen. Die Kosten-Nutzen-Analyse des BMWi für den Rollout von
intelligenten Zählern [9] geht davon aus, dass sich der Rollout
in Deutschland nur lohnt, wenn die intelligenten Messsysteme
die Steuerung von dezentralen Erzeugungsanlagen überneh-
men und entsprechende Systemleistungen für das Verteilnetz
abbilden können. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Aktuell bauen die technischen Spezifikationen und Funktio-
nalitäten der intelligenten Messsysteme aber einzig auf der
Wirkleistung auf [10]. Während die Smart Meter in der Regel
Blindleistung messen, sind die Kommunikationsgeräte und die
zentralen Metering-Systeme nicht in der Lage, Blindleistung zu
steuern und zu regeln. Auch sind die Metering-Prozesse auf die
Massenverarbeitung von Daten ausgelegt, d. h. sie stellen in
der Regel einmal pro Tag eine große Masse an Daten für die
nachgelagerten Systeme bereit. Ein Datenaustausch in Echtzeit
ist dagegen in den meisten Systemarchitekturen der Metering-
Systeme nicht vorgesehen.

94
Vor diesem Hintergrund ist die Frage der Implementierung
des Blindleistungsmanagements im Niederspannungsnetz als
nicht trivial einzustufen. Um geeignete Lösungen anbieten zu
können, müssten entweder die Anbieter von SCADA-Systemen
die Kosten für ihre Mess- und Regelungstechnik deutlich redu-
zieren oder die Spezifikationen für die intelligenten Messsyste-
me müssten noch einmal angepasst werden und die Anbieter
von intelligenten Messsystemen ihre Metering-Systeme für das
Management von Blindleistung ertüchtigen. Nach derzeitigem
Stand der am Markt verfügbaren technischen Lösungen ist es
also nicht geklärt, in welcher Art und Weise Smart Grid und
Smart Metering Systeme im Niederspannungsnetz zukünftig
interagieren werden.

4. Fazit
Die EU Grid Codes sind als europäische Verordnungen formu-
liert und damit ab dem Zeitpunkt ihrer Verabschiedung sofort
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

gültig. Der erste von zehn Grid Codes ist bereits verabschiedet
und weitere werden in den nächsten Wochen folgen. Als neue
technische EU Standards und Normen gibt es dann für die
Netzbetreiber in ganz Europa keinen Weg an ihnen vorbei.
Die in den EU Grid Codes beschriebenen neuen Anforderun-
gen für die europäischen Netzbetreiber betreffen besonders die
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Verteilnetzbetreiber.
Die Steuerung der Erzeugungsanlagen und der Lasten erfor-
dert zukünftig wesentlich umfangreichere Dokumentationen,
Anlagen-Abnahmen, Simulationen, Mess- und Regeltechnik –
bis hinab zu virtuellen Verbindungspunkten (Anlagen) mit einer
Einspeiseleistung ab 800 Watt (!).
Auf Grund der engen Zusammenarbeit und Echtzeit-Interak-
tion von TSO und DSO werden die Verteilnetzbetreiber eine
Vielzahl von neuen Prozessen implementieren müssen, und
zwar in enger Abstimmung mit den entsprechenden Prozessen
der Übertragungsnetzbetreiber.
Von herausragender Bedeutung wird sicherlich das erforder-
liche Management der Blindleistung im Verteilnetz sein. Dafür
95
muss zunächst die passende Mess- und Regeltechnik in der
Netzplanung ausgewählt, geprüft und ergänzt werden. Zudem
sind neue Steuerungsmodelle für die Netzführung erforderlich.
Die Bewältigung aller neuen Aufgaben wird für die Betreiber der
deutschen Verteilnetze höchst anspruchsvoll sein.
Besonders in Deutschland darf man gespannt sein, ob zu-
künftig die SCADA-Systeme oder die intelligenten Messsyste-
me das Blindleistungsmanagement im Niederspannungsnetz
abbilden werden. Während die SCADA-Anbieter mit ihrer Mess-
und Regeltechnik schon in der Lage sind, zumindest im
Rahmen von Pilotprojekten das geforderte Blindleistungsma-
nagement abzubilden, ist dies mit den von dem Bundesamt für
Sicherheit in der Informationstechnik spezifizierten intelligenten
Messsystemen [9] aktuell kaum vorstellbar. Wenn sich dies
nicht in absehbarer Zukunft ändert, wird die Kosten-Nutzen-
Analyse des BMWi für den Rollout von intelligenten Zählern in
Deutschland [10] kaum mehr zu halten sein.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
5. Quellen
[1] Siehe www.entsoe.eu/major-projects/network-code-development/Pages/
default.aspx
[2] Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4isches_Verbundsystem
[3] Siehe http://www.europarl.de/de/europa_und_sie/das_ep/gesetzgebung-

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.


verfahren.html
[4] Siehe www.entsoe.eu/news-events/announcements/announcements-archi-
ve/Pages/News/first-network-code-adopted.aspx
[5] Siehe http://networkcodes.entsoe.eu/
[6] Mehr Informationen unter http://new.abb.com/about/hvdc-grid
[7] „Zukünftige Energiemärkte und die Rolle der Netzbetreiber“, Studie der
ECOFYS Germany GmbH im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE),
Bern, 16. März 2015, Seite 59, Abbildung 14
[8] Siehe www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2015/kw24_de_it_sicher-
heit/377026
[9] Siehe www.bmwi.de/DE/Mediathek/publikationen,did=586064.html
[10] Siehe www.bsi.bund.de/DE/Themen/SmartMeter/smartmeter_node.html

96
Netzstationen im Jahr 2016
Illo-Frank Primus

Von den Anfängen bis heute

Das Jahr 2016 stellt ein markantes Datum in der Geschichte der
Netzstationen dar. Denn genau vor 125 Jahren wurde die welt-
weit erste Netzstation heutiger Ausprägung errichtet, und zwar
in Deutschland [1].
Am 25.08.1891 erfolgte eine funktionierende Wechselstrom-
übertragung vom Kraftwerk der ZEAG in Lauffen a. N. über eine
zuvor nie erreichte Entfernung von 175 km bis nach Frankfurt a. M.
– mit einem zuvor nie erreichten Wirkungsgrad von 75 %. Das
war eine Weltpremiere. Zu verdanken war sie dem Erfinder von
Dolivo-Dobrowolsky und seinem ersten praxistauglichen Wech-
selstromgenerator und vor allem seinem ersten, im Jahr 1891
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

gebauten Drehstrom-Transformator. In Lauffen und in Frankfurt


standen somit die ersten Trafostationen heutiger Prägung.
Mit Hilfe dieser neuen Technik konnte in Wasserkraftwerken
oder an Orten der Kohlegewinnung erzeugter Strom kosten-
günstig über große Entfernungen in die Fläche verteilt werden.
Durch Einführung einer arbeitsteiligen Massenproduktion mit
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Hilfe elektrischer Energie konnte die 2. industrielle Revolution


Fahrt aufnehmen. Trafostationen ermöglichten innerhalb eines
Zeitraumes von 30 bis 40 Jahren, praktisch alle Regionen
Deutschlands mit Strom zu versorgen, dem „ausgeprägtesten
Massenprodukt überhaupt“ [1].
In den Städten wurden Kabelstationen errichtet, oft als soge-
nannte Säulentransformatorenstationen, deren Hülle gleichzei-
tig als Litfaßsäule fungierte, Bild 1. Auf dem Lande baute man
Freileitungsstationen, sogenannte Turmstationen. Obwohl es
im Jahr 1914, also vor mehr als 100 Jahren, schon in der Fabrik
vorgefertigte Turmstationen gab, Bild 2, war dieser Stationstyp
seinerzeit zumeist doch individuell gestaltet, der regionalen Ar-
chitektur angepasst und insofern unter dem Einfluss des Hei-
97
Bild 1 Säulenstation in Essen, 1899, Foto: Historisches Konzernarchiv RWE [1]

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matschutzes ein „Laboratorium der Formfindung“ [1]. So
können wir heute noch viele – oft unter Denkmalschutz gestell-
te – sehenswerte alte Turm-Trafostationen in allen Regionen
Deutschlands antreffen, überwiegend aus den Jahren 1900 bis
1935, Bild 3.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde mit der fabrikfertigen Herstel- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
lung von Trafostationen begonnen. Sie hießen jetzt Netzstatio-
nen. Die immer stärker um sich greifende Anwendung
elektrischen Stroms in allen Lebensbereichen führte zum Er-
gebnis, dass im Mittel heute alle 80 Wohneinheiten eine Netz-
station benötigen. Bei dieser Menge von Netzstationen – man
rechnet heute mit 600.000 Stück auf dem Gebiet der BDR –
stiegen die Anforderungen an Technik, Sicherheit und Preis.
Doch erst im Jahr 1996/1997 entstand die erste elektro-
technische Norm für fabrikfertige Stationen, die bei den
Stationsherstellern ab jetzt verbrieft die Beschäftigung entspre-
chenden Fachpersonals und geeignete Organisationsstrukturen
verlangte. Demzufolge werden heutzutage Netzstationen nahe-
98
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

1914 [1]

Bild 3  Alte Turmstation in Waldeck-Alraft (Hessen), Foto: Manfred Altenhein


Bild 2 Vor rund 100 Jahren vorgefertigte Turmstation, Mitteilungen der E-Werke

99
zu ausschließlich als fabrikfertige, typgeprüfte, freistehende
Stationen gemäß DIN EN 62271-202 von darauf spezialisierten
Fachfirmen gefertigt. Man unterscheidet zwischen Ortsnetz-
und Übergabestationen, fabrikfertigen und vor Ort errichteten,
begehbaren und nicht begehbaren Stationen, siehe Bild 4. Etwa
12 Stationshersteller produzieren in Deutschland Netzstationen
in Stahlblech-, Kunststoff- sowie Betonbauweise. Betonstatio-
nen halten mit ca. 80 Prozent bei begehbaren wie bei nicht be-
gehbaren Stationen den größten Marktanteil der jährlich ca.
10.000 Stück produzierten Netzstationen.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 4  Stationsarten [2]

In Kunststoffbauweise und Stahlblechbauweise werden aus-


schließlich nicht begehbare Kompaktstationen hergestellt [2].
Nicht begehbare Stationen dominieren seit dem Jahr 2000 die
Stückzahl aller hergestellten Stationen. Trotz aller Standardisie-
rungsbemühungen seitens der Hersteller und Netzbetreiber ist
selbst bei nicht begehbaren Stationen die Typenvielfalt auch im
Jahr 2016 immer noch sehr hoch.

100
Begehbare Netzstationen

Gebäude und Stationsgehäuse


Begehbare Stationen werden 2016 seltener als Ortsnetzstation,
dagegen oft als Übergabestationen – etwa für die Stromversor-
gung von Supermärkten, Krankenhäusern, Gewerbebetrieben,
Industriebetrieben, Bildungszentren etc. – oder in Fällen einge-
setzt, wenn örtlich größere Leistungen gefordert sind oder
kombinierte Aufgabenstellungen erfüllt werden sollen. Das
kommt z. B. bei Kombination der öffentlichen Stromversorgung
mit der Stromversorgung eines Industrieunternehmens oder mit
einer Gasversorgung vor oder bei einer Bahnstromversorgung –
auch in Kombination mit einem Unterstand an einer Bahnhalte-
stelle etc.. Mit diesen Gebäudetypen lassen sich also ohne
weiteres verschiedene Funktionen in einem gemeinsamen Ge-
bäude unterbringen.
Hersteller begehbarer Netzstationen betonieren die Baukör-
per auf unterschiedliche Weise, als einteiliges Raumelement
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(alles aus einem Guss) oder aus einer monolithischen Boden-/


Fundamentwanne und darauf aufgesetzten Einzelwänden, die
fachgerecht miteinander verbunden werden. Das Dach wird bei
allen Herstellern als einteiliges separates Fertigteil hegestellt,
bei einigen auch im Negativverfahren. Umfangreiche Einzelhei-
ten, auch zu den diversen Herstellungsverfahren und Bautypen,
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

können dem Fachbuch „Netzstationen“ entnommen werden [2].


Als Betongüten werden i. a. die Festigkeitsklasse C35/45 und
die Expositionsklassen XC4, XF1 und XA1 in FD-Qualität, also
flüssigkeitsdicht, nach DIN 1045-2 bzw. DIN EN 206-1 verwen-
det. Für Innenwände reicht die Expositionsklasse XC1.
Baukörper von begehbaren Stationen lassen sich baulich an
jede örtlich vorgegebene individuelle Geräte-Bestückung und
an jeden mit örtlich unterschiedlichen Vorgaben belasteten
Stellplatz anpassen.
Dazu werden die Lage der Türen, der Zwischenwände, der
Kabeldurchführungen, der Lüfterelemente, des Entwässe-
rungsrohres, des Zwischenbodens oder die Stärke der Außen-
wände (bei besonderen Schallschutz- oder besonderen
101
Brandschutzmaßnahmen oder bei Hangeinbau – Baukörper-
wände können gleichzeitig als Hangstützwände fungieren) be-
reits vor dem Betonieren bedarfsgerecht berücksichtigt, Bild 5.
Das Flachdach wird gleitend gelagert auf dem Baukörper auf-
gelegt.

Bild 5
Beliebige Lage, Größe und Ausführung
von Türen, Lüftungen, Dachkonstruk-
tionen

Die Wandstärke beträgt i. a. 10 cm. Bei Baukörpern mit Über-

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längen (z. B. ab 7,20 m Länge) beträgt die Wandstärke der
Längswände 12 cm, bei überbreiten Baukörpern (z. B. ab 3,30 m
Breite) werden Längs- und Stirnwände stärker ausgeführt
(12 cm). Die Bodenplatte ist in der Regel 12 cm stark. Aufgrund
der verwendeten Betongüte sind Baukörper bereits mit 10 cm
Wandstärke wasserundurchlässig, ölundurchlässig, gasdicht
und bei der üblichen Brandlast von Ortsnetzstationen feuerbe- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
ständig. Stärkere Wände/Böden finden z. B. bei Tiefstationen
und komplett unter Erdniveau eingebauten Unterflurstationen,
bei beschusssicheren Stationen, bei besonderen Anforderun-
gen an Druckfestigkeit, Wasser- bzw. Flüssigkeitsdruckdichtig-
keit, und bei Strahlenschutzanforderungen Anwendung. Dann
können Bauteilstärken bis 20 cm und individuell darüber hinaus
hergestellt werden.
Abmessungen einstückiger begehbarer Stationen überde-
cken ein Feld von Grundrissen zwischen 1,8 m x 2,4 m und
5 m x 15 m. Während zum einen ein festes Raster für Baukörper
aus einem Guss von 60 cm für Längen zwischen 2,40 m bis
10,80 m gewählt wurde – und dies bei Baureihen mit Breiten von
102
1,8 m, 2,5 m, 2,7 m und 3,0 m sowie mit Überbreiten von 3,3 m bis
4,2 m, letztere bis 8,4 m Länge, siehe Bild 6 – haben andere
Hersteller auch Zwischengrößen, etwa alle 5 oder 10 cm anzu-
bieten. Nicht zu allen Größen gibt es dann aber ein Wannenfun-
dament aus einem Guss, was für Trafostationen wichtig ist. Das
in Bild 6 umschriebene Feld der Grundrisse variiert also bei den
Herstellern, Näheres siehe [2].
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Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 6 S tationsprogramme, Feld von Grundrissabmessungen lieferbarer Baugrö-


ßen, Achsen rechts und unten in m, links und oben für die Bezeichnung,
Grafik: Betonbau

Mit elektrischen Betriebsmitteln komplett bestückte, fabrik-


fertige begehbare Stationen werden mit Hilfe entweder von in
den oberen Ecken des Stationskörpers oder in der Bodenwanne
einbetonierten Transportankern spezieller Bauartzulassung auf
103
das Transportfahrzeug bzw. von diesem in eine vorbereitete
Baugrube versetzt, Bild 7.

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Bild 7  Versetzen einer begehbaren Beton-Netzstation, Foto: Gräper

Neben aus einer Transporteinheit bestehenden Stationsge-


bäuden lassen sich mit den beschriebenen Herstellungstechni-
ken auch wesentlich größere Technikgebäude in Baukasten­-
bauweise zusammen montieren. Sie können ein- oder zweige- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
schossig sein und sind normalerweise in Länge und Breite den
Rastern der Einzelbaukörper angepasst, können aber auch je-
des individuelle Maß realisieren. So entstehen Gebäude bis
20 m Tiefe oder bis 30 m Länge, weitgehend im Werk vorgefer-
tigt, bzw. mehrgeschossige Gebäude.
Eine schlüsselfertig gelieferte, fabrikfertige, begehbare
Netzstation, zeigt Bild 8 im Betrieb am Einsatzort.
Die Vielfalt von inneren und äußeren Ausgestaltungen be-
gehbarer fabrikfertiger Netzstationen ist nahezu unbegrenzt
und wird allen individuellen Kundenforderungen gerecht. Als
Fassadenflächen werden neben der üblichen Putzfassade z. B.
auch Strukturbeton-, Klinker-, Holz- oder Metallfassaden ange-
104
Bild 8 Begehbare fabrikfertige Netzstation am Einsatzort, Foto: Illo-Frank Primus

boten. Die unter Erdniveau befindliche Fundamentwanne erhält


außen nur noch selten einen Bitumen-Isolieranstrich. Denn ein
Eindringen von Wasser und Feuchtigkeit in den gut verdichteten,
wasserundurchlässigen Beton ist nur begrenzt möglich.
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Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 9  Station mit Satteldach und Holzfassade, Foto: Marbeton

Die Gestaltung des umhüllenden Gebäudes ist anpassbar an


jede Umgebung, egal ob eine besonders gestaltete Oberfläche
des Baukörpers oder eine besondere Dachkonstruktion gefragt
ist. Die Breite der Möglichkeiten ist in [2] aufgezeigt, siehe auch
Bild 9.
105
Konstruktionselemente

Die nachfolgenden Ausführungen gelten sowohl für begehbare


wie für nicht begehbare Netzstationen (Kompaktstationen), so-
wohl für fabrikfertige als auch für örtlich errichtete Stationen.

Türen
Die Zugangstüren zu Netzstationen müssen einige Auflagen erfül-
len. Deshalb werden sie ausschließlich von Spezialfirmen herge-
stellt. Denn Zugang zu einer Netzstation – einer abgeschlossenen
elektrische Betriebstätte im Sinne der DIN EN 61936-1 – haben
nur Elektrofachkräfte und elektrotechnisch unterwiesene Per-
sonen. Deshalb müssen Zugangstüren mit Sicherheitsschlös-
sern ausgerüstet sein, die von außen nur mit einem Schlüssel
geöffnet werden können und die bei begehbaren Stationen in-
nen eine Panikklinke besitzen müssen. Sie müssen nach außen
öffnen und mit Sicherheitsschildern sowie mit einem Türfest-
steller versehen sein. Außerdem müssen sie störlichtbogenfest,

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schlagfest und sicher gegen Eindringen von Regen, Flugschnee
etc. sein, wie die gesamte Außenhülle der Station einschließlich
der Lüfterelemente. Nach Norm DIN EN 62271-202 wird der
Nachweis eines Gehäuseschutzgrades von mindestens IP 23 D
und eines mechanischen Schutzgrades von mindestens IK10
verlangt. Hinsichtlich der eingebauten Sicherheitsschließzylin-
der sind Abstimmungen mit dem Netzversorger zu treffen. Aus Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Korrosions- und Wirtschaftlichkeitsgründen werden Türen und
Metallelemente von Netzstationen üblicherweise aus eloxier-
tem Aluminium oder feuerverzinkten und beschichteten Stahl-
konstruktionen hergestellt. Weitere Anforderungen, speziell für
örtlich errichtete Einbaustationen (in Gebäude integrierte Netz-
stationen) siehe [2].

Belüftung, Kühlung, Druckentlastung


Die Belüftung von Stationen – sie muss nach Norm durch natür-
liche Belüftung erfolgen – dient der Abfuhr der Verlustwärme
der Betriebsmittel, vornehmlich des Transformators, und der
Erfüllung eines sicheren Betriebs. Denn zu hohe Temperaturen
106
können Ausfälle verursachen und die Lebensdauer von Geräten
verringern, z. B. des Transformators. Die Netzbetreiber verlan-
gen daher für ihre Ortsnetzstationen den Nachweis einer Ge-
häuseklasse nach DIN EN 62271-202, üblicherweise die
Gehäuseklasse 20 – das ist eine der geforderten Typprüfungen,
seitdem es die Stationsnorm gibt. Die Gehäuseklasse ist ein
Maß für die Güte der Belüftung, die durch in der Norm bestimm-
te Erwärmungsmessungen nachgewiesen wird. Belüftungsöff-
nungen sorgen außerdem für eine angemessene Luftzirkulation,
um Feuchtigkeit und Tauwasser im Stationsinnern zu vermei-
den und so die installierten metallischen Bauteile vor Korrosion
und die aktiven Bauteile vor inneren Fehlern zu bewahren, die
durch Verschmutzung und Tauwasser verursacht werden kön-
nen. Lüfterelemente fungieren außerdem als Druckentlastungs-
öffnungen im Fall eines Störlichtbogens. Sie müssen daher
einer Störlichtbogentypprüfung nach Norm DIN EN 62271-202
standhalten, die an einer fabrikfertigen Station auf einem Prüf-
feld durchgeführt wird. Ein allgemein verlangter Gehäuse-
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schutzgrad von IP23D bei Lüfterelementen erfüllt die verlangte


Stochersicherheit und verhindert das Eindringen von Sprüh-
wasser, Regen, Flugschnee oder Kleintieren. Ausführungsmög-
lichkeiten, -vorschriften, Berechnungs- oder Messverfahren für
geeignete Belüftungen finden sich in [2].
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Zwischenboden
In begehbaren Netzstationen werden die zur Bedienung betret-
baren Anlagenräume durch Zwischenböden vom Kabelkeller
getrennt. Zwischenböden, die entweder aus einer Betonplatte
oder aus einer Metall-Tragkonstruktion mit aufgelegten, ab-
deckbaren Zwischenbodenplatten – meist aus Holz – bestehen,
haben wichtige Funktionen zu erfüllen. Sie bilden den Boden
der Bedienungsgänge, fungieren als Auflage für Niederspan-
nungsverteilung und MS-Schaltanlagen, dienen zu deren Arre-
tierung, bilden in der Regel auch die Auflageebene für den
Transformator und bieten die Zugänglichkeit zu den im Kabel-
keller verlegten Zu- und Abgangskabeln der Anlagen. Zwi-
schenböden müssen im Fall eines Störlichtbogens liegen
107
bleiben und den Bedienenden vor Auswirkungen des Störlicht-
bogens aus dem Kabelkellerraum schützen (DIN EN 61936-1
schreibt vor, dass „Fußböden eben und haltbar sowie zur Auf-
nahme von statischen und dynamischen Lasten geeignet und
so ausgeführt sein müssen.“). Deshalb werden die abnehmba-
ren Zwischenbodenplatten in Netzstationen ausreichend druck-
fest verriegelt oder verschraubt. Zwischenböden werden in der
Regel für Verkehrslasten von 3,5 bzw. 5 kN pro m2 ausgelegt.
Größere Belastungen sind ausführbar.

Gänge
Gänge zählen nach Norm DIN EN 61936-1, Punkt 7.5.4, vor-
nehmlich in begehbaren Stationen zu den Betriebs- und In-
standhaltungsbereichen. Zum Schutz des Bedienungspersonals,
insbesondere gegen die Auswirkungen eines Störlichtbogens
sollten Bedienungsgänge so kurz, so hoch und so breit wie
möglich sein. Sie müssen für Arbeiten, Bedienung und Trans-
port ausreichend bemessen, d.h. mindestens 2000 mm hoch

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und mindestens 800 mm breit sein. Die Breite darf nicht durch
hineinragende Betriebsmittel eingeschränkt sein, etwa durch
ständig vorhandene Antriebe. Die Fluchtwegbreite muss min-
destens 500 mm betragen, auch wenn entfernbare Teile oder
geöffnete Türen in den Fluchtweg hineinragen. Die Türen von
Schaltfeldern oder Schaltzellen sollen in Fluchtrichtung schlie-
ßen. Daraus folgt, wenn eine geöffnete Tür eines Schaltfeldes Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
mit 600 mm Breite in den Gang ragt, muss der Gang eine Breite
von 1.100 mm besitzen. Unter Decken, Abdeckungen oder Um-
hüllungen, ausgenommen ist der Kabelkeller, ist eine Mindest-
höhe von 2000 mm erforderlich. Ausgänge müssen so
angeordnet sein, dass die Länge des Fluchtweges (bei Anlagen
bis 52 kV) 20 m nicht überschreitet.

Ölauffangwannen
Umweltschutzgesetze haben auch für Auswirkungen auf Netz-
stationen gesorgt. Dies sind die 26. Verordnung zur Durchfüh-
rung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Verordnung über
elektromagnetische Felder, Novellierung 2013), das Wasser-
108
haushaltsgesetz oder die Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG.
Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) gibt in § 5 „Allgemeine
Sorgfaltspflichten“ vor. Demnach ist „jede Person verpflichtet,
bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer
verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche
Sorgfalt anzuwenden, um eine nachteilige Veränderung der
Gewässereigenschaften zu vermeiden“. Dies trifft bei Netzstati-
onen auf die Gefährdung durch eventuell austretendes Trans-
formatoröl zu. Wie die Durchführung dieses Gesetzes
vorschriftsmäßig zu erreichen ist, findet sich in der Verordnung
über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen
(VUmwS). Zum Schutz von Gewässern und Grundwasser vor
Transformatoröl – auch für den Fall einer Havarie – sind in
Netzstationen ausreichend große, dauerhaft dichte, also ölun-
durchlässige Auffangräume mit entsprechend hohen Schwellen
und öldichte Kabeldurchführungen auszuführen. Konkrete Vor-
gaben für Betonauffangwannen finden sich in der „Richtlinie für
Betonbau beim Umgang mit Wasser gefährdenden Stoffen“ und
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für Stahlauffangwannen in der „Verwaltungsvorschrift für


Stahlwannen“ (VwV-Stahlauffangwannen).

Kabeldurchführungen
Zu- und Abgangskabel der Versorgungsnetze werden unterir-
disch von außen an die MS- und NS-Schaltanlagen in die Stati-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

on geführt. Bevorzugt in Kabeltrassen sammelt sich Erdfeuchte,


Regenwasser oder Stauwasser. Grundwasserspiegel können in
Regenzeiten leicht das Niveau der unterirdisch verlegten Kabel
erreichen. Feuchtigkeit oder Wasser in Netzstationen sind un-
bedingt zu vermeiden, da sie zerstörerische Kräfte verursachen
können, nämlich Korrosion, selbst Kurzschlüsse. Deshalb
werden in heutige Netzstationen geeignete, in der Fabrik quali-
tätsüberwachte, wasser- und öldichte Kabeldurchführungen
eingebaut.
Druckwasserdichte Kabeldurchführungssysteme sorgen für
einen sicheren Betrieb von Netzstationen an jedem Stellplatz,
indem sie nicht nur Wasser und Feuchtigkeit zurück halten,
sondern auch das Eindringen von Schlamm, Fremdkörpern,
109
Wurzeln und Kleintieren an den Kabeleinführungsstellen in das
Gebäude verhindern. Sie übernehmen zudem Schutzfunktionen
vor Beschädigungen der Kabel durch Scheuern an den Gebäu-
dewandöffnungen und Schutz vor Gewässer- oder Erdreich-
Verunreinigung durch etwa auslaufendes Transformatoröl.
Hierfür wurden geeignete Spezialprodukte entwickelt, die zu-
meist auf Erfindungen der Firma Hauff-Technik beruhen. Hauff-
Technik hat bereits seit über 30 Jahren ihr Spezialwissen weiter
ausgebaut und besitzt in Deutschland die weitaus größten
Marktanteile. Die diversen Systembauweisen und ihre Anwen-
dungen, siehe auch Bild 10, sind in [2] ausführlich beschrieben.

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Bild 10 Einbetonierte, mit Systemdeckeln bestückte, mit Kabeln durchzogene und Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
mit Schrumpfschläuchen abgedichtete Kabeldurchführungen HSI 150,
Foto: Hauff-Technik

Korrosionsvermeidung
Freistehende Netzstationen sind langlebige Wirtschaftsgüter
und wichtige Anlagen zur lebensnotwendigen Stromversorgung.
Wegen anzustrebender großer Zeitintervalle für Beaufsichti-
gung und Wartung ist der Alterung und Korrosion der eingesetz-
ten Werkstoffe besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Dieses Problem findet in einem eigenen Punkt 5.5.3 „Korrosion“
mit zusätzlichem informativen „Anhang F“ in der Stationsnorm
DIN EN 61271-202 seinen Niederschlag.
110
Informationen über Umweltprüfungen und Schärfegrad der
Prüfungen sind in der Normenreihe DIN IEC 60068 zu finden. Ziel
ist, dass die eingesetzten Materialien während der erwarteten
Lebensdauer unter den herrschenden Umgebungsbedingungen
sich nicht verschlechtern, sofern die vom Hersteller angegebe-
nen Wartungsempfehlungen befolgt werden. Es müssen ferner
zur Aufrechterhaltung von Erdungsfunktionen (Vermeidung von
Korrosion an den Kontaktflächen im Erdungsstrompfad) an Ge-
häusen Vorkehrungen getroffen werden, um die Strombelastbar-
keit während der erwarteten Betriebslebensdauer zu erhalten.
Bei Metallen ist Schutz gegen Korrosion durch entsprechend
ausgewählte Materialien oder durch Aufbringen geeigneter
Schutzschichten zu bewerkstelligen. Rostfreier Stahl oder Alu-
minium dürfen ohne Schutz verwendet werden. Im Anhang F
der Norm DIN EN 61271-202 werden einsetzbare Beschichtun-
gen und zugehörige Prüfungen empfohlen. Bei Stahlkonstrukti-
onen sollen die Schichtstärken einer Feuerverzinkung nach
DIN EN ISO 1461 mindestens 70 µm betragen, wobei der Nach-
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weis mit Korrosionsprüfungen nach DIN EN ISO 6988 zu


erfolgen hat. Bei Betonausführungen müssen ein Mindest-
Zementgehalt, ein maximaler Wasserzementwert, eine Min-
dest-Druckfestigkeitsklasse, eine Mindestbetondeckung (Was-
sereindringtiefe) eingehalten werden.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Kompaktstationen (nicht begehbare Stationen)

Die als Kompaktstationen bezeichneten, nicht begehbaren


Stationen haben im Jahrzehnt 1990/2000 aufgrund einer er-
folgreichen Marktdurchdringung der SF6-Mittelspannungs-
chaltanlagentechnik den größten Marktanteil an Netzstationen
in Deutschland erobert. Erste Kompaktstationen wurden in
Stahlblechbauweise zwar bereits 1963 und in Betonbauweise
1973 errichtet. Aber erst gasisolierte Mittelspannungs-Schalt-
anlagen brachten den Durchbruch. Heute werden Kompaktsta-
tionen in Betonbauweise, in Kunststoffbauweise und in
Stahlblechbauweise angeboten.
111
Bild 11  Beton-Kompaktstation, Höhe über Erdreich 1,64 m, Foto: Gräper

Im Vergleich zu begehbaren Stationen lassen sich für Kom-


paktstationen einerseits Stellplätze leichter finden, weil ihre
Höhe über Erdreich nur noch zwischen 1,45 m und 1,85 m be-
trägt und diese Bauform nicht mehr als Gebäude wahrgenom-

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men wird, sich also vor Fenstern, in Vorgärten und überall dort,
wo begehbare Gebäude als optisch störend empfunden werden,
aufstellen lassen, siehe Bild 11, andererseits ermöglichen sie
aufgrund des wesentlich geringeren Gewichtes kostengünsti-
gere Transporte und Aufstellungen am Einsatzort.
Im Laufe der Zeit ist eine große Anzahl unterschiedlichster
Kompaktstationen entstanden. Insgesamt gibt es weit über Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
100 Grundrissvarianten. Unterscheiden lassen sich Kompakt-
stationsbautypen voneinander durch die Weise, wie Mittel­
spannungsschaltanlage und Niederspannungsverteilung zum
Transformator positioniert sind. Daraus resultieren unterschied-
liche Möglichkeiten für die Anzahl der MS-Schaltfelder und die
Anzahl der NS-Abgänge. Gleichzeitig folgen daraus zwangsläu-
fig Erfordernisse für die Zugänglichkeit zur Station:
Typ I erfordert nur einseitige Zugänglichkeit,
Typ II erfordert zweiseitige Zugänglichkeit,
Typ III erfordert dreiseitige Zugänglichkeit und
Typ IV erfordert allseitige Zugänglichkeit.

112
Dementsprechend sind um die Station kleinere oder größere
Bedienungsflächen freizuhalten, also bei Typ I die geringsten.
Kompaktstationen wurden ab 1963 in Serie gebaut, meist
als Typ III. Dieser auch als Bürgersteigstation bezeichnete Sta-
tionstyp ist in hoher Stückzahl in deutschen Großstädten wie
Berlin, Hamburg oder Essen zu sehen, siehe auch Bild 11, bzw.
Grundriss in Bild 12 .
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Bild 12 Grundriss Kompaktstation Typ III, d.h. Zugang von zwei Stirnseiten und
einer Längsseite

Nur zwei Zugangsseiten erfordern Kompaktstation vom


Typ II. Bei diesem Stationtyp ist meistens die NS-Verteilung
parallel zur Längsseite und die MS-Schaltanlage parallel zur
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Stirnseite des Transformators angeordnet, Bild 13 links. Beim


Stations-Typ I, Bild 15, befinden sich MS- und NS- Schaltanla-
gen nebeneinander vor dem Transformator angeordnet. Durch
eine (nicht immer erforderliche) links angeordnete Lüftertür in
Bild 13 rechte Bildhälfte bzw. Bild 14, die auch als Zugang zum
Transformator oder zu einer Messeinrichtung genutzt werden
kann, wird diese Station aber zum Typ II. Stationstyp II bietet
Platz für 4 MS-Schaltfelder bzw. eine höherer Anzahl von NS-
Abgängen. Er ist für eine Aufstellung in Gebäudeecken geeignet.
Kompaktstationen vom Typ I sind durch Zugang zu allen
Betriebsmitteln von nur einer Seite gekennzeichnet. Zwischen
MS-Schaltanlage und NS-Verteilung bietet ein ca. 0,5 m breiter
Zwischenraum, siehe Bild 13 rechte Bildhälfte, die Möglichkeit,
113
Bild 13 Grundrisse Kompaktstationen Typ II, links UK 3119, rechts UK 2820, Gra-
fiken: Betonbau

den Transformator zu beaufsichtigen und zu warten. Diese


Stationstypen lassen sich in Grundstückszäune oder -mauern
bündig integrieren oder in einen Hang einbauen, siehe Bild 15
links und rechts.

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Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Bild 14 Kompaktstation Typ II (auch als Typ I nutzbar), Foto: Illo-Frank Primus

Bild 15 Kompaktstation Typ I, integriert in einen Hang, Foto: Bernd Lablans, oder
in eine Gartenmauer, Foto: Betonbau

114
Bauweisen in Beton, Kunststoff und Stahlblech

In Betonbauweise werden die weitaus meisten Kompaktstatio-


nen produziert, siehe dazu Tabelle 1. Hier hat sich die Zellen-
bauweise aus einem Guss durchgesetzt.
Dabei werden Fundamentwanne/Ölauffangwanne bzw. Ka-
belkeller und Zwischenwände gleich mit an die Umhüllungs-
wände anbetoniert, so dass ein homogener Baukörper aus
einem Guss mit konischen Innenwandflächen (zum Heraushe-
ben aus der Betonform) entsteht.
Mit dem separat hergestellten Dach besteht das Gehäuse
aus zwei Fertigteilen.
Neben den in der Tabelle 1 am häufigsten eingesetzten
Kompaktstationen gibt es noch eine Reihe weiterer und oft
kleinerer Kompaktstationen, die sich durch geringfügige Ände-
rungen aus den Formen der Grundtypen wirtschaftlich herstel-
len lassen, z. B. Trafoboxen oder schaltbare MS-Kabelmuffen.
In Betonbauweise können Kompaktstationen im Hang ohne
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separate Stützmauer oder sogar weitgehend im Erdreich mit


einer Höhe von nur 1 m errichtet werden, Bild 16.
Die Gesamtgewichte fabrikfertiger, elektrisch komplett aus-
gebauter Beton-Kompaktstationen bewegen sich im Bereich von
7 t bis 17 t. Die Gehäusegewichte liegen zwischen 5 t und 13 t.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 16 Tiefstation nur 1 m über Erdreich [2], Foto: Illo-Frank Primus

115
Tabelle 1:  Beton-Kompaktstationen in Deutschland (Auswahl)
Netzstation Abmessungen der Station Trafo- größte größte
Hersteller Beton Bezeichnung Länge Breite Höhe Nennleistung MS-Anlage NS-Anlage
Typ mm mm mm kVA (SF6-Anlagen) (Abgänge)
UK 3015 3000 1500 2400 630 KKKT 12
I UK 3024 2980 2380 2500 630 KKK KK T 10
UK 2820 2800 2000 2670 630 KKKT 10
II UKL 2817 2830 1730 2400 630 KKKT 15
UK 1700-23 2320 1900 2380 630 KKT 7
UK 3615 IKT-N 3600 1500 2400 630 KKT 7
UK 3320-IKT-N 3300 2000 2690 630 KKT 10
UKL 3119 3120 1900 2370 630 (800) KKK KT 16
Betonbau UK 1100 3000 1300 2390 630 KKT 10
III UK 1250 3440 1450 2220 630 KKT (KKKT) 12
UK 1700 2800 1900 2370 630 KKKKT 16
UK 2000 2820 2200 2400 630 (1000) KKKT 16
IV UK 2200-29X 2990 2400 2765 2000 KKK KT 19
UK 2600-35X 3600 2800 2640 2500 KKKKT (KKKTM) 2500 mm
Tiefstation T 95 2500 2300 2040 630 KKT 10
II BSP 1860 III 3160 1870 2300 630 KKKT 19
Driescher III BSP 1328 2270 1320 2270 630 KKT 10
BSP 1860 3160 1870 2300 630 KKKT 15
I HKP 3000 1500 2250 630 KKKT 12
II HKP-E/ HKP-E-Ü 3500 1500 2570 630 KKKT 12
MKP 250-2000 2000 1900 2400 250(400) KKT 7
Gräper GKP-S1 2830 1730 2390 630 KKKT 15

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SKP 3100 1350 2400 630 KKT (KKKT) 11
III PKP 3000 2100 2600 630 KKKT (KKTM) 12
GBÜ 1000 2500 2550 2700 1000 2100 mm Breite 2100 mm
GBÜ 2000 3050 2650 2700 2000 2100 mm Breite 2100 mm
I NZ 150-300 3000 1500 2410 630 KKKT 11
II NZ 190-210 2100 1900 2400 400 KKT 7
NZ 173-283 2830 1730 2410 630 KKKT 15
NZ 130-290 2900 1300 2200 630 KKT 10
Scheidt III NZ 160-240 2400 1600 2380 250 KKT 10

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.


NZ 145-335 3350 1450 2420 630 KKT 10
NZ 195-310 3100 1950 2370 630 (800) KKKT 15
IV NZ 240-310 3100 2400 2710 1600 KKKKT (KKKTM) 15
NZ 240-360 3600 2400 2720 2000 KKKKT (KKKTM) 15
I W 2820 2800 2000 2690 630 KKKT 10
II W 2817 2800 1700 2425 630 KKKT 15
Wirth W 3320 IKT-N 3300 2000 2690 630 KKKT 10
III W 3119 3140 1920 2400 630 (800) KKKT 15
VI W 3124 3100 2400 2720 2000 KKKKT (KKKTM) 16

Kunststoff-Kompaktstationen stellt in Deutschland die Firma


DRIESCHER.WEGBERG, Stahlblechstationen die Firma Säch-
sisch-Bayerische-Starkstrom-Gerätebau (SGB) her.
Beide Firmen haben in diesen Bauweisen jahrzehntelange
Erfahrungen. Ihre Stationen erfüllen alle Anforderungen. Eine
Auswahl dieser Produkte ist in Tabelle 2 wiedergegeben.
116
Tabelle 2:  Kompaktstationen in Kunststoff- und Stahlblechbauweise (Auswahl)
Netzstation Abmessungen Trafo- größte größte
Hersteller Kunststoff Bezeichnung der Station Nennleistung MS-Anlage NS-Anlage
Stahlblech Länge Breite Höhe
Typ mm mm mm kVA (SF6-Anlagen) (Abgänge)
I K 1529 3000 1570 2040 630 (1000) KKT (KKKT) 14
KSP 1430 3060 1510 2300 630 KKT (KKKKT) 13
Driescher III-IV K 1824 2470 1860 2040 630 (1250) KKTM (KKKTM) 14
(Kunststoff) KST 2841 4210 2920 2800 2500 KKKKTM 25
IV K 1124/ K 1227 2450 1100 2040 630 KKT (KKKT) 8
KSP 1130 3060 1210 2300 630 KKT (KKKT) 10
I LCS-F 2540 1410 2086 630 KKT 11
NCV 300.6 1450 1150 2420 - KKT -
I-III NDV 400 2980 1600 2420 630 (800) KKT+MWR/KKKT 10
II LCS-E 2540 1180 2086 630 KKT 8
NDV 1200 3000 2100 2340 1250 KKKT 14
SGB NDV 800.7 2995 2100 2482 1250kVA (OS: 30kV) KKKT 14
(Stahl) II-IV NDV1800 3284 2300 2340 1600 (2x800kVA) KKTM/KKKKT 16
NDV 1600 3000 2300 2340 1600 (2x630kVA) KKT+MWR/KKTT 16
NDV 2600 3284 2300 2640 2000 (2x1000kVA) KKTM/KKKKT 16
NDV 2500 3000 2300 2640 2500 (690V) KKT+MWR/KKTT 16
IV NBV 19.29 3010 2100 2382 1250kVA (EOK) Vakuumschalter 10
WPS 2500 4480 2480 2880 2500 (36/0,4kV) 2xKKKT 18

Bei Kunststoffstationen aus glasfaserverstärktem Polyester,


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Bild 17, sind Fassadenpaneele, Dach und Türblätter selbsttra-


gend und werden untereinander verschraubt oder an Verstär-
kungsrahmen aus Aluminium befestigt und mit der
Fundamentwanne, die gleichzeitig Ölauffangwanne ist, kraft-
schlüssig verbunden. Diese Wanne wird entweder aus Beton
gegossen oder in Kunststoffbauweise nach einem speziellen
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Verfahren fugenlos hergestellt. Lüfterelemente und Türzargen


bestehen aus Aluminium.
Die Gesamtgewichte fabrikfertiger Netzstationen betragen
sowohl in Kunststoff- als auch in Stahlblechbauweise 3 bis 7 t.
Sie sind damit um ca. 50 % leichter als Beton-Kompaktstationen.
Das geringe Gewicht ist maßgeblicher Aspekt ihrer Existenz.
Bei der Stahlbauweise, Bild 18, wird das Gehäuse einschließlich
Fundamentwanne als verzinkte und doppelt pulverbeschichtete
Stahlblechbiegekonstruktion (Schichtdicke der Pulverbeschich-
tung > 70 µm) produziert (Tragkonstruktion aus 3 mm starken
feuerverzinkten Stahlblechteilen, Gehäusehülle aus 2 mm band-
verzinktem Stahlblech mit Zinkauflage > 225 g/m2). Die nach
einem patentierten Verfahren hergestellten Stahlfundamentwan-
117
Bild 17  Kunststoffstation im Herstellerwerk, Foto: Driescher.Wegberg

nen erhalten eine Doppelpulverbeschichtung Die separat herge-


stellten Ölauffangwannen bestehen aus 3 mm Edelstahlblech
oder aus 4 mm feuerverzinktem Stahlblech mit zweifachem

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Schutzanstrich.

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 18  Kompaktstation in Stahlblechbauweise, Foto: Illo-Frank Primus

Einbaustationen

Wegen des starken Trends zu fabrikfertigen Netzstationen sind


Einbaustationen weit weniger verbreitet. In Großstädten mit dich-
ter Bebauung ist man in Stadtkernen aber oft darauf angewiesen,
118
Netzstationen in Wohngeschossbauten, Hotels, Kaufhäusern,
Altenheimen, Verwaltungsgebäuden, Banken, Schulen, Kranken-
häusern und anderen öffentlichen Bauwerken zu integrieren. Ein-
baustationen werden gelegentlich auch in zugehörigen Tiefgaragen
errichtet. Bei diesen Lösungen handelt es sich immer um begeh-
bare Stationen. Ausführliche Ausführungshinweise siehe [2].
Für Einbaustationen gelten die einschlägigen Gesetze, Normen
und Vorschriften und der Stand der Technik wie für freistehende
Stationen. Da es sich um keine fabrikfertigen Stationen handelt,
sind vornehmlich die Bestimmungen der DIN EN 61936-1 und
DIN EN 50522 anzuwenden. Aus brandschutztechnischen
Gründen sind ferner Zusatzanforderungen zu erfüllen, die in der
jeweils gültigen „Verordnung über den Bau von Betriebsräumen
für elektrische Anlagen“ der einzelnen Bundesländer, der so
genannten EltBauVO, beschrieben sind.

