Sie sind auf Seite 1von 9

Reflexionen gegenwärtiger orthodoxer Theologen über die

Charismen
Das vorliegende Thema hat die orthodoxe Theologie noch nicht in ganzer Breite
erschlossen. Die orthodoxen Theologen haben nicht versucht, die charismatische
Komplexität, die es in der Orthodoxen Kirche gibt, durch Definitionen und Axiome zu
erschließen. Im folgenden sei daher keine ausführliche Analyse angestellt, sondern ein
eigener, durchaus noch vorläufiger und keineswegs erschöpfender Vorschlag eingebracht, der
in hohem Grad mit der Sakramentalität verknüpft ist. Bislang scheint es keine
wissenschaftliche Untersuchung zu geben, die sich besonders und umfassend mit der
Verbindung von Charisma und den Heiligen Sakramenten beschäftigt.
Grundsätzlich ist die Lehre über die Charismen nicht von der Lehre über den Heiligen
Geist, genauer gesagt: von der Lehre über die Gnade, zu trennen. In jedem orthodoxen
Lehrbuch findet sich die Lehre über die Charismen im Rahmen der Pneumatologie, denn dort
handeln die Theologen über die göttliche Gnade. So macht die orthodoxe Theologie „keinen
eigentlichen Unterschied zwischen diesen Gaben (Charismen) und der vergöttlichenden
Gnade ... Für die Tradition der Ostkirche bedeutet die Gnade im allgemeinen den ganzen
Reichtum der göttlichen Natur, insofern sie sich den Menschen mitteilt; sie ist die Gottheit,
die sich von der Wesenheit nach außen ergießt und sich verschenkt; sie ist die göttliche Natur,
an der man in den Energien Anteil hat”1. Man kann nicht über die Charismen sprechen, ohne
dass man zuerst über die Gnade spricht, und wenn man über die Gnade spricht, spricht man
über die Vergöttlichung des Menschen durch die Sakramenten. Für jeden orthodoxen Christen
sind die Charismen nicht die Realitäten, die völlig von seinem geistlichen Kontext des Lebens
getrennt sind oder von seinem Weg zur Vergöttlichung. Obwohl die Charismen eine
ausschließliche Frucht der Gnade des Geistes sind, erscheinen sie deswegen doch auch als
eine Frucht menschlicher Zusammenarbeit mit der Gnade des Geistes und des Bestrebens,
sich mehr und mehr vom Heiligen Geist erfüllen zu lassen. Die Orthodoxe Kirche schließt
nicht aus, dass die Erscheinung der Gaben in Menschen möglich ist, die nicht den Weg der
Vergöttlichung eingeschlagen haben. In diesem Fall bewirkt die Erscheinung der Charismen
in diesen Menschen die Absicht, sich auf den Weg der Vergöttlichung einzulassen – sowohl
in ihnen selbst, welche die Gnadengabe bekommen haben, als auch in denjenigen, die sich an
dieser Gnadengabe erfreuen. Nach der orthodoxen Lehre wird die Gnade des Heiligen Geistes
prinzipiell durch die Sakramente zuteil 2, so dass es keine bessere, keine realere und
konkretere Modalität gibt, in welcher die Charismen, die in einer untrennbaren Verbindung
mit der Gnade stehen, reflektiert werden könnten, als in den Heiligen Sakramenten.

2.1. Die Reflexion des Glaubens an Charismen in den Heiligen


Sakramenten
Im Folgenden soll ein Entwurf über die Präsenz und Wirkung der Charismen in den
Sakramenten versucht werden. Dabei wird dem Ort der Charismen im Rahmen der Heiligen
Sakramente nachgegangen, nicht weil dort der einzige Ort ist, wo sie sich manifestieren
können, sondern weil dort ein Ort ist, wo erkannt werden kann, worin und wodurch der
Heilige Geist wirkt und Christus sich vergegenwärtigt3. Die Gedanken der Heiligen Väter
zusammenfassend sagte Boris Bobrinskoy: „Die sakramentalen Wirkungen bestehen
ausnahmslos in der kirchlichen Erfahrung, in Erkenntnis und Teilnahme am Mysterium
Christi durch den Heiligen Geist”4. An dieser Stelle soll aufgezeigt werden, wie sich in Art
und Zeit die Charismen in den Sakramenten reflektieren. Die Tatsache, dass die Kirche erst
1
Vladimir Lossky, Die mystische Theologie der morgenländischen Kirche , S. 206.
2
Isidor Todoran, Ioan Zăgrean, Dogmatica Ortodoxă, S. 244.
3
Dumitru Stăniloae, Orthodoxe Dogmatik III, aus dem Rumänischen übersetzt von Hermann Pitters, Benziger
Verlag, Solothurn und Düsseldorf sowie Gütersloher Verlaghaus, Gütersloh, 1995, S. 20-22.
spät die Zahl der sieben Sakramente feststellte, zeigt, dass sich charismatische Äußerung auch
außerhalb dieser Sakramente manifestieren kann, aber dass sie sich auch mit ihnen in einer
besonderen Weise verbindet. Fehlen diese Sakramenten oder werden sie nur partiell ausgeübt,
etwa in einer anderen christlichen Gemeinschaft, begründen die Charismen eine
ekklesiologische Unterscheidung.

