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Klaus Lüderssen

Schiller und die Jurisprudenz*

Schillers Dramen sind das Ergebnis einer Dialektik zwischen Idealismus und Realismus.
Man kann in Schillers Dramen deshalb auch über das Medium der narrativen Argumenta-
tion das Klima für einen Rechtsbegriff diagnostizieren, der soziologisch-positiv, komplex,
abgestuft, individualisierend, nicht immunisierend und ohne Phobien gegen Paradoxes ist.
Über die Ð durch (der Literatur und dem Recht gemeinsame) Narrativität und Rhetorik
bestimmte Ð juristische Topik wird der Weg zur juristischen Denkform der Natur der
Sache geebnet. Diese ist offen für Ð Sachverhalt und Wertung dialektisch verknüpfende Ð
Erfahrungen, die demokratischen Regeln genügende Anerkennung und damit rechtliche
Verbindlichkeit erlangen können. Diese Position hat in der Rechtstheorie immer noch
keinen rechten Platz und könnte deshalb durch die Literatur, nun eben Schiller, deutlicher
werden.

Schiller’s dramas are the result of dialectics between Idealism and Realism. One can there-
fore also diagnose the climate for a concept of law through the medium of the narrative
argumentation in Schiller’s dramas Ð a concept of law that is sociologically positive, com-
plex, graded, individualising, non-immunising and without fear of paradox. The juridical
›Topik‹, determined through narrativity and rhetoric common to both literature and law,
paves the way for the juridical thought form of the nature of the thing. This is open to
experiences that dialectically link content and valuation, which can achieve a recognition
that corresponds to democratic rules and thereby also achieve legal bindingness. This
position still has no proper place in the theory of law and could therefore be made clearer
through literature, e. g. through Schiller.

Die Untersuchung beginnt mit einigen das Thema illustrierenden Beispielen (1).
Dann ist einiges zum Begriff des Rechts und darüber zu sagen, weshalb hier nur
die Dramen Schillers behandelt werden (2). Die Einsichten, die sie in bezug auf
das Verhältnis von Recht und Literatur vermitteln, lassen sich am besten unter
dem Begriff »narrative Argumentation« zusammenfassen, und was damit gemeint
ist, wird anhand von Beispielen aus Maria Stuart, Wilhelm Tell und Kabale und
Liebe demonstriert (3). Speziell zur »Narrativität« folgen dann einige historische
und theoretische Bemerkungen (4). Weiter kommt es darauf an, die logischen
Probleme, die sich für die narrative Argumentation mit Bezug auf herkömmliche
juristische Methoden ergeben, zu fixieren. Wiederum wird hierfür ein Beispiel aus
Wilhelm Tell gewählt (5). Zum Begriff des Rechts gehört auch der seiner Geltung,
und wie sich die narrative Argumentation dazu verhält, muß dargelegt werden.

* Vortrag, gehalten am 4. April 2005 im Rahmen des Arbeitsgesprächs »Recht und Lite-
ratur um 1800«, veranstaltet von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, und am
3. Mai 2005 im Freien Deutschen Hochstift Frankfurt am Main; Vorabdruck im Jahr-
buch des Freien Deutschen Hochstifts, Jahrgang 2005, S. 169-198.
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Danach erscheint das Recht, soweit an seiner Produktion und Erklärung auch die
Literatur beteiligt sein kann, als »Kunst der Anerkennung«; Schillers Briefe zur
ästhetischen Erziehung des Menschen machen das anschaulich (6). Welche schwie-
rige Rolle in diesem Zusammenhang die »Freiheitsphilosophie« spielt, ist Thema
des nächsten Abschnitts (7). Daß Schiller nicht zuletzt für die moderne Diskus-
sion über die paradoxale Struktur des Rechts etwas beiträgt, zeigt sich im Wallen-
stein (8).

1. Einführende Passagen aus »Wallenstein« (mit einem Seitenblick auf


»Die Polizey«), »Die Räuber« und »Fiesko«.

Octavio Piccolomini zu Max:1


Fern sei vom Kaiser die Tyrannenweise!
Den Willen nicht, die Tat nur will er strafen. (V. 2520Ð2521)

Das ist ein großartiger Rechtssatz. Er genießt bei uns inzwischen Verfassungsrang
(Art. 103 II GG). Von der »Tat« und von nichts anderem spricht das Grundgesetz
dort, wo es das Prinzip nullum crimen sine lege formuliert. Dergleichen findet
man viel bei Schiller, schöne Sentenzen, die man dankbar registriert, auch wenn
einige darunter sind, die nicht geschützt sind vor philiströsem Hausgebrauch oder
Mißbrauch durch totalitäre Regime.2 Aber erwarten wir nicht mehr? Wie ist es
mit dieser Stelle aus den Piccolomini:3

Max:
Oh! Diese Staatskunst, wie verwünsch’ ich sie!
Ihr werdet ihn durch Eure Staatskunst noch
zu einem Schritte treiben Ð Ja, Ihr könntet ihn,
weil Ihr ihn schuldig w o l l t, noch schuldig m a c h e n. (V. 2632Ð2635)

Ist auch hier ein Rechtsproblem indiziert? Ich glaube schon.


Der Staat erscheint in diesem Ausbruch Max’s als Provokateur einer Straftat,
deren Begehung dann staatswichtige, rechtserhaltende Aktionen erlaubt, hier eine
Spekulation Ð in Schillers nachgelassenem Konzept des Stücks: Die Polizey Ð
brutale Realität: In dem Ende vergangenen Jahres im Deutschen Klassiker-Verlag
erschienenen Band (10) von Schiller, Dramatischer Nachlass, ist das Exposé dazu
jetzt gut greifbar, mit einer vorzüglichen Kommentierung.4 Rüdiger Safranski zi-
1
Friedrich Schiller: Wallensteins Tod. In: F. Sch.: Werke und Briefe in zwölf Bänden.
Hg. v. Otto Dann. Frankfurt/M.: Deutscher Klassiker-Verlag 1988Ð2004, Bd. 4, S. 146.
2
Siehe dazu Georg Steiner in Die Zeit vom 28. 4. 2005.
3
Friedrich Schiller (Anm. 1), S. 150.
4
Vgl. im übrigen Gordon A. Craig: Friedrich Schiller und die Polizei. In: G. A. C.: Die
Politik der Unpolitischen. Deutsche Schriftsteller und die Macht 1770Ð1871. Aus dem
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tiert es am Ende seines Buches als »die Umrisse eines Werkes von erstaunlicher
Modernität«.5 Auch in dem neuesten Buch von Norbert Oellers über Schiller
wird es kurz erwähnt,6 und selbstverständlich hat Peter-André Alt es im zweiten
Band seiner großen Schiller-Biographie auf mehreren Seiten scharfsinnig analy-
siert als ein »Soziogramm einer modernen Gesellschaft, die im Schatten des Miss-
trauens steht«. Damit ist gemeint »eine soziale Ordnung der permanenten Über-
wachung und wechselseitigen Bespitzelung, in der sich gleichwohl eine Serie von
bisher ungeklärten Kapitalverbrechen zutragen«.7 In der Kommentierung der
Klassiker-Ausgabe heißt es am Ende: »So werden im dramatischen Fragment, im
vertikalen und horizontalen Schnitt die Vorteile des Rechtsstaates ebenso deutlich
wie jene Stellen, an denen sich die etablierende nachrevolutionäre bürgerliche Ge-
sellschaft als eine Gesellschaft der Ungleichen zu erkennen gibt«. In der Polizey
ist also »neben dem Positiv auch immer das Negativ gegenwärtig: Neben der
Sicherheit des bürokratischen Rechtsstaats der potentielle Umschlag in den Poli-
zeistaat [. . .] neben der staatlich garantierten Gleichheit vor dem Gesetz der Zy-
nismus der Gleicheren«.8 Schiller selbst schreibt,9 die Polizey
muss oft geheimnisvolle Wege nehmen, [. . .] kann auch nicht immer die Formen beob-
achten [. . .] sie muß oft das Ueble zulassen, ja begünstigen und zuweilen ausüben, um
das Guthe zu tun, um das größere Uebel zu entfernen [. . .] sie ist oft genöthigt,
schlimme Werkzeuge zu gebrauchen, schlimme Mittel anzuwenden [. . .] die Verbrechen
ihrer eigenen Offizianten haben eine gewisse Straflosigkeit.

Und noch einmal der Kommentar: »Im Handlungszentrum der Polizey-Tragödie


steht nicht die Aufklärung des Verbrechens [. . .] sondern stehen diejenigen, die
die Institutionen staatlicher Ordnung verkörpern; der ›Fall‹ ist bloß peripher«.10
Diese wenigen Kostproben setzen eine solche Masse von aktualisierenden As-
soziationen in Gang, daß kriminologisch, strafrechtlich und staatsrechtlich-krimi-
nalpolitisch dazu ausführlicher demnächst etwas gesagt werden sollte. Soviel ich
sehe, ist das bisher nirgends geschehen.
Was Schiller da vorgehabt hat, ist wie ein vorweggenommener Balzac Ð nicht
nur in bezug auf die Parallelen zwischen dem Polizeyleutnant D’Argassan, den
Schiller in den Mittelpunkt seines Stückes rücken wollte (und dem Pariser Polizei-

Englischen von Karl Heinz Siber. München: Deutscher Taschenbuch-Verlag 1996,


S. 59ff., mit weiteren Nachweisen.
5
Rüdiger Safranski: Schiller oder die Erfindung des deutschen Idealismus. München/
Wien: Hanser 2004, S. 216.
6
Norbert Oellers: Schiller. Elend der Geschichte, Glanz der Kunst. Stuttgart: Reclam
2005, S. 314.
7
Peter-André Alt: Schiller. Leben Ð Werk Ð Wirkung. Bd. 2. München: Beck 2000,
S. 469.
8
Friedrich Schiller (Anm.1), Bd. 10, S. 731.
9
Ebd., S. 89 und 91.
10
Ebd., S. 726f.
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chef Bibi-Lupin aus Glanz und Elend der Kurtisanen), sondern auch wegen des
Milieus, das Schiller bei dieser Gelegenheit vorführen will:11
So wird ganz Paris durchwühlt, und alle Arten von Existenz von Verderbniß etc. wer-
den bei dieser Gelegenheit nach und nach an das Licht gezogen.