Elektrotechnische Ausrüstung
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Die elektrotechnische Ausrüstung von Ortsnetzstationen beinhal-


tet (siehe auch die technischen Spezifikationen der Netzbetreiber):
• Mittelspannungs-Lastschaltanlage (i. a. 3 Felder) oder
– Leistungsschalteranlage
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

– gelegentlich nur Sicherungsschrank,


– bei Übergabestationen oft mehrere Felder zuzüglich
MS-Messfeld
• Niederspannungsverteilung (zwischen 4 und 14 Abgängen)
• Transformator (bei Ortsnetzstationen i. a. 630 kVA)
• Kabelverbindungen
• Erdung und Potentialausgleich
• Stationszubehör, Stationsbeleuchtung etc.
Die elektrotechnischen Leitnormen für fabrikfertige und vor
Ort errichtete Netzstationen und deren Hauptbauteile sind im
Bild 19 zusammengestellt.
Die Variationsbreite der elektrischen Ausrüstung von Orts-
netzstationen umfasst 1 bis 5 MS-Felder (also KKT, KKKT bzw.
119
Bild 19  Leitnormen von Stationshauptbauteilen

KKKKT, KKKTT), einen Transformator mit einer Leistung zwi-


schen 100 kVA bis 1000 kVA und 4 bis zu 14 Abgänge bei der

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NS-Verteilung. Übergabestationen, also kundeneigene Netzsta-
tionen, sind wesentlich individueller ausgestattet, haben nicht
selten eine umfangreiche Mittelspannungsschaltanlage, oft
mehrere Transformatoren mit höherer Leistung, i. a. eine mit-
telspannungsseitige Messung und nicht selten eine gekapselte
Niederspannungsverteilung.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Mittelspannungs-Schaltanlagen
Mittelspannungsschaltanlagen in Netzstationen sind Schaltan-
lagen für die sekundäre Verteilebene. Die Schaltanlagennorm
DIN EN 62271-200 berücksichtigt den neuesten Stand der
Technik. Die Netzbetreiber verlangen für ihre Standard-Orts-
netzstationen überwiegend den Einsatz von SF6- isolierten MS-
Schaltanlagen. Die eingesetzten Schaltanlagen müssen alle
Typprüfungen nach Norm erfüllen.
Technische Daten der wichtigsten SF6-isolierten MS-Schalt-
anlagen mit Lasttrennschalttechnik bis 24 kV für Kompaktstati-
onen (auch für begehbare Stationen einsetzbar) zeigen die
Tabellen 3, Teil 1 und Teil 2.
120
Tab. 3, Teil 1: Gasisolierte 24-kV-MS-Schaltanlagen für Kompaktstationen, Typen/
Abmessungen/Gewichte (Auszug, ohne Kupplungs- und Messfelder)
MS-Schalt- Bemessung Funktions- Abmessungen der Schaltanlagen Gewicht
Hersteller anlagen Spannung einheiten Bezeichnung Breite Tiefe Höhe cirka
Typ kV Stck mm mm mm kg
2 D(e)F, DEV 696 765 1336 260
SafeRing 3 CCF, CCC, CCV 1021 765 1336 450
4 CCCF, CCFF, CCCC, 1346 765 1336 600
ABB SafePlus bis 24 2 D(e)F 696 765 1336 260
erweiter- 3 CCF, CCC 1021 765 1336 450
bare 4 CCCF, CCFF, CCCC 1346 765 1336 600
Ausführung 5 CCCFF, CCCCF 1671 765 1336 750
MINEX-C 2 K-T 620 553/703 1100/1300 240
Blockbau- 3 K-K-T 830 553/703 1100/1300 340
DRIESCHER weise bis 24 4 K-K-K-T 1040 553/703 1100/1300 440
WEGBERG MINEX 2 K-T 725 723 1300 340
Fritz Driescher ABSzero/ 3 K-K-T 1040 723 1300 470
KG G.I.S.E.L.A 4 K-K-K-T 1355 723 1300 600
2 1TS1A1, 1TS1A1-C 800 786 1400/1050 236/214
Typ GA 3 3K, 3K-C 989 786 1400/1050 265/234
bzw. 3 2K1TS, 2K1TS-C 989 786 1400/1050 398/240
GA-C 3 2K1LSF, 2K1LSF-C 989 825 1400/1050 345/287
Ormazabal Blockbau- bis 24 4 4K, 4K-C 1389 786 1400/1050 354/312
weise 4 3K1TS, 3K1TS-C 1389 786 1400/1050 366/325
4 2K2TS, 2K2TS-C 1389 786 1400/1050 399/341
GAE 630-2K-,
2 800 725 1400 270/310
GAE 630 GAE 630-2TS-
erweiterbare 3 GAE630-3K 985 725 1400 300
Ausführung GAE630-2K1TS-,
3 980 725 1400 298/355
GAE630-2K1LSF-
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Tab. 3, Teil 2: Gasisolierte 24-kV-MS-Schaltanlagen für Kompaktstationen, Typen/


Abmessungen/Gewichte (Auszug, ohne Kupplungs- und Messfelder)
MS-Schalt- Bemessung Funktions- Abmessungen der Schaltanlagen Gewicht
Hersteller anlagen Spannung einheiten Bezeichnung Breite Tiefe Höhe cirka
Typ kV Stck mm mm mm kg
FBX-C 2 C-C, C-T1, RE-T1, 680 752 1040/1380 200
Blockbauweise C-C-C, C-C-T1,
3 1000 752 1040/1380 330
R-RE-T1, R-RE-T1
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

C-C-C-C, C-C-C-T1,
4 1320 752 1040/1380 450
C-T1-C-T1
C-C-C-C-C,
5 C-C-C-C-T1, 1685 752 1040/1380 550
C-C-T1-C-T1,
Schneider bis 24 C-T1-C-T1-T1 1805 752 1040/1380 570
Electric 2 C-C, C-T1, RE-T1 680 752 1040/1380 210
FBX-E C-C-C, C-C-T1,
3 1000 752 1040/1380 340
erweiterbare C-RE-T1, R-RE-T1
Ausführung C-C-C-C, C-C-C-T1,
4 1320 752 1040/1380 460
C-T1-C-T1
RM6 2 QI, -D, -DI, -B, -BI 909 710 1140 270
nicht erweiterbar: NE- 3 IQI, -IDI, -IBI 1266 710 1140 350
rechts erweiterbar: RE- IIQI, -QIQI, -IIDI,
4 1699 710 1140 450
beidseitig erweiterbar: DE- -DIDI, -IIBI, -BIBI
8DJH Compact 3 RRT 700 775 1200/1400 365/380
Blockbauweise 4 RRT-R 1010 775 1200/1400 475/490
2 RR 620 775 1200/1400 200/220
Siemens 8DJH bis 24 RT, KT, KL 740 775 1200/1400 210/230
Blockbauweise und 3 RRR 930 775 1200/1400 200/220
erweiterbare RRT, RRL, 1050 775 1200/1400 300/330
Ausführung 4 RRRT, RRRL 1360 775 1200/1400 430/470
TRRT, LRRL 1480 775 1200/1400 470/510

121
Für begehbare Stationen, Übergabestationen, Schwerpunktsta-
tionen und Schalthäuser gibt es zusätzlich zahlreiche, standar-
disierte, mit größeren Höhen konzipierte gas- und luftisolierte
Mittelspannungsschaltanlagen. Als Baukästen konzipiert bieten
sie in anreihbarer Modultechnik folgende Ausführungsmöglich-
keiten: Trennschalter, Lasttrennschalter, Lasttrennschalter-Si-
cherungskombinationen, Erdungsschalter, Leistungsschalter,
Messfelder, Längskupplungs- und Längstrennfelder, Hochfüh-
rungsfelder etc., siehe Tabelle 4.
Tabelle 4: Auszug von gas- und luftisolierten 24-kV-MS-Schaltanlagen für begeh­
bare Stationen, Typen/Bemessungsströme/Abmessungen
MS-Schalt- Bemessung Bemessungs- Abmessungen der Schaltanlagen
Hersteller anlagen Spannung strom Bezeichnung Breite Tiefe Höhe
Typ kV A mm mm mm
630 - 1250 ZX0 Block 400/600 950/1100 2100/2250
ZX 1250 -2500 ZX0.2 600/1200 1330 2400
ABB 24 630 -2500 ZX1.2 400/600/800 1300/1800 2100
ZS1-luftisoliert 630-3150 ZS1 einfach UniGear 800/1000 1340/1390 2325-2733
ZS8.4-luftisoliert 1250 ZS8.4 einfach 800 1200 2100
DRIESCHER D24 - luftsisoliert 630 D24-601119 600 1100 1900
Moosburg F24 - luftisoliert 24 630 F24-60/756519 600/750 650 1900

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
W24- luftisoliert 1250 W24-901121 900 1100 2100
DRIESCHER. MINEX® 24 630 MINEX®-E 406/466 720/952 1900
WEGBERG gasisoliert MINEX®-F 440/500 570/952 1876
Fritz Driescher KG LDTM-luftisoliert 24 630 LDTM 24/630 750/900 1103 1900
Ormazabal GAE 24 630-1250 GAE630, GAE1250 350/600 725/825 1400/2000
EA, luftisoliert 630 EA20 750/900 735/1125 1900/2100
GMA 630 - 2500 GMA efficient 450/600/800 875/1280 2200/2350
PN 600 - luftisoliert 630 PN 606 800/900 985 1900
Schneider Electric PI 100-luftisoliert 24 630-1250 PI 106 800/900 1150 2225
SM 6 630/1250 SM 6-24 325/750 1030/1230 1600/2050
8DJH 630 8DJH 310/430/500 775/850 1700/2300

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.


Siemens NXPLUS C 24 630-2500 NXPLUS C 600/900 1100/1225 2250/2650
SIMOSEC-luftisoliert 630/1250 SIMOSEC 375/500/750 1020/1170 1750/2300
NXAIR-luftisoliert 630-2500 NXAIR 800/1000 1600 2560

Transformatoren
Technische Norm-Daten und -Anforderungen für Transformato-
ren findet man in den Grundlagennormen für Transformatoren,
in den Normenreihen DIN EN 60076 (Typ- und Sonderprüfun-
gen), DIN EN 50464 und DIN EN 50541.
Netzbetreiber haben wie für MS-Schaltanlagen auch für
Transformatoren in Ortsnetzstationen separate technische
Spezifikationen erstellt, in denen Details festgelegt sind, so die
Bemessungsleistung, Kurzschlussfestigkeit, Temperaturbe-
ständigkeit, Kühlung, Konstruktion, Isolieröle, Anzapfungen,
122
Bezeichnungen, Typenschild, Abmessungen, Verluste, Schal-
leistungswerte etc..
Bei Netzstationen ist der Einsatz von Öl-Verteilungstransfor-
matoren ohne Ausdehnungsgefäß üblich.

Bild 20
Ausführung eines regelbaren
Ortsnetztransformators (FITfor-
mer V2 Siemens)

Bei diesen hermetisch geschlossenen Transformatoren, sie-


Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

he Bild 20, wird der Kessel vollständig mit Öl gefüllt. Die sonst
über das Ölausdehnungsgefäß ausgeglichenen Öl-Volumenver-
änderungen werden von den flexiblen Kühlrippen des Transfor-
mators kompensiert. Neben geringerer Bauhöhen ist noch von
Vorteil, dass sonst erforderliche Ölanalysen entfallen.
Für Netzstationshersteller und Betreiber sind von Bedeu-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

tung:
• Anschaffungskosten,
• Abmessungen, Gewichte,
• Verlustleistung,
• Lebensdauererwartung,
• Schalleistung.
Die Lebensdauer kann wesentlich gesteigert werden, wenn die
Verlustwärmen über Be- und Entlüftung der Netzstationen in
ausreichendem Maße abgeführt werden, Begründung siehe Kapi-
tel 6.2 in [2]. Mit der Aufstellung des Transformators auf schall-
dämmenden Gummi-Metall-Lagern als Schwingungsdämpfern
werden Transformatorengeräusche merklich gemindert.
123
Tabellen üblicherweise in Netzstationen eingesetzter Trans-
formatoren (100 bis 2500 kVA) mit Abmessungen, Gewichten,
Ölmengen, Verlustleistungen (Listen CKC0 (AC'), BKC0 (CC') und
A0BK (CC'-30%)) und Schallleistungen maßgeblicher Hersteller
befinden sich in [2]. Als Beispiel diene Tabelle 5.
Tabelle 5 Technische Daten von Verteilungstransformatoren der Firma Ormazabal
bis 24 kV, Liste A 0BK, Hermetikausführung, Wicklungsmaterial Al, ge-
mäß Ökodesign-Richtlinie EU 548/2014
Leistung Länge Breite Höhe Gewicht P0 PK
kVA mm mm mm kg W W
100 1010 758 1007 832 145 1475
160 1060 886 1126 1008 210 2000
250 1090 816 1058 1197 300 2750
400 1180 866 1158 1600 430 3850
630 1250 866 1258 2066 600 5400
800 1596 946 1315 2693 650 7000

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1000 1596 990 1315 3157 770 9000
1250 1666 1030 1604 3649 950 11000
1600 1926 1156 1649 4652 1200 14000
2500 2286 1426 1831 5458 1750 22000

Transformatoren in Netzstationen sind nach den technischen


Spezifikationen der Netzbetreiber entsprechend DIN EN 60076-1 Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
für einen Dauerbetrieb mit Bemessungsleistung bei einer mitt-
leren Umgebungstemperatur von 20° C auszulegen. Oft wird
eine praktisch wartungsfreie Nutzungsdauer von 35 oder 40
Jahren gefordert, was nur mit einem entsprechenden Korrosi-
onsschutz und richtiger Lüftungsdimensionierung zu erreichen
ist. Allgemein werden Nachweise für Typ- und Sonderprüfun-
gen sowie eine umfangreiche Dokumentation verlangt.

Niederspannungsverteilungen
Übliche NS-Verteilungen für Ortsnetzstationen werden in der so
genannten offenen Bauform (Gerüstbauweise, Montageplatten-
bauweise, gemäß DIN EN 61439 in Tafelbauform) ausgeführt,
124
die als Bautiefe lediglich 300 mm benötigt. Die Bauhöhe kann
auf 1000 bzw. 1350 mm begrenzt werden. Die Breite schwankt
je nach Bestückung mit Abgangsleisten zwischen 600 mm und
2100 mm.
Als minimaler Schutzgrad wird in Netzstationen für die
Bedienseite IP 2X empfohlen, siehe auch DIN EN 61439-2,
Tabelle BB.1. Übliche Nennströme sind 630 bis 1250A, wobei im
Zuge der Einspeisung regenerativer Energieerzeuger auch Strö-
me bis 4000 A keine Seltenheit darstellen.
Standardisierte NS-Verteilungsanlagen, siehe Bild 21, basie-
ren auf Funktionsbaugruppen, die sich innerhalb eines Raster-
Bausystems miteinander kombinieren lassen. Es gibt
verschiedene Hersteller von NS-Verteilungen für Netzstationen.
Bei der offenen Bauform ist der Berührungsschutz für ein ge-
fahrloses Bedienen bei jedweder Bestückung sicher zu stellen.
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Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 21 Niederspannungsverteilungen in Tafelbauform für Netzstationen, Foto: uesa

NS-Verteilungen für Netzstationen müssen den maßgebli-


chen Normen entsprechen, vor allem den Bestimmungen der
VDE 0100 und der DIN EN 61439, Teil 1 und 2. Es ist ein Bau-
artnachweis zu führen und es sind Grenzübertemperaturen
einzuhalten, Näheres siehe in [2].
125
Netzbetreiber sind dazu übergegangen – schon wegen zu-
nehmender Einspeisung regenerativer Stromerzeuger -, in ihren
technischen Spezifikationen für die im Versorgungsgebiet typi-
schen Lastkurven von den Stationsherstellern Erwärmungs-
und Grenztemperaturmessungen durchführen zu lassen. Mit
zunehmender Anzahl der Abgangsleisten muss hinsichtlich der
Wärmebelastung der Bemessungsbelastungsfaktor (RDF-Fak-
tor) berücksichtigt werden [2]. Die NS-Seite von Netzstationen
ist also Neubetrachtungen zu unterziehen, siehe auch Abschnitt
„Neue Entwicklungen“.

Anforderungen an Netzstationen

Netzstations- und Komponentenhersteller müssen aus Sicher-


heitsgründen ein Qualitätssicherheitssystem nach DIN EN ISO
9000 bis 9004 und 9011 [70] installiert haben.
Netzstationen müssen den nachfolgend tabellarisch aufge-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
führten Anforderungen und den technischen Spezifikationen
der Netzbetreiber entsprechen. Dies sind bei Präqualifikations-
verfahren und Ausschreibungen eingesetzte, schriftlich ausge-
arbeitete technische Anforderungsprofile, die jeder Netzbetreiber
auf seine speziellen Bedürfnisse und Netzanforderungen auf
die einzusetzenden Netzstationen zuschneidet und die vom An-
bieter mit entsprechenden Nachweisen schon bei der Ange- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
botsabgabe zu erfüllen sind.
Für Übergabestationen gibt es von den Netzbetreibern zu-
sätzliche Richtlinien/technische Anschlussbedingungen (TAB),
die sich zumeist an den „TAB Mittelspannung“ des BDEW orien-
tieren und mit speziellen Ergänzungen des jeweiligen Netzbe-
treibers im Internet zu finden sind.
Aus EU-Richtlinien, Gesetzen, Verordnungen, Unfallverhü-
tungsvorschriften, Normen, Richtlinien, Merkblättern und Tech-
nischen Spezifikationen ergeben sich heute folgende
Anforderungen an Netzstationen in Deutschland:

126
Bauteil Anforderung
Fabrikfertige Station: Einhaltung der Bestimmungen von:
Landesbauordnung
Produkthaftungsgesetz
Produktsicherheitsgesetz
BGV A1, BGV A3, BGV A8, BGV A11
Betriebssicherheitsverordnung
WHG, Nachweis der Öldichtigkeit der (Beton)-
Ölauffangwanne
26. BImSchV
EMV-Gesetz
Ökodesign-Richtlinie
Anforderungen gemäß DIN EN 62271-202, u. a.
Erfüllung aller Typ- und Stückprüfungen, z. B.
 Schutzgrad IP 23 D
 Mechanischer Schutzgrad IK 10
 Gehäuseklasse 20
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 Störlichtbogenklassifikation IAC/HV-AB oder


IAC/HV-B Belastungsstrom 20 kA, Dauer: 1 s
 Stromtragfähigkeit der Bewehrung: 6 kA 1s
Statische Nachweise für Schneebelastung
Erddruckbelastung, Dachbelastung oder nach
Netzbetreiber-Vorgabe
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Typenstatik
Nachweis des Brandschutzes
Korrosionsfestigkeit (bei Betonstationen Expositi-
onsklassen XC4; XF1; XA1)
Transportierbarkeit mit einbetonierten, zertifizier-
ten Betriebsmitteln
Versetzbarkeit in die Baugrube mit einem Auto-
kran 
Dach: abnehmbar für Gerätewechsel

127
Türen: aus Aluminium eloxiert oder Stahl verzinkt und
beschichtet, störlichtbogenfest, geerdet Stati-
onssicherheitsschloss für Schließanlagenzylinder
Türfeststeller
Türblattöffnungswinkel 95° bis 105°
feuerbeständige Türen bei Einbaustationen,
wenn sie in das Gebäudeinnere führen
Kabeldurchführung: druckwasser- und öldicht
Elektrotechnische nach techn. Spezifikationen der Netzbetreiber
Ausrüstung: und einschlägigen Normen mit Zertifikaten und
Dokumentationen
Dokumentation: sowohl der Netzstation als auch ihrer Haupt­
bauteile, ausführliche Hinweise siehe [2]
Beschilderung: gemäß Norm, BGV A8 bzw. Netzbetreiber
Organisation: von akkreditiertem Prüfinstitut vergebenes
QMS-Zertifikat

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Einbaustationen: Normen DIN EN 61936-1, DIN EN 50522,
EltBauVO

Neue Entwicklungen

Intelligente Netzstationen Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)
sieht für die Entwicklung des Strommarkts 2.0 dringenden
Handlungsbedarf bei den Verteilnetzen: „Die Verteilnetze müs-
sen und können die Veränderungen bei der Stromversorgung
als erste im Sinne einer Begrenzung von Kosten auffangen“ [3].
Am 16.03.2015 hat Staatssekretär Baake die Eckpunkte zur
Novellierung der dringend notwendigen Anreizregulierung für
Verteilernetze vorgelegt (ARegV). Das Weißbuch erschien im
Juli 2015: „Das zukünftige Strommarktdesign soll Versorgungs-
sicherheit gewährleisten, Kosten begrenzen sowie Innovationen
und Nachhaltigkeit ermöglichen“ [6]. Der BDEW stellt in seiner
Stellungnahme zum Eckpunktepapier der ARegV am 28.04.2015
128
jedoch fest, dass die vorgelegten Eckpunkte noch nicht geeig-
net sind, die Investitionsbedingungen in den Verteilnetzen zu
verbessern, und sieht dringenden Nachbesserungsbedarf [5].
Die Lösungsansätze würden zu einer verschärften Ungleichbe-
handlung von unterschiedlich strukturierten Netzbetreibern und
verschiedenen Investitionsarten führen. Die Vorschläge enthiel-
ten auch keine Anreize für den intelligenten Aus- und Umbau
der Netze. „Um den intelligenten Netzausbau zu fördern, dürfen
Netzbetreiber wirtschaftlich nicht schlechter gestellt sein, als
bei einem konventionellen Ausbau“ [5].
Ein ohnehin schon mehrfach verschobener und inzwischen
den vorliegenden Erkenntnissen angepasster Roll Out des Smart
Metering – Basis für für den flächendeckenden Einsatz von intel-
ligenten Netzstationen – soll nun endlich im Jahr 2017 beginnen.
Für einen ausreichenden Entscheidungsvorlauf ist eine entspre-
chend korrigierte Verabschiedung der ARegV möglichst noch im
Jahr 2015 sehr wünschenswert. Am 21.09.2015 hat das BMWi
den Entwurf des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

vorgelegt, der den Einsatz intelligenter Messsysteme vorantrei-


ben soll. Dabei werden Erzeugung, Verbrauch und Stromnetz
durch standardisierte Kommunikationsverbindungen so mitein-
ander verknüpft, dass bei der Integration der erneuerbaren Ener-
gien die Netzkapazitäten nicht überbeansprucht werden. Das
„Messstellenbetriebsgesetz“ regelt die Pflichten und Rechte von
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Betreibern und Verbrauchern.


In der Industrie sind bereits Technologien zum Einstieg in
das intelligente Netz verfügbar [3]:
• Sensorik im Netz
• Netzleittechnik
• Kommunikations- und Daten-Infrastruktur
• regelbare Windkraft
• regelbare Photovoltaik
• kleinere KKW-Anlagen
• Pumpspeicherkraftwerke
• Komponenten zur Blindleistungskompensation
• Komplette intelligente Netzstationen
• Intelligente Zähler
129
Bild 22 zeigt z. B. eine MS-Schaltanlage, die bereits mit
Funktionen für das Smart Grid ausgerüstet ist.

Bild 22 M S-Schaltanlage 8DJH (Siemens) mit Funktionen für das Smart Grid
ausgerüstet

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Erfahrungen auf Basis von Pilotprojekten intelligenter Netz-
stationen [7-10] belegen bereits, dass z. B.
• d urch den Einsatz von regelbaren Ortsnetztransformatoren
(RONT) etwa 90% aller Spannungsabweichungen ausgere-
gelt werden können,
außerdem unter bestimmten Voraussetzungen Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

• d urch den Einsatz von intelligenten Netzstationen und neu-


en Wechselrichtern eine verbesserte Auslastung der beste-
henden Verteilnetz-Infrastruktur erreicht werden kann,
wobei bis zu 25% mehr Strom durch die bestehenden Netze
geschickt werden könnte.
Intelligente Netzstationen heben sich äußerlich in keiner Weise
von den bekannten Bauweisen ab. Zusatzbauteile für ein intelli-
gentes Netz wurden so konzipiert, dass sie in bestehende Stati-
onsgehäuse integriert werden können oder bei Kompaktstationen
nur geringfügige, allgemein nicht wahrnehmbare Geometrieän-
derungen verursachen können, siehe auch Bilder 23.
130
Bild 23 Intelligente Netzstation, linke Bildhälfte: Türen geöffnet mit Sicht auf
GKM-Modul (linke Tür) sowie auf MS- und NS-Anlage, rechte Bildhälfte:
Tür geöffnet mit Sicht auf RONT-Transformator [3], Foto: Gräper

Intelligente Netzstationen besitzen zusätzlich elektrotechni-


sche Betriebsmittel zur/zu
• E inhaltung des quasistationären Spannungsbandes im MS-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

und NS-Netz (RONT)


• Lokalisierung und Freischaltung von Kurz- und Erdschlüs-
sen
• Verkürzung von Versorgungsunterbrechungen (fernbedien-
bare Last-/Leistungsschalter)
• Messung/Auswertung von Strom und Spannung (Leistungs-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

messung) sowie nicht elektrischer Größen


• Fernwirktechnik (IKT-Nische)
• Kommunikations- und Steuereinrichtungen
• einer unterbrechungsfreie Stromversorgung.
Ein Hersteller (Driescher.Wegberg) bietet neuerdings die
Nachrüstung mit einer Ladestation für eMobility in Kompaktsta-
tionen an. Ausführliche Informationen zu intelligenten Netzsta-
tionen, siehe [3].

Vorschriften
Vorschriften und Normen für Netzstationen auf dem Stand von
Mai 2014 wurden akribisch in [2] zusammengestellt. Auch die

131
nachfolgenden, jetzt aktuell zu erfüllenden Vorschriften wurden
bereits erwähnt.
Am 1. Juni 2015 tritt die neue Betriebssicherheitsverordnung
in Kraft. Dabei handelt es sich um die deutsche Umsetzung der
europäischen Arbeitsmittelrichtlinie 2009/104/EG. Sie gilt nach
Artikel 1 für die „Bereitstellung von Arbeitsmitteln durch Arbeit-
geber sowie für die Benutzung von Arbeitsmitteln durch Be-
schäftigte bei der Arbeit“. Mit ihr erfolgt eine deutliche
Aufwertung der Gefährdungsbeurteilung, siehe auch [2,11]. Ne-
ben Prüfungs-, Unterweisungs- und Dokumentationspflichten
werden auch Erst- und Inbetriebnahmeprüfungen und die ge-
setzlich neu geregelte Instandhaltung behandelt, die nun Verord-
nungscharakter erhält. Auch die DIN VDE 0105, Teil 100, erfährt
eine Neuausgabe. Hier sei insbesondere auf einen zusätzlichen
Abschnitt zu Störlichtbögen im Anhang B hingewiesen [12].
Aus dem bisherigen Verteilnetz wird wegen der bei regene-
rativer Energieerzeugung üblichen niederspannungsseitigen
Erzeugerstromeinspeisung zunehmend ein „Stromsammelnetz“

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
[12]. Bei dieser Energieflussrichtung ist der Schutz der NS-
Seite durch die MS-Schaltanlage ist nicht mehr gegeben. Somit
ändern sich bisherige Regularien. Bei Schmelzsicherungen
führte die Energiewende bereits zu Innovationen [15]. Eine Er-
wärmungs- und Grenztemperaturmessung, sogar eine Stör-
lichtbogenprüfung der NS-Schaltanlage mit dem damit
verbundenen Schutznachweis rücken ins Blickfeld [2,13,14]. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
In der IEC wurde eine Störlichtbogenprüfung der NS-Seite
bereits diskutiert. Von einer solchen Prüfung wird allerdings
keine erhebliche Erhöhung der Personensicherheit erwartet.
Ein verbesserter Berührungsschutz auf der NS-Seite wird als
wirksamer und diskussionsfähig erachtet. Eine Störlichtbogen-
prüfung auf der NS-Seite könnte durch eine Vereinbarung zwi-
schen Hersteller und Betreiber in Erwägung gezogen werden. In
Tokyo hat IEC hierzu kein Normungsvorhaben gestartet, son-
dern die Arbeitsgruppe AHG 3 aufgelöst. Ganz abgeschlossen
ist das Thema jedoch noch nicht. Es werden noch Ergebnisse
von Umfragen abgewartet. Der Technische Ausschuss Hoch-
spannung im Fachverband Energietechnik des ZVEI hat in sei-
132
ner Stellungnahme [14] vom 21.11.2013 festgestellt, dass die
Stationsnorm DIN EN 62271-202 von einem ursprünglich vor-
gegebenen Energiefluss von der Hoch- zur Niederspannungs-
seite ausgeht und vorgeschriebene Schutzeinrichtungen in
diesem Fall das Störlichtbogenrisiko begrenzen. Insofern ist
aber die hauptsächlich in Deutschland gegebene fluktuierende
Energieflussrichtung in der Stationsnorm (noch) nicht berück-
sichtigt.
Ein Einsatz störlichtbogengeprüfter stahlblechgekapselter
Verteilungen könnte die Störlichtbogensicherheit auf der NS-
Seite erhöhen. Da sich wegen der erforderlichen größeren Tiefe
der NS-Schaltanlage Kompaktstationsabmessungen und we-
gen der Kapselung Temperaturverhältnisse ändern, müssten
wohl nahezu sämtliche vorhandenen Typprüfungen wiederholt
werden, was zu deutlich höheren Investitionskosten führen
würde. Solange keine objektiven Statistiken die Notwendigkeit
von NS-seitigen Störlichtbogenprüfungen belegen, muss man
wohl dem Stand der Normung und der Stellungnahme des ZVEI
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folgen.
Last but not least ist ab 1. Juli 2015 die Durchführungsver-
ordnung zur Ökodesignrichtlinie für Transformatoren umzuset-
zen, siehe auch [2] und Tabelle 5. Sie ist für die Produktion, das
Inverkehrbringen und den Betrieb von Mittelspannungstransfor-
matoren bis 5 MVA ([16] Anhang 1) und damit für Netzstationen
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

von Bedeutung. Hier sind ab sofort bestimmte Mindestwerte,


ab 2021 verschärfte Mindestwerte zu beachten. Dadurch erge-
ben sich für Hersteller, Händler und Betreiber von Netzstationen
neue Verpflichtungen. Hiermit werden Energieleistungs- oder
-effizienzsteigerungen von Transformatoren erwirkt. Denn die
Gesamtverluste aller mit der Verordnung erfassten Transforma-
toren in den 27 Mitgliedsstaaten der EU beliefen sich im Jahr
2008 auf 93,4 TWh jährlich. Das kostenwirksame Verbesse-
rungspotenzial durch wirksamere Bauformen wird für 2025 auf
etwa 16,2 TWh jährlich geschätzt. Die Umsetzung erfolgt durch
für Verteilnetztransformatoren vorgegebene, entsprechend
niedrige Kurzschluss- und Leerlauf-Verlustwerte P K und PO, sie-
he Tabelle 6.5, S. 312 in [2] und in [16].
133
Oberflächen, Fassadengestaltung

Die industrielle Herstellung, die notwendigen, hohen Sicher-


heitsanforderungen und der Kostendruck machen es Herstel-
lern unmöglich, jeder fabrikfertigen Station ein individuelles
Aussehen zu verleihen, wie es in den Anfängen zwischen 1900
und 1930 bei Trafostationen noch üblich war.
Trotz der Mühe, möglichst gefällige, sich unauffällig in die
Umgebung einpassende Stationen zu errichten, bieten die heu-
tigen Bauweisen Vandalismus ein willkommenes Ziel, zumal die
Gebäude unbewohnt und unbewacht in der Landschaft stehen.
Deutschlandweit wird der jährliche Schaden durch Graffiti auf
etwa 500 Millionen Euro geschätzt [1]. Umso begrüßenswerter
sind die Initiativen vieler Netzbetreiber – Anfänge sind schon ab
1990 zu beobachten -, an Stationen Verschönerungsmaßnah-
men durch Graffiti-Künstler vorzunehmen und ihnen so ein indi-
viduelles, sehenswertes Aussehen zu verschaffen.
In Dresden z. B. entstand 1999 diese Idee – hier waren be-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
sonders viele beschmierte Anlagen zu beklagen. Die ersten
Aktionen seitens der DREWAG NETZ erfolgten im Rahmen eines
Schülerwettbewerbs. Es stellte sich schnell heraus, dass es
ziemlich schwierig war, von den Schülern Entwürfe und pas-
sende Motive ohne Anleitung zu bekommen. Deswegen suchte
man nach professionellen Graffiti-Künstlern [1], siehe auch
Bild 24. Nach der Jahrtausendwende begannen vor allem Städ- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
te in den neuen Bundesländern sich diesem Weg anzuschließen,
z. B. Brandenburg, Eisenach, Erfurt, Frankfurt (Oder), siehe
Bild 25, Gera, Gotha, Greifswald, Jena, Leipzig, Magdeburg,
Meerane, Potsdam, Rostock, Wismar, Zwickau.
Auch in den Alten Bundesländern fand diese Idee Nachah-
mer, Trafostationen zu Blickfängen zu machen. Hier seien Städ-
te wie Bonn, Bochum, Darmstadt, Düsseldorf, Duisburg, Essen,
Gießen, Herten, Köln, München, Offenbach, München, Rüssels-
heim, Saarbrücken, Siegburg, Waiblingen genannt. Große regi-
onale Stromversorger wie Avacon, E.ON, RWE, WEMAG, HSE,
Süwag, Vattenfall oder EnBW bedienen sich ebenfalls dieser
Verschönerungsmethode.
134
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Foto: Christine Graewer


Bild 24  Mit Graffiti bemalte begehbare Station in Dresden, Foto: DREWAG NETZ

135
Bild 25 Mit Graffiti bemalte Kompaktstation „Mo(h)ntag“ in Frankfurt (Oder),
So entwickelte sich seit etwa 2005 diese Verschönerung von
Trafostationen nahezu zur Standardmethode für individuelle
Oberflächen von Netzstationen. Motive sind Tierbilder, Blumen,
Autos, Elektrizität, Technikmotive, Städtemotive, oder -wappen,
historische Persönlichkeiten, historische Gebäude, Landschaf-
ten oder andere Bedeutsamkeiten, die das regionale öffentliche
Bild prägen. Viele Trafostationen sind so zum farbenfrohen
Hingucker, zum Blickfang, zum Aushängeschild einer Gemeinde,
zu einer Art Wahrzeichen einer Stadt/Gemeinde/Institution ge-
worden. Moderne Fassadengestalter wie z. B. Marcus Ronge
(Potsdam) und Kollegen haben bereits mehr als 2500 Stationen
mit Graffiti bemalt, Bild 25. Sie gehören zu den Trendsettern
dieser Kulturarbeit.
Die Wertigkeit von Netzstationen für die Sicherung unserer
Lebensqualität verdient es, sie durch anspruchsgerechte Optik
näher ins allgemeine Bewusstsein zu rücken.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Schrifttum
[1] Primus, I.-F.: Geschichte und Gesichter der Trafostationen – 125 Jahre Tra-
fostationen in Deutschland, VDE Verlag GmbH, 2013
[2] Primus, I.-F.: Netzstationen, 2. Auflage, EW Medien und Kongresse GmbH,
2014
[3] Primus, I.-F.: Energiewende braucht mehr, vor allem intelligente Netzstatio-
nen – jetzt, Jahrbuch Anlagentechnik für elektrische Verteilnetze, EW Medi- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
en und Kongresse, 2015
[4] Büchner, J., Moser, A.u.a.: Moderne Verteilernetze für Deutschland (Verteil-
netzstudie), Studie im Auftrag des BMWi, Forschungsprojekt Nr. 44/12,
E-BRIDGE, IAEW, OFFIS, 12.09.2014
[5] Stellungnahme des BDEW zum BMWi-Eckpunktepapier zur ARegV-Novelle:
„Moderner Regulierungsrahmen für moderne Verteilernetze“, 28.04.2015
[6] Ein Strommarkt für die Energiewende, Ergebnispapier des Bundesministeri-
ums für Wirtschaft und Energie (Weißbuch), Stand Juli 2015
[7] Scharnberg, R.: Markteinführung des intelligenten Verteilnetz-Management
Systems „iNES“ – Das Stromnetz der Zukunft lernt denken, np, 52 (2013),
H. 9, S. 50-52
[8] Langstädler, J., Döll, J., Schowe von der Breslie, B., Smolka, T., Sojer, M.:
Regelbare Ortsnetztransformatoren (Ront) – Produktzertifizierung als vali-
des Nachweisverfahren für das netzkonforme Verhalten, np 53 (2014), H. 5,
S. 10-16

136
[9] Schmidt, M.: Der Weg zum intelligenten Stromnetz – smarte Verbindungen
von Kilowatt und Kilobyte, np 54 (2015), 9; S. 16-20
[10] Offner, G.: Verteilnetzebene im Vollausbau – großflächiger G3-PLC-Pilottest
mit 1000 Modems“, np 54 (2015), 9; S. 26-39
[11] Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV – Verordnung über Sicherheit
und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln, Bundesmi-
nisterium für Justiz und Verbraucherschutz, 3. Februar 2015
[12] DIN VDE 0105-100, Betrieb von elektrischen Anlagen – Teil 100 Allgemeine
Festlegungen, Beuth-Verlag, 2015-03
[13] Primus, I.-F.: Schutz vor Störlichtbögen bei Netzstationen, Elektropraktiker,
Berlin 68 (2014) 11; S. 944-948 und 69 (2015) 7; S. 540-542
[14] Stellungnahme Konsequenzen einer Störlichtbogenprüfung der Niederspan-
nungsseite von fabrikfertigen Stationen Hoch-/Niederspannung DIN VDE
622171-202, Technischer Ausschuss Hochspannung, Fachverband Energie-
technik, ZVEI, HGS, 21.11.2013
[15] Bessei, H.: Energiewende sorgt für Innovationsschub bei Schmelzsicherun-
gen, np 54 (2015), 7-8; S. 14-15
[16] Ökodesign-Verordnung der Europäischen Kommission für Transformatoren,
Nr. 548/2014 der Kommission zur Umsetzung der Ökodesign-Richtlinie
2009/125/EG
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137
RAL-Gütezeichen 962,
Inhaber sind einen Schritt voraus
Susanne Hake

Neu definiertes Regelwerk der Versorger für Mindest­


anforderungen an Bauunternehmen im Leitungsbau –
RAL-GZ 962 erfüllt die Bedingungen und bietet sogar mehr
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Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Qualifizierte Leistung im Kabelleitungstiefbau durch geprüfte Unternehmen. Bau-


stelle der SW Düsseldorf: Kraftwerk Lausward. Legung von Trafokabel 6x1x110-kV
2500 mm² Cu. Die im Bild dargestellten Kabel sind noch nicht ausgerichtet.
Quelle: Dieter Schaffaff Gutachter der Gütegemeinschaft Leitungstiefbau e.V.

Dass es sich bei Erd- und Straßenbauarbeiten zu Leitungsverle-


gungen um komplexe, anspruchsvolle Baumaßnahmen handelt,
wissen nicht nur die geprüften Mitgliedsunternehmen der Güte-
gemeinschaft Leitungstiefbau. Besonders Straßenbaulastträger
beobachten Aufgrabungen in öffentlichem Raum sensibel, weil
139
sie einen schwerwiegenden Eingriff in öffentliches Straßenland
darstellen. Zusätzlich gehen die Baumaßnahmen oft mit Ver-
kehrsbehinderungen, Lärm und Staub einher, weshalb der Bür-
ger diese Maßnahmen als Ärgernis empfindet. Dabei steht die
Baufirma vor Ort, aber auch der Versorger oder die Stadtwerke
als Veranlasser der Baumaßnahme im Blickpunkt. Werden Be-
einträchtigungen reduziert, werden keine Fremdleitungen be-
schädigt und steht eine hohe End-Qualität im Vordergrund,
kann die öffentliche Wahrnehmung positiv beeinflusst werden.
Genau das, was am Ende einer Tiefbaumaßnahme sichtbar
bleibt – der Oberflächenschluss – hat dabei einen besonders
hohen Stellenwert.
Vor diesem Hintergrund haben sich Vertreter der Sparten
Strom, Gas, Wasser, Fernwärme und Telekommunikation in ei-
nem verbändeübergreifenden Projektkreis zusammengefunden,
um Mindestanforderungen an Tiefbauunternehmen als techni-
sche Regel mit dem Titel „Bauunternehmen im Leitungstiefbau
– Mindestanforderungen“ festzulegen.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Gemeinsame Ziele im Projektkreis waren:
• Steigerung der Qualität im Leitungstiefbau
• Hilfe für Versorgungsunternehmen als Auftraggeber bei
der Auswahl und Überwachung der Dienstleister
• Einhaltung des Regelwerkes
• Erhaltung und ggf. Verbesserung des Erscheinungsbildes Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
des Versorgungsunternehmens in der Öffentlichkeit

Das Ergebnis ist mehr als ein Konsens, denn es ist gelungen die
Interessen aller beteiligten Partner, wie den normgebenden
Gremien der Versorger FNN, DVGW, AGFW, den Vertretern der
Leitungsbaubranche der Deutschen Bauindustrie und des Deut-
schen Baugewerbes, des Rohrleitungsbauverbandes und der
Gütegemeinschaft Leitungstiefbau, vollumfänglich gerecht zu
werden und diese zu bündeln. Die Prüfbestimmungen nach
RAL-GZ 962 „Leitungstiefbau“ bildeten hierbei eine wichtige
Grundlage. Auftraggeber für Leitungstiefbaumaßnahmen kön-

140
nen nun nach einheitlichen Kriterien Unternehmen in den Berei-
chen Fachkunde und Leistungsfähigkeit bewerten.

Die technischen Regeln sind textgleich in diesem Herbst


erschienen:
beim FNN als Anwendungsregel VDE-AR-N 4220
beim DVGW als Arbeitsblatt GW 381 und
beim AGFW als Arbeitsblatt FW 600.

Mindestanforderungen im Sinne des Arbeitsblattes bedeuten:


(nur stichpunktartig anhand einiger Beispiele)
• Anforderungen an das Fach- und Führungspersonal,
nach Ausbildungsstand und Erfahrung (geschultes und
unterwiesenes, unternehmenseigenes)
z. B. an Bauleiter, Vorarbeiter, Fachkräfte
– auch über Vertragspartner oder Nachunternehmer erfüllbar
• Ausstattung mit fachspezifischen Gerätschaften, z. B.
– Betriebshof, Fuhrpark und Arbeitsschutz
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– Verkehrssicherungsausstattung
– Einfache Vermessungsgeräte, Aufbruchgeräte und
Mobilbagger
– Geräte zum Leerrohreinbau, Grabenverbau, Verdichtungs-
geräte
– Geräte zur Wiederherstellung von Asphalt-, Beton sowie
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Pflaster- und Plattenbelägen


– Geräte zum Fräsen, Pflügen und zum grabenlosen
Leitungsbau
– Geräte zur Eigenüberwachung
• Referenzen von AG
• optionale auftragsspezifische Kriterien, die AG festgelegen
kann

Mit der Erfüllung von Mindestanforderungen weist der Unter-


nehmer nach, dass er mit seiner Organisationsstruktur unter
Einhaltung und Anwendung der erklärten Voraussetzungen in
der Lage ist, die Leistung kapazitiv und qualitätsgerecht aus-
führen zu können. Ob das Unternehmen die Leistung den Quali-
141
tätsanforderungen entsprechend ausführt, ist damit nicht
bewertbar. Dies kann ausschließlich nur mit dem RAL-GZ 962
erfolgen, das die fachgerechte Ausführung der Leistung, die
innerhalb eines unabhängigen und regelmäßigen Prüfverfah-
rens nachgewiesen werden muss, bescheinigt. Alle Gütezei-
cheninhaber erfüllen die Mindestanforderungen, da diese
Bestandteil des RAL-Prüfverfahrens sind. Und sie sind in der
Bewertung bei den Auftraggebern sogar höher einzustufen, da
die Unternehmen zusätzlich nachgewiesen haben, dass sie das
bei der Leistungserbringung auch umsetzen und anwenden.

RAL-GZ 962

VDE-AR-N 4220

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GW 381
AGFW FW 600

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.


Prüfung nach RAL- GZ 962 Mindestanforderungen
Nachweis, dass das Unternehmen Nachweis, dass das Unternehmen
die Leistung qualitätsgerecht ausführt. in der Lage ist, die Leistung
qualitätsgerecht auszuführen.

Die neue Tiefbauformel


Quelle: Gütegemeinschaft Leitungstiefbau e. V.

Textlich wird in den technischen Regeln formuliert: „Die Erfül-


lung der Mindestanforderungen kann (...) z. B. mithilfe einer
Präqualifikation durch den AG, durch eine Gütegemeinschaft
oder unabhängige Drittzertifizierung nachgewiesen werden.“
Mit der Gütegemeinschaft Leitungstiefbau steht den Auf-
traggebern bereits eine bewährte und funktionierende Organi-
sationsstruktur zur Verfügung.
142
Kontext RAL GZ 962/1 und Mindestanforderungen
an Bauunternehmen der Versorger:

Die meisten Aspekte des Leitungstiefbaus vom Straßenauf-


bruch über die Grabenerstellung und -verfüllung bis zur Wieder-
herstellung der Straßenoberfläche und der begleitenden
Verkehrssicherung, auch unter Berücksichtigung der einschlä-
gigen Rechtsvorschriften, stimmen in den verschiedenen Spar-
ten überein. Im RAL-GZ 962/1 sind formale, personelle und
sachliche Anforderungen definiert. Bereits vorhandene techni-
sche Regeln bilden ebenfalls die Grundlage für die Prüfung.
Diese Aspekte sowie optionale Kriterien an Bauunternehmen
wurden von allen Beteiligten des Projektkreises für die Mindest-
anforderungen als grundlegend erkannt und übernommen.
Ziel ist es, nur Firmen für die Ausführung der Arbeiten zuzu-
lassen und zu beauftragen, die sowohl die allgemeinen und
personellen Voraussetzungen, als auch die erforderliche Aus-
stattung für eine ordnungsgemäße und qualifizierte Durchfüh-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

rung der Arbeiten nachweisen. Für eine technisch sichere und


wirtschaftliche Ausführung sind qualifizierte Firmen unerlässlich.
Die Anwendungsregel beschreibt die gestellten Mindestan-
forderungen an Unternehmen aus dem Leitungstiefbau und ist
in 17 Kategorien aufgeteilt. So z. B. Arbeits- und Versicherungs-
schutz, Dokumentation der ausgeführten Arbeiten, Mindestaus-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

bildungsgrad der Mitarbeiter, Geräteausstattung u. a.. Sie wird


durch die die spezielle Anwendungsregel „Mindestanforderun-
gen an Unternehmen in der Kabellegung“ (VDE-AR-N 4221), die
nur für den Strombereich gilt und voraussichtlich ebenfalls
2015 in Kraft tritt, ergänzt werden. Auch diese Mindestanforde-
rungen sind mit den Anforderungen der Prüfbestimmungen für
das RAL-GZ 962/2 identisch. Die Anwendungsregeln wirken
sich somit indirekt auf die Qualität im Netzbetrieb aus, da fach-
kundig ausgeführte Tiefbauarbeiten zur Zuverlässigkeit des
Versorgernetzes beitragen.
Die Gütegemeinschaft Leitungstiefbau setzt sich seit ihrer
Gründung konsequent für qualitäts- und fachgerechte Ausfüh-
rung von Arbeiten im Leitungstiefbau ein. Damit kann sie den
143
deutschen Versorgungsunternehmen einen Pool von Fachfir-
men im Leitungstiefbau offerieren, die für sach- und fachge-
rechten Leitungstiefbau einschließlich Kabellegung stehen.
Das RAL-Gütezeichen 962 ist ein Garant für Sachkunde und
Ausführungsqualität.

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Prüfbestimmungen gemäß
RAL-GZ 962
Quelle: Gütegemeinschaft
Leitungs­tiefbau e.  V.

Die Spezifizierung des RAL-GZ 962 vor zwei Jahren in den Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
allgemeinen Leitungstiefbau (962/1) und in den Leitungstiefbau
einschließlich Kabellegung (962/2) war der richtige Schritt zum
richtigen Zeitpunkt. Die Gütegemeinschaft Leitungstiefbau hat
hierbei Weitsicht bewiesen und strategisch vorausgeschaut,
denn die Prüfbestimmungen des RAL-GZ 962 bilden jetzt die
Basis der neuen Regelwerke.
Die Gütegemeinschaft Leitungstiefbau konnte 2015 erstmals
Tiefbauunternehmen nach bestandener Erst-Prüfung nach
RAL GZ 962/1 – Leitungstiefbau – die Urkunde verleihen.
Diese Firmen haben nachgewiesen, dass sie die Mindestan-
forderungen erfüllen und die Qualitätskriterien bei der Erbrin-
gung der Leistung im Leitungstiefbau einhalten.
144
Schaltanlagen unter beengten Platzbedingungen
Klaus Zimmermann und Wilfried Braun

Die Erzeugung und Verteilung elektrischer Energie auf Schiffen


stellt besondere Herausforderungen an den Schaltanlagenbau.
Der auf die Ausrüstung von Schiffen spezialisierte Schaltanla-
genbauer Littau hat im Rahmen des Power-Up-Projekts für die
Logos Hope eine neue Hauptschaltanlage konzipiert und ge-
baut. Die besonderen Anforderungen – vor allem dass für die
Schaltanlage relativ wenig Platz zur Verfügung stand – konnte
Littau mit dem Ri4Power-System und ergänzenden Sonderlö-
sungen von Rittal realisieren.
Unter dem Motto „Bildung, Hilfe und Hoffnung für Menschen
weltweit“ betreibt der karitative Verein GBA Ships mit der Lo-
gos Hope ein Schiff, das als schwimmender Büchermarkt, Ver-
anstaltungs- und Begegnungszentrum weltweit im Einsatz ist.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Die Organisation hat das in den 1970er Jahren als Autofähre


gebaute Schiff von 2004 bis 2009 grundlegend umgebaut. Das
ursprüngliche Autodeck bietet heute Platz für einen Buchladen
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bis zu 400 Freiwillige arbeiten auf der Logos Hope, um Bildung, Hilfe und Hoff-
nung zu Menschen weltweit zu bringen.