2.1.1. Das Sakrament der Taufe


Durch das Sakrament der Taufe werden wir Glieder des Leibes Christi, Mitglieder des
Volks Gottes, so dass alle Christen – in der sacerdotalisch-ekklesiologischen Natur nach der
Taufe – gleich sind5. Diese sacerdotalische Gleichheit wird später relational in Laien und
Kleriker unterschieden6. In der Orthodoxen Kirche kann man von zwei Aspekten des
Priestertums sprechen: ein universales, allgemeines Priestertum (1. Petr 2, 5, 9) 7, welches
zusammen mit der Taufe empfangen wird, und ein persönliches, konkretes Priestertum, das
einen relationalen Charakter hat: „durch die zweite Geburt, die Taufe, sind alle Gläubigen
schon Priester, und im Rahmen dieser sacerdotalischen Gleichheit ereignet sich eine
funktionelle Unterscheidung der Charismen”8. Also sind alle Menschen dazu berufen, Opfer
zu bringen, Priester zu sein. Diese Gleichheit war schon für die Kirche der ersten
Jahrhunderte keine Streitfrage, weil sie bekannt war, erlebt wurde. Die Tatsache, dass der
Priester nur ein Glied des Leibes Christi ist, dem eine andere Gnadengabe gegeben wurde,
wird in der Heiligen Liturgie sehr deutlich. Das eucharistische Opfer wird nicht nur von ihm
erbracht, sondern vom ganzen Volk, er ist nur ein Vertreter des Volkes. Darum werden die
liturgischen Gebete nicht im Singular, sondern im Plural gesprochen, weil alle gemeinsam
diese Opfer bringen9.
Nach der Taufe haben alle orthodoxen Christen, Kleriker und Laien dieselbe
ekklesiologisch-sakrale Würde. Wenn im Bezug auf die Kleriker diese Würde sehr deutlich
ist, bei den Laien hingegen haben die Priester die Verantwortung, ihnen diese Würde bewusst
zu machen, weil „the laity are not merely passive subjects with their only obligation that of
obeying the hierarchy; they are not in any way vessels empty of ‚charism’ to be filled by the
hierarchy. The lay state should be considered as a sacred dignity; the name Christian has
made ‚a people of God, a royal priesthood’. The significance of this idea, although it is
sometimes exaggerated in Protestantism, even to the complete denial of the hierarchy, must
never be minimized”10. Die Laien haben eine Verantwortung, dem Priester in seiner
pastoralen Tätigkeit zu helfen, zu der Erneuerung des religiösen Lebens inmitten der
4
Boris Bobronskoy, Împărtăşirea Duhului Sfânt, Verlag Institutul Biblic şi de Misiune al Biserici Ortodoxe
Române, Bucureşti, 1999, S. 109; Übersetzung aus dem Französischen „Communion du Saint-Esprit”, Paris,
1992.
5
Paul Evdokimov, Les âges de la vie spirituelle, Ed. Théophanie, Desclée De Brouwer, 1980, S. 209-215
6
Paul Evdokimov, Les âges de la vie spirituelle, S. 212: „Le Peuple est différencié par Dieu dans son <principe
sacerdotal>, au moyen des ministéres charismatiques“; Joannes Zizioulas, Priesteramt und Priesterweihe im
Licht der östlich-orthodoxen Theologie, Der priesterliche Dienst V. Amt und Ordination in ökumenischer Sicht ,
Ed. H. Vorgrimler, S. 84, 91.
7
Siehe Dumitru Stăniloae, Der geistliche Charakter des besonderen Priestertums und das allgemeine
Pristertum, in: Orthodoxe Dogmatik III, S. 134-138; Vasile Mihoc, Preoţia generală şi slujirea credincioşilor în
lume, in: Mitropolia Ardealului, an XXXI, 1986, nr. 4, S. 43-50; Paul Evdokimov, Le sacerdoce universal des
laïcs dans la tradition orientale, in: Les âges de la vie spirituelle, S. 209-226.
8
Bischof Stephanos, Slujiri sacerdotale şi harisme în Biserica Ortodoxă, Verlag Institutul European, Iaşi, 1998,
S. 20.
9
“Nochmals bringen wir Dir diesen geistigen und unblutigen Opferdienst dar, wir rufen Dich an, bitten Dich und
flehen zu Dir: Sende herab Deinen Heiligen Geist auf uns und auf diese vorliegenden Gaben” oder „Wir bringen
Dir diesen geistigen Opferdienst auch dar für jene, die im Glauben ruhen …“ in: Liturghier, Verlag Institutul
Biblic şi de Misiune al Bisericii Ortodoxe Române, Bucureşti, 1987, S. 151-153.
10
Seghey Bulgakov, Excerpts from The Orthodox Church, The Hierarchy, in:
http://www.holytrinitymission.org/books/english/orthodox_church_s_bulgakov.htm#_Toc45589054; Zugang am
12.12.2006.
Gemeinschaft der Gläubigen beizutragen und außerhalb dieser Gemeinde wirkliche Apostel
zu werden11. Die Laien werden also nicht nur verwaltet, sondern auch gerufen, die Charismen
der Lehre und die Verkündigung des Evangeliums auszuüben.
Daraus, dass alle Menschen also durch die Taufe Glieder des Leibes Christi werden,
wie der Heilige Paulus lehrt (1. Kor 12, 12 -26), erhellt, dass jedes Glied seine Funktion hat:
eins ist der Kopf, ein anderes ist die Hand, ein anderes ist das Auge, so dass in jeder
eucharistischen Gemeinde, die vollkommen Leib Christi ist, jedes Glied eine Gnadengabe hat,
durch die es teilnimmt an Erbauung, Ermahnung und Tröstung der anderen (1. Kor 14, 3). In
diesem Sinn sagt Bischof Stephanos, „die Charismen der Laien nehmen an der Befestigung
der Gemeinde teil und bringen hervor, dass die Berufung des Priesters, seine Werke, seine
Liebestaten nicht vollkommen sind, dass sie erst wahrhaft vollkommen sind in denen und
durch die, welche man ‚ungeeignete Laien’ nennt“12.
So sind alle durch das Sakrament der Taufe fähig, Charismen zu empfangen. Die
Tatsache, dass der Priester die Weihe nicht mit der Taufe empfängt, ist ein weiterer Nachweis,
dass an den Charismen in ihrer Vielfältigkeit alle teilhaben können (1. Kor 12, 4), abhängig
von der Berufung jedes einzelnen (Röm 12, 6-8). Jedem einzelnen werden, wie der Heilige
Geist will, seine Gaben verliehen (1. Kor 12, 11). Sie sehen nicht ab von demjenigen, der sie
bekommen hat, sind also nicht ganz unabhängig von den Fähigkeiten der Person (obwohl
auch dies möglich ist), sie werden verstärkt und ausgeübt im Dienst der Erbauung des Leibes
Christi. Die Charismen bedeuten im orthodoxen Denken nicht allein etwas Exzentrisches,
sondern wie allem etwas, was zum normalen christlichen Leben gehört, weil „im allgemeinen
gelangen alle Glieder der Kirche, die sich um Glaubensstärkung und Heiligung bemühen, in
den Besitz besonderer Gabe, durch die sie einander und der gesamte Kirche dienen, wodurch
sie auch die Einheit der Kirche festigen”13.