Vor allem die moderne Kriminalsoziologie, die sich gerade in den letzten Jahren
mit Stadtentwicklungen beschäftigt hat, wäre zu diesem Stoff in Beziehung zu
setzen. Aber natürlich auch die uns immer noch interessierende Stasi-Realität in
der DDR und leider das nicht leicht zu nehmende V-Leute-System in den demo-
kratischen Gesellschaften12 (durchaus auch mit agents provocateurs, gesteigert
durch die politischen Erwartungen bei der Bekämpfung des neuesten Terrorismus).
Zurück zu den Piccolomini: Staatskunst heißt es, Recht als Emanation der
Kunst also Ð ein Zufall ist es nicht, daß das Wort Kunst hier auftaucht, selbst
wenn man einige Abstriche macht mit Blick auf eine flotte Rhetorik. Systemati-
sches oder gar bürokratisches Vorgehen allein führt nicht zum Ziel, etwas Unwäg-
bares, vielleicht sogar Instinktives muß hinzu kommen. Ius est ars boni et aequi Ð
Recht ist die Kunst des Billigen und Gerechten Ð haben deshalb auch die Römer
schon über die Jurisprudenz gesagt.13 Und als Form feiert Cicero die Rhetorik,
an die wiederum moderne Rechts- und Literaturwissenschaftler Ð zunächst noch
aus Amerika Ð anknüpfen, um die Nähe von Jurisprudenz und Literatur zu de-
monstrieren.
Die äußerste Grenze, an die das Rechtsdenken geführt wird, worüber sich die
Rechtswissenschaft mit begrifflicher Genauigkeit erst seit kurzem Rechenschaft
gibt, wird also von Schiller mit dieser kurzen, scharfen Passage in den Piccolomini
leicht faßlich vorgeführt Ð und nicht zu vergessen, bitte, was von dem Konzept
der »Polizey« noch hätte erwartet werden dürfen.
Aber auch nach der entgegengesetzten, juristisch ebenso problematischen Seite
hin, die man vielleicht als Vorfeld oder Experimentierfeld des Rechts bezeichnen
könnte, liefert uns Schiller Handfestes: In den Räubern macht er den Versuch,
»gegen die Schrecken der Herrschaft die Schrecken der Herrschaftsbekämpfung
zu setzen«, so formuliert das Norbert Oellers.14 Doch zunächst liefert Schiller
eine Erklärung, die den Ausgangspunkt abgeben könnte für die Entwicklung von
Modellen möglicher Legitimationen oder wenigstens Exkulpationen für revolu-
tionäre Proteste:15

11
Ebd., S. 92.
12
Klaus Lüderssen: Verdeckte Ermittler. In: Klaus-Wilhelm Canaris u. a. (Hg.): 50 Jahre
Bundesgerichtshof. Festgabe aus der Wissenschaft. Bd. 5. München: Beck 2000,
S. 883ff.
13
Digesten 1,1,2 pr., Ulpian unter Berufung auf Celsus, Herbert Hausmanninger: Pu-
blius Juventus Celsus. In: Hildegard Temporini (Hg.): Aufstieg und Niedergang der
römischen Welt Ð Geschichte und Kultur Roms im Spiegel der neueren Forschung.
Bd. 2/15. Berlin/New York: de Gruyter 1976, S. 399ff.
14
Norbert Oellers (Anm. 6), S. 132.
15
Friedrich Schiller (Anm. 1), Bd. 2, S. 98.
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Karl Moor:
Meine Unschuld! Meine Unschuld! Ð Seht!
Es ist alles hinausgegangen, sich im friedlichen
Strahl des Frühlings zu sonnen Ð Warum ich
Allein die Hölle saugen aus den Freuden des
Himmels? Ð Daß alles so glücklich ist,
Durch den Geist des Friedens, alles so
Verschwistert! Ð Die ganze Welt e i ne Familie!
Und ein Vater dort oben Ð m e in Vater nicht Ð
Ich a l le i n der Verstoßene, ich allein ausgemustert
Aus den Reihen der Reinen Ð mir nicht der süße
Name ›Kind‹ Ð nimmer mir der Geliebten
Schmachtender Blick Ð nimmer, nimmer des
Busenfreundes Umarmung Ð umlagert von Mördern,
Von Nattern umzischt, angeschmiedet an das Laster
Mit eisernen Banden Ð hinausschwindelnd ins Grab
Des Verderbens, auf des Lasters schwankendem
Rohr Ð mitten in den Blumen der glücklichen Welt
Ein heulender Abbadona!

Nach Schufterles zynischem Bekenntnis16


Ein Kind wars noch, frisch und gesund [. . .]
Armes Tierchen! sagt ich, Du verfrierst ja hier,
und warfs in die Flamme.

hatte Karl Moor ja sogar versucht, aus der Bande zu verschwinden,17

Karl Moor:
Höre sie nicht, Rächer im Himmel! Ð Was kann ich dafür? Was kannst du dafür, wenn
deine Pestilenz, deine Teuerung, deine Wasserfluten, den Gerechten mit dem Bösewicht
auffressen? Wer kann der Flamme befehlen, daß sie nicht auch durch die gesegneten
Saaten wüte, wenn sie das Genist der Hornissel zerstören soll? Ð O pfui, über den
Kinder-Mord! den Weiber-Mord Ð den Kranken-Mord! Wie beugt mich diese Tat! Sie
hat meine schönsten Werke vergiftet Ð da steht der Knabe, schamrot und ausgehöhnt
vor dem Auge des Himmels, der sich anmaßte mit Jupiters Keule zu spielen, und Pyg-
mäen niederwarf, da er Titanen zerschmettern sollte Ð geh, geh! du bist der Mann nicht,
das Rachschwert der obern Tribunale zu regieren, du erlagst bei dem ersten Griff Ð hier
entsag ich dem frechen Plan, gehe, mich in irgend eine Kluft der Erde zu verkriechen,
wo der Tag vor meiner Schande zurücktritt. Er will fliehen [. . .]

wird aber von einem Räuber überrascht.


Wäre das gelungen, so hätte er trotz bereits begangener schwerer Taten wohl
nicht daran gedacht, sich der Justiz zu stellen, sondern den »Rücktritt« (der straf-

16
Ebd., S. 227.
17
Ebd., S. 228.
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rechtstechnisch natürlich bedeutungslos gewesen wäre) für ausreichend gehal-


ten Ð und die Welt mit ihm, damals und heute. Die metaphysische Unausweich-
lichkeit der Strafe wäre, hätte Schiller das Stück so enden lassen, auch seinerzeit
wohl schon fragwürdig geworden. Aber am Ende sieht es dann freilich so aus:18

Karl Moor:
Oh über mich Narren, der ich wähnete,
Die Welt durch Greuel zu verschönern,
Und die Gesetze durch Gesetzlosigkeit
Aufrecht zu erhalten.
Ich nannte es Rache und Recht,
Ich maßte mich an, oh Vorsicht,
Die Scharten Deines Schwertes auszuwetzen
Und Deine Parteilichkeiten gutzumachen,
Aber Ð oh eitle Kinderei Ð
Da steh’ ich am Rande eines entsetzlichen Lebens
Und erfahre nun mit Zähnklappern und Heulen
Daß zwei Menschen wie ich den ganzen Bau
Der sittlichen Welt zu Grund richten würden.

Hier wird eine Entwicklung literarisch anschaulich, an deren farbigen Abglanz


wir zu allen Zeiten, auch jetzt und hier das Leben haben, wenn man etwa an die
dem späteren Terrorismus vorausgehenden Aktionen von Gewalt gegen Sachen
in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts denkt, die von der Idee
getragen waren, Herrschaft als strukturelle Gewalt zu definieren und sie dement-
sprechend bekämpfen zu dürfen. Aber die sich langsam bildende, von vielen,
mühsam zu fixierenden Einflüssen gesteuerte Motivation des seine Strafverfol-
gung erwartenden Revolutionärs hatte damals und hat auch heute noch keinen
Platz in unserem justiziellen und wissenschaftlichen Deliktssystem.
Die Schwierigkeit, die Rechtsform für die Gewalt zu finden, die in revolutionä-
ren Prozessen bewirkt, daß an die Stelle von Unrecht Recht treten möge, spitzt
sich dann zu im Fiesko. Das demokratisch-republikanische Denken der im Wider-
stand sich organisierenden rechtlich gesinnten Bürger lähmt sie Ð sie brauchen
den bedenkenlosen Fiesko Ð andererseits ist dessen isolierte Aktion auf die Dauer
ebenfalls zum Scheitern verurteilt.

