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IN AUG URAL-DISSERTATION
zur
Erlangung des Doktorgrades
einer
Hohen Philosophischen Fakultät
der Eberhard-Karls-Universität zu Tübingen
vorgelegt
von
KAMAL SABRI KOLTA
aus
Kairo/Ägypten
1968
Gedruckt mit Genehmigung der Philosophischen Fakultät
der Universität Tübingen
B. Hauptteil
I. 1) Die in 2. Buch namentlich gleichgesetzten
Gottheiten und die möglichen Ausgangspunkte
dieser Gleichsetzung:
Amun Zeus •••••••••••••••••••••••• 1
Apis Epa phoa ••••••••••••••••••••• 16
Bubastis - Artemis•••·•••••·•·•···• 24
Horus - Apollon •••·•••·••••·•·••••• 31
Isis - Demeter •··••·•••··•••·••••·• 42
Mendee Pan••••••••••••••····••••• 52
Osiris Dionysos •••••••••••••••••• 58
Anhang zu II 170, 1 •••••••••••• 7o
II. 2) Gottheiten für die Herodot nur die
griechische Bezeichnung verwendet:
Aphrodite - Hathor ••••••••••••••••• 74
Ares - Horus-Onuris •••••••••••••••• 82
Athene Nei th ••••••••••••.•••••..• 96
Helios A tu.m-Re •••••••••••.•••••••• 1o5
Hephaistos - Ptah •••••••••••••••••• 118
Herakles Chons-Schu •••••••••••••• 126
Hermes - Thot •••••••••••••••••••••• 134
Kabiren - Pataiken des Ptah •••••••• 140
Leto - Hathor-Uto •••••••••••••••••• 145
Perseus - Min •••••••••••••••••••••• 150
Selene Isis •••••••••••••••••••••• 155
Typhon Seth •••••••••••••••••••••• 161
III. Das Problem der Identifikation••·•• 169
Verzeichnis der Abkürzungen und der
Zeitschriften•••••••••••••••••••••• 176
Literaturverzeichnis••••••••••••••• 181
Yo r wo r t
Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 1967 von der
Philosophischen Fakultät der Eberhard-Karla-Universität zu Tübin-
gen als Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades angenommen.
Die Widmungdieses Heftes an das altphilologische und ägyptologi-
sche Seminar der Universität Tübingen soll meinen Dank dafür zum
Ausdruck bringen, daß ich hier Anregung und Gelegenheit gefunden
habe, mich mit altphilologischen und altäg7ptiachen Studien zu
befassen.
Ich danke meinen Lehrern in Äg7pten, die mich vor 14 Jahren in
die Altphilologie eingeführt haben, und die mir geholten haben,
nach Deutschland zu kommen, um meine Kenntnisse zu erweitern:
In erster Linie gilt mein Dank den Herren Professoren Dr.Mohammed
Saqr Khataga, Dr. Wahib ICamil, Dr. George Crowtord, Dr. Abdel-
Latif Ali, Dr. Sami Gabra und Dr. Murad ICamil.
Mein ganz besonderer Dank gilt meinen sehr verehrten Lehrern,
Herrn Professor D.Dr. Hildebrecht Bommel für die Unterstützung
und Förderung, die er meiner Arbeit angedeihen ließ, sowie Herrn
Professor Dr. Hellmut Brunner für sein Interesse an meiner Arbeit
und seine vielfachen Anregungen. Ich danke auch meinem Lehrer
Herrn Professor Dr. Günther Wille für sein verständnisvolles Ent-
gegenkommen während meiner Studienzeit.
Ich danke weiter Herrn Dr. Burkhard Gladigow, der mich in die
Methodik des wissenschaftlichen Forschens eingeführt hat, Herrn
Dr. Albrecht Locher und Herrn Jörg Dietrich, die mich bis zuletzt
mühevoll und geduldig angeleitet haben. Auch bin ich Herrn Dr.
Kurt Roepke, der mir während meiner Studienzeit half, zu Dank
verpfiichtet.
Schliesslich bedanke ich mich herzlich bei Herrn cand. phil.
Klaus Peter Xuhlmann aus Stuttgart, der die Hierogl7phen in diesem
Heft mit geschickter Hand geschrieben hat.
A. E1n1 e 1 t un g
1) Herodots Quellen
Ägyptische Funde in Griechenland in Form von Keramik (seit etwa
700 v. Chr.) zeigen, daß Griechenland Kontakt.mit Ägypten hatte!)
In der Kolonisationszeit haben sich Griechen in Ägypten niederge-
lassen. Sie kamen der ägyptischen Zivilisation näher und lernten
die Ägypter kennen. Der Bericht Herodots II 154 bezeugt, daß die
Griechen schon zur Zeit Psammetichs I., etwa um 650 v. Chr., in
Ägypten waren.
Verschiedene Autoren sind der Ansicht, daß Herodot viel Wissens-
wertes über Volk, Kult und Religion von einem oder mehreren
Griechen, die am Nil lebten 2 ), sowie auch von Ägyptern erfahren
hat. Herodot schreibt -tOLGL ... µEv
, vuv u1t• ' A1.yu1t-i1.wv
, , ... ,
AEyoµEvo1.aL cL
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aew Ö.E~ .a .01.aü.a 1t1.8ava la ... · !µot Ö& 1tapa n&v.a ( .ov)
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A6yov U1tokEL-ia1. 0.1.
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YP~,w.
( II 123,1 ) "Wemdas glaubwürdig ist, der mag es annehmen, was
die Ägypter erzählen, mir liegt bei der ganzen Geschichte nur
daran, daß ich aufschreibe, was ich von ihnen 3 )gehört habe".
Dazu kamen noch die ägyptisch-sprechenden Griechen. Nach Müller 4 )
war z.B. der Verfasser der "Isis-Aretalogie 5 > 11 , ein griechischer
Priester. Dieser lebte in Ägypten, hatte Kenntnisse von der
ägyptischen Sprache und konnte deshalb diesen religiösen Text
über Isis sammeln und ins Griechische übersetzen.
In der Frage der Gewährsleute Herodots schließe ich mich der
Meinung T.Säve-Söderberghs 6
an ), der annimmt, daß Herodot seine
Kenntnis der ägyptischen Königsgeschichte (II 99 - 182), welche
die Zeit vor der Thronbesteigung Psammetichs I. betrifft, aus
ägyptischen Aueeagen 1 >, und die- der späteren Zeit aus ägntiachen
und griechischen zugleich bezogen haben wird 2 >. Es geht deutlich
hervor aus folgender Stelle~od~wv 61 oCxLa8iv~wv !v ~Cydfff ot
IAA~ve, oü~w !xLµLay6µevoL ~od~oLOL ~&xept Afyunov yLv6µeva &xb
faµµ~~,xou ~aoLAio, &ptuµevoL xdv~a x«t ~&Gnepov lxLn&µiea
&~p,xlw,• (II 154,4) "Mit ihrer Niederlassung in Ägypten hebt
der Verkehr der Griechen mit den Ägyptern an, und infolgedessen
haben wir von allem sichere Kunde, was eich seit der Zeit des
Könige Psammetich und später in Ägypten zugetragen hat".
Daß Herodot seine Kenntnisse in erster Linie von seinen Lands-
leuten erhalten hat und nur zum Teil von Ägyptern, muß schon des-
halb angenommen werden, weil er selber kein Ägyptisch und die
meisten Ägypter kein Griechisch veretanden 3 >. Wie bereite erwähnt,
kamen zahlreiche Griechen etwa um 700 v.Chr. nach Ägypten. Sie
waren in der Hauptsache Kauneute, die am Nil Niederlassungen
gründeten, aus der eich im Laufe der Zeit unter Peammetich II.
die mileeieche Kolonie und die Handelsstadt Naukratis entwickel-
ten. Aus der Geschichte von Psammetich I. geht hervor, daß er
ionische und karische Söldner zum Schutze und Aufbau seines Lan-
des verwendete 4 >. Die Ioner und die Karer wurden im Lande behalten
und in Kolonien angesiedelt. In dieser Zeit wurden Ägypter in der
griechischen Sprache unterrichtet 5 ) und als Dolmetscher zu einem
neuen Berufsstand erhobenxat 6~ xat xat6a, xapi~aAt aö~oLOL At-
yux~Lou, ~~V .EAAa6a YAWaaavlx6L6dax,a8aL, &no6E ~ou~wv
lKµa8ov~wv ~~V yAwaaav ol vüv !pµ~vl,, tv Alyu•~f ytyovaaL.
(II 154,2). Möglicherweise hat Herodot seine Sprachschwierigkeiten
mit Hilfe eines solchen Dolmetschers überwunden. Herodot reiste
in& Ausland, um durch eigenen Augenschein Erkundigungen und Nach-
forschungen anzustellen II 99,1µEXPL µlv ~od~ou 3 ♦L, ~E !µ~ xat
yvwµ~ Kat la~op,~ ~aü~a A&youou &nL betont er.
il W.Spiegelberg:
J.Vogt:
Die ~laubwürdigkeit
Herodot in Agypten, Stuttgart
Herodots, Heidelberg 1926
Herodots Berichte über die Zeit des Alten, Kittleren und Neuen
Reiches in Ägypten weisen mehr fehlerhafte als richtige Einzel-
heiten auf'.· Zwar stimmt es mit dem heutigen Stande der Wissen-
schaft überein, wenn er schreibt (II 99,2), Kenes sei der erste
König von Ägypten gewesen. Falsch jedoch ist die Reihenfolge,
nach der einzelne Könige aufeinander gefolgt sein sollen. Weder
folgt Sesoetris auf' Menes (II 1o2) noch danach Rhampsinitoe
(II 127). Unrichtig ist ferner von ihm angegeben, daß die Pyrami-
denerbauer Cheops (II 124) und dessen Nachfolger Chephren ( II
127) und Mykerinos (II 129) nach Rhampsinitoe regiert hätten.
Man sieht daraus, daß Herodot gerade nicht getan hat, was wir
eigentlich von einem Historiker erwarten, daß er nämlich Quellen
studiert hat. In vielen hagen hat er eich kein eigenes Urteil
gebildet, bzw. nicht bilden können. Jedoch hat er diesen Umstand
in seinem Werk ausdrücklich erwähnt. Hier kommen wir zu dem oben
genannten zweiten Punkt und können Panitz 1) folgen, der sagt:
"Wennwir versuchen, die Stellung Herodots zu seinem Bericht zu
klären, eo sind wir in der Lage, den Schriftsteller selbst hören
zu können, der uns an einigen Stellen seines Werkes kund tut, wie
er verstanden sein will"•
Die einschlägigen Stellen bei Herodot sind folgende: "Ob einer
alles glauben will, was die Ägypter erzählen, ist seine Sache.
Mir ist es bei alledem nur darum zu tun, das aufzuzeichnen, was
ich von ihnen gehört habe" (II 123,1). Auch an einer anderen
Stelle "Ich m.uß alles sagen, was erzählt wird, zu glauben aber
brauche ich nicht alles und dies gilt für meine ganze Geschichte".
(VII 152,3). Herodot übernimmt offensichtlich keine Verantwortung
für den Wahrheitsgehalt dessen, was ihm berichtet wurde. Im
zweiten Satz tritt der Gegensatz zwischen dem Mitteilungszwang
("Ich muß alles sagen, was man erzählt"), der Herodot erfüllt,
und seinem Zweifel zutage, ob die Mitteilungen überhaupt zu-
treffen ("Zu glauben brauche ich nicht alles"). Deutlich sagt er
auch, daß unter diesem Gesichtspunkt sein ganzes Werk gelesen
werden muß.
Am u n Z e u s
Herodot berichtet II 42,3 über den thebanischen Gott, den Zeus
8rißa1.cu, (vgl. I 182,2; IV 181,2) folgendes: "Herakles wollte
unbedingt einmal Zeus sehen, der aber wollte sich nicht von ihm
sehen lassen". Hinter diesem wichtigen Motiv, daß Zeus nicht
gesehen werden will, scheint das ägyptische Wortspiel "Imn-:-jmn"
unsichtbar - W.B. I, p. 85, 4 - 6 - inyi~ibili~ zu stehen. In den
?yr.-Texten kommen zwei Stellen vor
"Unas ist es, dessen Wort gerichtet wird, mit dem, dessen Name
verborgen ist (399 a)".
"Hinter dich,
Dw\-~~ [fH4JL~~ r~J:=:>\
Schlange unsichtbar, mach dich unsichtbar (434 a,c)".
An diesen Stellen ist ein Vacuum hinter dem Wort Imn = Amun. Diese
Lücke war als Determinativ gedacht, und sollte das Wort Amun "Imn"
als unsichtbar bezeichnen.
Noch in dem Leidener Amun-Hymnus1 ) finden wir
q~1§8!16a
!::. 'JJ~'
~~ ~
"der seinen Namen als Amun verbirgt". Und an dieser Stelle ist das
Wortspiel deutlich und wird die Unsichtbarkeit Amuns klar hervor-
gehoben2),
Einem Widder das Fell abzuziehen, und nachdem er den Kopf abge-
schnitten hatte, denselben vor sich hinzuhalten und sich mit dem
1
Vlies zu bedecken >. In dieser Verkleidung habe sich Zeus dem
Herakles gezeigt." Aus diesem Grunde verehren die Thebaner den
Widder und schlachten ihn nicht, ausgenommen an einem Tag im Jahr.
An diesem Tage wird in einer kultischen Begegnung das Erscheinen
des Zeus als Widder gefeiert 2 ).
In Verbindung mit diesem Bericht über die Zeusverehrung in Ägypten
fällt der entscheidende Satz 'Aµoüv yap Alyu~TLOL KaAEOUOL TOV 6Ca.
(II 42,5) "Amunnämlich nennen die Ägypter den Zeus". Soweit
Herodots Bericht über den ägyptischen Zeus.
Der ägyptische Gott Amun'Aµovpaawv8~p" imn-rC-nsw.t. rurw= Amon-
Re, König der Götter", der mit dem griechischen Zeus gleichgesetzt
wurde, ist der Herr der Stadt w;s.t 3 >. Sein Kult hat sich von
dieser Stadt Theben (Wis.t) bis nach Nubien und nach der Amons-
Oase Siwa verbreitet 4 ).
1~B-!~;,
Stadt; 1:.•. =
Fürstin
'Rfi
~
Fürstin der Städte und Gaue;
Herrin jeder
Ein Hymnus an ihn, in dem es heißt 1 ): "du bist der Himmel, du bist
die Erde, du bist die Unterwelt, du bist das Wasser, du bist die
Luft zwischen ihnen", zeigt, daß seine Bedeutung für größer an-
gesehen wurde, als es seine Titel "der große Gott, der Herr des
Himmels, der Erde, der Unterwelt, des Wassers, der Berge 112) ver-
muten lassen. Er ist also nicht nur der Herr der Elemente, sondern
diese sind Teile seines Wesens oder in ihm verkörpert.
In der ägyptischen Religion finden wir einige Belegstellen, in
denen Amun "Vater" genannt wird. Man findet in den Tempeln von
Madinet Habu und Deir el Medina, sowie in thebanischen Inschriften
der griechisch-römischen 3
Zeit ) außer den geläufigen Titeln 4 ) des
Amun auch noch "Vater der Väter" ,f;!_ ,:;.._ 5 ), häufig auf die
II 1
acht Urgötter bezogen. Man vergleiche dazu noch das Beiwort "Vater
der Väter, Mutter der Mütter", das aus dem Mittleren Reich bis zur
19. Dyn. belegt ist ). 6
Dieser uns für Zeus geläufige Beiname "Vater" hat jedoch nicht
dieselbe Bedeutung bei dem ägyptischen Amun. Bei Zeus bedeutet
dieser 3einaoe die Umschreibung der hechte und Pflichten eines
pater familias. Aber wenn von Amun als Vater die Hede ist, so ist
der Begriff nicht ordnend, gesetzgebend, sondern genetisch, schöp-
ferisch gedacht. In Amuns Stellung als Vater der acht Urgötter ent-
spricht er dem ?tah-Tnn, der diesen Titel schon vor dem Aufsteigen
des Amunkultes führte. Eine solche unter- oder gleichordnende
Einstufung erschien aber mit dem Primat des Amun unvereinbar. Man
versuchte daher, sie dadurch zu vermeiden, daß man Amun zum Vater
des ltah machte, also zum Großvater der acht Urgötter. Diese
1) Sethe, Amun § 22, vgl. Brugsch, Gr. Oase, 27, 41 = Berl. Pap.
3045, 3, 4, 5. siehe auch dazu" Zcu~ EcrTLvate~p, Zcu~ y~, öe
Zcu, TOL Ta navTa XWTLTWVÖE( TOL)vnlpTcpov.
"Die Fragmente der Tragödien des Aischylos" herausgegeben von
Hans Joachim Mette, Berlin 1959, fr. 1o5. Augustus Nauck:
Tragicorum Graecorum fragmenta, herausgegeben von Bruno Snell,
Hildesheim 1964, fr. 7o; dazu Choeph, 382 ff.
Es ist Ahnlichkeit zwischen beiden Texten und vor allem, daß
Zeus nicht nur Ta navTa ist, sondern noch über allen Mächten
steht. (Hinweis von H.Hommel)
2) Sethe, Amun § 22. 3) Sethe, Amun § 108.
4) "Herr der Throne der beiden Länder", "König der Götter", "der
Urzei tliche der beiden Länder".
5) Sethe, Amun § 6, 30.
6) E.Naville: The XIth Dyn.Temple at Deir-el-Bahari, 3 vols.,
London, 1907-13, Taf. X c, p. 6.
5
~~ 4~ : c:.:S
"Amun, der herrliche Gott,
*~ J,T ~ - fl ~ ~
der zuerst entstand, das ist der Hauch,
der in allen Dingen bleibt, und durch den man lebt immerdar 115>.
Und von Amaunet heißt es:
q~~ ~ f ~ -l~ u~ rca) ~7.! l::: ~·➔-ri:s 2~~
"Amaunet, das ist der Nordwind, der Speisen und Nahrung entstehen
läßt durch sein Wirken, der die Bäume wachsen läßt 116>.
ihnen als Symbol der königlichen Macht das Zepter geschenkt hat 1)
und damit das erbliche Königtum aufrichtete. Zeus liebt den König
und verleiht 2
ihm Ehre ) . • 1.µ~ lK 61.6, lo.1.und die Insignien der
Herrschaft.
In einem ägyptischen Text finden wir eine Bezeichnung für Amun
3
als Donnerer ) qj ~(!. q~ ~ \.S\ \. D ~
~t '-f.lA-..
"Denn Amun donnert
~iN~ ~=-~~
im Himmel und läßt
0
Seth zu seiner Zeit .••. ".
Zeus wird bei Homer merkwürdigerweise nie alsßaa1.kcu, bezeichnet 4 i
Aber die Stellung des Zeus als Oberhaupt der Götter ist in der
griechischen Mythologie seit Homer gesichert 5 ), z.B. : t 366
''e , , ,
au ut naa1. µc. a ava.01.aLv avaaac1.,
, .E.' - ''du gebietest allen
Unsterblichen (als Herr des o?Ko,) ". Nun ist Zeus nach allgemeiner
6
Vorstellung nicht Despot, sondern er wird otKOLO &vat ) oder
ötan6.~, Hausherr genannt. Bald nach Homer und zur Zeit Hesiod
wird dann Zeus sekundär auch zum ßaa1.kcu, • Diese Stellung ist
seit Hesiod niemals bezweifelt worden, so daß Hesiods Worte )lK 7
OE61.0, ßo.aLk~e, ein Licht auf die Herkunft des irdischen Königs-
tums werfen 8 ), das man sich als Spiegelung des himmlischen Königs-
tums vorgestellt hatte.
Wohl mit Bezug auf das dodonäische Orakel wird an einer Stelle
der Ilias gesagt, wo Achilleus betet (n 233): ZEÜ äva 6w6wvatc
Das Orakel der Eiche wird nämlich auch in der Odysse zweimal er-
wähnt ( t 327 - vgl.," 296):
"ov 6'!, AWÖWVT)V ,&"o ß~µEvaL, ö,pa 8EOLO
· !k 6puo,u~LkOµOLO 6Lo, ßOUA~V!ffakOUO~
Homer nennt den Baum hier 6pü'-. Hesiod spricht von einer ,Tlro,
(frg. 212 Rzach) Aw6wvT)v,T)yov "E, IlEAaaywv ~Ev
Platon erwähnt die Orakel der Eiche und die Priesterinnen in
Dodona neben der Prophetin in Delphi als in Verzückung weissagend,
und die Geschichte wird von späteren Autoren wiederholt 1 >.
Ein Schluß auf weissagende Tauben, der sich auf dieser Geschichte
aufbaut, hat nur schwachen Grund. In dem Ammon-Orakel, bei dem wir
den Hergang kennen, ist von solchen Dingen keine Rede. In der
Ilias sind die Propheten Männer, in den Orakel-Inschriften werden
ot Aw6wvatoL genannt, und ein dodonäisches Orakel bei Demoethenee
2
fängt an ) "~ ö~µ~ "~ 'A8T)vaCwv o "oü ALo, aT)µaCvcL
Von dem Vorgang bei der Orakelerteilung in Dodona wiesen wir wenig.
Es scheint, daß die Dodonaier zu gewisser Zeit das Orakel nach dem
Vorbild Delphis modernisieren wollten und Prophetinnen einsetzten~)
Eine in dem Orakeltempel in der Ammonsoase gefundene Inschrift
berichtet von einem Beiwort des Amun als "Herr der Ratschläge".
Dieser Beiname bezieht sich auf Amun als Orakelgott. Ich zitiere
hier die Übersetzung von G.Steindorff 4 ): "Es spricht Amun-Re, der
Herr der Ratschläge, der große Gott, ich gebe alles Leben und alle
Gesundheit, alle Freude dem Großen der Fremdländer ••••••• ~iV,
dem Sohn des Großen der Fremdländer Rdt-nb (?)".