2.1.2. Das Sakrament der Salbung


In der orthodoxen Theologie gibt es eine enge Beziehung zwischen dem Wirken
Christi und dem Wirken des Heiligen Geistes: Das Wirken Christi ist auf die menschliche
Natur ausgerichtet, die Er in seiner Hypostase wiederholt (Rekapitulation), das Wirken des
Geistes „hingegen bezieht sich auf die Personen und richtet sich an jede einzelne unter ihnen.
Der Heilige Geist teilt den menschlichen Hypostasen in der Kirche die Fülle der Gottheit in
einer einmaligen, persönlichen Weise mit, die sich jedem Menschen anpasst, insofern er eine
nach dem Bild Gottes geschaffene Person ist“ 14. Durch die Taufe bekommt der Mensch die
Heilung, realisiert von dem Wirken Christi, in Potentialität, durch die Salbung jedoch beginnt
er seine Heilung zu aktualisieren, durch die Werke des Heiligen Geistes. Dieses fortgesetzte
Wirken des Heiligen Geistes, in der Realisierung der persönlichen Heilung jedes Christen,
macht die Aussage möglich, dass er „ein gänzlich charismatisches Wesen ist”15.
Die meisten Theologen nehmen an, dass die Geistesgaben durch das Sakrament der
Salbung empfangen werden16, jedoch ist diese Annahme zumindest ungenau und
ungenügend, wenn nicht sogar falsch. In diesem Sakrament werden nicht nur die
Geistesgaben empfangen, sondern der Heilige Geist selbst. Wenn wir in der Taufe Christus
anziehen, so empfangen wir durch die Salbung das „Siegel der Gabe des Heiligen Geistes”.