Im Dialog der Verschwörer bereitet sich dieses Ergebnis wie folgt vor:19
Kalgagno:
Wir führen es aus wie S o ld a t e n oder wie M e u t er. J e ne s ist g e fä h r l ic h , weil es
uns zwingt, viele Mitglieder zu haben, g e wa g t , weil die Herzen der Nation noch nicht
ganz gewonnen sind Ð d i es e m sind fünf gute Dolche gewachsen.

18
Ebd., S. 159Ð160.
19
Friedrich Schiller (Anm. 1), Bd. 2, S. 389ff.
Schiller und die Jurisprudenz 183

Sacco konkretisiert den Vorschlag:


Fiesco lässt Oheim und Neffen zu einem Gastmahl laden, wo sie dann, zwischen den
ganzen Groll der Republik gepreßt, die Wahl haben, den Tod entweder an unseren
Dolchen zu essen, oder in gutem Zyprier Bescheid zu tun. Wenigstens bequem ist diese
Methode.

Verrina hält dagegen:


Ein offenes Herz zeigt eine offene Stirn. Meuchelmord bringt uns in jedes Banditen
Brüderschaft. Das Schwert in der Hand deutet den Helden. Meine Meinung ist, wir
geben laut das Signal des Aufruhrs, rufen Genuas Patrioten stürmend zur Rache auf.

Fiesko nun stimmt Verrina zu, schlägt dann aber doch vor:
Beide Doria werden in ihren Palästen überfallen,
ermordet.

Im übrigen fordert Fiesko uneingeschränkte Subordination.


Wenn ich nicht diese Köpfe drehen kann wie ich eben will Ð versteht mich ganz Ð
wenn ich nicht der Souverain der Verschwörung bin, so hat sie auch ein Mitglied verlo-
ren.

Wie das gemeint ist, versteht keiner besser als Verrina:


Ein freies Leben ist ein paar knechtischer Stunden wert Ð wir gehorchen.

Längst hat er ja antizipiert, was zu erwarten ist, wenn Fiesko an die Spitze des
Stadtstaates tritt:20
Den Tyrannen wird Fiesko stürzen, das ist gewiß!
Fiesko wird Genuas gefährlichster Tyrann werden,
das ist gewisser!

Dass keine gewalttätige Revolution machen darf, wer im Recht bleiben will,
könnte also in der Tat für die Juristen der intellektuelle Ertrag des Stückes sein.

2. Das Recht Ð der literarische Stoff: Konzentration auf die Dramen

Zwischen diesen äußersten Enden der Amplitude des Rechts kann man sich na-
türlich nur sicher bewegen, wenn dessen Begriff überhaupt nach beiden Seiten so
weit reicht.

20
Ebd., S. 380.
184 Klaus Lüderssen

Ich bin dieser Meinung, aber man muß als Jurist in der Welt der Nichtjuristen
dafür ein wenig werben.
Sie scheinen sich alle weitgehend darin einig zu sein, daß Recht entweder etwas
Ideales, großartig Erhabenes sei, das ebenso unantastbar wie eindeutig sei, an das
man sich anlehnen dürfe und müsse, oder aber das, was klipp und klar, also wieder
eindeutig und präzis in den Gesetzen steht, denen man unbedingt gehorchen
muss, und im übrigen sich im wesentlichen auf die Prosa des Rechtsalltags, wie
Mietverträge und Diebstahl, Ehescheidung und Verkehrsunfälle, beschränkt.
Der Anspruch des Rechts, auch für ambivalente Fragen des gesellschaftlichen
Lebens zuständig zu sein, wird nicht gesehen, und Geltungsunsicherheiten, Gene-
ralklauseln, die man so oder so auslegen kann, umstrittene Prinzipien Ð z. B.
ist die Menschenwürde etwas Absolutes, oder kann sie in Abwägungsprozesse
einbezogen werden Ð verwirren oder ängstigen sogar. Für die Juristen indessen
sind sie das tägliche Brot Ð nicht zuletzt für die Gesetzgebung, eine eminent
juristische Institution, die sich nicht auf die Form zurückziehen kann, sondern
materielle Wertungen vornehmen muß Ð, und weil das so ist, findet gerade sie in
der insoweit nicht wählerischen, eben keine Grenzen kennenden Literatur dem-
entsprechend vieles und vielseitiges.
Aber was geht eigentlich vor sich, wenn wir auf diese Weise das Recht in der
Literatur entdecken? Die abstrahierten Weisheiten sind nicht das, was wir suchen.
Damit kämen wir sogar in die Nähe jener Ausbeutung der Literatur, gegen die
sich methodenbewußte Literaturwissenschaftler mit guten Gründen wehren. Viel-
mehr interessiert das, was in den Erzählungen und Dialogen (vor allem) steckt
und sich voranbewegt, mit dem Stoff und von ihm untrennbar produziert wird,
wobei ich um Verständnis dafür bitte, daß ich dann noch einmal etwas beiseite
lasse, nämlich die Gedichte und Erzählungen.21 Es bleiben also im wesentlichen
die Dramen.

3. Die Quintessenz: Narrative Argumentationen Ð Beispiele aus »Maria Stuart«,


»Wilhelm Tell« und »Kabale und Liebe«

Was wir da nun finden, nenne ich narrative rechtliche Argumentation.


Das möchte ich zunächst anhand des Dialogs plausibel machen, der sich im
Anschluß an die Mitteilung des Todesurteils zwischen Maria Stuart und Burleigh
und später Paulet entspinnt.22

21
Zu dieser Entscheidung genauer Klaus Lüderssen: Daß nicht der Nutzen des Staats
Euch als Gerechtigkeit erscheine. Schiller und das Recht. Frankfurt/M.: Insel 2005,
S. 7. Diese Ausklammerungen sind allerdings auf Kritik gestoßen (Alexander Koše-
nina, FAZ vom 16. 7. 2005, und Borchmeyer, SZ vom 22. April 2005).
22
Friedrich Schiller (Anm. 1), Bd. 5, S. 33ff.
Schiller und die Jurisprudenz 185

Maria beginnt mit einem Einwand gegen die Zuständigkeit des Gerichts:
Verordnet ist im englischen Gesetz,
Daß jeder Angeklagte durch Geschworne von seines Gleichen soll gerichtet werden.
Wer in der Kommitee ist meines Gleichen?
Nur Könige sind meine Peers. (V. 702Ð706)

Burleigh macht dagegen eine Art Territorialprinzip geltend. Auf die Anerkennung
der Richter durch Maria komme es nicht an. Entscheidend sei vielmehr:
Ihr atmet Englands Luft, genießt den Schutz,
die Wohltat des Gesetzes, und so seid ihr
Auch seiner Herrschaft untertan. (V. 719Ð727)

Dem hält Maria entgegen:


Ich bin nicht dieses Reiches Bürgerin,
bin eine freie Königin des Auslands. (V. 726Ð727)

Burleigh beruft sich nun auf das Weltrechtprinzip:


Wie stünd’ es um die Sicherheit der Staaten,
wenn das gerechte Schwert der Themis nicht
die schuld’ge Stirn des königlichen Gastes
erreichen könnte, wie des Bettlers Haupt? (V. 731Ð734)

Und für die persönliche Reputation der Richter beruft sich Burleigh darauf, daß
sie unter den ersten Namen ausgewählt worden seien:
Sagt! Konnte die Beherrscherin von England
mehr tun, als aus der ganzen Monarchie
die Edelsten auslesen und zu Richtern
in diesem königlichen Streit bestellen? (V. 754Ð757)

Maria hingegen will diesen Nachweis formeller Kompetenz nicht gelten lassen,
weil es an der charakterlichen fehle:
Ich sehe dieses edle Oberhaus,
gleich feil mit den erkäuflichen Gemeinen
Gesetze prägen und verrufen [. . .]
Ich sehe diese würd’gen Peers mit schnell
vertauschter Überzeugung unter vier
Regierungen den Glauben viermal ändern Ð (V. 777Ð786)

Und dann spricht sie die klassischen Worte:


Mißtraut euch, edler Lord, daß nicht der Nutzen
des Staats euch als Gerechtigkeit erscheine. (V. 797Ð798)
186 Klaus Lüderssen

Burleigh wendet sich jetzt den materiellen Grundlagen des Verfahrens zu und
beruft sich darauf, daß Maria ein bestimmtes Gesetz verletzt habe.
Die Antwort Marias:
Ich zweifle nicht, daß ein Gesetz, ausdrücklich
auf mich gemacht, verfaßt, mich zu verderben,
sich gegen mich wird brauchen lassen [. . .]