Zeus hat an der Mantik seinen Anteil. Er ist der Weltherrscher und
der Verkilnder der Weltgesetze 8cµL°"E'• Dadurch steht er in Ver-
bindung mit der Göttin,,Themis. Und wie Hesiod ihn beschreibt
( epya 267)., als allsehend und allwissend.
Z u s a mme n f a s s u n g
Die Gleichsetzung von Amun und Zeus läßt sich durch eine ganze
Reihe von Gemeinsamkeiten begründen:
Beide sind als Herrscher über den Kreis der Götter bekannt. Amun
wird als Götterkönig bezeichnet - schon Hesiod schildert die Wahl
des Zeus zum König der Götter. Sinngemäß verleiht Zeus auch den
irdischen Königen Macht und Ansehen, und von Amun werden die Könige
gekrönt. Das Königtum findet im Beinamen "Vater", der sich für
beide Götter nachweisen läßt, seinen persönlich familiären Ausdruck.
Zeus wie Amun sind Götter des Himmels. Der Himmel ist im griechi-
schen Mythos ein Sohn des Äthers, jener Substanz, welche die Quelle
allen himmlischen Glanzes ist, und dieser oberste und höchste
Himmel galt als Sitz aller Unsterblichen und Herrschenden. In
diesem Sinne ist Zeus auch als ätherischer Lichtgott gedacht
wordeni). Bei Amun ist es besonders seine Erscheinungsform als
Amun-Re, die ihn den Menschen als Gott des Himmelglanzes und des
Lichtes darstellt,>.
In beiden Göttern verkörpern sich auch andere ·am Himmel zu beobach-
tende Erscheinungen. Wie Zeus als Windgott bezeichnet wird, ist
auch Amun Gott der Luft und des Windhauches. Zeus als Donnerer
Aischylos, Hik 592 ff. auch in Hik. 1o58 eine ähnliche Stelle.
Il. 8 558 oupa~68~v 6'&p'untppay~ &ont.o, ~le~p
Aisch. Prom 1o91
Aristoph. Nub. 285
w nav.wv aC8~p KOLvov
Öµµa y&p atelpo,
,&o,
&xaµa.ov
tLACaawv.
OtAaytt.aL µapµaplaL, lv auyat,.
Eur. fr. 9i9 N. xopu,~ 6E 8twv o nlpLt xewv EXWV ,atvvo, ate-
~p.
3) K. Sethe: Amun und acht Urgötter, § 237. ;
A. Scharff: Ägyptische Sonnenlieder, Berlin 1921, z.B. p.43,55.
15
Ap i s - Ep a p h o a
KaAtouaL ••• (III 271) "als Kambyses nach Memphis kam, erschien
Apis den Ägyptern, den die Griechen Epaphos nennen".
An dieser Stelle geht Herodot näher auf Apis - Epaphos ein und
sagt o 7
6E AnL, o~.o, o
·Ena,o, YLVETaL µ6axo, lK ßoo, ~.L, oÖKtTL
ot~ .c y(vc.aL l, yaa.lpa &AAOvßaAAEa8aL y6vov ••••• (III 28,2)
"der Apis oder dieser Epaphos ist ein Kalb, das eine Kuh geworfen
hat, die dann kein weiteres Junges bekommen kann".
III 28,2 beschreibt Herodot den Apis folgendermaßen: Das Tier sei
schwarz gewesen lwv µlAa, , habe auf der Stirn einen dreieckigen
weißen Flecken 2 ), auf dem Rücken das Bild eines Adlers, am Schwanz
doppelte Haare und unter der Zunge einen Käfer.
Die Worte des Aischylos im Prometheus 851 bekräftigen diese Be-
schreibung in einem Punkt: .ltcL, KEAaLvov •Ena,ov. Obwohl im
allgemeinen der Nilbewohner dunkelfarbig gezeichnet wurde, wie in
den Hiketiden 719 die Ägypter µEAayxLµo, yuCoLaL AEUKwv lK
ncnAwµa.wv nplnouaLv •• brauchte Epaphos als Sohn der nicht
Aischylos den Hamen Epaphos gegeben hat 1 >n. Sicher hat Aischylos
den Namen nicht erfunden, sondern er gebraucht den Hamen Epaphos
für einen schwarzen Sohn der Io, der am Bil geboren ist.
Die wenigen Spuren von Epaphos gehen für uns von der Io-Sage aus.
Diese Sage ist in kurzen Worten folgende: Io hat die Liebe des
Zeus gewonnen. Als Zeus sich ihr nähert, merkt dies Hera und er-
tappt ihn bei der Tat. Hera verwandelt Io 2 ) in eine weiße Kuh3 ),
die sich Hera als Geschenk von Zeus wünscht und durch Argos be-
wachen läßt 4 >. Zeus befiehlt Hermes den Argos zu töten (Hik.3o5)
und so wird Io befreit. lun sendet Hera eine Bremse, welche die
Kuh von Land zu Land treibt 5 ). Auf dieser Irrfahrt kommt Io schließ-
6
lich nach Ägypten >. Dort hat Zeus sie wieder in ihre menschliche
Gestalt zurück verwandelt und sie gebiert einen Sohn, der Epaphos
heißt, König von Ägypten wird und Memphis gründet 7 >. Seine Urenkel
sind Aigyptos und Danaos 8 >.
Die Verwandlung Io's in eine Kuh durch Hera ist mit der Bedeutung
der Kuh im Herakult in Zusammenhang gebracht worden, und hat zu
der Annahme geführt, daß Dienerinnen der Hera als Kühe verkleidet
waren. Nach Herodot 9 ) setzten die Griechen in Ägypten Io der kuh-
gestaltigen Isis gleich.
Die zunächst auf Argos beschränkte Io-Legende wird auf andere
Gegenden z.B. Thrakien, Bosporus 1O)und den Kaukasus erweitert. Sie
führt überdies nach Ägypten. Darüber berichtet Herodot (I 1,4.I 2,1)
1) • • :!. 1. • • ,.
betont auTu, o. xaT~~ ,uToupyö, au-
T6XtLp avat ylvou, KahaL~
6!pwv µ!ra, Tlx~wv, TÖ xäv
µ~xap oupLo, Ztu,.
Zeus ist der pflanzende Vater, der Herr, der mit eigener Hand
erschuf aÖTOXELPävat. Deswegen heißt das Kind nach dieserlxa,~
Epaphos.
Vielleicht darf man hinzufügen, daß Zeus eich durch die Zeugungs-
gebärde zur gleichen Zeit als l,axTwp des Besitzes seines Liebes-
pfandes versicherte. Er schuf den Epaphoe und erklärte ihn für
seinen Sohn, durch die E,a~L,. Die lua,~ ist vor Herodot 2 ) in
Ägypten belegt 3 )
Die Vorstellung, daß ein Gott auf wunderbare Weise in einer Kuh
gezeugt, nämlich daß Apis von einer Kuh, wie Epaphos nach Io-Ver-
wandlung zur Welt gekommen ist, ist gut ägyptisch. Allgemein ver-
breitet ist hier die Vorstellung, daß Re (Aton) durch den König
4
zeugt ). So haben die Griechen die Wunderzeugung des Apis verbun-
den mit einer entsprechenden Episode, in die wohl ursprünglich
griechische Io-Sage eingefügt.
Der ägyptische Ursprung dieses Teiles der Sage bleibt aber in
ihrem Bewußtsein. Hinter diesem Gedanken steckt ägyptisches Gut,
nämlich eine Zeugung durch Lichtstrahl 5 )oder Berührung. Diese
Vorstellung der Wunderzeugung durch die Berührung 6 ) ist rein
ägyptisch und seit dem 2. Jahrtausend v.Chr. belegt 7 ), mit Bildern
Z u s a mme n f a s s u n g :
Die Griechen nennen den schwarzen Apis Epephos.Die Mythen von der
Geburt beider Götter stimmen darin überein, daß ihre Zeugung durch
eine Berührung erfolgt: Die Kuhmutter des Apis soll von Mondstrah-
len berührt und geschwängert worden sein, Epephos nach Berührung
seiner Mutter Io (Kuhgestalt) durch Zeus. Die Geschichte von der
Geburt des Apis ist wahrscheinlich des direkte Vorbild der Geburts-
geschichte des Epaphos. Die Vorstellung von der Zeugung durch Be-
rührung ist typis·ch ägyptisch. Ein Relief im Tempel von Deir el
Baheri (Taf.4,16) das die Geburt der Königin Hatschepsut darstellt,
zeigt den Gott Amun, der sich der Königin-Mutter naht, und sie mit
dem Zeichen des Lebens ljl berührt. Er hält es ihr an Hand und
Jtase. Im griechischen Mythos geschieht die Berührung durch die
Hand, wie es in den Hiketiden 592 betont wird.
B u b a s t i s Artemis
auf ägyptisch ist Apollon Horus, Demeter ist Isis und Artemis ist
Bubastis".
Auch Aischylos hatte dieselbe genealogische Vorstellung, daß
3
Artemis die Tochter der Demeter sei (II 156,6) ). Herodot berichtet
weiter, daß Bubastis die Schwester von Horus und deshalb die Toch-
ter von Osiris und Isis sei 4 ). Man feiert in der Stadt Bubastis
Feste zu Ehren der Artemis (II 59,1) navnyup(CouaL 6t Alyun,LoL oux
änat TOÜ lv1.au.oü, navnyopLa, 6t ouxva,, µaXLOTa µev xat npo8uµo.a.a
l, B o u ß a o • L v n 6 i.. L v •fi 'Ap,EµL6L "Die Ägypter feiern
ihre Feste nicht ein Mal im Jahr, sondern häufig und am liebsten
in der Stadt Bubastis zu Ehren der Artemis". Uber Artemis' Leben
erzählt uns Herodot (II 156), wie Demeter, d.h. Isis der Leto
beide Kinder, Apollon und Artemis, gab um sie vor Typhon zu schüt-
zen und zugleich erziehen zu lassen. Als Artemis' Kultort nennt
Herodot die Stadt Bubastis (II 137). Ein anderes Heiligtum in Buto
schreibt Herodot der Artemis gemeinsam mit Apollon zu (II 155).
Unter welcher Gestalt wurde sie verehrt?
Hierüber erzählt Herodot nichts, er sagt lediglich, daß die Katzen
1) Auf Grund ihrer Löwennatur heißt die Löwin von Esne und Hermon-
this (Schlächterin) llll'}-9j.t Kees, Götterglaube, p. 7/8.
2 ) Sethe, Urgeschichte, § 16.
3 ) Naville, Bubastis, Taf. 39,41.
4 Mariette, Abydos II 54/55 Z.17 = Kees, Lesebuch p. 42 ...
5 Borchardt, Sahure II Bl.35; Neuserre, P.94,Abb.72;vgl.ZAS 79/81
6 Junker, Auszug der Hathor-Tefnut aus Nubien, p. 32.
7 Junker, ZÄS 43, 1o1. .
8 Hopfner, Tierkult, p. 35, Anm. 5.
9 Hopfner, Tierkult, p. 35, Anm. 6.
1o)G.Daressy: Statues de Divinites, Taf.L Nr. 38995, Bastet wird
wie normal mit dem Katzenkopf dargestellt, sie hebt mit der
rechten Hand ein Sistrum, darauf das Hathor-Geeicht eingraviert
ist, mit der Linken den Kopf der Sachmet.
11)H.Junker: Hathor-Tefnut Zug, p. 82
12)K.Sethe: zur altägyptischen Sage vom Sonnenauge, Untersuchungen
Nr. 5, Leipzig 1912, p. 5. ; dazu
H.Junker: Onurislegende, p. 52, 67 f.
27
worden 1>. Plutarch 2 ) bringt die Katze zum Mond in Beziehung. Daß
Bastet in Verbindung zum Mond steht, rührt sicher von ihrem Tier,
der Katze, her.
Daß der Löwe bzw. die Löwin der Artemis heilig ist, steht u.a.
durch den Umzug zu Ehren der Artemis in Syrakus fest. Darüber be-
richtet Theokrit. II 66.:
~ve'& TWOßOUAOLO KUV~,6po, &µµLV 'Ava,w
äAao, l, 'ApTlµLöo,, T~ ö~ T6Ka noAAa µev äAAa
8~p{a noµnEUEOKEnEpLaT&öov, lv öe AEaLva.
Die kleinasiatische Artemis wurde nun auch eine Zeit lang in Zu-
sammenhang mit Tieren und Tierköpfen dargestellt. Sie wurde auch
stehend, mit jeder Hand einen Löwen am Hinterbein haltend, ge-
zeigt3). Artemis wurde nie mit einem Löwenkopf wie Bastet darge-
stellt, sondern die Tiere stehen neben der Göttin.
Obwohl der Name der Artemis sehr populär war, ist er ungedeutet.
Es ist nicht einmal festzustellen, aus welcher Sprache er stammt.
Jedoch wurde ihr Name in Zusammenhang mit äpTaµo, "Schlächterin"
vom Verb &pTaµEtv= töten, oder schlachten,gebracht 4 >.
Man kann sich Artemis nicht ohne Tanz und Musik vorstellen, denn
sie ist eine Göttin, die der Musik zugetan ist, die sich der
Leier 5 ) und des Gesanges erfreut. In Arkadien wurde sie von der
Jugend verehrt und mit Gesängen und Tänzen gefeiert 6 >; so heißt
es von Artemis Kat yäp Tn &öE T6,a Kat oÜpEOL 8ijpa, lva{ptLV,
,6pµLyyl, TE xopo{ TE ÖLanpuaLOL T'OAOAUyat &AoE&TE OKL6EVTU
ÖLKULWV TE nT6AL' avöpwv.
13) Das Sonnenauge= Re selbst.; Die Katze allein ist der Bastet
nicht heilig, sondern sie gehört zu dem Sonnengott: In einer
Legende im Totenbuch {Kap.17; Urk. V 51) stand ein Kater neben
dem heiligen Perseabaum, indem er den Feind des Sonnengottes,
nämlich der Apophisschlange den Kopf mit einem Messer abschnei-
det.
H.Bonnet: RÄR, p. 372.
}~ Plut. De Is. et Os. Kap. 63.
Farnell : Cults, Bd•. II, p. 522, Taf. XXIXb.; E. Curtius:
Ausgrabungen zu Olympia, Bd. III,.Taf. 2,3.
4) H.Frisk : Etymol. Wörterbuch, . s. v •. &pTaµo, •
5) Artemis erscheint mit der Leier auf schwarzer Vase (El-Ceramo-
gr. II Taf.7.); siehe noch.Karl Hoenn: Artemis, Abb. 15, p. 96.
6) Hom. Hymn. in Vener.18; vgl. Eur. Hel. 1315.
28
Wenn aan die menschliche Seite von Artemis' Wesen betrachtet, aerkt
man, daß sie gern in Beziehung mit der Kinderpflege gebracht wird.
So erscheint sie bei Aischylos 1 ) als llutter, welche sich um die
jungen Leoparden und Löwen kümmert, und sie schützt. Deshalb wurde
bei den Ionern das Haar der jungen Knaben der Artemis dargebracht 2 )
•ApTEµ.Lv 6l ,aaLv EUPELVTT)VTwv VTJ•Cwv8Epo.acCo.v xo.t Tpo,&, TLva~
apµotouao., ·~ ,uaEL TWVPPE,wv· &,' ~, al.(a, xo.t xoupo.pcScpov
o.ÜTT)Vl>voµaCEa8o.L • • • • • • • • • • • • • • • (Bes. s. v. xoupEw. L, ) •
Sie wurde auch von den jungfräulichen Mädchen in Kilet und Syrakus
als XLTWVT)oder lLTwvCo. verehrt, wobei sie ihr den Chiton
weihten >.3
Als AEXW,XoxCo. oder lXELO. wurde Artemis als Göttin der Entbin-
dung4) und als solche besonders in Böotien unter dem Hamen
ElXc(8uLo. verehrt 5 ). Durch den lCult ist sie auch als EÜ>t.AELO. "die
ruhmvolle Göttin" in Theben bekannt. Ihr opferten die Brautleute
6
vor der Hochzeit ). An dieser Stelle war Eu.kleia manchmal Artemis,
manchmal Tochter des Herakles. Sie wurde überall auf dem Markt ver-
ehrt.
Einen unmittelbaren Beweis, daß Artemis eine Kondgöttin ist, be-
sitzen wir nicht. Nur identifiziert Plutarch Artemis Eileithyia
mit Selene (vgl. Anm. 5). Man findet bei Aischylos in Frag. 369
(Mette) einen Hinweis auf den Charakter der Artemis als lunares
Wesen &, oÜTE ~iµ.qnt 1 HXCou apoa6lp>t.ETO.L
..
OUT , • !.
o.aTEp~uv .. , 6
oµ.µ.o. AT)T~o.,lC PTl,
1) Vielleicht ist der Kult der Artemis in Arkadien, wo sie mit De-
meter und ihrer Tochter in Verbindung steht, für Aischylos der
Z u s a mme n f a s s u n g
Herodot berichtet von einem Fest, welches das Volk der Bastet zu
Ehren feiert. In der Tat richtete man der Bastet Freudenfeiern mit
Tanz und Musik aus. In dieser Hinsicht ähnelt sie Hathor. Auch für
Artemis feiert man Feste mit Gesang, Tanz und Musik.
Artemis wie Bastet helfen bei Geburten. Sie stehen beide in Bezieh-
ung zum Mond.
Ho r u s A p o 1 1 o n
Wie Herodot berichtet, nennen die Ägypter Apollon in ihrer Sprache
Horus AlyunTLaTt 6t 'AnOAAWV µtv 7 Dpo, (II 156,5) "auf ägyptisch
ist Apollon Horus".
Herodot berichtet weiter über Horua bzw. Apollona Genealogie fol-
gendes: er erwähnt, wer der Vater des Apollon sei 'AnOAAWva6t kat
•ApTEµLV 6Lovuaou kat ·IaLo, AlyouaL tZvaL xa!6a,, A~TOÜV6& Tpo,ov
' -
aUTOLaL k«L' OWTELpav
' YEVlaa aL. ALyUXTLaTL
' ' •••••••· 6~µ~T~P
, 6t .,IaL,,
•ApTEµL' 6t BoußaOTL' (II 156,5) "Apollon nämlich und Artemis
halten sie für Kinder des Dionysos und der Isis, Leto 1 ) aber nur
für ihre Pflegerin und Retterin. Auf ägyptisch ist Demeter Isis,
Artemis aber Bubastia".
Herodot läßt dabei die Griechen den Apollon mit Horus identifi-
zieren: ÜaTaTov 6t aUT~, ßaaLAEÜaaL 7 Dpov Tov 'Oa{pLo, na!6a,
TOV 'AnOAAWVaUEAA~VE'ovoµaCou01.(II 144,2) "der letzte König sei
Horus gewesen, Osiris' Sohn, den die Griechen Apollon nennen 2 >n.
Herodot berichtet nicht nur über die Identifikation des Apollon mit
Horus, sondern er erzählt uns folgendes über ihn To 6t ffPOTEpov Twv
av6pwv TOUTWV 8tou, tZvaL Tou, !v 'Alyu•Tr &pxovTa, olklovTa, &µa
TOLaL av8pWffOLOL,kat TOUTWV alEt kat tva TOV kpaTlOvTa EZvaL.
7
VOT«Tov 61 auT~, ßaaLAEÜaaL Cpov Tov 'Oa{pLo, xa!6a ••••• (II 144,2)
"vor ihnen hätten in Ägypten allerdings Götter geherrscht und unter
den Menschen gelebt und zwar immer einer von ihnen als höchster
Herrscher. Der letzte König sei Horua gewesen, Sohn des Osiris".
Von Horus•Rolle in der Osiris-Legende bringt Herodot nur einen Aua-
7
achnitt3) ••••• Cpov Tov 'oa{pLo, na!6a, ••••••••••••••• TOÜTov
xaTanauaavTa Tu,wva ßaOLAEÜOaLÜaTaTOVAUII 144,2) "Horus, Osiris'
Sohn, stürzte Typhon und herrschte als letzter über Ägypten 4 >n.
1) leis übergab der Leto den Apollon zur Verwahrung, indem Leto
ihn auf der schwimmenden Insel Chemmia verbarg, damals als
Typhon alles durchsuchte, um des Osiris Sohn zu finden
(II 156,4).
2) Die Gleichsetzung des Apollon mit Horus berichtet Herodot ein
Mal von den Griechen II 144,2; und ein anderes Mal von den
Ägyptern II 156,5.
3) Vgl. auch dazu Anm. 1.
4) Und ao rächte sich Horua für seinen ermordeten Vater und wurde
zum letzten König der Götterdynastie.
32
Zum Geburtsort des Apollon bzw. Horue mag ee angezeigt sein, die
Meinungen von Gardiner und Sethe zu erwähnen. Ee gibt zwei Orte in
Ägypten, die B~d.t genannt wurden: das heutige Edfu in Oberägypten,
das. auf Ägyptisch B,ti.d.t 1 >oder Dbl hei.St, im Koptischen S. TBO
. b. €) 81,J und heute Edfu. Dazu die heuti&e Stadt Damanhur in
Unterägypten. Si_e liegt im Delta auf der Strecke von Alexandrien
nach Kairo ca. 64 km von Alexandrien entfernt. Sethe vermutet, daß
mit Chemmis die unterägyptieche Stadt Damanhur gemeint ist, denn
der Name "Damanhur" ist echt ägyptisch. Er bedeutet "Stadt des
2
Horue d~ · ~-ijr" >.