11
Bischof Stephanos, Slujiri sacerdotale şi harisme în Biserica Ortodoxă, S. 49.
12
Bischof Stephanos, Slujiri sacerdotale şi harisme, S. 23.
13
Dumitru Stăniloae, Orthodoxe Dogmatik II, S. 253.
14
Vladimir Lossky, Die mystische Theologie der morgenländischen Kirche, S. 209-210.
15
Paul Evdokimov, Les âges de la vie spirituelle, S. 217 „L’ onction chrismale ... sont accompagnées de la
formule sacrée: <Sceau du don de l’ Esprit Saint>, c’ est donc dans tout son être que tout laïc est scellé des dons,
est un être entièrement charismatique”.
16
Diese Aussage kann man nicht nur im Denken der westlichen Theologen, sondern auch bei östlichen
Theologen antreffen. Sie bringt für beide Seiten Schwierigkeiten im Verständnis der Charismen. Für weitere
Informationen siehe Alexander Schmemann, Of Water and the Spirit, S. 75-77.
Das Siegel ist nichts anderes als der Fingerabdruck Dessen, Dem wir angehören, „it is the
imprint on us of the One Who owns us; it is the seal that preserves and defends in us the
precious contend and is fragrance; it ist the sign of our high and unique calling“ 17. Durch die
Verwendung der Singular- und nicht der Pluralform wird deutlich, dass wir in diesem
Sakrament den Geist und nicht Seine Gaben empfangen, so dass „in this pentecostal
anointment, the Holy Spirit descends on us and abides in us as the personal gift of Christ from
His Father, as the gift of His Life, His Sonship, His communion with His Father” 18. Er ist ein
Geschenk und eignet der menschlichen Natur – trotz der gegebenen Fähigkeit, ihn zu
empfangen – nicht. Dabei ergibt sich eine Beziehung zwischen Taufe und Salbung: Durch
jene wird diese vorbereitet und ermöglicht, und durch diese wird jene vervollkommnet. Diese
Gabe (Heilige Geist) trägt den Menschen über die Taufe hinweg, jenseits der Erlösung: Sie
verwandelt ‚Christus’ in Christus, mit der Salbung des Gesalbten, er öffnet dem Menschen die
Tür zur Theosis (Vergöttlichung)19. Wenn wir durch das Sakrament der Salbung den Heiligen
Geist empfangen, dann werden seine Gaben in der Person jedes Christen sichtbar, wann der
Geist es will. Die Manifestation der Gaben kann unmittelbar nach dem Empfang des Geistes
geschehen oder erst im weiteren Verlauf des Lebens. Der Mensch kann nur nach diesen
Gaben streben, in einer demütigen Haltung, und sich an den Gaben Gottes erfreuen20. Der
Zustand der Demut umfasst Arbeit, aber auch Gnade, gemäß der Beschreibung des Apostels
Paulus, der bezeugt, dass er sich mehr bemüht habe als alle anderen, nicht er, sondern die
Gnade Gottes in ihm (1. Kor 15,10).
Wenn der oben aufgezeigte Gedankengang des Gregorios Palamas nun in Bezug auf
das Sakrament der Salbung aktualisiert würde, so bedeutete dies, dass dem Christen die Tür
zur Gotteserfahrung geöffnet werden kann, und dass ihm im Rahmen dieser Erfahrung beim
Empfang des Sakraments oder zu einem späteren Zeitpunkt verschiedene Geistesgaben zuteil
werden. Diese sind das natürliche Ergebnis der vollständigen Erfüllung durch den Heiligen
Geist aufgrund des empfangenen Sakraments. Dabei handelt es sich nicht um Anteilnahme am
Wesen des Heiligen Geistes, sondern um die Energien, die durch sein Wirken verliehen
werden. Obwohl Er sich uns mitteilt, können wir Ihn nicht gänzlich umfangen. Obwohl er in
uns Wohnung nimmt, müssen wir Ihm in unserem Leben mehr Platz einräumen, und obwohl
wir nur bruchstückhaft Anteil an ihm nehmen können, müssen wir in der Gemeinschaft mit
ihm voranschreiten.
Bedenkt man überdies, dass der Hesychasmus das tägliche Gebet als Ort der
Begegnung mit Gott verkündigt, dann wird die Vergöttlichung durch das Gebet zunehmend
erfahrbar, Gott wird immer präsenter in der Seele, und „das Dasein bringt mit sich die Gaben
des Heiligen Geistes“21. Durch den Geist hat der Mensch Zugang zu Sohn und Vater, die
Entledigung vom Bösen schafft Raum für die Heilige Dreifaltigkeit in ihm.

