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Bundesheer - TRUPPENDIENST - Ausgabe 5/2014 - AUTCON und AUSBATT/UNDOF Das rasche Ende einer Ära Teil 1 03.07.

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Bundesheer
AUTCON und AUSBATT/UNDOF Das rasche Ende einer
Ära Teil 1
Seit Juni 1974 haben etwa 29 000 österreichische Soldaten auf den Golanhöhen gedient. Jeder hat
seine eigenen Erlebnisse und Erfahrungen gemacht und seine persönlichen Erinnerungen an den
Einsatz. Seit sich der syrische Bürgerkrieg auch "in die Zone" ausgeweitet hat, haben sich die
Rahmen- und Umfeldbedingungen dieses Einsatzes radikal verändert. Eine der nun am häufigsten
gestellten Fragen lautet: "Wie war es denn wirklich?" Der Fokus dieses Beitrages liegt darauf,
womit die Angehörigen des letzten AUTCON/UNDOF konfrontiert waren.

Seit Bestehen von UNDOF und der Einrichtung der beiden Zonen als Kernstück der Umsetzung des
Waffenstillstandsabkommens wurden sowohl die AOS als auch die AOL weitgehend von den
verfeindeten Armeen IDF und SAAF respektiert. Einzelne immer wiederkehrende Verletzungen des
Waffenstillstandsabkommens durch beide Seiten sind davon ausgenommen.

Entwicklung des syrischen Bürgerkrieges im Einsatzraum


Auch der Ausbruch des syrischen Bürgerkrieges im Frühjahr 2011 änderte daran vorerst nichts. Erst nach
und nach gingen Rebellen - im UNDOF-Jargon als "Anti Governmental Armed Elements" (AGAE)
bezeichnet - vermehrt dazu über, sich nach bewaffneten Aktionen gegen die Assad-Truppen in die AOL
und AOS, als "Safe Haven" zurückzuziehen. Im Zuge der Verfolgung dieser Gruppen verletzten syrische
Regierungstruppen das Waffenstillstandsabkommen erstmals im März 2012 durch offensives Vorgehen
innerhalb der AOS. Trotz heftiger Proteste von UNDOF und Befassung des UN-Sicherheitsrates kam es
durch syrische Regierungstruppen im Mai 2012 ein zweites und ein drittes Mal im Juli 2012 zum
Eindringen in die AOS. Seit diesem Zeitpunkt befinden sich die SAAF ständig mit militärischen Kräften
hauptsächlich im Bereich zwischen der Bewegungslinie Khan Arnabe - Al Baath - Hamediyeh - Al
Qunatyrah - B-Gate und den Ortschaften Al Horaye und Ufaniah, aber auch in vielen Bereichen im Süden
der AOS. Khan Arnabe war als Knotenpunkt mehrerer Bewegungslinien die größte Ortschaft zwischen
Camp "Faouar" und dem B-Gate und auch als wichtiger Einkaufsplatz für das AUSBATT ein
entscheidender Teil der AUSBATT-AOR und war Generationen von UNDOF-Soldaten als "Kilo
Alpha/KA" bekannt. Kämpfe zwischen Regierungstruppen und AGAE, Störaktionen und Überfälle sowie
artilleristisches Niederhalten der AGAE durch Regierungstruppen waren die Folge. Während die IDF in
dieser Phase vergleichsweise zurückhaltend reagierten und lediglich hin und wieder durch gezieltes Feuer
auf syrische Waffenwirkung westlich der A-Line antworteten, wurden die Kampfhandlungen zwischen
Regierungstruppen und AGAE in unmittelbarer Nähe zu UN-Stützpunkten immer heftiger. Da die AGAE
dazu übergingen, ganz bewusst die Nähe zu UN-Stützpunkten als "Schutzschild" zu suchen, wurde die
Gefahr von Kollateralschäden - vor allem durch das Artilleriefeuer - für die österreichischen Soldaten
immer größer. Auch die Nutzung der Main Supply Route Nr. 7 (MSR7) Richtung Damaskus wurde
riskanter. Aufgrund heftiger Kämpfe vor allem im Raum um Khan Ash Sheikh (ca. 20 km westlich von
Damaskus) bzw. in den Vororten von Damaskus gingen die SAAF immer öfter dazu über, diese für den
Personen- und Warentransport für UNDOF wichtigste Bewegungslinie zu sperren - zuerst nur
stundenweise, ab Ende Jänner/Anfang Februar 2013 bereits tage- und wochenweise.