145
und ein Theater. 2009 nahm die Logos Hope ihre Arbeit auf und
begrüßte seitdem in 50 Ländern bereits vier Millionen Besucher.
Über 4,5 Millionen Bücher wurden verkauft und viele mehr
verschenkt.
Im Winter 2014/2015 lässt GBA Ships die Logos Hope in ei-
ner Werft in Singapur umbauen, um das Schiff gemäß den
steigenden technischen Anforderungen auf den aktuellen Stand
zu bringen. Das sogenannte Power-Up-Projekt, für das insge-
samt über sieben Millionen Euro eingeplant sind, umfasst den
Austausch der Generatoren und der elektrischen Hauptschalt-
tafel, den Einbau eines Wärmerückgewinnungssystems sowie
den Umbau des Bugstrahlruders. Andreas Röthgens, der als
Electrical Project Manager bei GBA Ships das Repowering im
Bereich Elektrotechnik verantwortet, betont die Notwendigkeit
der Umbauten: „Die drei Generatoren sind 40 Jahre alt und für
die Stromversorgung der Logos Hope inzwischen unzulänglich.“
Speziell die Klimatisierung der verschiedenen Bereiche benötigt
deutlich mehr elektrische Energie als beim Bau des Schiffes

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
eingeplant. Auch die aktuellen seerechtlichen Bestimmungen
fordern für das Schiff eine höhere elektrische Leistung als die

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Für die gesamte Schaltanlage steht auf der Logos Hope lediglich eine Länge von
gut 10 Metern zur Verfügung.

146
Generatoren aktuell bereitstellen. Das könnte dazu führen, dass,
wenn einer der Schiffsgeneratoren ausfällt, das Schiff erst nach
einer Reparatur weiterfahren dürfte. „Gleichzeitig gibt es auch
wirtschaftliche Gründe für den Umbau“, erläutert Andreas Röth-
gens: „Mit den neuen Generatoren, die viel wirtschaftlicher ar-
beiten, und dem Einbau der Wärmerückgewinnung können wir
etwa 350.000 Euro Betriebskosten pro Jahr einsparen.“

Spezialist für Retrofits im Schiffsbau

Mit den Umbauten im elektrischen Bereich beauftragte GBA


Ships die L&S Elektrotechnik Littau & Sohn GmbH aus Kiebitz-
reihe in der Nähe von Elmshorn. „Wir haben mit unserem Pflich-
tenheft bei verschiedenen Firmen Angebote eingeholt“, erinnert
sich Andreas Röthgens: „Littau konnte uns hier das passende
Angebot unterbreiten, obwohl relativ viele Unwägbarkeiten vor-
handen waren.“ Der Schaltanlagenbauer verfügt über 30 Jahre
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Erfahrung in der Ausrüstung von Schiffen. Speziell im Bereich


Retrofit hat das Unternehmen schon zahlreiche Projekte erfolg-
reich abgewickelt. Kai Töllner, der als Vertriebsleiter bei Littau
das Projekt geleitet hat, nennt eine typische Herausforderungen
bei einem solchen Projekt: „Obwohl deutlich mehr elektrische
Leistung benötigt wird, darf die neue Schaltanlage nicht mehr
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Platz beanspruchen als die alte Anlage. „Hinzu kommt, dass die
Felder für die Versorgung mit 230 V, die bisher separat instal-
liert waren, zusätzlich in die Anlage integriert werden sollen.“
Bisher erzeugen drei mit Dieselmotoren angetriebene Gene-
ratoren, von denen einer 1,2 MW und die beiden anderen je-
weils 900 kW leisten, auf der Logos Hope die elektrische
Energie. „Bei der großen Maschine tauschen wir lediglich den
Generator aus, während die beiden kleineren durch neue Ma-
schinen mit einer Leistung von je 1,4 MW ersetzt werden“, sagt
Andreas Röthgens. Die Versorgung mit elektrischer Energie ist
dann im Regelbetrieb mit nur einem Generator möglich. Ledig-
lich beim Manövrieren, wenn das Bugstrahlruder mit einer Leis-
tung von 735 kW eingesetzt wird, benötigt man einen zweiten
147
Das Sammelschienensystem mit einem maximalen Bemessungsstrom von 5.000
A ist mit dem FlatPLS-System von Rittal realisiert.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Generator. Der dritte Generator dient der Reserve, so dass auch
dann noch sicher manövriert und das Schiff mit elektrischer
Energie versorgt werden kann, wenn ein Generator einmal aus-
fallen sollte. Diese Redundanz ist durch die Klassifikationsge-
sellschaft Lloyd´s Register vorgegeben.

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.


Viele Besonderheiten in der Schaltanlage

Um die Schaltanlage – auch Schalttafel genannt – mit allen


geforderten Funktionen in den beengten Platzverhältnissen un-
terzubringen, sind einige Sonderlösungen notwendig. Hinter der
Schaltanlage muss beispielsweise aus Sicherheitsgründen ein
600 mm breiter Durchgang bestehen bleiben. Die eigentliche
Schaltanlage ist in 600 mm tiefen TS 8 Schaltschränken von
Rittal untergebracht. Kai Wermter, der als Konstrukteur bei Lit-
tau für das Projekt verantwortlich ist, schildert die Besonder-
heiten: „Um Platz für die Kabelrangierbereiche zu haben,
mussten wir ein Huckepacklösung planen, bei der ein zusätzli-
148
Der Kabelrangierraum auf der Rückseite
der Schaltanlage ist eine Sonderlösung,
die Rittal im Rahmen seines Ri4Power-
Systems anbieten kann.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

cher Schrank auf der Rückseite montiert ist.“ Da hierzu nur


maximal 350 mm zur Verfügung stehen, muss der Kabelran-
gierraum mit einer Sonderlösung realisiert werden. „Der Innen-
dienst Technik bei Rittal hat uns in diesem und in vielen weiteren
Punkten optimal unterstützt“, sagt Kai Wermter. Die gesamte
Schaltanlage ist mit dem Ri4Power-Systembaukasten umge-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

setzt. Dank der Flexibilität konnte auch diese „Sonderlösung“


mit quasi Standardbauteilen aus dem Systembaukasten gelöst
werden. Die einzelnen Funktionsbereiche sind in verschiedenen
Compartments in Formunterteilungen bis Form 4b aufgebaut.
Folglich ist eine erhöhte Bedien- und Funktionssicherheit gege-
ben. Techniker können bei Wartung und Reparatur in geschot-
teten Funktionseinheiten arbeiten und auftretende elektrische
Fehler bleiben in der Schaltanlage auf ihren Entstehungsort
begrenzt.
Die Vorgaben der Formunterteilung bzw. Schottung finden
sich wieder in den Klassifikations- und Bauvorschriften der
Schiffsklassen sowie in der gültigen Norm für Niederspan-
nungsschaltgerätekombinationen, der IEC 61439 1/2. Projek-
149
Sämtliche Bedienelemente für die Abgänge ragen durch die Schaltschranktüren
– ein erheblicher konstruktiver Mehraufwand, der ein einfaches und sicheres
Bedienen der Anlage erleichtert.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Die Einspeiseseiten der Leistungsschalter sind mit MaxiPLS-Schienen ausge-


stattet, wodurch der Anschluss der Leitungen von den Generatoren vereinfacht
wird.

150
tiert wurde das gesamte Projekt mit Engineering-Lösungen von
Eplan, ebenfalls wie Rittal ein Unternehmen der Friedhelm Loh
Group.
Der Gesamtbemessungsstrom des Flat-PLS-Sammelschie-
nensystem in der Schaltanlage beträgt 5.000 A. Mit dieser
großzügigen Auslegung ist es im Prinzip möglich, alle drei Ge-
neratoren gleichzeitig zu betreiben. Die Einspeisung der Gene-
ratoren ist jeweils mit einem Leistungsschalter von Siemens
realisiert, dabei lässt das Leistungsschalteradapterkonzept von
Rittal dem Anwender insgesamt freie Wahl beim Einsatz des
Fabrikats. Bei dem Anschluss der Leistungsschalter auf der
Einspeiseseite hat sich Littau für Maxi-PLS-Schienen von Rittal
entschieden. „Hierdurch lassen sich die Leitungen von den Ge-
neratoren problemlos anschließen“, erläutert Kai Wermter den
Vorteil der Schienentechnik. Auch ein Landanschluss mit einem
Bemessungsstrom bis zu 2.000 A ist als Einspeisung vorgese-
hen. Dadurch kann die Lärm- und Abgasbelastung durch die
Dieselgeneratoren im Hafen vermieden – ein Aspekt, der in
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

vielen Häfen weltweit immer mehr an Bedeutung gewinnt. Mit


der neuen Schaltanlage wird es auch möglich sein, eine unter-
brechungsfreie Umschaltung auf den Landanschluss vorzuneh-
men. Dies ist mit der alten Schaltanlage bisher nicht möglich,
da die hierfür notwendige Synchronisation nicht vorgesehen
war. Um auf den Landanschluss umzuschalten, musste also die
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

elektrische Versorgung kurzzeitig komplett unterbrochen wer-


den.
Auch das Bugstrahlruder wird im Rahmen des Power-Up-
Projekts erneuert. Littau setzt hier einen neuen Elektromotor
ein, der über einen Frequenzumrichter mit der sogenannten
Active-Front-End-Technologie betrieben wird. „Diese Technolo-
gie hat den Vorteil, dass wir den Frequenzumrichter direkt am
Bordnetz betreiben können, da die Netzrückwirkungen unter 5
Prozent liegen“, erklärt Kai Töllner. Mit dem alten Bugstrahlru-
der, das mit Schleifringen und Anlasswiderständen arbeitet, ist
dies nicht möglich. Gleichzeitig kann der Kapitän das neue
Bugstrahlruder jetzt stufenlos von 0 bis 100 Prozent fahren –
ein deutlicher Vorteil, der das Manövrieren vereinfacht.
151
Sicherheit wird großgeschrieben

Bei allen Lösungen, die in der neuen Schaltanlage umgesetzt


werden, steht die Sicherheit beim Bedienen und im Betrieb
stets im Vordergrund. Ein typisches Beispiel ist die integrierte
Lichtbogenüberwachung. Sensoren, die über Lichtwellenleiter
an eine zentrale Auswerteeinheit angeschlossen sind, überwa-
chen alle Bereiche innerhalb der Schaltanlage auf die Entste-
hung eines Lichtbogens. Registriert die Anlage das für einen
Lichtbogen typische UV-Licht, wird die gesamte Anlage abge-
schaltet, indem die Leistungsschalter sofort die betreffenden
Generatoren abtrennen. Auf diese Weise lässt sich der Schaden,
der durch einen Lichtbogen entstehen würde, deutlich reduzie-
ren. „Dieses System stieß bei der Abnahme durch Lloyd´s
Register auf große Zustimmung, obwohl es in der Schiffklassi-
fikation nicht vorgeschrieben ist“, erzählt Kai Töllner. Auch die
Erdschlusserkennung ist im Gegensatz zu einer Standardlö-
sung deutlich komfortabler und damit sicherer. Jedes Feld ist

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
mit separaten Stromwandlern ausgestattet, sodass die Erd-

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Die Lichtbogenerkennung detektiert das Entstehen eines Lichtbogens und schal-


tet die Anlage umgehend ab

152
schlusserkennung feldweise funktioniert. Die Fehlersuche ist
dadurch deutlich einfacher.
Bei der Bedienung der Schaltanlage wurde darauf Rücksicht
genommen, dass auf der Logos Hope teilweise angelerntes
Personal an der Anlage arbeitet. Sämtliche Bedienelemente der
Schalter ragen beispielsweise durch die Schaltschranktüren.
Dadurch lassen sich die einzelnen Abgänge zu- oder abschal-
ten, ohne dass eine Schaltschranktür geöffnet werden müsste.
Das in der Schaltanlage integrierte Power-Management-Sys-
tem hilft dem Bedienpersonal dabei, dass die Anlage stets
ausreichend elektrische Leistung zur Verfügung stellt. Im voll-
automatischen Modus startet und stoppt das System die einzel-
nen Generatoren selbsttätig. Steigt die Last beispielsweise über
85 Prozent der Leistung, die der aktuell arbeitende Generator
maximal zur Verfügung stellen kann, startet das System einen
zweiten Generator, synchronisiert ihn und schaltet ihn zu. Sinkt
die Last wieder ab, wird einer der Generatoren wieder abge-
trennt und abgeschaltet. Dabei wird automatisch ein Betriebs-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

stundenabgleich vorgenommen, so dass die Betriebszeiten der


verschiedenen Generatoren ungefähr gleich sind. Im halbauto-
matischen Modus kann das Betriebspersonal auswählen, wel-
cher der Generatoren verwendet werden soll. In diesem Modus
sorgt das Power-Management-System lediglich dafür, dass der
Generator nicht überlastet wird. Sollte die Last zu stark anstei-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

gen, werden unwichtige Verbraucher automatisch abgeschaltet.


Dazu zählen beispielsweise die Kombüse, die Wäscherei und
andere elektrische Verbraucher, die für den sicheren Betrieb
des Schiffs nicht unbedingt notwendig sind. Die abgeschalteten
Verbraucher müssen, wenn wieder ausreichend elektrische
Energie zur Verfügung steht, manuell wieder zugeschaltet wer-
den. Das ist ein Grund dafür, dass die Bedienelemente der Ab-
gänge durch die Schaltschranktüren ragen sollen, erklärt
Andreas Röthgens: „Das Bedienpersonal erkennt so direkt,
welche Verbraucher das Power-Management-System abge-
schaltet hat und kann entsprechend reagieren.“

153
Normgerechter Anlagenbau nach IEC 61439

„Rittal ist für uns schon seit vielen Jahren der Hauptlieferant,
wenn es um Gehäuse und Schaltschränke geht“, sagt Kai
Töllner: „In letzter Zeit haben wir aber verstärkt auch Stromver-
teilungen mit dem Ri4Power-System realisiert.“ Das Baukasten-
system, das mit den Leistungsschaltern der führenden Hersteller
typgeprüft ist, bietet eine hervorragende Möglichkeit, Schaltan-
lagen herstellerunabhängig zu realisieren. Die Prüfungen, die
Rittal durchführt, ermöglichen es dem Schaltanlagenbauer, sei-
nen Kunden bauartgeprüfte Anlagen gemäß der neuen Normen
IEC 61439 anbieten zu können. In dem Power-Up-Projekt für die
Logos Hope war auch die Unterstützung durch das Rittal-Team
ein wichtiger Faktor, der zum Gelingen beigetragen hat. „Bei der
Planung der Schaltanlage und der Auslegung des Sammelschie-
nensystems sorgten die Projektierungsabteilung für Stromver-
teilungstechnik und die Spezialisten aus der maritimen
Branchenabteilung von Rittal für eine schiffsspezifische Ge-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
samtlösung“, resümiert Kai Wermter: „Nur so haben wir es ge-
schafft, die anspruchsvollen Rahmenbedingungen in dem
Projekt erfüllen zu können.“ Vor allem die einfach realisierbaren

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Andreas Röthgens leitet als Electrical Project Manager das Power-Up-Projekt bei
GBA Ships.

154
Ri4Power Sonderlösungen von Rittal haben es erst ermöglicht,
sämtliche Komponenten und Funktionen trotz der sehr beengten
Verhältnisse in die Anlage zu integrieren.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

„Die Anforderungen bei diesem Projekt – vor allem sämtliche Komponenten


in dem beschränkten Platz unterzubringen – konnten wir optimal mit dem
Ri4Power-System und den Sonderlösungen von Rittal erfüllen“, sagt Kai Töllner,
der das Projekt bei Littau leitet.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

„Sämtliche Bedienelemente der Abgänge ragen durch die Schaltschranktüren“,


erklärt Kai Wermter, Konstrukteur bei Littau.

155
Qualitätssicherung an Baustellen:
strukturiert, objektiv, rechtssicher und effizient
Peter Strobel

Ausgangssituation

Grundsätzlich haben alle Auftraggeber bei der Beauftragung


von Dienstleistern Pflichten, die unabhängig von den konkreten
Aufträgen bestehen und deren Nichteinhaltung im Einzelfall zu
erheblichen Problemen auch für den Auftraggeber führen kön-
nen. Dies gilt im besonderen Maße für Unternehmen in der
Energiewirtschaft, da es sich hier in der Regel um Tätigkeiten
handelt, die mit besonderen Gefahren durch die Arbeit an Ver-
sorgungsnetzen verbunden sind.

Insgesamt kann man die Beauftragung von Dritten in folgende


Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Prozessteile untergliedern:
1. Bedarfsfeststellung
2. (Vor-) Auswahl der Dienstleister
3. Angebotseinholung/-bewertung
4. Beauftragung
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

5. Überwachung der Durchführung


6. Abnahme der Leistung und Dokumentation
7. Auswertung/Bewertung
Bei allen Teilprozessen spielen sowohl wirtschaftliche wie auch
rechtliche Sachverhalte eine Rolle und sind entsprechend zu
berücksichtigen.

Mögliche Gefahren und Probleme

Als besonders kritische Prozesse können – auch in der Energie-


wirtschaft – folgende drei hervorgehoben werden:

157
Die Auswahl des Dienstleisters
Fehler bzw. Mängel bei der Auswahl können zum sog. „Selekti-
onsverschulden“ führen, das bedeutet beispielsweise, dass bei
der Entstehung eines Schadens von Seiten der Behörden auch
geprüft werden kann, ob der beauftragte Dienstleister über-
haupt grundsätzlich in der Lage war, den erteilten Auftrag
durchzuführen. Hier hat sich seit Jahren die Präqualifizierung
der Dienstleister bewährt, die nach einem standardisierten Ver-
fahren abläuft und über nachprüfbare Kriterien zu einer Aus-
wahl grundsätzlich geeigneter Firmen führt, die erst nach
bestandener Vorauswahl zur Angebotsabgabe aufgefordert
werden.

Die Art der Beauftragung


Auch im Prozessschritt der konkreten Auftragserteilung gilt es,
von Seiten des Auftraggebers alles zu unternehmen, dass dem
Auftragnehmer alle für die Auftragserfüllung notwendigen Infor-
mationen (der Umfang der Arbeiten, der Zeitraum, das zu

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
verwendende Material, an der Arbeitsstelle / in der Anlage vor-
handene Gefahren etc.) rechtzeitig vorliegen und von diesem
auch verstanden wurden. Idealerweise erfolgt – in jedem Fall
vor dem Start einer neuen Baustelle – eine konkrete Einwei-
sung des Arbeitsverantwortlichen der ausführenden Firma und
die schriftliche Bestätigung, dass diese Einweisung erfolgt ist.
Das Unterlassen dieser Handlung bzw. die Übermittlung von Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
fehlerhaften Angaben durch den Auftraggeber kann zum „An-
weisungsverschulden“ und damit zu einer Mithaftung des Auf-
traggebers bei Schäden führen.

Die Überwachung der Durchführung


Dieser sowohl zivil- wie strafrechtlich bedeutsame Teil des Zu-
sammenspiels zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer wird
in der Energiewirtschaft noch immer auf sehr unterschiedliche
Weise gehandhabt: die Bandbreite reicht von zufällig und oft
aus anderen Gründen an der Baustelle vorbeikommenden Mit-
arbeitern des Auftraggebers („schau doch bei der Gelegenheit
auch auf die Arbeitssicherheit und die Qualität“) über Kontrol-
158
len durch den immer wieder mal anwesenden Bau- bzw. Pro-
jektleiter (vor allem bei größeren Baustellen) oder die
Anlagenverantwortlichen bis hin zu ständig an der Baustelle
befindlichen Mitarbeitern, die den Auftraggeber als sog. Baube-
auftragte, Bauaufsichten, Baustellenleiter oder ähnlich tituliert
vertreten. Auch wird in manchen Fällen die Überwachung an
Dritte delegiert, z. B. an SiGe-Koordinatoren, gerade wenn
mehrere Dienstleister an einer Baustelle zusammenarbeiten.
Bei solchen Kontrollen werden wiederum sehr unterschiedli-
che Verfahren praktiziert, um Erkenntnisse (falls überhaupt) zu
dokumentieren: von der mündlich ausgeprochenen Aufforde-
rung an den Dienstleister, erkannte Mängel abzustellen, über
die Erfassung auf Papier, das dann oft im jeweiligen Büro des
Kontrolleurs im Schrank archiviert wird und bestenfalls wieder
herausgezogen wird, wenn es zu einem (Personen- oder Sach-)
Schaden oder zu Beschwerden kommt, bis zur Erfassung auf
Notebooks oder Smartpads und die anschließende Archivierung
in einem System des Auftraggebers.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Kennzeichnend ist für fast alle Methoden bzw. Systeme,


dass sich um die Überwachung der Dienstleister Mitarbeiter
kümmern, die dies neben ihren eigentlichen Aufgaben (Projekt-
leiter, Bauleiter, Bauaufsichten, SiGe-Koordinatoren usw.) erle-
digen und deshalb die Überwachung bzw. Kontrolle nur eine von
mehreren aktuellen (und oft nicht an erster Stelle stehenden)
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Prioritäten des Auftraggebervertreters ist. Daneben gilt die


schlichte Erkenntnis, dass die Beurteilung einer Baustelle umso
inhomogener ist, je mehr und unterschiedlich qualifizierte Per-
sonen diese Beurteilung vornehmen.
Solange auf einer Baustelle nichts passiert, d. h. solange es
zu keinem Sachschaden oder – schlimmer noch – Personen-
schaden kommt, bereitet die Art und Weise der Überwachung
durch den Auftraggeber keine (zumindest keine rechtlichen)
Probleme, wenn man davon absieht, dass mangelnde Kontrolle
zu unzureichender Qualität und damit auch zu erheblichen wirt-
schaftlichen Schäden führen kann.
Spätestens aber wenn auf einer Baustelle Personen zu Scha-
den kommen, wird die zuständige Behörde auch die Frage
159
stellen, ob der Auftraggeber seiner Überwachungspflicht in
geeigneter Weise nachgekommen ist oder ob ein „Überwa-
chungsverschulden“ des Auftraggebers vorliegt und er deshalb
mithaftet (vergl. auch § 831 BGB „Haftung für den Verrich-
tungsgehilfen“).
Um dies zu vermeiden, ist jeder Auftraggeber gut beraten,
die Überwachung seiner Dienstleister in einer Art und Weise
sicherzustellen, dass jegliches Überwachungs- bzw. in letzter
Konsequenz Organisationsverschulden (für das am Ende der
jeweils zuständige Vorstand oder Geschäftsführer haftbar ge-
macht wird) ausgeschlossen wird. Wie dies in einer strukturier-
ten, einheitlichen und zielführenden Form unter Einbeziehung
aller Verantwortlichen (technisch Verantwortliche und Einkauf
auf Seiten des Auftraggebers sowie die Verantwortlichen auf
Seiten des Auftragnehmers) durchgeführt werden kann und
das auch noch auf sehr wirtschaftliche Art und Weise, soll im
Folgenden am Beispiel der LEW Netzservice GmbH aufgezeigt
werden.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Lösungsansatz der LEW Netzservice GmbH

Die LEW Netzservice (im Folgenden kurz LNS) hat vor mehr als
zehn Jahren damit begonnen, die Vertragsfirmen über eine sog.
Komplettvergabe (der Dienstleister erhält alle relevanten Infor- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
mationen in einer Baumappe, vor Beginn der Arbeiten wird er
durch das anlagenverantwortliche Betriebspersonal eingewie-
sen und nach Fertigstellung der Leistung liefert er die Aufmaße
und Leistungsnachweise zurück) zu beauftragen, und in diesem
Zusammenhang wurde die früher übliche Bauaufsicht des Auf-
traggebers ersetzt durch eine kleine, speziell ausgebildete
Truppe von erfahrenen Mitarbeitern, deren einzige Aufgabe da-
rin besteht, durch unangekündigte Stichproben (im Schnitt je
Dienstleister etwa 20 im Jahr) die Arbeitssicherheit, die Einhal-
tung von Umweltschutzvorschriften und – last not least – die
Qualität der erbrachten Leistungen zu inspizieren.

160
Bild 1:  Kontrolle der Beschichtung an einem HS-Mast
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Ausgangsvoraussetzungen hierzu sind neben den speziell


auf die verschiedenen Gewerke (Anlagenbau, Kabel, Freileitung,
Korrosionsschutz, Ausästen usw.) geschulten Qualitätssiche-
rern (QS-Mitarbeiter) einheitliche Kriterienkataloge, die für je-
des Gewerk – getrennt nach den drei Bereichen Arbeitssicherheit,
Umweltschutz und Qualität – alle zu überprüfenden Inhalte
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

auflisten und die Möglichkeit, dass den QS-Mitarbeitern die In-


formationen zur Verfügung stehen, wo an welchem Tag welche
Firma welche Arbeiten am Netz durchführt.
Die geringe Anzahl der Inspektoren (für alle Spannungsebe-
nen und Gewerke im LEW-Netz sind 4–5 Mitarbeiter im Einsatz,
um die etwa 80–100 Vertragsfirmen zu kontrollieren) ermög-
licht die permanente Schulung und Weiterbildung und es wird
eine einheitliche Bewertung der Kriterien erreicht, was bei einer
viel größeren Zahl an Bauaufsichten, Bauleitern etc. nicht mög-
lich wäre.
Der Ablauf einer Kontrolle und die daran anschließenden
Aktionen sind wie folgt:

161
Der QS-Mitarbeiter kommt unangemeldet (zwingend, um die
tatsächlichen Verhältnisse zu erfahren) an eine Baustelle und
überprüft alle relevanten Kriterien, das Ergebnis erfasst er auf
einfachste Weise in einem iPad. Soweit sinnvoll werden auch
Fotos gemacht und der Baustelle zugeordnet.
Nach Beendigung der Inspektion bespricht er mit dem Ar-
beitsverantwortlichen der ausführenden Firma alle Feststellun-
gen und lässt sich die Durchführung der Kontrolle per
Unterschrift auf dem Bildschirm bestätigen.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 2: Der Kontrolleur und der Arbeitsverantwortliche an der Baustelle bespre-


chen die Ergebnisse der Kontrolle.

Anschließend wird das Ergebnis der Inspektion vom iPad in


die SQL-Datenbank der LNS übertragen und steht dort für alle
weiteren Aktionen, Auswertungen und Reports zur Verfügung.
Nach Abschluss der Inspektion wird am gleichen oder spä-
testens darauffolgenden Tag aus der Datenbank heraus mit
Hilfe von Satzbausteinen und den auf der Baustelle erfassten
Daten eine E-Mail erzeugt, in der sowohl den Verantwortlichen
auf Seiten des Auftraggebers (Bereichsleiter, Projektleiter etc.)
als auch des Auftragnehmers (Geschäftsführung, Bauleiter) alle
162
Details und Ergebnisse der Baustellenkontrolle mitgeteilt wer-
den. Dies ermöglicht den Vertragspartnern, gerade bei schwe-
ren Mängeln, sofort Kontakt aufzunehmen und ggf. notwendige
Absprachen zu treffen.
Die in der Datenbank gesammelten Inspektionsergebnisse
können von berechtigten Personen des Auftraggebers eingese-
hen und auch beliebig ausgewertet werden, sei es um Über-
sichten über die Mängelquoten einzelner Firmen über beliebig
wählbare Zeiträume zu erstellen, Firmenvergleiche zu generie-
ren oder auch nach besonders häufig auftretenden Mängeln zu
suchen. Die firmenbezogenen Daten nutzt auch der Einkauf für
Vertragsverhandlungen und z. B. bei gleichwertigen Angeboten,
jedoch stark unterschiedlichen Mängelquoten, für eine Verga-
beentscheidung.
Das QS-System der LNS, das über mehr als zehn Jahre
(weiter-) entwickelt und ständig optimiert wurde, wird auch
vom TÜV Süd, der die LNS bezüglich ihres Qualitätsmanage-
mentsystems (ISO 9001), Umweltmanagementsystems (ISO
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

14001) und Arbeitsschutzmanagementsystems (OHSAS 18001)


zertifiziert, als herausragend gewürdigt, ebenso von der zu-
ständigen Berufsgenossenschaft.
Es wird zunehmend auch von anderen Netzbetreibern in
Deutschland sowie im europäischen Ausland eingesetzt.
Weitere Informationen finden sich auf der Homepage der
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

LNS (www.lew-netzservice.de), ein Kurzfilm über das System


wird auf YouTube bereitgestellt (https://youtu.be/50PnzyLgXrg).

163
Aktuelles aus der Gremienarbeit der Kabel
und Garniturentechnik
Mario Kliesch

1  Aktuelles aus der Gremienarbeit

1.1 Einleitung
Wie in den letzten Jahren, schon der Tradition folgend, dient
dieser Beitrag den Interessierten und Fachkollegen, die sich
intensiver mit ihrem Asset-Betriebsmittel „Kabel und Garnitu-
ren“ beschäftigen. Die Berichterstattung kann natürlich nur für
einen zeitlich begrenzten Rahmen und inhaltlich in Auszügen
erfolgen. Die Normbearbeitung ist dynamischer als der ein oder
andere Fachkollege vermutet. Sie ist eher als ausgesprochen
intensiv zu bezeichnen. Da sich zwar gefühlt nur relativ wenig
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

ändert und sich langandauernd darstellt, gilt es trotzdem die


Erkenntnisse zu bewerten und ggf. in die aktuellen Überarbei-
tungen einfließen zu lassen. Die fachliche Bearbeitung folgt den
international üblichen Überarbeitungsintervallen mit der aktuel-
len Besonderheit, dass die nationalen Einspruchsfristen gekürzt
wurden. Das erhöht den Druck auf die Arbeitsgruppen, die vor-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

gelegten Normaktualisierungen zu kommentieren. Ist das wirk-


lich neu?
Wie einleitend geschrieben, kann nachfolgend nur ein Aus-
zug gegeben werden, der in ein paar Monaten modifiziert er-
scheinen kann. Tendenzen und Richtungen sind aber zu
erkennen. Grundlagen zur Normungsarbeit und deren Struktu-
ren sind grundsätzlich gleich geblieben. Es bleibt bei der Struk-
tur des Beitrag von den Niederspannungskabel bis zu den
Hochspannungskabel, über die Garniturennormen der bekann-
ten Spannungsebenen im Verteilnetz in Deutschland und auch
eine Einschätzung und Info zu den Verbindernormen. Weitere
detaillierte Informationen des Geschriebenen kann jeder Her-
steller, können Vertiefungsseminare oder auch am Ende ich ggf.
165
in einem detaillierteren (persönlichen) Austausch als Beitrag
leisten.
In 2015 wurden neue ad-hoc-Arbeitskreise im UK411.1 und
411.3 gegründet. Die aktuell noch im Entwurf befindliche Auf-
baustruktur des K411 mit den beiden o. g. UK kann nur verbal
ergänzt werden. Aus dem UK411.2 (Leitungen) erfolgt hier in
diesem Beitrag keine Information. Ansonsten siehe Struktur
Bild 2. Im UK411.1 wurde ein neuer ad-hoc-AK „Inbetriebnah-
meprüfung“ eingesetzt. Dieser beschäftigt sich mit den Prüfun-
gen an verlegten Kabeln in der Mittelspannung gemäß
VDE0276-620. Im UK411.3 folgt ebenfalls eine neue Struktur
der bisherigen Arbeitsgruppen. Es wurden drei neue ad-hoc-AK
(„Überarbeitung DIN V 47640“; mechanische Einflüsse auf Gar-
nituren“; „Maintenance HD629“) eingesetzt. Hier werden Er-
gebnisse in 2016 erwartet, die u. U. sogar Einfluss auf die
zukünftige internationale Normarbeit haben werden. Zum Re-
daktionsschluss des Beitrages lag noch kein finales Diagramm
vor. Nur so viel kann geschrieben werden, es stellt u. a. die

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Aufgaben aus den nationalen und internationalen Arbeitsgremi-
en dar und hat zum Ziel die Bearbeitung in den UK411.1 und
UK411.3 abzukürzen.
In den nachfolgenden Kapiteln werden nun Informationen
zum Stand der Arbeit in der Sparte Starkstromkabel und deren
Abschluss-und Verbindungstechnik (Garnituren und Verbinder)
aus dem DKE K411, mit den zugehörigen Unterkomitees (UK), Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
sowie den korrespondierenden internationalen Spiegelgremien
in Europa der CENELEC (TC 20 WG 9 und 11) gegeben. Begin-
nend aber mit der Struktur der Gremien soll eine Information für
die Komplexität der Normenarbeit gegeben werden.

1.2 Bedeutung und Struktur der Gremien


Die Gremienarbeit besitzt heute mehr denn je eine wichtige
Funktion bei der Arbeit in den Unternehmen der Energieversor-
gung.
Im Bild 1 ist die Struktur der deutschen Normungsarbeit im
DKE abgebildet. Sie dient in den meisten Fällen als Grundlage
166
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

arbeit, Sammlung DKE-GN (Blaue Mappe) und www.dke.de

167
Bild 1: Stand der Normung, DKE-Struktur. Quelle: Grundlagen für die Normungs-
für eine Produktzulassung, denn ohne eine bestandene Typprü-
fung einer beispielsweise neu entwickelten Schaltanlage oder
einer Kabelgarnitur wird ein Verteilnetzbetreiber in Deutschland
keine Betriebsmittel in sein Netz einbauen.
Seit der Gründung des VDE im Jahr 1895 werden Normen
und Standards in Abstimmung zwischen Hersteller, Industrie
und Anwender, wie z. B. Netzbetreiber erstellt. In der Folgezeit
hat sich mit der einhergehenden internationalisierten Nor-
mungsarbeit heute, insbesondere in den letzten 2 Jahrzehnten
die Bedeutung der Normen als Werkzeug für die Technologiebe-
wertung transparent und nachprüfbar dargestellt.
Die Normung bildet die Basis für die technische und wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und ist Voraussetzung für den
freien Warenaustausch. Die Norm beschreibt Funktion und Ei-
genschaft dergestalt, dass das Zusammenwirken unterschied-
licher Betriebsmittel gewährleistet ist [1]. Die Zusammenarbeit
in den deutschen Normungsgremien wird in der VDE 0022 ge-
regelt und beschrieben. Darüber hinaus werden wichtige Hin-

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weise zu Sicherheitsaspekten [2], u. a. in den BG-Vorschriften,
sowie dem Regelwerk des FNN und anwenderorientierte Prü-
fungen bei der Inbetriebnahme von z. B. Kabelanlagen beschrie-
ben, siehe VDE 0276-620.

1.3 K411, Starkstromkabel und


isolierte Starkstromleitungen Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Das K411 ist zuständig für die Normenpolitik und der Koordinie-
rung der Unterkomitees (UK), sowie übergreifender Arbeits-
gruppen. Die jeweiligen UK sind eigenverantwortlich für eine
erforderliche Unterstruktur in Arbeitskreisen (AK) und temporär
auf ausgewählte Themen eingesetzte ad-hoc-AK und kann sich
jährlich ändern. In den UK, AK bzw. ad-hoc-AK werden die
Normentexte fachlich-inhaltlich gemäß den Regeln des DKE
unter Beachtung der Terminketten zur Inkraftsetzung bearbei-
tet. Die Normungsarbeit ist vorzugsweise freiwillig und sollte
nicht ausschließlich dem Gesetzgeber allein überlassen werden.
Durch Mitarbeit in der internationalen Gremienarbeit kann früh-
168
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Quelle: DKE/Schütz, Bilder: Kliesch


Bild 2: Aufbauorganisation und Struktur des K411.

169
zeitig auf Entwicklungstendenzen Einfluss genommen werden,
wenn die sich anbahnenden Ergebnisse nicht dem angestreb-
ten Ziel entsprechen. Eine aktive Mitarbeit und die entspre-
chende technische Kompetenz sind im Rahmen der Erstellung
bzw. Überarbeitung der bestehenden Normen die Kriterien für
eine erfolgreiche Normung. Im Bereich der Kabel und Garnitu-
ren ist eine entsprechende Unterstruktur hilfreich, um die erfor-
derliche Facharbeit mit seiner Vielzahl an Normen durch die
Hersteller und Anwender sachgerecht zu begleiten, siehe Bild 2.
In den zu bearbeitenden Normen werden die Festlegungen
zum Aufbau der Kabel und Leitungen, deren Abmessungen, die
elektrischen, mechanischen und thermischen Eigenschaften, so-
wie das Verhalten gegenüber äußeren Einflüssen und die zuge-
hörigen Stück-, Auswahl und Typprüfungen getroffen. Normen
sind in einem Regelwerk mit einer über viele Jahre gewachsenen
Struktur und Historie systematisch durchnummeriert und mit
vielen Querverweisen zu korrespondierenden Normen versehen.
Daher lässt sich nur grob schätzen, wie viele Normen Einfluss

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
auf die Errichtung der Kabelanlage haben. Es sind auch Gesetze
und Verordnungen zu berücksichtigen, die die Anzahl der Doku-
mente auf einen hohen dreistelligen Bereich anschwellen lassen.
Weiterführende Informationen sind den Normen selbst zu ent-
nehmen bzw. bei der Produktauswahl ggf. mit dem Lieferanten
abzustimmen. Nachfolgend werden kurz und übersichtlich die
Hauptnormen und ihr aktueller Stand beschrieben. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Die Starkstromkabelnormen werden im UK411.1 in Deutsch-
land und im europäischen Spiegelgremium CENELEC TC 20 WG9
fachlich-inhaltlich bearbeitet, siehe Bild 2.
Die Starkstromkabelgarniturennormen werden im UK411.3
in Deutschland und im europäischen Spiegelgremium CENELEC
TC 20 WG11 fachlich-inhaltlich bearbeitet, siehe Bild 2 oben.

1.4 FNN
Seit mehreren Jahren gibt es die Organisation des FNN (Forum
Netztechnik/Netzbetrieb) im VDE. Der FNN ist eine nationale
Organisation unter dem Dach des VDE und gilt als Förderverein,
170
siehe Organigramm in Bild 3. Weiterführende Informationen
sind auf der Internetseite des FNN unter www.vde.com/fnn
verfügbar. Der FNN erstellt VDE-Anwendungsregeln (als Tech-
nische Regeln) und Technische Hinweise, die für den sicheren
und zuverlässigen Betrieb der Transport- und Verteilnetze Lö-
sungen zur Planungssicherheit anbietet. Die Ziele der Arbeit
sind praxisorientierte und in Fachkreisen für Anwender, wie In-
dustrie, Hersteller und deren Entwickler erarbeitete o. g. Doku-
mente in relativ kurzer Zeit zu erarbeiten. Im FNN wird im
Wesentlichen in deutschen Projektgruppen mit begrenzter Ex-
pertenanzahl zügig ein Ergebnis erarbeitet, während die inter-
nationale Normenarbeit sich i.  d. 
R. über mehrere Jahre
erstreckt. So können für u. a. Netzplaner hilfreiche Dokumente
für z. B. innovative Technologien im Rahmen der Energiewende
als z. B. Technische Hinweise verfügbar gemacht werden. Dar-
über hinaus werden auch Lösungen für das Zähl- und Messwe-
sen angeboten, denn unter dem Stichwort „Smart Meter“ wird
ein wichtiger Bestandteil von Smart Grid fachkompetent betreut.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Auch für den Tiefbau, der Netzbetreiber immer wieder vor neue
Herausforderungen stellt, können Technische Regeln bzw. In-
formationen abgerufen werden.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 3:  Aufbauorganisation und Struktur des FNN

171
Auf Grund der Neuregelung des WHG und einer bundesein-
heitlichen Regelung basierend auf den Landesverordnungen
wurde in 2014/2015 eine Projektgruppe (PG) beauftragt, sich
mit der Thematik auseinanderzusetzen und ggf. einen Techni-
schen Hinweis (TH) zu erarbeiten. Parallel kann es auf Grund
der einhergehenden einzuhaltenden bzw. zu veranlassenden
Pflichten zu einer BDEW-Dokumentation kommen. Ziel des TH
ist eine Empfehlung zur „Verordnung über Anlagen mit wasser-
gefährdenden Stoffen“ (AwSV), hier §36 „Besondere Anforde-
rungen an unterirdische Öl- und Massekabelanlagen“ für die
interessierten Kreise zu erstellen. Die fachliche Fertigstellung
ist in der PG erfolgt und eine Veröffentlichung ist abhängig von
der Entscheidung der Inkraftsetzung AwSV in den zuständigen
Bundesgremien.
In der in 2015 fertig gestellten FNN VDE-AR-N-4220 „Bau-
unternehmen im Leitungstiefbau – Mindestanforderungen“
werden Sparten übergreifende Mindestanforderungen festge-
legt. Hier werden bekannte, aber aktualisierte Hinweise tabella-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
risch wie Checklisten dargestellt und erstmalig für alle Sparten
gültig zusammen festgelegt. Diese PG bestand aus Experten
aller Gewerke der Gas-, Wasser-, Telekommunikations- und
Energiewirtschaft, sowie dem Leitungstiefbau, Rohrleitungsbau
und der deutschen Bauindustrie/-baugewerbe. Inhaltlich be-
rücksichtigt dieses Dokument alle relevanten und einschlägigen
Normen, sowie Verordnungen und Gesetze zu den auszuführen- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
den Tätigkeiten im Rahmen von Legungsmaßnahmen der vor-
genannten Gewerke.

1.5 Starkstromkabelnormen
1.5.1  Niederspannungskabel DIN VDE 0276-603: März 2010
Der Status der Inkraftsetzung der im letzten Überarbeitungszy-
klus vorgenommenen Anpassungen ist auf Grund von noch zu
klärender Abstimmung in der CENELEC TC20 WG9 unverändert.
Die für Deutschland relevanten Teile 0, 1, 3-G und 5-G sind von
diesen Dingen ausgenommen. Es handelt sich um andere nati-
onale Teile dieses Normenkompendiums von fast eintausend
172
Seiten mit Festlegungen zu den verschiedenen Kabelkonstruk-
tionen und Anforderungen auf Grund nationaler Anpassungen,
welche nicht nur redaktionell sind. Technische Änderungen
werden in WG 9 durch Umfrage in den nationalen Komitees
bearbeitet. Diese Norm soll als Kompendium 2016 veröffent-
licht werden. Es kann aber auch später werden. Was heißt das
für den Anwender in Deutschland? Er kann weiter auf der Basis
der gültigen Ausgabe seine Kabel anfordern. Da eben in den
o. g. Teilen keine Anpassungen erforderlich wurden.
In der aktuell gültigen Ausgabe aus dem Jahr 2010 wurden
die normativen Verweise gegenüber den Änderungen aus 2006
aktualisiert, die Aderfarben gemäß VDE 0293-308 übernom-
men. Im Teil für die PVC-isolierten Kabel wurden die Anforde-
rungen für die PE-Mäntel neu aufgenommen und weitere
Querschnitte in den zugehörigen Tabellen eingearbeitet. Es
konnten auf Grund verbesserter Fertigungstechnologien die
Toleranzen geringfügig reduziert werden, welches in Folge des-
sen den maximalen Außendurchmesser verringerte. Bei den
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

VPE-Kabeln wurden Kleinstwerte für die Außendurchmesser


neu aufgenommen und die Haftfestigkeit zwischen der Aderiso-
lierung und den Gießharzformstoffen in der Typprüfung ergän-
zend eingeführt. Der Leitfaden für die Verwendung enthält
informativ Hinweise für den Anwender hinsichtlich der Legung,
der Inbetriebnahme und des Betriebes, sowie der Fehlersuche.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

1.5.2  Mittelspannungskabel DIN VDE 0276-620: November 2010


Aktuell erarbeitet der neu eingesetzte ad-hoc-AK „Inbetrieb-
nahmeprüfung“ eine Aktualisierung im deutschen Teil 10-C
(war bis 2010 in zwei Teilen 5-C und 6-C zu finden) des Ab-
schnittes 3.5 „Empfohlene Prüfungen nach der Verlegung,
wenn gefordert“. Hierzu kann zum Redaktionsschluss des Bei-
trages noch keine konkrete Aussage getroffen werden, wann
die Anpassung veröffentlicht wird. Hier sind auch die internati-
onalen Überarbeitungszyklen einzuhalten. Grundlage zur Modi-
fikation des Abschnittes sind neue Erkenntnisse bei den
Inbetriebnahmeprüfsystemen und Messmethoden.
173
Der ad-hoc-AK „Mittelspannung“ hat die Überarbeitung mit
Maßnahmen zur Verbesserung und Präzisierung der Prüfarten
und –umfang fertig gestellt und folgt nun den Regeln der In-
kraftsetzung. Diese angepasste Norm kann demnächst veröf-
fentlicht werden. Es erfolgt eine Erweiterung für größere
Querschnitte bedingt durch die Energiewende in Deutschland.
Die Erweiterung basiert auf empirisch ermittelte Vorzugstypen
und den Anforderungen der Fertigung gerecht werdend, moti-
viert durch neuere Messtechnik, insbesondere bei der Aufbau-
prüfung. Diese Überarbeitung bekräftigt den Absichtswillen die
Rationalisierung weiter voranzutreiben und die Normenarbeit
den aktuellen Erfordernissen für die Zukunft zu gestalten. Es ist
der derzeitige Kenntnisstand und das verfügbare Wissen zu den
vorhandenen Kabelbauarten abgebildet. Weiterhin kann schon
erwähnt werden, dass auch RE-Leiter mit Vorzugsquerschnit-
ten in der Norm erscheinen werden. Auch wurden die Anforde-
rungen an den Außenmantel hinsichtlich der Wanddicke
präzisiert und optische Messgeräte in den Stand der Norm

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
aufgenommen.

1.5.3  Hochspannungskabel DIN VDE 0276-632: Mai 1999


Auch hier wurde zum Redaktionsschluss noch keine Ent-
scheidung zur Veröffentlichung getroffen, da formale Sachver-
halte die Veröffentlichung erschweren. Hinweis des Autors: Bei Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
der Beschaffung von Kabeln nach dieser Norm können sich
Anwender am bereits entwickelten Entwurf in Abstimmung mit
dem jeweiligen Anbieter von diesen Kabelanlagen orientieren.
Die aktuell gültige Ausgabe aus dem Jahr 1999 löst die
VDE 0263 aus dem Jahr 1991 ab. Im Rahmen der Neustruktu-
rierung der Normen wurde die Hochspannungskabelnorm nun
in die Normenreihe DIN VDE 0276 aufgenommen. Da diese
Norm nun schon sehr lange in Deutschland bekannt ist, soll an
dieser Stelle bereits auf den noch nicht frei gegebenen Nor-
mentwurf der DIN VDE 0276-632 mit Einspruchsfrist bis
31. Dezember 2011 eingegangen werden.