2.1.3. Das Sakrament des Abendmahls


Im Sakrament des Abendmahls wird das Charisma des Priestertums, aber auch das
allgemeine Priestertum der Laien sichtbar. Die Eucharistie ist Danksagung, ist Teilhabe am
Leib und Blut des Herrn, ist das Band zwischen allen Gläubigen einer Gemeinschaft und
zwischen allen orthodoxen Christen, aber auch die Möglichkeit, die Charismen in Christi Leib
relational zu machen.
Der Priester kann das Sakrament des Abendmahls nicht allein vollziehen – ebenso
wenig können die Gläubigen dies ohne den Priester22. Dieses Verhältnis ist nicht ontologisch
17
Alexander Schmemann, Of Water and the Spirit, S. 80.
18
Alexander Schmemann, Of Water and the Spirit, S. 79. Im griechischen Text steht das Wort dw/ron –
„Gabe” – und nicht cάrisma oder cάrismata – „Gnadengabe(n)”.
19
Alexander Schmemann, Of Water and the Spirit, S. 80.
20
Antonie Plămădeală, Tradiţie şi libertate, S. 356.
21
Antonie Plămădeală, Tradiţie şi libertate, S. 262.
22
Siehe Povătuirile von Liturghier, S. 433-438.
oder funktional gegeben, sondern relational: Die Gläubigen selbst entscheiden, dass einer von
ihnen im Besitz einer Geistesgabe ist, der sie alle vertritt 23. Gleichzeitig ist der Priester,
obwohl er Organ Christi und der Kirche ist, in der Gemeinschaft aus Bischof und Gemeinde
gewählt, für die Gemeinschaft und von der Gemeinschaft. Die Einordnung in diesen Dienst
wird von Christus vollzogen durch die Weihe einer Person, die bereits durch die Taufe
geheiligt ist, zu einem neuen Dienst24, so dass diese Gnadengabe nicht nur eine Gabe des
Geistes ist, sondern auch eine Gabe Christi für Seine Kirche. Nach der orthodoxen
Auffassung von der Perichorese (Durchdringung) eignet die Fähigkeit, Geistesgaben zu
verleihen nicht nur dem Geist, sondern auch dem Sohn und dem Vater. Als der Erlöser die
Apostel mit der Verkündigung beauftragte, verteilte Er Charismen, nicht der Heilige Geist
(Mt 10, 8), aber aufgrund der Perichorese in Ihm freilich auch der Heilige Geist.
Das Sakrament des Abendmahls verleiht keine Charismen, sondern die Quelle der
Charismen, es verleiht nicht die charismatische Vielfältigkeit, sondern die Einheit, zu welcher
die Menschen berufen sind. Durch das Abendmahl haben Christen an der Vergöttlichung teil
und treten in die Gemeinschaft der Dreieinigkeit ein; aus dieser Gemeinschaft werden
Charismen zuteil, damit diese Gemeinschaft und Einheit weiter erhalten und erweitert wird.
Ob ein Mensch, der sich vom Abendmahl absondert, noch mit dem Heiligen Geist wirken
kann, erscheint vor diesem Hintergrund zumindest zweifelhaft. Bildlich gesprochen: Dieser
Mensch verzichtet auf die lebendige Quelle, um nur mit einem Glas zufrieden zu sein. In der
Wirkung der Einheit hat das Abendmahl nicht nur eine geistliche, sondern auch eine sichtbare
Natur. Die Gemeinde kommuniziert aus demselben Kelch 25, von demselben Leib und Blut
Christi, ob es sich um Laien handelt oder um Kleriker, um Arme oder Reiche, um mehr oder
weniger Gebildete.

3.1.4. Das Sakrament der Weihe (des Priestertums)


Das Sakrament der Weihe ist im Verlauf der Darstellung selbst als Gnadengabe
erwiesen worden. An dieser Stelle werden, um Wiederholungen zu vermeiden, nur jene
Aspekte angeführt, die bisher noch nicht zur Sprache gekommen sind. Kallistos Ware stellt
fest, dass jeder Bischop “at his consecration receives a special gift or charisma from the Holy
Spirit, in virtue of which he acts as a teacher of the faith” 26. Die Orthodoxe Kirche kennt
keine absolute Ordination27: „Die funktionalen und persönlichen Geistesgaben werden auf
gegenseitiges Ergänzen hin betrachtet, im Hinblick auf den hohepriesterlichen Dienst Christi,
an dem alle (die Gläubigen) teilhaben“28. Nicht von separaten Laien- und Priesterkirchen
sollte gesprochen werden, sondern von einer Kirche, die in Laientum und Priestertum
strukturiert ist, einer Kirche, in der verschiedene Funktionen existieren: „In der orthodoxen
Kirche besteht ein ganz spezielles Verhältnis von Recht und Charisma. Sie kennt für den
priesterlichen Dienst keine vom <Recht> gelöste sakramentale Gnade. So wird die
Bischofsweihe nicht absolut, sondern konkret, d.h. für einem bestimmten bischöflichen Sitz,
gespendet“29.

23
Sowohl der Bischof als auch der Prister werden für eine bestimmte Gemeinschaft geweiht. Im Augenblick der
Weihe spricht die Gemeinde ihr Einverständis aus, dass der Priester diese Gnadengabe bekommt durch die
Worte: „Er ist würdig”.
24
Paul Evdokimov, Les âges de la vie spirituelle, S. 212-213.
25
Karl Christian Felmy, Die orthodoxe Theologie der Gegenwart, S. 215.
26
Kallistos Ware, Excerpts from the Orthodox Church, Bishops, Laity, Councils, in:
 http://www.fatheralexander.org/booklets/english/history_timothy_ware_2.htm#n5; Zugang am 16.12.2006.
27
Karl Christian Felmy, Die orthodoxe Theologie der Gegenwart, S. 226.
28
Olivier Clement in: Preasfinţitul Stephanos, Slujiri sacerdotale şi harisme, S. 4.
29
Nikodemus Milasch, Das Kirchenrecht der morgenländischen Kirche, Mostar, 1905, S. 273; John Zizioulas,
Being as Communion, Crestwood New York, 1985, S. 213; Zitat von Karl Christian Felmy, Die orthodoxe
Theologie der Gegenwart, S. 228.
Nach der Auffassung von Metropolit Johannis Zizioulas hat das Priestertum, wie jede
andere Gnadengabe, in erster Reihe eine relationale Funktion. Der Priesterdienst wird nicht
für sich selbst gegeben, sondern für die Gemeinde, von welcher der Priester gewählt wird und
für welche er geweiht wird, so dass „die Weihe als konstitutiv für die Gemeinde verstanden
wird, und wenn die Gemeinschaft, als die koinonia des Geistes, von Natur aus ein
beziehungshaftes Wesen ist, kann das Priesteramt als Ganzes als eine Mannigfaltigkeit von
Beziehungen innerhalb der Kirche und ihrem Verhältnis zur Welt beschrieben werden. Ohne
den Begriff der Beziehungshaftigkeit verliert das Priesteramt in der Tat sowohl seinen
Charakter als Charisma des Geistes, dass heißt Teil seiner koinonia, wie auch als Dienst
(diakonia)“30.
Somit wird durch das Priestertum die Rolle aller Geistesgaben innerhalb des Leibes
Christi sichtbar: Sie zielen auf Gemeinschaft und Beziehung. Eine Person mag zwar eine
Gnadengabe empfangen haben (1. Kor 12, 8, 29-30), doch soll die gesamte Gemeinschaft
Anteil an dieser Gabe haben (1. Kor 12, 7). Die Gnadengaben sind ein Mittel, durch das in
den unterschiedlichen Beziehungen zwischen den Mitgliedern einer Gemeinde Gemeinschaft
erwächst, und verwirklichen trotz der Vielfalt dieser Beziehungen ihre Einheit.