Gardiner hat eich ebenfalls mit der Lokalisierung von Chemmis be-
faßt3). An der Fassade der Kapelle des Tempele Sesostrie I. findet
man die Inschrift Pbw-B9d.t = "des Hinterland von Behdet: An
einigen Stellen findet man "Phw-Bhd.t" im Zusammenhangmit
= Sumpt 114 >, d.i. das Hinterla~d v~n Behdet ist ein Sumpfgebiet.
Dazu paßt z.T. Herodots Beschreibung von Chemmie, daß der Ort in
einem großen See liegt, und daß darauf viele Bäume, fruchtbare und
unfruchtbare, stehen.
Nach der ägyptischen Legende soll Horue in einem Sumpfgebiet ge-
boren eein 5 >. Die Pyramidentexte bieten eine Lokalisation dieses
Geburtsortes, nämlich ~•)r ~ •
0
= JB•bjt,j
6 ).
Die Vorstellung, daß die Sonne und der )(ond die Augen des Himmels-
gottes und zugleich die des Horus sind, führt uns zu der Annahme,
daß Horus ein Lichtgott ist 1 >.
Das Bild der geflügelten Sonnenscheibe zeigt, wie diese Flügel das
Himmelsdach bilden, welche die beiden Hälften des Landes, Ober-
und Unterägypten, beschützen. Unter dieser Darstellung galt Horus
von Edfu als der, an der Spitze des oberägyptischen bzw. des unter-
ägyptischen Reichsheiligtums 2 >, als Schutzgott der beiden Länder 3 >.
In einem Relief des Horustempels von Edfu erscheint Horus als
4
schwebender Falke >, neben dem weißen Geier von El-Kab (Nechbet)
zieht mit seiner von Neith gesegneten Harpune 6 ) zur Jagd und kämpft
gegen die sethischen Tiere z.B. die Krokodile und die Nilpferde 7 J.
Man begegnet diesem Charakter an ihm noch in folgenden oberägypti-
schen Falkenkulturen: in Ani, in Hierakon, in der Hauptstadt des
12. oberägypt. Gaues ist der Falke als Sieger über Seth gefeiert
worden. Daher hat er die Beinamen "Falke auf dem Rücken seiner
8}
Antilope" oder "der auf dem Wildstier steht" •
Auch in Hat-nesut heißt es von einem Falkengott dort, "der nicht
•
milde wird die Feinde des Osiris zu schlagen", der neben Horus beim
9
Kampf steht >. In Hebenu erscheint der Stadtgott als Falke, der in
Horus übergegangen ist, und "Schläger der Untertanen" benannt wur-
de10>. Sein Falkenbild auf dem Rücken einer Antilope, der Verkör-
perung des Seth, wird als Siegeszeichen gedeutet 11 ) • Jedoch in
Unterägypten führt Horus.einen Beinamen "mit erhobenem Arm1112>.
Und vor allem zeigt der Kampf in der osirischen Legende zwischen
Seth und ibm seine Rolle als Kämpfer, der seinen Vater rächt
daß man in ihm den Lichtspender verehrte 1 >. Andererseits hat man
diesen Beinamen AUKELo, auch von dem Wort AUKo, "Wolf" abgelei-
tet2>. So ist euch Apollon, wie Aischyloe 3 ) und Sophokles 4 > es
auslegen, derjenige, der den Wolf verjagt und ihn tötet, denn
Apollon ist durch diesen Beinamen als "A-uKox-rcSvo, Wölfe tötend"
oder als "Schützer der Herden" charakterisiert. So erzählt
Pausanias 5 ), daß man in Sikyon sagte, Apollon habe die Hirten den
Wolfsfang gelehrt. Das zeigt uns, daß man im Altertum das Epitheton
AUKE:Lo,mit dem Wort "Wolf" zusammenbrachte. Ich möchte aber hier
die Auffassung vertreten, die AuKE:Lo,neben_lyz_stell t, und somit
Apollon als ursprünglichen Lichtgott verstehen, der erst nachträg-
lich zum "Wolfsgott" umgedeutet wurde. Apollon Lykeios schützt
nicht nur die Hirten vor den Wölfen, sondern als Apollon EµLv8E:u,
schützt er die Felder und Äcker vor der Plage der Feldmäuse. Es
wurde von Apollon Sminthios erzählt, daß er und Dionysos die Mäuse
selbst dargestellt hätten, welche die Trauben schädigten 6 ). Als
lpu8LßLo, war Apollon ein Gott des Ackerbaues und der Feldfrüchte,
die er gegen Mehltau und Ungeziefer schützte 7 >.
Die hier aufgeführten Epitheta zeigen Apollon als den, welcher die
Hirten und die Ernte beschützt und die Mäuse von den Feldern ab-
wehrt. Man kennt von der Ilias ausgehend Apollon als den Feind der
Griechen und Schutzgott der Troer und Lykier. Das zeigt, daß Apol-
lon auch als Behüter eines Volkes angesehen werden kennte 8 ).
Apollon führt den Beinamen &xE:pOEKOµT), .:. EKO:'tTJßoAo, "der langge-
lockte, von Ferne treffende Gott", der gleich nach seiner Geburt
und noch von der Mutter getragen, den Drachen "Python" mit dem
1
Pfeil seines Bogens ) tötete. Als Kriegsgott kennt ihn Homer und
schreibt ihm das Epitheton xpuaciopo, 2 >11bewaffnet mit dem
goldenen Schwert" zu 3 ).
Sophokles beschreibt ihn ebenfalls als Kriegsgott 4 )
JI \ • .! 1 1 1. 0 I
tvon~o, yap ~n aU'tuV EXEV8p~OKEL
nupt Kat O'ttponat, 0 6Lo, YEVt'ta,
Seine Kämpfe mit dem Drachen, den Kyklopen 5 )und den Aloiden, die
er mit seinen Pfeilen überwältigt, lassen sein kriegerisches Wesen
erkennen. Er ist auf einer schwarzfigurigen attischen 6
Vese ) in
Kriegsrüstung mit Panzer und Helm mit Tityos kämpfend?) dargestellt.
Durch die etymologische Deutung des Apollon-Namens wurde er als
der strafende, der vernichtende, oder der rächende Gott verstanden~)
Deshalb erscheint Apollon mit Pfeil und Bogen 9 ). Es ist zu bemer-
ken, daß ziemlich alle kriegerischen Beinamen des Apollon, z.B.
'ApyupchoE;o, 10 ), K?..u't6'toE;o, 11 ), •Exalpyo, 12 ) ,' Exa'tT)f36>..d()seine
Attribute "Pfeil und Bogen" deuten.
Apollon wird oft als Gott der Heilkunde verehrt. Er tritt bei Homer
als Heiler auf; z.B. als er von Glaukos gerufen wurde, wischte er
das Blut der Wunde ab und stillte die Schmerzen 14 ). Man kann weiter-
hin die Stelle anführen, wo Apollon auf Zeus' Gebot hin den von dem
Steinwurf des Aias getroffenen Hektor aufweckt, und der Schweißaus-
bruch hört auf 15 ). Apollon erscheint euch als Krankenpfleger an der
Stelle, wo er die Schwester und die Mutter des Aineias im Gottes-
tempel pflegt, nachdem er den Aineias aus dem Kampf entrückt hat 1~)
Deshalb führt Apollon den Beinamen la'tp6µav'tL', den Aischylos
~
6~ Mitth.d.Ath.Inst. I 1856, 1o.1.
9
11. E 5o9, 0 256.
An6>..>..wv ist hergelei~et vom *n6>..>..u~L = töte,vernichte,strafe,
räche; Aisch. Ag. 1o81an6>..>..wvtµ6,, anw>..taa, yap ou µ6?..L~ 'to
ÖEV'ttpov.
9) P.Gardiner: The Types of Greek Coins, Cambridge 1883,
Taf. 15, 23, 28,
1o) 11. A 37, 4 5; 11. E 517; Od. Tl 63,
11 ) Il. 6
1
, 1o1. 12) Il. A 479; 8 323.
1 3) Il~ A 370; E 444. 14) Il. ll 528.
15) 11. 0 241.
16) Il. E 445
41
Z u s a mme n f a s s u n g
Horus ist der falkenköpfige oder falkengeetaltige Schutzgott dee
ägyptischen Königs. Der Falke beschirmt den König und die beiden
Länder und tritt selbst als Königssymbol auf. Apollon besitzt
diese Eigenschaften, die der dominierenden Rolle des ägyptischen
Königtums entsprechen, nicht in eo hohem MaSe wie Horus, ist aber
gleichwohl ein Schutzgott fUr Menschen, speziell fUr die Hirten.
Er schützt Felder und FeldfrUchte. Der Habicht K(pKo,als Symbol
des Orakele iet ihm geweiht.
Beide Götter berUhren sich eng als Götter des Himmels. Horus "er-
leuchtet" mit seinen Augen (der Sonne und dem Mond) die Welt. Er
ist Lichtgott wie Apollon, dessen Epitheta ,otßo, und A~KtLo,
für seinen sonnenhaften und lichten Charakter stehen. Weitere Bei-
namen2) des Apollon rücken den kriegerischen Aspekt seines Charak-
ters in den Vordergrund. Er kämpft mit dem Drachen, den Aloiden
und den Kyklopen. Er führt immer Pfeil und Bogen bei eich. Man
deutet seinen Namen etymologisch als der strafende, der vernich-
tende oder der rächende Gott. Ihm entspricht Horus, der dem
ägyptischen König sieghafte Pfeile reicht und mit den Tieren des
Seth,wie z.B. den Krokodilen und den Nilpferden kämpft. Besonders
in dem Kampf, den er mit Seth führt, iet er der Gott, der den Tod
seines Vaters zu rächen sucht.
Beide Götter sind Heiler. Die bekannte Stele "Horus auf den Kroko-
dilen" ist dazu bestimmt, daß sich ZaubersprUche im Wasser auf-
lösen, das danach ale Heilmittel fUr Skorpion- und Schlangenbisse
verwendet werden kann. Apollon heilt im Auftrag von Zeus und er-
scheint in der Ilias als heilender Gott.
l s i s De me t e r
Auch Isis gehört zu der Reihe der Gottheiten, die von Herodot aus-
drücklich mit einer griechischen Gottheit gleichgesetzt wurden.
7 1
Darüber berichtet er laL, 6E loTL KaTa T~V EAA~VWV YAWOOav
A~µ~T~P ••• (II 59,2) "leis ist auf griechisch Demeter". An einer
anderen Stelle ganz ähnlich AlyunTLOTt 6t 'An6AAWV µEv 7 Qpo,,
7
A~µ~T~p 6c IaL,, "ApTEµL, 6t Boußaa,L, (II 156,5) "Auf ägyp-
tisch ist Apollon Horus, Demeter ist Isis und Artemis ist Bubastis~
D~r Hau_ptjultort der leis ist Busiris••••• 6cu,cpa BouoLpLv l»
n6ALV ·u IaL· tv TaUTU yap 6~ •ff n6AL la.t µlyLOTOV IoLo, tp6v,
t6puTaL 6c ~ n6AL' aÜT~ .x,
ACyui.ou lv µla~ -~ AEATa •••••••••••
•••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• (II 59,1)
"••• und in Busiris der leis zu Ehren. In der letzten Stadt befin-
det sich nämlich das größte lsisheiligtum, und sie (die Stadt Euei-
ris) liegt mitten im ägyptischen Delta". Herodot erwähnt von einem
Fest der Isis TaÜTa µEV 6~ Tau,u nOLEETaL, lv 6c Boua(pL n6AL w,
' '
avayouaL ·u
.. ·1 OL -~v
' 1
upT~V,
' ELP~TaL
• np 6TEP6v µOL ••• ( II 61,1 ) "So
ist es in Bubastis. Von dem dortigen Isisfest habe ich schon oben
erzählt".
Isis ist von allen Ägyptern verehrt worden8coü, yap 6~ oo ,oü,
ao,oü, änav,c, bµoCw,Alyun,LOL alßov,aL, nA~v •IaLo, ,t Kat
'Oa(pLo,, ,ov
6TJ AL6vuaov c?vaL AEyouaL ••• (II 42,2) "Denn die
Ägypter verehren nicht dieselben Götter alle gleichmäßig, aueser
Isis und Osiris, von dem sie behaupten, er sei Dionysos".
Herodot gibt eine Beschreibung der Isis, die er als Frau mit Kuh-
hörnern darstellt TO Y~P T~, "IaLo, äyaAµa cov yuvaLK~1.ov ßoo-
KEpwv EOTI., KaTa ncp !AA~VE' TT)V 'Ioüv yp(II 41, 1) "Die leis wird
nämlich mit Kuhhörnern abgebildet, ähnlich wie die Griechen die Io
darstellen". Damit stände der griechische Io-Mythos mit der ägyp-
tischen Verehrung der Kühe in Zusammenhang, denn die Kühe sind der
1
Isis heilig &AAlpaC tloL .~, •IaLo, (II 41,1). Merkwürdiger-
weise haben die Ägypter die toten Kühe ganz einfach in den Fluß
geworfen, obwohl sie lebend als heilig verehrt wurden (II 41,1).
Im Gegensatz dazu wurden die Stiere auf folgende Weise bestattet.
Der Stier wird vor der Stadt begraben, und ein oder beide Hörner
schauen als Wahrzeichen aus dem Grab heraus. Wenn dann das Tier
nach einer bestimmten Zeit verwest ist, kommt von einer Insel
namens Prosopitis, ein Boot, um die Gebeine der Stiere zu sammeln
und alle an einem Platz zu bestatten (11 41).
43
Nach Herodot (II 156) haben Dionyaoa und leis zwei Kinder und zwar
Artemis und Apollon. Isis übergab Leto den Apollon, d.i.den Horus,
um ihn vor Typhon zu schützen. Leto versteckte den Sohn des Osiris
1
auf der Insel Chemmis >. Die beiden Kinder sollten von Leto geret-
tet und aufgezogen werden.
Herodot berichtet II 4o über das Ieisfest, welches zu Ehren dieser
Göttin in Busiris stattfand. Dieses Fest war kein fröhliches, son-
dern ein Trauerfest. Das zeigt Herodot an einer Stelle (II 61), wo
er das Busirisfest beschreibt "es schlagen sich Männer und Frauen
und verstümmeln sich sogar zum Zeichen der Trauer". Aus welchem
Grunde eich die Leute schlagen, erzählt Herodot nicht, aber es ist
anzunehmen, daß das Isiefest eigentlich ein Gedenkfest an Osiris
2
ist >, und nicht zu Ehren der Isis veranstaltet wird, wie Herodot
Anfang Kap. 61 angedeutet hat. Die vorige Stelle erinnert an Hero-
dots Bericht II 132, wo Mykerinos einen Sarg für seine Tochter in
Form einer Kuh machen ließ. Einmal im Jahr wird der Sarg ins Freie
getragen; aus diesem Anlaß schlagen sich die Ägypter zu Ehren jenes
Gottes dessen Name Herodot nicht nennen will. Dieser ungenannte
Gott ist mit Sicherheit Osiris 3 >.
Dionysos d.i. Osiris (II 42,2) und Demeter d.i.Isis,(II 59,2) sollen
die Unterwelt regiert haben &px~YET&E~VÖETWVkaTW ACyunT~O~
~lyovo~ 6~µ~~pa xat 6~6vvoov •• (II 123,1). Herodot erzählt eine
Geschichte über die Unterwelt (II 122): König Rbampsinitos sei ein-
mal in den Hades hinabgestiegen und habe dort mit Demeter Würfel
gespielt. Bald habe er dabei gewonnen, bald habe er verloren. Als
er wieder zurückgekommen sei, habe er ein goldenes Tuch als Geschenk
mitgebracht. Von der Zeit an, feiern die Ägypter ein Fest. Die Prie-
ster weben an diesem Tag einen Mantel, verbinden einem von ihnen
die Augen und geleiten ihn auf den Weg, der zum Demetertempel führt.
Sie selbst aber kehren um. Der Verbundene soll angeblich von zwei
Wölfen geführt werden, die ihn auch wieder an die alte Stelle zu-
rückbringen. Nun die Deutung des Mythos: ich biete hier die Ansicht
von Stein, die Wiedemann allerdings nicht anerkennt, wobei er selbst
jedoch keine andere Erklärung beibringen kann. Stein verweist auf
taT .
KaXlouaL, Kat TaUTT)' µoL ntpC tÜaToµa KtCaew, nÄ~v ~aov aÖTij, öa(T)
' L Ätyt ,
Lv • • • • "In diesem See bieten sie nachts die
Darstellung seiner Leiden, das nennen die Ägypter die Mysterien.
Obwohl ich noch mehr darüber weiß, wie jegliches sich dabei verhält,
schweige ich, auch über das Demeter-Weihefest, welches die Griechen
Thesmophorien nennen, auch darüber schweige ich, außer was es er-
laubt ist, davon zu reden".
Herodot berichtet hier über die Mysterien des Osiris. Obwohl Hero-
dot in diesem Satz über die Osiris-Mysterien berichtet hat (II 171),
hat er über die der Isis geschwiegen und verbindet diese Mysterien
mit denen der Demeter, wobei er sagt (II 171) "die Griechen nennen
sie Thesmophorien". Aber Herodot hat Isis II 59,2 der Demeter gleich-
gesetzt, dann dürfte wohl mit Demeter an der Stelle II 171 Isis ge-
meint sein. In diesem Falle hat der Isiskult, wie der des Osiris,
Mysterien. Demeter wird von Homer nicht sehr häufig erwähnt. Ihr
Name taucht in einer Formel 6T)µf1,tpo, &KT,iveur 3 ). Homer kennt ihren
fruchtbaren Kultort auf Kreta, wie die alte Fabel ihrer Liebe zu
Iasion beweist, den Zeus mit seinem Blitz aus Eifersucht vernich-
1
tet hat >. Homer erwähnt Demeter als eine von Zeus• Liebschaften 2 ~
An anderer Stelle wird bei ibm 3 ) von dem Dreschtennenfest, aber
nicht von Demeter berichtet. Wieder an einer anderen Stelle ist
Demeters Rolle, daß sie bei dem Opfer, das auf der Dreschtenne
etattfand 4 ), das Worfeln des Getreides überwacht.
Heeiod erwähnt die Göttin bereite sehr häufig. Er erzählt von der
Demeter-Frucht, die auf der Tenne gereinigt wird 5 ), und um eine
gute Frucht zu bekommen, soll man Zeus Chthonioe und Demeter an-
beten6). Alle Ackerarbeiten, Aussaat, Pflügen und Ernte sind der
Demeter heilig 7 >. Sie gibt den Menschen die Kraft des Lebens durch
die Frucht, welche die Erde bringt 8 >, und sie filllt die Vorrate-
kammern9).
1o l
Die Gleichsetzung der Demeter mit Isis ist schon bei Herodot belegt;
sie führt dazu ihr altes Epitheton 9e:aµocp6po, 11 ],, das später als
Übersetzung mit einem ägyptischen Ausdruck :::: '11 ~. 12 ) auf
Isis übertragen wird. Demeter als Thesmophoros gilt als Begrün-
derin des Ackerbaus und demzufolge als Erhalterin des menschlichen
Lebens und dessen Ordnung.
Die Thesmophorien waren Saatfeiern und ein Frauenfest zugleich,
denn der Ackerbau gehört in der primitiven Gesellschaft der Frau 13 )
Die Böoter 14 ) nannten es ein Trauerfest; vielleicht erklärt es
eich durch das Suchen der verschwundenen Kore !) 1
Mun behauptet Herodot (II 171), daß die Thesmophorien der Demeter,
die Danaoe' Töchter aue Ägypten mitgebracht hatten, auf der Pelo-
ponnee von den Dorern verdrängt wurden, und nur bei den Arkadern
erhalten blieben. Diese Angabe (II 171) iet gewiss nicht richtig,
denn Demeter Theemophoroe wurde in Megara 1 ) und auf Ägina verehrt;
ihr Feet wird in Sparta erwähnt 2 )
Der Charakter dieses Festes als Frauenfest läßt eich daraus erklä-
ren, daB hier die natürliche Kraft, die durch die Saat den Erdboden
befruchtet, gefeiert wird, und auch die Götter verehrt werden, die
in Beziehung zu Fruchtbarkeit, Gepurt und Kinderpflege stehen. Rach
dieser Vorstellung war Demeter zugleich eine Göttin der Befruchtung
und der Geburt hervorgerufen durch Saat und Zeugung, sowie übertra-
gen auch des ehelichen Lebens;
Daß Demeter die Mutter Erde rij repräsentiert, ist unsicher 3 ), ob-
wohl die Gleichung 6~ = r~ dafür zu sprechen scheint. Aber
für den r~ -Kult gab es einen Altar mit dem Beiwort Mt:yaA~ 8t:6, 4 ~
Als fij xeovLa wird ihr als Ackergöttin geopfert. Dieses Opfer
wird für die Feldfrucht 5
gebracht ), und zwar werden ihr als Acker-
6
göttin Kühe und Säue >, Sinnbilder strotzender Fruchtbarkeit, ge-
weiht. Pausanias bezeichnet die Erde als Spenderin der Fruchtbar-
7
keit der Äcker >. Demeter ale Ackergöttin heißt t:Ünvpo,, nvpo,6po,~)
Ct:C6wpo, nach jeder Art des Getreides, das sie spendet.
Als Erntegöttin 9 ) wird Demeter mit dem Getreide und der Feldfrucht
in Beziehung gebracht, dann ist sie 10 )t«v8~ , die blonde Göttin
des reifen Erntesegens, wie sie dann auch fOLVLK6nt:Ca genannt
wirdll). Demeter ist auch Kornmutter, wie Mannhardt erkannt hat 12 )
Sie ist den Griechen vor allem die Muttergöttin 13 ); darauf weist
auch der zweite Bestandteil ihres Namens 6~µ~T~P deutlich hin.