In der Tat Ð ein (verfassungswidriges) Maßnahmegesetz, wie wir heute sagen,


und dann folgt ein zweites klassisches Argument:
Wehe
dem armen Opfer, wenn derselbe Mund,
der das Gesetz gab, auch das Urteil spricht. (V. 856Ð860)

Das ist Montesquieu Ð 200 Jahre später zwar, und überhaupt ist längst klar, daß
diese Diskussion aus seinem Zeitalter, nicht dem elisabethanischen stammt, und
damit den Anschluß an die Gegenwart erreicht, wenn man eine Einheit der Mo-
derne annimmt, die ungefähr im letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts beginnt.
Dem entspricht die darauffolgende Auseinandersetzung über die Beweisauf-
nahme. Maria rügt, daß ihr die Zeugen nicht gegenübergestellt werden, deren
Aussagen vielmehr durch Protokolle in die Verhandlung eingeführt worden
sind.23
Ihr Kerkermeister Paulet unterstützt sie, indem er bestätigt, daß eine solche
Gegenüberstellung gesetzlich vorgeschrieben sei.
Burleigh weicht aus, gibt aber in dem anschließenden Gespräch, das er mit
Paulet allein führt, die Gründe an.24
Nein, Ritter Paulet! Das war nicht zu wagen
zu groß ist ihre Macht auf die Gemüter [. . .]
ihr Schreiber Kurl, ständ’ er ihr gegenüber
käm es dazu, das Wort nun auszusprechen,
an dem ihr Leben hängt Ð er würde zaghaft
zurückziehn, sein Geständnis widerrufen Ð (V. 990Ð996)

In diesen Passagen aus Maria Stuart wird also, hoffe ich, wohl doch deutlich, wie
Sachverhalt und Wertung im literarisch-juristischen Diskurs ineinander versch-
lungen sind und welche Tendenz sich dann im Übergang zur narrativen Argu-
mentation jeweils durchsetzt.
Ein weiteres Beispiel bezieht sich auf das nach der Tradition der Juristen in
fast jeder Teilrechtsordnung präsente Prinzip der Verhältnismäßigkeit zwischen
angestrebtem Zweck und eingesetztem Mittel.

23
Ebd., S. 38ff.
24
Ebd., S. 41.
Schiller und die Jurisprudenz 187

Davon geben Ð in Wilhelm Tell Ð die Beratungen auf dem Rütli beredt Zeug-
nis.25

Reding:
Sind alle sanften Mittel auch versucht?
Vielleicht weiß es der König nicht, es ist
wohl gar sein Wille nicht, was wir erdulden.
Auch dieses letzte sollten wir versuchen,
erst unsere Klage bringen vor sein Ohr,
eh wir zum Schwerte greifen. Schrecklich immer
auch in gerechter Sache ist Gewalt. (V. 1315Ð1321)

Walter Fürst:
Was sein muß, das geschehe, doch nicht drüber.
Die Vögte wollen wir mit ihren Knechten
Verjagen, und die festen Schlösser brechen,
Doch wenn es sein mag, ohne Blut. Es sehe
der Kaiser, daß wir notgedrungen nur
Der Ehrfurcht fromme Pflichten abgeworfen,
Und sieht er uns in unsern Schranken bleiben,
Vielleicht besiegt er staatsklug seinen Zorn,
Denn billige Furcht erwecket sich ein Volk,
Das mit dem Schwerte in der Faust sich mäßigt. (V. 1366Ð1375)

Stauffacher:
Erduldets! Laßt die Rechnung der Tyrannen
Anwachsen, bis Ein Tag die allgemeine
Und die besondre Schuld auf einmal zahlt.
Bezähme jeder die gerechte Wut,
Und spare für das Ganze seine Rache,
Denn Raub begeht am allgemeinen Gut,
Wer selbst sich hilft in seiner eignen Sache. (V. 1459Ð1465)

Ist das nicht viel überzeugender als die abstrakte juristische Zweck-Mittel-Rela-
tion?
Und schließlich: Wenn sich jemand guten Gewissens vorstellt, kein Unrecht zu
tun, so wird das von der Strafrechtssprechung und -doktrin keineswegs ohne
weiteres akzeptiert. Daß ein Moment von Objektivität bei jeder Beurteilung eines
subjektiven Zustandes eine Rolle spielt, kann eben nicht geleugnet werden, ist
gerade auch im Strafrecht scharfsinnig ermittelt worden.26 Die Gesellschaft hütet

25
Ebd., S. 433ff.
26
Dazu jetzt Klaus Günther: Schuld und kommunikative Freiheit. Frankfurt/M.: Klo-
stermann 2005, S. 88ff.
188 Klaus Lüderssen

sich, ganz extreme subjektive Wertvorstellungen einfach gelten zu lassen. Wenn


aber Ð in Kabale und Liebe Ð Ferdinand in einem größeren Monolog sich von
dem Gefühl frei redet, mit der Vergiftung Luises ihrem Vater das Liebste zu neh-
men, nachdem er sich das ganz intensiv und herzerschütternd vorgestellt hat,27
könnte man schwankend werden.

Ferdinand (allein):
Das einzige Kind! Ð Fühlst du das, Mörder? Das einzige! Mörder! hörst du, das ein-
zige? Ð Und der Mann hat auf der großen Welt Gottes nichts als sein Instrument und
das einzige Ð Du willst’s ihm rauben?
Rauben? Ð Rauben den letzten Notpfenning einem Bettler? Die Krücke zerbrochen
vor die Füße werfen dem Lahmen? Wie? Hab’ ich auch Brust für das? Ð Und wenn er
nun heimeilt und nicht erwarten kann, die ganze Summe seiner Freuden vom Gesicht
dieser Tochter herunter zu zählen, und hereintritt und sie daliegt, die Blume Ð welk Ð
tot Ð zertreten, mutwillig, die letzte, einzige, unüberschwängliche Hoffnung Ð Ha,
und er da steht vor ihr, und da steht und ihm die ganze Natur den lebendigen Odem
anhält, und sein erstarrter Blick die entvölkerte Unendlichkeit fruchtlos durchwandert,
Gott sucht und Gott nicht mehr finden kann und leerer zurück kommt Ð Gott! Gott!

Dann aber die Überlegung, mit der er sein Gewissen wiederherstellt:


[. . .] doch wie, was verliert er denn? Das Mädchen, dem die heiligsten Gefühle der
Liebe nur Puppen waren, wird es den Vater glücklich machen können? Ð es wird nicht!
Es wird nicht, und ich verdiene noch Dank, daß ich die Natter zertrete, ehe sie auch
noch den Vater verwundet.

Ð ist das wirklich nichts Anderes als selbstbetäubende Rhetorik oder Neutralisa-
tion, wie die Kriminologen sagen?

4. Narrativität Ð Historisches und Theoretisches

In frühen Gesellschaften ist das Recht ohnehin erst einmal identisch mit einfa-
chen, von der Rhetorik lebenden Geschichten. Abstraktion, Selektion, Generali-
sierung und Systematisierung lösen diese Rechtsform später in dem Maße ab, wie
die Gesellschaften mehr oder weniger homogene Strukturen bekommen.28 Das
geht eine Weile so, im Rahmen der allmählichen nationalstaatlichen (und auch die

27
Friedrich Schiller (Anm. 1), Bd. 2, S. 771ff.
28
Man kann das an der Editionsgeschichte des Pitaval studieren. »Die Rechtsgeschichten
Pitavals erzählten Recht. Diese Erzählweise, die das ganze Recht betraf, [. . .] irritierte
die Juristen«. Die Folge war, daß in den späteren Ausgaben »all die juristischen, den
originalen Plädoyers entnommenen Bemerkungen verschwanden. Es blieb die Erzäh-
lung« (Rainer Maria Kiesow: Das Alphabet des Rechts. Frankfurt/M.: Fischer 2004,
S. 198f.).
Schiller und die Jurisprudenz 189

politische Lebensform vereinheitlichenden) Entwicklungen, mit der Folge aller-


dings, daß diese rechtlichen Ordnungen an die Grenzen souveräner Staaten ge-
bunden bleiben (und der rechtliche Verkehr zwischen den Staaten nur allmählich
eine Art Abglanz davon hervorbringt). Die moderne, zusammenwachsende Welt
beginnt, die Schranken der Souveränität zu beseitigen, dies aber um den Preis
einer zunehmenden Heterogenität sowohl durch Ausdifferenzierungen im Inne-
ren wie durch Emigrations- und Immigrationsbewegungen. Diesen Verhältnissen
entspricht nun die Wahrnehmung, daß komplexe Geschichten die Bedürfnisunter-
schiede, die Interessenkonflikte und die normativen Antworten darauf vielleicht
besser erfassen als die abstrakten vacua der zuvor entwickelten rechtlichen Be-
griffe. Die rhetorischen Traditionen der Jurisprudenz haben davon immer gewußt.
Der Fortschritt der komplexeren Geschichten liegt einmal in der Vervielfälti-
gung der Prämissen. Das alte Diktum, Jurisprudenz sei Prämissensuche,29 kommt
zu neuen Ehren mit neuem Material. Der Rekurs auf das Narrative korrigiert
die im Laufe der Jahrhunderte eingetretenen Verkürzungen der Sachverhalte und
Entscheidungskriterien, gewinnt also Konkretheit und Individualisierung zu-
rück Ð die Gerechtigkeit liegt im einzelnen, und die narrative Argumentation
bringt das an den Tag Ð, muß sich aber mit dem Einwand auseinandersetzen, daß
die Rechtssicherheit leidet, weil Vorausberechnungen schwieriger werden, Un-
gleichheiten dort auftreten, wo die durch Abstraktion gewaltsam hergestellte
Gleichheit für Einheitlichkeit und Übersichtlichkeit des Entscheidungsbetriebs
gesorgt haben.
Aber die Prämissenvielfalt ist nicht alles. Vielmehr könnte es sein, daß die Re-
Etablierung des Narrativen auch Interpretationsmöglichkeiten freisetzt, die der
abstrakt-begrifflichen Argumentationstheorie der Juristen bei aller Reflektiertheit
des Umgangs mit der Sprache verborgen geblieben oder verlorengegangen sind.
Die juristische Hermeneutik, die sich im Anschluss an die Begriffsjurisprudenz
entwickelt hat, ist trotz der sie ablösenden Interessenjurisprudenz und weiteren,
terminologisch nicht leicht fixierbaren Auflockerungen des Arbeitens mit Begrif-
fen möglicherweise auf einer Stufe stehen geblieben, welche die literarische Her-
meneutik längst hinter sich gelassen, vielleicht sogar übersprungen hat, ohne daß
den Juristen, die sich auf gewisse Weise an die literarische Hermeneutik hier ange-
lehnt haben, das bewußt geworden ist. Wenn das richtig ist, dann ist mit der Ð
mehr oder weniger vorsichtigen Ð Wiederbelebung narrativer Strukturen auch für
die traditionelle Hermeneutik etwas gewonnen.
Mit Nachdruck ist nun zu registrieren, daß Schiller hier schon einen Weg ge-
wiesen hat. Es ist sein raffinierter, psychologischer Realismus der Figuren und
ihrer Kommunikation (Jakob Burkhardt hat sogar gemeint: »Es sind Farben, mit
denen Shakespeare nie gemalt, feine Übergänge und Halbtöne, die er nie ge-