174
In dieser aktualisierten Ausgabe wurde die IEC 60840 als
Teil 1 übernommen und in den Hauptabschnitten wurden die
nationalen Anforderungen aus der o. g. IEC technisch-inhaltlich
präzisiert. Anzumerken ist hier, dass die IEC 60840 im Jahr
2012 (Edition 4.0) aktualisiert und um ein verkürztes Präqualifi-
kationsverfahren ergänzt, herausgegeben wird.
Mit diesen Maßnahmen ist festzustellen, dass eine Anglei-
chung zwischen den deutschen, europäischen und internatio-
nalen Forderungen im Rahmen des Revisionsverfahrens zeitnah
umgesetzt werden kann.
Eine weitere Besonderheit dieser Norm ist, dass hier eine
Systemprüfung als Typprüfung durchgeführt wird, d. h., das
zuzulassende Kabel bzw. die angewandte Kabelabschluss- und
Verbindungstechnik (Garnitur) wird in einem Prüfzyklus gleich-
zeitig mit der gleichen Prüftabelle und -belastung unterzogen.
Zwischenzeitlich gibt es insbesondere bei der Messtechnik
neue Erkenntnisse, die im ad-hoc-AK Hochspannung bearbeitet
werden und evtl. noch eingearbeitet werden können. Die Hoch-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

spannungskabel gewinnen durch neue Verordnungen und Ge-


setze in Deutschland zunehmend an Bedeutung, so dass sich
u. a. durch die Zulassungsverfahren bei den Betreibern interes-
sante Erkenntnisse einstellen, die es zu bewerten gilt.

1.5.4  Prüfanforderungen an Starkstromkabel VDE 0276-605:


Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Juli 2009
Im Rahmen der Gremienarbeit bei CENELEC TC20 WG9 wurde
mit einem Fragebogen an die Mitgliedsländer der CENELEC eine
Abstimmung zur Aufnahme der Überarbeitung gestartet. In ei-
ner ersten entwickelten Zusammenfassung konnte man einen
Teil von Löschvermerken von Prüfungen identifizieren, jedoch
ist es noch keine abgestimmte Vorlage. Für Deutschland sind
diese ersten Erkenntnisse derzeitig noch nicht wirksam, da die
Vorschläge im UK411.1 in 2016 beraten werden müssen.
Die Norm stellt ein Kompendium mit den internationalen Er-
fahrungen zu den verschieden Kabelkonstruktionen dar und ist
mit einer Vielzahl von Prüfmöglichkeiten sicher nur von Experten
175
bei den Herstellern und in Prüfinstituten beherrschbar. Die o. g.
Reduzierung der Prüfverfahren stellt eine sehr langwierige Ana-
lyse dar und bedarf der intensiven Arbeit der Experten, ob diese
Harmonisierung wirklich den gewünschten Effekt darstellt. Man
muss hierzu wissen, dass sich die relevanten Prüfnormen für die
zugehörigen Kabel ebenfalls in den harmonisierten Dokumenten
als Kompendium der Länder befinden.
In der aktuell gültigen Ausgabe aus dem Jahr 2009 wurden
die normativen Verweise aktualisiert, sowie einige Prüfverfah-
ren überarbeitet. So wurde die Messung der Dicke der
Metallmäntel, der Drähte, der Streifen und der Bänder von Be-
wehrungen, die Bestimmung des Leiterdurchmessers, sowie
die mechanischen Prüfungen an metallenen Aufbauelementen
aktualisiert. Weiterhin wurde die aktualisierte Langzeitprüfung
neu aufgenommen. Die bisherige Ausgabe 605/A1 wurde ein-
gearbeitet. Der Teil 605 beschreibt alle erforderlichen Prüfan-
forderungen und Festlegungen für Starkstromkabel. Diese
Norm ist ein sehr umfangreiches Werk und dient der Vergleich-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
barkeit bei der Durchführung der Prüfungen in verschiedenen
Prüfinstituten.

1.5.5  Kurzzusammenfassung Kabel und Aussicht


Zu den vorgenannten Normen für die Starkstromkabel gibt es
weitere Normen (Teile), in der DIN-VDE-Reihe 0276, die für das Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Verteilnetz von relevanter Bedeutung sein können. So werden
weiterführende Anforderungen u. a. zu nachfolgenden Kompo-
nenten von Kabelnetzen beschrieben in :
• Teil 604: Kabel mit verbesserten Verhalten im Brandfall für
Kraftwerke (in Überarbeitung)
• Teil 626: isolierte Freileitung (in Überarbeitung)
• Teil 627: Steuerkabel
• Teil 633: Prüfanforderungen für Ölkabel bis 400 kV
(keine Überarbeitung festgelegt)
• Teil 634: Gasinnendruckkabel
(keine Überarbeitung festgelegt)

176
• Teil 635: Gasaußendruckkabel und Garnituren
(keine Überarbeitung festgelegt)
• Teil 2067: Höchstspannungskabel > 150 kV

Der Teil 2067 (Höchstspannungskabel > 150 kV) beschreibt die


nationalen Anforderungen basierend auf den in IEC bereits be-
währten Prüfverfahren und -anforderungen. Im Teil 1000 wird
die Strombelastbarkeit und die Umrechnungsfaktoren von
Starkstromkabel angegeben. Diese Kabelnormen haben nicht
die hohe Dynamik bei der Überarbeitung wie die Normen in den
vorher genannten Abschnitten und werden nur nach mehrjähri-
gen Erfahrungsgewinn aktualisiert. Dies gilt auch für die immer
stärker werdende Einflussgröße der regenerativen Erzeugungs-
anlagen und deren Anbindung an die Netze, sowohl On- als
auch Offshore. Für HGÜ-Kabel, in der Fachwelt HVDC-Kabel
genannt, wurde die Normungsarbeit in einem ad-hoc-AK des
UK411.1 „HVDC“ aufgenommen. Da diese Anlagen derzeitig nur
durch die Transportnetzbetreiber betreut werden, erfolgt hier
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

kein weiterer Arbeitsstand.

1.6 Starkstromkabelgarniturennormen
1.6.1  Niederspannung VDE 0278-393: November 2006
Diese Norm war bisher die einzige EN-Norm und kein HD-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Kompendium im Bereich der Kabel und Garniturennormen, s. u.


1.8.1 (VDE0278-655). Eine EN-Norm ist das Ziel der Normungs-
arbeit und stellt eine Europa weite Harmonisierung dar. Bei ei-
nem HD (harmonisiertem Dokument) sind die relevanten
nationalen Normen in einem Kompendium zusammengefasst
und stellen einen vorbereitenden Schritt für weitere Normungs-
aktivitäten dar. Diese Aktivitäten können sich über mehrere Jah-
re hinziehen und auch mehrere Überarbeitungszyklen überdauern.
Gerade bei den Kabelgarnituren stellt sich eine Normung auf
Grund der vielseitigen Garniturentechnologien noch schwerer dar,
da die historisch gewachsenen Kabelnetze unterschiedliche Typ-
prüfungen und Prüfanforderungen für die einzusetzende Techno-
logie zur Folge haben. In dieser Niederspannungsnorm ist es
177
aber gelungen die jahrzehnte-lange Erfahrung mit der Prüfsyste-
matik in eine Norm zusammenzuführen. Mit dieser EN-Norm
wurde erfolgreich aus der bisher bekannten HD 623 die
EN 50393 als EN-Norm und VDE 0278-393 erstmalig in Kraft
gesetzt. Beschrieben werden, in den Prüfreihen tabellarisch auf-
gelistet, die Prüfungen für Abzweig-, Verbindungs- Übergangs-
und Endmuffen, sowie Endverschlüsse.
Die Ausgabe ist seit Oktober 2015 in Deutschland in Kraft
gesetzt. Die Änderungen sind sehr hilfreich für die Anwendung
und das Verständnis der Norm. Eingearbeitet wurden auch
neue Erkenntnisse und Präzisierungen zu den Prüfungen. Im
nationalen Vorwort einer Norm werden immer die Änderungen
deutlich gemacht, die nachfolgend kurz in Auszügen dargestellt
sind.
Es wurden Präzisierungen zu den bestehenden Prüfungen
und Zulassungen in Absatz 1 eingearbeitet und im Abschnitt 3
die Begriffe und Definitionen angepasst. Die Anzahl der nach
dieser überarbeiteten Norm zu prüfenden Garnituren im Rah-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
men der Typprüfung hat sich erhöht. Weiterhin wurde der Gel-
tungsbereich angepasst, Erweiterung zu Kabelkonstruktionen
und der Verbindertechnologie. Sicher kann die Aufnahme von
Festlegungen zu den Anwendungen der Verbinder als neu be-
zeichnet werden. Wer aber in den letzten Jahren in Deutschland
die Garnituren komplett mit Verbinder beschafft hat, hat schon
diese aktualisierten Festlegungen teilweise proaktiv erhalten, Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
denn neue Garnituren können bereits im Entwurf einer Norm in
Abstimmung mit dem Anwender geprüft werden. Der Entfall
des bisherigen Abschnittes 6.4 zu Verpackung, Kennzeichnung
und Beschriftung ist sicher für Anwender überraschend, ist
aber im Sinne der internationalen Vorgaben in die sog. Kenn-
zeichnung zur Rückverfolgbarkeit aufgegangen und muss nun
ggf. in Art und Umfang durch den Anwender mit dem Hersteller
abgestimmt werden. Die bisherige Prüfposition „Untersuchung“
in Abs. 8.8 wurde präziser und ist jetzt verpflichtend zu doku-
mentieren. Dies ist für Anwender hilfreich, dient aber weiterhin
nur der Information und ist sorgfältig zu behandeln, wenn die
Prüfung bestanden wurde. Es sollte darauf geachtet werden,
178
dass die Untersuchungsdokumentation zwischen Prüfinstitut
und Hersteller gemeinsam im Prüfbericht abgestimmt wird. Da
die Darstellung der Untersuchungsergebnisse nicht in seiner
Ausprägung zur Klassifizierung geeignet ist, dienen die gewon-
nenen Informationen als Backup. Die Anhänge mit Informatio-
nen zum verwendeten Prüfkabel, den Angaben zu Garnituren
und Verbinder, gehen als standardisierte Anlage zum Prüfbe-
richt.

1.6.2  Mittelspannung VDE 0278-629: Juli 2009


In den aktuell gültigen Ausgaben des Teil 1 (Kunststoffisolierte
Kabel) und Teil 2 (papierisolierte Kabel) aus dem Jahr 2009
wurden die sicherheitsrelevanten Hinweise zur Erweiterbarkeit
der Prüfungen auf kleinere U 0 bei geschirmten steck- und
schraubbaren Kabelsteckteilen durch die Prüfung der Wiederer-
kennbarkeit des Fehlers bei kleinster U 0 neu aufgenommen. In
diesen Teilen werden ebenfalls tabellarisch die erforderlichen
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Prüfreihen zu den Mittelspannungsgarnituren, Endverschlüssen


und Kabelsteckteilen aufgelistet. Beide Teile sind HD-Normen
und keine EN-Norm.
Es erfolgte die Überarbeitung von Teil 1 in einer von der
CENELEC TC 20, WG 11 eingesetzten Task Force zur Bearbei-
tung der eingegangenen Änderungsvorschlägen aus den euro-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

päischen Mitgliedsstaaten der CENELEC. Die geleistete Arbeit


zeigte eine hohe Bereitschaft das Verbesserungspotenzial im
Wesentlichen einzuarbeiten. Alle Vorschläge können es nie sein,
da viele zu stark nationale Netzsituationen, Kabelkonstruktionen
und Erfahrungen betreffen. So wird weiterhin z. B. das Thema
Montagehandling, -bedingungen und -hinweise keine Aufnahme
finden. Hier sind einfach die regionalen und strukturellen Hürden
weiterhin zu hoch. Diese Überarbeitung kann aber eine gute
Basis für eine baldige EN-Norm sein. Ob dies schon im nächsten
Maintenancecycle erfolgt, soll aber hier und heute offen bleiben.
Die aktuelle Überarbeitung wurde aktiv vom deutschen UK411.3
begleitet. Die Vorschläge zur Präzisierung der Prüfreihen stellen
eine weitere Verbesserung der HD (VDE) dar.
179
Eingeflossen sind die Erkenntnisse aus den letzten Jahren
zu Prüfverfahren, Querschnittserhöhungen, Aussagen zur Ver-
bindertechnik, Normaktualisierungen und auch die bekannte
Gültigkeitserklärung von bestehenden Prüfzertifikaten nach
bisher gültiger Norm. So müssen eben nur neue Entwicklungen
und signifikante Technologieänderungen an der Garnitur ge-
prüft werden. Was als signifikant anzusehen ist, sollte immer
zwischen Hersteller und Anwender abgestimmt werden. Auch
die Garniturenprüfbereiche wurden nun komplett neu aufge-
stellt und erhöhen die Produktsicherheit durch abgestimmte
Zuordnung zur Produktfamilie mit seinen modifizierten Prüfrei-
hen. Bei den Prüfreihen entfällt die Gleichspannungsprüfung
und die Wechselspannungsprüfung wurde fachlich präzisiert.
So wird nur noch mit 4,5 U 0 für 5 min geprüft. Es erfolgt wie bei
der Niederspannung (VDE0278-393) die Dokumentation der
Prüfkabel und Verbindertechnik, sowie die Lagerfähigkeit bzw.
-bedingungen. Eine weitere aufwendige Dokumentation wird
zukünftig den nach neuer Norm geprüften Garnituren als Anla-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
ge zur Verfügung stehen. Es wird nun normativ die Untersu-
chung der Garnitur nach Abschluss aller Prüfungen mit
ausgewählten Fotos zu den Einzelkomponenten dokumentiert.
Auch der Geltungsbereich der Übertragbarkeit der Prüfergeb-
nisse von z. B. VPE auf EPR wurde erweitert. Hingegen wurde
PVC als Isolationsmaterial in der Mittelspannung als obsolet
erklärt und entfällt. Es gibt eine neue Zuordnung von Kabel- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
steckteilen mit der Erweiterung der Typprüfung bzw. eines
Kurztests. Nicht aufgenommen wurden hingegen Prüfungen
zur thermischen Stabilität, da u. a. der Aufwand zu hoch ist.
Auch die Simulation zum „Vorhandensein von Feuchtigkeit“
gibt nur bedingt und Technologie abhängig ggf. Hinweise zum
Produkt. Dies gilt auch für Prüfungen mit höherer Belastung
und gesteigerter Temperatur zur Ermittlung u. a. des Alterungs-
verhaltens. Diese vorgenannten Prüfungen sind national in
verschiedenen Ländern weiter in lokaler Ausführung und wer-
den weiter beobachtet, um ggf. in einer der nächsten Überar-
beitungen auf Grund neuer Erkenntnisse aufgenommen werden
zu können.
180
1.6.3 Hochspannung
Hier gibt es eine Besonderheit, denn durch die Systemprüfung
von Kabel und Garnitur werden die aktuellen Ergebnisse siehe
im Absatz Hochspannungskabel in der VDE 0276-632 beschrie-
ben. Diese Systematik lehnt sich, ergänzt um nationale Anfor-
derungen, an den in IEC 60840 beschrittenen Weg der
Komplettprüfung der Kabelanlage an. Tabellarisch aufgelistet
sind die Prüfanforderungen gemäß des Isolationswerkstoffs
und mit den erforderlichen Prüfspannungen und Prüfpegel der
Spannungsebene entsprechend.

1.7  DIN-Normen für Starkstromkabelgarnituren


1.7.1  DIN V 47640 für Niederspannungs-Verbindungsmuffen
In der Niederspannung wurde vor mehr als 10 Jahren mit der
Einführung der Schraubverbindertechnik die Erkenntnis gewon-
nen, dass es hilfreich wäre eine Norm zu entwickeln, die Maße
für Verbindungsmuffen festlegt. Es ist gelungen, eine DIN als
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Vornorm zu entwickeln und unter DIN V 47640 einzuführen.


Vornorm deshalb, weil diese Norm nicht gemäß dem erforderli-
chen Villamoura-Verfahren in der CENELEC als Normantrag
angezeigt wurde. Ziel war es, eben schnell und ohne den lang-
wierigen Abstimmprozess in Europa, für den deutschen Markt
die Verbindungstechnologien (Press- und Schraubverbinder) in
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

einer Maßnorm für diese Verbinder und den zugehörigen


Schläuchen zu erstellen. In der DIN V 47640 sind Muffentypen
beschrieben, die unter Berücksichtigung der Erfahrungen in
Mustermontagen zu den Verbindungstechniken gewonnen wur-
den. Es erleichtert dem Anwender in diesem Segment standar-
disierte Produkte zu finden. Die Muffen nach dieser Norm
werden durch das Bestehen der Prüfungen nach VDE 0278-393
und 631-2 zugelassen.
Hierzu wurde in 2015 ein ad-hoc-AK im UK411.1 „Überarbei-
tung DIN V47640“ eingesetzt. Ziel ist die Aktualisierung der
Verbindertechnik und die Schlauchgrößen anzupassen.

181
1.7.2  DIN-Normen für Durchführungen an Mittelspannungs-
Schaltanlagen
Seit mehreren Jahrzehnten gibt es in der Mittelspannung neben
der Anschlusstechnik „Endverschlüsse“ auch die Möglichkeit
den Anschluss an Schaltanlagen und Transformatoren zwei
weitere Technologien, die Innenkonus- und Außenkonusausfüh-
rung. Diese steck- und schraubbaren Anschlusstechniken
konnten durch die Mehrbereichstechnik (Schraubtechnik) bei
Leiterverbindern die Anwendungsbereiche dieser Kabelsteck-
teile erweitern. In DIN EN 50180 werden die Maße und Anwen-
dungsbereiche für die Innenkonustechnik und für die
Außenkonustechnik wird es in DIN EN 50181 angeben. Für die
Außenkonustechnik wurde in der letzten Aktualisierung der
Anwendungsbereich auf größere Durchführungen mit einer
höchsten Bemessungsspannung von 52 kV und für Bemes-
sungsströme bis 2.500 A erweitert.

1.8 Weitere Materialnormen zur Starkstromkabelanlage

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
(Auszug)
In den nachfolgenden Abschnitten werden auszugsweise weite-
re Normen rund um die Kabelanlage im Verteilnetz kurz er-
wähnt und deren Zielrichtung erläutert. Eine ausführliche
Übersicht über die relevanten Normen zur Errichtung und dem
Betrieb von Kabelanlagen gibt es u. a. in der Fachliteratur [1] Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
und bei den Verlagen des DIN, DKE und weiteren Anbietern, z. B.
Beuth, usw..

1.8.1  Materialcharakterisierung VDE 0278-655, Teil 1-3


In weiteren Teilen der DIN-VDE-Reihe 0278 (in Klammern der
Teil dieser Normreihe) werden die sog. Fingerprintprüfungen zur
Materialcharakterisierung beschrieben. Diese Normen werden
nun als EN-Norm DIN EN 50655 im Jahr 2016 in Kraft gesetzt.
Dies ist somit die zweite EN-Norm und kein HD-Kompendium
im Bereich der Kabel und Garniturennormen, s. o. 1.6.1
(VDE0278-393). Die nationale Normbezeichnung war bisher
182
bekannt als HD631 bzw. DIN VDE 0278-631-Teil 1 bis 4, wobei
Teil 3 nicht besetzt war. Durch Beschluss des CENELEC TC 20
in WG 11 wurde aus der HD nun eine EN-Norm. In diesem Zuge
wurden fachliche Aktualisierungen im Rahmen des Überarbei-
tungsverfahrens eingebracht. Die seitens des zuständigen
deutschen UK411.3 eingebrachten Änderungsvorschläge wur-
den bestätigt.
Diese Normreihe umfasst weiterhin 3 Teile mit Prüfreihen,
um die Anforderungen und Toleranzen der zugelassenen Com-
pounds von Garnituren für die jeweilige Garniturentechnologie
des Herstellers festzulegen. In diesen Prüfreihen werden die
Materialcharakteristika zu den Komponenten der Garnituren-
technologien in:
• Teil 1: Reaktionsharze,
• Teil 2: Warmschrumpftechnik für die Nieder- und Mittel-
spannung,
• Teil 3: Kaltschrumpftechnik
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

mit den bedingten Toleranzen festgelegt.


Für die Aufschiebtechnik wurde bisher keine einheitliche
Prüfreihe entwickelt.
Diese Normen beinhalten sehr aufwendige Materialprüfun-
gen, die meistens nur durch den Hersteller selbst bzw. von
ausgewählten Prüfinstituten sichergestellt werden können und
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

eingeschränkt auch der Qualitätssicherung beim Anwender die-


nen können.

1.8.2  Schlauchnormreihe DIN VDE 0341 (DIN EN 60684)


Diese Normreihe befasst sich mit den Isolierschläuchen in
Starkstromkabelanlagen. Hier ist ein deutsches, europäisches
und auch weltweit parallel gültiges Normenwerk in den letzten
Jahren entstanden und steht für die weltweite Harmonisierung
dieses elektrotechnischen Bauteils in der Kabelanlage. Es wird
in mehreren Teilen gemäß der IEC-Normsystematik unterglie-
dert in:

183
• Teil 1 (Allgemeine Anforderungen)
• Teil 2 (Prüfanforderungen)
• Teil 3 (Material) mit seinen sog. „Blättern“.
Im z. B. Blatt 247 („warmschrumpfende Polyolefinschläuche mit
Innenbeschichtung“) werden die Anforderungen, Prüfungen
und Maße für diesen Schlauchtyp spezifiziert und aufgelistet.
Es sind in 2015 weitere „Blätter“ für andere Schlauchkonstruk-
tionen und deren Anwendungsbereiche, hier für z. B. Aufteilkap-
pen oder Ölsperrschläuche in Kraft gesetzt worden.

1.8.3  Reaktionsharzmassen DIN VDE 0355 (IEC 60455)


Hier wird aktuell an einem neuen „Blatt“ für Reaktionsharzmas-
sen mit niedrigerer Aushärtetemperatur und Shore-Härte als die
bekannten Polyurethan-Gießharzmassen gearbeitet. Die sog.
„Kaltvergussmassen“ sind seit vielen Jahren im Einsatz, aber es
gelang bisher noch nicht eine eigene Typprüfung und ebenso
einen „Fingerprint“ als Normen zu entwickeln. Diese Arbeit wird

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
intensiv in einer europäischen Task Force vorangetrieben.
Diese Normreihe befasst sich mit Reaktionsharzmassen in
Starkstromkabelanlagen. Hier ist ein deutsches, europäisches
und auch weltweit parallel gültiges Normenwerk in den letzten
Jahren entstanden und steht für die weltweite Harmonisierung
auch dieser Garniturentechnologie der Kabelanlage. Es wird in
mehreren Teilen gemäß der IEC-Normsystematik untergliedert in: Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

• Teil 1 (Allgemeine Anforderungen)


• Teil 2 (Prüfanforderungen)
• Teil 3 (Material) mit seinen sog. „Blättern“.
Im z. B. Blatt 8 („Reaktionsharzmassen für Kabelgarnituren“)
werden die Anforderungen, Prüfungen und Maße für diesen Harz-
typ spezifiziert und aufgelistet. Hier ist im nationalen Vorwort eine
Auswertematrix mit einem genormten Gitterschnittmuster aufge-
nommen, um die beim Aushärten möglicherweise entstehenden
Hohlräume zu bewerten. Die sog. „Bläschengröße“ lässt sich
mittels einer ausdruckbaren Folie und einer Legende mit Größen-
einteilung bei Polyurethangießharze nun bewerten, siehe Bild 4.
184
Bild 4:  Gitterschnitt einer Reaktionsmasse mit Auswertegitter

1.8.4  Isolations- und Mantelwerkstoffe VDE 0473 (DIN EN 60811)


In dieser Normreihe werden die aktuellen Prüfverfahren und zur
Anwendung kommenden Materialien für die Starkstromkabel
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

festgelegt. Es ist ein umfassendes europäisches Normenwerk,


welches in Deutschland bis in die 1990er Jahr unter der Norm-
reihe DIN VDE 0472 bekannt war. Diese Normreihe wird in ver-
schiedenen weiteren Normgremien in Deutschland z. B. im K181
(feste elektrische Isolierstoffe) und seinen Arbeitskreisen bear-
beitet und die Kabelindustrie bedient sich dieser zur Sicherstel-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

lung und Nachprüfbarkeit der durchzuführenden Prüfungen


auch im Rahmen der Qualitätssicherung. Hier erfolgt weiter
kontinuierlich die Aktualisierung der Normreihe.

1.8.5  Verbindernormen nach VDE 0220


Hier soll ein Zwischenstand einen Eindruck von der Komplexität
der Verbindertechnik und der Prüfverfahren dargestellt werden.
Es wird seit nun zwei bis drei Jahren intensiv versucht die
Normerfahrungen international zu validieren. Diese Herausfor-
derung ist komplex, aber der Umfang und die gewonnenen Er-
kenntnisse sind für die Fachexperten so nicht wirklich erwartet
worden. Es steht hier auch eine Neustrukurierung der Normrei-
185
he international im Fokus. Es soll den Verbindertechnologien
und der IEC-Normen-Logik folgend, der Norm eine neue Struk-
tur gegeben werden. So viel kann einleitend bereits genannt
werden, dass alle bekannten und in Anwendung befindlichen
Verbindungsarten auch in Analogie berücksichtigt werden. Es
werden 3 Teile erstellt. Teil 1 für Niederspannungs-Verbinder,
Teil 2 für Isolation durchschneidende Verbinder und Teil 3 für
Mittelspannungsverbinder. Ein Teil 4 für Hochspannungsverbin-
der kann erst nach der Bearbeitung der CIGRE-Arbeit erfolgen.
Die detailliertere Herausforderung besteht in der international
geprägten Anwendung und der Vielzahl nationaler Normen,
über Jahre bewährte Konstruktionen, deren Erfahrungen und
Anwenderforderungen zu systematisieren und normativ aufzu-
bereiten. Was ist daran neu? Die erste Ausgabe vor 20 Jahren
war eher ein „normativen Charakter besitzendes Kompendium“.
Die praktische Anwendung, hier insbesondere für Hersteller
und Prüfinstitute zeigte sich als große Herausforderung. Diese
bei Redaktionsschluss des Beitrages sehr umfangreich vorlie-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
genden Unterlagen und Informationen hier kurz abzubilden wer-
den diesem elementaren Bestandteil der Kabelanlagen, hier
Abschluss- und Verbindungstechnik, nicht gerecht.
Die Zunahme der Querschnitte und Leitergeometrien der
Kabel stellen die Verbinderhersteller bei der Entwicklung vor
immer wieder neue Herausforderungen, da eben auch noch re-
lativ zu anderen Spannungsebenen sehr kleine Fertigungslän- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
gen projektspezifisch hergestellt werden. Bei z.  B.
Aluminiumleiter > 1.000 mm² wird nicht nur die festzulegende
Höhe des Kurzschlussstromes eine zu lösende Aufgabe sein,
sondern fordert auch die Prüfinstitute. Die Prüfzyklen sind ther-
misch zu beherrschen, sowie die Streuungen der Verbinderkon-
struktionen bei der maximal in der Prüfung ermittelten
Temperatur sind zu validieren. Die Kühlung nach jedem Heizzy-
klus erfordert größere Aggregate. Weiterhin werden nun auch
Schirmverbinder geprüft werden können. Nicht zu vernachlässi-
gen sind die Vielzahl an Verbinderkonstruktionen, -entwicklun-
gen und auch Patente, die zu beachten sind. Verworfen wurde
in dieser Überarbeitung die Prüfung von „Notlasteigenschaften“,
186
also temporäre Überlastungen der Kabelstrecke, was eher für
die Garnituren als für die Verbinder zu beachten ist. Informatio-
nen und Auswertungen sind bei den Netzbetreibern noch nicht
ausreichend vorliegend, Wiedervorlage in nächster Überarbei-
tung möglich. Auf Grund der vorgenannten grundsätzlichen und
den Kern der Normarbeit bestimmenden Einflussgrößen, wurde
eine CIGRE-Arbeitsgruppe speziell für Hochspannungskabel-
verbindungen gegründet. Diese erarbeitet, eben den internatio-
nalen Prozessen folgend, eine Empfehlung für Normmerkmale
aus, die wiederum von der Task Force eingearbeitet werden
können. Hintergrund sind die noch relativ geringen Erfahrungen
mit den großen Querschnitten. So werden eben auch die aktu-
ellen wissenschaftlichen Untersuchungen weltweit in Auswer-
tung gebracht und berücksichtigt. Auch werden insbesondere
die Anforderungen der Netzbetreiber und Errichtern von Anla-
gen in der Hochspannung Einfluss nehmen und nach Möglich-
keit Berücksichtigung finden.
Diese IEC-Normreihe wird in D als VDE in Kraft gesetzt
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

werden können. Das zuständige UK411.3 hat hierzu einen ad-


hoc-AK „Verbindertechnik“ beauftragt, der auch die internatio-
nale Arbeit in den entsprechenden Gremien (CIGRE und IEC)
vertritt. Es findet eine parallele Bearbeitung, also keine Doppel-
arbeit zwischen CENELEC und IEC statt. Die Absicht ist in kür-
zeren Intervallen die gewonnenen Erfahrungen künftig schneller
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

normativ verfügbar zu machen. Es bleibt auch hier spannend,


aber baldiger Erfolg in Aussicht.

1.9  Kurzzusammenfassung Kabelgarnituren und Aussicht


Wie bei den Starkstromkabel gibt es auch für die Starkstromka-
belgarnituren weitere Normen, die für das Verteilnetz von rele-
vanter Bedeutung sein können. In den voran gegangenen
Abschnitten wurde über die Materialnormen berichtet. Die
Prüfanforderungen für die Starkstromkabelgarnituren werden
in der DIN EN 61442 (VDE 0278-442) festgelegt und beschrie-
ben. Hier wurde u. a. in der letzten Überarbeitung eine parallele
Aufnahme als IEC 61442 erzielt. Es gilt hier die Vergleichbarkeit
187
zwischen den Prüfinstituten sicherzustellen. Dies zeigt auch
den Trend zu mehr Internationalisierung bei den Garniturennor-
men. Darüber hinaus gibt es noch weitere Prüfreihen für die
isolierte Freileitung. Diese werden in der Normenreihe DIN EN
50483 dargestellt. Weitere korrespondierende Normen zu den
Starkstromkabelgarnituren siehe jeweils im nationalen Vorwort
der hier u. a. hier genannten Normen, dem nationalen Anhang
(NA) oder auch den Literaturhinweisen in den Normen.

1.10  Fazit zur Gremienarbeit


Wie eingangs geschrieben, kann man nun erkennen, dass die
Internationalisierung der Normenarbeit weiter vorangetrieben
wird. So wurde in 2015 eine Übersetzung der IEC60183
(VDE0276-183) als Anleitung zur Planung und Errichtung von
Hochspannungskabelanlagen mit hilfreichen Informationen für
Anwender ohne eigene Planungsabteilung und auch Errichtern
von EEG-Anlagen, sowie natürlich Interessierten erstellt und in

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Kraft gesetzt. Darüber hinaus wird durch HVDC nun in der
Normenarbeit bei Kabel ein neues Feld betreten, wo noch viele
technische Herausforderungen die Normarbeit stark beeinflus-
sen werden. Auch eine neue europäische Initiative zur Baupro-
duktenordnung (CPR) welche Festlegungen zum Brandschutz
vorgibt und nun auch die Kabelwelt stärker einholt als bisher,
stellen noch einigen Zündstoff in der Normenarbeit dar. Ein Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
weiteres Beispiel für dieses Wirken ist neben der EN 50393
(VDE 0278-393) ist nun die DIN EN50655 (VDE0278-655-1) zu
nennen. Die Anwendung dieser Norm wird sicher sehr interes-
sant. Diese Norm hatte einen Teil seines Ursprungs vor ca. 25
Jahren in der VDE 0291, wurde dann in HD631-1 mit Fingerprint-
und Typprüfung überführt. Nun steht die Typprüfung überführt
in einer IEC-Norm (IEC60455-3-8). So wurde aus DIN VDE 0291
nun im Wesentlichen zwei in die internationale Normenstruktur
fachlich überführte Normen.
Das aktive Mitarbeiten fachkompetenter Mitglieder der deut-
schen Gremien in internationalen Arbeitsgruppen erleichtert die
Arbeit im nationalen Komitee und erhöht die Berücksichtigung
188
der Interessen der Anwender in Deutschland und somit die Ak-
zeptanz der international erstellten Normen. Diese Normen er-
setzen in keiner Weise die erforderliche Regelsetzungsarbeit
bzw. Produktbeschreibung des Netzbetreibers bzw. des An-
wenders, denn die Normprüfungen umfassen sog. Produktfa-
milien bzw. Produktreihen bei den Herstellern und Lieferanten
und bedürfen einer Überprüfung der Anwendbarkeit im Netz. Es
gilt individuell zu prüfen, ob die relevanten Produkte auch den
Hauptanwendungsbereich derart abdecken, dass das Restrisi-
ko im Anwendungsbereich sicher eingrenzt werden kann. Es
können nicht alle Produkte einer Technologie vollumfänglich
einer kompletten Typprüfung unterzogen werden, da dass die
Prüfkosten und den Aufwand bei Zulassungen nach Modifikati-
onen der Produkte in die Höhe schnellen lässt. Normen stellen
ein übergeordnetes Regelwerk dar, welches einen Stand der
Technik abbildet, der sicher beherrscht wird. Da im Zeitalter der
Energiewende die Trends und Anwendungserweiterungen
durch neue größere Querschnitte es zu berücksichtigen gilt, ist
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

immer eine kritische Bewertung der Technologien und deren


Prüfzeugnisse zwischen Hersteller und Anwender abzustimmen.
Dies kann auch Erweiterungsprüfungen oder ergänzende Prü-
fungen im Rahmen der Produktzulassung erfordern. Nicht zu
vergessen ist die Langzeitprüfung und deren Rückschlüsse auf
den Lifecycle des Betriebsmittel Kabel. Hierzu kann sich der Rat
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

der Prüfinstitute eingeholt werden, die als unabhängige Fachex-


perten Empfehlungen oder auch eigene bzw. ergänzende
Prüfreihen zur Zulassung des Produktes erstellen. Aus diesen
Erfahrungen, die auch international gewonnen werden, können
zukünftig die Normen bei einer Überarbeitung ergänzt und in
die entsprechende Prüfreihe überführt werden.
So bleibt die Normen- und Gremienarbeit auch in der Zukunft
ein weites Feld, welches den interessierten Kreisen hilfreiche
und praktische Hinweise als Entscheidungsunterstützungssys-
tem bietet.

189
2 Literaturverzeichnis
[1] Cichowski, R.-R.: Kabelhandbuch, Kapitel 14: Vorschriften und Normung,
EW Medien und Kongresse (2012)
[2 Merschel, F. und Kliesch, M.: Starkstromkabelanlagen, Kapitel 14: Normung
und Gremien, EW Medien und Kongresse (2012)

3 Glossar
AR Anwendungsregel, Regelwerk des FNN
BG Berufsgenossenschaft
CENELEC europäisches „Spiegelgremium“ zu IEC
DIN Deutsche Industrie Norm
DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik
EN Europäische Norm
FNN Forum Netztechnik/Netzbetrieb
HD Harmonisierungsdokument
IEC International Electrotechnical Commission
TF Task Force, Bezeichnung der Arbeitsgruppen int. Gremienarbeit
TH Technischer Hinweis, Regelwerk des FNN

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
VDE Verband der Elektrotechnik

4 Abkürzungsverzeichnis
bzw. beziehungsweise
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
ca. circa, Synonym für ungefähr, gerundete Angabe
d. h. das heißt
evtl. eventuell
o. g. oben genannt
o. ä. oder ähnliches
s. o. siehe oben
s. u. siehe unten
sog. sogenannt
u. a. unter anderem
u. U. unter Umständen
z. B. zum Beispiel
z. Zt. zur Zeit

190
Spannung sicher prüfen: Klasse contra Störfeld
Jürgen Finsinger, Steffen Jordan und Karolina Kos

Eine zuverlässige und sichere Spannungsprüfung setzt unter


anderem den Einsatz des richtigen Spannungsprüfers voraus.
Was selbstverständlich erscheint, ist nicht leistbar ohne Be-
rücksichtigung der Prüfbedingungen, die von Anlage zu Anlage
divergieren. Das zeigen Jahrzehnte der Betriebserfahrung mit
kapazitiven Spannungsprüfern für Spannungen ab 1 kV:
Störfeldeinflüsse können Ihre Funktionalität riskant beeinträch-
tigen – wenn Spannungsprüfer-Klasse und Anlagenkonfigurati-
on nicht harmonieren.
Kapazitive Spannungsprüfer haben sich weltweit in vielen
Anwendungsfeldern der Energietechnik durchgesetzt – aus gu-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

191
ten Gründen. Sie bieten einen hohen Gefährdungsschutz, sind
benutzerfreundlicher und vielseitiger einsetzbar als resistive
Spannungsprüfer (Vertiefungen enthält die in der Detail-Info
genannte Publikation). Erhältlich sind sie in den Klassen S
und L. Deren Grenzen und Möglichkeiten zu kennen, ist wichtig,
will man die genannten Vorteile kapazitiver Spannungsprüfer
sicher ausspielen.

Detail-Info:
Weiterführende Publikation, Normbezüge und Begriffsverwendungen
• Dieser Buchbeitrag ist der zweite Teil einer Fachbericht-Serie von
PFISTERER zum fachgerechten und sicheren Einsatz von Spannungsprüfern
für Spannungen ab 1 kV aus Praxis- und Normsicht. Hinweise in diesem
Beitrag auf weiterführende Informationen beziehen sich auf folgende Publi-
kation: Teil 1 der Fachbericht-Serie, erschienen im PFISTERER-Kundenma-
gazin CONNECT, Ausgabe 1-2015 (downloadbar unter www.pfisterer.de).
• Bezüge im Beitrag zur IEC 61243, Teil 1 folgen der deutschen Norm-
Fassung: EN 61243-1:2005 + A1:2010.
• Spannungen von 1 bis 36 kV werden als Mittelspannung (MV) bezeichnet,

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
alle Spannungen darüber als Hochspannung (HV).

A. Klassenunterschied: Eine Komponente

Den wesentlichen Klassenunterschied zeigt Bild 1 anhand zwei-


er marktgängiger Modelle für die Mittelspannung: Bei Span-
nungsprüfern der Klasse L (oben im Bild) befindet sich die Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Kontaktelektrode [1] nahe am Anzeigegerät [4], bei Span-
nungsprüfern der Klasse S (unten im Bild) an der Spitze der
Kontaktelektrodenverlängerung [2]. Die Kontaktelektrodenver-
längerung vergrößert den Abstand zwischen Kontaktelektrode
und Anzeigegerät [Ai].
Bei kapazitiven Spannungsprüfern ergibt sich die Notwendig-
keit dieser „eingebauten“ Distanz insbesondere aus dem Umstand,
dass ihre Auswertungselektronik im Anzeigegerät prinzipbedingt
auf elektrische Störfelder reagieren kann (weitere Erläuterungen
enthält die in der Detail-Info aufgeführte Publikation).

192
Bild 1: Spannungsprüfer der Klasse S (im Bild unten ein marktgängiges Modell)
sind standardmäßig mit einer Kontaktelektrodenverlängerung [2] ausge-
rüstet. Dadurch kann man sie generell tiefer in Anlagen eintauchen (Ein-
tauchtiefe [A i ]), ohne Störfeld-Einflüsse zu riskieren, als die kürzeren
klassischen Klasse-L-Prüfer (ein marktgängiges Modell oben im Bild).

B. Störfelder: Große Wirkung

Ein Störfeld beschreibt die für kapazitive Spannungsprüfer in-


ternational gültige Norm IEC 61243-1 als „überlagerndes elekt-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

risches Feld, das die Anzeige beeinflussen kann. Es kann von


dem zu prüfenden oder anderen, benachbarten Anlagenteilen
herrühren und beliebige Phasenlagen haben.“
Diese Aussage bedarf natürlich einer differenzierten Ausle-
gung. Jeder elektrisch geladene Körper erzeugt ein elektrisches
Feld. So auch die zu prüfenden Anlagenteile von luftisolierten
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Mittel- und Hochspannungsanlagen. Ihre elektrischen Felder


reichen in den umgebenden Raum. Dabei überlagern sie sich
gegenseitig und mehr oder weniger auch das an einem Span-
nungsprüfer anliegende Feld. Genügten diese Gegebenheiten,
um die Funktionalität kapazitiver Spannungsprüfer auszuhe-
beln, wären sie nie weltweit anerkannter Stand der Technik
geworden.
Eine Negativwirkung im Normsinn entfalten elektrische Fel-
der in der Regel nur unter einer Bedingung: Das Anzeigegerät
muss sich während der Spannungsprüfung sehr nah an einem
oder mehreren abstrahlenden Anlagenteilen befinden. Nur hier
ist die Feldstärke noch ausreichend hoch, um die Auswertungs-
elektronik im Anzeigegerät beeinflussen zu können. Beachtung
193
fordert diese Tatsache dennoch. Denn ihre möglichen Folgen
sind fatal.
Zwei Worst-Case-Szenarien sind aus der Betriebspraxis be-
kannt. Unter dem Einfluss eines gleichphasigen Störfelds signa-
lisiert das Anzeigegerät Spannungsfreiheit, selbst wenn das
geprüfte Anlagenteil noch unter Betriebsspannung steht. Legt
der Anwender gemäß der fünf Sicherheitsregeln im nächsten
Schritt eine Erdungs- und Kurzschließvorrichtung an, verur-
sacht er beim Anschluss der Phasenklemme einen Kurzschluss.
Dieser kann nicht nur die Anlage beschädigen oder zerstören.
Auch der Prüfperson drohen massive Gesundheitsgefahren wie
Brand-, Trommelfell- und Lungenverletzungen, schlimmsten-
falls der Tod.
Umgekehrt lässt der Einfluss eines gegenphasigen Störfelds
den Spannungsprüfer Betriebsspannung anzeigen, selbst wenn
keine mehr anliegt. Dadurch ziehen sich nicht nur die Arbeiten
an der Anlage in die Länge. Häufen sich Falschanzeigen, verliert
der Anwender das Vertrauen in die Zuverlässigkeit eines sicher-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
heitsrelevanten Arbeitsgeräts.
Beide Störfeldarten können grundsätzlich an allen luftisolier-
ten Betriebsmitteln und Komponenten für Mittel- und Hoch-
spannung auftreten, beispielsweise an Transformatoren,
Schaltanlagen und Sammelschienen, aber auch an Freileitun-
gen. Dieser zweite Berichtteil fokussiert MV-Anlagen-Konfigu-
rationen, die typisch für Umspannwerke sind. Ihre Betrachtung Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
lässt diejenigen Prüfbedingungen deutlich erkennen, die gene-
rell eine riskante Nähe des Anzeigegeräts zu abstrahlenden
Anlagenteilen begünstigen.

C.I. Kriterium Anlagen-Bauweise

Innenraum-Schaltanlagen sind eine weltweit verbreitete MV-


Standardanwendung. Obwohl ihre Bauweisen von Anlage zu
Anlage variieren, teilen sie eine charakteristische Gemeinsam-
keit: Ihre zu prüfenden Anlagenteile sind so angeordnet, dass
die Prüfperson den Spannungsprüfer tief in das Anlageninnere
194
eintauchen muss, um sie mit der Kontaktelektrode erreichen zu
können.
In Bild 2 ist eine einfach konfigurierte Schaltanlagezelle mit
parallel geführten Sammelschienen zu sehen. Der rote Bereich
um die gelbe Sammelschiene markiert das von ihr erzeugte
elektrische Feld, dessen Feldstärke ausreichend hoch ist, um
das Anzeigeverhalten des Spannungsprüfers beeinflussen zu
können.
Wie die obere Grafik demonstriert, ist ein Anwender mit ei-
nem Spannungsprüfer der Klasse S für diese Konstellation
gewappnet: Die Sammelschiene lässt sich problemlos kontak-
tieren; die Kontaktelektrodenverlängerung hält das Anzeigege-
rät auf sicherer Distanz zu den kritischen Feldbereichen.
Anders in der unteren Grafik. Hier provoziert die kurze Bau-
form des eingesetzten Klasse-L-Modells den Anwender zu ei-
nem riskanten Vorgehen. Um die Sammelschiene kontaktieren
zu können, muss er den gesamten Spannungsprüfer deutlich
tiefer in die Schaltanlagenzelle eintauchen. Dabei rückt das An-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

zeigegerät automatisch in den kritischen Bereich des gleichpha-


sigen Störfeldes des zu prüfenden Anlagenteils – und außerdem
in die Störfeldzonen der nah benachbarten Sammelschienen
(gegenphasige Störfelder, die hier der Übersichtlichkeit wegen
nicht dargestellt werden). Wichtig in diesem Zusammenhang:
Die sich überlagernden Störfelder der drei Phasen können sich
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

zwar zu einem Teil gegenseitig neutralisieren, jedoch ist da-


durch keinesfalls eine Beeinflussung des Anzeigeverhaltens des
Spannungsprüfers sicher ausschließbar, sodass Anwender und
Anlagenintegrität weiterhin gefährdet sind.
Diese riskante Situation tritt noch wahrscheinlicher ein,
wenn die Sammelschienen nicht parallel angeordnet sind, son-
dern diagonal zueinander versetzt. Dadurch befinden sich zwei
Sammelschienen noch tiefer im Zelleninneren und weiter
entfernt vom Anwender. Die Summe der bisherigen Betriebser-
fahrungen zeigt, dass sich bei vielen Innenraum-Schaltanlagen-
Konfigurationen die daraus resultierende Eintauchtiefe nur mit
einer Kontaktelektrodenverlängerung gefahrlos realisieren
lässt.
195
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 2: Spannungsprüfung an einer Innenraum-Schaltanlage: Damit der Anwen-


der die zu prüfenden Sammelschienen kontaktieren kann, muss er den
Spannungsprüfer tief in die Schaltanlagenzelle eintauchen. Wird ein Span-
nungsprüfer der Klasse S eingesetzt, bleibt das Anzeigegerät außerhalb
der kritischen Feldbereiche (obere Grafik). Anders mit einem Klasse-L-
Gerät (untere Grafik): Das Anzeigegerät befindet sich im gleichphasigen
Störfeld der ersten Sammelschiene (roter Bereich) und außerdem in den
Störfeldern der benachbarten Sammelschienen (diese gegenphasigen
Störfelder sind hier zwecks Übersichtlichkeit nicht abgebildet). Selbst
wenn sich die verschiedenen Störfelder an bestimmten Punkten gegensei-
tig neutralisieren können, geschieht dies nur teilweise – ihre negative
Auswirkung auf das Anzeigeverhalten des Spannungsprüfers lässt sich
dadurch keinesfalls ausschließen.

196
C.II. Kriterium Position

Neben der Bauweise der Anlage beeinflusst ihre räumliche


Verortung die Erreichbarkeit der zu prüfenden Anlagenteile. So
kann man in Ortsnetzstationen auf ölisolierte Verteiltransfor-
matoren treffen, die nur von der Querseite zugänglich sind.
Konsequenz: Die Prüfperson kann die drei Transformatorpha-
sen nicht frontal kontaktieren, sondern nur aus einer seitlichen
Position. Diese erschwerte Prüfkonstellation zeigt Bild 3 mit
Blick von oben auf den Transformator.
In der oberen Grafik wird sichtbar, dass die Prüfperson mit
einem Spannungsprüfer der Klasse L zwar grundsätzlich alle
drei Phasen erreichen kann. Beim Kontaktieren der mittleren
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Bild 3:
Spannungsprüfung
an einem Verteil-
transformator (An-
sicht von oben), der
für die Prüfperson
nur von der Seite
zugänglich ist: Bei
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Verwendung eines
Spannungsprüfers der
Klasse L befindet
sich das Anzeigege-
rät zu nah an den
Transformatorphasen
und kann deshalb
von Störfeldern be-
einflusst werden
(obere Grafik). Si-
cheren Abstand ge-
winnt man hier nur
mit einem Klasse-S-
Gerät mit Kontakt-
elektrodenverlänge-
rung (untere Grafik).