Im Demeterkult tritt aie nicht allein au!; immer iat aie mit
ihrer Tochter Persephone zusammen. So werden sie ein unzertrenn-
lichea Paar °'w8e:w 1 ) , nur manc.bmal werden sie ala '1t 11:pe:a~u°'(pe1
und
~ ve:w-t(pu unterachieden 2 >.
Demeter steht in Verbindung mit der Totenwelt und trägt dann daa
Epitheton xeov{u. Als Demeter vergeblich ihre Tochter suchte, hat
sie sich in das schwarze Gewand der Trauer gehüllt und sie erscheint
bei Pausanias 3 ) als Demeter µlkuLvu. So irrt sie nach ihrem Kind
umher, wie Kybele um ihren Attis, Aphrodite um ihren Adonis, Isis,
um ihren Osiris. Und so bleibt Demeter traurig und einsam, bis
zwischen Pluton, dem Gott der Unterwelt, und Zeus ein Vertrag ge-
schlossen wird, wonach Persephone ein Drittel dea Jahres in der
Unterwelt und die übrige Zeit bei ihrer Mutter und unter den Göt-
tern im Olymp verbringen so11 4 >. Die Vorstellung von Demeter als
Fruchtbarkeitsgöttin der Erdtiefe, der die Saaten und die Toten
anvertraut werden, erklärt den Brauch, die Verstorbenen 6 ~ ~ Tt-
°'Pt: 5
L o L )zu nennen. So wurde bei der Bestattung in Athen,
6
Sparta und Rom der Demeter ein Opfer beetimmt >. Die Verstorbenen
werden auch mit dem Auf- und Niedergang der K6p~ in Zusammenhang
gebracht, wie auch mit dem Wechsel der Jahreszeiten. Im Frühling
feierte man den Toten ein Fest, in dem Glauben, auch die Seelen
der Toten drängten zum Licht, wenn die Erde zu treiben beginnt
und das Wachstum einsetzt 7 >.
Herodot hat II 171 von den µuo~~pLa der Demeter, d.i. "Isis" be-
richtet, welche die Hellenen Thesmophorien nennen. In der klassi-
schen Zeit ist Isis als Thesmophoros unbekannt. Erst in der Spät-
zeit wird der Isiskult vielfältig getrieben. So nennt sie ein
Hymnus vo~ Oxyrhynchos etwa im 1.-2.Jahrh.n.Chr., daß sie reich an
Gestalten, nokuµop~o,, und an Namen,nokuwvuµo, , ist. Sie ver-
eint alles in sich, sodaß sie "das schöne Wesen aller Götter"
heißen kann 8 >.
In der Ptol. Zeit fließt Isis mit der Thermuthis zusammen. Ale
Isis-Thermuthis hatte sie ein Heiligtum vor dem Hathortempel in
1
Dendera >. In der Spätzeit wurde Isis-Thermuthis mit einem Frauen-
körper, der in einem Schlangenleib endet, dargestellt 2 ).
Isis steht in Verbindung mit dem bchwein. Sie wird sogar in einem
Zaubertext "weisse Sau von Heliopolie" genannt 3 >. Es gibt auch
A11Ulette von Säuen, die den Namen Isis tragen 4 >.
Seit dem A.R. ist Kin mit Horus verschmolzen 5 >. Diese Funktion
zeigt sich in der Formel "Min als König von Oberägypten, Horus der
Starke" 6 ). Im M.R. wird Min mit Horue vermischt, sodaß Min als
Harendote~ (Horus, Sohn und Rächer seines Vaters) zu deuten ist 7 >.
Dadurch wird Min Sohn der Isis. Durch diese Verschmelzung von Min
und Horue wurde Isis zur Göttermutter 8 >.
In der Ieis-Aretalogie von Memphis wird berichtet: M 5, 'Eyw clµL
Kp6vou 8uya't~p xpcaßu'ta't~ "ich bin die älteste Tochter des
Kronoe". Es scheint, daß der Verfasser der Isis-Aretalogie mit die-
sen Worten die Göttin leis den Griechen vorstellen und ihr zugleich
einen hohen Platz unter den griechischen Gottheiten geben wollte.
lach Hesiod, Theog.453 ff. ist auch Demeter die Tochter von Kronos.
Nach ägyptischen Quellen sind die Eltern von Isis Geb und Jfut9 >.
Nun ist Kronos von den Griechen dem ägyptischen Geb gleichgesetzt
und seine Gefährtin Rhea der ägyptischen 10
Nut ). Man sieht also,
daß diese Vorstellung auf griechischem Gedankengut beruht. Wie
bereits erwähnt, ist Isis als xpcaßu'ta't~ bezeichnet. Es ist merk-
4~ -- ~. "Gottesmutter
"Isis,
des Horus"
die große Mutter des
JIA t'io.
! ~ '\\.. ~ .Horus (Edfu I 2o4)"
M.Rochemonteix: Le Temple d'Edfu (Mem.Miss.1off., Paris 1897 ff)
Texte aus griech.röm.Zeit.
9) Pyr.-Text 1961: H.Bonnet,s.unter Art.Neunheit p. 521; H.Kees:
Götterglaube, p. 259-62.
1o)Joh.Antiochen(Hist.p.385, 14 Cr):K~ß 'tOÜ 'HA{ou xat, ~ Kp6vo,.
5o
würdig, daß sie als "Älteste" betrachtet wird. Denn Pyr. 1961 und
Plut.de Is.12 bestätigen folgende Reihenfolge: "Osiris - Haroeris,
Seth-Isis-Nephtys". Das Attribut "Al.teste" kann sich also nicht
auf Isis' Geburt beziehen. Einige ägyptische Beiepiele bieten
Möglichkeiten, um diese Bezeichnung deutlicher zu Terstehen. Isis
heißt an einer Stelle ~ "';"' .J!...
-- 1,J
"die Größte ihres Vaters Geb" 1 ). An einer anderen Stelle heißt
Isis 2 ) 7. ~~a c:= ~ AR
1).-1t-
"älteste Tochter (smsw.t) aus dem Leib ihrer Mutter Nut". Hier ist
Isis also auch in ägyptischen-Quellen als Älteste belegt.
Man kann jedoch 1tptoßu-ra'tTJ auch mit "ehrwürdigste" übersetzen.
Dann möchte der Verfasser dieses Textes die Göttin Isis auf eine
höhere Stufe stellen, ähnlich wie Demeter, die oft 1tptoßu-rlpu
genannt wird. Der Verfasser hat einen ägyptischen Gedanken über-
nommen, ganz gleich ob er Isis als "Älteste" oder "Ehrwürdigste"
ansieht, ja man kann fast sagen, daß er Wort für Wort aus einem
ägyptischen Text übersetzt hat.
Die Osirislegende zeugt von der Treue der Isis zu ihrem Gatten.
Nach langem Suchen und mit vieler Mühe hat sie die zerstückelte
Leiche ihres Mannes gefunden. Durch ihre Worte und ihre nage er-
wacht Osiris zu neuem Leben. Sie empfängt von dem toten Osiris
einen Sohn. Dadurch steht Isis in Verbindung mit dem Totenritus.
Isis und ihre Schwester Nephtys stehen als Klagefrauen zu Füssen
3
und am Kopf des Toten ). Isis heißt "die schwarze Frau 114 ).
Dazu kommt Isis mit ausgebreiteten Flügeln und haucht den Toten
Lebensluft 5
ein ).
Edfu, I 384.
Philae, Photo 1086.
H.Bonnet, p. 328.
W.B. Bd. V, p. 123.
A.Erman, Lit. 190; H.Bonnet, p. 569, Abb. 140.; H.Bonnet:
Atlas 123.; dazu V.Schmidt: Sarkophager, 53o/56o/3.
51
Zu s a mme n f a s s u n g
:M e n d e s P a n
(II 46,2) "Die Maler und Bildhauer malen und meißeln das Bild des
Pan, wie die Griechen, mit Ziegenkopf und Bocksfüßen, obwohl die
Mendesier glauben, daß er nicht so ist, sondern wie andere Götter
aussieht".
Herodot berichtet weiter II 46, die Mendeoier verehren alle Ziegen,
die männlichen jedoch noch mehr als die weiblichen. Aber sie vel'-
ehren einen Bock besondere und wenn er stirbt, herrscht im ganzen
Gau Mendes tiefe Trauer. Er wird beklagt und bestattet. Herodot
gibt keine Erklärung dafür, warum die Mendesier Pan mit Ziegen-
kopf und Bocksfüßen darstellen. In Mendes galt der Widder und
nicht der Ziegenbock der Ba (Widder,Seele) der dortigen Gottheit
"Osiris" 1 ). Herodot aber übernimmt diese Erzählung und macht sich
keine Gedanken darüber.
How und Welle schreiben zu dieser Stelle 2 ): "Herodotus is wrong in
connecting it with Pan, the confusion is due to the fact, that
3
Min )of chemmis, whom the Greeks usually identified with Pan, is
goat-headed".
Herodot hat es nicht für notwendig gehalten, oder es wer ihm selber
unmöglich, eine klare Unterscheidung zwischen dem Widder und dem
Bock zu machen. Er gibt hier nur die reinen Tatsachen wieder, ohne
irdendwie sein eigenes Urtei1 anzufügen. Er hat in diesem Falle
seine Kritik nicht so offen ausgesprochen, wie er es bei den anderen
Er wird als ~r.w fdw mit vier Köpfen auf dem Hals geschildert
-== "';I"
'9'?
~
1)
• Weil Chnum eins ist und vier in ihm
vereint sind, und sein Bild mit vier Köpfen dargestellt wird,
könnte man diese Einheitsgottheit mit Pan etwa mit seiner arka-
dischen Vierhei t in Verbindung b,ringen. Aus dem llamen konnte man
überdies auf die verschiedene Abstammung schließen (Deutung des
Hamens näv als Allgott). Pan wird ja übrigens auch als Mischwe-
sen mit vier widderköpfigen Figuren dargestellt 2)
2. Her i sehe f .
Die widderköpfige Gestalt der Gottheit von Herakleopolis magna
wurde im Laufe der Zeit zum Symbol seiner Achtung ( ~fj.t) und
seines Ansehens (if~f.t). Herischef wird wie Pan widderköpfig
dargestellt 3 ).
3. M i n
Min hat außer der Rolle als Schützer der Wege4 ) auch Beziehungen
zum Mond. Er besitzt ein Heiligtum in Achmim, das "Mondhaus"
heißt5}. 6
Gauthier )nimmt an, daß diese Beziehung im N.R. vorhanden
war, und in der Spätzeit feierte man dann dem Min an jedem Neu-
7
mondsteg in Kom-Ombo einen Umzug ). Stephanus v.Byz. bezeichnet
ihn als Eidolon des Mondes 8 >. Deshalb ist es selbstverständlich,
daß Min mit dem alten Mondgott als Min-Joh verschmolzen wurde 9 >.
Man sieht, wie Min dem Wesen des Pan sehr nahe rückt. Min gilt
als Schützer der Wege, und der Reisende bittet um seine Gnade. So
gilt auch Pan als EÜoöo~ , der den Wanderer geleitet. Beide, Min
und Pan sind ithyphallisch. Beide stehen in Verbindung mit dem
Mond, und beide werden in Menschengestalt dargestellt. Min wurde
auch masturbierend dargestellt 10 ).
Urk. II 33.
vgl. p. 55, Anm. 1.
H.Bonnet: RäR, p. 289.
vgl. p. 53, Anm. 3.
H.Bonnet: RäR, p. 466.
M.H.Gauthier: Les Fetes du dien Min, Le Caire 1931, p. 62;
H.Brugsch, Rel.675;.J.Morgan: Ombos II Nr, 597; A.Scharff,
ZÄS 62,88. .
7) Steph.v.Byz. S.v.Panopolis.
8) G.Maspero: Pep.du Louvre 73.
9) A.Erman: Die äg.Relig. 2.Aufl.Berlin 1909, p. 18, Abb.18.
57
Z u s a mme n f a s s u n g .•
In Ägypten war Gott der Stadt Mendes ein Widder, schon vom A.R. an
auch als Mensch mit Widderkopf dargestellt 1 >. Der Mendesgott ist
der einzige unterägyptische Widdergott; die anderen hat Herodot
wohl nicht gekannt. In dieser Form ähnelt er dem Pan, der meist in
Gestalt eines Menschen mit Bocksbeinen und Ziegenkopf erscheint.
Mendes und Pan 2 ) sind Götter der natürlichen Zeugungskraft. Einer
viergestaltigen Darstellung des Pan, dessen Zeugungskraft auch für
die Vermehrung steht, und dessen Namen das Moment der Einheit in
der Vielfalt enthält, scheint es zu entsprechen, daß es auch eine
Mehrzahl von ägyptischen Göttern mit Wesensbereichen gibt, die
teilweise dem Mendes und teilweise dem Pan eigen sind. Es sind
dies die widderköpfigen Götter: Chnum, Herischef, sowie Min.
Besonders Min besitzt deutliche Ähnlichkeit mit Pan. Beide zeugungs-
kräftigen Götter werden ithyphallisch dargestellt und gelten als
Erfinder der Masturbation. Sie sind Schützer der Wege und stehen
in Beziehung zum Mond: Pan als Liebhaber der Selene, Min als Gott
des Mondhauses.
Die Vielzahl ägyptischer Götter, deren Charakter und Eigenschaften
sich überschneiden, legt den Gedanken nahe, daß Herodot bei seiner
Identifikation von Mendes und Pan stark vom äußeren Eindruck der
Widdergestalt aus gegangen ist und sich die vielschichtige Proble-
matik der Identifikation von Göttern verschiedener Religionen ab-
sichtlich oder unabsichtlich vereinfacht hat.
0 s i r i s Di o n y s o s
Wir finden bei Herodot Uber das Verhältnis von Dionysos zu Osiris
folgende Iachrichten: •oa,p,, 6l lcn, A,6vvao, Ka~u 'EAA«6a
yAwaaav (II 144,2) "Osiris heißt auf griechisch Dionysos".
8Eoü, yup 6~ ou Toü, au~oü, &.av~E, bµolw, Atyu•~LOL alßov~a,,
KA~v •Ia{o, ~E Kat 'OoCp,o,, Tov 6~ AL6vvaov &lva, Alyova,(II 42,2)
"Denn die Ägypter verehren nicht dieselben Götter in gleichem
Maße, außer Isis und Osiris, von dem sie behaupten, er sei Diony-
sos". 'Aw6AAWVaÖE Kat •Ap~EµLV ALovuaov Kat ·1a,o, AEyova,
Elva, na!öa, • • • • • • • • • • • •
Alyun~,o.t ÖE 'A K 6 A A w v µ!v •g p o,, A ~ µ ~ ~ ~ p 6l •10,,
•Ap~~µ,, 6E Bovßaa.,, (II 156,5) "sie erzählen, daß Apollon und
Artemis die Kinder des Dionysos und der Isis seien ••••• auf ägyp-
tisch ist Apollon Horus, Demeter Isis, Artemis Bubastis".
An allen drei Stellen ist die Gleichsetzung des Osiris mit Diony-
sos völlig deutlich. Um Ausgangspunkt und Motiv der Gleichsetzung
beider Gottheiten zu klären, sei zunächst gefragt, was vor Herodot
sowohl Uber Dionysos als auch über Osiris bekannt war. Nach der An-
sicht von Wilamowitz 1 ) ist Dionysos ungefähr im 8.Jahrhundert vor-
christlicher Zeit nach Griechenland gekommen, allerdings habe er
seinen Platz unter den übrigen griechischen Göttern erst im 7.Jahrh.
v.Chr. erhalten.
Bei Homer wird noch recht wenig über Dionysos berichtet. Wichtig
ist die kurze Schilderung der Flucht des Dionysos ins Meer im
6.Buch der Ilias (13o ff). An dieser Stelle wird bereits deutlich
von Dionysos als dem Rasenden AL6vuao, µaLv6µEvo, (E 132) gespro-
chen. Zugleich hat er auch schon den Beinamen Nua~,o,, der Gott
2
von Nysa ). In der Ilias 8 325 ist im Zusammenhang mit der Er-
wähnung der Liebschaften 3 ) des Zeus auch von Semele als der Mutter
des Dionysos die Rede. Dionysos ist hier als xapµa ßpo.o!o,v
"Freude der Sterblichen" bezeichnet. Das scheint auf seine Rolle
als Weingott hinzuweisen. Od. w 73 wird von einer Amphora berich-
tet, die Dionysos der Thetis geschenkt hat. Da die Amphora zunächst
ein Weingefäß ist, läßt sich das Geschenk doch wohl als Hinweis
auf Dionyaoa als Weingott veratehen 1 >, obwohl die Amphora an unae-
rer Stelle zur Bestattung dee Achill verwendet wird.
In der Theogonie 940 ff. berichtet Hesiod nicht nur, daß Semele
2
die Tochter des Kamos aei ), sondern er fügt hinzu, daß eie als
sterbliche Frau einen unsterblichen Sohn&8avG~ov 8v~~~ geboren
habe. An dieser Stelle 3 ) nennt Hesiod Dionysos woAuy~e~,, den
"Freudenreichen". Auch diese Charakterisierung steht wohl im
Zusammenhang mit Dionysos• Rolle als Weinspender 4 >.
Aus diesen Stellen kann man entnehmen, daß Homer und Hesiod den
Dionysos, Gott der Raserei, als Sohn des Zeus und der Semele, als
Freudenreichen, als Weingott und als Weinspender gekannt haben.
J.n sehr wichtiger Stelle macht uns Rerodot darauf aufmerksam, daß
die Griechen zuerst die •amen der anderen Gottheiten aus Ägypten
erfuhren, und erst später den Hamen Dionysos {II 52,2) EnEL~E
6! xp6vou woAAoü 6iECtA86v~o, lnueov~o lx ~ij, Alyun~oo &nLyµlva
~&oüv6µa~a ~wv 8twv ~WY&AAwv,bLOYUOOU6l Ga~tpov noAAf inu8ov~o.
Das Gleiche wird II 146,2 berichtet.
Es scheint, daß Herodot mit Recht annimmt, daß sich der Kult dee
DiOJ!IIYBOB erst verhältnismäßig spät bei den Griechen eingebürgert
hat. Diese 5achricht des Herodot widerspricht nicht anderen Indi-
zien, eus denen man auf eine frühe und eine späte Phase der
Ubernahme des Dionysoskultes schließen kann 5 ).
Als Ursprungsland des Dionyeoekultes muß Thrakien gelten, aber
auch Phrygien und Lydien sind nicht auszuschließen. Um der Kuriosi-
tät willen sei noch erwähnt, daß P.Foucert einen ägyptischen Ur-
sprung des Dionysos annimmt 6 >. Die Ansicht, daß Dionysos mit Osiris
1) M.P.Nilsson, p. 565.
2) Pil'ldar, fr. 15 "Den Bromios rufen wir an, den Gott des Jubels,
das Kind des höchsten Vaters und der kadmeischen Jungfrau";
i Tgl. auch dazu Theog. 976.
3 Hesiod: Theog. 941.
4 Ps.Hesiod, Aspis, 400; Ergs 614; fr. 121 Rzach.
5 Wahrscheinlich muß man nun mit zwei Einwanderungswellen rechnen.
Xach I.F.Otto (Dionysos,196o,p.51,57) ist Dionysos zunächst aus
Thrakien nach Griechenland gekommen (H.Hommel: Gedenken zur
griechischen Tragödie = N.eue Jahrbücher. für Antike und deutsche
Bildung, Leipzig u.Berlin 194o,p.276 f. "M.P.Nilsson a.a.o. sieht
- weniger wahrscheinlich - Thrakien selber als diese Urheimat
an"), beim anderen .1481über das ägäische Meer aus Phrygien oder
Lydien nach Griechenland. Den Landweg aus Thrakien hält Wilamo-
witz für unwahrscheinlich,-da es in Theesalien von Dionyeos
wenige Spuren gibt {Glaube der Hellenen II 61).
6) P.Foucart: Le Culte de Dionysoe. en Attique,Mem.acad.des Inscrip-
tions, 37, 1904.
60
ein•• war, wie Herodot berichtete (II 42), wurde in der Spätzeit
in den offizielle~ Kreisen .Ägyptens geteilt, sodaß der Beiname des
Ptolemaios XIII (81 - 51 v.Chr.) Bio, 6Lovuao,erscheint auf einer
hieroglyphischen Inschrift im britischen 1
Museum >.
Von Dionysos' Geburt berichtet uns Herodot nicht viel 2 ) vüv 6E
6Lovua6v •E >..lyouaL ot ·E>..>..~vE, w, aÖ.Cka YEVOµEVOV l, .ov µ~pov
lvEpp&~a.o ZEu, Kat ~VELkt l, Nuaav .~v UKEP Alyun.ou loüoav lv
•U Al8Lon(U • • (II 146,2) "Die Griechen erzählen jetzt, Zeus
.habe Dionysos gleich nach der Geburt in seine Hüfte eingenäht, und
ihn nach Jlysa gebracht, das oberhalb .Ägyptens in Äthiopien liege".
Es ist schwer, den Geburtsort des Dionysos, Nysa 3 >, zu lokalisie-
ren. Einer der homerischen Dionysoshyanen berichtet von einem
Nuo~ • • • -~>..oü fOLVLK~, OXE6ov Alyun.OLO po&wv (34,8) 4 ).
Bach der Ilias 5 ) ist anzunehmen, daß Nysa, wo der Kampf zwischen
Lykurgos und Dionysos stattfand, ein Ort in Thrakien sein müsse.
An vielen Stellen berichtet Herodot über Osiris unter dem grie-
chischen Namen Dionysos. Hier hält er also die Identifikation für
so eindeutig, daß er nur noch von Dionysos spricht. Dionysos und
Selene wird ein Schwein geopfert •OLOL µEv vuv &>..>..oLoL
8EOLOL8UELV
,. OU
u, ' 6 LKULEUOL
' A'LYUK•LOL,
' ~ ~ '
wE~~vu 61.