Nicht zuletzt der Beschuss des österreichischen Rotationskonvois im November 2012 machte deutlich,
dass die viele Jahre geltende Unverletzlichkeit der UNDOF-Mission und ihrer Angehörigen nicht mehr

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länger als gegeben angenommen werden durfte.

Ab der 3. Novemberwoche 2012 gehörten Artillerie- und Maschinenwaffenfeuer in unmittelbarer Nähe


der UN-Positions zum täglichen Lagebild. Durch diese rasante Eskalation traten neue, für die gesamte
Operation äußerst kritische Faktoren und Entwicklungen zu Tage.

Kritische Faktoren
Interessensgruppen und Akteure Der kritischste Faktor der zunehmenden Bedrohung war die große
Anzahl verschiedener Akteure im Raum, die alle unterschiedliche Ziele verfolgten, unterschiedlich
"gefährlich" waren und daher unterschiedlich zu behandeln waren.

Verhältnismäßig unkompliziert war das Verhältnis zur IDF, weil sie für die eigenen Soldaten kaum eine
Bedrohung darstellten. Selbst beim sporadischen Beschuss von SAAF-Zielen wurden UN-Angehörige
oder -Einrichtungen nicht gefährdet. Es gab auch - außer beim Übertritt von Syrien auf den israelisch
besetzten Golan, dem so genannten "Crossen" - für die meisten Angehörigen des AUTCON kaum direkte
Berührungspunkte mit den Soldaten der IDF. Die Verletzungen des Waffenstillstandsabkommens seitens
IDF - meistens durch Beschuss oder Überschreiten der A-Linie - wurden gemäß den SOP (Standard
Operating Procedures) genauso beobachtet, protokolliert und gemeldet wie Verstöße des Abkommens
durch SAAF.

Der Umgang mit den SAAF war aus mehreren Gründen problematischer. Seitens der syrischen
Autoritäten war die direkte Kontaktaufnahme zu SAAF-Angehörigen untersagt, woran sich die meisten
SAAF-Kommandanten auch hielten. Im Zuge der sich verschärfenden Lage wurden aber direkte und
rasche Verhandlungen mit den Kommandanten vor Ort immer wichtiger. Durch den Einsatz von
Sprachmittlern konnten hier im Laufe der Zeit Fortschritte erzielt werden, dennoch blieb die
Kommunikation schwierig. Durch die häufigen Personalwechsel an den zahlreichen Checkpoints hatten
die meisten SAAF-Angehörigen kaum Kenntnisse über UNDOF und das UNDOF-Mandat. Durch die
häufiger werdenden Rebellenaktionen erlitten die SAAF-Einheiten Verluste, die zu Angstreaktionen und
zunehmendem Misstrauen auch gegenüber der UN führten. Der Verdacht, dass die AGAE durch UN
unterstützt wurden (Ursache für dieses Misstrauen war u. a. auch der Umstand, dass durch Überfälle
immer mehr UN-Fahrzeuge in den Besitz der Rebellen fielen und auch für Aktionen gegen die SAAF
eingesetzt wurden), führte häufig zu kritischen Situationen. Dennoch konnte das Recht auf ungehinderte
Bewegungsfreiheit meistens durchgesetzt werden, so dass bis zum Abzug des Kontingentes die
Patrouillenfahrzeuge des AUSBATT grundsätzlich in der gesamten AOR unterwegs waren und somit die
Präsenz sichtbar aufrechterhielten.

Noch schwieriger war der Umgang mit regierungsnahen Kräften, den so genannten "Pro Governmental
Armed Elements (PGAE)". Zu diesen zählten vor allem Milizen wie "Shabiha" oder die "National Army"
- sozusagen der Dachverband regierungstreuer bewaffneter Gruppen außerhalb der regulären Armee -,
aber auch einfache Dorfmilizen, die vor allem in den drusischen Gebieten die Selbstverteidigung ihrer
Ortschaften gegen AGAE organisierten. Auch die Präsenz von Hisbollah-Kämpfern wurde vermutet und
von Nachrichtendiensten bestätigt. All diese bewaffneten Formationen zuzuordnen war jedoch schwierig,
denn die Kämpfer trugen keine Uniformen oder andere Erkennungszeichen.