197
Phase jedoch rückt das Anzeigegerät in die kritischen Feldbe-
reiche gleich zweier Phasen. Bei der Prüfung der hinteren Pha-
se setzt sich das Problem fort. Für solche Konstellationen sind
Spannungsprüfer ohne Kontaktelektrodenverlängerung gene-
rell zu kurz.
Kommt dagegen wie in der unteren Grafik ein längeres Klas-
se-S-Gerät zum Zug, ist das Störfeldrisiko gebannt. Stellt man
sich den dargestellten Prüfvorgang bis zum Ende vor, bleibt das
Anzeigegerät selbst beim Kontaktieren der hinteren dritten Pha-
se komplett außerhalb der roten Einflussbereiche.

D. Zusätzliches Risiko

Betrachtet man die Bilder 2 und 3 noch einmal genauer, offen-


baren sie ein zusätzliches ernstzunehmendes Risiko. Beim Ein-
satz eines Klasse-L-Modells gerät der rote Ring (Ziffer [3] in
Bild 4) und damit der Spannungsprüfer als Ganzes auf uner-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
laubtes Terrain. Unerlaubt deshalb, weil der rote Ring, wie von
der Norm 61243-1 beschrieben, „die physikalische Grenze an-
zeigt, bis zu welcher der Spannungsprüfer zwischen unter
Spannung stehende Teile eingetaucht werden oder diese berüh-
ren darf“.

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 4: Muss ein Spannungsprüfer tief eingetaucht werden, ist bei Klasse-L-Prü-
fern (ein Modell oben im Bild) ein zusätzliches Risiko höher: Der rote Ring
[3] rückt zu nahe an spannungführende Anlagenteile heran. Dadurch wird
der Mindest-Isolierabstand [Li ] unterschritten und der Anwender weiteren
Unfallgefahren ausgesetzt.

198
Mit dem Klasse-L-Prüfer wird diese Grenze überschritten –
und dadurch der Mindest-Isolierabstand [Li] faktisch verkürzt,
der als definierter Schutzbereich zwischen Grenzmarke [3] und
Begrenzungsscheibe [6] herstellerseitig in den Spannungsprü-
fer integriert ist (Länge des Isolierteils). Mangels notwendiger
Distanz zu Spannungsquellen ist die Prüfperson einem erhöh-
ten Unfallrisiko ausgesetzt.
Diese Gefahr ließe sich durch eine längere Isolierstange [5]
zwar beheben, nicht jedoch das Störfeldrisiko. Egal, wie lange
die Isolierstange auch ist, der Abstand zwischen Anzeigegerät
[4] und Kontaktelektrode [1] bleibt unverändert – bei Verwen-
dung von Klasse-L-Spannungsprüfern an Anlagenkonfiguratio-
nen wie den hier beschriebenen also zu kurz, um
Störfeldeinflüsse sicher zu beherrschen.

E.I. Lösungen: Goldene Mitte?


Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Angesichts dieser Erfahrungswerte wurde und wird immer wie-


der angestrebt, die höhere Störfeldeinfluss-Resistenz der Klas-
se S mit den Vorzügen von Klasse-L-Modellen zu kombinieren.
Letztere lassen sich aufgrund ihrer kürzeren Bauform einfacher
lagern und transportieren. Zudem kann man sie bequemer mit-
führen und handhaben – ein wichtiger Aspekt vor allem bei
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Freileitungseinsätzen.
So gibt es zum Beispiel für MV-Anwendungen eine vereinzel-
te „Hybridlösung“. Ihre Grundausführung entspricht der Klasse L
mit kurzem Kontaktelektroden-Element direkt am Anzeigegerät.
Mit einer dazugehörigen aufschraubbaren Kontaktelektroden-
verlängerung lässt sie sich zu einem Klasse-S-Typ „tunen“.
Daneben existieren reine Klasse-S-Modelle, deren Kontakt-
elektrodenverlängerung ebenfalls abnehmbar ist. Sie sind zwar
nicht wie ein Klasse-L-Gerät einsetzbar, doch kann man ihre
Kontaktelektrodenverlängerung für Transport und Einlagerung
abschrauben.

199
E.II. Lösungen: Fragwürdiger Kompromiss

Beide Designkonzepte bergen jedoch eine Reihe von Nachteilen.


Sie alle gründen auf der Trennbarkeit der Kontaktelektrodenver-
längerung vom Anzeigegerät.
Was sich entfernen lässt, kann im hektischen Einsatzalltag
verloren gehen. Oder lässt sich verwechseln, beispielsweise
wenn ein Netzbetreiber mehrere Spannungsprüfer desselben
Herstellers mit abtrennbaren Kontaktelektrodenverlängerungen
unterschiedlicher Länge nutzt und diese zeitgleich in der Werk-
statt gewartet werden. Kommt der Spannungsprüfer mit einer
falschen Kontaktelektrodenverlängerung zurück ins Feld, kann
dies nicht nur zu Falschanzeigen führen, sondern auch die Über-
brückungssicherheit des Spannungsprüfers beeinträchtigen.
Auch ist es schnell versäumt, eine abtrennbare Kontaktelek-
trodenverlängerung zusammen mit dem Spannungsprüfer zur
Wiederholungsprüfung einzureichen, die spätestens nach sechs
Jahren fällig ist. Ein zerlegbares Klasse-S-Modell wäre dann

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
mangels Kontaktelektroden-Element gar nicht prüfbar; beim
„hybriden“ Klasse-L-Modell bliebe die Kontaktelektrodenverlän-
gerung ungetestet.
Eine regelmäßige Kontrolle der Funktionalität einer trennba-
ren Kontaktelektrodenverlängerung mittels einer in den Span-
nungsprüfer integrierten vollumfänglichen Eigenprüfeinrichtung
ist nicht möglich (weitere Informationen zu Eigenprüfeinrichtun- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
gen enthält die in der Detail-Info angegebene Publikation). Nach
aktuellem Stand der Technik wäre eine solche Lösung zu auf-
wendig und kostspielig. Als einzige Kontrollmöglichkeit just vor
dem Einsatz bleibt nur eine umständliche Variante: Man testet
den zusammengesetzten Spannungsprüfer vorab an einem an-
deren Anlagenteil, das gewiss unter Betriebsspannung steht.

E.III. Lösungen: Sichere Flexibilität

Ergo kann eine separate Kontaktelektrodenverlängerung bei


falscher Anwendung schlimmstenfalls diejenigen Risiken be-
200
feuern, denen sie eigentlich entgegenwirken soll. Außerdem
wird deutlich: Eine abtrennbare Komponente fordert grundsätz-
lich mehr Aufmerksamkeit vom Anwender als ein fix verbautes
Element. Das wiederum relativiert den Handlingkomfort, den
man durch die Trennbarkeit der Kontaktelektrodenverlängerun-
gen anstrebte. Unterm Strich bieten bis dato Spannungsprüfer
der Klasse S mit untrennbarer Kontaktelektrodenverlängerung
und umfassendem Selbsttest das Maximum an abgesichertem
Spielraum – auch für den Einsatz an Freileitungen.

F. Sonderlösung für Sonderfall

Berechtigung haben aufschraubbare Lösungen dennoch – in


besonderen Fällen. So gibt es unter anderem Anwendungen,
deren Störfeldpotenzial man selbst mit Spannungsprüfern der
Klasse S nicht ohne zusätzliche Verlängerung sicher beikom-
men kann. Dafür beispielhaft steht aus dem Mittelspannungs-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

bereich der Gießharztransformator, auch „Trockentransformator“


genannt. Wie beide Bezeichnungen suggerieren, wird für seine
Isolierung anstelle Öl unter anderem Epoxidharz genutzt.
Da Gießharztransformatoren standardmäßig über kein geer-
detes Metallgehäuse verfügen, ist ihre komplette Oberfläche von
elektrischen Feldern umgeben und ihre Feldabstrahlung insge-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

samt viel höher als die von ölisolierten MV-Transformatoren.


Gleichzeitig teilen beide Betriebsmittel als klassische Innen-
raum-Anlagen eine für Spannungsprüfungen relevante Gemein-
samkeit. Sie werden häufig in Umgebungen mit knappen
Platzverhältnissen installiert. Typische Einsatzgebiete von Gieß-
harztransformatoren sind unter anderem Krankenhäuser, Büro-
gebäude und Industrieanlagen, aber auch Schiffe. Infolgedessen
können auch Gießharztransformatoren so aufgestellt sein, dass
ihre zu prüfenden Anlagenteile nur von der Querseite zugäng-
lich sind. Bild 5 vermittelt einen Eindruck davon aus der
Betriebspraxis.
Die Auswirkungen des Zusammentreffens von extremen
Feldverhältnissen und eingeschränktem Anwender-Handlungs-
201
radius skizziert Bild 6 aus der Draufsicht. Es lässt deutlich die
potenzielle Weitläufigkeit der kritischen Feldbereiche an einem
Gießharztransformator erkennen.
In der oberen Grafik sieht man, dass selbst ein Klasse-S-Span-
nungsprüfer für diese anspruchsvolle Konstellation zu kurz ist.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 5: Ein sehr hohes Störfeldrisiko bergen Spannungsprüfungen an Gießharz-


transformatoren – erst recht, wenn die zu prüfenden Stromschienen, wie
hier, nur von der Seite kontaktiert werden können.

202
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 6: Spannungsprüfung an einem quer gestellten Gießharztransformator (An-


sicht von oben): Starke Feldabstrahlung und nur seitlich zugängliche An-
lagenteile addieren sich zu erschwerten Prüfbedingungen. Folge: Selbst
mit einem Klasse-S-Modell sind die Stromschienen nicht einwandfrei kon-
taktierbar (obere Grafik). Um Störfeldeinflüsse zuverlässig auszuschlie-
ßen, muss der Klasse-S-Spannungsprüfer mit einer Zusatz-Verlängerung
kombiniert werden (untere Grafik).

203
Trotz Kontaktelektrodenverlängerung befindet sich sein Anzei-
gegerät beim Kontaktieren der Stromschienen im gefährlichen
Störfeldbereich.
Sichere Abhilfe kann man hier nur schaffen, indem man auf
die vorhandene Standard-Kontaktelektrodenverlängerung eine
zusätzliche Verlängerung aufschraubt. Wie in der unteren Grafik
zu sehen ist, bewirkt der Verbund der beiden Komponenten eine
ausreichende Reichweite des Spannungsprüfers; das Anzeige-
gerät bleibt außerhalb der kritischen Feldbereiche.
Bild 7 verdeutlicht den Längenunterschied zwischen einem
Spannungsprüfer der Klasse S mit Standard-Kontaktelektro-
denverlängerung (Modell oben im Bild, Ziffer [2]) und demsel-
ben Modell, das mit einer zusätzlichen Verlängerung ausgerüstet
ist (Modell unten im Bild, Ziffer [7]).

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Bild 7: Eine Klasse, zwei Reichweiten: Oben im Bild ist ein Klasse-S-Spannungs-
prüfer mit fixer Standard-Kontaktelektrodenverlängerung [2] abgebildet.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Für Sondereinsätze wie in Bild 6 kann man auf dasselbe Gerät eine Zusatz-
Verlängerung [7] aufschrauben (unten im Bild).

Zusätzliche Verlängerungen gibt es in zahlreichen Ausfüh-


rungen, die auf verschiedene gängige Anlagenbauweisen abge-
stimmt sind (Bild 8). Ihre Funktionalität sollte idealerweise vor
dem Einsatz per Vorabprüfung an einem spannungführenden
Anlagenteil getestet werden, da die Eigenprüfeinrichtung eines
Spannungsprüfers die Zusatz-Verlängerung aus den im Ab-
schnitt E.II. genannten Gründen nicht erfasst. Grundsätzlich
kommen nur nach IEC 61243-1 geprüfte, herstellerseitig zuge-
lassene Verlängerungen in Frage. Nur diese erfüllen dieselben
Anforderungen wie Standard-Kontaktelektrodenverlängerun-
204
gen und sind auf das jeweils eingesetzte Spannungsprüfer-
Modell abgestimmt. Völlig ungeeignet, da hochriskant, sind
„Lösungen der Marke Eigenbau“ – sie können, wie Praxiserfah-
rungen belegen, schwere Stromunfälle verursachen.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 8:
Für den sicheren Einsatz von zusätzlichen Ver-
längerungen bieten Spannungsprüfer-Hersteller
normgeprüfte Lösungen an, die auf das jeweili-
ge Spannungsprüfer-Modell und die Standard-
Bauweisen verbreiteter Anlagen ausgelegt sind.
Hier abgebildet sind vier Zusatz-Verlängerungen
für diverse MV-Anwendungen.

205
G. Fazit

Konkrete und allgemeingültige Richtwerte für grundsätzlich


unzureichende Distanzen zwischen Anzeigegerät und span-
nungführenden Anlagenteilen respektive deren kritische Feld-
bereiche können Hersteller von Spannungsprüfern nicht geben.
Als Serienprodukte lassen sich Spannungsprüfer auf bekannte
und berechenbare Größen auslegen, wie gängige Anlagentypen
und deren Nennspannungen, nicht jedoch auf mitwirkende
hochvariable Faktoren. In Grenzfällen kann allein der Neigungs-
winkel des Spannungsprüfers darüber entscheiden, ob sein
Anzeigegerät die fließende Grenze zwischen vernachlässigba-
rem und gefährlichem Feldstärkenbereich überschreitet.
Jedoch bündeln die dargestellten Anwendungsbeispiele Er-
fahrungswerte mit Störfeldern, aus denen sich zwei Faustfor-
meln für deren Beherrschung ableiten lassen: Erfordern die
Prüfbedingungen ein tiefes Eintauchen des Spannungsprüfers
in die Anlage, empfiehlt sich ein Modell mit Kontaktelektroden-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
verlängerung. Bei extremen Feldabstrahlungen – und anderen
vergleichbar starken Einflussfaktoren – sollte man außerdem
eine zusätzliche Verlängerung einsetzen, um auf der sicheren
Seite zu sein. Daneben bieten die Beschreibungen der verschie-
denen Herstellerlösungen eine Orientierungshilfe, die einem
Grundsatz folgt: Je weniger potenzielle Handhabungsfehler ein
Spannungsprüfer im anspruchsvollen Einsatzalltag erlaubt, Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
umso besser kann er Anwender und Anlage schützen.

206
Vorausschauende Netzführung in Verteilungs­
netzen – ein notwendiger Beitrag aufgrund künftig
steigender Systemrelevanz von VNB
Martin Brochtrop und Erik Hauptmeier

1  Motivation und Hintergrund

Die Energiewende bewirkt weitgehende Veränderungen in der


Struktur der elektrischen Energieversorgung in Deutschland. Dies
umfasst sowohl die zumeist diskutierten Themen Übertragungs-
netz und Systemstabilität als auch das Thema elektrische Verteil-
netze. Die Energiewende betrifft so das komplette Stromnetz auf
allen Spannungsebenen. In Hinblick auf Erzeugungsstruktur fin-
det sie weitgehend im Verteilnetz statt. Gut 97 % der aktuellen
EEG-Anlagen speisen in das Verteilnetz ein, wie Bild 1 zeigt.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 1: Verteilung der EEG-Einspeisung nach Kraftwerksliste


der BNetzA vom 25.09.2015 (NS in MS/NS enthalten)

207
Bedingt durch die wachsende Anzahl dezentraler Einspeiser ist
die Richtung des Lastflusses gerade in Verteilnetzen nicht mehr
wie früher klar definiert. Über den Tag verteilt kann die Rich-
tung des Lastflusses mehrmals wechseln. Aus diesem Grund
ist es für den Verteilnetzbetreiber notwendig geworden, jeder-
zeit einen Überblick über den aktuellen und den zukünftigen
Systemzustand des Netzes zu haben. Darüber hinaus bewirkt
die zunehmende Verlagerung der Stromerzeugung vom Über-
tragungsnetz in das Verteilnetz, dass zukünftig die Netz- und
Systemsicherheit nur gemeinsam von Übertragungs- und Ver-
teilnetznetzbetreibern gewährleistet werden kann.
Der weitere Zubau von Photovoltaik-Anlagen wird voraus-
sichtlich ausschließlich im Verteilnetz erfolgen, der Zubau der
Erzeugungsanlagen im Wind-Onshore-Bereich erfolgt in der
Regel ebenfalls in den Mittel- und Hochspannungsebenen des
Verteilnetzes. Das Einspeiseverhalten von EEG-Erzeugungsan-
lagen, wie z. B. Windparks und Photovoltaikanlagen, ist sehr
stark volatil und von den aktuellen Wetterverhältnissen, wie

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Windstärke und Sonneneinstrahlung, abhängig. Die dadurch
bedingten Schwankungen der Einspeiseleistungen, verbunden
mit entsprechenden Lastsituationen, können sehr schnell zu
kritischen Netzsituationen führen. Dies wird durch den Rück-
gang konventioneller Erzeugung und durch die Zunahme der
Handelsaktivitäten des Strommarktes weiter verschärft, denn
daraus resultieren starke Schwankungen der Einspeiseleistun- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
gen. Die Netzführung wird dadurch zukünftig zunehmend kom-
plexer.
Somit stehen die Netzbetreiber vor der Herausforderung,
ihre Netze auf eine Vielzahl unterschiedlicher Last-/Einspeise-
situationen anzupassen. Aus Sicht des Asset-Managements
führt dies zu der klassischen Abwägung von Netzausbau, ba-
sierend auf Extremannahmen („Kupfer“) gegen Einführung in-
telligenter vorausschauender Systeme und entsprechend
dynamischer Netzführung (s. Bild 2). Die dazugehörigen Kos-
ten-Nutzenabschätzungen zeigen oft, dass sich die „smarte“
Lösung lohnt, insbesondere wegen der neuen Anforderungen
und Aufgabenstellungen aus dem EEG-Bereich. Daher werden
208
die Betreiber von Verteilnetzten in Zukunft zwingend Prognose-
systeme benötigen, um kritische Netzsituationen frühzeitig er-
kennen zu können und geeignete Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Bild 2:  Entwicklung der Anforderungen an die Netzführung im Verteilnetz

Doch selbst bei Lösungen, die auf Netzausbau basieren, wer-


den kritische Situationen und Abweichungen von der Netznor-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

malschaltung häufiger auftreten. Wenn für solche kritische


Situationen keinerlei oder nur wenig Information im Vorfeld zur
Verfügung steht, bleibt dem Leitstellenpersonal in diesen Fällen
oft nur wenig Zeit, die notwendigen Gegenmaßnahmen vorzu-
nehmen, bevor Grenzwerte überschritten oder Betriebsmittel
gefährdet werden. Diese Maßnahmen umfassen z. B. Änderun-
gen im Schaltzustand, Netzzusammenlegungen oder Leis-
tungsreduzierungen von Einspeisern. Eine vorausschauende
Netzführung wird somit auch insgesamt notwendig, damit zu-
künftige Lastflüsse mit Ausfallvariantenrechnungen und/oder
Optimierungen prognostiziert und ausgewertet werden können.
Bei nicht zulässigen Betriebszuständen können dann lastfluss-
korrigierende Maßnahmen ergriffen werden.
209
2 Aufbau und Funktionsweise der Online-Netz­
berechnungen für aktuelle Zeitpunkte

Die Leitsysteme von Verteilnetzbetreibern wie z. B. der West-


netz sind mit Online-Netzberechnungsverfahren zur Netzzu-
standsbewertung ausgestattet, wie in Bild 3 dargestellt. Diese
so genannten höheren Entscheidungs- und Optimierungsfunkti-
onen (HEO-Funktionen) umfassen im Wesentlichen die Berech-
nung von Netzzuständen sowie darauf aufbauende weitere
Verarbeitungen zur Unterstützung der Betriebsführung für aktu-
elle Zeitpunkte. Die Berechnungen insgesamt werden als Netz-
sicherheitsrechnung (NSR) bezeichnet. Beim Einsatz von
online- Netzberechnungsprogrammen ist es notwendig, sich
Klarheit über die Modellbildung zu verschaffen. Die Ergebnisse
hängen sehr stark von der Güte der Nachbildung der Betriebs-
mittel ab, wobei unter guter Nachbildung eine dem vorliegen-
den Problem entsprechende, angepasste Nachbildung der
Betriebsmittel verstanden werden soll.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Die Datenbasis enthält eine vollständige und konsistente
Beschreibung des Netzes. Hierzu muss das überlagerte
380-/220-kV-Netz des ÜNB für die Netzberechnungen im Ver-
teilnetz zwingend mit modelliert werden. Zur Sicherstellung ei-
ner ausreichenden Modellgenauigkeit muss auf hinreichend
differenzierte teilgebietsbezogene Daten des ÜNB zurückgegrif-
fen werden. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Basis für diese Netzberechnungen ist der so genannte State-
Estimator. Dieser sorgt für die Erzeugung des geforderten kon-
sistenten und weitgehend fehlerbereinigten Datensatzes des
eigenen Netzes einschließlich der Kuppelknoten. Als willkom-
mene Nebenprodukte der Estimation fallen die Erkennung von
Topologiefehlern (z. B. durch Saldierung der Leistungsflüsse an
vollständig gemessenen Netzknoten) und grob falschen Mess-
werten an. Wesentlich sind die folgenden vier Berechnungen:
1. Die Lastfluss-Rechnung ermittelt anhand einer vorgebbaren
Einspeisungs- und Belastungssituation sowie einer Netzto-
pologie den sich einstellenden Lastfluss. Dazu können dem
Lastfluss beliebige Daten vorgegeben werden, je nach dem,
210
mit welchem Ziel welche Szenarien untersucht werden sol-
len (Planungsrechnung, Simulation, Schalthandlungsüber-
prüfung, Ausfallrechnung).
2. Die Kurzschlussrechnung ermittelt die Kurzschlussströme
für einen angenommenen Kurzschluss-Fall.
3. Die Ausfallvariantenrechnung (AVR) hat in ihrem Kern eine
Lastflussrechnung. Dieser werden nacheinander die Ausfäl-
le verschiedener Betriebsmittel (Trafos, Leitungen etc.) vor-
gegeben. Mit den Ergebnissen wird geprüft, ob es bei dem
jeweiligen Ausfall zu Überlastungen von Betriebsmitteln
kommen würde (Stichwort (n-1)-Sicherheit). Solche Über-
lastungen werden signalisiert.
4. Die Lastflussoptimierung (OPF) ermittelt die optimale Blind-
leistungseinspeisung und abgeleitet davon die zugehörigen
Stufenstellungen bzw. Spannungssollwerte der Transforma-
toren mit dem Ziel, die Blindleistungsflüsse und damit die
Netzverluste zu minimieren. Diese Funktion wird zyklisch
abgerufen, die Ergebnisse werden durch Schaltaufträge
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

oder über Fernsteuerung umgesetzt. Technisch gesehen ist


das Übersetzungsverhältnis der Maschinen- und Netzkup-
peltransformatoren zu verändern.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 3:  Übersicht der Netzsicherheitsrechnungen

211
Aufgrund der neuen Aufgabenstellungen und Anforderungen aus
dem EEG-Bereich erweitern Verteilnetzbetreiber ihre Netzleit-
systeme kontinuierlich. Eine wichtige Erweiterungsstufe sind
dabei die Prognosefunktionen für die Einspeisung erneuerbarer
Energien (Wind und Solar). Darauf aufbauend werden voraus-
schauende Netzsicherheitsrechnungen bereitgestellt, die integ-
raler Bestandteil des Leitsystems sind. Diese Erweiterung macht
die Netzzustandsbeurteilung mit allen o. a. Funktionsmodulen
für Zeitpunkte der Zukunft möglich. Das Systemkonzept für die
Prognosefunktionen und die nachfolgenden Berechnungsschrit-
te werden nachfolgendend näher beschrieben.

3  Systemkonzept heute

Den grundsätzlichen Aufbau der Vorausschaurechnungen zeigt


Bild 4. Die Lastflussprognose erfolgt dabei in 4 Stufen und ist in
Bild 5 dargestellt. EEG-Prognosen können sowohl von externen

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Dienstleistern bereitgestellt und in das Leitsystem importiert
werden als auch intern über die Prognosefunktionen des Leit-

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 4:  Struktur eines NSR- und Lastflussprognosesystems

212
systems berechnet werden. Zur internen Ermittlung der Prog-
nosewerte müssen Wetterdaten in das Leitsystem importiert
werden. Zur Modellierung des 380/220-kV-Netzes werden
DACF1-Datensätze des ÜNB bereitgestellt und in das System
importiert. Die Topologie der Zukunftszeitpunkte kann entwe-
der über eine Topologiesimulation oder über eine Schnittstelle
zu einem Schaltantragsverwaltungssystems erzeugt werden.
Die vom Prognosesystem ermittelten Werte für die Lasten und
Einspeisungen werden dem NSR-System als Datenbasis zum
Durchführen der Vorschaurechnungen übergeben
Die aktuelle Topologie der unterlagerten Mittelspannungs-
netze wird zwar im Leitsystem geführt. Sie wird allerdings für
die vorausschauenden Rechnungen zunächst nicht modelliert.
Diese Netze werden durch prognostizierte Netzlasten bzw. Ein-
speisungen nachgebildet. Das Prognosesystem erlaubt es,
Lastgänge von Datenpunkten in die Zukunft zu prognostizieren.
Die EEG-Einspeisungen werden pro ONS (Ortsnetzstation)
ermittelt und kumuliert pro Verteilnetztrafo übermittelt. Auf Ba-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

sis von Referenzanlagen können diese auch vom Leitsystem


prognostiziert werden.
Prognoseverfahren für Lasten beruhen zu großen Teilen auf
Auswertungen historischer Daten mittels Regressionsrechnun-
gen oder neuronaler Netze. In erster Näherung suchen letztere
unter den bekannten Profilen der Vergangenheit diejenigen her-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

aus, die am besten zum gegenwärtigen Wetter, Wochentag und


Verbrauch passen und nehmen an, dass sich dieses Verhalten
auch am Prognosezeitpunkt wiederholen wird. Hierzu ist eine
gute Datenbasis notwendig, die in Verteilnetzen oft nur an den
Schaltanlagen besteht.
Dort sind die gemessenen Lasten jedoch Residuallasten,
also eine Mischung aus Lasten und Einspeisungen (s. Bild 6).
Daher kann auch nur die Residuallast prognostiziert werden.
Um auf die eigentliche Last zu kommen, muss diese um die
Einspeiseprognose bereinigt werden. Im aktuellen Zeitpunkt
setzt sich der gemessene und/oder vom Estimator estimierte

1 Day Ahead Congestion Forecast

213
Leistungswert des Trafos (Netzlast=PBelastung ) somit aus den
Verbrauchslasten und den EEG-Einspeisungen zusammen. Will
man die reine Lastprognose berechnen, ist von ihr die Einspei-
seprognose abzuziehen.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Bild 5:  Stufen einer Lastflussprognose

4  Integration von Smart Energy Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Mit der Einführung von Smart-Energy-Komponenten werden


die Lasten und Einspeisungen im Stromnetz ihr Verhalten än-
dern, je nachdem welche der neu eingeführten Marktrollen im
Energiesystem von ihnen besetzt werden. Speicher, virtuelle
Kraftwerke und Demandsidemanagement führen dazu, dass
diese Anschlussnehmer von ihrem natürlichen Verhalten abrü-
cken und stattdessen Fahrplänen folgen. Hier liegt eine zukünf-
tige Herausforderung für Anbieter von Prognosesystemen. In
Kooperation mit den Netzbetreibern sind diese Fahrpläne je
Netzverknüpfungspunkt zu erheben/importieren und das Last-/

214
Einspeiseverhalten der dazugehörigen Anlagen für die Progno-
sen ist anzupassen.
Zusätzlich müssen jedoch auch bestehende Prognoseverfah-
ren überprüft werden. Dies wird am Beispiel der Lastprognose
beschrieben (vgl. Bild 6). Unter den vorgenannten Vorausset-
zungen ergibt sich somit Handlungsbedarf: Sowohl Last- als
auch Einspeiseverhalten werden sich ändern, so dass die histo-
rischen Profile nicht mehr so gut zu der aktuellen Situation
passen. Dies verschlechtert gerade bei Verfahren, die neurona-
le Netze verwenden, die Prognosegüte aus drei wesentlichen
Gründen:
1. Die möglichen Kombinationen von Markt-, Last- und Wetter-
situationen werden deutlich höher. Für bislang noch nicht
da gewesene Situationen müssen z. B. bei neuronalen Net-
zen erst Trainingsdatensätze gesammelt und die neuronalen
Netze neu trainiert werden, um diese Situationen hinrei-
chend genau prognostizieren zu können.
2. Ändert sich das Einspeiseverhalten von dezentralen Einspei-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

sern aufgrund von Aggregation und Direktvermarktung per


Fahrplan, können die EE-Prognosen nicht mehr dargebots-
basiert stattfinden. Stattdessen müssen die neuen Einspei-
sefahrpläne ab einer bestimmten Anzahl von Anlagen direkt
berücksichtigt werden.
3. Analog folgen die Lasten nicht mehr der Logik des natürli-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

chen Bedarfs, sondern den Vorgaben von Regelungszielen,


z. B. Lastregelung gemäß eines Preissignals, Maximierung
von Eigenverbrauch o. ä.
Entsprechend sind die bestehenden Prognoseverfahren gemäß
den zu erwartenden, neuen Last-/Einspeiseklassen zu überprü-
fen und ggf. anzupassen. Dies erweist sich momentan als be-
sonders schwierig, da die gegenwärtige Regulierungssituation
noch nicht eindeutig ist. Z. B. der Strommarkt 2.0 hat lange nur
als Grün-/Weißbuch existiert und wird voraussichtlich erst im
Laufe des Jahres 2016 in eine rechtsgültige und verbindliche
Regulierung überführt.
Der Aufbau und der Betrieb von Prognosesystemen sind da-
her entsprechend anspruchsvoll, da trotz dieser Unsicherheiten
215
die elektrische Netzberechnung mit Fahrplanhandling, Last-
und Einspeiseprognosen verbunden werden muss. Insofern ist
es denkbar, dass in Zukunft nicht alle Netzbetreiber eigene
Prognosesysteme aufbauen und betreiben werden. Stattdessen
können sich Mandantenlösungen durchsetzen. Dies bedeutet,
dass Dienstleister und größere Netzbetreiber Lastflussprogno-
sesysteme implementieren und deren Mitbenutzung kleineren
Netzbetreibern in Form einer Dienstleistung anbieten.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bild 6:  Berechnungsprinzip der Lastprognose

5  Zusammenfassung und Ausblick

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich die Versorgungs-


aufgabe gerade der Verteilnetzbetreiber durch die Energiewen-
de ändern wird. Legt man sich auf Windenergie- und
Photovoltaikanlagen als primäre Stromquellen fest, so wird das
Gros der Erzeugung in den Verteilnetzen angesiedelt werden.
216
Somit bekommen Verteilnetzbetreiber zwangsläufig mehr Sys-
temverantwortung. Besondere Bedeutung kommt dabei der
hohen Volatilität dieser Stromquellen zu. Um dieser gestiegenen
Verantwortung gerecht zu werden, sind zukünftig Lastflusspro-
gnosen ein notwendiges Hilfsmittel, das gerade bei Flächen-
netzbetreibern wie der Westnetz GmbH schon heute eingeführt
wird.
Es ist absehbar, dass Erweiterungen an den aktuell betriebe-
nen Prognosesystemen vorzunehmen sind. Dies betrifft vor al-
lem die Integration von Smart Energy Anlagen in neuen
Marktrollen, aber auch deren Einfluss auf bestehende Progno-
severfahren. Insbesondere wenn es sich um kumulierte Last-/
Einspeisedaten handelt, sind diese Verfahren nochmals hin-
sichtlich Genauigkeit und Anwendbarkeit zu prüfen. Des Weite-
ren zeigt sich, dass die Implementierung und der Betrieb von
Prognosesystemen durchaus technisch wie regulatorisch kom-
plex sind. Aus diesem Grund ist es durchaus möglich, dass
nicht alle der rund 900 Verteilnetzbetreiber in Deutschland sol-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

che Systeme aufbauen und betreiben werden. Stattdessen er-


scheint es wahrscheinlicher, dass größere mandantenfähige
Systeme aufgebaut werden, deren Betreiber die Prognoseauf-
gabe dienstleistend für kleinere Verteilnetzbetreiber mit erfüllen
werden.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

217
Erweiterung der Netzkapazität in der
Hochspannungsebene durch den Einsatz
eines witterungsabhängigen indirekten
Leiterseiltemperatur-Monitoring-Systems
Lars Jendernalik, Udo van Dyk, Oliver Herz und
Martin Brochtrop

Zusammenfassung

Der bereits seit Jahren zu beobachtende Anstieg dezentraler


Einspeiser wird in Deutschland durch die „Energiewende“ in
2011 in den nächsten Jahren noch deutlich an Dynamik gewin-
nen. Dabei sind der Ausbau von Windenergie und Fotovoltaik an
erster Stelle zu nennen. Der klassische Netzausbau mittels
konventioneller Betriebsmittel stellt mit den bekannten langen
Umsetzungszeiträumen oftmals eine zeitliche Hürde dar und ist
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

im Regelfall wirtschaftlich zu hinterfragen.


Im Rahmen dieses Papers wird daher ein witterungsbasier-
tes indirektes Monitoring-System vorgestellt, das die Erhöhung
der Kapazität von Hochspannungsfreileitungsnetzen effizient
und schnell ermöglicht. Die klassische Kapazitätserhöhung be-
stehender Hochspannungsnetze ist oftmals mit Maßnahmen
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

verbunden, die einen faktischen Neubau darstellen. Die Aufnah-


me dezentraler Energien, speziell Windenergie, ist aber üblicher-
weise mit Witterungsbedingungen verknüpft, die deutlich von
den Normbedingungen abweichen. Die damit im Regelfall ver-
bundene höhere Belastbarkeit bestehender Freileitungen kann
durch ein gezieltes Witterungsmonitoring ausgenutzt werden.

Grundidee

Maßgeblich für den zulässigen Betriebsstrom einer Hochspan-


nungsfreileitung sind die maximal zulässige Leitertemperatur
und die Mindestabstände des Leiters zum Boden. Sofern die
219
Witterungsbedingungen von den extremen Normwerten
(35° C Außentemperatur, 0,6 m/s senkrechte Windanströmung,
900 W/m2 Globalstrahlung) abweichen, so sind auch höhere
Betriebsströme möglich. Die genannte Kombination der Norm-
werte wird in Mitteleuropa nur sehr selten erreicht, so dass im
Regelfall die Maximaltemperatur deutlich unterschritten wird.
Weiterhin ist in Gebieten mit Windeinspeisung eine höhere
Windgeschwindigkeit vorhanden, wenn die Einspeisung eine
entsprechende Netzkapazität erfordert.
Die genannte Erfassung der Umgebungsbedingungen kann
prinzipiell mittels einer direkten oder indirekten Überwachung
erfolgen. Systeme zur direkten Überwachung messen direkt die
Seiltemperatur bzw. leiten diesen Wert aus Messungen am
Leiterseil ab (Seilzugkräfte, Ströme). Dies erfordert die Ausrüs-
tung der Stromkreise mit entsprechender Messtechnik, die
systemabhängig den Austausch primärtechnischer Komponen-
ten (Leiterseile, Garnituren) oder sogar eine Mastverstärkung
erfordern. Die damit verbundenen hohen Kosten haben daher

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
den flächigen Einsatz derartiger Systeme bislang verhindert.
Der Ansatz einer indirekten Überwachung der Leiterseiltempe-
raturen durch Monitoring der relevanten Umgebungsbedingungen
hingegen kann kostengünstig verfolgt werden. Das Monitoring
der Witterungsbedingungen wird durch den engmaschigen Ein-
satz von kostengünstigen Klimastationen sichergestellt. Zentraler
Baustein des Monitoring-Systems ist eine Erweiterung des Netz- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
leitsystems in Form einer „Klimaformel“, die den Zusammenhang
zwischen den Witterungsbedingungen und der möglichen dyna-
mischen Leiterseilbelastbarkeit beschreibt:

I = Maximal erlaubter dynamischer Leiterseilstrom [A]


Pw = Kühlung durch Konvektion (Wind) [W/m]
PA =Kühlung durch Abstrahlung [W/m]
PS = Erwärmung durch Globalstrahlung [W/m]
R´ac (TL) = Temperaturabhängiger AC-Widerstand [Ω]
220
Es ist ersichtlich, dass große Werte der Parameter PW (Küh-
lung durch Konvektion) und PA (Kühlung durch die Abstrahlung
des Leiterseils) zu einer Steigerung der zulässigen Strombelas-
tung führen. Die folgende Abbildung zeigt exemplarisch die
Auswirkungen anhand eines typischen Leiterseilquerschnitts
243-AL1/39-ST1A:
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Abb. 1: Einfluss von Temperatur und Wind auf den maximal zulässigen Leiterseil-
strom

Aufbau des Feldtests


Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Ausgewähltes Testgebiet
Das beschriebene witterungsbasierte indirekte Monitoring-
System wurde im Rahmen eines Pilotprojektes bei der Westnetz
GmbH, dem größten deutschen Verteilnetzbetreiber, entwickelt
und im Feldtest eingesetzt. Es wurde ein Testgebiet ausgewählt,
in dem aktuell etwa 380 MW installierte Windenergie im Hoch-
spannungsnetz aufgenommen werden müssen. In extremen
Einspeisesituationen werden die Hochspannungsleitungen be-
reits heute zu etwa 100 % ausgelastet.

221
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 2:  Ausgewähltes Testgebiet

Die Teststrecke verläuft sowohl in Nord-Süd- als auch in


West-Ost-Richtung, wodurch die unterschiedlichen Einflüsse
der Parameter (Globalstrahlung, Temperatur, Luftdichte, Wind-
geschwindigkeit, Windrichtung) verifiziert werden können. Ein
weiterer Vorteil ist, dass aufgrund der geografischen Gegeben- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
heiten entlang der Teststrecke Berg- und Tallagen gleicherma-
ßen berücksichtigt werden.

Vorbereitung der Hochspannungsfreileitungen


im Testgebiet
Die Teststrecken des Hochspannungsleitungsnetzes wurden im
Vorfeld per Leitungsbefliegung thermografisch geprüft und
punktuell für eine höhere Stromtragfähigkeit ertüchtigt. Abb. 3
zeigt exemplarisch den Thermo-Check eines Verbinders:

222
Abb. 3:  Thermo-Check eines Verbinders

Aufgrund der Ergebnisse der Thermographie wurde eine


Sanierung bzw. Ertüchtigung der Stromkreise durchgeführt.
Die Rohrstromklemmen wurden durch zusätzliche Beiseile
überbrückt. Die Standard-Stromschlaufen wurden mit einer
weiteren Stromklemme (2+1) ausgerüstet. Auch die Schlaufen-
verbindungen an den Abzweigmasten/Harfenanbindungen wur-
den mit zusätzlichen Stromklemmen nachgerüstet.
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Auswahl und Installation der Klimastationen


Aus einem vorherigen Projekt konnten bereits einige Erfahrun-
gen im Umgang mit Klimastationen gesammelt werden. Für die
Anforderungen in diesem Projekt wurden die Parameter Global-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

strahlung, Temperatur, Luftdichte, Windgeschwindigkeit und


Windrichtung festgelegt.
In diesem Gebiet wurden entspre-
chende Klimastationen aufgebaut und
per Kommunikationstechnik an die
zentrale Leittechnik angebunden. Abb.
4 zeigt eine typische Konfiguration:

Abb. 4:  Typische Klimastation

223
Offline Temperaturmessung zur Kalibrierung

Zusätzlich erfolgte eine Offline-Messung der Leiterseiltempera-


turen mittels einfacher Sensoren, die zeitweise an den Leitersei-
len angebracht wurden. Diese offline-Sensoren wurden zu
Beginn der Testphase installiert und am Ende wieder entfernt.
Diese zusätzliche Messung diente der notwendigen Kalibrierung
der Klimaformel auf die praktischen Umgebungsbedingungen.

Kalibrierungsansatz
Das Berechnungsmodul zur Ermittlung des maximal erlaubten
Stromwertes wurde mit Hilfe dieser zusätzlichen Temperatur-
messungen verifiziert. Aus der „Klimaformel” ergab sich die
folgende Korrelation:

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
TBer(k+1) = Leiterseiltemperatur [°C]
R´TAC(k) = Temperaturabhängiger AC-Widerstand [Ω]
Iakt = Aktueller Stromwert [A]
PA(k) = Kühlung durch Abstrahlung [W/m] Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
PS = Erwärmung durch Globalstrahlung [W/m]
TU = Umgebungstemperatur [°C]
λ(k) = Thermische Leitfähigkeit [W/(Km)]
N Uδ(k) = Nusselt Konstante
k = Anzahl Iterationen

Die Leiterseiltemperatur T_Ber_1 wird ermittelt anhand der ge-


messenen Werte der minimalen Windgeschwindigkeit (vwmin ),
der maximalen Umgebungstemperatur (TU,max ) sowie der maxi-
malen Globalstrahlung (Smax ). Im nächsten Schritt wird dieser
berechnete Wert mit der maximalen gemessenen Leiterseiltem-
peratur T_iBut_max der Offline-Messungen verglichen. Zur Validie-
224
rung des Berechnungsmodells sollte T_Ber_1 der gemessenen
Temperatur folgen. Sofern dies nicht der Fall ist müssen die
möglichen Fehlerquellen analysiert und entsprechende Lösun-
gen im Monitoring-System implementiert werden.
Aus Sicherheitsgründen wird der maximale Leiterseilstrom
zusätzlich unter der Annahme einer konservativeren Umge-
bungstemperatur T_Ber_2 berechnet, die als Worst-Case-Annah-
me eine maximale Globalstrahlung ansetzt.

Ergebnisse der Datenevaluierung


Abb. 5 zeigt die erwarteten Kurvenverläufe der verschiedenen
berechneten und gemessenen Leiterseiltemperaturen:
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Abb. 5:  Vergleich gemessener und berechneter Leiterseiltemperaturen

Nach Filterung fehlerhafter Messwerte und unter Berück-


sichtigung der Genauigkeit der eingesetzten Messmethodik
kann dieser Kurvenverlauf für die gesamte Testphase beobach-
tet werden. Somit kann das Berechnungsmodul als einsatzbe-
reit erklärt werden.

225
Abb. 6 zeigt das mögliche Potential dieser indirekten Monito-
ring-Methode auf. Der Standard-Maximalwert (I_Max_nach_Norm ) und
der berechnete dynamische maximale Stromwert (I_Max_Berechnet )
sind unter den gleichen klimatischen Bedingungen des Beispiel-
tages aus Abb. 5 dargestellt. Der erhebliche Zuwachs an maxi-
mal erlaubter Übertragungskapazität ist ersichtlich.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 6: Vergleich zwischen der statisch und dynamisch erlaubten maximalen
Leiterseilkapazität
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Integration in ein bestehendes Leitsystem


Im Zuge der Implementierung der Klimaformel erfolgten Erwei-
terungen der Datenaufbereitung und Datengeneratoren, Anpas-
sungen der online-Datenmodelle für Leitungselemente sowie
die Erweiterung der Ersatzstrategie für Wetterwerte.
Die dynamische Berechnung der aktuellen Strombelastbar-
keit erfolgt im Rahmen der zyklischen und ereignisorientierten
HEO-Berechnungen.

226
Erfahrungen im Feldtest

Nach Implementierung des Monitoringmoduls und eines zusätz-


lichen Analysetools, konnten die Berechnungen der Klimafor-
mel mit den online-Messwerten nachvollzogen werden.
Die dynamische Berechnung der aktuellen Strombelastbar-
keit erfolgt jetzt im Rahmen der zyklischen und ereignisorien-
tierten Netzsicherheitsrechnungen im Leitsystem. Durch die
Netzsicherheitsrechnung (NSR) ergibt sich die Möglichkeit, Be-
triebsmittel zu überprüfen, die gar nicht gemessen werden,
d. h., es können die Ströme von Leitungsabschnitten durch das
Estimations-Verfahren berechnet werden, obwohl dort keine
Messung vorhanden ist. Ein Betriebsmittel wird alarmiert, wenn
eine Grenze im Grundfall (aktueller Lastfluss) oder für eine
Ausfallvariante verletzt ist. Sind die Grenzen sowohl im Grund-
fall als auch für eine Ausfallvariante verletzt, wird die schwer-
wiegendste Verletzung alarmiert. Schwerwiegendste Verletzung
bedeutet die höchste prozentuale Überschreitung einer Grenze,
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

wobei die Alarmgrenze immer höher priorisiert ist als die Warn-
grenze. Die Alarmierung und Quittierung der Grenzwertbefunde
erfolgt systemkonform über akustisches Signal, Sammelindika-
toren und Zustandsliste (siehe Abb. 7 ).
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Abb. 7:  Überblick der dynamischen Grenzwerte

227
Die Übertragung der Messungen aus den Klimastationen
erfolgt seit der Inbetriebnahme der Wetterstationen. Die Erfas-
sung der Klimadaten erfolgt über eine kostengünstige, nicht
redundante GPRS-Anbindung. Diese Art der Anbindung wird
auch in anderen Entwicklungsprojekten genutzt.
Die Zuordnung der Wetterwerte zu einem Leitungselement
erfolgte über die Datenaufbereitung. Hierzu sind jeder einzelnen
Stromkreisstrecke ein Block mit jeweils 5 Messwerten für die
Umgebungstemperatur und die Windgeschwindigkeit zugeord-
net worden (5 Wetterstationen). Als Temperatur zur Berech-
nung des Grenzwerts wird dann
TU = Max (TU1, TU2, ...TU5) und als Windgeschwindigkeit
vw = min (vw1, vw2, ...vw5) verwendet, wobei TUi bzw. vwi über
die letzten 15 Minuten gebildete Mittelwerte sind.
Bei den Auswertungen werden nur gültige Messwerte be-
rücksichtigt, wobei nachgeführte Werte als gültige Werte gelten.
Auch wenn gültige Messwerte vorliegen, werden TU und vw auf
jeden Fall nach unten und nach oben begrenzt:

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
-10° C <= TU <= +40° C
0,6 m/s <= vw <= 10 m/s

Liegen keine gültigen Messwerte vor, so können Ersatzwerte


verwendet werden, die in das Leitsystem importiert werden.
Hierzu kann einem LTE ein zweiter Block mit jeweils bis zu 5 Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Werten für die Temperatur bzw. Windgeschwindigkeit zugeord-
net werden. Bei diesen Werten handelt es sich um 1/4-h-Mittel-
werte, die von einem externen Dienstleister geliefert werden.
Die Werte werden viertelstündlich in das Leitsystem importiert.
Die oben beschriebene Ersatzwertstrategie für fehlende
Messwerte, die Überprüfung der Grenzwerte und gemittelten
Wetterwerte wurden erfolgreich und ohne Probleme im Leitsys-
tem getestet.