~ KUL' 6LOVUa~
' '
µOUVOLOL -
•OU
ao.oü xpovou, •Ü ao.fi navot>..~v~ • • (II 47, 2) "Die Ägypter
Westen, ihm werden die Hände in der Neschmetbarke gereicht auf den
Wegen des Westens >.
111
Nachdem nun alle für einen Vergleich wichtigen Angaben über Osiris
zusammengestellt wurden, sollen im folgenden die entsprechenden
Angaben über Dionyeos gesammelt werden. Aue dieser Gegenüberstel-
lung läßt eich dann vielleicht ablesen, aus welchen Gründen die
beiden Gottheiten mit so großer Sicherheit gleichgesetzt worden
sind.
Dionysos' Rolle als Vegetationsgott läßt sich aus seiner Stellung
zur Natur ablesen. Nach einem sehr alten Mythos 2 ) wurde Dionyeoe
als Kind von seiner Mutter verlassen und von Naturwesen ernährt
und gepflegt. Die Vorstellung der Ernährung des Dionysoskindes
durch Naturwesen zur Zeit der wiedererwachenden Vegetation weist
auf seine enge Verbindung zur Vegetation hin. Deshalb feiert man
dem Dionysos das Feet der 'Av8EaT~pLu, das Blütenfest. Dieses Fest
wurde im Frühling gefeiert 3 ) und galt dem Wiedererscheinen des
Vegetationsgottes. So wurde Dionyeos auch als Blütengott 6L6vuao,
•Av8Lo,,'Av8EaT~p bezeichnet.
Ale Gott des Frühlinge hat er die Beinamen,Aoto,, ,AEu,,
AELßfivo, ferner c5uodAAL o,, &v8cu, oder EÖav8r" auch
XA06Kupno,, E~Kapno,.
Neben dem Wein steht er auch in Verbindung mit den Feigen, d.h.
er wird auch als aux(T.,,, (Heeych s. v. aux«TT)' ) bezeichnet.
In den Naturwesen bzw. im Wachstum der Vegetation steckt die Kraft
des Lebens, die ein Segen für die Menschen und die Tiere ist.
Dieser Gedanke führt uns zu einer Vorstellung, daß Dionyeoe durch
das Aufblühen der Vegetation zum Leben kommt, d.h. daß Dionysos im
Frühling vom Winterschlaf erwacht 4 >, während er im Winter, der
Zeit der Naturruhe, schläft. Den Gedanken hat Plutarch später den
Phrygiern zugeschrieben 5 )~puyE, c5! Tov 8Eov ol6µEVOL XELµwvo,
• •
1) ,
Bei Sude s.v. BaKxo, •••• A' '
~aKxo, ••• KaL ,..
Tou, ,
KAaöou,, P.
ou, oL•
µua'faL q,lpouaL.
wonach Diele bei Xenophones fr. 17 ergänzt:l<1'fäaLv ö'iXa'f~,
( BaKXOL) ffUKLYOV ffEpt öwµa.
Hesych, s.v. lvöEvöpo,.
Plut.Quaest.conviv. p. 675.
M.P.Nilsson, a.a.O. p. 585, Taf. 35,1.
K.O.Müller: Kl.d.Schriften,II,Breslau 1848, p.28 ff.
W.F.Otto: Dionysoe, p. 133; .vgl.auch dazu p. 58 unten.
Hesiod, Theog.941; Fr. 121 Rzach.
M.P.Nilsson: Gr.Feste, p. 278, 292.
O.Kern: Religion der Griechen, p. 227 (Bd.I-III, 1926-38).
W.F.Otto: Dionysos, p. 133.
47
Im Demeterkult tritt aie nicht allein auf; immer iat sie mit
ihrer Tochter Persephone zusammen. So werden sie ein unzertrenn-
liches Paar .w 8t:w 1 ), nur manchmal werden sie als 1' •pt:a~u.lpci und
~ ve:c.inlpci unterschieden 2 >.
Demeter steht in Verbindung mit der Totenwelt und trägt denn des
Epitheton xeov{«. Ale Demeter vergeblich ihre Tochter suchte, hat
sie sich in dee schwarze Gewand der Trauer gehüllt und sie erscheint
bei Peusenias 3 ) als Demeter µcA«Lv«. So irrt sie nach ihrem Kind
umher, wie Kybele um ihren Attie, Aphrodite um ihren Adonis, Isis
um ihren Osiris. Und eo bleibt Demeter traurig und einsam, bis
zwischen Pluton, dem Gott der Unterwelt, und Zeus ein Vertrag ge-
schlossen wird, wonach Persephone ein Drittel des Jahres in der
Unterwelt und die übrige Zeit bei ihrer Mutter und unter den Göt-
tern im Olymp verbringen eo11 4 ). Die Vorstellung von Demeter als
Fruchtbarkeitsgöttin der Erdtiefe, der die Saaten und die Toten
,
anvertraut werden, erklärt den Brauch, die Verstorbenen A ~ µ Tt-
•PE L o L 5 )zu nennen. So wurde bei der Bestattung in Athen,
6
Sparta und Rom der Demeter ein Opfer beetimmt ). Die Verstorbenen
werden euch mit dem Auf- und Niedergang der K6p~ in Zusammenhang
gebracht, wie euch mit dem Wechsel der Jahreszeiten. Im Frühling
feierte man den Toten ein Feet, in dem Glauben, auch die Seelen
der Toten drängten zum Licht, wenn die Erde zu treiben beginnt
und das Wachstum einsetzt 7 ).
Herodot hat II 171 von den µuo.~pLa der Demeter, d.i. "Ieie" be-
richtet, welche die Hellenen Theemophorien nennen. In der klassi-
schen Zeit iet leis als Thesmophoros unbekannt. Erst in der Spät-
zeit wird der Isiekult vielfältig getrieben. So nennt eie ein
Hymnus vo~ Oxyrhynchos etwa im 1.-2.Jahrh.n.Chr., daß eie reich an
Gestalten, noAuµop~o,, und an Namen,noAuwvuµo, , ist. Sie ver-
eint alles in sich, sodaß sie "das schöne Wesen aller Götter"
heißen kann 8 ).
~~
H.Bonnet: .a.a.O. p. 328. 8) H.Kees,Lesebuch Nr. 16.
Plutarch, de Ie.et Os. 33, 38/9, 43, 59.
1o) A.Hermann: Das Kind und seine Hüterin, MDAIAK,8,1939,p.171 ff.
49
In der Ptol. Zeit fließt Isis mit der Thermuthis zusammen. Als
Isie-Thermuthie hatte sie ein Heiligtum vor dem Hathortempel in
1
Dendera >. In der Spätzeit wurde Ieie-Thermuthie mit einem Frauen-
körper, der in einem Schlangenleib endet, dargeetellt 2 >.
leis steht in Verbindu?J8 mit dem bchwein. Sie wird sogar in einem
Zaubertext "weisse Sau von Heliopolia" genannt 3 >. Ea gibt auch
A1111lette von Säuen, die den Namen Iaia tragen 4 >.
Seit dem A.R. ist Kin mit Horua verschmolzen 5 >. Diese Funktion
zeigt sich in der Formel "Min als König von Oberägypten, Horue der
Starke" 6 ). Im M.R. wird Min mit Horus vermischt, sodaß Min als
Harendotew (Horue, Sohn und Rächer seines Vaters) zu deuten ist 7 >.
Dadurch wird Min Sohn der Isis. Durch diese Verschmelzung von Min
und Horue wurde Isis zur Göttermutter 8 ).
In der Isis-Aretalogie von Memphis wird berichtet: M 5, 'Eyw clµL
Kp6vou 8uyaT~P npcoßuTaT~ "ich bin die älteste Tochter des
Kronos". Es scheint, daß der Verfasser der leis-Aretalogie mit die-
sen Worten die Göttin Isis den Griechen vorstellen und ihr zugleich
einen hohen Platz unter den griechischen Gottheiten geben wollte.
Nach Hesiod, Theog.453 ff. ist auch Demeter die Tochter von Kronos.
Nach ägyptischen Quellen sind die Eltern von Isis Geb und Jiut 9 ).
Nun ist Kronos von den Griechen dem ägyptischen Geb gleichgesetzt
und seine Gefährtin Rhea der ägyptischen 10
Nut ). Man sieht also,
daß diese Vorstellung auf griechischem Gedankengut beruht. Wie
bereits erwähnt, ist Isis als 1tpEoßuTaT~ bezeichnet. Es ist merk-
würdig, daß sie als "Älteste" betrachtet wird. Denn Pyr. 1961 und
Plut.de Ie.12 bestätigen folgende Reihenfolge: "Osiris - Haroerie,
Seth-Ieie-Nephtye". Das Attribut "Al.teste" kann eich also nicht
auf Isis' Geburt beziehen. Einige ägyptische Bei•piele bieten
Möglichkeiten, um diese Bezeichnung deutlicher zu Terstehen. Isis
heißt an einer Stelle ~ "':"' ~ -- \,J
"die Größte ihres Vaters Geb" 1 ). An einer anderen Stelle heißt
Isis 2 ) :::: ~ je c= ~ l. .....,_ ~ j
"älteste Tochter (amsw.t) aus dem Leib ihrer Mutter Nut". Hier ist
Isis also auch in ägyptischen Quellen als Älteste belegt.
Man kann jedoch 1tpe:aßu'tchTJ auch mit "ehrwürdigste" übersetzen.
Dann möchte der Verfasser dieses Textes die Göttin Isis auf eine
höhere Stufe stellen, ähnlich wie Demeter, die oft xpe:aßu'tcpa
genannt wird. Der Verfasser hat einen ägyptischen Gedanken über-
nommen, ganz gleich ob er leis als "Älteste" oder "Ehrwürdigste"
ansieht, ja man kann fast sagen, daß er Wort für Wort aus einem
ägyptischen Text übersetzt hat.
Die Oeirielegende zeugt von der Treue der Isis zu ihrem Gatten.
Nach langem Suchen und mit vieler Mühe hat sie die zerstückelte
Leiche ihres Mannes gefunden. Durch ihre Worte und ihre Klage er-
wacht Osiris zu neuem Leben. Sie empfängt von dem toten Osiris
einen Sohn. Dadurch steht Isis in Verbindung mit dem Totenritus.
Isis und ihre Schwester Nephtye stehen als Klagefrauen zu Füssen
3
und am Kopf des Toten >. Isis heißt "die schwarze Frau" >. 4
Dazu kommt Isis mit ausgebreiteten Flügeln und haucht den Toten
Lebensluft 5
ein >.
1 Edfu, I 384.
2 Philae, Photo 1086.
3 H.Bonnet, p. 328.
4 W.B. Bd. V, p. 123.
5 A.Erman, Lit. 190; H.Bonnet, p. 569, Abb. 140.; H.Bonnet:
Atlas 123-; dazu V.Schmidt: Sarkophager, 53o/56o/3.
51
Z u e a mme n f a e e u n g .•
Ieie ist, besondere in der Spätzeit zur Naturgöttin geworden.
Plutarch betrachtete eie ale Kraft, die dae Getreide in eich zum
Keimen bringt. Sie wird eo auch zur Herrin über die Ernte und dae
Korn. Gleiche Eigenschaften wurden der Demeter zugeschrieben. Sie
iet der Kutter Erde verbunden, iet Ackergöttin und damit auch
Göttin dee Getreides und der Ernte.
Der Aspekt der Fruchtbarkeit, der beiden Göttinnen eigen ist,
erstreckt eich über den pflanzlichen Bereich hineue auf Tiere und
Menschen. Sie eind mütterliche Gottheiten. Beiden ist dae weib-
liche Schwein heilig: bei Ieie ale Symbol dee Glückes, bei Demeter
ale Opfertier.
Isis und Demeter werden Thesmophoroe genannt, jedoch nicht gleich-
bedeutend für beide Göttinnen: Isis Thesmophoros wird als Gesetz-
geberin betrachtet, während Demeter diese Bezeichnung als Begrün-
derin des Ackerbaues trägt. Wie Demeter 1tpEaßu-r;lp11 genannt wird,
verehrte •
man auch Isis als xpEaßu'tlX'tTJ •
im Sinne einer "ältesten"
oder "größten" oder "ehrwürdigsten" Göttin.
Wiederum klingt der frauliche und mütterliche Charakter beider
Gottheiten an, wenn sie im Totenritual die Trauernden symbolisieren.
Einerseits beklagt Isis den toten Osiris, andererseits Demeter
ihre Tochter Persephone. Beide erscheinen als die "schwarzen".
52
M e n d e s P a n
(II 46,2) "Die Jlaler und Bildhauer malen und meißeln das Bild des
Pan, wie die Griechen, mit Ziegenkopf und Bocksfüßen, obwohl die
Mendesier glauben, daß er nicht eo ist, sondern wie andere Götter
aussieht".
Herodot berichtet weiter II 46, die Mendeoier verehren alle Ziegen,
die männlichen jedoch noch mehr als die weiblichen. Aber sie ver-
ehren einen Bock besonders und wenn er stirbt, herrscht im ganzen
Gau Mendes tiefe Trauer. Er wird beklagt und bestattet. Herodot
gibt keine Erklärung dafür, warum die Mendesier Pan mit Ziegen-
kopf und Bocksfüßen darstellen. In Mendes galt der Widder und
nicht der Ziegenbock der Ba (Widder,Seele) der dortigen Gottheit
110siris 111
). Herodot aber übernimmt diese Erzählung und macht sich
keine Gedanken darüber.
How und Welle schreiben zu dieser Stelle 2 ): "Herodotus is wrong in
connecting it with Pan, the confusion is due to the fact, that
Min 3 )of chemmis, whom the Greeks usually identified with Pan, is
goat-headed".
Herodot hat es nicht für notwendig gehalten, oder es war ihm selber
unmöglich, eine klare Unterscheidung zwischen dem Widder und dem
Bock zu machen. Er gibt hier nur die reinen Tatsachen wieder, ohne
irdendwie sein eigenes Urteil: anzufügen. Er hat in diesem Falle
seine Kritik nicht so offen ausgesprochen, wie er es bei den anderen
Er wird als ,b.r.w fdw mit vier Köpfen auf dem Hals geschildert
-== 'fl'? 1 >. Weil Chnum eins ist und vier in ihm
~?
vereint sind, und sein Bild mit vier Köpfen dargestellt wird,
könnte man diese Einheitsgottheit mit Pan etwa mit seiner arka-
dischen Vierheit in Verbindung bTingen. Aus dem Xamen konnte man
überdies auf die verschiedene Abstammung schließen (Deutung des
Namens näv als Allgott). Pan wird ja übrigens auch als Mischwe-
sen mit vier widderköpfigen Figuren dargestellt 2)
2. Her i sehe f
Die widderköpfige Gestalt der Gottheit von Herakleopolis magna
wurde im Laufe der Zeit zum Symbol seiner Achtung ( ~fj.t) und
seines Ansehens (ifaf.t). Herischef wird wie Pan widderköpfig
dargestellt 3 >.
3. Mi n ..
Min hat außer der Rolle als Schützer der Wege4 ) auch Beziehungen
zum Mond. Er besitzt ein Heiligtum in Achmim, das "Mondhaus"
5 6
heißt ). Gauthier )nimmt an, daß diese Beziehung im N.R. vorhanden
war, und in der Spätzeit feierte man dann dem Min an jedem Neu-
7
mondsteg in Kom-Ombo einen Umzug >. Stephanus v.Byz. bezeichnet
ihn als Eidolon des Mondes 8 ). Deshalb ist es selbstverständlich,
daß Min mit dem alten Mondgott als Min-Joh verschmolzen wurde 9 >.
Man sieht, wie Min dem Wesen des Pan sehr nahe rückt. Min gilt
als Schützer der Wege, und der Reisende bittet um seine Gnade. So
gilt auch Pan als EGoöo, , der den Wanderer geleitet. Beide, Min
und Pan sind ithyphallisch. Beide stehen in Verbindung mit dem
Mond, und beide werden in Menschengestalt dargestellt. Min wurde
auch masturbierend dargestellt 10 ).
Urk. II 33.
vgl. p. 55, Anm. 1.
H.Bonnet: RäR, p. 289.
vgl. p. 53, Anm. 3.
H.Bonnet: RäR, p. 466.
M.H.Gauthier: Lee Fetes du dien Min, Le Caire 1931, p. 62;
H.Brugsch, Rel.675;.J.Morgan: Ombos II Nr. 597; A.Scharff,
ZÄS 62,88. .
7) Steph.v.Byz. s.v.Panopolis.
8) G.Maapero: Pep.du Louvre 73.
9) A.~rman: Die äg.Relig. 2.Aufl.Berlin 1909, p. 18, Abb.18.
57
Z u s a mme n f a s s u n g
In Ägypten war Gott der Stadt Mendes ein Widder, schon vom A.R. an
auch als Mensch mit Widderkopf dargestellt 1 ). Der Xendesgott ist
der einzige unterägyptische Widdergott; die anderen hat Herodot
wohl nicht gekannt. In dieser Form ähnelt er dem Pan, der meist in
Gestalt eines Menschen mit Bocksbeinen und Ziegenkopf erscheint.
Mendes und Pan 2 ) sind Götter der natürlichen Zeugungskraft. Einer
viergestaltigen Darstellung des Pan, dessen Zeugungskraft auch für
die Vermehrung steht, und dessen Namen das Moment der Einheit in
der Vielfalt enthält, scheint es zu entsprechen, daß es auch eine
Mehrzahl von ägyptischen Göttern mit Wesensbereichen gibt, die
teilweise dem Mendes und teilweise dem Pan eigen sind. Es sind
dies die widderköpfigen Götter: Chnum, Herischef, sowie Min.
Besonders Min besitzt deutliche Ähnlichkeit mit Pan. Beide zeugungs-
kräftigen Götter werden ithyphallisch dargestellt und gelten als
Erfinder der Masturbation. Sie sind Schützer der Wege und stehen
in Beziehung zum Mond: Pan als Liebhaber der Selene, Min als Gott
des Mondhauses.
Die Vielzahl ägyptischer Götter, deren Charakter und Eigenschaften
sich überschneiden, legt den Gedanken nahe, daß Herodot bei seiner
Identifikation von Mendes und Pan stark vom äußeren Eindruck der
Widdergestalt aus gegangen ist und sich die vielschichtige Proble-
matik der Identifikation von Göttern verschiedener Religionen ab-
sichtlich oder unabsichtlich vereinfacht hat.
0 s i r i s Di o n y s o s
Wir finden bei Herodot Uber das Verhältnis von Dionysos zu Osiris
folgende •achrichten: •oaLpL, 6l lcnL AL6vuao, KaT« •EAA«6a
yAwooav (II 144,2) "Osiris heißt auf griechisch Dionysos".
8&oü, yup 6~ ou Toü, aOToü, l•avTt, 6µo,w, Alyu•TLOL alßovTaL,
•A~v •1a{o, TE Kat 'oalpLo,, Tov 6~ AL6vuaov t?vaL AlyouaL(II 42,2)
"Denn die Ägypter verehren nicht dieselben Götter in gleichem
Maße, außer Ieie und Osiris, von dem sie behaupten, er sei Diony-
eoe". 'An6AAwva 6E Kat •ApTtµLv ALovuaou Kat •10Lo, AlyouaL
&lvaL naroa, • • • • • • • • • • • •
Alyv•TLaTt ÖE 'A K 6 A A w v µEv •g p o,, A ~ µ ~ T ~ p 6c •IaL,
•ApT~µL' 6! BovßaoTL' (II 156,5) "sie erzählen, daß Apollon und
Artemis die Kinder des Dionysoe und der leis seien ••••• auf ägyp-
tisch ist Apollon Horus, Demeter Ieie, Artemis Bubaetis".
An allen drei Stellen ist die Gleichsetzung des Osiris mit Diony-
eos völlig deutlich. Um Ausgangspunkt und Motiv der Gleichsetzung
beider Gottheiten zu klären, sei zunächst gefragt, was vor Herodot
sowohl tiber Dionysos als auch über Osiris bekannt war. Nach der An-
sicht von Wilamowitz 1 ) ist Dionyeos ungefähr im 8.Jahrhundert vor-
christlicher Zeit nach Griechenland gekommen, allerdings habe er
seinen Platz unter den übrigen griechischen Göttern erst im 7.Jahrh.
v.Chr. erhalten.
Bei Homer wird noch recht wenig über Dionysoe berichtet. Wichtig
ist die kurze Schilderung der Flucht des Dionysos ins Meer im
6.Buch der Ilias (13o ff). An dieser Stelle wird bereite deutlich
von Dionysoa als dem Rasenden AL6vuao, µaLv6µtvo, (E 132) gespro-
chen. Zugleich hat er auch schon den Beinamen Nuoo~Lo,, der Gott
von Nysa 2 ). In der Ilias 8 325 ist im Zusammenhang mit der Er-
wähnung der Liebschaften 3 ) des Zeus auch von Semele als der Mutter
des Dionysos die Rede. Dionysos ist hier als xapµa ßPOTOLOLV
"Freude der Sterblichen" bezeichnet. Das scheint auf seine Rolle
als Weingott hinzuweisen. Od. w 73 wird von einer Amphora berich-
tet, die Dionysos der Thetie geschenkt hat. Da die Amphora zunächst
ein Weingefäß ist, läßt sich das Geschenk doch wohl als Hinweis
auf Dionyaoa als Weingott veretehen 1 >, obwohl die Amphora an unse-
rer Stelle zur Bestattung des Achill verwendet wird.