Damit war die Unterscheidung von den AGAE eine Herausforderung, die gleichzeitig eines der größten
Gefahrenpotenziale für UNDOF darstellte: Zu erkennen, wer da gerade den nächsten Checkpoint besetzt
hält und welche Absichten derjenige verfolgt, war kaum möglich. Die Vielzahl (Anfang 2013 sprach man
von ca. 450 verschiedenen Rebellengruppierungen) und die "ideologische Inhomogenität" der
unterschiedlichen Rebellengruppen machte die bewaffnete Opposition auch für UNDOF unberechenbar.
Kontrolle oder nur eine Einflussmöglichkeit der eher moderat agierenden "Free Syrian Army" (FSA) -

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meistens desertierte Soldaten der regulären Armee - auf die Vielzahl der immer radikaler werdenden
religiösen Kämpfer war kaum gegeben. Die Geiselnahme eigener Soldaten durch islamistische Gruppen
war daher der permanente Albtraum der Kommandanten. So kam es vor allem im Bereich der AUSBATT
Position 37 (Posn37; Position/Stützpunkt Grp, Zg oder Kp, innerhalb des Verantwortungsbereiches der
beiden Bataillone) sowie in anderen Bereichen der AUSBATT-AOR immer öfter zu Forderungen nach
medizinischer Versorgung, Lebensmitteln und Wasser, Bekleidung bis hin zu Telefonen, Funkgeräten,
Waffen und Munition. Begleitet wurden diese Forderungen nicht selten von massiven Drohungen. Die
immer aggressivere Vorgehensweise der AGAE gegenüber UN mit Raub, Entführungen und gewaltsamer
Übernahme von UN-Positions vor allem im südlichen Abschnitt der UNDOF-AOR ließen die Abwägung
zwischen strikter Unparteilichkeit gegenüber den Bürgerkriegsparteien einerseits und dem unbedingt
erforderlichen Maß an Kommunikation mit den Rebellen (als Maßnahme zur Force Protection)
andererseits, zum Drahtseilakt werden.

So wurden beispielsweise lebensrettende Maßnahmen für Verwundete mit äußerster Bedacht


durchgeführt. Obwohl diese geübte Praxis gegenüber den syrischen Autoritäten offen kommuniziert
wurde und allen Seiten zugute kam - verwundeten SAAF-Soldaten wurde durch das AUSBATT Medical
Team genauso das Leben gerettet wie AGAE und unbeteiligten Frauen und Kindern -, führte diese Politik
fast zur gänzlichen Unterbindung des Nachschubes mit medizinischen Versorgungsgütern durch die
syrischen Behörden.

Trotz der Vielzahl an Akteuren und deren komplexen Beziehungsgeflechten ist es bis Anfang April
gelungen, zu den meisten "Key Leader" in der AUSBATT-AOR einen persönlichen Kontakt aufzubauen.
Der intensive Kontakt hat vermutlich entscheidend dazu beigetragen, dass das AUTCON bis zuletzt
keinerlei Entführungen, gewaltsame Wegnahme von Positions, Geiselnahme oder Raub von Fahrzeugen
und Waffen zu verzeichnen hatte.

Abschließend sind noch zwei Personengruppen zu erwähnen, die die Einsatzführung zunehmend
beeinflussten:

- Schmuggler, die vermutlich seit Jahrhunderten auf den immer gleichen Routen unterwegs sind, und
aufgrund ihres vermuteten Schmuggelgutes - Waffen und Munition - aber immer stärker in den Fokus der
syrischen Sicherheitskräfte gerieten und damit auch für das AUSBATT zunehmend zum
Sicherheitsproblem wurden.

- Die wachsende Zahl an Flüchtlingen und Vertriebenen, für deren Schutz und Unterstützung nicht nur die
Ressourcen, sondern auch das erforderliche Know-how sowie das Mandat fehlten.