29
Karl Engisch: Sinn und Tragweite juristischer Systematik. In: Studium generale 10
(1957), Heft 3, S. 173Ð190, hier S. 176.
190 Klaus Lüderssen

braucht hat«),30 der ihn für die narrative Argumentation förmlich prädestiniert,
und übrigens gleichermaßen schützt vor Idealisierungen im Stil der weit ins ver-
gangene Jahrhundert reichenden Huldigungsphilologie etwa Emil Staigers, wie
vor jenen wohlfeilen Ridikülisierungen, die wir etwa von Max Frisch, Martin
Walser und Heiner Müller kennen.31
Die Unverbindlichkeit, mit der diese narrative Argumentation in der Literatur
auftritt, deutet natürlich auf eine Grenze des Vergleichs mit genuin rechtlicher
Argumentation. Diese beansprucht Geltung, will im sozialen Leben etwas bewir-
ken; Literatur vielleicht auch, aber doch ganz anders, eigentlich lenkt die Schrift-
steller eher ein ästhetischer Geltungsehrgeiz. Da ist der auf Gehorsam zielende
Geltungsanspruch theologischer Texte dem Recht schon näher. Allerdings sind
deren Quellen nicht von dieser Welt, und deshalb bewegt sich die theologische
Hermeneutik dann eben doch nicht auf derselben Ebene. Das Wort ist gefallen:
Es geht um die Parallelen und Differenzen zwischen juristischer und literarischer
Hermeneutik. Die juristische Hermeneutik ist applikativ und daher extern gesteu-
ert. Aber auch die Literaturwissenschaft kann nicht einfach auf Immanenz po-
chen. Zwar tritt sie oft mit dem Anspruch auf, es genüge vollkommen, die Texte
zu befragen. Man hört das und ist erstaunt bei einem Fach, das sich so mit Herme-
neutik quält, denn was in der literaturwissenschaftlichen Interpretation geschieht,
gleicht strukturell erstaunlich häufig durchaus der juristischen, etwa wenn die
verborgene »Philosophie der Dichter«32 gesucht wird. Das setzt Vorverständnisse
voraus, deren Mobilisierung im Umgang mit den Texten dann abstrakte »Wahr-
heiten« zeitigt, die dem, was ein Jurist auf dem Hintergrund seiner Erkenntnisin-
teressen einem Text abringt, an Externalität in nichts nachstehen, und dennoch
mit dem Anspruch auftreten, lediglich die Implikationen des Textes zu bieten.
Weil das nach den tradierten handwerklichen Regeln der Philologie vor sich geht,
machen sich die Interpreten nicht bewußt, daß unzählige Prämissen von der Seite
hereinkommen.
Verhältnismäßig leicht kann man auch das Problem des Fiktiven relativieren;
in Wahrheit steckt hinter jedem literarischen Text ein enormes Erkenntnisinte-
resse, wenn auch höchst subjektiver Art und auf der Basis einer ganz spezifischen
Begabung, die Welt zu beobachten und zu erfühlen.
Wer gleichwohl, wie viele Schriftsteller das tun, auf der Erfindung besteht, kann
dann natürlich die Frage nach dem Recht in der Literatur in die Frage nach einer
poetischen Gerechtigkeit verwandeln. In seinem Text über die Schaubühne hat

30
Jacob Burckhardt, Schillers Wallenstein. In: J. Ch. B.: Werke. Kritische Gesamtaus-
gabe. Hg. v. der Jacob Burckhardt-Stiftung, Basel. München: Beck/Basel: Schwabe,
Bd. 13: Vorträge 1870Ð1892. Aus dem Nachlaß hg. v. Maurizio Ghelardi, 2003,
S. 109ff., hier S. 118.
31
Nachweise bei Klaus Lüderssen: Daß nicht der Nutzen [. . .] (Anm. 21), S. 203; siehe
ferner Wolfgang Schneider, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. 5. 2005).
32
Vgl. Käte Hamburger: Philosophie der Dichter. Novalis, Schiller, Rilke. Hg. v. Fritz
Martini und Helmut Kreuzer. Stuttgart u. a.: Kohlhammer 1966.
Schiller und die Jurisprudenz 191

Schiller so etwas gemacht: »Die Gerichtsbarkeit der Bühne fängt an, wo das Ge-
biet der weltlichen Gesetze sich endigt«,33 und deshalb sagen Literaturhistoriker
gelegentlich, dies sei eigentlich der wichtigste Text, wenn man bei Schiller nach
dem Recht frage. Ich meine das nicht, glaube vielmehr, daß Schillers dramatisierte
Imaginationen auf eine Ð geheimnisvoll, durch die Form Ð gesteigerte Realität
deuten.
Ebenfalls kein Problem mehr schließlich dürfte die Entgegensetzung von Her-
meneutik und Dekonstruktion sein. Den latenten Bedeutungsüberschuß, den die
Dekonstruktivisten Ð sich dabei vorwiegend auf Kritik beschränkend Ð verfolgen
und in der klassischen Hermeneutik ausgeblendet sehen, haben die Juristen, je
nachdem, wie weit sie methodologisch fortgeschritten sind, inzwischen auch im
Visier. In Amerika gibt es das Law as Literature Movement, das für beide Diszi-
plinen Hermeneutics, Narratives, Rhethorics und deconstructivism in einem Atem
nennt.34
Das hängt damit zusammen, daß die amerikanischen Juristen wegen des Fall-
rechts keine so ausgetüftelte Hermeneutik-Tradition haben wie die Juristen hier,
dann aber in einem relativ späten, europäisierenden Intellektualismus die Herme-
neutik der Literaturwissenschaft auf ihr Gebiet übertragen haben, mit vielen Wi-
derständen Ð vor allem aus der Perspektive von Law and Economics Ð, aber
insgesamt doch mit einem Ergebnis, das die an der klassischen Tradition ihrer
Hermeneutik geschulten europäischen Juristen aufhorchen lassen sollte.

5. Logische Probleme Ð juristischer Syllogismus und narrative Argumentation Ð


demonstriert mit einem Problem aus »Wilhelm Tell«

Deren Argumentation scheint aber vorerst vom Narrativen weit entfernt zu sein.
Sie stehen unter der Devise von Abstraktion und Systematik. Rechtssätze (seien
sie in Gesetzen formuliert oder in Urteilen oder in Schriftsätzen) treten dem Sach-
verhalt, wie wir sagen, als Obersätze gegenüber. Der Sachverhalt ist dann der
Untersatz, und die Beziehung zwischen beiden wird durch den juristischen Syllo-
gismus hergestellt. Man ist gewohnt, darin einen rein logischen Vorgang zu sehen.
Doch das ist ein Irrtum. In Wahrheit ist es so, daß wir den Sachverhalt, also den
Untersatz, keineswegs ohne weiteres unter die Rechtsnorm, also den Obersatz,
subsumieren können. Vielmehr muß der Obersatz vorher konkretisiert werden.
Er kommt dann allmählich dem Sachverhalt so nahe, daß der Vergleich damit
nach Art einer Analogie stattfindet. Diesen treibt man so weit voran, bis schließ-
lich festgestellt wird, »das passt zusammen«. Auch der moderne juristische Syllo-

33
Friedrich Schiller (Anm. 1), Bd. 8, S. 190.
34
Guyora Binder/Robert Weisberg: Literary Criticisms of Law. New Jersey: Princeton
University Press 2000; siehe im übrigen Klaus Lüderssen: Produktive Spiegelungen.
Baden-Baden: Nomos 22002, S. 3ff.
192 Klaus Lüderssen