In der Theogonie 940 ff. berichtet Heeiod nicht nur, daß Semele
2
die Tochter des Kamos sei ), sondern er fügt hinzu, daß eie als
sterbliche Frau einen unsterblichen Sohn&8avaTov 8v~T~ geboren
habe. An dieser Stelle 3 ) nennt Hesiod Dionyeoe woAuy~e~,, den
"Freudenreichen". Auch diese Charakterisierung steht wohl im
Zusammenhang mit Dionysoe• Rolle als Weinspender 4 >.
Aus diesen Stellen kann man entnehmen, daß Homer und Hesiod den
Dionyeos, Gott der Raserei, als Sohn des Zeus und der Semele, als
Freudenreichen, als Weingott und als Weinspender gekannt haben.
An sehr wichtiger Stelle macht uns Rerodot darauf aufmerksam, daß
die Griechen zuerst die )lamen der anderen Gottheiten aus .Ägypten
erfuhren, und erst später den Namen Dionysos (II 52,2) EKELTE
6t xp6vou WOAAOV 6LE~EX86vTo, l•u80VTO lk Tij, AlyunTOU &nLyµlva
Ta oöv6µaTa TWV8EWVTWVäxxwv, ÖLOVUOOU 6! ~OTEpov ffOAA~lnu80VTO.
Das Gleiche wird II 146,2 berichtet.
Es scheint, daß Herodot mit Recht annimmt, daß sich der Kult de ■
Dionysos erst verhältnismäßig spät bei den Griechen eingebürgert
hat. Diese 5achricht des Herodot widerspricht nicht anderen Indi-
zien, aus denen man auf eine frühe und eine späte Phase der
Ubernahme des Dionysoskultes schließen kann 5 >.
Als Ursprungsland des Dionysoskultes muß Thrakien gelten, aber
auch Phrygien und Lydien sind nicht auszuschließen. Um der Kuriosi-
tät willen sei noch erwähnt, daß P.Foucart einen ägyptischen Ur-
6
sprung des Dionysos ennimmt ). Die Ansicht, daß Dionysos mit Osiris
1) M.P.Nilsson, p. 565.
2 ) Pirldar, fr. 75 "Den Bromioe rufen wir an, den Gott des Jubels,
das Kind des höchsten Vaters und der kadmeischen Jungfrau";
Tgl. auch dazu Theog. 976.
3 ~ Hesiod: Theog. 941.
4 Ps.Hesiod, Aspis, 400; Ergs 614; fr. 121 Rzach.
5 Wahrscheinlich muß man nun mit zwei Einwanderungswellen rechnen.
Xach W.F.Otto (Dionysos,196o,p.51,57) ist Dionysos zunächst aus
Thrakien nach Griechenland gekommen (H.Hommel: Gedanken zur
griechischen Tragödie= Neue Jahrbücher. für Antike und deutsche
Bildung, Leipzig u.Berlin 194o,p.276 f. "M.P.Nilsson a.a.O. sieht
- weniger wahrscheinlich - Thrakien selber als diese Urheimat
an"), beim anderen Mal über.das ägäische Meer aus Phrygien oder
Lydien nach Griechenland. Den Landweg aus Thrakien hält Wilamo-
witz für unwahrscheinlich,-da es in Thessalien von Dioriysoe
wenige Spuren gibt (Glaube der Hellenen II 61).
6) P.Foucart: Le Culte de Dionysos. en Attique,Mem.acad.des Inscrip-
tions, 37, 1904.
60
eina war, wie Herodot berichtete (II 42), wurde in der Spätzeit
in den offiziellen Kreisen Ägyptens geteilt, sodaS der Beiname des
Ptolemaios XIII (81 - 51 v.Chr.) Bio, 6L6vuao,erscheint auf einer
hieroglyphischen Inschrift im britischen 1
Kuseu.m >.
Von Dionysos' Geburt berichtet uns Herodot nicht viel 2 ) vüv 6!
6L6vua6v TE AlyouoL ot •EAA~vE, w, aÖT{Ka yEv6µEvov l, TOV µ~pov
EVEppa ♦aTO ZEu, Kat ~VELKEl, Nvaav T~V UXEP AlyvnTOU loüaav lv
TÜ Al9LonCu • • (II 146,2) "Die Griechen erzählen jetzt, Zeus
habe Dionysos gleich nach der Geburt in seine Hüfte eingenäht, und
ihn nach Bysa gebracht, das oberhalb Ägyptens in Äthiopien liege".
Es ist schwer, den Geburtsort des Dionysos, Nysa 3 >, zu lokalisie-
ren. Einer der homerischen Dionysoshyamen berichtet von einem
Nva~ • • • T~AOÜfOLV(K~, OXEÖOVAlyvnTOLO poawv (34,8) 4 ).
Nach der Ilias 5 ) ist anzunehmen, daß Nysa, wo der Kampf zwischen
Lykurgos und Dionysos stattfand, ein Ort in Thrakien sein müsse.
An vielen Stellen berichtet Herodot über Osiris unter dem grie-
chischen Namen Dionysos. Hier hält er also die Identifikation für
so eindeutig, daß er nur noch von Dionysos spricht. Dionysos und
Selene wird ein Schwein geopfert TOLaL µi;v vuv &AAOLaL9EotaL 9VELV
,. OU
u, ' 6 LKaLEUOL
' A'LYUXTLOL,
' " ' '
~E~~V'(I ~ Kat 6LOVUOr
61. ' '
µOUVOLOL -
TOU
aVTOÜxp6vou, TÜ aVTÜ naVOEA~vr • • (II 47,2) "Die Ägypter
Ein anderer Text spricht von Osiris als dem "Bringer der Gerste"!)
Nach einem anderen Beleg ist Osiris auch der, welcher das Korn
geschaffen hat 2 >.
In den gleichen Vorstellungsbereich gehört, daß Osiris auch als
"der große 5chwarze" bezeichnet wird. Das bezieht sich auf die
schwarze Schlammdecke, welche die Überschwemmung zurückläßt.
Die Doppelrolle des Osiris sowohl als Gott des Todes als auch als
Gott des wiedererwachenden Lebens zeigt sich deutlich an den lebens-
großen hohlen Osirisfiguren als Grabbeigaben. Diese Figuren werden
mit Korn, vermischt mit Erde, gefüllt. Die Angehörigen lassen das
Korn im Grab wachsen, damit der Tote ebenso wie das keimende Korn
wieder erwacht und seine Auferstehung aus der Erde unzweifelhaft
wird. Diesen Brauch hat Daressy in den Gräbern der 18. Dyn. gefun-
den3>.
Trotz Osiris' Rolle als Totengott finden wir in den Pyramidentexten,
daß er auch als "Herr des Weines im Überfluß 114) bezeichnet wird.
1
Auch Diodor IV 1,6,7 berichtet A(yuxTLOL µev yap TOV nap auTot,
8eov •oaLpLv bvoµat6µev6v ,aaLv e?vaL Tov nap'•EXXnaL 6L6vuaov
xaXouµevov •••• EUPET~v yev6µevov TOÜ olvou •• "die Ägypter sagen,
daß Osiris, den die Griechen Dionysos nennen, der Erfinder des
Weines sei".
Er ist auch der, welcher den Acker- und den Weinbau lehrt 5 >.
Auch Diodor weist später daruf hin 6 ) TOV öe •oaLpLv XlyouaL ••••
öLö&taL TO ylvo, Twv &v8pwnwv T~v TE T~, &µnlXou ,uTECav xat
TOv ax6pov TOÜ TE xupLvoü xat xpL8{vou xapxoü , sie sagen, Osiris
lehrte, wie man den Weinstock pflanzt und die Aussaat des Weizens
und der Gerste".
Herodot berichtet über eine Phallosprozession 7 ) in Ägypten zu Ehren
des Dionysos (II 48). Die Frauen laufen hinter einem Flötenspieler
her und tragen Bilder des Gottes mit großem beweglichem Glied.
Der Phallus gehört ateta zum Dionyaoakult 1 >. Während die Begleiter
des Dionysos und die Satyrn ithyp.ballisch sind, ist freilich Dio-
nysos selbst bekleidet dargestellt.
Bei der Feier der dionysischen Feste wurden P.ballusprozessionen
auf dem Land gefeiert. Nilseon gibt die Beschreibung einer Pro-
zession nach Aristop.banes' Acharnern wieder 2 )"Voran wurden eine
Amphora Wein und ein Rebzweig getragen, dann kam einer der das
Opfertier, einen Bock, hinter eich her zog, ein anderer folgte mit
einem Korb Feigen 3 ) und zuletzt wurde der Phallus einhergetragen"1)
Auf Grund der großen Phallusverehrung im Dionysoskult müssen wir
annehmen, daß Dionysos auch der Gott der Fruchtbarkeit bzw. der
Zeugung ist 5 >.
Im Monat Anthesterion wird dem Dionysos ein Frühlingsfest gefeiert.
Dionysos fährt auf einem Schiffskarren in die Stadt, begleitet von
den Silenen. Eine dionysische Schiffsprozession wird aus Smyrna im
Monat Anthesterion 6
im Frühling erwä.hnt >. In Athen ist ein ähn-
liches Fest bekannt >.7
Die Darstellung des Dionysos auf einem Schiff führt uns zu seiner
Beziehung zum Meere. Wie ich erwähnte, zog Dionysos in Athen und
Smyrna auf dem Schiffskarren ein. Dies bezieht sich auf sein Aben-
teuer mit den tyrrhenischen Seeräubern, das im homerischen Hymnus
8
erzählt wird ). Vielleicht ist die Erzählung dieses Abenteuers von
Dionysos' Flucht ins Meer zu Thetis 9 ) beeinflußt.
Daß die Prozession an den Anthesterien in Athen stattfand, ist u.a.
durch schwarzfigurige Vasen belegt 10 ).
!l
M.P.Nileeon: a.s.o. p. 118,119; vgl. auch p. 593.
Philoetr.vit.soph. I 25,1; Arist.rhet.15, p. 373.
L.Deubner: Att.Feste, p. 93.
Dionyeos war auf der Fahrt nach Naxoe. Da greifen ihn die
tyrrhenischen Seeräuber, um ihn mit sich zu schleppen. Er ent-
zieht sich den Banden dadurch, daß er eich in einen Löwen ver-
wandelt. Mastbaum und Bänke des Schiffes umspinnen eich mit
Reben, die Schiffer stürzen sich.ins Meer und werden zu Del-
phinen. (Hom.Hymn. VII; Ovid, met. III 582 - ?oo).
9) 11. Z 130 ff.
1 o) M.P.Xilsson, a.a.O. p. 583, Taf. 36,1; L.Deubner, Att.Feste,
p. 121.
66
• •
1) Bei Sude s.v.Baxxo, •••• ßaxxo, ••• xat Toü, KAa6ou,, o~, ol
µuaTal. q,lpoua1..
wonach Diele bei Xenophones fr. 17 ergänzt:la~äa1.v 6"lAdT~,
( Baxxoa. ) KUKI.VOV ffEpt 6wµa.
Hesych, s.v. tv6Ev6po,.
Plut.Quaest.conviv. p. 675.
M.P.Nilsson, e.a.o. p. 585, Taf. 35,1.
K.O.Milller: Kl.d.Schriften,II,Bresleu 1848, p.28 ff.
W.F.Otto: Dionysos, p. 133;.vgl.auch dazu p. 58 unten.
Heaiod, Theog.941; Fr. 121 Rzach.
M.P.Nilsson: Gr.Feste, p. 278, 292.
O.Kern: Religion der Griechen, p. 227 (Bd.I-III, 1926-38).
W.F.Otto: Dionysos, p. 133.
67
Der Phallus gehört stete zum Dionyeoekult 1 >. Während die Begleiter
des Dionysos und die Satyrn ithyphallisch sind, ist freilich Dio-
nysos selbst bekleidet dargestellt.
Bei der Feier der dionysischen Feste wurden Phallusprozessionen
auf dem Land gefeiert. Nileeon gibt die Beschreibung einer Pro-
zession nach Aristophanes' Acharnern wieder 2 >nvoran wurden eine
Amphora Wein und ein Rebzweig getragen, dann kam einer der das
Opfertier, einen Bock, hinter eich her zog, ein anderer folgte mit
einem Korb Feigen 3 ) und zuletzt wurde der Phallus einhergetragen"1)
Auf Grund der großen Phallusverehrung im Dionyeoekult müssen wir
annehmen, daß Dionyeoe auch der Gott der Fruchtbarkeit bzw. der
5
Zeugung ist >.
Im Monat Anthesterion wird dem Dionysos ein Frilhlingsfest gefeiert.
Dionysos fährt auf einem Schiffskarren in die Stadt, begleitet von
den Silenen. Eine dionysische Schiffsprozession wird aus Smyrna im
Monat Antheeterion 6
im Frühling erwähnt >. In Athen ist ein ähn-
liches Feet bekannt ).7
Die Darstellung des Dionysos auf einem Schiff führt uns zu seiner
Beziehung zum Meere. Wie ich erwähnte, zog Dionysos in Athen und
Smyrna auf dem Schiffskarren ein. Dies bezieht sich auf sein Aben-
teuer mit den tyrrhenischen Seeräubern, das im homerischen Hymnus
8
erzählt wird ). Vielleicht ist die Erzählung dieses Abenteuers von
Dionyeos' Flucht ins Meer zu Thetis 9 ) beeinflußt.
Daß die Prozession an den Anthesterien in Athen stattfand, ist u.a.
durch schwarzfigurige Vasen belegt 10 ).
Osiris war dem Ägypter "Herr der Unterwelt" 1 ), Gott der Toten, wie
Herodot uns berichtet &px~YETEUELV 6l TWVKQTWAtyuaTLOL AlyouaL
A~µ~Tpa Kat AL6vuaov (II 123,1) "Die Ägypter behaupten, daß
Demeter und Dionysos über die Unterirdischen herrschen".
Ist Dionysos nun auch im griechischen Brauchtum Gott der Toten?
Das ist schwer zu entscheiden, denn er wird von Haus aus als Wein-
und Frühlingsgott verehrt 2 ). Rohde vertritt die Ansicht, Dionysos
habe den Unsterblichkeitsglauben mitgebracht und daher könnte er
auch Herr der Toten und der Seelen sein.
Man kennt ein Dionysosfest, das ein Doppelantlitz trägt. Einerseits
ist es ein fröhliches Fest, andererseits ein Totenfest, eben jene
Anthesterien 3 ).
Zudem gibt es noch ein reines Totenfest, die Agrionien, an dem auch
Dionysos verehrt wurde >. 4
Nilsson behauptet, daß Dionysos erst gegen das Ende der archaischen
Zeit zum Herrn der Seelen geworden ist 5 ), jedoch als Herr der Toten
fehlen ihm die entsprechenden Epitheta. Dagegen finden wir in einem
Fragment Heraklit 6 wu,o,
) 6l 'AC6~, Kat AL6vuao, , welches Dionysos
und Hades gleichsetzt. Man muß jedoch vorsichtig sein, dieses Frag-
ment als Beweis zu verwenden. W.F.Otto, nach R.Rohde einer derjeni-
gen Gelehrten, die am nachdrücklichsten für Dionysos' Bedeutung als
Totengott eingetreten sind, weist allerdings diesem Fragment große
7
Bedeutung zu ). Doch läßt sich daraus keinesfalls etwas für das
allgemeine Bewußtsein des Volkes gewinnen, müßte man dann doch auch
annehmen, daß etwa Heraklits "Weg herauf und herab" (fr.60) von den
Leuten der Zeit gleichbedeutend empfunden wurde.
Wenn Heraklit diese Meinung vertritt, so läßt sich dies aus seiner
allgemeinen Anschauung erklären; er stellt immer Leben und Tod
nebeneinander 8 ). Seine philosophische Vorstellung ist durch die
Einheit der Gegensätze bestimmt, für ihn stellen Leben und Tod eine
Einheit dar. Auf der anderen Seite muß man allerdings auch beden-
ken, daß Dionysos als Vegetationsgott für das allgemeine Bewußt-
sein auch mit dem Vergehen des Lebens verbunden war. Doch sollte
man für die klassische Zeit zwischen der Bedeutung des Dionysos
für den Tod im Wechsel der Natur und einer Herrscherfunktion in
der Unterwelt unterscheiden. In späterer Zeit ist Dionysos dann
mit Sicherheit als eine Gottheit angesehen worden, die in enger
1
Verbindung zur Unterwelt stand ). Dafür hat W.F.Otto eine ganze
Reihe von Belegen aufgeführt 2 ).
Z u s a mm e n f a s s u n g
Osiris befruchtet als Herr der Nililberschwemmung das Land und läßt
die Pflanzen aus der Tiefe wachsen. Die Bindung dieses Gottes an
die Vegetation entspricht einer Eigenart des Dionysos, die in den
Anthesterien-Feiern deutlich ist: dieses Frühlingsfest galt der
Epiphanie des Vegetationsgottes.
Wie Dionysos ist Osiris einem Pyramidentext zufolge "Herr des
Weines". Auch griechische Autoren schrieben dem Osiris zu, daß er
den Wein erfunden habe, und die Kunst des Acker- und Weinbaues
lehre 3 >.
Dem Osiris wie auch dem Dionysos zu Ehren werden phallische
Prozessionen begangen.
Beide Gottheiten stehen in Zusammenhang mit Schiffsprozessionen.
Im Osiriskult bede~tet die Schiffahrt die Reise des Toten zu neuem
Leben im Jenseits, während die Schiffsprozession des Dionysos die
Epiphanie des Gottes im Frühlingsfest der Anthesterien darstellt.
In der ägyptischen Religion steht fest, daß Osiris der Herr der
Toten ist, dagegen ist umstritten, ob auch Dionysos ursprünglich
etwas mit der Unterwelt zu tun hat. In der späteren Zeit ist
Dionysos sicherlich als Totengott angesehen worden.
Anhang ( zu II 170,1)
Meine Annahme, daB der von Herodot genannte namenlose Gott Osiris
sein kann, leite ich aus nachfolgenden Stellen her:
a) In Kap. II 86,2, in dem Herodot Uber die verschiedenen Einbal-
samierungsmethoden berichtet, ist unter anderem auch von einem
namenlosen ägyptischen Gott die Hede. Da schreibt er xat ~~v µ!v
1
axou6aLO~«~~v au~lwv ,aat E?vaL ~oü ) OUK~aLOV KOLEܵaL ~o
oüvoµa l•t ~OLOU~~np~yµa~L bvoµatELV "Sie sagen, daß die kost-
barste Methode der Einbalsamierung von einem stamme, dessen Name
ich·bei einer solchen Gelegenheit nicht nennen darf". An dieser
Stelle erwähnt Herodot die erste Methode, die er im weiteren Port-
gang des Kapitels noch ausführlich beschreibt (II 86, 3-7), unter
Weglassung des Namens des Gottes, nach dem die genannte teuerste
Einbslssmierungsart herstammen soll. Das Verschweigen des Namens
entspringt wohl ausschließlich der Ehrfurcht 2 } des Griechen die-
sen Dingen gegenüber und nicht, wie Sayce meint 3 >, einer Unwissen-
heit.
Die erste Methode, die nach dem von Herodot nicht genannten Gott
ihren Ursprung genommen hat, läßt uns an die ideale Zurüstung des
toten Osiris durch den Balsamierungsgott Anubis denken 4 >. Denn
jeder Agypter, der es sich leisten konnte, wünschte sich, in der-
selben Art wie Osiris einbalsamiert zu werden 5 >.
b} In Kap. II 132 handelt es sich um ein Fest in Sais (II 130), bei
dem die 1gypter um einen Gott trauern und bei dessen Verlauf die
Figur einer Kuh, in deren Leib die Mykerinostochter bestattet
worden sein soll, herumgetragen wird. So berichtet er lnEav ~un~-
wv.aL Alyun.LOL .öv OUKbvoµaC6µEVOV 8Eov vn' lµEÜ lnt .oLOV•~
n p ~ y µ a ~ L (I[ 132,2) "wenn sich die Ägypter an die Brust
schlagen um einen Gott, den ich bei dieser Gelegenheit nicht ge-
nannt habe 11 •
1} Daß .oü durch 8Eoüzu ergänzen ist, zeigt die Stelle II 132,2
.ov ovx bvoµaC6µEvov 8Eov.
2) ~.?ohlenz: Herodot, Neue Wege zur Antike, II Heft 7/8,
Leipzig 1937, p. 56.
3) A.P..Sayce: The ancient Empire of the East, Herodotus I - III,
London 1883, p. 126, Anm. 9,
4} H.Keea: Lesebuch Nr. 45, p. 3o.
5) H.Kees: Totenglauben, p. 358.
71
1)Daß der Name des Gottes verschwiegen wird, finden wir z.B. in
der bekannten Geschichte vom geheimen Namen des Re (W.Pleyte et
F,Rossi: Lee Papyrus de Turin, Leide 1869 - 1876, Bl. 31-77;
G.Roeder: Urk. Re und Isis, ein Mythos im Papyrus aus dem N.R.,
p. 140-141; G.Möller: Hierat,Lesestücke, Bd,II p,29, Der Mythos
des Sonnengottes); ferner im alten Testament - Exodus 3,14 (vgl.
T.Hopfner: Zauberoffenbarung, § 7o3,Bd.21), wo sich Gott auf die
Frage Moses mit "ich bin, der ich bin" vorstellt.
Ob dieses Verschweigen nun aus Furcht vor magischem Mißbrauch
des Gottesnamens herkommt, soll hier nicht entschieden werden
(T.Hopfner: Zauberoffenbarung§ 681, 688, 7o2, 7o3, 7o5).