Logistik

Parallel zur Intensität der Kampfhandlungen zwischen SAAF und AGAE nahmen die Herausforderungen
bei der Logistik zu. Bereits im Dezember 2012 zeichnete sich ein alarmierender Engpass bei der
Treibstoffversorgung ab. Aufgrund des großflächigen Zusammenbruches des syrischen Stromnetzes - das
Camp "Faouar" und einige Positions vor allem im Bereich der 2. und 3. Kompanie waren in den letzten
Jahren nach und nach an dieses Netz angeschlossen worden - waren nahezu alle Positions auf den
durchgehenden Betrieb der Stromaggregate angewiesen. Ebenso wie die Heizung war auch der
überwiegende Teil der Kommunikation von einer funktionierenden Stromversorgung abhängig. Einige
wichtige Einrichtungen zur Aufrechterhaltung der Kommunikation nicht nur von UNDOF, sondern auch
von UNTSO und UNIFIL waren im Bereich des AUSBATT disloziert. Lediglich die 1.Kp/AUSBATT, die
aus Gründen der selbstständigen Überlebensfähigkeit unter hochwinterlichen Bedingungen ausreichend
Treibstoff bis in das Frühjahr gelagert hatte, bot diesbezüglich wenig Anlass zur Sorge. Allen übrigen
Einrichtungen auf der syrischen Seite drohte das gänzliche Versiegen des dringend benötigten

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Treibstoffes. Für das Anlegen von Treibstoffreserven war es aufgrund der schweren Kämpfe im Großraum
Damaskus zu spät. Die wenigen Tankwagen, die von Zeit zu Zeit den Weg aus dem Libanon bis in das
Camp "Faouar" schafften, waren lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein.

Ab Februar betrug die Versorgungsreichweite oft nur mehr zwei bis drei Tage. Auf den Positions konnte
man sich notdürftig dadurch behelfen, dass die Kfz zum Betanken in das Camp "Ziouani" auf israelischer
Seite gebracht wurden, um nach Rückkehr ihren Tankinhalt in die Aggregatetanks zu pumpen. Diese
Methode war phasenweise die einzige Möglichkeit, um einsatzfähig zu bleiben. Der Situation nicht gerade
zuträglich waren auch die mühsamen UN-Verwaltungsrichtlinien. Nachdem nach zähen Verhandlungen
die syrischen Behörden die Erlaubnis erteilten, 80 000 l Treibstoff aus Israel über das B-Gate in das Camp
"Faouar" zu bringen, wurde diese Chance insofern vertan, als die zuständige UNDOF-Procurement-
Abteilung die üblichen Zahlungsfristen nicht beschleunigen konnte und der Lieferant daraufhin den
Vertrag stornierte. Ähnlich reagierte der syrische Stromversorger, der Anfang März die Bezahlung der seit
Juli 2012 offenen Stromrechnungen einmahnte (die Abschaltung des Stromes konnte durch Überweisung
des offenen Rechnungsbetrages in letzter Minute verhindert werden). Die Treibstoffversorgung
verbesserte sich oberflächlich erst mit dem Anstieg der Tagestemperaturen bzw. mit dem Freikämpfen der
MSR7 durch die SAAF Mitte April, so dass wieder Tankwagen aus dem Libanon durchkommen konnten.
Eine Versorgungsreichweite für mehr als ein bis zwei Wochen konnte allerdings bis zum Abzug des
AUTCON nie hergestellt werden.

Ähnlich kritisch war die Situation bei Flaschengas, das auf allen Positions zum Kochen benötigt wurde.
Trinkwasser und frische Nahrungsmittel wurden phasenweise ebenfalls zur Mangelware. Im Bereich der
Verpflegungsversorgung verschärften sich die Bedingungen ebenfalls: Gemäß "Memorandum of
Understanding" war das AUSBATT für die Führung und den Betrieb der "Austrian International Kitchen"
(AIK) verantwortlich. Das umfasste nicht nur die Versorgung des AUSBATT an sich, sondern zusätzlich
aller Nutzer des Camp "Faouar", also insgesamt etwa der Hälfte von UNDOF. Aufgrund der besonderen
Struktur des nördlichen Bataillons (die Größe der Besatzungen reichte von acht Personen in den kleineren
Positions bis zu mehreren hundert Personen im Camp "Faouar") und der großen Entfernungen zwischen
Camp und Positions war das System so ausgelegt, dass auf jeder einzelnen Position die Verpflegung für
die Besatzung eigenständig zubereitet wurde. Die große Stärke dieses Systems war die Flexibilität und die
relative Unabhängigkeit von der "Mutterküche" im Camp "Faouar".