3.1.5. Das Sakrament der Beichte


Auch dieses Sakrament kann aus der Perspektive der Geistesgaben betrachtet werden.
Dieses Sakrament vollzieht der Beichtvater. Gegenwärtig wird diese Aufgabe mehr und mehr
auf Inhaber des Priestertums übertragen, aber in der Vergangenheit konnte jede Person,
welche die Gabe des Heiligen Geistes hatte, als Beichtvater tätig werden31. Christus selbst
beauftragt Menschen mit diesem Dienst, der Bischof weiht sie durch die Berufung des
Heiligen Geistes32.
Karl Christian Felmy stellt einen Tatbestand innerhalb der Russisch-Orthodoxen
Kirche fest33: Gläubige halten an einem auserwählten Geistlichen Vater fest, selbst wenn
bekannt ist, dass dieser nicht geweiht ist und demzufolge das Sakrament der Beicht nicht
spenden kann. Auch heute noch pilgern orthodoxe Gläubige zu berühmten Beichtvätern, die
als „Charismatiker” einer klösterlichen Gemeinschaft vorstehen, um bei ihnen zu beichten
und um von ihnen geistlichen Rat einzuholen 34. Diese Beobachtung – gültig für die gesamte
orthodoxe Welt – birgt sowohl Anlass zur Freude als auch Anlass zum Bedauern: Freude
darüber, dass es diese Beichtväter gibt; Bedauern darüber, dass die Pilgerreisen eine geistliche
Armut der Beichte in den Gemeinden aufdecken.
Im Altertum wurde ein Mensch erst nach der Vollendung eines gewissen Alters mit
der Beichte beauftragt – und nur, wenn die Früchte des Geistes in der Seele des Kandidaten
erkennbar waren. Bedauerlicherweise wird heute weder auf das Alter noch auf das
Vorleben/geistliche Leben des Kandidaten geachtet.
Der Beichtvater, der Vollzieher des Beichtsakraments, zeichnet sich im allgemeinen
durch drei Geistesgaben aus: 1. Einsicht und Unterscheidungsfähigkeit; 2. Nächstenliebe und
Mit-leiden; 3. die Fähigkeit, auf das Umfeld einzuwirken. Zumindest die erste der
Geistesgaben, die Prüfung der Geister, zeichnet jeden Beichtvater aus. Diese Gabe meint: das
treffsichere Einschätzen von Gegebenheiten, um jeden unguten Gedanken mit einem
entsprechenden Gegenargument zurückweisen zu können35.