Herodot gibt einmal als Grund seines Verschweigens den tpö,
k6yo, an (II 62,2); II 79,3 verbirgt sich z.B. unter dem Namen
Mavepw, der tote Osiris (G.Möller: ZÄS 56, p. 78-79). Wahr-
scheinlich ist hier der Grund seines Verschweigens ein Geheim-
kult, wie es schon an den Stellen II 132, 170, 171 festzustellen
ist, Ein anderer Grund dürfte wahrscheinlich gewesen sein: Hero-
dot war wohl Myste und durch die Gleichsetzung des Osiris mit
dem griechischen Dionysos fällt auch er unter das Schweigegebot
(freundlicher Hinweis von H.Brunner). Man könnte daraus schlies-
sen, daß Herodot mehr wußte als er ..sagen durfte, oder wollte,
denn in dem Moment, in dem er von Agypten spricht, erklärt er
kategorisch, daß er nicht bereit ist, Einzelheiten wiederzuge-
ben, welche die Götter betreffen. Wenn Herodot viele Dinge über
die Götter gesehen und gehört hat, so wäre es möglich, daß er
versprechen mußte, sie nicht zu veröffentlichen (P.Montet: Kemi,
~d.11, Le Fruit Defendu, Paris 1950, p. 106). Es war nämlich den
Agyptern, wenn nicht streng verboten, so doch widerraten, das
was sie wußten, Ausländern zu enthüllen. Das hatte seine Ursache
in dem langsam um sich greifenden Fremdenhaß (Apistötung von
Kambyses III 29,1). Wichtig wird hier auch die Beobachtung, daß
Herodot in weltanschaulichen Fragen allgemein große Zurückhal-
tung übt (siehe: Das Problem der Identifikation, p,174 f.).
2)Vgl .Abschnitt "Hathor", p, 75 , A~. 5 • ..
3)H.Brugsch: ?,as Osirismysterium von Tentyra, ZAS 19, p. 92.
4)H.Bonnet: RaR, p. 516. 5) H,Kees:Lesebuch„Nr.22, p. 17.
6)Vgl.Abschnitt "Hathor-Aphrodite"., p. 75.
?)H.Gauthier: Annales "UnBdifice Hathorique a Sais",Bd.22, p,199,
64
Westen, ihm werden die Hände in der Neschmetbarke gereicht auf den
Wegen des Westens» >. 1
Nachdem nun alle für einen Vergleich wichtigen Angaben Uber Osiris
zusammengestellt wurden, sollen im folgenden die entsprechenden
Angaben über Dionysos gesammelt werden. Aus dieser Gegenüberstel-
lung läßt sich dann vielleicht ablesen, aus welchen Gründen die
beiden Gottheiten mit eo großer Sicherheit gleichgesetzt worden
sind.
Dionysoe' Rolle als Vegetationsgott läßt eich aus seiner Stellung
zur Natur ablesen. Nach einem sehr alten Mythos 2 ) wurde Dionysos
als Kind von seiner Mutter verlassen und von Naturwesen ernährt
und gepflegt. Die Vorstellung der Ernährung des Dionysoekindes
durch Naturwesen zur Zeit der wiedererwachenden Vegetation weist
auf seine enge Verbindung zur Vegetation hin. Deshalb feiert man
dem Dionysoe des Feet der 'Av8taT~pLa, des Blütenfest. Dieses Feet
wurde im FrUhling gefeiert 3 ) und galt dem Wiedererscheinen des
Vegetationsgottes. So wurde Dionyeoe auch als Blütengott 6L6vuao,
•Av8Lo,,'Av8taT~p bezeichnet.
Ale Gott des Frühlinge hat er die Beinemen,Aoto,, ,xtu,,
AtLßrjvo, ferner 6aauAALo,, &v8tu, oder tuciv8r" euch
xAo6kapno,, tGkapno,.
Neben dem Wein steht er auch in Verbindung mit den Feigen, d.h.
er wird euch als auxCT,1' (Hesych s. v. OUkCXTT)' ) bezeichnet.
In den Naturwesen bzw. im Wachstum der Vegetation steckt die Kraft
des Lebens, die ein Segen für die Menschen und die Tiere ist.
Dieser Gedanke führt uns zu einer Vorstellung, daß Dionyeos durch
das Aufblühen der Vegetation zum Leben kommt, d.h. daß Dionyeoe im
Frühling vom Winterschlaf erwacht 4 >, während er im Winter, der
Zeit der Naturruhe, schläft. Den Gedanken hat Plutarch später den
Phrygiern zugeschrieben 5 >~puyc, 6! TOV 8tov ol6µtVOL XELµwvo,
• •
1) ~
Bei Sude s.v. B~kxo, ••••
1
A
~akxo, ••• KaL
'
~ou,
• , 'L
kAauou,, ou,
•
OL
1
µua~aL cplpouaL.
wonach Diele bei Xenophones fr. 17 ergänzt:la~äaLv 6'iAd~~,
( BUKXOL) XUkLVOVXEpt 6wµa.
2 Hesych, s.v. lvo&vopo,.
3 Plut.Quaest.conviv. p. 675.
4 M.P.Nilsson, a.a.O. p. 585, Taf. 35,1.
5 K.O.Milller: Kl.d.$chriften,II,Breslau 1848, p.28 ff.
6 W.F.Otto: Dionysos, p. 133;.vgl.auch dazu p. 58 unten.
7 Hesiod, Theog.941; Fr. 121 Rzach.
M.P.Nilsaon: Gr.Feste, p. 278, 292.
~~ O.Kern: Religion der Griechen, p. 227 (Bd.I-III,
1 o) W.F.Otto: Dionysos, p. 133.
1926-38).
67
Der Phallue gehört stete zum Dionyeoekult 1 >. Während die Begleiter
dee Dionyeoe und die Satyrn ithyphalliech sind, iet freilich Dio-
nyeoe selbst bekleidet dargestellt.
Bei der Feier der dionysischen Feste wurden Phallueprozeeeionen
auf dem Land gefeiert. Nileeon gibt die Beschreibung einer Pro-
zession nach Arietophanee' Acharnern wieder 2 )"Voran wurden eine
Amphora Wein und ein Rebzweig getragen, dann kam einer der dae
Opfertier, einen Bock, hinter eich her zog, ein anderer folgte mit
einem Korb Feigen 3 ) und zuletzt wurde der Phallus einhergetragen"!)
Auf Grund der großen Phallueverehrung im Dionysoskult müssen wir
annehmen, daß Dionyeoe auch der Gott der Fruchtbarkeit bzw. der
5
Zeugung iet >.
Im Monat Antheeterion wird dem Dionyeoe ein Frühlingsfest gefeiert.
Dionysos fährt auf einem Schiffskarren in die Stadt, begleitet von
den Silenen. Eine dionysische Schiffsprozession wird aus Smyrna im
Monat Antheeterion 6
im Frühling erwähnt >. In Athen ist ein ähn-
liches Feet bekannt >. 7
Die Darstellung des Dionysos auf einem Schiff führt uns zu seiner
Beziehung zum Meere. Wie ich erwähnte, zog Dionyeos in Athen und
Smyrna auf dem Schiffskarren ein. Dies bezieht eich auf sein Aben-
teuer mit den tyrrhenischen Seeräubern, das im homerischen Hymnus
8
erzählt wird ). Vielleicht ist die Erzählung dieses Abenteuers von
Dionyeos' Flucht ins Meer zu Thetie 9 ) beeinflußt.
Daß die Prozession an den Anthesterien in Athen stattfand, ist u.a.
durch schwarzfigurige Vasen belegt 10 >.
M.P.Nilsson: Geschichte d.gr. Rel.I2, p. 586.
Aristophanes Acharner, p. 257 ff., 241 ff.
Plutarch erwähnt ebenfalls die Feigen, siehe den Vegetations-
abschnitt p. 65.
Eine schwarzfigurige Schale in Florenz stellt einen dionysi-
schen phallischen Aufzug dar; s.Nileson, Taf. 35, 2-3.
M.P.Nilseon: a.a.o. p. 118,119; vgl. auch p. 593.
Philostr.vit.soph. I 25,1; Arist.rhet.15, p. 373.
L.Deubner: Att.Feste, p. 93.
Dionysoe war auf der Fahrt nach Naxoe. Da greifen ihn die
tyrrhenischen Seeräuber, um ihn mit eich zu schleppen. Er ent-
zieht eich den Banden dadurch, daß er eich in einen Löwen ver-
wandelt. Mastbaum und Bänke des Schiffes umspinnen eich mit
Reben, die Schiffer stürzen sich_ins Meer und werden zu Del-
phinen.. (Hom.Hymn. VII ; Ovid, met. III 582 - 700).
9) Il. Z 130 ff.
1 o) M.P.Nileeon, a.a.O. p. 583, Taf. 36,1; L.Deubner, Att.Feete,
p. 121.
68
Osiris war dem Ägypter "Herr der Unterwelt" 1 ), Gott der Toten, wie
Herodot uns berichtet &px~YE~EUELV ~wv
6& KU,WAtyux~LOLAlyouaL
6~µ~~pa Kat 6L6vuaov (II 123, 1) "Die Ägypter behaupten, daß
Demeter und Dionysos über die Unterirdischen herrschen".
Ist Dionysos nun auch im griechischen Brauchtum Gott der Toten?
Das ist schwer zu entscheiden, denn er wird von Haus aus als Wein-
und Frühlingsgott verehrt 2 >. Rohde vertritt die Ansicht, Dionysos
habe den Unsterblichkeitsglauben mitgebracht und daher könnte er
auch Herr der Toten und der Seelen sein.
Man kennt ein Dionysosfest, das ein Doppelantlitz trägt. Einerseits
ist es ein fröhliches Feet, andererseits ein Totenfest, eben jene
Anthesterien 3 >.
Zudem gibt es noch ein reines Totenfest, die Agrionien, an dem auch
Dionysos verehrt 4
wurde ).
Nilsson behauptet, daß Dionysos erst gegen das Ende der archaischen
Zeit zum Herrn der Seelen geworden ist 5 ), jedoch als Herr der Toten
fehlen ihm die entsprechenden Epitheta. Dagegen finden wir in einem
Fragment Heraklit 6 )wu.o~ 6& 'A(6~~ Kat 6L6vuao~ , welches Dionysos
und Hades gleichsetzt. Man muß jedoch vorsichtig sein, dieses Frag-
ment als Beweis zu verwenden. W.F.Otto, nach R.Rohde einer derjeni-
gen Gelehrten, die am nachdrücklichsten für Dionysos' Bedeutung als
Totengott eingetreten sind, weist allerdings diesem Fragment große
7
Bedeutung zu ). Doch läßt sich daraus keinesfalls etwas für das
allgemeine Bewußtsein des Volkes gewinnen, müßte man dann doch auch
annehmen, daß etwa Heraklits "Weg herauf und herab" (fr.60) von den
Leuten der Zeit gleichbedeutend empfunden wurde.
Wenn Heraklit diese Meinung vertritt, so läßt sich dies aus seiner
allgemeinen Anschauung erklären; er stellt immer Leben und Tod
nebeneinander 8 >. Seine philosophische Vorstellung ist durch die
Einheit der Gegensätze bestimmt, für ihn stellen Leben und Tod eine
Einheit dar. Auf der anderen Seite muß man allerdings auch beden-
ken, daß Dionysos als Vegetationsgott filr das allgemeine Bewußt-
sein auch mit dem Vergehen des Lebens verbunden war. Doch sollte
man für die klassische Zeit zwischen der Bedeutung des Dionysos
filr den Tod im Wechsel der Natur und einer Herrscherfunktion in
der Unterwelt unterscheiden. In späterer Zeit ist Dionysos dann
mit Sicherheit als eine Gottheit angesehen worden, die in enger
1
Verbindung zur Unterwelt stand ). Dafilr hat W.F.Otto eine ganze
Reihe von Belegen aufgeführt 2 ).
Z u s a mme n f a s s u n g
Osiris befruchtet als Herr der Nililberschwemmung das Land und läßt
die Pflanzen aus der Tiefe wachsen. Die Bindung dieses Gottes an
die Vegetation entspricht einer Eigenart des Dionysos, die in den
Anthesterien-Feiern deutlich ist: dieses Frilhlingsfest galt der
Epiphanie des Vegetationsgottes.
Wie Dionysos ist Osiris einem Pyramidentext zufolge "Herr des
Weines". Auch griechische Autoren schrieben dem Osiris zu, daß er
den Wein erfunden habe, und die Kunst des Acker- und Weinbaues
lehre 3 >.
Dem Osiris wie auch dem Dionysos zu Ehren werden phallische
Prozessionen begangen.
Beide Gottheiten stehen in Zusammenhang mit Schiffsprozessionen.
Im Osiriskult bedeutet die Schiffahrt die Reise des Toten zu neuem
Leben im Jenseits, während die Schiffsprozession des Dionysos die
Epiphanie des Gottes im Frilhlingsfest der Anthesterien darstellt.
In der ägyptischen Religion steht fest, daß Osiris der Herr der
Toten ist, dagegen ist umstritten, ob auch Dionysos ursprilnglich
etwas mit der Unterwelt zu tun hat. In der späteren Zeit ist
Dionysos sicherlich als Totengott angesehen worden.
Anhang ( zu II 17o,1)
Meine Annahme, daß der von Herodot genannte namenlose Gott Osiris
sein kann, leite ich aus nachfolgenden Stellen her:
e) In Kap. II 86,2, in dem Herodot Uber die verschiedenen Einbel-
semierungsmethoden berichtet, ist unter anderem euch von einem
namenlosen ägyptischen Gott die Hede. De schreibt er xat T~v µtv
1
a~ou6aLoTaT~v aÖTcwv ,aat ElvaL Toü ) oöx ~aLov KOLEܵaL To
oüvoµa lKt TOLOUTfnp~yµaTL bvoµdCELV "Sie sagen, daß die kost-
barste Methode der Einbalsamierung von einem stamme, dessen Name
ich·bei einer solchen Gelegenheit nicht nennen darf". An dieser
Stelle erwähnt Herodot die erste Methode, die er im weiteren Fort-
gang des. Kapitels noch ausführlich beschreibt (II 86, 3-7), unter
Weglassung des Namens des Gottes, nach dem die genannte teuerste
Einbelsemierungsart herstammen soll. Das Verschweigen des Namens
entspringt wohl ausschließlich der Ehrfurcht 2 ) des Griechen die-
sen Dingen gegenüber und nicht, wie Seyce meint 3 >, einer Unwissen-
heit.
Die erste Methode, die nach dem von Herodot nicht genannten Gott
ihren Ursprung genommen hat, läßt uns an die ideale Zurüstung des
toten Osiris durch den Balsamierungsgott Anubis denken 4 >. Denn
jeder Ägypter, der es sich leisten konnte, wünschte sich, in der-
selben Art wie Osiris einbalsamiert zu werden 5 >.
b) In Kap. II 132 handelt es sich um ein Fest in Sais (II 130), bei
dem die Agypter um einen Gott trauern und bei dessen Verlauf die
Figur einer Kuh, in deren Leib die Mykerinostochter bestattet
worden sein soll, herumgetragen wird. So berichtet er tnEav TUnT-
wv'taL ACyunTLOLTOV OOKovoµaC6µEVOV 8EOV vn' lµcü lnt 'tOLOUTf
n p ,i y µ a T L (Iit 132, 2) "wenn sich die Ägypter an die Brust
schlagen um einen Gott, den ich bei dieser Gelegenheit nicht ge-
nannt habe".
1)Daß der Name des Gottes verschwiegen wird, finden wir z.B. in
der bekannten Geschichte vom geheimen Namen des Re (W.Pleyte et
F.Rossi: Les Papyrus de Turin, Leide 1869 - 1876, Pl. 31-77;
G.Roeder: Urk. Re und Isis, ein Mythos im Papyrus aus dem N.R.,
p. 140-141; G.Möller: Hierat.Lesestücke, Ed.II p.29, Der Mythos
des Sonnengottes); ferner im alten Testament - Exodus 3,14 (vgl.
T.Hopfner: Zauberoffenbarung, § 7o3,Bd.21), wo sich Gott auf die
Frage Moses mit "ich bin, der ich bin" vorstellt.
Ob dieses Verschweigen nun aus Furcht vor magischem Mißbrauch
des Gottesnamens herkommt, soll hier nicht entschieden werden
(T.Hopfner: Zauberoffenbarung§ 681, 688, 7o2, 7o3, 7o5).
Herodot gibt einmal als Grund seines Verschweigens den tpö,
A6yo, an (II 62,2); II 79,3 verbirgt sich z.B. unter dem Namen
Mavepw, der tote Osiris (G.Möller: ZÄS 56, p. 78-79). Viahr-
scheinlich ist hier der Grund seines Verschweigens ein Geheim-
kult, wie es schon an den Stellen II 132, 170, 171 festzustellen
ist. Ein anderer Grund dürfte wahrscheinlich gewesen sein: Hero-
dot war wohl Myste und durch die Gleichsetzung des Osiris mit
dem griechischen Dionysos fällt auch er unter das Schweigegebot
(freundlicher Hinweis von H.Brunner). Man könnte daraus schlies-
sen, daß Herodot mehr wußte als er ..sagen durfte, oder wollte,
denn in dem Moment, in dem er von Agypten spricht, erklärt er
kategorisch, daß er nicht bereit ist, Einzelheiten wiederzuge-
ben, welche die Götter betreffen. Wenn Herodot viele Dinge über
die Götter gesehen und gehört hat, so wäre es möglich, daß er
versprechen mußte, sie nicht zu veröffentlichen (P.Montet: Kemi,
~d.11, Le Fruit Defendu, Paris 1950, p. 106). Es war nämlich den
Agyptern, wenn nicht streng verboten, so doch widerraten, das
was eie wußten, Ausländern zu enthüllen. Das hatte seine Ursache
in dem langsam um sich greifenden Fremdenhaß (Apistötung von
Kambyses III 29,1). Wichtig wird hier auch die.Beobachtung, daß
Herodot in.weltanschaulichen Fragen allgemein große Zurückhal-
tung übt (siehe: Das Problem der Identifikation, p.174 f.).
2)Vgl .Abschnitt "Hathor", p. 75 , Anm. 5 • ..
3iH.Brugsch: Das Osirismysterium von Tentyra, ZAS 19, p. 92.
4 H.Bonnet: RäR, p. 516. 5) H.Kees:Lesebuch~Nr.22, p. 17.
6 Vgl.Abschnitt "Hathor-Aphrodite"-, p. 75.
7)H.Gauthier: Annales "Untdifice Hathorique a Sais",Bd.22, p.199.
72
1
Schließlich ist in Sais eine Grabstätte des Osiris ), wie Herodot
bestätigt Elat 6E Kat ät .a,at .oü ouK ~aLov noLEܵaL lnt TOLOUT~
np~yµa.L ltayopEUELV .oüvoµa lv tat ••• (II 170,1). Aus
diesen Tatsachen geht wohl eindeutig hervor, daß der Gott, um den
in Sais bei dem Fest getrauert wurde, kein anderer als Osiris sein
kann.
c) Herodot spricht II 171 von einer Mysterienfeier, die an einem
See stattfand, der sich wie II 170 berichtet im Heiligtum der
Athene {Neith) in clais befand. Herodot schreibt lv 6E •~ >..µv~
.au.~
~ ,
.a .
6ECK~>..a TWV na8lwv au.oü VUKTO~ ROLEÜOL,
,
Kan.Eoua1. µua.~p1,a A1.y.(II 171,1) "An diesem See werden die Leiden
.a
des Gottes bei Nacht mimisch dargestellt und die Ägypter nennen
es Mysterien".
In b) handelt es sich darum, daß die Ägypter um einen Gott, näm-
lich Osiris, trauerten, denn seine Leiden und sein Tod dürften
die größten Mysterien der ägyptischen Religion sein. Man sieht in
seiner Wiederbelebung die keimende Vegetation und Ernte und in
seinem Sterben (Ertrinken) die Fruchtbarkeit (Nilüberschwemmung) 2!
Diese oben von Herodot genannte Szene, daß man nämlich an diesem
See bei Nacht seinen Tod aufführt, findet man in den ägyptischen
Quellen wieder. Eine Osirisnilfahrt 3 ) ist bezeugt 4 >; man hat sie
im N.R. durch einen Leichenzug über den Nil ersetzt 5 ). Diese Dar-
stellungen, die eine Totenfeier versinnbildlichen, zeigen die
Fahrt eines Bootes, in dem der Sarg oder eine Statue des Toten
ruht, über einen Teich, der sich im Garten befindet. Die Darstell-
ung eines solchen Gartenteiches 6 >zeigt eine Insel in der Mitte, auf
der der Sarg des Verstorbenen liegt, bewacht von Isis und Nephthys.
Daß der Sarg des Verstorbenen auf der Insel liegt, ist aus der
Haltung der Klagefrauen und Freunde, die vom Teichufer zur Insel
hinüberschauen, zu entnehmen. Wenn aber Isis und Nephthys jemand
Ap h r o d i t e (H a t h o r)
1)Eine ähnJ,iche ~telle findet man auch bei Diodor Kat &no
xa0LEpwµEv~, au.n ßoo, nap'Alyun.CoL, •• (I 11,4).
.ij,
2)Ich bin der Meinung, daß dieses nicht allgemein der Fall gewesen
ist. Es passiert ab und zu und auch heute noch, daß man die
Leiche eines Tieres im Nil findet. Aber das bedeutet nicht, daß
dies eine feste Sitte sein muß. Vielleicht hat Herodot eine Tier-
leiche im Fluß gesehen und darum dies für einen allgemeinen
Brauch gehal~en. Schließlich ist der Nil die einzige Wasserquelle,
von der die Agypter leben. Außerdem wurden viele Kuhmumien in
Theben gefunden (Th.Hopfner: Tierkult, p. 69). Ferner weist
Spiegelberg darauf hin, daß die Umgebung von Aphroditopolis als
Grabstätte für die Kühe gebraucht wurde (OLZ: Die Begräbnisstätte
der heiligen Kühe von Aphroditopolis "Atfil1"- XXIII p.259-60).