gismus wird auf diese Weise also zu einer Geschichte. Meistens setzt das Evidenz-
Erlebnis aber so früh ein, daß man das nicht merkt.
Ich möchte diese Narrativierung des Syllogismus demonstrieren mit dem
Apfelschuß im Wilhelm Tell, dessen strafrechtliche Würdigung in unseren Vorle-
sungen gern als ein erlesenes, bildungsbeflissenes Subsumtionskunststück vorge-
führt wird. Tell trifft den Apfel, hätte aber den Sohn treffen können. Also liegt
vielleicht eine versuchte Tötung vor. Voraussetzung dafür wäre ein entsprechen-
der Vorsatz. Tell wollte aber seinen Sohn gar nicht treffen, also fehlt der Vorsatz.
Dieser erste Subsumtionsversuch ist also gescheitert. Aber damit geben wir uns
nicht zufrieden. Wir konkretisieren jetzt den Obersatz. Vorsatz liegt auch vor,
wenn man den Erfolg Ð hier den Tod Ð nicht beabsichtigt, sondern nur in Kauf
genommen hat. Das hat Tell aber offenbar nicht getan. Wieder also keine Subsum-
tion. Dritter Versuch: Inkaufnahme liegt auch vor, wenn man den Eintritt des
Erfolges für wahrscheinlich gehalten hat und trotzdem handelt. Hier könnte man
nun schon schwankend werden. Andererseits: Tell hält sich für einen hervorra-
genden Schützen, er kann nur nicht ausschließen, daß er den Sohn trifft, er hält
das also insofern für möglich. Möglich reicht nicht für wahrscheinlich. Also noch
immer keine Subsumtion. Wie wäre es aber, wenn Tell die Bedenken, die ihn dazu
hätten veranlassen können, den Erfolg doch für wahrscheinlich zu halten, aus
verständlichen emotionalen Gründen beiseite schiebt? Da würden Juristen sagen,
eine solche reservatio mentalis (geheimer Vorbehalt) lassen wir nicht gelten. Das
heißt, der Obersatz Ð Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintrittes muß vorgestellt
sein Ð wird dahingehend noch einmal konkretisiert, daß man sagt: die Wahr-
scheinlichkeit der Vorstellung des Erfolgseintritts wird nicht schon dadurch besei-
tigt, daß der Täter sich dies wünscht. Jetzt klappt es. Obersatz und Untersatz
passen zusammen, unterstellt, man könnte bei Wilhelm Tell tatsächlich eine solche
reservatio mentalis vermuten. Irgendwann entschließen sich die Juristen, die Sach-
verhalte Ð die Untersätze Ð nicht länger mehr zu erforschen und auch mit der
Konkretisierung der Rechtssätze Ð den Obersätzen Ð Schluß zu machen und zu
entscheiden. Das ist das Kunstwort, der terminus technicus.
Wo die Jurisprudenz aufhört, beginnt die Literatur. Im Fall Wilhelm Tells wäre
nun in sein Inneres zu dringen und Ð eine juristische Kunstregel umkehrend Ð
das Wesentliche im Unwesentlichen zu suchen. Es ist keineswegs von vornherein
so, daß die Juristen das nun auch tun müssten, in ihrem normalen Betrieb also
insoweit immer etwas versäumen. Vielmehr ist es für viele Fälle durchaus ange-
messen, sozusagen »kürzeren Prozeß« zu machen, die Komplexität zu reduzieren.
Aber in anderen eben wieder nicht, und hier beginnt die Literatur mit ihrem
gleichsam unendlichen hermeneutischen Verfahren womöglich eine Funktion zu
übernehmen, die auf die Jurisprudenz angewendet, zu mehr individueller Gerech-
tigkeit führt.
Ich will den Einzelfall hier jetzt gar nicht entscheiden, zumal auch nicht einmal
alle maßgebenden Kriterien zur Sprache gekommen sind.35 Es geht mir jetzt nur
darum, anhand einer spezifischen Denkform der Juristen die Vergleichbarkeit der
Schiller und die Jurisprudenz 193

juristischen und literarischen Argumentation beim Zustandekommen von Sach-


verhaltsbewertungen zu demonstrieren.

6. Narrative Argumentation und Rechtsgeltung Ð Recht als Kunst der Anerken-


nung Ð Die Briefe zur »ästhetischen Erziehung des Menschen«

Die Frage ist allerdings, woher dieser Argumentationstypus seine Geltungskraft


bezieht. Die Autorität eines vorgegebenen Gesetzes ist weit entfernt. Es geht um
die Geltung von Interpretationen. Bezieht man sich dafür auf die höhere Vernunft
oder die Anthropologie, so ist man bald im unkontrollierbaren Bereich. Also
bleiben Erfahrungen. Bei ihnen gibt es nicht diese speziellen erkenntnistheoreti-
schen Probleme, wenn man davon absieht, daß alle Erfahrungen auch konstruiert
sein können, als aspektabhängig gelten. Vor allem aber kommt es darauf an, sie
ernst zu nehmen, Bedürfnisse, Ängste, Wünsche mit einzubeziehen. Das sind
Rechtstatsachen: Welche Sachverhalte werden rechtlich relevant? Auf diese Weise
werden beispielsweise Probleme der Kriminologie (Ursachen, Erscheinungsfor-
men, Wirkungen der Delinquenz) zu Rechtsfragen. Schillers Stücke sind angefüllt
mit entsprechenden Milieu- und Charakterstudien.
Aber wie sollen Erfahrungen als Rechtsquelle Geltungskraft erlangen? Das
Stichwort ist Anerkennung. Sie unterscheidet diesen Positivismus von dem Geset-
zespositivismus, der sich mit dem formellen Rechtsbegriff verbindet, im Sinne
eines, wie man inzwischen sagt, soziologischen Positivismus. Über dessen Präva-
lenz ist man sich keineswegs einig, die Einwände liegen auf der Hand: »Von wem
geht die Anerkennung aus? Von allen Rechtssubjekten ohne Unterschied des
Alters, Geschlechtes, der Willensfähigkeit? Ist die Anerkennung aller oder nur
eines Teiles erforderlich? Wenn Majorität, welcher Art ist diese Majorität, und
wie kann sie konstatiert werden? Wie ist das Verhalten des Rechtsverletzers zu
qualifizieren? Erfolgt das Unrecht mit oder ohne Anerkennung des verletzten
Rechtssatzes? Worauf ist die Anerkennung gerichtet? Auf jeden einzelnen Rechts-
satz, auf die Rechtsordnung als Ganzes oder auf andere Normen als die des positi-
ven Rechtes? Wie verhält sich die Anerkennung zur Rechtskenntnis?«36 Die An-
erkennungstheoretiker sind die Antworten auf diese Fragen weitgehend schuldig
geblieben. Doch sollte man bedenken, in welchem Maße die Ordnung des Rechts
tatsächlich von stillschweigender, relativ freier Zustimmung lebt bei Verträgen,
bei Verwaltungsentscheidungen; bloßer Zwang hätte niemals diesen Effekt.

35
Vgl. Günter Spendel: Für Vernunft und Recht. Tübingen: Mohr (Siebeck) 2004,
S. 125ff; zu den weiteren, wichtigeren Rechtsfragen im Tell siehe Klaus Lüderssen:
Daß nicht der Nutzen [. . .] (Anm. 21), S. 119ff.
36
Hans Kelsen: Hauptprobleme der Staatslehre. Tübingen: Mohr 1923 (Nachdruck Aa-
len 1960), S. 358.
194 Klaus Lüderssen

Schiller hat hier nun gleichsam vorgearbeitet. Der abstrakte Schlüsseltext sind
die Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Brie-
fen.37 Da heißt es: Die Natur
fängt mit den Menschen nicht besser an als mit ihren übrigen Werken: Sie handelt für
ihn, wo er aus freier Spontaneität noch nicht handeln kann [. . .] Er kommt zu sich aus
seinem sinnlichen Schlummer, erkennt sich als Mensch, blickt um sich her, und findet
sich Ð in dem Staate. Der Zwang der Bedürfnisse warf ihn hinein, ehe er in seiner
Freiheit diesen Stand wählen konnte; die Not richtete denselben nach bloßen Naturge-
setzen ein, ehe er es nach Vernunftgesetzen konnte.

Diese Ausgangssituation wirft die Frage auf,


wie der Staat in den Individuen sich behaupten kann: entweder dadurch, daß der reine
Mensch den empirischen unterdrückt, daß der Staat die Individuen aufhebt; oder da-
durch, daß das Individuum Staat wird, daß der Mensch in der Zeit zum Menschen in
der Idee sich veredelt.

Man könnte etwas trivial sagen: Schiller tritt für das Menschenmögliche ein. Be-
rühmte Juristen Ð in Deutschland der Gelehrte Gustav Radbruch (1878Ð1949)
und in den USA der Richter Benjamin Cardozo (1870Ð1938) Ð haben sich schon
in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts auf diese Briefe bezogen. In
Deutschland hat sich der Topos »Natur der Sache« als Anknüpfungspunkt ange-
boten, womit gemeint ist, daß »die Lebensverhältnisse [. . .] wenn auch mehr oder
weniger entwickelt, ihr Maß und ihre Ordnung in sich tragen«. Die Logik der
Ableitung hat hier dann allerdings keinen Platz, das naive Sammeln von Fakten
aber auch nicht. Deshalb hat sich eine Denkrichtung entwickelt, die beide Arten
von Naivität vermeidet. Sie ist unter dem Ð antiken Traditionen entlehnten Ð
Begriff der Topik in die Geschichte der juristischen Methodenlehre eingegangen,
einer Arbeitsweise, die sich direkt am Problem orientiert.
Neu könnte sein, daß die juristische Relevanz jener Lebensverhältnisse in De-
mokratien etwas ist, wofür Konsens und Anerkennung aufgeboten werden müs-
sen. Folgerichtig hat Jürgen Habermas tatsächlich gemeint, Schiller sei in den
Ästhetischen Briefen für eine »Revolution der Verständigungsverhältnisse« einge-
treten. Habermas selbst freilich will Verständigungsverhältnisse auf die Moral be-
schränken. Zuzustimmen ist vielmehr der Bemerkung von Dieter Borchmeyer:
Die Politik sei gemeint, und zwar in dem Sinne, daß »ganz und gar demokratisch
vorausgesetzt« sei, »dass der Wille des Einzelnen niemals durch einen abstrakt
supponierten volonté general gebrochen werden dürfe«.
Die Jurisprudenz müßte hier den Mut haben, diese Konzeption zu okkupieren
durch eine gewisse Pragmatisierung der Voraussetzungen für Verständigung.38
Recht als K un st der Anerkennung könnte also das nächste Stichwort sein.