30
Joannes Zizioulas, Priesteramt und Priesterweihe im Licht der östlich-orthodoxen Theologie, S. 84.
31
Diese Praxis ist häufig in den Lehren des Heiligen Simeon, des neuen Theologen, anzutreffen. Nach seiner
Auffassung kann jeder geistliche Vater die Beichte abnehmen. Diese Praxis ist heute nur noch selten anzutreffen.
32
Dumitru Stăniloae, Orthodoxe Dogamtik III, S. 106.
33
In den meisten Fällen hat die rumänische und russische Orthodoxe Kirche diese Menschen geweiht, obwohl
sie zumeist keine theologische Ausbildung hatten.
34
Karl Christian Felmy, Die orthodoxe Theologie der Gegenwart, S. 219.
35
Kallistos Ware, Le Royaume interieur, Editions Le sel de la terre, 1993, S. 65-71.
Die Fähigkeit, die Geister zu prüfen, ist mehr als die einfache Fähigkeit, sich zwischen
gut und böse zu entscheiden; es ist die Fähigkeit zu prüfen, ob das Werk eines Menschen von
Dämonen oder Engeln beeinflusst ist. Die Dämonen können sich in der Gestalt eines Engels
verbergen, doch wird ein Beichtvater die Fähigkeit besitzen herauszufinden, wes Geistes Kind
sein Gegenüber ist. Der Beichtvater kann durch diese Gabe intuitiv die Tiefes des Herzens
ausloten, seine Geheimnisse erkunden, die dem betroffenen Menschen selbst nicht bewusst
sind36.
Die Prüfung der Geister ist freilich allen Getauften zugänglich, nicht nur den Priester
oder Mönchen, so dass die Suche nach geistlichen Vätern einen Mangel an Prüfungsfähigkeit
unserer gegenwärtigen Gesellschaft kennzeichnet. Voraussetzung dafür, diese Gabe würdig zu
empfangen, ist ein moralisch einwandfreies, leidenschaftsloses, demütiges Leben. Der Gabe
eignet auch eine angemessene Verwendung der Vernunft, der Urteilskraft, der Logik im
ständigen Verantwortungsbewusstsein (für vollzogenen Taten) vor Gott37.
Abschließend möchte ich aufzeigen, welche Unterschiede zwischen den Ratschlägen
eines geistlichen Vaters und eines weltlichen Menschen bestehen. Der Rat eines geistlichen
Vaters hat einen definitiven Charakter und problematisiert nicht, er löst, er beruhigt und wühlt
nicht noch stärker auf. Die Antwort, die aus der Gabe der Unterscheidung erwächst, ist immer
angemessen; die, welche das Problem löst, verändert, und befähigt den Fragenden, wie es
keine andere Entscheidung könnte. Wer die Gabe der Geisterscheidung empfangen hat, hat
normalerweise auch die Gabe des Wortes38. Dieses alltägliche Gabenpaar ist der Heiligen
Schrift nicht fremd. In seiner Gabenliste (1. Kor 12, 8-10) gruppiert der heiligen Paulus je
zwei Geistesgaben, die Gabe der Geisterscheidung wird mit der Gabe der Prophetie assoziiert.
Die Prophetie meint in diesem Zusammenhang nicht die Zukunftsschau, sondern die
Funktion, aus der Wahrheit zu lernen und auch in die Herzen der Menschen zu sehen39.

2.1.6. Das Sakrament der Ehe


Die Ehe ist nicht ein juristisches oder magisches Ritual, welches die sexuellen
Beziehungen moralisch macht40. Der Erzbischof Puhalo geht weiter und bemerkt, dass heute,
stärker als zuvor, für viele Leute die Ehe beschränkt ist nur auf ihre soziale und sexuelle
Funktion41. Ein orthodoxer Christ fasst den Entschluss, in den Heiligen Stand der Ehe zu
treten, sie durch das Sakrament des Geistesgabe zu empfangen, sich und den Ehepartner
gegenseitig Gott zu schenken42 und einander „Hilfe“ für das Heil zu wirken43. Vielen mag dies
kindisch vorkommen, aber für die, welche die Heilige Schrift kennen, ist es eine Tatsache.
Der Heilige Paulus (1. Kor 7, 7) räumt ein, als er Ratschläge für das Eheleben und den Zölibat
gibt, dass einige von Gott die Gnadengabe haben, unverheiratet zu bleiben, aber andere
hingegen heiraten sollen, um rein zu bleiben44. In diesem Sinn bemerkt K. Ware: „marriage is
not only a state of nature but a state of grace. Married life, no less than the life of a monk, is a
special vocation, requiring a particular gift or charisma from the Holy Spirit“45.

36
Kallistos Ware, Le Royaume interieur, S. 66.
37
Antonie Plămădeală, Tradiţie şi libertate, S. 109. Das Ende dieses Zitats muß unterstrichen werden, da die
menschliche Vernunft, Urteilskraft und Logik nicht immer konform mit der göttlichen sind. Ein geistlicher Vater
wird sich auch gegen die menschliche Logik entscheiden können, im Wissen, dass Gott diese Entscheidung
billigt.
38
Antonie Plămădeală, Tradiţie şi libertate, S. 111.
39
Bartolomeu Anania, Biblia, Fußnote bei Röm 12, 6, S. 1634.
40
Lazar Puhalo, The Mystery of Gender and Human Sexuality, Synaxis Press, Dewdney, 1996, S. 97.
41
Ebenda, S. 98.
42
Paul Evdokimov, Les âges de la vie spirituelle, S. 137. Er sagt: „Le charisme du scarament opère la
transcendance du pur-soi vers la l’autre, afin de s’offrir ensemble, en un seul être, à Dieu”.
43
Lazar Puhalo, The Mystery of Gender, S. 98.
44
Bible Works, qe,lw de. pa,ntaj avnqrw,pouj ei=nai w`j kai. evmauto,n\ avlla. e[kastoj i;dion e;cei ca,risma evk
qeou/( o` me.n ou[twj( o` de. ou[twj I Cor 7, 7.
Der Beziehungscharakter im Geheimnis der Liebe46 gibt die charismatische
Perspektive der ehelichen Liebe wieder. Alle Merkmale des Ehesakraments: Einmaligkeit des
Sakraments, die dominierende Gabe/Charisma der Liebe und ihr ekklesiologischer Charakter
führen zum Glauben, dass die menschliche Liebe, die ihren Anfang in der Welt genommen
hat, in Gottes Reich projiziert wird47. Wenn im Blick behalten wird, dass die meisten
orthodoxen Theologen den Weg des heiligen Paulus und des heiligen Gregorius 48 einschlagen
und in der Liebe das höchste aller Charismen sehen, wird das Verständnis des Ehesakraments
als Gnadengabe deutlich.