Anfang 2013 wurde das AUSBATT mit der Einführung des "UN New Ration System" (UN NRS)
konfrontiert. Dieses System stellte einen extremen Paradigmenwechsel in der Verpflegungsversorgung
dar. Die bisher geübte Praxis der klein strukturierten, selbstständigen und flexiblen
Verpflegungszubereitung sollte einer zentralen Großküchenorganisation auf Basis täglicher
Stärkemeldungen und täglicher Lebensmittellieferungen eines zivilen Vertragspartners weichen. Der
Leitgedanke war hier wieder ein Einsparungspotenzial, da man sich durch diese Zentralisierung eine
drastische Reduktion der Verpflegungskosten erhoffte. Die Hinweise auf die nicht vorhandene
Versorgungssicherheit in Bezug auf tägliche Warenlieferungen bzw. das durchaus realistische
Bedrohungsszenario einer mehrtägigen bis mehrwöchigen Isolierung des Camps und der Positions
wurden seitens der UN-Administration aber ebenso wenig zur Kenntnis genommen wie die Tatsache, dass
die syrischen Behörden dem zivilen Vertragspartner keine Einreisegenehmigung erteilten.

Die unterschiedlichen Standpunkte im Bereich der Logistik führten tatsächlich zu Spannungen innerhalb
von UNDOF. Während die beiden Linienbataillone aufgrund der Lageeskalation die Forderung erhoben,
die versorgungsmäßige Autarkie aller Stützpunkte auf mindestens zwei bis drei Wochen auszubauen,
beharrte der UNDOF Mission Support auf lediglich eingeschränkter Bevorratung, um die Lagerkosten so
gering wie möglich zu halten. Einsparung in allen Bereichen war trotz der vorherrschenden Situation eine
ständige Vorgabe. Gemäß Angaben des Chief Mission Support waren durch UNDOF bis Ende Juni 2013
20 Prozent des Jahresbudgets einzusparen, obwohl die Kosten für Lebensmittel, Treibstoff etc. um

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mehrere 100 Prozent gestiegen waren.

In den wöchentlichen Berichten an das Streitkräfteführungskommando (SKFüKdo) wurde daher in der


Lagebeurteilung des Kontingentskommandanten (NCC) dargestellt, dass das militärische Risiko nach wie
vor kalkulier- und beherrschbar, der Engpass bei überlebenswichtigen Versorgungsgütern bzw. die
fehlende, zu späte oder inadäquate Reaktion darauf jedoch besorgniserregend waren. Den besonderen
logistischen Herausforderungen, die durch den Bürgerkrieg entstanden sind, wurde vermutlich zu spät und
zu wenig Beachtung geschenkt.

Ausrüstung, Bewaffnung, Schutz

Hinsichtlich der Ausrüstung und Ausstattung ist anzumerken, dass das AUTCON einen hohen Standard
an persönlicher Ausrüstung, vor allem an Schutzausrüstung, aufzuweisen hatte. Von Beginn an waren alle
Soldaten des AUTCON mit einer Splitterschutzweste ausgestattet bzw. befand sich im Kontingent ein
gewisser Stock an ballistischen Schutzwesten/Kugelschutzwesten. In Folge der Geschehnisse am
Flughafen Damaskus wurde dem Kontingent die notwendige Anzahl an Kugelschutzwesten
nachgeschoben, um jeden Soldaten damit ausstatten zu können.

Darüber hinaus wurde das Kontingent mit dem erweiterten Sanitäts-Selbsthilfesatz - IFAK - ausgestattet.
Hierzu wurde zu Jahresbeginn 2013 ein Team aus Österreich in das Camp "Ziouani" entsandt, um das
Kontingent im "Train-the-Trainer"-Verfahren am IFAK auszubilden. Diese Maßnahme nahmen die
Angehörigen des Kontingentes äußerst positiv auf - der Bedarf war durch die kriegerischen Ereignisse in
der AOS offensichtlich.

Während AUTCON und HRVCON über eigene ABC-Selbstschutzausrüstung und -ausbildung verfügten,
mussten die anderen Kontingente und der zivile Stab von UNDOF auf die latente Gefahr von
Chemiewaffeneinsätzen erst reagieren. Die UN kaufte daher batteriebetriebene Schutzmasken an und das
AUSBATT bot ein Ausbildungsmodul "ABC-Selbstschutz" für das INDCON, PHILCON und den zivilen
Stab/UNDOF an.