37
Friedrich Schiller (Anm. 1), Bd. 8, S. 556ff.
38
Dazu im einzelnen Klaus Lüderssen: Genesis und Geltung in der Jurisprudenz. Frank-
furt/M.: Suhrkamp 1996, S. 216.
Schiller und die Jurisprudenz 195

Gerade Rechtshistoriker weisen darauf hin, daß »das 18. Jahrhundert zwischen
Wissenschaft und Kunst keinen prinzipiellen Unterschied gemacht« habe.39 Eben
die Schule, die später den Gegensatz zwischen Naturrecht und positivem Recht
zu überwinden suchte, die historische, die das Recht »überall [. . .] durch innere,
still wirkende Kräfte sich entwickeln sah«,40 war davon überzeugt, »dass sich in
der Beschreibung der idealen juristischen Methode Elemente des ästhetischen Ur-
teils wiederfinden«.41 Es werden daher auch ausdrücklich Parallelen gezogen zwi-
schen der »Denkweise« und dem »Sprachgebrauch« Savignys,42 des Hauptvertre-
ters der historischen Schule, »mit derjenigen Schillers in den Briefen ›über die
ästhetische Erziehung des Menschen‹«.43 Savigny sei wahrscheinlich mit Schillers
Lehre vertraut gewesen.44 Die Urteilskraft der Bürger Ð also des »Volks« Ð, die
nach der historischen Rechtsschule Voraussetzung dafür ist, daß der Anteil dieser
Bürger an der allmählichen Hervorbringung des Rechtes das erforderliche Ge-
wicht hat, ist durchaus derjenigen Urteilskraft gleichzusetzen, die nach den Aner-
kennungstheorien für die Personen zu fordern ist, von deren Votum die Geltung
des Rechts abhängen soll.
Die Juristen haben bei ihren Anstrengungen, den Geheimnissen der Natur der
Sache näher zu kommen, sehr bald gesehen, wo sie sich zusätzlichen Rat holen
müssen. Die Abhandlung von Gustav Radbruch über die Natur der Sache als
juristische Denkform beginnt mit dem Hinweis darauf, daß »Schiller die Denk-
weise Goethes durch diese Denkform am besten zu kennzeichnen gemeint« habe,
nämlich »durch seine solide Manier, immer von dem Objekt das Gesetz zu emp-
fangen und aus der Natur der Sache ihre Regeln abzuleiten«.45
Aber das klingt einfacher, als es ist. Ableitung findet eben gerade nicht statt.
Was es stattdessen ist, scheint sich der Wissenschaftssprache wirklich zu entzie-
hen. Dementsprechend enigmatisch klingen die einschlägigen Äußerungen Schil-
lers und Goethes. Schiller spricht vom »Kunstgeheimnis des Meisters, daß er

39
Jan Schröder: Wissenschaftstheorie und die Lehre der »praktischen Jurisprudenz« an
deutschen Universitäten an der Wende zum 19. Jahrhundert. Frankfurt/M.: Kloster-
mann 1979, S. 182.
40
Jan Schröder: Recht als Wissenschaft. Geschichte der juristischen Methode vom Hu-
manismus bis zur historischen Schule. München: Beck 2001, S. 192.
41
Dieter Nörr: Savigny’s philosophische Lehrjahre. Ein Versuch. Frankfurt/M.: Kloster-
mann 1994, S. 268.
42
Daß Savigny insgesamt zu Schiller keine sehr positive Beziehung hatte, steht auf einem
anderen Blatt. Das lag wohl im Kern an dem ja damals schon dominierenden Vorurteil,
Schiller habe in der Kategorie durchsetzbarer Konzepte gedacht Ð als Idealist und
»Willensmensch«; in diesem Sinne auch Erik Wolf: Große Rechtsdenker. Tübingen:
Mohr (Siebeck) 1963, S. 476.
43
Dieter Nörr (Anm. 41), S. 110.
44
Ebd.
45
Gustav Radbruch: Die Natur der Sache als juristische Denkform (1948). G. R.: Ge-
samtausgabe. Hg. v. Arthur Kaufmann. Bd. 3: Rechtsphilosophie III, bearb. v. Win-
fried Hassemer. Heidelberg: C. F. Müller 1990, S. 229Ð254, unter Bezugnahme auf
einen Brief Schillers an Humboldt vom 9. 11. 1795.
196 Klaus Lüderssen

a uc h d e n R es t no ch , de n S t of f d u rc h d i e F or m ve rt i lg te « .Auch das
steht in den Briefen über die ästhetische Erziehung, die dem pädagogischen und
politischen Künstler gelten. »Und als einen solchen werden wir« meint nun Rad-
bruch Ð ausdrücklich unter Bezugnahme auf diese Quelle Ð »auch den Juristen
ansehen dürfen«.

7. Verborgene Quellen der Anerkennung Ð »Verdammung zur Freiheit« Ð


eine vernachlässigte Stelle aus »Don Karlos«

Aber wo sind dann die Ideen, die Freiheitsphilosophie? Sie bleibt, wendet sich
jedoch entschieden ab vom ethischen Idealismus Kants. Für Kant ist der freie
Wille zugleich auch der gute Wille. Nicht so für Schiller: Bewußtsein ist existenz-
ieller als Moral. Hier ist die Vorwegnahme von Jean-Paul Sartre, dessen These
bekanntlich lautete: Die Existenz geht der Essenz voraus. Safranski hat das kürz-
lich betont, ohne allerdings mitzuteilen, daß vor gut 45 Jahren schon Käte Ham-
burger das Nötige dazu gesagt hat. Eine Rechtsordnung, die sich auf Freiheit
gründet, ist danach also viel problematischer, als das gemeinhin angenommen
wird. »Der Mensch ist zur Freiheit verdammt«, sagt Sartre, und bei Schiller heißt
das in den Philosophischen Briefen: »Dieser freie emporstrebende Geist ist in das
starre, unwandelbare Uhrwerk eines sterblichen Körpers geflochten, mit seinen
kleinen Bedürfnissen vermengt [. . .] dieser Gott ist in eine Welt von Würmern
verwiesen«.46
Im Don Karlos konstruiert Schiller aus dieser Einsicht eine Lösung des alten
Theodizee-Problems; sie wird in dem entscheidenden Gespräch zwischen Mar-
quis Posa und König Philipp entwickelt. Auf Gottes Schöpfung gemünzt, sagt der
Marquis:
Sehen Sie sich um
in seiner herrlichen Natur! Auf Freiheit
ist sie gegründet Ð und wie reich ist sie
durch Freiheit!

Er Ð der Freiheit
entzückende Erscheinung nicht zu stören Ð
er lässt des Übels grauenvolles Heer
in seinem Weltall lieber toben Ð ihn,
den Künstler, wird man nicht gewahr, bescheiden
verhüllt er sich in ewige Gesetze;
Die sieht der Freigeist, doch nicht ihn. Wozu
ein Gott? sagt er; die Welt ist sich genug.
Und keines Christen Andacht hat ihn mehr
als dieses Freigeists Lästerung gepriesen. (V. 3215Ð3225)

46
Klassiker-Ausgabe, Bd. 8, S. 215ff.
Schiller und die Jurisprudenz 197

Das ist ebenso unheimlich wie der seit der Romantik geläufige, freilich auch schon
bei Kant aufzufindende Hinweis auf die verborgene Struktur des menschlichen
Bewußtseins, das in einem nicht endenden Regreß von Objektivierung des Selbst
verschwindet. Denn »zwischen dem Ich, das sich weiß, und dem Ich, das mit dem
Selbstbewußtsein gegeben ist, tut sich ein Abgrund auf, der es ausschließt, beide
Identitäten als mit sich identisch zu begreifen.«47

8. Paradoxien Ð präsentiert im »Wallenstein«

Wir werden die Metaphysik also nicht los. Der modernste Umgang mit diesen
letzten Unbegreiflichkeiten ist die Akzeptanz von Paradoxien in der gesellschaft-
lichen Realität. Diese »treten«, meinte Niklas Luhmann, »an die Stelle des trans-
zendentalen Subjekts«.
Es handelt sich dabei darum, daß gerade das miteinander Unvereinbare zum
gesellschaftlichen Programm wird. Die Anleitung für diese Wahrnehmung liefert
die Theologie: Deus a peccato per peccatum liberat (»Gott befreit von der Sünde
durch die Sünde«).48 Im Recht haben wir da zunächst die elementare Einsicht,
daß die Regel, die Geltung erkennbar macht, nicht eine der geltenden Regeln sein
kann. Oder anders ausgedrückt: Der Code Recht/Unrecht kann nicht auf sich
selbst angewandt werden. Ein konkretes Beispiel ist eine Verfassung, welche Nor-
men kennt, die festlegen, daß bestimmte Normen der Verfassung nicht geändert
werden dürfen (Artikel 79 III GG). Vergleichbares läßt sich in den einzelnen
Rechtsordnungen und Rechtsgebieten nachweisen.49
Dennoch ist auch unter rechtstheoretisch gut orientierten Juristen die Meinung
verbreitet, bei gehörigem Nachdenken und Berücksichtigung aller Tatsachen
bleibe von den sogenannten Paradoxien nichts übrig, vielmehr seien die Wider-
sprüche auf einer wenn auch entfernten höheren Ebene immer auflösbar. Ob das
mit wachsender Entfernung nicht dann doch auf dasselbe hinausläuft, ist freilich
die Frage. Mit Blick auf Goethes Definition des Paradoxen möchte man das fast
annehmen: Er spricht von Resultaten, »die, wenn wir nicht ihre Veranlassung
wissen, als paradox erscheinen, uns aber nötigen, vermittelst eines umgekehrten
Findens und Erfindens rückwärts zu gehen und uns die Filiation solcher Gedan-
ken von weit her« zu vergegenwärtigen.50
Belege für paradoxale Rechtskonzepte liefert jedenfalls Schiller und bezeich-
nenderweise in seinen reifsten Stücken (nämlich Don Karlos, Wallenstein und Ma-
ria Stuart).
47
Jochen Hörisch: Dialektik der Romantik. In: Athenäum 13 (2003), S. 43Ð60, hier S. 48.
48
Peter Probst: Paradox. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hg. v. Joachim
Ritter u. Karlfried Gründer, Bd. 7. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft
1989, S. 81Ð90, hier S. 85.
49
Vgl. Klaus Lüderssen: Paradoxien im Strafrecht und Strafprozessrecht. Festschrift für
Dieter Simon. Frankfurt/M.: Klostermann 2005, S. 367ff.
50
Peter Probst (Anm. 48), S. 87.
198 Klaus Lüderssen