228
Einführung eines dynamischen Grenzwertkonzeptes

Die Einführung der o. a. dynamischen Grenzen für die Betriebs-


mittel führte zwangsläufig auch zu einem Überdenken des im
System implementierten Grenzwertkonzeptes.
Historisch bedingt laufen SCADA-Alarmierung (Messwerte)
und die NSR-Alarmierung (Betriebsmittel) unabhängig vonein-
ander und erzeugen mehrere gleichzeitige Grenzwertmeldun-
gen. Die Ergebnisse aus dem Modul Freileitungsmonitoring
(neue Grenzwerte) passen nicht mehr zu den Grenzwertkontrol-
len im SCADA-System.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Abb. 8:  Abbildung der verschiedenen Grenzwerte im SCADA-System

Durch die Implementierung eines neuen Grenzwertkonzep-


tes ergibt sich jedoch die Möglichkeit, Betriebsmittel zu über-
prüfen, die gar nicht gemessen werden. Mit dem neuen Konzept
werden nur die Grenzwerte der Betriebsmittel benötigt. Die
Alarmierung und Protokollierung ist für den Bediener einheitlich.
Die Problematik der möglichen Inkonsistenz zwischen den
229
Grenzwerten der Messwerte und den Grenzwerten der Be-
triebsmittel ist nicht mehr gegeben. Anders als der Messwert
zeigt aber das Betriebsmittel genau die Schwachstelle.
Außerdem sind die für die Betriebsmittel berechneten Werte
als Ergebnis der Estimation statistisch betrachtet von besserer
Qualität als die gemessenen Messwerte und auch dort vorhan-
den, wo gar keine Messung vorliegt (z. B. Berechnung einzelner
Leitungsabschnitte). Die wertvollere Alarmierung ist daher die
Alarmierung des Betriebsmittels. Die Alarmierung und Protokol-
lierung ist für den Bediener einheitlich.

Ausblick

Die bisherigen Erfahrungen mit dieser einfachen Methode


zeigen ein hohes Potential der effizienten und schnellen
Erweiterung bestehender Kapazitäten von Hochspannungsfrei-
leitungsnetzen auf, ohne dass aufwendige klassische Netzaus-

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bauten benötigt werden.

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

230
Integriertes Asset Management in intelligenten
Verteilungsnetzen
Pascal Köhn und Nico Schultze

Klassische Instandhaltung und Chancen in intelligenten


Verteilungsnetzen

Verteilungsnetze sehen sich einem stetigen Wandel hin zu intel-


ligenten Netzen ausgesetzt, die den Leistungsfluss mittels neu-
artiger primär- und sekundärtechnischer Komponenten effizient
steuern und Spannungsbandverletzungen beheben. Heute
zeichnen sich deutsche Verteilungsnetze durch eine hohe Ver-
sorgungszuverlässigkeit aus, die durch intensive Instandhal-
tung und Reserven bei der Auslegung von Netzkomponenten
erreicht wird. Der Einsatz neuartiger Komponenten, die neben
zusätzlichen Aktoren und Sensoren auch mit Informations- und
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Kommunikationstechnik (IKT) ausgestattet sind, lassen jedoch


kürzere Lebensdauern und somit höhere Ausfallraten erwarten
als bei konventionellen Betriebsmitteln. Aus diesem Grund ist
neben dem Um- und Ausbau bestehender Verteilungsnetze
auch die Adaption konventioneller Instandhaltungsstrategien
notwendig, um auch zukünftig einen zuverlässigen Betrieb von
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Stromnetzen zu gewährleisten.
Vor dem Hintergrund intelligenter Verteilungsnetze bietet sich
allerdings auch die Chance, verfügbare Informationen, wie die
Auslastung der Betriebsmittel im Rahmen eines integrierten As-
set Managements Ansatzes zu nutzen, um die Instandhaltungs-
und Erneuerungsplanung in Verteilungsnetzen zu optimieren.
Der Ansatz eines intergierten Asset Managements zielt darauf
ab, sämtliche Informationen, wie Stammdaten der Betriebsmit-
tel, Inspektions- und Wartungsprotokolle und Messdaten sowohl
in der operativen Instandhaltungsplanung, als auch in der stra-
tegischen Erneuerungs- und Ausbauplanung von Energienetzen
zu berücksichtigen, um das Netz optimal zu bewirtschaften.
Voraussetzung für eine integrierte Lösung ist die Nutzung ge-
231
meinsamer Datengrundlagen im operativen und strategischen
Management. Erkenntnisse aus der operativen Instandhaltung
von Betriebsmitteln werden dem strategischen Asset Manage-
ment zur Verfügung gestellt, um diese als Grundlage einer mittel-
und langfristigen Strategieplanung anzuwenden.

Integriertes Asset Management: Stand und Ausblick

Das Anlagenmanagement von Netzbetreibern greift heute in der


Regel auf ein Enterprise Resource Planning System zurück, in
dem sowohl die Anlagendokumentation, als auch Module für
die Planung von Netzausbaumaßnahmen oder Instandhaltungs-
strategien durchgeführt werden [1]. Dabei greifen unterschied-
liche Abteilungen des Netzbetreibers auf bestimmte Module
des Systems zu. In modernen ERP-Systemen erfolgt eine Kopp-
lung zwischen einzelnen Modulen und deren Daten durch IT-
Schnittstellen. Zum Beispiel kann das strategische Asset

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Management zur Planung der Instandhaltungs- und Erneue-
rungsmaßnahmen auf die technische Dokumentation des Zu-
stands und der Stammdaten von Betriebsmitteln zurückgreifen,
die vom Service Bereich des Netzbetreibers bereitgestellt
werden. Basierend auf einer aktuellen und detaillierten Zu-
standserfassung, z. B. auf Basis von Sichtkontrollen kann eine
optimierte Instandhaltungsstrategie abgeleitet werden. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Da intelligente Verteilungsnetze eine Bereitstellung von Live-
Daten des Netzbetriebs bis in die Niederspannungsebene hinein
versprechen, bietet die Einbindung von dynamischen Messdaten,
auch in Asset Management Prozesse, Potential einen Mehrwert
bei der Planung von Instandhaltungs- und Erneuerungsmaßnah-
men zu erzeugen. Kenntnisse von Betriebsmittelbelastungen wäh-
rend ihrer gesamten Betriebszeit bieten Informationen über die
alterungsrelevante, betriebliche Belastung und ermöglichen eine
optimierte Ausnutzung von Betriebsgrenzen im Rahmen eines
Online-Monitorings. Hierzu ist es erforderlich, dass zukünftig auch
Daten der Netzleitwarten, in denen die betrieblichen Messdaten
konzentriert werden, für das Asset Management zugänglich sind.
232
Technische Zustandsbewertung von Betriebsmitteln
durch Inspektionen

Grundlage einer zustandsbasierten Instandhaltungs- und Erneu-


erungsplanung ist die Erfassung des aktuellen Zustands von
Betriebsmitteln durch Sichtkontrollen, Funktionstests und diag-
nostische Messungen. Während Funktionstests und diagnosti-
sche Messungen eindeutige Bewertungsergebnisse bereitstellen,
ist die Durchführung von Sichtkontrollen im Grundsatz mit einer
Subjektivität behaftet, da hierbei Ergebnisse durch die Bewer-
tung des Instandhaltungspersonals erzielt werden.
Als Basis einer zustandsbasierten Instandhaltung von
Ortsnetzstationen (ONS) bietet die SAG GmbH das Produkt iNA,
den „Informationsdienst für Netze und Anlagen“ an, das eine
umfassende Dokumentation des Anlagenzustands mittels Tablet-
Computer und Messtechnik für die Zustandsbewertung ermög-
licht. Die digitale Schnittstelle zu überlagerten Prozessen des
Netzbetreibers ermöglicht die direkte Bewertung des Anlagenzu-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

stands zur Ableitung von Handlungsentscheidungen. Zur Redukti-


on der Subjektivität von Bewertungsergebnissen setzt die SAG
auf einen normierten Schadenskatalog, der Regeln für die Beur-
teilung vorliegender Schäden enthält und die systematische Be-
wertung anhand von Beispielbildern aus der Praxiserfahrung der
SAG unterstützt. Durch Schulung des Instandhaltungspersonals
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

und Sensibilisierung für den Einsatz des Schadenskatalogs zur


Vereinheitlichung der Inspektionsergebnisse kann eine deutliche
Reduktion der Subjektivität erreicht werden.

233
Für den Einsatz in zukünftigen Verteilungsnetzen wird die
iNA-Systematik um die Komponenten von Informations- und
Kommunikationstechnik erweitert, um anschließend die Bewer-
tungssystematik noch weiter zu optimieren und zudem geeig-
nete Messverfahren zur Zustandsbewertung intelligenter
Betriebsmittel zu integrieren. Gerade für IKT, deren Zustand
durch reine Sichtkontrollen schwierig erfasst werden kann, ver-
sprechen Diagnoseverfahren einen Mehrwert. Auch neuartige
primärtechnische Betriebsmittel, wie z. B. Längsregler und re-
gelbare Ortsnetztransformatoren erfordern eine Anpassung
konventioneller Zustandserfassungsschemata. Neben Sicht-
kontrollen der neuen Komponenten können zukünftig außerdem
regelmäßige Funktionstests der Aktoren eingesetzt werden, um
den fehlerfreien Zustand festzustellen. Zahlreiche Selbsttest-
funktionen der Betriebsmittel liefern auf Basis einer Selbstüber-
wachung bereits Aussagen über den technischen Zustand, der
dokumentiert und zentral erfasst werden muss.
Zur Diagnose von IKT wird z. B. der Einsatz von Thermogra-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
fie bei der Detektion von Fehlern an Kabelanschlüssen, der
Schaltschrankheizung, elektronischen Komponenten und der
Kühlöffnung erprobt. Hierbei ist zu beachten, dass die Wärme-
entwicklung bei fehlerhaften Anschlüssen der IKT aufgrund der
niedrigen Ströme gering ist. Zur Analyse des Mehrwerts derar-
tiger Messungen wurden sowohl Laborversuche als auch Tests
bei verschiedenen Netzbetreibern durchgeführt. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Die zentrale Speicherung der Ergebnisse von diagnostischen
Messungen ermöglicht dauerhaft die Erstellung von Trendana-
lysen der Messwerte und die Analyse der Korrelation von Wer-
teänderungen der Diagnostik und weiteren Ereignissen.
Trendanalysen bieten hierbei die Chance fortschreitende Alte-
rung von Bauteilen zu detektieren, um rechtzeitig zu reagieren,
bevor kritische Grenzwerte überschritten werden. Eine Opti-
mierung der maßnahmenlosen Zeit erfordert hierbei das Wis-
sen über die Änderungsrate von Messwerten, die auf Basis von
Trendanalysen identifiziert werden können.

234
Messwerte und deren Einfluss auf den Zustand am
Beispiel von Ortsnetzstationen

Intelligente Verteilungsnetze stellen dem Netzbetrieb umfang-


reiche Online-Messdaten zur Verfügung, die den Netzzustand
kontinuierlich erfassen. Neben dem Betrieb intelligenter Ver-
teilungsnetze bieten diese Messdaten auch das Potenzial zu-
sätzliche Informationen für die Zustandsbewertung von
konventionellen sowie neuartigen Betriebsmitteln bereitzu-
stellen.
Im Rahmen eines Teilprojekts des Forschungsprojekts Smart
Area Aachen, an dem die Partner Stadtwerke Aachen AG, SAG
GmbH und das Institut für Hochspannungstechnik der RWTH
Aachen beteiligt sind, wird die Instandhaltung zukünftiger Ver-
teilungsnetze mit innovativen Betriebsmitteln thematisiert. Im
Rahmen eines Feldversuchs werden Messdaten in 40 Ortsnetz-
stationen erhoben, die in zukünftigen Verteilungsnetzen erwar-
tet werden.
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Als typische Messwerte werden hierbei eine Strom- und


Spannungsmessung am niederspannungsseitigen Anschluss
des Transformators installiert. Weitere Teilprojekte, die z. B. die
Spannungsqualität im Niederspannungsnetz fokussieren, erhe-
ben zusätzlich Messdaten zu Strom- und Spannungsverläufen
in Kabelverteilschränken ausgewählter Niederspannungsnetze.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Neben den in zukünftigen Verteilungsnetzen erwarteten Mess-


werten werden innerhalb des Teilprojekts zur Instandhaltung
zusätzlich alterungsrelevante Messwerte aufgezeichnet, mit
denen ein Monitoring der Betriebsmittel durchgeführt werden
kann. Dabei wurden die Sensoren auf Basis einer Analyse von
Alterungsvorgängen an Betriebsmitteln in Ortsnetzstationen
ausgewählt.
Die Alterung elektrischer Betriebsmitteln wird im Allgemei-
nen durch thermische, elektrische, chemische, mechanische
oder umweltbedingte Belastung initiiert [2]. Alterungsmodelle
sind für einige Komponenten aufgrund durchgeführter Alte-
rungstests in Laboren bekannt. Aber auch für Komponenten, für
die keine mathematischen Alterungsmodelle existieren, können
235
alterungsrelevante Größen auf Basis von Erfahrung mit ähnli-
chen Betriebsmitteln und Analysen von Störungen herangezo-
gen werden.
Für ölgefüllte Transformatoren dienen beispielsweise die De-
ckelöltemperatur und die Auslastung als Eingangsgrößen für ein
thermisches Berechnungsmodell, um die alterungsrelevante
Heißpunkttemperatur, also die höchste im Transformator auftre-
tende Temperatur, zu berechnen. Diese kann anschließend als
Eingangsgröße für ein Alterungsmodell angewendet werden, dass
die Berechnung der Isolationslebensdauer Transformatoren er-
möglicht. Eine Formel zur Berechnung des Lebensdauerver-
brauchs kann der Norm DIN VDE EN 60076-7 entnommen werden.
Lebensdauerverbrauch= 2 (Heißpunkttemperatur–98 °C) ⁄6 °C
Des Weiteren werden Öllecks an Transforamtoren durch zy-
klische Temperaturbelastungen aufgrund der thermischen Aus-
dehnung des Ölvolumens bei der Erwärmung und Kühlung des
Öls im Betrieb verursacht [2]. Eine hohe Luftfeuchte in Orts-

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netzstationen kann zu Korrosion des Transformatorgehäuses
führen. Es ist bekannt, dass Oberflächenkorrosion ab einem
Wert von 60 % relativer Luftfeuchte beginnt [3].
Bei SF6-isolierten Schaltanlagen wird die Lebensdauer durch
defekte Antriebsmechanismen, Korrosion, Aufquellen von syn-
thetischen Teilen, Leckströme, dielektrische Durchbrüche auf-
grund von Teilentladungen und den Verlusts von SF6 bestimmt. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Temperatur, Luftfeuchte und die dielektrische Belastung beein-
flussen im Wesentlichen die Alterung [4]. Insbesondere Last-
trennschalter zeigen hauptsächlich Störungen durch Verharzung
von Schmiermittel und Korrosion, die aufgrund von Temperatur
und Luftfeuchte verursacht werden [5].
Mess-, Steuerungs- und Kommunikationstechnik spielen
eine wichtige Rolle für den Betrieb intelligenter Verteilungsnet-
ze. Da diese Komponenten in konventionellen Verteilungsnetzen
nicht eingesetzt werden, besteht keine Erfahrung über die
Alterung der Komponenten im Feld. Tabelle 1 zeigt alterungsre-
levante Einflussfaktoren elektronischer Komponenten in ener-
gietechnikfernen Anwendungen.
236
Tabelle 1: Fehlermechanismen und relevante Einflussfaktoren elektronischer
Bauteile [6]
Fehlermechanismus Relevante Belastung
Ermüdung mittlere Temperatur, Temperatur­gradient,
Temperatureinwirkdauer, Luftfeuchte,
Spannungs- und Temperaturzyklen
Korrosion mechanischer Stress, Spannungszyklen,
Temperatur
Elektromigration Temperatur, Stromdichte
Leitfähige Filamente mechanischer Stress, Spannungsgradient
Stress getriebene Verschmelzung mechanischer Stress, Temperatur
zeitabhängiger Spannung, Temperatur
elektrischer Durchbruch

Aufgrund des Einsatzes in Ortsnetzstationen können einige


Alterungsfaktoren vernachlässigt werden. In Anbetracht der
Umgebung und der betrieblichen Belastung sind die Umge-
bungstemperatur und Luftfeuchtigkeit relevant. Wobei schnelle
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Änderungen der Temperatur und Luftfeuchte nicht erwartet


werden. Mechanischer Stress, Schockbelastungen und Variati-
onen des Luftdrucks sind aufgrund des stationären Einsatzes
nicht relevant. Außerdem kann angenommen werden, dass die
Stromdichte und die Betriebsspannung für alle baugleichen
Komponenten identisch und unabhängig vom Einbauort sind.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Der IEC Standard 61709 stellt eine Formel bereit, mit der die
Alterungsrate elektronischer Bauelemente in Abhängigkeit der
Betriebstemperatur berechnet werden kann. Die Formel basiert
auf einer Arrhenius-Gleichung. Der Standard enthält außerdem
Werte für die Konstante A und die Aktivierungsenergien E A1 und
E A2 für verschiedene Bauteile.

237
Hierbei sind k0 die Boltzmannkonstante, A eine Konstante,
Top die Betriebstemperatur und Tref die Referenztemperatur für
eine Alterungsrate von 1.
Ungewöhnliche Belastungen durch Überströme und Über-
spannungen aufgrund von Blitzeinschlägen und Kurzschlüssen
im Netz können zum Ausfall von Betriebsmitteln führen. Aus
Strom- und Spannungsmessungen im Betrieb können außerge-
wöhnliche Belastungen detektiert werden, um infolge Maßnah-
men abzuleiten. Zusätzlich können die Messwerte verwendet
werden um Schalthandlungen von Lasttrennschaltern und Stu-
fenschaltern zu registrieren.
Basierend auf der Analyse alterungsrelevanter Größen wur-
den Sensoren zur Messung der Temperatur und Luftfeuchte in
der Station und der Deckelöltemperatur des Transformators
eingesetzt, um bestehende IKT und Messtechnik zu erweitern.
Auf Basis der Messwerte kann einerseits die alterungsrelevante
Belastung (Temperatur, Luftfeuchte, Strom) bestimmt werden.
Andererseits ist es möglich betriebliche Ereignisse, wie z. B.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Schalthandlungen messtechnisch zu erfassen, um diese als
zusätzlich Information aufzunehmen.

Instandhaltungsplanung mit dynamischen Messdaten

Beispielhafte Messwerte der Temperatur und Luftfeuchte in Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
drei Ortsnetzstationen sind in Abbildung 1 gezeigt. Bei den ONS
A, B und C handelt es sich um eine Keller, eine ebenerdige
Fertig- und eine Kompaktstation. Aufgrund der unterschiedli-
chen Bauart und Lage der Stationen zeigen die Stationen
jeweils charakteristische Temperatur- und Luftfeuchtigkeits-
verläufe.
Die Kompaktstation C erreicht höhere Temperaturwerte als
die anderen Stationen und weist größere Temperaturzyklen auf.
ONS A zeigt dagegen einen sehr gleichmäßigen Temperaturver-
lauf, der zwischen 10 °C und 25 °C liegt. Da es sich hierbei um
eine Gebäudestation handelt, ist der Einfluss von Änderungen
der Außentemperatur geringer, als der Kompaktstation ONS C.
238
Abbildung 1:  Temperatur- (links) und Luftfeuchte (rechts) in Ortsnetzstationen

Die Fertigstation B weist niedrigere Temperaturwerte als die


Anderen ONS auf. Hinsichtlich der Temperaturzyklen sind Kom-
ponenten in ONS C am stärksten belastet. Die Belastung durch
die absolute Temperatur ist bei ONS A und C höher als bei B. Es
ist anzunehmen, dass Komponenten in ONS B die geringste
thermische Alterung aufweisen. Insbesondere wird der Ausfall
von IKT-Komponenten dort erst nach Ausfällen in ONS A und C
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

erwartet.
Die Messwerte der Luftfeuchte (siehe Abbildung 1, rechts)
zeigen hohe relative Luftfeuchtewerte bei Station B, die häufig
oberhalb des Schwellwerts für Oberflächenkorrosion von 60 %
relativer Feuchte liegen. Station A weist hingegen mehrheitlich
relative Luftfeuchten unterhalb von 60 % auf. In dieser Station
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

ist der Einsatz von Oberflächenkorrosion unwahrscheinlich. In


Station C liegen die Messwerte zu Beginn der Aufzeichnung
häufig oberhalb von 60 %, liegen am Ende der Aufzeichnung
aber mehrheitlich unterhalb von 60 % relativer Feuchte. Die
höchste Gefährdung für Korrosion liegt bei Station B vor. Da die
Luftfeuchte in Station B zeitweise Werte von nahezu 100 %
erreicht, ist in dieser Station außerdem mit Betauung von Ober-
flächen zu rechnen.
Als Möglichkeit dynamische Messdaten in die Zustandsbe-
wertung von Ortsnetzstationen zu integrieren, um den Bedarf
an Instandhaltungsmaßnahmen aufzuzeigen, kann eine Be-
trachtung von Grenzwerten für Temperatur und Luftfeuchte
erfolgen. Grenzwertverletzungen bei Strom- und Spannungs-
239
messwerte werden hingegen bei der Ausbau- und Erneue-
rungsplanung in Betracht gezogen.
In den Normen Din IEC 61439-1, DIN EN 61936-1 und DIN
VDE EN 60076-2 werden Grenzwerte für Temperaturen und
Luftfeuchte für Mittel- und Niederspannungsschaltgeräte, so-
wie Aufstellungsorte für luftgekühlte Transformatoren angege-
ben. Diese sind in Tabelle 2 aufgeführt.
Tabelle 2:  Grenzwerte für Temperatur und Luftfeuchte in Ortsnetzstationen
Messgröße Grenzwert
Stationstemperatur soll 40 °C nicht überschreiten
soll -5 °C nicht unterschreiten
24 h Mittelwert soll 35 °C nicht überschreiten
Monats-Mittelwert soll 30 °C nicht überschreiten
Jahresmittelwert soll 20 °C
Relative Luftfeuchte 24 h Mittelwert soll 95 % nicht überschreiten
Stationstemperatur sollen 40 °C und 50 % relative Luftfeuchte nicht

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
und Luftfeuchte überschreiten

Im Rahmen des Forschungsprojekts Smart Area Aachen


wird die Übertretung von Grenzwerten in Ortsnetzstationen in
40 Stationen überwacht. In dem Zeitraum von zehn Monaten
konnten einige Übertretungen von Schwellwerten bei 13 Statio-
nen beobachtet werden. Dabei ist auffällig, dass insbesondere Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
der Grenzwert von 40 °C Stationstemperatur bei Kompaktstati-
onen in Sommermonaten überschritten wird. Kellerstationen
sind die einzigen Stationen, die eine konstant hohe Stations-
temperatur aufweisen, sodass ein Mittelwert von 30 °C in ei-
nem Monat überschritten werden kann. Der Grenzwert von
95 % Luftfeuchte wird sechsmal bei Kompakt- und Einbausta-
tionen erreicht. Eine gleichzeitig hohe Luftfeuchte bei einer
Stationstemperatur von über 40 °C konnte bei keiner der Stati-
onen beobachtet werden.
Des Weiteren wird im Forschungsprojekt ein Ansatz verfolgt,
bei dem die Belastung der Betriebsmittel durch Betriebs- und
Umgebungsbedingungen zur Bewertung des Zustands verwen-
240
det wird. Die Bewertung basiert auf einem Vergleich der be-
trieblichen Auslastung und Alterungseinflüsse aufgrund der
Umgebung des Aufstellungsorts. Hierzu werden aus den Mess-
daten über der Zeit Histogramme gebildet, die die Gesamtheit
der absoluten Belastung mit Alterungsfaktoren über die gesam-
te Dauer der Aufzeichnung von Messdaten beinhalten [7].

Abbildung 2:  Zeitreihen und Histogramme von Temperaurmessreihen

Die Histogramme der Ortsnetzstationen werden anschlie-


Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

ßend durch einen Clusteralgorithmus gruppiert, um ähnlich


belastete Ortsnetzstationen zu identifizieren. Der Clusteralgo-
rithmus vergleicht die Ähnlichkeit der Histogramme untereinan-
der und gruppiert anschließend die ähnlichen Ortsnetzstationen
zu einem Cluster. Es wird angenommen, dass Betriebsmittel
ähnlicher Bauart, die außerdem einer ähnlichen Belastung
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

durch Alterungsfaktoren ausgesetzt sind, auch eine ähnliche


Alterung aufweisen. Die Clusterbildung wird dabei solange
durchgeführt, bis eine optimale Clusteranzahl durch ein starkes
Anwachsen der Heterogenität innerhalb der gebildeten Cluster
identifiziert wird.
Für die Berechnung der Ähnlichkeit zwischen Histogrammen
wird ein Distanzmaß verwendet, das die relative Häufigkeit der
Temperaturwerte in einem Histogramm miteinander vergleicht
und dabei auch die Nachbartemperaturwerte berücksichtigt.
Benachbarte Datenpunkte können beim Clustern von Histo-
grammen nicht als unabhängig angesehen werden, da diese bei
einer geringen Abweichung der Temperatur zu einer ähnlichen
Alterung führen. Die jeweiligen verglichenen Temperaturwerte
241
werden zusätzlich mit der relativen Alterungsgeschwindigkeit
multipliziert, um den Einfluss hoher Temperaturwerte zu ver-
größern, da die Alterungsgeschwindigkeit mit hohen Tempera-
turwerten nichtlinear ansteigt [7].

Die Distanz D zwischen zwei Histogrammen M und m wird


durch die Summation des Unterschieds zwischen zwei relativen
Auftrittshäufigkeiten für alle k Werte berechnet. Die relative
Auftrittshäufigkeit M(k) wird außerdem mit den zwei Nachbar-
werten in positive und negative Richtung verglichen, multipli-
ziert mit einem Gewichtungsfaktor g, der den Abstand
berücksichtigt. Die Distanz wird durch Division der Summe der
Gewichte normalisiert. Jede der k Distanzen wird anschließend
mit der relativen Alterungsrate A(M(k)) mit der absoluten Tem-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
peratur M(k) multipliziert. Der Alterungsfaktor führt dazu, dass
Temperaturwerte, die zu einer intensiveren Alterung führen ei-
nen höheren Einfluss auf die Bildung von Clustern haben. Falls
kein Alterungsmodell bekannt ist, mit dem die relative Alte-
rungsgeschwindigkeit berechnet werden kann, wird der Faktor
zu Eins gesetzt [7].
Die Ergebnisse der Klassifizierung von Ortsnetzstationen Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
anhand der Stationstemperatur sind in Abbildung 3 gezeigt.
Hierbei wurde eine Anzahl von vier Stationen als optimale Lö-
sung identifiziert. Auffällig ist das Histogramm Nummer 3, wel-
ches eine vergleichsweise schmale Bandbreite der
Temperaturwerte aufweist, insgesamt aber hohe Temperatur-
werte im Bereich 22 bis 32 °C aufweist. Hierbei handelt es sich
um Kellerstationen, die der Außentemperatur aufgrund ihrer
Lage thermisch träge folgen und im Vergleich zu freistehenden
Stationen eine verringerte Wärmeabfuhr besitzen. Die Cluster 1
und 2 weisen Temperaturen mit einer Bandbreite von ca. 20 °C
auf. Hierbei sind die Ortsnetzstationen in Cluster 2 tendenziell
wärmer. Cluster Nummer 4 zeigt die höchste Bandbreite an
242
Temperaturwerten, die einen Wert von bis zu 50 °C annehmen.
Betriebsmittel in diesem Cluster sind durch die höchste Stati-
onstemperatur belastet. Aus Sicht der Instandhaltungsplanung
wird die geringste Alterung bei Betriebsmitteln in Stationen aus
Cluster 1 und 2 erwartet. Die Stationen in Cluster 3 und 4 soll-
ten häufiger inspiziert werden, um Fehler an Komponenten zu
vermeiden.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Abbildung 3: Histogramme von nach der Stationstemperatur gruppierten Orts-


netzstationen
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Die Clusterbildung der Luftfeuchtemessungen in Ortsnetz-


stationen ist in Abbildung 4 gezeigt. Auch hier erweist sich eine
Anzahl von vier Clustern als optimal. Die Ergebnisse zeigen,
dass ONS in Cluster 1 die niedrigsten Luftfeuchtewerte aufwei-
sen, die unterhalb von 70 Prozent liegen. Die Mehrheit der auf-
gezeichneten Datenpunkte liegt unterhalb von 60 Prozent und
damit unterhalb der Schwelle für das Auftreten von Oberflä-
chenkorrosion. Bei Betriebsmitteln in ONS dieses Clusters ist
mit der geringsten Auftrittswahrscheinlichkeit von Korrosion zu
rechnen. Cluster 2 und 4 weisen Luftfeuchtewerte auf, die im
Mittel bei 70 % und 80 % liegen. Schäden, die durch relative
Luftfeuchte getrieben sind, werden am ehesten bei Cluster 4,
außerdem mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit bei Cluster 2
243
erwartet. Cluster 3 weist die größte Bandbreite an Werten der
relativen Luftfeuchtigkeit auf. Da hier die höchsten Werte ange-
nommen werden, ist auch bei ONS in diesem Cluster mit Korro-
sion und anderen Schäden zu rechnen. Aus Sicht der
Instandhaltungsplanung sollten die Stationen der Cluster 3 und
4 am häufigsten inspiziert werden.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Abbildung 4: Histogramme von nach der relativen Luftfeuchte gruppierten Orts-
netzstationen

Messungen der Ströme und Spannungen an der Unterspan-


nungsseite des Ortsnetztransformators können neben einer Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Messung der Auslastung auch verwendet werden, um Über-
spannungen und -ströme aufgrund von Fehlerfällen zu detek-
tieren. Nach Kurzschlussströmen und Überspannungen ist es
sinnvoll eine Inspektion der Ortsnetzstationen durchzuführen,
da außergewöhnliche Belastungen zu Störungen führen können.
Des Weiteren können Betriebsunterbrechungen in Mittel- und
Niederspannungsnetzen auf Basis der Messwerte in Leitwarten
festgestellt werden, um eine Wiederversorgung des Netzes zu
veranlassen. Hierdurch lässt sich eine Reduzierung der Wieder-
versorgungszeit nach Störungen im Verteilungsnetz erwarten.

244
Ausbau und Erneuerungsplanung mit
dynamischen Messdaten

Ein weiterer Anwendungsbereich dynamischer Messdaten aus


Leitwarten ist die Erneuerungsplanung von Betriebsmitteln in
Netzen. Kontinuierliche Messungen der Betriebsmittelbelastung
können als Eingangsdaten für Alterungsmodelle dienen. Des
Weiteren ist es möglich anhand dynamischer Messdaten die
Belastungsgrenzen von Betriebsmitteln zu dynamisieren und
insbesondere thermische Grenzen, flexibel anhand der aktuel-
len Umgebungsbedingungen auszulegen.
Transformatoren erwärmen sich im Betrieb aufgrund von
Leerlauf- und Kurzschlussverlusten. Da die Wicklung des
Transformators eine Wärmekapazität mit einer Zeitkonstante
von einigen Minuten darstellt und die Wicklung kontinuierlich
Wärme an das Isolieröl abgibt, welches eines hohe Wärmeka-
pazität besitzt, kann ein stationärer Zustand der Erwärmung
erst nach einiger Zeit erreicht werden. Dies ermöglicht einer-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

seits eine Erhöhung der Belastung bei niedrigen Außentempe-


raturen, aber auch eine Überlastung des Transformators für
einen beschränkten Zeitraum. Hierbei muss darauf geachtet
werden, dass die nach DIN VDE EN 60076-7 definierte kritische
Temperatur von 140 °C nicht erreicht wird, da dann eine Blasen-
bildung im Transformator einsetzten kann, die zu einem Ausfall
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

führt. Eine temporäre Überlastung ermöglicht eine flexiblere


Ausnutzung der Reserven, sodass ein Austausch des Transfor-
mators bei temporärer Überlast, z. B. aufgrund einer enormen
Einspeiseleistung von PV-Anlagen, die zu einem Stromfluss
vom Nieder- in das Mittelspannungsnetze führt, gegebenenfalls
vermieden werden kann.
Die Norm DIN VDE EN 60076-7 enthält eine mathematische
Grundlage zur Berechnung der Heißpunkttemperatur des Trans-
formators, auf Basis der Auslastung und der Umgebungstempe-
ratur. Problematisch bei der Anwendung ist, dass die
Parametrierung des thermischen Modells für spezifische Trans-
formatoren in der Regel unbekannt ist, da die Parameter, wie
z. B. die Erwärmungszeitkonstante der Transformatorwicklung
245
im Rahmen von Erwärmungsprüfungen bestimmt werden
müssen [8]. In der Norm DIN VDE EN 60076-7 sind Standard-
parameter für die thermische Berechnung von Ortsnetztrans-
formatoren angegeben, die für die Berechnung angewendet
werden können. Diese ermöglichen allerdings keine exakte Be-
rechnung der Heißpunkttemperatur. Eine Beispielhafte Berech-
nung der Heißpunkttemperatur eines Transformators in einer
Ortsnetzstation ist in Abbildung 5 dargestellt. Hier werden die
berechnete Heißpunkt- und Deckelöltemperatur, außerdem die
gemessene Deckelöltemperatur und Stationstemperatur des
Transformators gezeigt.

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Abbildung 5: Berechnete und gemessene Heißpunkt-, Deckelöl- und Stations-


temperaturen eines exemplarischen Ortsnetztransformators

Die Stationstemperatur wird innerhalb der Station gemessen.


Es ist ersichtlich, das bei dem betrachteten Transformator nur
Temperaturwerte unterhalb von 45 °C auftreten. Weiterhin zeigt
die Grafik, dass die Deckelöltemperatur des Transformators
durch das mathematische Modell unterschätzt wird, sodass die
gemessene Temperatur einige Grad höher ist. Die Heißpunkt-
246
temperatur ist innerhalb des auftretenden Temperaturbereichs
maximal 2 °C höher, als die Deckelöltemperatur. Die geringe
Heißpunkttemperatur ist auf die niedrige Belastung des exemp-
larischen Transformators zurückzuführen.
Auf Basis einer Messung der Ströme ist es denkbar, in zu-
künftigen Verteilungsnetzen auch die Auslastungsgrenzen von
Freileitungen und Kabeln zu flexibilisieren. Dabei bestimmen
der Freileitungsdurchhang und die Leiterseiltemperatur im In-
neren die Belastungsgrenze, die gewährleisten muss, dass
keine thermische Überbeanspruchung des Leiterseils auftritt
und der Sicherheitsabstand der Leiterseile zu Personen gege-
ben ist. Eine Berechnung der wärmebedingten thermischen
Ausdehnung der Leiterseile, an der im Übertragungsnetz be-
reits Forschungsaktivitäten betrieben werden, verspricht auch
eine optimierte Ausnutzung im Verteilungsnetz. Bei Kabeln hin-
gegen bestimmt die Betriebstemperatur die Strombelastbarkeit.
Auch hier findet eine Erwärmung des Kabels aufgrund von Ver-
lusten im Betrieb statt, wobei die thermische Kapazität des
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Kabels im Vergleich zum Transformator geringer ist.

Fazit

Ein integriertes Asset Management ermöglicht eine flexible


Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Ausnutzung von Netzreserven und kann zu einer Reduktion von


Netzausbau- und Erneuerungsmaßnahmen führen. Neue Mess-
werte können dabei helfen Asset Management Prozesse zu
optimieren. Andererseits führen die Mehrbelastung und insbe-
sondere die gezielte Überlastung von Betriebsmitteln zu einer
beschleunigten Alterung, die letztendlich zu einer Verkürzung
der Restlebensdauer führt. Neue Komponenten im Netz - wie
IKT – beinhalten zudem die Gefahr, dass das Alterungsverhal-
ten von zunehmend eingesetzter Technik nicht abgeschätzt
werden kann.
Netzbetreiber müssen daher ihre Asset Managementprozes-
se neu ausrichten, um die Chancen künftiger Smart Grids opti-
mal zu nutzen, aber auch lernen deren Risiken zu kontrollieren.
247
Literaturverzeichnis
[1] G. Balzer, C. Schorn, „Asset Management für Infrastrukturanlagen“, Sprin-
ger Verlag, Heidelberg, Dordrecht, London, New York, 2011.
[2] M. Pecht, J. Gu, „Physics-of-failure-based prognostics for electronic pro-
ducts“, Transactions of the Institute of Measurement and Control, 2009, vol.
31, No. 3/4, pp. 309-322.
[3] H. Kaesche, „Elektrochemische Merkmale der atmosphärischen Korrosion,
Materials and Corrosion“, 1964, vol. 15, No. 5, pp. 379-390.
[4] Y. Tits, G. Delouvroy, J. Marginet, A. Francois, M. Vandenberg, 2011, „Life
Estimation of SF6 MV Switchgear According to On-site Conditions in DNO’s
Distribution Networks“, CIRED, paper 971.
[5] H. Krieger, 2004, „Alterung von Schmierstoffen im Zahnradprüfstand und in
Praxisbetrieben“, PhD Thesis, Technische Universität München.
[6] X. Zhang, E. Gockenbach, „Component Reliability Modeling of Distribution
Systems Based on the Evaluation of Failure Statistics“, IEEE Transactions on
Dielectrics and Electrical Insulation, 2007, vol. 14 No. 5, pp. 1183 – 1191.
[7] P. Köhn, A. Schnettler, N. Schultze, „Classification of Distribution Substa-
tions by Operational and Environmental Stresses Leading to Failure of Equip-
ment“, CIRED Conference, 2015.
[8] M. Peitz, M. Poppen, A. Schnettler, A. Hinz, A. Kurz, „Untersuchung der An-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
wendbarkeit thermischer Modelle für öllgefüllte Verteilungstransformato-
ren“, ETG-Fachtagung Diagnostik elektrischer Betriebsmittel, 2012.

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

248
Symbiosen in der Energieversorgung
Franz Hein

Die ganze Energieversorgung muss funktionieren, damit der


Strom (weiterhin) aus der Steckdose kommt, denn „Das Wahre
ist das Ganze“ (siehe bei Georg Wilhelm Friedrich Hegel). Die
fortschreitende Aufteilung in immer noch mehr Marktrollen soll
durch Marktgesetze (angeblich) dafür sorgen, dass der Strom
immer noch günstiger aus der Steckdose kommt – wenn er
überhaupt noch mit der heute für eine Selbstverständlichkeit
gehaltenen ständigen Verfügbarkeit kommt. Denn für die Si-
cherstellung der Versorgungssicherheit sind physikalische
Gesetzmäßigkeiten von deutlich größerer Bedeutung als Markt-
gesetze. Das führt zu der Notwendigkeit, wegen den physika-
lisch bedingten Zusammenhängen die schon bestehende
Symbiose der Energietechnik (ET) mit der Informations- und
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Kommunikationstechnik (IKT) zu vertiefen. Der immer wieder


hervorgehobene Gegensatz zwischen zentral und lokal ist auch
zu überwinden und in ein enges Miteinander im Netz wie auch
im Geschäftsleben überzuführen. Ferner muss es zu einer Sym-
biose zwischen Markt und Physik kommen. Das Auftrennen in
voneinander unabhängige Teile eines Gesamtsystems muss als
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Irrweg erkannt und revidiert werden. Das Gleiche gilt für das
Schwarz-Weiß-Denken. Stattdessen muss das „sowohl-als-
auch“-Denken gängige Praxis werden. Die Energieversorgung
funktioniert zudem immer nur als zusammenhängendes Ge-
samtsystem. Ideologisch geprägte Denkweisen ändern das
Funktionieren in keinster Weise.
Die Anlagentechnik in der Energieversorgung hat die große
Chance, Nutznießer der Entwicklungen zum Internet der Dinge
sowie der Neuerungen im Bereich der Industrie 4.0 zu werden.
Sie muss sich dazu aber auch aus den bisherigen Einsatzgebie-
ten nur bei den Energieversorgungsunternehmen in Richtung
Anlagentechnik bei den Kunden weiterentwickeln. Und das so-
gar mit Schwerpunkt beim Unterstützen der Energienutzer. Dort
249
werden solche Techniken künftig gebraucht, damit die Kunden
nicht nur selbst Energie „ernten“ (vorwiegend über Photovolta-
ik-Anlagen) und Energie sogar wieder lokal bevorraten (z. B.
mittels Batterien). Die Vernetzung über die Energiearten hin-
weg wird zunehmen und damit der Einsatz von Energie„wandler“.
Auch die Energienutzung bei den Kunden muss durch entspre-
chende Systeme so effizient und kostengünstig wie möglich
erfolgen. Dazu werden in den Energiezellen autonom wirkende
Energieassistenzsysteme benötigt, die lokal untereinander und
zumindest mit denen in den Leitzentralen der jeweiligen Netz­
ebene vernetzt agieren. Näheres zu Energiezellen siehe bei
http://www.herbert.saurugg.net/?s=energiezellen und/oder in
der VDE-Studie „Der zellulare Ansatz“.
Energiezellen gibt es in jeder Netzebene (das ist die physika-
lische Sicht) und auch in den Bilanzierungsebenen (das ist die
betriebswirtschaftliche Sicht). Die unterste und kleinste Ener-
giezelle wäre die eines Haushalts oder einer Firma. Dann wären
es in den weiter aufsteigenden Ebenen Quartiere, Ortsteile,

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Städte, usw. bis schließlich das gesamte europäische Netz als
Zelle betrachtet wird. Bei der betriebswirtschaftlichen Sicht
wäre es in dieser Ebene der gesamte europäische Energie-
markt. Neben den „energetischen“ und „geschäftlichen“ Ver-
netzungen sowie der „informatorischen“ Vernetzung mit
Leitzentralen kann auch das nachbarschaftliche Zusammen-
wirken von Energiezellen in der gleichen Ebene vorteilhaft sein. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Das betrifft grundsätzlich die verschiedenen Ausprägungen der
Energie gemeinsam, da vielfältige Wandlungsmöglichkeiten be-
stehen oder künftig bestehen werden.
Die Teilsichten je Energiezelle sollten künftig zu einer Ge-
samtsicht je Ebene zusammengeführt werden. Diese Gesamt-
sicht wiederum kann dann als Dienstleistung der jeweiligen
Leitzentrale zusammen mit einem durchdachten Verhaltensco-
dex Grundlage für ein gemeinschaftsdienliches Mitwirken aller
Beteiligten sein. Diese umfassende Teilnahme an der Verant-
wortung für das große Ganze ist die größte Chance der gegen-
wärtigen Entwicklung. Das Ziel ist eine innige Kooperation, also
eigentlich eine Symbiose in einer ganzen Reihe von Bereichen
250
der Energieversorgung insgesamt. Drei von den vielen Ausprä-
gungen von Symbiosen werden in diesem Beitrag näher vorge-
stellt.

1.  Symbiose Energietechnik (ET) und IKT

Im Grunde besteht die Symbiose der Energietechnik (ET) mit


der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) in der
Energieversorgung von Anfang an. Nur waren es zunächst Mel-
delampen, Anzeigen, Messwertschreiber, Schalter und Relais,
mit deren Hilfe das Beobachten, das Steuern und das logische
Verknüpfen von Informationen aus den Prozessen der Energie-
versorgung durchgeführt wurden. Entscheidungen der diese
Prozesse beobachtenden Menschen waren für eine hochver-
fügbare Energieversorgung unabdingbar. Für die bisher mehr
analogen Techniken in den Einrichtungen der Energieversor-
gung und für die auf menschliche Einwirkungen abgestützten
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Prozesse zur Sicherstellung der Verfügbarkeit sind inzwischen


elektronische Komponenten und in vermehrten Maße höchst
leistungsfähige Prozessleitsysteme unterschiedlichster Grö-
ßenordnung getreten. Sie unterstützen die Menschen in den
jeweiligen Energiezellen bei der Bereitstellung, Bevorratung,
Wandlung, Verteilung und Nutzung der Energie umfassend.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Statt einer Bedienung nur vor Ort sind nun abgesetzte Be­
dienplätze und in Leitzentralen zusammengefasste Betriebs-
führungen getreten, die z. T. oft schon automatisiert ablaufen.
Die Entfernung zwischen Leitzentrale und einer Komponente für
die Sicherstellung der Energieversorgung spielt so gut wie kei-
ne Rolle mehr. Leistungsfähige Nachrichtenwege erlauben die
Übermittlung betriebsrelevanter Informationen in jedwede Rich-
tung mit sehr kurzen Latenzzeiten. In Leitzentralen führt dies
zur Möglichkeit, ohne merkbaren Zeitverzug, also quasi in Echt-
zeit, das Energieversorgungssystem als Ganzes beobachten zu
können. Die Betriebsführung in Echtzeit ist deshalb inzwischen
in höheren Spannungsebenen Normalität. In nachgeordneten
Spannungsebenen wird sie mehr und mehr eingeführt. Auch in
251
Bild 1

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
anderen Branchen mit etwas geringeren Ansprüchen an Zeitnä-
he (z. B. in der Gasversorgung) werden entsprechende Leit-
techniken eingesetzt.
Die Entwicklungen in der IKT brachten eine extreme Verrin-
gerung der Größe von IT-Komponenten, gewaltige Steigerungen
bei deren Leistungsfähigkeit und das zu deutlich geringeren
Kosten. Die massenhafte Verbreitung wie auch die zunehmen- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
de Verlässlichkeit der IKT-Komponenten hat in Verbindung mit
sogenannten „physikalischen“ Systemen zu einer Vielzahl von
„Cyber-Physical-Systems“ geführt. Darin bilden die Energietech-
nik und die IKT eine Einheit. In Autos sind solche Systeme als
Fahrerassistenzsysteme mit „embedded systems“ längst Nor-
malität und erlauben sicheres und kostengünstiges Fahren.
Selbst in der Medizintechnik und bei der Unterstützung von ge-
sundheitlich eingeschränkten Personen sind solche Systeme
ausgesprochen hilfreich (siehe dazu die Entwicklungen in der
AAL = ambient assisted living). In der Energieversorgung sind
Energieassistenzsysteme allerdings erst noch im Kommen. Nur
an Messsysteme zu denken ist zu kurz gedacht.
252
Bild 2
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Immer geht es darum, eine lokale Sicht herzustellen, viele


solcher Teilsichten zu einer Gesamtsicht zusammenzuführen,
mittels Mustererkennungen auszuwerten, dabei gewonnene Er-
kenntnisse zu verbreiten und diese an vielen Stellen im Einklang
mit lokalen Informationen und Bedürfnissen umzusetzen. Im
Bereich der Energieversorgung sind das dann miteinander agie-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

rende Energieinformationssysteme für die verschiedenen Aufga-


benbereiche (Bild 1). Diese Systeme finden sich künftig in allen
Energiezellen und sorgen dort für ein autonomes, damit sto-
chastisches Mitwirken bei allen Aufgaben der Sicherstellung der
Energieversorgung. Sie sind dafür innerhalb einer Energiezelle
untereinander und über entsprechende Nachrichtenwege auch
mit Partner-Einrichtungen vernetzt (Bild 2). Diese Vernetzungen
und die Energieassistenzsysteme können als Logistik-Unterbau
der Energieversorgung betrachtet werden. Die Energiekunden
werden damit befähigt, als „mündige“ Energienutzer bei den für
ihr Lebensumfeld so wichtigen Infrastrukturen mitzuwirken. Der
Begriff „Energienutzer“ wird hier bewusst gewählt, weil es sich
um die effiziente Nutzung der Energie in ihren verschiedenen
253
Bild 3

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Ausprägungen (elektrischer Strom, Wärme, Gas) handelt. Die
Energie kann ohnehin nicht „verbraucht“ werden.
Energieassistenzsysteme gibt es künftig als Werkzeuge in
allen Netzebenen und auch allen Ebenen der die Kunden unter-
stützenden Unternehmen. Vorstehend erwähnte Entwicklungen
in der IKT erlauben nun auch ein lokales Mitwirken der Energie-
nutzer bei allen Aufgaben der Energieversorgung und das in Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
allen Zeitbereichen (von Millisekunden für Schutzaufgaben über
ein ständiges Mitwirken bei der Netzregelung bis hin zu Jahr-
zehnten für Ausbauten und Erneuerungen der Infrastruktur).
Insgesamt bilden sich so in den Netzebenen und in den die
Energienutzer unterstützenden Unternehmen Energiegemein-
schaften. (Bild 3). Wichtig dabei ist, dass aus den Bedürfnissen
und Teilsichten der einzelnen Energiezellen in jeder Ebene eine
Gesamtsicht gebildet wird und diese den Energiezellen wieder
zugänglich gemacht wird. Damit ist es in jeder Energiezelle
möglich, zum Funktionieren des Gesamtsystems selbstbe-
stimmt beizutragen. Dies wird durch einen jeweils zum betrach-
teten Zeitbereich passenden Verhaltenscodex „orchestriert“.
254
Das zentrale Steuern wird so durch eine neue Art der Führung
komplett ersetzt. Diese Führung baut auf das Mitwirken vieler
autonom und gemeinschaftsdienlich agierenden Teilnehmer auf.
Ein chaotisches Durcheinander oder ein Fehlverhalten des Ge-
samtsystems kann so verhindert werden. Mit den Energieassis-
tenzsystemen als Werkzeug werden die Menschen befähigt,
sich verantwortungsvoll bei den Energieinfrastrukturen einzu-
bringen, sie werden zu „mündigen“ Energienutzer.
Künftig dehnt sich die Anlagentechnik (damit einschließlich
der IKT-Komponenten) bis zu den Einrichtungen aus, in denen
die Energie „geerntet“, bevorratet, verteilt, gewandelt und ge-
nutzt wird. Das Beherrschen der Infrastrukturen der Energie-
versorgung ist damit in allen Spannungsebenen (und allen
Druckstufen beim Gas) bis hin zum „mündigen“ Energienutzer
möglich. Strom-, Gas- und Wärmenetze sind zusammenfas-
send zu betrachten. Daraus ergeben sich neue Chancen für die
Mitwirkung aller Beteiligten an der ständigen Sicherstellung der
Energieversorgung. Von deren Verfügbarkeit hängen unsere
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Lebensumstände und Lebensqualität in einer ganz extremen


Weise ab. Ein Ausfall der Energieversorgung hat auf alle ande-
ren Techniken und somit auf unser Leben insgesamt massive
und äußert negative Auswirkungen. Deshalb kommt einer funk-
tionierenden Symbiose von Energietechnik und IKT eine ausge-
sprochen hohe Bedeutung zu.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

2.  Symbiose Leitzentralen und Energiezellen

Die Leistungsflüsse (auch bei den verschiedenen Energiearten)


verbinden die Energiezellen untereinander. Leitzentralen haben
die Aufgabe, diese Leistungsflüsse und die dafür notwendigen
Komponenten im Gesamtsystem zu überwachen. Dazu sind In-
formationsflüsse zur jeweiligen Leitzentrale nötig. Künftig sind
in jeder Ebene Informationsflüsse, gespeist aus den Teilsichten
der Energiezellen nötig, welche die lokalen Bedürfnisse in die
jeweilige Leitzentrale transferieren. Damit kann dort eine Ge-

255
samtsicht auf die Energiesituation und den Netzzustand als
Ganzes erstellt werden (Bild 3).
Die vielen unterschiedlichen Bedürfnisse und die einzelnen
Sichten der Energienutzer in den Energiezellen auf ihre eigene
Situation hinsichtlich Bereitstellung, Bevorratung, Transport,
Wandlung und Bedarf an Energie sind dafür zusammenzufas-
sen. Elektrische und andere Kenngrößen gehören dazu, damit
die Netz- und Versorgungssituation in der jeweiligen Leitzentra-
le zu einer aussagekräftigen Gesamtsicht zusammen geführt
werden können. Als Dienstleistung einer Zentrale mündet dies
in einer Weitergabe der Gesamtsicht an die Energiezellen und
damit letztlich an die Energienutzer. Damit können diese ihr
Verhalten autonom und gemeinschaftsdienlich im Sinne des
Ganzen selbst steuern und ihre eigene Informationsverarbei-
tung plausibilisieren. Dieses Plausibilisieren anhand lokaler und
von den jeweiligen Leitzentralen übermittelten Sichtweisen ist
eine die Robustheit des Gesamtsystems entscheidend verbes-
sernde Vorgehensweise.