Ein weiteres Problem war die Ausstattung mit splittergeschützten Fahrzeugen. Es gab eine geringe Anzahl
von gehärteten Toyotas. Die Linienkompanien und die Force-Reserve verfügten über gehärtete
Patrouillenfahrzeuge der "RG"-Familie (RG31 "Nyala" und RG32 "Scout") Diese Fahrzeuge verfügen
zwar über eine hohe Minenschutzklasse, allerdings gab es keine Angaben über den Schutzgrad bei
Direktbeschuss durch Infanteriewaffen und größere Kaliber. Nach Beendigung von Patrouillen wurden
regelmäßig Einschusslöcher festgestellt. Zum Einsatz der Schusswaffen musste eine Dachluke geöffnet
werden, wobei der Oberkörper ungeschützt aus dem Fahrzeug herausragte. Nur einige wenige dieser
Patrouillenfahrzeuge verfügten über seitliche Schießöffnungen. Darüber hinaus waren die Fahrzeuge in
einem schlechten technischen Zustand. Da ab etwa Anfang Jänner 2013 die meisten der syrischen
Mechaniker der Kfz-Werkstatt aufgrund der prekären Sicherheitslage entlang der MSR7 nicht mehr zur
Arbeit in das Camp "Faouar" kommen konnten, fiel jedoch zusätzlich die Instandsetzungskapazität rapide
ab. Die Idee, 14 ausgemusterte und im Camp "Ziouani" abgestellte Radschützenpanzer "Sisu" zu
reaktivieren und den Linienkompanien zuzuführen, scheiterte an administrativen Hürden. Schließlich
wurde seitens UN New York angeordnet, "Nyalas" von der Nachbarmission UNIFIL abzuziehen und zu
UNDOF zu überstellen. Unglücklicherweise waren die von UNIFIL eintreffenden "Nyalas" aber in einem
derartig schlechten technischen Zustand, dass sie umfassender Instandsetzungsarbeiten bedurft hätten.
Diese Kapazität war jedoch bei UNDOF kaum mehr vorhanden.

Ende März 2013 wurden von der gescheiterten UNSMIS neue, gehärtete Toyotas übernommen, was
insbesondere bei den beiden Linienbataillonen für eine zumindest geringe Entlastung sorgte. Alles in
allem war die Situation bei den gehärteten Fahrzeugen prekär und bei Weitem nicht mehr ausreichend, um

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beispielsweise die Evakuierung von mehr als einer Position zeitgleich zu gewährleisten bzw. um alle
Patrouillen mit gehärteten Fahrzeugen durchführen zu können.

Hinsichtlich Bewaffnung ist festzustellen, dass die auf dem Memorandum of Understanding festgelegte
Ausstattung unter den dargestellten Rahmenbedingungen nicht mehr ausreichend war. Denn nicht nur
SAAF, sondern auch die AGAE verfügten bereits über üsMG, fahrzeuggestützte Maschinenkanonen und
teilweise Granatwerfer. Die schwersten Waffen von UNDOF hingegen waren lediglich leichte
Maschinengewehre. Im Bereich des AUSBATT war pro Position ein MG sowie eine geringe
Umlaufreserve auf Bataillonsebene verfügbar. Die Forderung, die angekündigten MTPz "Pandur"
wenigstens mit 12,7-mm-üsMG auszustatten, wurde seitens des UNDOF Mission Support nicht
mitgetragen. Mit Verweis auf das Memorandum of Understanding wurde auf die Einhaltung der
Kalibergrößen ("Crew-served machine guns up to 10 mm") gepocht. Damit waren einer wirkungsvollen
Demonstration des Abwehr- und Verteidigungswillens enge Grenzen gesetzt.

Im Bereich der Schutzbauten war der Ausbauzustand ausreichend. Jeder der etwa 1 200 Angehörigen von
UNDOF konnte im Falle von Steilfeuer in splittergeschützten und eingedeckten Sheltern Schutz finden.
Darüber hinaus wurde vor allem auf den Positions der Linienkompanien durch Eigenleistung und
Kreativität der Ausbau ständig weiterbetrieben. So wurde beispielsweise bei der AUSBATT Posn25 nach
einem Eindringversuch und direktem Beschuss der Ausbau mit zusätzlichem Splitterschutz der
Wohnräume, eingedeckten Beobachtungsständen, Verstärkung des Tores und der straßenseitigen
Einfriedung sowie eingedeckten Abwehrstellungen gegen neuerliche Eindringversuche vorangetrieben.