Dabei möchte ich mich jetzt auf Wallenstein konzentrieren. Dort geht es nicht
nur darum, daß zwei Positionen einander gegenüberstehen, die jede für sich eine
vertretbare moralisch-rechtliche Legitimation beanspruchen kann: Der Kaiser:
dynastisch-traditionell, einschließlich des Katholizismus, Wallenstein: visionär,
Einheit stiftend, friedlich, Neuem, wenn es sein muss, auch dem Protestantismus
zugewandt, und auch nicht nur darum, daß jede dieser Positionen ihrerseits unter-
miniert ist durch trübe Motive: Machterhaltung beim Kaiser, Machtzugewinn bei
Wallenstein, einschließlich jeweils übler Manöver: Octavios Hinterlist,51 Wallen-
steins Gemeinheit gegenüber Buttler,52 sondern darum, daß die gleichsam höhere
Wahrheit, aber die ist eben paradox, in der Akzeptanz der Widersprüche besteht.
Daß dabei den Protagonisten dieser Konfrontation Spannungen auch dort, wo
ihre moralische Motivation noch einwandfrei ist, bewusst sind, ist ein starker
Indikator dafür. Bezeichnenderweise wird das dann offenbar, wenn sie sich jeweils
Max Piccolomini verständlich machen wollen Ð zunächst der Vater:53

Octavio:
Mein bester Sohn! Es ist nicht immer möglich,
im Leben sich so Kinderrein zu halten,
Wie’s uns die Stimme lehrt im Innersten.
In steter Notwehr gegen arge List
bleibt auch das redliche Gemüt nicht wahr [.] (V. 2447Ð2451)

Und dann der Freund und Mentor Wallenstein:54


Doch, wo von zwei gewissen Übeln eins
Ergriffen werden muss, wo sich das Herz
Nicht ganz zurückbringt aus dem Streit der Pflichten,
da ist es Wohltat, keine Wahl zu haben [. . .] (V.697Ð700)

Das Unerlöste dieser persönlichen Positionen u nd die auch nicht auflösbare


Gleichberechtigung jener auseinander strebenden politisch-rechtlichen Zielset-
zungen gipfeln in der Parallelität der Beschwörung alter und neuer Ordnung.

Octavio (wieder zu Max):55


Mein Sohn! Laß’ uns die alten, engen Ordnungen
gering nicht achten! Köstlich unschätzbare Gewichte sind’s, die der bedrängte Mensch
51
Befiehlt nur gleich die Klugheit und die Pflicht, die ich dem Reich, dem Kaiser schul-
dig bin.Daß ich mein wahres Herz vor ihm verberge,Ein falsches hab’ ich niemals ihm
geheuchelt.(Friedrich Schiller [Anm. 1], Bd. 4, S. 68).
52
Er sendet dem Kaiser nicht den befürwortenden Brief, den er Buttler zu lesen gegeben
hat, sondern einen anderen, Buttlers Bitte um den Grafentitel verwerfenden Brief.
53
Ebd., S. 143.
54
Ebd., S. 71f.
55
Ebd., S. 178.
Schiller und die Jurisprudenz 199

an seiner Dränger Willen band.


Denn immer war die Willkür fürchterlich.
Der Weg der Ordnung, ging er auch durch Krümmen,
er ist kein Umweg. Gradaus geht des Blitzes,
geht des Kanonenballs fürchterlicher Pfad Ð
schnell, auf dem nächsten Wege, langt er an,
macht sich zermalmend Platz, um zu zermalmen.
Mein Sohn! Die Straße, die der Mensch befährt,
worauf der Segen wandelt, diese folgt
der Flüsse Lauf, der Täler freien Krümmen,
umgeht das weite Feld, den Rebenhügel,
des Eigentums gemess’ne Grenzen ehrend Ð
so führt sie zu später, sicher doch zum Ziel. (V. 463Ð478)

Das ist übrigens vielleicht auch ein Verdikt über die Gewaltsamkeit der Neuerun-
gen durch die Französische Revolution, der Schiller und Goethe und auch noch
einige andere aus Weimar und Jena seinerzeit eine geistige gegenübergestellt ha-
ben, die am Ende die Deutschen mit Blick auf den ewigen Tadel ihres Versagens
bei echten Revolutionen ein wenig rehabilitiert.56
Nun aber Wallenstein. Jetzt, »mit sich selbst redend«, wie die Regieanweisung
für den großen Monolog lautet:57
Und was ist Dein Beginnen? Hast Du Dir’s
auch redlich selbst bekannt? Du willst die Macht,
die ruhig, sicher thronende erschüttert,
die in verjährt geheiligtem Besitz
in der Gewohnheit fest gegründet ruht,
die an der Völker frommen Kinderglauben
mit tausend zähen Wurzeln sich befestigt.
Das wird kein Kampf der Kraft sein mit der Kraft, [. . .].
Ein unsichtbarer Feind ist’s, den ich fürchte,
der in der Menschen Brust mir widersteht.
Durch feige Furcht allein mir fürchterlich.
Nicht was lebendig, kraftvoll sich verkündigt
ist das gefährliche Furchtbare. Das ganz
Gemeine ist’s, das ewig Gestrige,
was immer war und immer wieder kehrt,
und morgen gilt, weil’s heute hat gegolten!
[. . .].
Das Jahr übt eine heiligende Kraft,
was grau für Alter ist, das ist ihm göttlich.
Sei im Besitze, und Du wohnst im Recht,
und heilig wird’s die Menge Dir bewahren.

Noch einmal: Keiner von beiden erreicht eine widerspruchsfreie Rechtsposition,


könnte sie auch nicht erreichen.

56
Dazu jetzt Andreas Kilb, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 1. 5. 2005.
57
Friedrich Schiller (Anm. 1), Bd. 4, S. 160ff.
200 Klaus Lüderssen

Möglicherweise gibt es in der Geschichte etwas, was ich zögern würde, ein
unsichtbares Gesetz zu nennen, wonach die höhere Weisheit im unentwirrbaren
Voranschreiten von Gegensätzen liegt. Das gemahnt keineswegs an Hegel, der
sucht ja nach Auflösungen, sondern mehr an das, wovon schon die Rede war, die
Schillersche/Sartre’sche Dialektik der Freiheit, und letztlich wird man nicht sagen,
die Wahrheit ist das Ganze, sondern: das Ganze ist das Unwahre,58 und dazu
gehören oder das sind sogar Ð wie ich ergänzen möchte Ð die unaufgelösten
Paradoxien. Ist das schon die Romantik, die Paradoxien nicht »für ein vermeidba-
res, durch logisches Argumentieren austreibbares Problem« hielt, sondern »für
Manifestationen hartnäckiger Widerspruchsstrukturen Ð und für das unwider-
stehliche Ingredienz eines nicht langweiligen Lebens«?59
Die Unbekannten in der Rechnung sind jene unsichtbaren Vorgaben, die erst
im Moment des Entscheidens präsent sind. »Die Wirklichkeit der Person wird
nur in dem manifest, wozu sie sich entscheidet.«60 Wallenstein formuliert jene
Vorgaben pessimistisch, Octavio optimistisch. Gleichwohl obsiegt dieser nicht,
denn keineswegs ist ja mit Wallensteins Tod Ð trotz Hegels bekannter depressiver
Deutung des Stückes Ð es mit dem zu Ende, was Wallenstein gewollt hat, wie der
weitere Verlauf der europäischen Geschichte zeigt. Die narrative Argumentation
macht das Paradoxe kreativ. Deshalb muß uns die Frage der modernen Rechts-
theorie interessieren, ob es einen juristisch produktiven Umgang mit Paradoxien
geben kann. Sie sind die einzige Form, in der Wissen unbedingt gegeben ist, sagt
Luhmann. Aber vielleicht kann die Wissenschaft das nicht denken, sondern muß
es der Kunst, hier: der Literatur Ð unter Vorantritt Schillers Ð überlassen.

58
Theodor W. Adorno: Minima Moralia. Berlin/Frankfurt/M.: Suhrkamp 1951, S. 80.
59
Jochen Hörisch (Anm. 47), S. 45.
60
Kurt Wölfel: Friedrich Schiller. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2004 (mit
Blick auf Maria Stuart und Wallenstein), S. 148.

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