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Diese Symbiose zwischen zentral und lokal vermeidet das
Steuern einer Leitzentrale von außen in Energiezellen und damit
letztlich in Kundenanlagen hinein. Ein solches Steuern von au-
ßen würde in Kundenanlagen in dort ablaufende Prozesse ein-
greifen und in aller Regel extrem stören oder gar zum Stillstand
führen. Da keine Methode eine unzulässige Beeinflussung einer
solchen Steuerung von außen vollständig und auf Dauer wirk- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
sam verhindern kann, muss auf zentrale Einwirkungen total
verzichtet werden. Notwendig ist aber die Übermittlung der je-
weiligen Gesamtsicht, damit dezentral im Sinne der Gesamt-
sicht richtig gehandelt werden kann. So wird mit dieser
Symbiose eine umfassende Erhöhung der Resilienz des Ge-
samtsystems erzielt.
Das Gelingen der Energiewende wird zwangsläufig eine
Energiebevorratung in den Energiezellen und damit letztlich
auch eine lokale Energiebevorratung zur Folge haben. Nur mit
einer ausreichenden Pufferung einschließlich einer mittel- und
langfristigen Energiebevorratung kann die Beherrschung der
Volatilität beim Energiezufluss wie auch bei der Energienutzung
256
gelingen. Enthält eine Energiezelle solche die Energie spei-
chernden Komponenten, dann ist sie in der Lage, bei einem
Ausfall des sie umgebenden Netzes sich für eine gewisse Zeit
im Eigenbedarf (also in einer Art Notbetrieb) zu fangen. Das
wiederum ist die Voraussetzung, dass sich in einer solchen
Notsituation Energiezellen untereinander informationstechnisch
finden und in der Folge selbstorganisiert einen Netzwiederauf-
bau starten können (siehe „Orchestrieren statt Steuern von
außen“ im Jahrbuch Anlagentechnik 2015). Beim Netzwieder-
aufbau ist wegen der immer notwendigen Sicht auf das Ganze
sobald wie möglich die zugehörige Leitzentrale einzubeziehen.
Auch dafür dient die Symbiose von Leitzentralen und Energie-
zellen.
Die Weitergabe der Gesamtsicht orchestriert das Verhalten
der Teilnehmer im Gesamtsystem. Das gilt beim Netzwiederauf-
bau genauso wie im Normalbetrieb. Die im Gesamtsystem mit-
wirkenden Energiezellen haben dafür wie die Mitspieler in
einem Orchester einen Verhaltenscodex (im Orchester ist dies
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das Notenblatt). Das unterstützt das autonome Agieren und


mindert von außen und auch von innen kommende Manipulati-
ons- und Fehlermöglichkeiten entscheidend. Das wiederum
sorgt für die so dringend notwendige Resilienz in einem fragilen
System, das auf der ständigen Beibehaltung eines dynami-
schen Gleichgewichts zwischen zuströmender und aus dem
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Netz entnommener Energie beruht. Die Symbiose fördert auf-


grund des Informationsaustausches zwischen Leitzentrale und
Energiezellen das gegenseitige Erkennen von Fehlentwicklun-
gen. Das macht Mustererkennungen zum raschen Aufdecken
von Ungereimtheiten bis hin zum Diagnostizieren und Beheben
von Störungen möglich. Auch dies stärkt die Resilienz des Ge-
samtsystems.

3.  Symbiose Markt und Physik

Die Liberalisierung hat bewirkt, dass vermehrt Marktgesetze in


der Energieversorgung Einzug hielten. Zwischenzeitlich hat dies
257
allerdings überhandgenommen und zu einem Verdrängen der
Sicht auf die physikalischen Grundlagen der Energieversorgung
geführt. Das äußert sich leider in einer Ignoranz gegenüber der
Wirklichkeit, welche natürlich weiterhin von physikalischen Ge-
setzmäßigkeiten bestimmt wird. Marktgetriebene Wunschvor-
stellungen sollen angeblich die Wirklichkeit des physikalischen
Geschehens wie auch das normalerweise autonome Verhalten
der Menschen ersetzen können. Den Bedarf an einem hochver-
fügbaren Energiezufluss sollen entweder direkte zentrale Steue-
rungen (sogar von außen in die Anlagen der Kunden hinein) oder
Steuerungen des Kundenverhaltens durch Preise für die „Pro-
dukte“ der Stromhändler und Stromlieferanten befriedigen. Nur
ist dabei die schiere Masse an zu beeinflussenden Parametern
und der notwendige Zeitbezug ausgeblendet worden.
Besonders drastisch äußert sich diese Entwicklung in der
Verengung der Sicht auf einen winzigen Zeitbereich als Aus-
schnitt einer ca. 12 Zehnerdekaden umfassenden Zeitachse
(Bild 4). In diesem wenige Stunden umfassenden Ausschnitt

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
kommt dem Handel mit Strom als unsere wichtigste Energie-
form sicherlich eine hohe Bedeutung zu. Aber das darf die An-
forderungen an die Energieversorgung nicht ausschließlich
bestimmen. Wenn selbst die Versorgungssicherheit nicht mehr
im Mittelpunkt steht, sondern nur noch finanzielle Aspekte,
dann ist der Bogen endgültig überspannt. Dem Netz, das für
den Handel als Plattform dient, werden zudem Eigenschaften Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
unterstellt, welche den Gesetzen der Physik total widerspre-
chen. Es gibt eben kein unendlich leistungsfähiges Netz. Jed-
weder Transport und die gesamte Energieverteilung müssen in
Echtzeit technisch beherrscht werden können. Es sind auch
nicht beliebig viele Netzanschlüsse und keineswegs überall an
jeder gewünschten Stelle vorhanden. Und sprungförmige Ände-
rungen wichtiger physikalischer Größen verträgt kein Netz.
Auch wenn das auf dem Papier (bzw. in den Rechnern) so
praktiziert wird. Dabei geht der Bezug zur Wirklichkeit verloren.
Zahlen ersetzen kein physikalisches Geschehen.
Alle leistungsverändernden Nutzungen dürfen genaugenom-
men nur rampenförmig das Netz beaufschlagen. Es darf keine
258
Bild 4
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

sprungförmigen Veränderungen geben, auch keine sprungför-


mig vorgegebenen Fahrplanänderungen. Alle Änderungen im
physikalisch bestimmten Geschehen haben einen stetigen Ver-
lauf. Selbst Schaltungen erfordern ein (allerdings sehr kurzzei-
tiges) Einschwingen des gesamten Netzverbundes auf den
neuen Zustand. Bei Leistungsveränderungen im Netz bedingt
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

dieses Einschwingen zunächst den automatisch stattfindenden


Ausgleich zwischen dem Energieinhalt der Momentanreserve
und dem der übrigen Systemteile. Der Momentanreserve als
Energieinhalt der sich drehenden Massen in Synchrongenerato-
ren kommt als inhärent vorhandener Energiepuffer eine maß-
gebliche Rolle zu.
Bei einer Abweichung vom Leistungsgleichgewicht tritt ein
aufgrund des Energieerhaltungssatzes ablaufender Vorgang auf,
der keinerlei Gerätschaften oder Informationsverarbeitungen
benötigt - es ändert sich einfach die Drehgeschwindigkeit der
Rotoren und damit der Energieinhalt der sich drehenden Massen.
Dieser Vorgang wiederum führt zu einer Veränderung der Fre-
quenz, weil sich aus der Drehgeschwindigkeit der Rotoren der
259
Synchrongeneratoren exakt die überall im Netz messbare Fre-
quenz ergibt. Die Primärregelung sorgt bei einer so feststellba-
ren Abweichung der Frequenz von der Normfrequenz bei
Leistungsmangel für vermehrten Energiezufluss bzw. geringe-
ren Energiebezug oder bei Leistungsüberschuss für vermehrten
Energiebezug bzw. geringeren Energiezufluss.
Alle leistungsverändernden Einspeisungen und Nutzungen
erfordern eine Netzregelung, um eingetretene Abweichungen
von dem immer sehr rasch anzustrebenden Leistungsgleichge-
wicht wieder auf null zurückzuführen. Diese Regelung setzt
Änderungen der Energieflüsse voraus und benötigt allein des-
halb Zeit. Sie hat grundsätzlich nur eine sehr begrenzte Fähig-
keit zum Ausregeln, abhängig vom raschen Erkennen und
schnellem Reagieren auf Abweichungen durch Leistungsände-
rungen. Eine zu hohe Gleichzeitigkeit von Veränderungen wie
auch eine zu große Auslenkung aus dem dynamischen Leis-
tungsgleichgewicht führen zur Überforderung der Regelfähig-
keit und damit zwangsläufig zu einem großflächigen Ausfall

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
wegen dem dann eintretenden Verlust der Netzstabilität. Die-
ses physikalisch bestimmte Zusammenwirken aller Kompo-
nenten für die Energieversorgung gilt es immer zu beachten.
Ein dynamisch veränderter Energiepreis kann diese Regelfä-
higkeit nicht im Entferntesten bewirken. Es ist ein völlig un-
taugliches Mittel.
Die Netzregelung erfordert eine rasche Beeinflussbarkeit Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
des Energieinhalts des elektrischen Teils des Gesamtsystems.
Das kann weder durch eine Beeinflussung der Sonne noch des
Windes erreicht werden. Jede Form des immer wieder ins Auge
gefassten Abregelns würde die Energiegewinnung vermindern
und den Nutzen der Einrichtungen schmäleren. Aber die Ener-
giebevorratung, also die Energievorsorge, kann in hohem Maß
dazu dienen, Energie (örtlich und zeitlich gesehen) umzuspei-
chern. Das ist sicher die wichtigste Art, für eine Flexibilität des
Leistungsbedarfs zu sorgen. Das Lastmanagement ist dafür
deutlich weniger geeignet, da dies Eingriffsmöglichkeiten in die
Prozesse bedingt, welche ja gerade für die Nutzung der elektri-
schen Energie von Bedeutung sind und von denen unsere Le-
260
bensqualität wie auch die Produktionen von Gütern bzw. das
Erstellen von Dienstleistungen abhängig sind.
Für die Energievorsorge trägt die Gesamtheit der Netznutzer-
„Community“ Verantwortung, nicht die der Netzbetreiber. Es
kommt deshalb darauf an, dass eine weitgehend stimmige
Prognose des Umfanges an nutzbarem Energiezufluss wie auch
über die Intensität der Energienutzung für den kommenden
Zeitbereich von den Energienutzern erstellt wird. Eine von ihrer
Planung der Zukunft abhängige Größe ist dabei der Umfang der
ins System zurückgeführten Energie (Rückspeisung aus der
Bevorratung) bzw. die gewollte Einspeicherung von Energie als
(Not-)Reserve bzw. Variations„masse“. Diese Variabilität gilt es
vorrangig zu nutzen.
Das Gelingen eines gedeihlichen Zusammenwirkens von
Markt und Physik erfordert vom Markt die Einhaltung von Rah-
menbedingungen, die in der Physik der Energieversorgung be-
gründet sind. Den Netzbetreibern obliegt es, deren Einhaltung
vorab zu prüfen. Dazu sind Fahrpläne und die „Abweichungs-
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breite“ der dafür zugrundegelegten Prognosen den Netzbetrei-


bern im festgelegten Zeitraster zumindest für den kommenden
Tag rechtzeitig im Voraus mitzuteilen. Anhand dieser Daten sind
von den Netzbetreibern mittels Netzsicherheitsberechnungen
die Transportfähigkeiten der betroffenen Netze und die Einhal-
tung von Grenzwerten zu überprüfen. Werden dabei zulässige
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Bereiche für Belastungen, Spannungen und Phasenwinkel (bzw.


die entsprechenden Größen im Gasnetz) nicht eingehalten,
muss unverzüglich von Seiten des Marktes eine Abänderung
der Planung solange vorgenommen werden, bis die Netzbetrei-
ber den Planungsdaten wegen dem notwendigen Einhalten der
Netzstabilität und Netzsicherheit zustimmen können. Auf Netz-
betreiberseite erfordert das ein kaskadenartiges Durchgreifen
der Berechnungen und eine durchgängige Ergebnisweiterlei-
tung. Dafür muss Zeit einkalkuliert werden und es müssen Da-
ten wie auch Datenwege für die online-Nutzung vorhanden sein.
Die Netzbetreiber haben die Verantwortung für die Sicher-
stellung einer ausreichenden Sicherheit des Netzbetriebes in
ihren jeweiligen Beobachtungsbereichen. Hier ist der Begriff der
261
(n-1)-Sicherheit sehr von Bedeutung. In der Regel heißt das,
dass wenn irgendwelche Netzkomponenten (auch Einspeisun-
gen oder Bezüge) ausfallen, dies die Netzsicherheit nicht beein-
trächtigen darf. Auch wesentliche Netzgrößen (z. B. die
Spannungen an den Netzknoten) dürfen nicht den zulässigen
Bereich verlassen. Würde aufgrund der übermittelten Fahrpläne
die Netzsicherheit gefährdet, müssen die Netzbetreiber die
Fahrpläne zurückweisen und solange auf geänderte Planungen
bestehen, bis die Netzsicherheit gemäß den durchzuführenden
Berechnungen gewährleistet werden kann. Erst dann können
die Fahrpläne endgültig vereinbart werden. Weichen im online-
Betrieb die tatsächlichen Daten von den vereinbarten Planwer-
ten zu stark ab, müssen anhand der Berechnungen der
Netzsicherheit und der Netzstabilität Überarbeitungen der Pla-
nungen des Energieumsatzes so erfolgen, dass die Netzbetrei-
ber einen sicheren Netzbetrieb wieder gewährleisten können.
Die Gewährleistung der Versorgungssicherheit hat immer
Vorrang. Die Abänderungen der Planwerte müssen unentgelt-

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lich erfolgen und dürfen zu keinen Forderungen an die Netzbe-
treiber führen. Es besteht ein Zwang zur Einigung, da der Verlust
der Versorgungssicherheit schwerwiegende Folgen für die
Energienutzer und der Gesellschaft als Ganzes hätte. Die Netz-
betreiber haben dazu aus den Ergebnissen ihrer Berechnungen
umsetzbare Hinweise abzuleiten und denjenigen mitzuteilen,
welche die Plandaten erstellt haben. Naturgemäß müssen die Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Berechnungsgrundlagen und –ergebnisse offengelegt werden.
Alle Planungen, besonders die Prognosen, sind Einschätzun-
gen der Zukunft und haben deshalb Schätzbreiten. Das Ergeb-
nis der Planungen sind Fahrpläne für Bezug und Lieferung von
Energie für die Zeitintervalle des Planungszeitraums (hier in der
Regel der kommende Tag). In dem gleichen Zeitraster müssen
künftig auch die Schätzbreiten angegeben werden. Aus dieser
Vorgehensweise ergeben sich die Fahrpläne und die Risikobrei-
ten „rund“ um die Fahrpläne. Beide Planungsgrößen sind an die
Netzbetreiber zu übermitteln (Bild 4).
Im Fokus der Netzbetreiber muss neben der Netzsicherheit
auch die Netzstabilität stehen. Dazu ist eine Risikovorsorge für
262
mögliche Abweichungen von den Fahrplänen erforderlich, un-
abhängig davon, wer sie verursacht und durch was sie verur-
sacht werden. Zu den Aufgaben der Netzbetreiber gehört
deshalb auch, anhand der Abweichungsbreiten den voraus-
sichtlichen Gesamtbedarf an Flexibilitäten bei den Leistungen
der beteiligten Komponenten zu ermitteln. Wie in der Versiche-
rungswirtschaft üblich, ist eine begrenzte Gleichzeitigkeit bei
den Abweichungen von den Fahrplänen Grundlage der notwen-
digen Abschätzungen des Risikos von Abweichungen insge-
samt. Das ist wie auch im Versicherungswesen nicht einfach
die Summe aller Risiken, sondern ein von allen Beteiligten in
seiner Gesamtheit akzeptierter (deutlich niedrigerer) Wert.
Über die Größe dieses Risikos, ggf. in Abhängigkeit von der
Gesamtleistung in dem von der jeweiligen Leitzentrale über-
wachten Bereich, ist ein Konsens zwischen der Netznutzer-
Community und der Netzbetreiber-Community erforderlich(Bild
4). Für die Abdeckung dieses Risikos an Abweichungen zu den
mitgeteilten Fahrplänen müssen die Netzbetreiber „Flexibilitä-
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ten“ einkaufen. Das sind Zusagen der Energienutzer, dass sie


Leistungen der Einspeisungen und/oder Bezüge auf Anforde-
rung der Netzbetreiber im angegebenen Bereich rund um den
mitgeteilten Fahrplan ändern, damit die Netzregelung rasch
genug das Leistungsgleichgewicht wieder herstellen kann. Es
wird als keine „Regelenergie“, sondern es werden Zusagen
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

bezüglich möglicher Leistungsänderungen „eingekauft“! Diese


Zusagen können mittels variierender Pufferung und/oder
Rückspeisung aus einem Energievorrat am ehesten realisiert
werden. Nutzungsänderungen sind in aller Regel deutlich pro-
blematischer.
Wie bei sonstigen Versicherungen sind für die Risikobreiten
bei den übermittelten Fahrplänen Prämienzahlungen, hier der
Netznutzer an die Netzbetreiber fällig. Diese Zahlungen müssen
die Netzbetreiber in die Lage versetzen, die zur Abdeckung des
ermittelten Risikos notwendigen Zusagen an Leistungsvariati-
onsmöglichkeiten (sogenannte Flexibilitäten) „einkaufen“ zu
können. Das sind dann Leistungshübe, die in Summe das Ge-
samtrisiko abdecken können und vom Netzbetreiber durch Ver-
263
senden entsprechender Informationen bei den jeweiligen
Anbietern der Flexibilitäten aktiviert werden. Das darf dann aber
nur lokal so gesteuert erfolgen, dass darüber keine äußere Be-
einflussung möglich ist. Auch hier ist wieder darauf zu achten,
dass dezentral eine Plausibilisierung zwischen der übermittel-
ten Anforderung und der lokalen Sicht auf den Frequenzverlauf
vorgenommen wird. Diese Plausibilisierung muss anhand der
vor Ort gemessenen Frequenz und der übermittelten Gesamt-
sicht auf die insgesamt festgestellten Notwendigkeiten bei der
Primär- und Sekundärreglungen eine netzdienliche Reaktion in
Echtzeit bewirken.
Das Leistungsgleichgewicht immer wieder rasch genug
herzustellen, ist die wichtigste Aufgabe der Netzregelung, die
künftig durch das Verbreiten der Gesamtsicht durch Leitzen­
tralen Aufgabe aller Beteiligten ist. Die heute dafür noch benö-
tigten Kraftwerke gibt es nicht mehr, sobald die Energiewende
gelungen ist. Nur das Mitwirken aller Energiezellen schafft
wieder die Grundlagen für eine ausreichende Netzstabilität.

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Das Ausnutzen der Leistungshübe und die immer begrenzt
gute Prognose und Planung führen natürlich zu Abweichungen
gegenüber den übermittelten Fahrplänen. Diese Abweichun-
gen sind vorzeichengerecht zu sammeln und ergeben eine
positive und/oder negative Ausgleichsenergie in den einzelnen
Zeitbereichen.
Damit nicht bewusst durch eine fehlerhafte Planung des Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Energieumsatzes auf Kosten aller anderen Beteiligten Speku-
lationen erfolgen, welche durch die Netzregelung beherrscht
werden müssten, wird ein Naturalausgleich für die aufgetrete-
ne Ausgleichsenergie vorgesehen. Demnach muss bereits
beim nächstfolgenden Planungszeitraum die positive wie auch
die negative Ausgleichsenergie zeitgerecht durch genau ge-
genteiliges Einplanen wieder zurückgeliefert werden. Von ei-
ner Bezahlung der Ausgleichsenergie wird abgesehen, weil
dieser so rasch erfolgende Naturalausgleich jegliche Spekula-
tion auf das Ausnutzen von Preisunterschieden unterbindet
und jedwede Geldbeträge diese Art von Regelung konterkarie-
ren würden.
264
Bild 5
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Die Planungsgenauigkeit wird sicher durch das Zahlen einer


Art von Versicherungsprämie für die Schätzbreiten der Fahrplä-
ne auf Dauer erhöht. Dies wirkt als Anreiz besonders dann,
wenn ein Überschreiten der Schätzbreite im tatsächlichen Be-
trieb zu einer Erhöhung der Prämie führt (Malusregelung).
Wenn wie bei der Kfz-Versicherung ein Unterschreiten der
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Schätzbreite durch eine Bonusregelung zu einer Minderung der


Prämienzahlung führt, ist das ein zusätzlicher Anreiz für genau-
ere Prognosen bzw. für ein besseres Energiemanagement und
Ausnutzen der Variationsmöglichkeiten bei der Energiebevorra-
tung (vermehrtes Bevorraten oder Rückführung bevorrateter
Energie ins System). Letztlich kommt zudem auf die „mündigen“
Energienutzer die Aufgabe zu, sich am Ausbau, am Betrieb und
an den Erneuerungen der Infrastrukturen der Energieversor-
gung angemessen zu beteiligen (Bild 5). Nur damit kann der
ortsbezogene bzw. über Zeitbereiche erforderliche Energieaus-
tausch auf Dauer vorgenommen werden. Kein Markt kann dies
ohne einen den Anforderungen beim Energieaustausch ent-
sprechenden Netzausbau bewirken.
265
4.  Gemeinsamkeiten bei den Symbiosen

Bei den angeführten Symbiosen unterstützen sich die jeweili-


gen Teilbereiche gegenseitig. Es ist wie bei einer Redundanz
mit gleichzeitiger Diversität. Das führt zu einer erhöhten Ro-
bustheit beim jeweiligen Zusammenwirken, ob nun von ET und
IKT, bei Leitzentralen und Energiezellen wie auch beim Markt in
Kooperation mit der Physik. Eine einseitige, nur auf die Aspekte
der jeweiligen Teilsicht konzentrierende Handlungsweise wird
so vermieden. Jede der beiden Komponenten einer der aufge-
führten Symbiosen hat jeweils eine meist deutlich unterschied-
liche Sicht auf die Wirklichkeit. Das Zusammenführen der
Sichten ist für die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des
Gesamtsystems von ausschlaggebender Bedeutung, weil so
Fehlschlüsse und Fehlhandlungen eher vermieden werden kön-
nen, als bei einseitiger und damit eingeschränkter Betrach-
tungsweise.
Die Komponenten der ET und die der IKT haben sehr ver-

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schiedene Charakteristiken, auch extrem auseinander liegende
Stand- und Innovationszeiten. Gegen äußere Einflüsse sind sie
unterschiedlich empfindlich. Zum Erzielen großer Robustheit
des Gesamtsystems sind die so sehr differierenden Eigenschaf-
ten immer im Blick zu halten. Die Lebenszyklen sind auch bei
den anderen Symbiosen keineswegs synchron. Das führt zu der
Herausforderung, dass zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
in einer der beiden an einer Symbiose beteiligten Bereiche eine
teilweise oder sogar komplette Erneuerung angegangen wer-
den muss. Bei der Symbiose Markt & Physik sind die Rahmen-
bedingungen andauernd unterschiedlich. Hier ist der stete
Wandel naturbedingt immer gegeben und völlig normal.
Auf der untersten Ebene der Energiezellen ist jedes Energie
einspeisendes und jedes Energie nutzendes Gerät physikali-
schen Rahmenbedingungen unterworfen. Beim Einsatz dieser
Geräte sind von den sie nutzenden Organisationseinheiten die-
se Rahmenbedingungen zu beachten, gleichgültig wie groß die
jeweilige Energiezelle ist und in welcher Ebene des Gesamtsys-
tems sie angesiedelt ist. Keine Marktregel kann diese physika-
266
lischen Rahmenbedingungen außer Kraft setzen, auch nicht die
Gesetzgebungen in Parlamenten und/oder die Verordnungen
von Behörden.
In jeder Ebene summieren bzw. überlagern sich die einzel-
nen Rahmenbedingungen zu Eigenschaften der jeweiligen Ener-
giezelle. Eine zusammenfassende Sicht in einer Leitzentrale
führt die Einzelsichten zu einer Gesamtsicht zusammen. Das ist
die wichtigste Aufgabe einer Leitzentrale. Die Kenntnis dieser
Gesamtsicht ist für einzelne Komponenten in der jeweiligen
Energiezelle zum Einhalten von Verhaltensregeln entscheidend
wichtig. Damit ist das Bereitstellen der Gesamtsicht durch eine
Leitzentrale eine ihrer wesentlichen Dienstleistungen. Auch bei
den beiden anderen Symbiosen müssen die jeweiligen Teilbe-
reiche auf die Rahmenbedingungen im anderen Teilbereich
achten. Auch hier sind Gesamtsichten für das autonome Wirken
ausgesprochen nützlich.
In einem Stromnetz gibt es Ebenen unterschiedlicher Nenn-
spannung. Das gliedert das gesamte zusammenhängende
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Stromnetz in Spannungsebenen. Innerhalb einer Spannungs-


ebene schaffen Leitungen die Verbindungen zwischen den
Netzknoten. Transformatoren wiederum schaffen die Verbin-
dungen zwischen zwei Netzknoten, die unterschiedlichen
Netz­ ebenen mit entsprechender Nennspannung angehören.
Die Netzknoten sind oft auch Übergabestellen zu Energiezel-
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

len. Eine Energiezelle hat eine oder mehrere solcher Übergabe­


stellen. In einer Netzebene gibt es für gewöhnlich viele
Energie­zellen. Das gesamteuropäische Netz ist die alles zu-
sammenfassende Energiezelle (mit allen Energiearten und den
darin befindlichen Energiewandlungskomponenten). Beim Gas
kommt noch die Betrachtung einer Logistik hinzu, weil Gas in
Behältern transportiert und so auch gelagert werden kann
(auch lokal, auch in mobilen Komponenten). Sämtliche Ener-
giezellen sind selbstähnlich. Diese zunächst mehr physikalisch
begründete Sichtweise findet sich aber auch in ähnlicher Form
bei den Bilanzierungsgebieten und damit für betriebswirt-
schaftliche Sichtweisen wieder. So können Analogien genutzt
werden.
267
Damit die Energieversorgung auch künftig funktioniert und
trotz der inzwischen deutlich komplexeren Struktur wieder eine
hohe Verfügbarkeit erzielt werden kann, müssen sämtliche Netz­
ebenen und Netzbereiche sich gegenseitig unterstützen. Das
bedingt ein Zusammenwirken der jeweiligen Leitzentralen - hori-
zontal und vertikal in und zwischen den Netzebenen bzw. Netz-
bereichen, welche durch Transformatoren und anderen Wandlern
verbunden sind. Nach „oben“ zur nächsthöheren Netzebene sind
die Sichten der jeweils nachgeordneten Leitzentralen zu übermit-
teln, damit in jeder Netzebene Gesamtsichten in der jeweiligen
Energiezelle gebildet werden können, welche „tiefere“ Sichten
einbeziehen. Das ist ein kaskadenförmiger Informationstransport,
der in Echtzeit die jeweiligen Kenngrößen zu übermitteln in der
Lage sein muss. Das ist natürlich auch in umgekehrter Richtung
erforderlich, damit bei der Bildung der jeweiligen Gesamtsicht
die „von oben“ kommenden Informationen mit eingearbeitet wer-
den können. Dies ist nötig, damit sich in jeder Ebene die Energie-
zellen gemeinschaftsdienlich, besonders auch netzdienlich, in

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Bezug auf das Gesamtsystem verhalten können. Das ist wieder-
um ein kaskadenförmiger Informationstransport, nun in umge-
kehrter Richtung bis letztlich zu den Komponenten beim
Energienutzer. Auch hier gilt für die Bilanzierungsgebiete genau
das Gleiche, jedoch in anderen Zeitrastern. Wiederum können
Analogien helfen, die Herausforderungen anzugehen und ähnli-
che Verfahrensweisen nutzen zu können. Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

5.  Gemeinsame Gestaltungsgrundsätze

Das Einhalten der Zeitbedingungen ist bei allen Symbiosen


oberste Prämisse. Das Prinzip der Orchestrierung und das Ein-
halten eines Verhaltenscodex löst das bisher gewohnte zentrale
Steuern ab. Lernende Verfahren und in hohem Maße eine Selbst-
regulierung und Selbstheilung müssen künftig dafür sorgen,
dass das Energiesystem als Ganzes wieder die hohe Verfügbar-
keit aufweist, die wir gewohnt sind und die für unser Lebensum-
feld eine so entscheidende Bedeutung hat. Dabei dient der
268
Bild 6

jeweilige Verhaltenscodex als „Notenblatt“ im Energiesystem,


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damit die Orchestrierung gelingt. Leitzentralen wirken als Diri-


genten und Dienstleister. Energieassistenzsysteme als Werkzeu-
ge helfen in den Energiezellen beim „Mitspielen“. Das autonome
und stochastische Mitwirken soll einen zu hohen Gleichzeitig-
keitsfaktor beim Verhalten vermeiden und so die Sicherstellung
der Netzstabilität günstig beeinflussen. Umfassende Zustands­
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

einschätzung in jeder Ebene, untereinander ausgetauscht und


auch die energetischen sowie wirtschaftlichen Vernetzungen
zwischen den Energiezellen sind geeignet, das Energieversor-
gungssystem ausreichend robust zu machen (Bild 6).
Ein gleichzeitiges Fehlverhalten als Massenphänomen wird
immer unwahrscheinlicher, wenn autonomes Verhalten bei ei-
ner großen Anzahl von Komponenten (Energiezellen) unter Be-
achtung eines für alle nachvollziehbaren und sinnvollen
Verhaltenscodex vorausgesetzt werden kann. Allerdings muss
ständig Achtung gegeben werden auf Vorgänge, welche die
Autonomie einschränken oder aufheben (wollen). Regelrecht
gefährlich sind Anwendungen von Algorithmen z. B. beim Han-
deln mit Energie oder Nutzen von Angeboten, weil damit der
269
Gleichzeitigkeitsfaktor schlagartig extrem ansteigen kann. We-
gen den durch keine Methode wirksam auszuschließenden Be-
einflussungen in der IKT ist jedweder Zentralismus oder auch
gleichgeschaltetes Verhalten in den Energiezellen zu vermeiden.
Selbst beim Update von IKT-Einrichtungen ist auf unzulässig
hohe Marktbeherrschung zu achten, weil sonst wiederum der
Gleichzeitigkeitsfaktor bei zunächst nicht erkanntem Fehlver-
halten die notwendige Robustheit negativ beeinflussen kann.
Robustheit ist ein Wert an sich und für die Gemeinschaft ent-
scheidend wichtig. Eine immer fortschreitende Effizienzsteige-
rung mindert im Übrigen die Robustheit und muss deshalb
ausgewogen und wohlüberlegt betrieben werden. Deshalb
müssen Robustheit und Effizienz gemeinsam betrachtet wer-
den. Es gilt, ein Gesamtoptimum anzustreben. Auch hier verbie-
tet sich ein Trennen der Betrachtungen und ein Teiloptimieren.
Sämtliche künftige Geschäftsmodelle der EVU und deren
zuliefernde Unternehmen sind im Kern Dienstleistungen für
mündige Energienutzer entweder direkt oder indirekt über Ag-

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gregatoren, bei denen bestimmte Dienstleistungen für viele
Energienutzer gemeinschaftlich angeboten werden. Der Ein-
stieg in die Entwicklung erfolgt über indirekte und „normierte“
Dienstleistungen durch die verschiedenen Aggregatoren. Das
langfristige Ziel sind jedoch direkte und individualisierte Dienst-
leistungen für jeden Energienutzer, ausgerichtet auf dessen
ganz spezifische Bedarfssituation. Es ist eine ähnliche Entwick- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
lung zu erwarten, wie bei Industrie 4.0 und wie in der Automo-
bilbranche. Normiert sind da künftig die Teile, nicht das Ganze.
Das Ganze ist in der Energieversorgung eine Ansammlung von
eigenständigen und unabhängig handelnden Individuen, eben
den „mündigen“ Energienutzern.

Der mündige Energienutzer

• h at einen eigenen Energievorrat lokal und/oder einen Anteil in


anderen Energiezellen und nutzt diesen immer in ausreichen-
der Höhe zu haltenden gesamten Vorrat optimal.
270
• nutzt seine Bevorratungsmöglichkeiten zur kostengünstigen
Abdeckung seiner Energiebedürfnisse kurz-/mittel- sowie
langfristig und kann auch damit handeln.
• nutzt bei der Bevorratung das Ein- und Ausspeichern in netz-
dienlicher Weise und kann so „Flexibilitäten“ beisteuern.
• kann aufgrund der lokalen Bevorratung bei einem Blackout
sich im Eigenbedarf und damit in einer Art Notbetriebssitua-
tion fangen. Er kann so an einem Netzwiederaufbau mitwir-
ken.
• beteiligt sich gemeinschaftsdienlich an der Erstellung von
Infrastrukturen und bei deren Betrieb, auch bei der Energie-
bevorratung im Gesamtsystem.
• hat zur Wahrnehmung seiner Verantwortung für eine effizi-
ente Energienutzung wie auch für sein gemeinschaftsdienli-
ches Mitwirken Assistenzsysteme im Einsatz und überwacht
deren Wirken.
• beteiligt sich auch an externen Infrastrukturen zur Absiche-
rung seiner lokalen Energiebevorratung und Energienutzung.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

• wartet und erneuert seine Einrichtungen sorgsam, damit sie


als Teil des Gesamtsystems immer gemeinschaftsdienlich
mitwirken können.

Mit den Erkenntnissen von Hegel (Das Wahre ist das Ganze) soll
die Bedeutung der Gesamtsicht für das Verhalten des Einzelnen
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

in Erinnerung gerufen werden. Die inzwischen ideologisch ver-


engte Konzentration auf reine Marktlösungen, die fortschreiten-
de Trennung in Marktrollen, die damit verbundene Missachtung
physikalisch bedingter Zusammenhänge und die in ihren Aus-
wirkungen fatale Umsetzung einer übertriebenen Sucht nach
Aufteilung (Unbundling) muss überwunden werden.
Die umfangreichen Vernetzungen einer Vielzahl von Energie-
einspeisungen, -bevorratungen, -transporte, -wandlungen und
-nutzungen schaffen eine neue Wirklichkeit. Der damit verbun-
dene Masseneffekt bestimmt wesentlich das Verhalten des
Gesamtsystems (im Sinne einer Emergenz). Die Auswirkungen
sind ähnlich denen bei Phasenübergängen in der Physik. Zu-
nächst wenig auffällige oder kaum beachtete Beziehungen der
271
Teile untereinander führen durch den Masseneffekt zu einem
völlig neu empfundenen Verhalten. Statt der in Zentralen kon-
zentrierten Macht über wenige Einzelkomponenten tritt das ge-
meinschaftsdienliche Mitwirken einer Vielzahl von Komponenten.
Die notwendige Stabilität und Robustheit wird durch intensive
Kooperationen und durch vernünftige Verhaltensregeln erzielt.
Nicht die Minimierung der Ausfallwahrscheinlichkeit ist domi-
nierend, sondern die Minimierung der Ausfallzeit und der
Ausfallfolgen. Damit ist bei jedem Ausfall der Lerneffekt ent-
scheidend und wichtig ist die rasche Rückkehr zum Normal­
betrieb (Bild 6).

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

272
G3-Powerline für das Smart Metering.
Großflächiger Pilottest mit 1.000 Modems.
Michael Koch

devolo und Vattenfall sorgten für Aufsehen, als beide Unterneh-


men Anfang 2015 ankündigten, die G3-PLC-Technologie im
Vollausbau zu testen. Rund 1.000 Modems wurden in fünf
Netzgebieten in Berlin und Hamburg installiert. Dabei standen
Leistungsfähigkeit und Netzdurchdringung erstmals in Roll-
Out-Dimensionen auf dem Prüfstand. Nach über sechs Mona-
ten intensiver Tests liegen nun aussagekräftige Ergebnisse vor.
Die Aachener Powerline-Spezialisten der devolo AG und Vat-
tenfall Metering arbeiten bereits seit vielen Jahren erfolgreich
zusammen. Gemeinsam erproben die Unternehmen die G3-Po-
werline-Technologie zur Datenübertragung über die Infrastruk-
tur des Verteilnetzes. Mit der Stromnetz Berlin GmbH und
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Stromnetz Hamburg GmbH gingen die Projektpartner in diesem


Jahr einen Schritt weiter. Das Quartett kann für sich in An-
spruch nehmen, erstmals die G3-PLC-Technik so umfangreich
und praxisbezogen für die in Deutschland vom BSI geforderte
IP-Kommunikation getestet zu haben.
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

273
Roll-Out in Berlin und Hamburg

Der jüngste Test überragt alle bisherigen Größenordnungen:


Von einem 180.000 Quadratmeter messenden Berliner Cluster
mit einer Netzinfrastruktur aus den 1960er Jahren bis hin zur
Erprobung in der modernen Hamburger Europapassage – das
Expertenteam hat die fünf gewerblich geprägten Netzgebiete
sorgfältig ausgewählt. In Hamburg stand das Thema Gebäude-
durchdringung im Fokus: Drei Einkaufszentren mit einer hohen
Dichte an Zählpunkten wurden für den Pilottest bestimmt. In
den beiden Berliner Testgebieten hingegen standen großflächi-
ge Areale mit heterogener Bebauung im Fokus.

Kommunikation zwischen 150 und 500 kHz

Die G3-PLC-Technologie liefert mit ihrer Kommunikation zwi-


schen 150 und 500 kHz auf der Verteilnetzebene die Basis für

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
den umfassenden Pilottest. So wird eine effiziente IP-basierte
Datenübertragung über die bestehende Leitungs-Infrastruktur
realisiert. Verschiedene Tests im Vorfeld hatten gezeigt, dass
sich in diesem Frequenzbereich die zentralen Vorteile der PLC-
Technologie verbinden: So wird zum einen eine hohe Reichwei-
te ermöglicht, die nicht auf die Nutzung von Repeatern
angewiesen ist, zum anderen steht genügend Bandbreite für Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
die Smart Metering Anwendungsprofile bereit.
Der schmalbandige Frequenzbereich bis 95 kHz (sog.
CENELEC-A Band) wurde bislang von Energieversorgern zur
Powerline-Kommunikation genutzt. Die Bandbreite reicht aller-
dings nicht mehr für die zukünftigen Kommunikationsanforde-
rungen im intelligenten Netz. Anders bei Breitband-Powerline ab
1.6 MHz: hier liegen die Datenraten deutlich höher. Dies geht
allerdings zulasten der Reichweite. Um ein PLC-Netz auf der
Verteilnetzebene aufzubauen, müssen jedoch mitunter sehr lan-
ge Distanzen bewältigt werden. Ein Breitband-Powerline-Netz
benötigt daher zusätzliche Repeater, welche beispielsweise in
Kabelverteilerschränken aufwändig installiert werden müssen.
274
Smart Meter Gateway Simulation

Für einen realistischen Test


des G3-PLC-Netzwerks wur-
de gemäß BSI-Vorgaben
kommuniziert: ein Datenge-
nerator im devolo G3-PLC
Modem simuliert das Daten-
aufkommen eines intelligen-
ten Messsystems inklusive
TLS-Verschlüsselung und
transportiert diese IP-Daten
im Stromnetz. So konnte die
Leistungsfähigkeit des G3-
PLC-Netzes beurteilt werden, ohne dass weitere Komponenten,
wie final standardisierte Smart Meter Gateways, Basiszähler
oder Backendsysteme benötigt wurden.
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Fokus auf den Vollausbau

Ein Ziel des Pilottests war es, die Leistungsfähigkeit der G3-PLC
Modems unter extremen Bedingungen zu erproben. Dafür wur-
de in den Testgebieten ein Maximalausbau mit intelligenten
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Messsystemen abgebildet, um das höchstmögliche Datenauf-


kommen im Netz zu erzeugen. Die G3-PLC Modems konnten die
hohen Anforderungen an die erforderliche Bandbreite erfüllen.
Das Frequenzband zwischen 150 und 500 kHz zur Datenüber-
tragung hat sich erneut bewährt: Selbst beim Maximalausbau
war genügend Bandbreite vorhanden, um das Datenvolumen
stabil und zuverlässig zu übertragen. „Durch die hohe Anzahl
der verbauten G3-PLC Modems in jedem der Netzcluster konn-
ten wir wertvolle Erfahrungen sammeln, die man aus kleineren
Feldtests so nicht gewinnen kann. Diese Erkenntnisse flossen in
ein Firmware-Update ein, das per Remote-Zugriff sofort in die
verbauten Modems eingespielt wurde“, erläutert Georg Offner,
Leiter Produktmanagement SmartGrid bei der devolo AG.
275
Gebäudedurchdringung und Netzabdeckung
auf dem Prüfstand

Die Nutzung der bestehenden Verteilnetz-Infrastruktur durch


die PLC-Technik bringt einen weiteren Pluspunkt: Die Gebäude-
durchdringung ist auf jeden Fall gewährleistet. Dies ist ein we-
sentlicher Vorteil gegenüber Funktechnologien. „Eine stabile
WAN-Kommunikation (Wide Area Network) mit Funktechnologi-
en wäre an der massiven Bauweise der Einkaufszentren ge-
scheitert. Die Stromzähler befinden sich im Keller der
Einkaufszentren. Dort ist schlichtweg kein Funkempfang“, er-
klärt Dr. Michael Koch, Leiter des devolo Geschäftsbereichs
SmartGrid und ergänzt: „Mit der Datenkommunikation über die
Stromleitung ist stets eine zuverlässige Kommunikationsanbin-
dung der Stromzähler gewährleistet.“
Besonders überzeugen konnte das devolo G3-PLC Modem
500k auch beim Thema Netzabdeckung. Dies wurde vor allem
in den weitläufigen Berliner Gebieten bestätigt. Von den Etagen-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
zählern im obersten Stockwerk eines Berliner Hochhauses,
durch einen langen Straßenzug, bis hin zu einer unterirdischen
Trafostation konnten die Zählerdaten problemlos und zuverläs-
sig übertragen werden. Repeater wurden in keinem der Netz-
cluster benötigt.
„Die Bebauungsstruktur im Testgebiet der Berliner Innenstadt
stellt ein typisches Einbauszenario dar. In dieser inhomogenen Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
und weitläufigen Netzstruktur konnten die hohen Distanzen
problemlos mit der G3-PLC-Technik überbrückt werden“ erläu-
tert Georg Offner und ergänzt: „Dass dabei kein einziger Re-
peater erforderlich war, freut uns besonders. Denn der Einbau
von zusätzlichen Geräten im Netz erfordert einen höheren zeit-
lichen wie finanziellen Aufwand für die Netzbetreiber.“

Produktion und Logistik für den Roll-Out

devolo liefert mit seinem G3-PLC Modem 500k die technische


Basis für den Pilottest. Das kompakte Powerline-Modem kann
276
problemlos auf der Hutschiene installiert werden und wird be-
reits von devolo in Serie produziert. Schnell skalierbare Produk-
tionskapazitäten und eine leistungsstarke Logistik werden die
zentralen Aufgaben für die Hardware-Hersteller in der Ener-
giebranche sein. Mit der langjährigen Erfahrung und Marktfüh-
rerschaft im Powerline-Geschäft verfügt die devolo AG über
eine globale Supply Chain, die für höchste Qualität und Zuver-
lässigkeit steht. Zusätzliche Produktionskapazitäten können in
kürzester Zeit an den Fertigungsstandorten errichtet und nahe-
zu unbeschränkt erweitert werden.
„devolo verfügt über eine enorme Expertise in der Fertigung
von signifikanten Stückzahlen in hoher Qualität. Schließlich
haben wir bereits über 28 Mio. Powerline-Produkte verkauft“,
erklärt Heiko Harbers, Vorstand devolo AG.
Mit einem großen Logistikzentrum in Deutschland und der
Zusammenarbeit mit namhaften Logistik-Spezialisten, stellt de-
volo geringe Lieferzeiten sicher und gewährleistet dem Kunden
eine hohe Planbarkeit.
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277
Blick in die Zukunft

Mit dem ersten großflächigen Pilottest haben die vier Partner


devolo, Vattenfall Metering, Stromnetz Berlin und Stromnetz
Hamburg die Ergebnisse früherer Feldtests verifiziert. „Mit
1.000 installierten G3-PLC Modems in den fünf verschiedenen
Netzgebieten haben wir definitiv unter Beweis gestellt, dass es
sich bei G3-PLC um eine Technologie handelt, die den Heraus-
forderungen eines europaweiten Einsatzes gewachsen ist“,
kommentiert Dr. Michael Koch. „Nächstes Jahr werden wir un-
ser devolo smart meter gateway in den Netzgebieten in Ham-
burg und Berlin installieren und ausgiebig testen“. Komplettiert
wird das devolo Produktportfolio im nächsten Jahr durch die
devolo Steuerbox. Mit ihr kann der Netzbetreiber dezentrale
Energieerzeuger und -verbraucher wie beispielsweise PV-Anla-
gen, Wärmepumpen, Elektrofahrzeuge oder Nachtspeicherhei-
zungen steuern und so das Stromnetz stabil halten.