2.1.7. Das Sakrament der Krankensalbung (Ölung)


Dieses Sakrament ist an sich keine Gnadengabe, aber oft werden die feststellbaren
Effekte nach ihrem Vollzug als Resultat eines Geistgeschenkes betrachtet. Dumitru Staniloaie
hat das Sakrament folgendermaßen definiert: „Im Sakrament der Ölung wird dem kranken
Gläubigen in unsichtbarer Weise Gnade mitgeteilt, und zwar zur Heilung oder Erleichterung
leiblicher Schmerzen, zur seelische Stärkung und zur Vergebung jener Sünden, die in der
Beichte nicht bekannt wurden und daher blieben. Diese Mitteilung geschieht durch Salbung
mit geweihtem Öl, die von Gebeten mehrerer Priester begleitet wird“49.
Ziel dieses Sakramentes ist also die Heilung des kranken Körpers und der Seele
dadurch, dass Salbung und Gebet gespendet werden. Jedoch kann die Heilung nicht immer
auch im körperlichen Sinn geschehen. Das Sakrament der Krankensalbung ist kein magisches
Ritual, infolge dessen der Betroffene geheilt wird, durch eine charismatische Erfahrung.
Deswegen beschränkt sich seine Wirkung nicht nur auf den Körper, sondern erstreckt sich
auch auf die Seele.
Der Text50, auf den dieses Sakrament zurückgeführt wird, stellt drei Aspekte heraus:
Gebet, Krankheit und Vergebung der Sünden. Die Verbindung zwischen diesen drei Begriffen
kann die charismatische Dimension dieses Sakraments erhellen. Das Gebet stellt die
angemessene Haltung dar, in der die Geistesgaben empfangen werden – aber nicht immer
empfängt der Beter die Gabe. Der Heilige Geist bleibt unverfügbar und frei in seinem Wirken.
Im alttestamentlichen Verständnis von Krankheit, das vom Christentum übernommen worden
ist und das im orthodoxen Glauben bis heute beibehalten wird, wird die Krankheit im
Zusammenhang mit der Sünde gesehen. Sünde bedeutet die Unterbrechung der natürlichen
Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf, so dass die Vergebung der Sünden unbedingt
notwendig wird, damit der Betroffene auf Genesung hoffen kann 51. Durch die Vergebung der
Sünden und durch Gebet entsteht ein Feld, in dem die Gabe des Heiligen Geistes empfangen
werden kann, aber Er bleibt frei in seiner Entscheidung (1. Kor 12, 11).

Schlussfolgerungen
Am Ende dieser kurzen Darstellung der Charismen stellt sich folgende Frage: Wie
„ausgehungert” muss ein bewusst orthodoxer Christ sein, dass exstatische Phänomene aus der
charismatischen Bewegung eine Anziehungskraft auf ihn ausüben können? Sicherlich wird
45
Kallistos Ware, Excerpts from the Orthodox Church, Marriage, in:
http://www.fatheralexander.org/booklets/english/history_timothy_ware_2.htm#n5; Zugang am 16.12.2006.
46
Siehe Paul Evdokimov, Le Mariage, Sacrament de l’ Amour, Ed. du Livre Franzais, Lyon, 1965.
47
John Meyendorff, in: http://www.questia.com/library/book/byzantine-theology-historical-trends-and-
doctrinal-themes-by-john-meyendorff.jsp, Sacramental Theology: The Cycle of Life, 4, S. 197-198; Zugang am
10.12.2006.
48
1. Kor 13; Sfântul Grigorie Palama, Despre rugăciune, 11, S. 236.
49
Dumitru Stăniloae, Orthodoxe Dogmatik III, S. 172
50
Jak 5, 14-15 „14 Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm
beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn; 15 Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken
helfen, und der Herr wird ihn aufrichten; und wenn er Sünden getan hat, wird ihm vergeben werden.“
51
Dictionary of Pentecostal and Charismatic Movements, The Gift of Healing, S. 350-352.
eine gewisse Neugierde mit im Spiel sein. Doch gleichzeitig kann er wissen, dass er selbst
Gaben des Heiligen Geistes zu empfangen fähig ist – wenn er sie nicht schon empfangen hat.
Er kann sein Leben in liturgisch-charismatisch-pneumatologischer Weise führen, sich über die
Anwesenheit des Geistes in seinem Leben freuen und ihm für den erfahrenen Segen danken.
In diesem Sinne ist die Abneigung Seraphim Roses gegenüber der charismatischen Bewegung
zu verstehen52, ähnlich auch die Beobachtung Andrew Walkers, dass die charismatische
Bewegung innerhalb des orthodoxen Christentums gerade deshalb nicht Wurzeln schlagen
konnte, weil sie ihm nicht eigen ist53.

52
Seraphim Rose, Charismatic Revival as a Sign of the Times, Attitude Toward “Spiritual” Experiences, in:
http://www.fatheralexander.org/booklets/english/charismatic_revival_s_rose_e.htm#n1; Zugang am 12.12.2006.
53
Andrew Walker, The Orthodox Church and the Charismatic Movement, S. 164.

Das könnte Ihnen auch gefallen