Kritisch war hingegen der Sicherheitsstandard des Camp "Faouar", da ein Großteil der Wohn- und
Schlafräume ungeschützt unmittelbar am ostwärtigen Campzaun gelegen waren. Zwar wurden hier in
Eigenregie verschiedene Projekte zur Erhöhung des Truppenschutzes initiiert, angesichts der
Einsparungsvorgaben und mangels Material allerdings nur mit bescheidenem Erfolg.

Freedom of Movement

Schließlich ist noch der Faktor der Bewegungsfreiheit im Einsatzraum zu erwähnen, da die Zunahme der
Checkpoints beider Seiten und die Sperrung von Bewegungslinien die Auftragserfüllung beträchtlich
erschwerten. Wurden anfangs vor allem durch SAAF einige wenige Kontrollpunkte entlang der MSR7
Richtung Damaskus betrieben, bildete sich im Laufe der Zeit ein immer dichter werdendes Netz von
Straßensperren in der AOL und der AOS, was jede Bewegung außerhalb der Camps und Stützpunkte zu
einem schwierigen Unterfangen machte. Einerseits war es für UNDOF entscheidend, auf "Freedom of
Movement" (FoM) zu beharren, andererseits wurde es zunehmend gefährlicher, eine Anhaltung bzw.
Kontrolle zu verweigern und dadurch eine gewaltsame Reaktion der Checkpointbetreiber - SAAF oder
AGAE - zu riskieren.

Die bereits mehrfach erfolgten Überfälle auf die UN, bei denen Waffen und Fahrzeuge geraubt wurden,
vor allem aber die Geiselnahmen bei den Nachbarn vom PHILBATT ließen bereits erkennen, dass vor
allem seitens der AGAE die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung gegen die UN stetig im Sinken
begriffen war. Es war daher erforderlich, das Verhalten während der Bewegung ständig anzupassen und
den Vehicle Movement Code schrittweise anzuheben und möglichst kampfkräftig aufzutreten, um
verdächtig erscheinende Checkpoints im Bedarfsfall durchbrechen zu können und dadurch Geiselnahmen
zu verhindern.

Ein weiteres Phänomen, das bis dato keine Rolle für UNDOF gespielt hatte, war der Einsatz von
Sprengfallen (Improvised Explosive Devices/IED und Road Side Bombs). Nachdem eine UNTSO-
Patrouille am 30. Dezember 2012 von Damaskus kommend im Rückspiegel des Fahrzeuges eine
Detonation seitlich eines soeben passierten Straßenstückes beobachtete, konnte das EOD-Team

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(Explosive Ordnance Disposal/EOD/Kampfmittelabwehr) des AUSBATT an dieser Stelle ein erstes IED
entschärfen und sicherstellen: es handelte sich um acht behelfsmäßige Richtladungen beiderseits der
MSR7 mit einem Sprengstoffgesamtgewicht von ca. 25 kg, die glücklicherweise nur zum Teil ausgelöst
wurden. Ab diesem Zeitpunkt häufte sich die Gefährdung durch IED, die von Rebellen vor allem zur
Abriegelung von Bewegungslinien im Zuge von Angriffen und Überfällen auf SAAF eingesetzt wurden.

(wird fortgesetzt)

Autor: Obst Paul Schneider MSD, Jahrgang 1965; 1986 - 1989 TherMilAk; ausgemustert als
Pionieroffizier, 1989 - 2004 ZgKdt, stvKpKdt, KpKdt, StbO, S3&stvKdt, BKdtmdFb beim PiB3 in Melk;
2005 - 2006 Referent in der Abteilung Militärpolitik während der österr. EU-Ratspräsidentschaft; 2006 -
2010 StbO im Bereich J3/Future Operations beim "Kommando operative Führung Eingreifkräfte" der
Bundeswehr in ULM/DEU; seit 2010 als Referent und Referatsleiter in der Abteilung
Einsatzvorbereitung/Gruppe Einsatzgrundlagen/Sektion IV; Auslandseinsätze: 1993/94 ZgKdt und PiO
beim AUSBATT/UNDOF; 1999 PiO ATHUM/ALBA; 2004/2005 DACOS G3&Chief TOC in der
Multinational Task Force North/EUFOR ALTHEA, Dezember 2012 - Juli 2013 letzter Kdt
AUSBATT/UNDOF und NCC AUTCO; Soldier of the Year 2013.

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