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278
Historische Daten zur Anlagentechnik:
Jubiläen 2016
Walter Schossig

Januar
Jan. 1986 Normentwurf DIN 19244 „Übertragungsprotokolle
für die Formatklasse FT 1.2 (UART-Format)“ durch
DKE K952 (damals K935)
Anregung durch VEW an VDEW zur Bildung eines
gemeinsamen Arbeitskreises zwischen Vertretern
des VDEW-AK „Integrierte Leittechnik in Schaltan-
lagen“ und den Vertretern der Firmen AEG, BBC
und SIEMENS, die an DIN 19244 bzw. den entspre-
chenden IEC-Normen arbeiten, zur Erarbeitung
einer Norm bzw. Empfehlung zur seriellen Schnitt-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

stelle zwischen Feld- und Stationsleitebene


Inbetriebnahme der ±270-kV-HGÜ-Seekabelver-
bindung Sellindge, CEGB (UK)-Sangatte/Manda-
rin, EdF (F), 2 GW, 55 km
01.01.1946 Vertrag HEW/MEW über Lieferung von 25 MW an
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

MEW über die 110-kV-Verbindung Lüneburg-


Hagenow
10.01.1906 Vogelsang, M., V&H, verbessert sein Patent über
Parallelschaltung
11.01.1826 Ohm formuliert sein
berühmtes Gesetz

Georg Simon Ohm

279
20.01.1906 Gründung Gas- und Elektrizitätswerk Worbis
26.01.1956 Gründung der Deutschen Atomkommission
26.01.1956 UW Murnau wird als erstes UW der BAG fernge-
steuert
29.01.1946 Alle Ortschaften in Luxemburg sind wieder am
Netz

Februar
01.02.1996 S chiel,L.; Noack,St.; Schuster,N., SIEMENS,:
Stromdifferentialschutzanordnung, Patentschrift
DE 4436254C1
05.02.1996 Inbetriebnahme der neuen TEAG-Netzleitstelle Er-
furt mit System Spider EMS/Scada, ABB

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Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

TEAG-Netzleitstelle Erfurt

7./8.2.1996 Heftige Schneestürme an der Atlantikküste Frank-


reichs verursachen zahlreiche Auslösungen in
allen Spannungsebenen (220, 90 u. 63 kV) südlich
der Garonne

280
08.02.1996 Inbetriebnahme Tr 401, 400/115 kV, 300 MVA,
ABB im UW Eisenach, VEAG, mit digitalem Schutz
PQ721, AEG u. REL316, ABB
09.02.1996 Bei der Außerbetriebnahme gerät eine Maschine in
einem Rhöne-KW bei Genf (CH) durch Blockschal-
ter-Versagen in Brand; drei weitere Maschinen
sowie Versorgungsanlagen werden in Mitleiden-
schaft gezogen
Inbetriebnahme der 110-kV-Bahnstrom-Doppel-
19.02.1996 
Leitung Bebra-Weimar
Chrichton,L.N., Westinghouse El. & Mfg. Co.,
29.02.1916 
Distanzschutz mit Richtungsglied, DRP 334 760.

März
Einführung des Manteltransformators, Westing-
März 1886 
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house, amerik. Pat. Nr. 342553


01.03.1896 Inbetriebnahme Dampf-KW Rendsburg, 132 kW,
50 Hz, Ws
06.03.1886 Stanley betreibt in Great Barrington die weltweit
erste Wechselstromanlage
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Lastverteilergesetz schafft Bundeslastverteiler


06.03.1946 
und die Landeslastverteiler in Österreich
Gründung der Elektrizitäts-Gesellschaft Laufen-
09.03.1956 
burg
15.03.1966 Im WKW Kaprun (A) kommt es durch Ausfall der
Batterieanlage zu einem Schaden von ca. 40 Milli-
onen Schilling
19.03.1946 Gründung des Commissariat à l’Energie Atomique,
CEA, Paris (F) / Kernenergie-Kommissariat

281
20.03.1946 Gesetz Nr. 19 des Kontrollrates betr. Stromratio-
nierung
Inbetriebnahme des ersten Elektrizitätswerkes
25.03.1896 
in Nürnberg, 4 Maschinen mit einer Erzeugung
von zunächst insg. 690 kW und am Jahresende
920 kW, mit kostenloser Stromlieferung bis
30.04.1896
Elektrizitätswerk Weiß & Söhne, Langensalza,
27.03.1926 
schließt Vertrag über Bezug von „Fernstrom“ mit
der Überlandzentrale Südharz Gmbh ab
29.03.1946 Elektrischer Zugbetrieb wird in der SBZ eingestellt

April
Stromaustausch
April 1926  zwischen Badenwerk und
Schweiz

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
April 1946 Demontage der Abzweige Haupt- und Regeltrans-
formator und der Leitung 299 nach Ludersheim im
UW Remptendorf im Rahmen der Reparationsleis-
tungen
08.04.1946 Französische Stromwirtschaft (mit Ausnahme von
180 Gemeinden mit eigenen Stadtwerken) wird Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

dem Staatsmonopol Electricite de France (EdF)


zugeordnet
Welle,O., AEG, Zeitrelais mit Bimetallstreifen,
09.04.1936 
DRP 646591, Zusatz zu DRP 645958
26.04.1986 
Bedienungsfehler und Mängel der Konstruktion
des Reaktors im KKW Tschernobyl (UA) lösen ei-
nen Super-GAU aus
30.04./ Vertrag Bayernwerk mit EW Stuttgart und Neckar-
11.05.1936 werke AG wird von Elektrizitätsversorgung Würt-
temberg AG übernommen

282
Mai
Mai 1886 
Inbetriebnahme des zweiten öffentlichen Kraft-
werkes in Berlin, Mauerstr., drei Dampfmaschinen
je 150 PS
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Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

KW Berlin Mauerstrasse

Mai 1906 Leitsätze für die einheitliche Regelung der den öf-
fentlichen Starkstromanlagen einzuräumenden
Rechte in Bezug auf die Benutzung von Verkehrs-
wegen und privaten Eigentum
283
Mai 1936 Nach eingehen-
den Untersuchun-
gen und einer
Netzerprobung
mit 30 Relais ent-
schließt sich Sam-
kjöringen (das
heißt „Die Zusam-
menarbeit“), eine
Form der Ver-
bundgesellschaft
in Norwegen, für
ihre Hauptleitun-
gen mit mehr als
700 Distanzrelais
System Dr. Wi-
deröe, NJEV; zu
empfehlen Distanzrelais Wideröe

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
01.05.1906 Inbetriebbnahme WKW Kapellenmühle bei Schlett-
stadt/ Elsaß, 240 kW, 50 Hz, Ws
02.05.1906 Gründung der Kommunales Elektrizitätswerk Mark
AG, Hagen/ Westf., das erste gemischtwirtschaft-
liche EVU
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
05.05.1926 EVU für Palästina wird Konzession über 70 Jahre
erteilt
09.05.1966 
Inbetriebnahme des ersten KKW der DDR in
Rheinsberg, 70 MW
12.05.1856 Gründung des VDI in Alexisbad
19.05.1926 Gründung Aktiengesellschaft Thüringische Werke,
Weimar

284
Juni
Juni 1926 
Inbetriebnahme KW Frimmerdorf, Niederrheini-
sche Braunkohlenwerke A.-G., 10 MW, AEG
04.06.1996 
Inbetriebnahme der HGÜ-Verbindung Kontek-
Cable zwischen den Küsten Mecklenburg-Vor-
pommern, Bentwisch, VEAG und der dänischen
Insel Seeland in Bjaeverskov, Elkraft, bei Koge
(DK) mit 440-kV-DC über insgesamt 170 km, da-
von 52 km zwei Seekabel, 600 MW
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

HVDC
Kontek-Cable,
ABB

285
07.03. u. Ölschalter mit Hitzdrahtrelais als stromabhängiges
10.06.1906 
Maximalauslöser, F.Patzelt, SIEMENS, DRP
187966 u. 185207
09.06.1906 Inbetriebnahme des WKW Pinawa (US), 14 MW
und die Winnipeg Electric Railway Co. überträgt
die Leistung über eine 60-kV-Leitung in die Stadt
Winnipeg
Inbetriebnahme Dampf-KW Glauchau, 410 kW,
13.06.1896 
50 Hz, Ws
14.06.1906 Gründung Elektrizitätswerk Bretleben und Umge-
bung e.G.m.b.H.
Inbetriebnahme der 20-kV-Schaltanlage im UW
14.06.1996 
Langensalza (TEAG) mit digitalem Schutz PD531
und PD551, AEG und Spannungsregler SR192,
GOSSEN

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Gründung der Elektrizitätswerk Westfalen AG,
27.06.1906 
Bochum
Juni 1996 Inbetriebnahme Dampf-KW Al Taweelah B, WED
(VAE), 6x175 MVA, ABB

Juli Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

02.07.1996 13:25 Uhr Überlastung der 345-kV-Leitung vom


2-GW-KW „Jim Bridger“ nahe Rock Springs (Wyo-
ming) über 374 km nach Kinport (Südost-Idaho)
und fast gleichzeitigen Ausfall einer zweiten
345-kV-Leitung nach Idaho wegen eines fehler-
haften Abschaltschutzes führt in 14 Staaten im
Westen der USA sowie in Teilen Kanadas und
Mexikos zum Stromausfall bis zu 6 h
Bayerns erstes ferngesteuertes
07.07.1956  Schaltwerk
(Schongau) geht in Betrieb

286
11.07.1926 Bayernwerk führt zusammen mit S&H und AEG
Kurzschlussversuche großen Stiels im 110-kV-
Netz durch
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Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Kurzschlussversuch, BAG

18.07.1886 Beginn der öffentlichen Stromversorgung in Öster-


reich durch Inbetriebnahme von drei Lampen in
Scheibs (A)

August
Aug. 1986 Inbetriebnahme der 750-kV-Leitung Yuzhnoukra-
inskaya (SU)-Isaccea (RO)

287
Aug.1996 Erste betrieblich genutzte 380-kV-VPE-Kabelver-
bindung Europas (ABB) geht bei der Neckarwerke
Elektrizitätsversorgungs-AG in Altbach/Deizisau
in Betrieb
Inbetriebnahme Dampf-KW
15.08.1896  Deuben/Dresden,
520 W 50 Hz, Ws
Biermanns,J., AEG, Spannungsabhängiges Über-
24.08.1936 
stromrelais, DRP 473266
Inbetriebnahme Dampf-KW Stellingen/Hamburg,
29.08.1896 
26 kW, 50 Hz, Ws

September
Sept. 1936 McNeill (US) berichtet auf der 3. Weltkraftkonfe-
renz über AWE

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Sept. 1976 Inbetriebnahme der Nord-Süd-Schiene der BAG
erstmals mit 380 kV zusammen mit den
380/220-kV-UWs Ottendorf/Neufinsing und Plein-
ting mit je 2x600 MVA
Erstmalig leuchten in Langensalza elektrische
01.09.1896 
Glühlampen durch einen 50-kW-Gs-Generator
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Gründung des „Center“ von Schifflingen, CEGEDEL (L)
01.09.1966 
05.09.1966 Zweites Verstromungsgesetz
13.09.1886 Die DCGG nimmt nach Berlin die zweiten Zentrale
Deutschlands in Dessau in Betrieb
15.09.1896 
Inbetriebnahme Dampf-KW Meerane, 760 kW,
50 Hz, Ws
17.09.1926 Gründung Gas- und Stromversorgung Friedrichro-
da G.m.b.H.

288
22.09.1926 Fertl,F., AEG, Leitungsschutzrelais, DRP 491891,
Zusatz zum DRP 424243
24.09.1896 Inbetriebnahme der elektrischen Beleuchtung im
Badeort Abbazia
26.09.1786 Galvani, L. A. beobach-
tet Muskelkontraktion
an Froschschenkeln,
die an einem Eisengit-
ter hängen, sobald er
sie mit Seziermesser
berührt
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Titelseite Abhandlung Galvani

Erste Probefahrt der elektrischen Straßenbahn


29.09.1896 
Bochum-Herne-Gelsenkirchen
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Oktober
Okt. 1896 Eröffnung des elektrischen Betriebes auf den bei-
den bisher mit Pferden betriebenen Linien Viveg-
nis-Guillemins und Coronmeuse-Guillemins der
Tramways Liégeois, Lüttich
Okt. 1946 In einer Oktoberwoche wird das Verbundnetz nur
115 h mit 47,5 Hz betrieben
01.10.1896 
Inbetriebnahme Dampf-KW Bockwar-Ceinsdorf,
495 kW, 50 Hz, Ws

289
25.10.1896 Eröffnung des Betriebes der etwa 8 km langen
elektrischen Straßenbahn Brüssel (Süd) – Uccle
und damit das elektrisch betriebene Straßenbahn-
netz der „Tramways Bruxellois“ vermehrt
26.10.1936 1. Verordnung zum Energiewirtschaftsgesetz, An-
wendung auf Eigenanlagen (Anzeigenpflicht)

November
Nov. 1876 Eintrag „Werkzeug- und Maschinenfabrik Oerlikon“
ins Handelsregister
Nov.1896 Inbetriebnahme WKW Riedenburg/Oberpfalz, 5 kW,
50 Hz, Ws
Nov. 1946 Inbetriebnahme WKW Staning, Ennskraftwerke AG
O.Ö (A) Kaplanturbine, 15.000 PS

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
03.11.1906 Auf der zu Ende gehenden Berliner Radiotelegra-
phie-Konferenz unterzeichnen 17 seefahrende
Staaten den „Funkentelegraphievertrag“
10.11.1896 In Buffalo (US) fährt die erste Straßenbahn mit
Niagara-Strom

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.


12./ 25jähriger Vertrag Bayernwerk-TIWAG (A) zur Lie-
18.11.1926 ferung von 40 MW aus dem Achenseewerk
12.11.1966 AKW Gundremmingen, RWE und BAG, 237 MW,
liefert erstmals Strom an das öffentliche Versor-
gungsnetz
14.11.1956 Erprobung der Frequenz-Leistungsregler im UCP-
TE-Netz
15./ In der Nacht erfolgt erstmalige Inbetriebnahme der
16.11.1896 
Kraftübertragung Niagarafälle-Buffalo (US) zu-
nächst mit 1.000 PS, von drei Zweiphasenwech-
selstrommaschinen, 5.000 PS, 2.200 V, 25 Hz, die
auf 11 kV transformiert werden
290
Versuchsanordnung für Hochspannungsübertragung, Oerlikon

29.11.1886 Oerlikoner Versuche über 8 km mit η = 70 % der


primären Maschinenarbeit an der sekundären Sta-
tion als Nutzarbeit auszugeben
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Dezember
02.12.1896 Inbetriebnahme W- und DKW Rosenheim, 750 kW,
50 Hz, 350 kW, Gs und 400 kW, Ds
04.12.1866 Siemens,W. berichtet über Versuche zum dynamo-
elektrischen Prinzip
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

07.12.1896 Zeichnung beschriftet mit „Hochspannungsschal-


ter von 30 Amp.“ wird bei Schuckert erstellt
10.12.1946 Gesetz über Einfuhr elektrischer Energie (NL)
12.12.1996 Inbetriebnahme der Erdschlusslöschspule EDr 22
mit Zuschaltung von Kapazitäten und Induktivitä-
ten von SGB im UW Langensalza, TEAG
18.12.1926 Inbetriebnahme des ersten Steinkohlen-KW Klin-
genberg, Berlin, mit 80-MW-Maschinen, 270 MW,
η = 20 %, AEG
31.12.1946 VDE stellt unter Hinweis auf den Beschluss der
Alliierten Kommandantur sämtliche Arbeiten ein
291
rolf rüdiger cichowski
Baustellen-Fibel der
Elektroinstallation
Elektrische Anlagen und Betriebsmittel auf
Baustellen | Erläuterungen zu DIN VDE 0100-704,
DIN EN 61439-4 (VDE 0660-600-4), BGI/GUV-I 608
und weiterer Normen und Unfallverhütungs-
vorschriften (UVV)
Die Baustellen-Fibel beinhaltet alle Anforderungen
an elektrische Anlagen sowie Betriebs- und Ver-
brauchsmittel auf Baustellen, die entweder aus den
DIN-VDE-Normen oder den Unfallverhütungsvor-
schriften bei der Errichtung, dem Betrieb und der
Instandhaltung von der Elektrofachkraft anzuwenden
sind.
VDE-Schriftenreihe –
Normen verständlich Band 142
Rolf Rüdiger Cichowski
2014, 192 Seiten, DIN A5, kartoniert
ISBN 978-3-8007-3541-9

Elektrische Anlagen auf


Campingplätzen und in Caravans
Elektrische Anlagen auf Caravan-, Camping-
plätzen und in ähnlichen Bereichen, in Caravans
und Reisemobilen
Erläterungen zu DIN VDE 0100-708-2010-02
und DIN VDE 0100-721-2010-02, den DGUV-
Informationen und weiteren Normen.
VDE-Schriftenreihe –
Normen verständlich Band 150
Rolf Rüdiger Cichowski
2016, etwa 200 Seiten, DIN A5, kartoniert
ISBN 978-3-8007-4151-9

Weitere Informationen erhalten Sie unter


www.vde.de
Autoren

Bachmann, Rainer
Herr Rainer Bachmann begann seine Laufbahn in der
Stahlindustrie bei KRUPP und THYSSEN, bevor er als Leiter IT,
Organisation & Innovationsmanagement zu Veba in die Energie-
wirtschaft wechselte. Er war mehrere Jahre als Partner in der
Management-Beratung bei RWE tätig, bevor er im RWE Kon-
zern die Verantwortung für den Aufbau des internationalen E-
Mobilitätsgeschäfts übernahm. Seit 2012 ist er als
Geschäftsführer der Data Consulting in der Beratung der Ener-
giewirtschaft aktiv. Seine thematischen Schwerpunkte liegen in
den Bereichen Smart Grid, KRITIS und E-Mobilität
Rainer.bachmann@data-consulting.de
@

Braun, Wilfried
•  Studium an der Universität Siegen Fachrichtung Nachrichten-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

technik
•  Systementwickler bei ALCATEL/SEL, Stuttgart Vermittlungs-
technik Telekommunikation
•  Entwicklungsingenieur für Haus- und Bürokommunikations-
systeme bei RiTTO GmbH
•  Leiter Produktmanagement für Modulare Prozessor Systeme
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

(19-Zoll Aufbausysteme) bei Rittal GmbH & Ko.KG


•  seit 2009 Leiter Maritime Produktanwendungen im Bereich
"Global Key Account- und Branchenmanagement Traffic Sys-
tems" bei Rittal GmbH & Ko.KG
braun.w@rittal.de
@

293
Brochtrop, Martin
Arbeitet für den Verteilnetzbetreiber Westnetz und ist dort Leiter
der Netzführung in Arnsberg und verantwortlich für das Strom-
netz von der 110-kV bis 10-kV- Ebene. Zur Erfüllung der gesetz-
lichen und technischen Anforderungen der Energiewende
optimierte er das Blindleistungsmanagement (Optimal power
flow) und die Online-Netzberechnungen im Leitsystem. Auch
entwickelte er Vorausschaurechnungen zur Netzzustandsbeur-
teilung für Zeitpunkte der Zukunft (72 Stunden). Zahlreiche neu
entwickelte Leitsystemkomponenten, wie Freileitungsmonito-
ring, Netzsicherheitsmanagement, neue Grenzwertkonzepte,
Lastprognoseerstellung, etc. prägte er maßgeblich.
Martin.brochtrop@westnetz.de
@

Chassein, René
Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Vorstandsmitglied der Pfalzwerke
Rene.chassein@pfalzwerke.de
@

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Cichowski, Rolf Rüdiger
Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. MBA; Autor / Managementberater.
Drei Jahrzehnte tätig in verschiedenen Funktionen (auch Ge-
schäftsführung) in Energieversorgungs- und Telekommunikati-
onsunternehmen in West- und Ostdeutschland. Zehn Jahre
Geschäftsführer eines Dienstleisters für Strom, Daten, Gas und
Wasser. Mitglied mehrerer DKE-Komitees. Referent in Semina- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
ren und Kongressen. Autor seit vierzig Jahren. VDE.
rolf@cichowski.de
@

294
Reihe Anlagentechnik für
elektrische Verteilungsnetze

Herausgeber
Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing.
Rolf Rüdiger Cichowski
Wissen ist unsere Energie.

Die Fachbuchreihe mit dem besonders hohen praktischen Nutzen


Die Anforderungen an elektrische Anlagen und Betriebsmittel für Vertei-
lungsnetze nehmen ständig zu. Diese Reihe unterstützt die Fachleute
mit aktuellen technischen Inhalten, praxisnahen Informationen und
Checklisten, Tabellen und Abbildungen. Alle wichtigen Themen- und
Aufgabengebiete in der Anlagentechnik werden in Einzelbänden
behandelt. Jeder Band ist thematisch abgeschlossen. Die gesamte
Buchreihe bildet ein umfassendes Nachschlagewerk.

Weitere Titel aus der Reihe Anlagentechnik


für elektrische Verteilungsnetze unter
www.energie-fachmedien.de /Anlagentechnik

EW Medien und Kongresse GmbH


Buchverlag I Fachinformationen
Montebruchstraße 20 | 45219 Essen
Telefon: 0 20 54.9 24 -123 | Telefax: 0 20 54.9 24 -139
E-Mail: vertrieb@ew-online.de | www.ew-online.de
Crombach, Ulrich
Dr.-Ing.; Geschäftsführer der CRP Informationssysteme GmbH.
Autor einer Vielzahl von Fachartikeln und häufig Fachtagungs-
referent und Tagungsleiter bei Themen der Netze, wie
Workforce Management, Bau und Instandhaltung, Qualitätsma-
nagement, Mobile Datenerfassung.
crombach@crp.de
@

van Dyk, Udo


Dr.-Ing. 57 Jahre
1978 – 1983 Studium Allgemeine Elektrotechnik Ruhr Universi-
tät Bochum
1983 – 1990 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bergischen
Universität- GH – Wuppertal
1989 Promotion auf dem Gebiet „Spannungs-Blindleistungs-
Optimierung in Verbundnetzen“
1990 bis heute Mitarbeiter im RWE Konzern
2008 bis heute Leiter Leitungen (110 kV u. mehr)

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
2008 bis heute Obmann DKE K412 „Freileitungen“
@ udo_van.dyk@westnetz.de

Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

296
Instandhaltung –
professionell und ganzheitlich
Ganzheitliche Erhaltung und professionelle Erneuerung
von Anlagen der Elektrizitätsversorgung durch Instand-
haltungsprozesse

N EU
ab 01.2
016

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.)


Prof. G. W. Werner | Dr. F. Maaser |
E. v. d. Wehl, DIN A4, 36 Seiten,
2-fach Ringösenheftung, 39,90 €,
ISBN 978-3-8022-1140-9,
Bestell-Nr. 3500 01 (Band 1)
29,90 €, im Abonnement,
Bestell-Nr. 35 IN 0000

Die Bandreihe
Die neue Bandreihe liefert in 23 Bänden Antworten auf Anforderungen
der Marktöffnung, der zunehmenden Industrialisierung und Regulierung
der professionellen Werterhaltung und Instandhaltung elektrischer Netze.
Tatjana Holzenhauer | Teamleiterin Buch | Telefon 02054.924-120
Telefax 02054.924-139 | tatjana.holzenhauer@ew-online.de

Die Veranstaltungsreihe
Gerne senden wir Ihnen Informationen zu Inhalten und Terminen
Angelika Skalla
Teamleiterin Team Technik
Telefon 069.7104687-325
Telefax 069.7104687-459
angelika.skalla@ew-online.de
www.energie-fachmedien.de
Feldmann, Andreas
Seit 07.2014 Geschäftsführer Wärmeversorgung Schwaben
GmbH
•  Versorgung von Privat- und Geschäftskunden an verschiede-
nen Orten in Bayerisch Schwaben über Fernwärmenetze
Seit 07.2014 Geschäftsführer Rain Biomasse Wärmegesell-
schaft mbH
•  Versorgung eines Großkunden am Standort Rain mit Prozess-
dampf
Seit 01.2014 Leiter Energiedienstleistungen BEW GmbH (Hand-
lungsbevollmächtigter) u. a.:
•  Beratung, Planung, Bau und Betrieb von Wärmeerzeugungs-
anlagen
•  Beratung, Planung, Bau und Betrieb von Kraft-Wärme-Kopp-
lungs-Anlagen (KWK)
•  Aufbau von Energiemanagementsystemen nach
DIN EN ISO 50001
•  Beratung und Planung von LED-Beleuchtungsanlagen

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
•  Photovoltaik-Anlagen
•  Betriebsführungen
08.2010–12.2013 Vorsitzender der Geschäftsleitung RWE Pow-
er CET Ltd., Peking, China
08.2008–12.2013 Diverse Mandate in chinesischen Gesell-
schaften
10.2007–12.2013 Geschäftsführer RWE Power Climate Protec- Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
tion China GmbH
01.2007–12.2013 Handlungsbevollmächtigter RWE Power AG
01.2003–12.2006 Diverse Leitungsfunktion, RWE Fuel Cells
und RWE Power AG
03.2000–12.2002 Referent im Bereich Forschung und Ent-
wicklung RWE Power AG
08.1994–03.2000 Betriebsingenieur und Referent Elektrotech-
nik RWE Power AG
Bis 04.1994 Studium der Elektrotechnik in Dortmund
andreas.feldmann@lew.de
@

298
Fenn, Bernhard
Dipl.- Ing.; Leiter Regionalmanagement Prokurist bei der HEAG
Südhessischen Energie AG (HSE) und Geschäftsführer des
NATURpur Institutes für Klima- und Umweltschutz.
bernhard.fenn@entega.ag
@

Finsinger, Jürgen
Produktmanager Sicherheits­technik/Presstechnik bei PFISTE-
RER, ist staatlich geprüfter Elektrotechniker und seit vier Jah-
ren im Produktmanagement tätig.
info@pfisterer.de
@

Hake, Susanne
Dipl.-Ing.
•  1992 Abschluss Studium Bauingenieurwesen an Technischer
Universität, Dresden
•  Bauleiterin / Projektleiterin im Hochbau bei Dyckerhoff &
Widmann, Berlin
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

•  seit 2002 Geschäftsführerin der Gütegemeinschaft Leitung-


stiefbau e. V. Prüfung von Firmen im Kabelleitungstiefbau
und Verleihung von Gütezeichen nach RAL
•  seit 2011 zusätzlich Geschäftsführerin der GLT Service- und
Zertifizierung GmbH
•  für die Bauindustrie tätig bei Energiefragen:
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

u. a. Teilnahme an „Plattform Netze“


des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)
hake@kabelleitungstiefbau.de
@

299
Hauptmeier, Erik
Dr.-Ing. Arbeitet für den Verteilnetzbetreiber Westnetz und
befasst sich dort mit den Grundsatzfragen der elektrischen
Netzführung und Netzleitsystemen. Vorher arbeitete im For-
schungsbereich des RWE-Konzerns. Dort befasste er sich mit
der Bewertung innovativer Technologien mit Bezug zu Spei-
chern und Stromnetzen sowie mit diesbezüglich notwendigen
Systembetrachtungen. In Nebentätigkeit leitete er das Techno-
logie- und Strategiekomitee des Europäischen Energiespei-
cherverbands EASE von seiner Gründung im Jahr 2011 bis März
2013. Nachfolgend führte er die Arbeiten des Verbands zur Be-
wertung des zukünftigen Speicherbedarfs in Europa bis Februar
2015. Vor seiner RWE-Zeit war er stellvertretender Betriebslei-
ter des Stromnetzbetriebs eines Standortbetreibers der chemi-
schen Industrie in Deutschland.
erik.hauptmeier@westnetz.de
@

Hein, Franz

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
Dr.- Ing. war von 1973 bis 1982 verantwortlich für die Prozess-
leittechnik in der damaligen Lastverteilung/ Hauptschaltleitung
der Energieversorgung Schwaben AG (EVS) in Wendlingen, von
1983 bis 2000 verantwortlich für die Informationsverarbeitung
der EVS und anfangs mitverantwortlich für die der EnBW. Es ist
Mitbegründer der EDNA-Initiative e.V. und war deren Geschäfts-
führer bis 2009. Seither gilt sein Interesse hauptsächlich dem Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
Gelingen der Energiewende.
fhein_es@web.de
@

300
Herz, Oliver
Oliver Herz arbeitet für den Verteilnetzbetreiber Westnetz im
Spezialservice Strom. Als Abteilungsleiter Technologie
Freileitung verantwortet er technisch und wirtschaftlich die
Standardisierung, die technische Auslegung und das Produkt-
management für die komplexe Thematik der Hochspannungs-
Freileitungskomponenten, d. h. Fundament und Mastauslegung
und Stromkreiskomponenten. Des Weiteren ist er verantwort-
lich für Grundsatzvorgaben und Lösungen für Freileitungsde-
sign, Baukästen für Fundamente und Mastkonstruktionen,
Arbeitswerkzeugen für Freileitungsprojekte, Qualitätssicherung
von Maststahl und Stromkreiskomponenten. Er war federfüh-
rend an der Einführung von Freileitungskomponenten wie
HTLS-Leiter und Fertigteilfundamenten bei Westnetz beteiligt.
oliver.herz@westnetz.de
@

Jendernalik, Lars
Dr.-Ing. Lars Jendernalik leitet den Bereich Operation Ruhr-
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Niederrhein im Spezialservice Strom der Westnetz GmbH, dem


größten deutschen Verteilnetzbetreiber. Zuvor war er mehr als
10 Jahre in verschiedenen Bereichen des Asset Managements
tätig. Er beschäftigt sich mit Fragestellungen der Verteilnetze,
der Netzintegration dezentraler erneuerbarer Energien sowie
speziell mit der Weiterentwicklung der Prozesse und Methoden
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

des Assetmanagements, der Netzplanung und des Netzbetriebs


seit mehr als 15 Jahren. Weiterhin leitet er national und interna-
tional geförderte F&E-Projekte, die sich mit dem Themenspek-
trum Smart Grids und Netzplanung beschäftigen. Außerdem
hält Herr Dr. Jendernalik eine Vorlesung zum Thema „Betrieb
und Aufbau von Netzen“ an der TU Dortmund.
@ lars.jendernalik@westnetz.de

301
Jordan, Steffen
Entwicklungsingenieur bei PFISTERER, ist Diplom-Ingenieur
(FH) für Physikalische Technik und seit 18 Jahren unter ande-
rem in der Entwicklung von Spannungsprüfern aktiv.
info@pfisterer.de
@

Kirbach, Ronny
r.kirbach@ifgmbh.de
@

Kliesch, Mario
Referent für Qualität und Regelsetzung für die RWE Deutsch-
land AG, sowie RWE East, Mitarbeiter der Westnetz GmbH,
Dortmund, mehrjährige Tätigkeit im Material- und Hochstrom-
prüffeld der RWE Eurotest GmbH, technischer Produktmanager
für Kabel und Garnituren bei RWE, heute Koordinator für Stan-
dardisierung und Technologiefestlegung zu den Betriebsmitteln
und Bauweisen im Verteilnetz Strom der RWE Gruppe, mehrjäh-
riges Mitglied in DKE - Arbeitsgremien, z. B. UK411.1 und

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
UK411.3 und der europäischen Arbeitsgruppe für Kabel und
Kabelgarnituren CENELEC – WG 9 und WG11, Referent beim
Kabelseminar, Uni Hannover, auch ew Medien, sowie Fach-
buchautor der Buchreihe Anlagentechnik für elektrische Vertei-
lungsnetze, Starkstromkabelanlagen, 2. Auflage, langjähriges
VDE-Mitglied.
mario.kliesch@westnetz.de
@ Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

302
Koch, Michael
Dr. Michael Koch leitet seit Januar 2015 den zu diesem Zeit-
punkt gegründeten Geschäftsbereich SmartGrid bei der devolo
AG, Aachen. Davor war er seit Juli 2008 als Vice President für
den Bereich Strategic Positioning der devolo AG verantwortlich.
Neben seiner beruflichen Tätigkeit übt er viele Management-
funktionen in internationalen Standardisierungsgremien, indus-
triellen Organisationen und Konsortien aus. Er hatte das
Studium der Elektrotechnik mit dem Abschluss Dipl.-Ing. an der
Technischen Universität in Darmstadt in 1991 abgeschlossen,
sowie in 2006 zum Dr.-Ing. an der Universität Duisburg-Essen
promoviert. An der Universität Duisburg-Essen ist er seit 2007
Lehrbeauftragter für Powerline Communications und zuvor in
2007 und 2008 an der Technischen Universität Dresden. Von
2001 bis Juli 2008 war er bei der Power PLUS Communications
AG, Mannheim, als Vice President Strategy and Regulatory Af-
fairs tätig. Davor arbeitete er von 1991 bis 2001 im Bereich In-
formation & Communication der Siemens AG, München, in
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

verschiedenen Tätigkeiten und Positionen, zuletzt als Director.


@ Michael. Koch@devolo.de

Köhn, Pascal
M.Sc., Institut für Hochspannungstechnik/Institute for High Vol-
tage Technology
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

•  Abteilung Betriebsmittel und Diagnostik/Department Electri-


cal Equipment and Diagnostics
•  Teamleiter Komponenten und Sekundärtechnik/Team Leader
Components and Secondary Technologies
koehn@ifht.rwth-aachen.de
@

Kos, Karolina
Karolina Kos, freie Redakteurin und Content-Beraterin, arbeitet
seit 15 Jahren im Auftrag von Unternehmen und Verbänden mit
Schwerpunkt unter anderem auf technische Investitionsgüter.

303
Krumpholz, Michael
Herr Dr. Michael Krumpholz ist seit über 10 Jahren in der Ener-
giewirtschaft und seit März 2015 als Partner bei der Data Con-
sulting GmbH tätig. Der promovierte Elektrotechniker begann
seine berufliche Laufbahn bei Daimler-Benz Aerospace und
übernahm dann in den Folgejahren verschiedene Management-
positionen in der ITK-Branche. Bis 2011 war er als Vorstands-
vorsitzender der GÖRLITZ AG tätig, seitdem arbeitet er als
Berater und Unternehmensgründer an der Digitalisierung in der
Energiewirtschaft, aktuell mit den Themen Smart Grid, Smart
Metering und KRITIS mit.
michael.krumpholz@data-consulting.de
@

Metz, Dieter
Prof. Dr.-Ing. Hochschule Darmstadt, Fachbereich Elektrotech-
nik und Informationstechnik, Leiter Fachgruppe Netzleittechnik,
Tätigkeitsschwerpunkte: Leittechnik, Netz-Training, Software
Engineering, Smart Grids

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
metz@eit.h-da.de
@

Niemand, Thomas
Dipl.-Ing. Leiter Qualität und Regelsetzung der Westnetz GmbH
(RWE Gruppe) in Dortmund, Vorsitzender im Fachbereich 2 der
DKE, Frankfurt
thomas.niemand@westnetz.de
@ Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Oerter, Christian
Dr.-Ing., Bergische Universität Wuppertal Lehrstuhl für Elektr.
Energieversorgungstechnik
christian.oerter@uni-wuppertal.de
@

304
Primus, Illo-Frank
Dr.-Ing., Geschäftsführer Technik i. R., Fachveröffentlichungen,
Autor Fachbuch „Netzstationen“, Bildband „Geschichte und
Gesichter der Trafostationen“ u. a. Seminarreferent, Mitarbeit
im internationalen Normengremium IEC SC17C (fabrikfertige
Stationen).
primus.prima@t-online.de
@

Scharnberg, Raoul
Diplom Betriebswirt, Marketing Manager bei SAG GmbH
Bereich CeGIT (Centre for Grid IT). Tätigkeitsschwerpunkt:
Ganzheitliches Marketing smarter Technologien und innovativer
Lösungen/Produkte
raoul.scharnberg@sag.eu
@

Schossig, Walter
Dipl.-Ing.; im Ruhestand, früher tätig bei jetziger E.ON Thürin-
ger Energie AG; Mitglied im VDE-Ausschuss Geschichte der
Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

Elektrotechnik und AK Netzschutz.


info@walter-schossig.de
@

Schramm,Dirk
Dr.-Ing.; Geschäftsführender Gesellschafter der IfE Ingenieur-
büro für Energiewirtschaft, Dr.- Ing. Dirk Schramm (VBI) GmbH;
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

Dienstleistungsschwerpunkt: technisch-wirtschaftliche Bera-


tung für Energieversorgungsunternehmen und Stadtwerke, ins-
besondere im Bereich der Netzinfrastruktur.
dr.schramm@ifegmbh.de
@

Schultze, Nico
Dipl.-Geograph, Produktmanager, Leiter div. Forschungsprojek-
te, SAG GmbH - Geschäftsbereich CeGIT, Dortmund Tätigkeits-
felder: Asset Management, Instandhaltung, Zustandsbewertung
von Netzen und Anlagen – Geschäftsfeldentwicklung Email:
Nico.schultze@sag.eu
@

305
Schuster, Henning
Dr.-Ing. Senior Consultant E-Bridge Consulting GmbH
hschuster@e-bridge.com
@

Strobel, Peter
Dipl. Ing.(FH); Geschäftsführer der Bayerische Elektrizitätswer-
ke GmbH, Vorstand Mittlere Donau Kraftwerke AG, Vorstand
der Untere Iller AG, Mitglied im BDEW-Fachausschuss Wasser-
kraft und in weiteren diversen Arbeitsausschüssen.
peter.strobel@lew.de
@

Wellßow, Wolfram H.
Prof. Dr.-Ing.; Lehrstuhl für Energiesysteme und Energiema-
nagement, Technische Universität Karlsruhe. Mehr als drei
Jahrzehnte Tätigkeit an Hochschulen und in der Industrie.
Arbeitsschwerpunkte Netzplanung und Analyse, Zuverlässig-
keitsanalyse, Versorgungsqualität, Systemdynamik, Netzschutz,
FACTS, Asset Management, Stationsautomatisierung, Vertei-

Rolf Rüdiger Cichowski (Hrsg.): Anlagentechnik 2016 © 2016 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main
lungsautomatisierung, Netzleitsysteme, Netzberechnungs-
Software, Smart Grids.
wellssow@eit.uni-kl.de
@

Zdrallek, Marcus
Univ.-Prof. Dr.-Ing., Bergische Universität Wuppertal Lehrstuhl
für Elektr. Energieversorgungstechnik Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.
zdrallek@uni-wuppertal.de
@

Zimmermann, Klaus
Leiter Vertriebsinnendienst Technik-Stromverteilung, in der
RITTAL GmbH & Co. KG
Zimmermann.k@rittal.de
@

306
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tionsleittechnik bietet SAE leistungsstarke Lösungen für zahlreiche
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teilungsnetze wird von der Leserschaft seit 26 Jahren als
Nachschlagewerk und Informationsquelle für detailliertere
Kenntnisse zu einzelnen Themen der Anlagentechnik
genutzt.
Der jährlich erscheinende Sammelband Anlagentechnik ver-
folgt in Ergänzung zur Buchreihe das Ziel dem Leser Hin-
weise zu neuen Techniken bzw. Verfahren aus dem Bereich
der Anlagentechnik für elektrische Verteilungsnetze zu ver-
mitteln. Die Liberalisierung der Strommärkte, Regelungen
durch die Bundesnetzagentur und neue gesetzliche Anfor-
derungen erfordern ständige Anpassungen technischer Ge-
gebenheiten bzw. Verfahrensänderungen mit denen der
Techniker vor Ort umgehen können muss. Das Jahrbuch be-
inhaltet von verschiedenen Autoren Beiträge zur Planung,
zum Bau, zum Betrieb, zur Instandhaltung, zu neuen Tech-
niken und zu Prozessen bzw. Verfahren für und um die
Anlagentechnik elektrischer Verteilungsnetze, die zeitnah
in diesem Buch veröffentlicht werden.
Die Ausgabe Anlagentechnik 2016 nimmt zusätzlich Stel-
lung zu Themen wie Netzverträglichkeit, Smart Grids und
Versorgungszuverlässigkeit, Ideen und Konzeptionen zur
Energiewende, Hinweise zu Netzautomatisierungen, Hand-
lungsempfehlungen zum präventiven Anlagenschutz, Tipps
zur Gefährdungsbeurteilungen und aktuellen Normen und
etliche Erläuterungen zur professionellen Instandhaltung
in der Energieversorgung.
Das Buch Anlagentechnik erscheint seit 2008 jährlich. Die
Bücher finden sehr großen Anklang bei Praktikern und sind
besonders auch in der Aus- und Weiterbildung überaus
nützlich.

ISBN 978-3-8022-1139-3 Besuchen Sie uns auf

9 783802 211393 www.energie-fachmedien.de


Vorwort zum Buch
Lizenz- und Nutzungsbedingungen
Die Kurzschlussstromberechnung stellt bei der Auslegung von Anlagen
und Betriebsmitteln, beim Betrieb elektrischer Netze und bei der Auf-
klärung von Störungen eine zentrale eDokument Aufgabe für den Ingenieur dar. Im
Rahmen der Buchreihe „Anlagentechnik für Verteilungsnetze“ sind
daher neben der Behandlung der einzelnen Betriebsmittel und betrieb-
licher Aspekte
Mit demauch Fragen dieses
download der Kurzschlussstromberechnung
eDokuments akzeptieren Sie darzu-
stellen. Der vorliegende Band fasst, ausgehend von allgemeinen Be-
die nachfolgenden
Dr. Korthauer: Handbiuch der Elektromobilität © 2014 EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main

trachtungen und Lizenz-


Erläuterungen zu Modellierungen der Betriebsmittel
und Nutzungsbedingungen.
und zum Berechnungsverfahren, die einzelnen Teilaspekte der Kurz-
schlussstromberechnung
♦ Das eDokument und sein basierend auf den Normen
Inhalt sind urheberrechtlich zusammen. Be-
und wettbewerbsrechtlich
sonderergeschützt.
Wert wirdJedeauf eine praxisnahe
zweckfremde Nutzung undDarstellung und Erläuterung
Verwertung außerhalb der recht-
lichen Grenzen, insbesondere des Urheberrechts, ist unzulässig.
von Maßnahmen zur Begrenzung von Kurzschlussströmen gelegt. Die
Nicht gestattet sind insbesondere
Ergebnisse
♦ zahlreicher
eine Weitergabe durchgeführter Ausführungsstudien
an oder die Nutzung durch übergeordnetefanden hier
und/oder
Verwendung. Zusammenstellungen
rechtlich verbundene Unternehmen von (z.B.
Betriebsmitteldaten, soweitdessie
Holding) oder Gesellschafter
Unternehmens;
im Rahmen♦ eine derWeiterleitung
Aufgabeander Kurzschlussstromberechnung
andere sinnvoll
Unternehmen wie Versorgungsunternehmen,
Alle Rechte, siehe Lizenz und Nutzungsbedingungen. Weitergabe nicht zulässig.

sind, rundenIndustrieunternehmen
das Buch ab. usw. oder Mitarbeiter solcher Unternehmen;
Bearbeitung, Vervielfältigung, Übertragung und/oder Speicherung auf

Datenträgern jeder Art;
Für die
♦ zweite Auflageteilweise
die vollständige, wurdenoder dieauszugsweise
normativenNutzung
Verweise aktualisiert,
zur gewerblichen
Verwendung und zur kommerziellen Auskunfterteilung, wie beispielsweise
DruckfehlerErstellung
korrigiert sowie einige Klarstellungen zur besseren Les-
und Verteilung/Verkauf von Print-Ausgaben dieses eDokuments.
barkeit der Berechnungsgleichungen ergänzt. Ein Schlagwortverzeich-
♦ EW Medien und Kongresse GmbH, Frankfurt am Main [nachfolgend „EW“)
nis verbessert den Zugriff zum fachlichen Inhalt. Die fachliche Bearbei-
überträgt dem Käufer [nachfolgend „Lizenznehmer“] das nicht ausschließliche
tung wurde
und nichtim Juni 2014
übertragbare abgeschlossen.
Recht, dieses eDokument für seineBeieigenedenTätigkeit
zitierten
zu
nutzen.
Rechtsvorschriften, Normen und Bestimmungen wurde der
♦ Die Nutzungslizenz überträgt dem Lizenznehmer kein Eigentumsrecht an dem
Stand Mai
2014 übernommen.
eDokument, sondernDeshalb sindeininbeschränktes
lediglich jedem FallNutzungsrecht.
VDE-Bestimmungen,
Der Lizenz-
Normen und
nehmerRegelungen des Netzbetreibers
ist nicht berechtigt, das eDokument mit deseinem
aktuellen
anderen
verbinden, anzupassen, zu übersetzen, zu überarbeiten, unterzulizenzieren
Standes an-
Produkt zu

zuwenden.oderDie in diesem
auf andere Buch
Weise zu gegebenen
übertragen. Es ist ihm Kommentare
nicht gestattet, diezu VDE-Be-
Schutzrecht-
stimmungen, Normen
hinweise undMarken
oder andere Technischen Richtlinien stellen lediglich die
zu entfernen.
♦ Dies ist eine Einzelnutzerlizenz. Der Lizenznehmer darf eine Kopie des
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des Autors dar. Für die in diesem Buchdiedargestellten
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zwei oder dafür übernommen
mehr Computern oder in werden,
lokalen oderdass dieseNetzwerken
anderen frei von ist
Pa-
dem Lizenznehmer nicht gestattet.
tentrechten sind. Für die Richtigkeit der Angaben und für etwaige, bei
der Zusammenstellung entstandene Irrtümer wird keine Haftung über-
Stand 8.9.2010
nommen.

Der Autor
© dankt allen und
EW Medien Unternehmen, die durch
Kongresse GmbH, die Bereitstellung
Frankfurt am Main von
Informationen und Firmenunterlagen zum Gelingen dieses Buches bei-
getragen haben. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verlage EW

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