Das zeigt im::r:erhin, daß Herodots Beric.11.t in-di_eser Hinsicht nicht
völlig richtig ist. Dagegen nimmt.Griffith an, daß die toten Kühe
in den Nil geworfen wurden, weil der Tod im Nil als Vergöttlich-
ung galt und damit für die heiligen Kühe angemessen wär~
(F.Griffith: "Apotheosis by Drowningll Herodots II 9o, ZAS 46,
p. 133-4).
75
II 41,5 erwähnt Herodot einen Tempel der Aphrodite 1 ), der auf der
Insel Prosopitis in der Stadt Atarbechia ateht lv ~ad~! ~v ~ü
Ilpoaw•C~LÖLv~af lv&LaL µlv xat !AAaL w6AEL' auxva(, lK ~ij, öl al
ßapLE' •apay(vov~aL &vaLp~adµ&vaL~&6a~ta ~wv ßowv, o~voµa ~ü
i
w6AL'i~upß~xL, 2 lv ö'ad~ü 'A,poöC~~, lpov &yLOVtöpu~aL.
Es ist merkwürdig, daß Herodot hier Aphrodite mitten in seinem
Bericht über den Kuhkult erwähnt. Man könnte hier auf den Gedanken
kommen, daß der Kuhkult mit der Verehrung der Aphrodite zusammen-
hängt. Weiterhin läßt sich vermuten, daß die Kühe der Aphrodite
geweiht waren. Denn die Stadt Atarbechis, heute Atfih, wurde in
der griechischen Zeit nach Aphrodite benannt, nämlich Aphrodito-
polis3>.Nach den ägyptischen Weih-Inschriften ist Hathor die Herrin
von Atfih (Aphroditopolis) 4 ). Aphroditopolis war eine Stätte des
Kuhkultes. In der Spätzeit wurde eine weiße Kuh in Aphroditopolis
5
der Hathor ) gleichgestellt 6 >.
An Herodots Bericht, daß die Ku.b.ein heiliges Tier sei (II 41),
kann kein Zweifel bestehen. Sie ist nicht nur Isis heilig, sondern
1
auch der Göttin Hathor ), die in verschiedenen Lokalgestslten in
ganz Ägypten verehrt wurde. Isis war eine dieser Lokalgestalten 2 i
die nach dem Bericht Herodots als Frau mit Kuhhörnern 3 ), wie Io
bei den Griechen, dargestellt wurde (II 41,2).
Es fragt sich nun, ob Hathor und Aphrodite in Wesen und Charakter
ähnlich sind. Für den Ägypter war Hathor die Göttin der Liebe und
des Putzes 4 >. In der altägyptischen Liebeslyrik kommt oft der Name
der Liebesgöttin Hathor vor. In einem Lied wünscht das Mädchen den
Nachbarsohn herbei 5 ):
"Er kennt nicht mein Verlangen, ihn zu umarmen und,
daß er meine Mutter schicken möge.
"Bruder'', ach wär ich dir zuerteilt von der Goldenen,
(der Herrin), der Frauen (Hathor),
Kommzu mir, daß ich deine Schönheit schaue".
Forts.p.75:
5)Bei dieser Kuh, die man als Hathor oder Nut verstanden hat, könnte
es sich demnach eher um Neith handeln.
6)Strab. XVII 809, 35; W.Spiegelberg: OLZ. 23, p.258 f.; H.Kees:
Götterglaube, p. 74.
1)He~ychtus be:ricbtet auch dasselbe, s.v. 'A8up • 'A8up o µT)v
xaL ßou, napa Atyun~CoL~erner findet sich eine direkte Identi-
fikation der Rathor
,A mit Anhrodite im Etvm. Mag. s.v. 'A8up. 'A8Üp
C , ,..
0 µ~v•xaL ~~V
' ..
~po 6 L~~v
, 4 ,
ALyun~LOL "l
xa~OUOLV_., •
A 8 w'
p.
2)Es sind manche Lokalgestalten der Hathor z.B. Hathor von Dendera
"Die in der Bergwand des Westens ist". ( E.Naville, XI Dyn. Temple
III. Pl. 11).;Hathor von Aphroditopolis, das heute Atfih heißt,
ägypt. tp. l.Qw f ~ = Haupt der Rinder.; Als Bast im Osten
(H.Junker: Hathor-Tefnut 32).; Als Neith "Nördlich der Mauer"
von Sais (Inschrift zu Berlin I 29, 1125 = LD II 87).
3)In den ägyptischen Quellen findet man Isis oft als Frau mit Kuh-
hörnern und der Sonnenscheibe zwischen den Hörnern.
4)Es gibt Darstellungen des heiligen Baumes (der Palme) der Hathor
bei kosmetischen Geräten aus Stein, Holz, Fayence und Glas
(D.Dunham: The royal cemeteries of Kush, El Kurru, Cammbridge,
Massachusetts, 1950, Taf. 62.; JEA,.Bd.13, 1927, p. 8, Taf. 3.;
J.E.Quibell: Excavat •. at Saqqara II 1907-8, p. 79, Taf. 34,2)
und in dieser Spätzeit wird Aphrodite an der Stelle der Hathor
neben einer Palme dareestellt (F.Petrie: Roman Ehnasya - Hera-
kleopolis Magna - Eg.Expl.F., London 1905, p.g, Taf. 48~ Nr. 67
und 68; vgl. I.Wallert: Die Palmen im Alten Agypten, MAS 1,
München 1962, p. 1o5f., zu der Dattelpalme und Hathor siehe auch
p. 1.35 ff.
5)A.Hermann:_Altägypt.Liebesdichtung, Wiesbaden 1959, p. 82.
77
Hathor ist also die Schutzherrin der Liebe unter den Menschen 1 >.
In der Totenliteratur taucht eine andere Eigenschaft der Hathor
auf, dort heißt es von ihr"--- der Himmel leuchtet durch deine
Schönheit, das Jahr erfreut sich deiner Schönheit --- 112>. So ist
Hathors Gabe nicht nur die Liebe, sondern auch die Schönheit. In
diesem Zusammenhang gehört die Grabstelle Antefs II aus der 11.
Dyn., auf der ein Abendgebet des Königs steht. Der König bittet
Hathor, die Herrin der Nachtfreuden 3 ), sie möge ihm mit ihrer
Schönheit erscheinen.
Obwohl Hathor an sich nichts mit der Ehe zu tun hat, steht sie mit
dem Kindersegen in Berührung. Darauf deuten die Frauenfiguren 4 >.
Schott weist auf eine Inschrift des mittleren Reiches hin 5 >, in der
es um Kindersegen geht: "Möge eine Geburt gegeben werden deiner
(d.h. des Toten) Tochter NN".
Zunächst haben diese Figuren nichts mit Hathor zu tun, lediglich
war es Brauch, solche Frauenfiguren in dem Hathortempel niederzu-
legen6) und der Grund war klar; die Frau, die eine solche Figur
niederlegte, ist selbst darin dargestellt, und will sich von der
Göttin zur Empfängnis segnen lassen 7 ).
Durch ihren Segen erleichtert Hathor die Geburt, sie hilft sogar
8
bei der Geburt ). Wie wir also sehen, hat Hathor etwas mit Frucht-
barkeit und Geburt zu tun. Dieser Bereich scheint auch das Verbin-
dungsglied zwischen Hathor und den sieben Hathoren 9 ) zu sein. Bei
der Geburt bestimmen die 7 Hathoren das Schicksal des Kindes. Diese
Rolle der Hathoren als Schicksalsgöttinnen ist besonders in den
Märchen des N.R. ausgestaltet worden. Das ist zu belegen aus dem
dem Paris 1 ) und den Gottheiten wie z.B. Hera 2 >. Als Hera den Zeus
verführen wollte, bat sie Aphrodite, ihr Liebreiz zu verleihen.
Aphrodite gab Hera daraufhin ihren gestickten Gürtel, in dem die
· der Liebe enthalten sind: Liebe, Verlangen, Flüstern, Gunst,
tiberreden, VerstJ)nd un4 Besinnung >: 3
~. Kat UKOcn:~8ca,1.v lAuaa~o KEa~ov tµav~a
xo1.x(Aov, lvea ~l ot 8EAK~~pawav~a ~l~ux~o•
lve'lv1. µ!v fl.A6~TJ,, lv 6't µcpo,, lv 6'l>ap1.a~u·,
•ap,aa1.,, ~ ~•txAc~c vcSovwuxa •cp fpovi6v~wv.
Aphrodite war zuvörderst nicht die Göttin der Ehe, doch hat sie
sich euch mit den tpya yaµo1.o 4 ) beschäftigt, und die enge Verbin-
dung von Liebe und Ehe ließ euch ihr die Züge einer Ehegöttin zu-
teil werden 5 >. Ihr opfern Bräute und Witwen, die eine Ehe wünschen,
vor der Hochzeit 6 ). Am Hymettos •yµT)aacS, (Berg südöstlich von Athen)
gab es einen Tempel der Aphrodite und eine Quelle, aus der Freuen
tranken, um eine leichte Geburt zu erlangen 7 >. Da dieser Aufgaben-
bereich eigentlich den Moiren zugehört, wurde Aphrodite dann als
Urania lv K~Ko1., in Athen als älteste der Moiren verehrt 8 >. Diese
Moiren sind nicht nur Geburtsgöttinnen, sondern sie bestimmen auch
das Todesgeschick 9
des Menschen >, daß er nicht länger leben soll,
mehr als der Lebensfaden ihm zugesponnen hat. Mehrere Altäre sind
bei der Ausgrabung des Heiligtums des Eros und der Aphrodite an der
Nordseite der Akropolis gefunden worden 10 ), auf denen ein natura-
listisch gefertigter Phallus erscheint 11 ). Ein länglich ovaler
Stein 12 >wurde in der Stadt Antipolis in Südfrankreich gefunden,
Z u s a mme n f a s s u n g
Herodots Bericht gibt uns einige Anhaltspunkte, denen man folgen
kann, um die entsprechende ägyptische Göttin zu erkennen, die Hero-
dot nur unter einem griechischen Namen, nämlich Aphrodite, genannt
hat. Herodot berichtet über den Kultort in Atarbechis und erwähnt
mitten in seinem Bericht Aphrodite. Im Einklang damit erwähnen die
ägyptischen Quellen einen Ort der Kuhverehrung Atfih, der später
Aphroditopolis nach dem Namen der Aphrodite genannt wurde. Die
Herrin dieses Ortes Atfih oder Aphroditopolis ist die ägyptische
Göttin Hathor, die Göttin der Liebe. Die Menschen bitten um ihre
Gabe und sie schenkt ihnen die Liebe. Sie ist auch die Herrin der
Schönheit, des weiblichen Reizes und des Putzes. Auch bei den
Griechen ist Aphrodite die Göttin der Liebe und des Putzes, sie ver-
teilt ihre Gaben an Menschen und Götter. Beide Gottheiten sind
keine Göttinnen der Ehe, doch schenkt Hathor den Kindersegen und
hilft sogar bei der Geburt, ähnlich wie Aphrodite. Die Gleich-
setzung der Hathor mit Aphrodite geschieht als nicht zu Unrecht,
denn Hathor galt in allen ihren Erscheinungsformen als Prototyp
des weiblichen Wesens und der Fruchtbarkeit 3 ). Neben Hathor er-
scheinen die sieben Hathoren, die als Schicksalsgöttinnen dienen.
Sie bestimmen nicht nur das Schicksal, sondern sie schützen den
Menschen, während neben Aphrodite die .Moiren erscheinen, die bei
der Geburt helfen und das Schicksal der Menschen bestimmen.
Aphrodite als Geburtsgöttin wird zur ältesten Moira. In jedem Kult
beider Göttinnen, Hathor und Aphrodite, taucht der Phallus auf.
Schließlich haben Hathor und Aphrodite stets ein Epitheton
"die Goldene".
82
.A. r e s (Horus - 0 n u r i s )
Zu den religiösen Festen der Ägypter gehört ein Fest in Papremis
zu Ehren des Ares •«v11yupCtoua1. 61: ALyu•-r1.01.o/Jx &•«t 't'OÜlv1.«u't'-
oü, KClV1lYUPLCl' 61: auxva,,.. !x-r« 61: l, D«•p11µ1.Cv>.6A1.V 't'~ •Ap&t
(II 59, 1/3). Der Hauptteil dieses Festes besteht in einer
Streitszene des Ares, der seine .Mutter besuchen will (II 63).
Am Vorabend wird bei Sonnenuntergang das heilige Bild des Gottes
von wenigen Priestern von einem Tempel in den anderen gebracht,
während der größere Teil der Priester am Eingang des ersten
Tempels mit Keulen bewaffnet zurückbleibt. Nun versuchen diese
wenigen Priester das Bild in dem Schrein in den ursprünglichen
Tempel zurückzubringen. aber die Priester, die am Eingan~ des
Tempels zuriickgeblieben sind, lassen jene nicht hinein. Dann
kommen die Männer, die ihr Gebet verrichten wollen den wenigen
Priestern zu Hilfe und schlagen auf die Widerstand Leistenden
los. Dabei kommt es dann zu einer Prügelei, wobei sie sich die
Köpfe einschlagen, und manche an ihren wunden sterben. Die
Ägypter behaupten freilich, es sei noch niemand dabei ums Leben
gekommen.
Am Ende des Kapitels II 63 erzählt Herodot den Grund dieser Ver-
anstaltung:In jenem Tempel habe die Mu-cter des Ares gewohnt und
Ares, in der Feme erzogen, habe, als er groß geworden sei, seine
Mutter dort besuchen wollen.
Da die Diener seiner Mutter, die ihn frUher nie gesehen hatten,
ihn nicht eingelas~en, sondern zurückgewiesen hatten, habe er
Leute aus einer anderen Stadt zur Hilfe gerufen, den Dienern übel
zugesetzt 1
und seine Mutter besucht >. Und zu Ehren des Ares sei die
Prügelstrafe eingeführt worden 2 >.
1 ) Eine ägyptische Nac·hricht scheint zu Herodots Bericht zu dem
Besuch des Ares bei seiner Mutter zu passen. So heißt es in ei-
nem magischen Pap. (H.O.Lange: Der magische Papyrus Harris, 62)
~~ ... l--1 ~~ 1\ ~ - ~
"Siehe, Horus vergewaltigte seine Mutter Isis"(Zu der Vorstel-
lung, daß ein Gott seiner Mutter betwo1lnt, haben wir im Ag7P-
tischen den speziellen Ausdruck K a µ TJ t t. , "der Stier
seiner Mutter"• Besonders Amun und Min führen dies Epitheta
(K.Sethe, Amun § 25,25).
Nach Herodot besitzt Ares ebenfalls, wie manche Götter (II 83),
ein Orakel ~~t yap 'HpaxAlo, µav~~Lov a~~68L la~L xat 'A•6AAwvo,
xat 'A0~vaC~, xat 'Ap~lµLöo, xat 'Apeo, xat bL6dII 83,1).
So weit Herodots Bericht über Ares,
Aus all den bisher wiedergegebenen Nachrichten des Herodot über
den Ägyptischen Ares läßt sich nicht mit Sicherheit die ge-
meinte ägyptische Gottheit erschließen. Es ist nicht einmal
sicher, ob nur eine Gottheit dahintersteht. Wenn Herodot Ares
erwähnt, veranlaßt uns dieser Wink die kriegerisch veranlag-
ten ägyptischen Gottheiten zu suchen. Deshalb und auf Grund
einzelner Indizien müssen die Götter Month, Onuris, Schu,
Horus, Sopd und Seth in Erwägung gezogen werden. Im Folgen-
den sollen diese Gottheiten in der gebotenen Kürze im Hin-
blick auf eine mögliche Identifikation mit der von Herodot
als PAres" bezeichneten ägyptischen Gottheit durchgegangen
werden.
Month ist der Hauptgott im Gau Theben, dessen Kult vor Amun
bestand, und der durch die Könige der 11. Dyn. seine Ver-
ehrung erfahren hat. 1 ) Month wird mit einem Falkenkopf dar-
gestellt2), war also ursprünglich ein Falke. Demzufolge hat
man ihn zu jener Zeit als eine Erscheinungsform des Horus
verstanden 3 ), und ihm die Beiwörter "Horus, der Herr des
1
thebanischen Gaus" ].- c, ~ 4)
"Horus mit dem starken Arm" '}-- : 3:7__. 5 ) gegeben.
Außerdem genoß Month in der Stadt Hermonthis und auch
in Madamud große Verehrung, wie es scheint hier in der
Gestalt eines Stieres. Daher wird er der starke Stier ge-
nannt. ) 6
Mit seinem Speer tötet,,er den Feind 1 ) und sticht den Apophis
2
nieder ). Dabei wird mitunter auf Kämpfe angespielt, die von
den Göttern. gegen Seth geführt wurden in denen Onuris mit sei-
nem Speer einmal den Seth getroffen hat 3 ). Als Krieger ~ührt
Onuris den Beinamem1m,.c= "der mit dem starken Arm" (WB, V 367).
Er galt als Bezwinger der Beduinen und der fremden Länder 4 )·
H. Junker: Onurislegende, p. 1.
Ibid p. 2.
Ibid P• 58
H.O. Lange: Pap. Harris, p. 21, Z. 27-29.
Onurislegende p. 51.
Ibid p. 2
Ibid p. 3
Ibid p. 21
87
Darum sollte er mit dem Mörder kämpfen und seinen Vater rächen.
Nach diesem Sieg herrschte er über Ägypten. So tritt Horus in
der Urzeit als König auf und jeder Pharao beruft sich auf seiT
nen göttlichen Vorgänger Horue 1 ). Eine Reihe von Bildern zeigt
die kriegerischen Züge des Horus, während er ein Nilpferd tötet,
das nach der Erzählung vom Kampf zwischen Horus und Seth als
Verkörperung des Seth anzusehen ist. Horus gebraucht als Waffe
eine Lanze und Harpunen, deren Fangstrick auf den Darstellungen
2
zu erkennen sind ), ebenso führt Horus als Parallele zu1mr.c
den TiteltJJtj "der Keulenschläger", sowie auch das Beiwort
Kn= der Tapfere 3 ). In Edfu heißt Horus "der die Fremdländer
;ernichtet" (die Ausländer schlachtet) 4 ).
Auch Sopd gehört zu dem Kreis der Kampfgötter. Ale Kämpfer be-
schützt er das Land und die Grenze. Seine Waffe ist das Messer,
das er dem König überreicht. Sopd tötet die Feinde durch Messer-
atiche, die danach als Opfer verbrannt werden 5 >.
Bei den bisher erwähnten Göttern zeigt sich, daß Onurie in engem
Zusammen.bang mit Horus !mi. 0 ateht, so daß Onuris in der Ge-
stalt des kämpfenden Horus die "Feme" hergebracht hat, indem
er mit dem Speer bewaffnet war >. Wir haben gesehen, daß Onuris
6
mit Schu schon seit dem NR identisch war und zum Kriegsgott
wurde. Wenn Onuris als Schu erscheint, so ist der Scbu mit dem
Speer der Schu, der uns wie Horue 1mi.c als Held entgegentritt 7 i
On.uris trägt sogar eine Lanze wie Horus. Auch sein Federschmuck
kennzeichnet ihn als einen alten Falkengott, er trägt aber nicht
wie Horus zwei Federn, sondern Tier >. 8
Der Gott Seth führt wie alle Kriegsgötter da• Beiwort "Groß an
Kratt• 1>. Diese Kraft erscheint in den siegreichen Kämpfen des
Königs, wie in dem Pyr. Text 1145 gesagt wird: "Seine (des Kö-
nigs) Kraft ist die Kraft des Seth•. Im N.R. haben sich die Kö-
nige mit Seth verglichen 2 >, z.B. "Horus soll leben, der starke
Stier, der von der Wahrheit geliebt wird, der Month der Könige,
der Stier der Herrscher, groß an Kraft wie sein Vater Seth von
3
0mbos" ). Seth wird auch mit dem Speer beim Kampf dargestellt 4 >,
er steht am Bug des Sonnenschiffes und tötet mit dem Speer den
Feind des Re, die Apophisschlange. Der Mythos des Streites zwi-
schen Horus und Seth zeigt auch den Charakter des Seth als
Käm.pfer5 ). Wahrscheinlich ist Seth nicht nur groß an körperli-
cher Kraft, sondern auch ein großer Zauberer, wie es in der Pyr.
(204 a) heißt:
Er ist deshalb als der bekannt, der nur Unheil stiftet 1 ), der
auch keinen Freund kennt, als er den Achaiern beistehen sollte,
2
kämpfte er an der Seite der Troer ), er weist keine Züge von
Gerechtigkeit auf 3 ).
Ares wurde von Athena getadelt 4 ), wenn er die
Achaier im Stich gelassen und die Troer begünstigt hatte. Er ist
deshalb bei allen olympischen Göttern und seinem Vater Zeus ver-
haßt5), wenn er nicht Zeus Sohn wäre 6 ):
EX0LOTo, öl µoC laaL 0twv, ot ·oAuµnov EXOUOLV 0
1) Das zeigt die Darstellung auf dem Denkstein aus der ltamesi-
denzeit (19. 2o.Dyn. - Lanzone, Diz.Taf.380), wo Seth in der
Nilpferdgestalt als "der gute Seth, Sohn der Nut" genannt
wird. Eine andere Bilderreihe des Edfutempels zeigt Horus,
der den Mörder (d.i.Seth) seines Vaters, dessen Gestalt ein
Nilpferd ist, mit der Lanze ersticht (G.Roeder: Ägypt.
Mythen und Legenden, Zürich 1960, p. 91,99, 110, 129, 135,
141, 145).
95
Athen a (Ne i t h ).
Ieith wird oft mit Pfeil und Bogen in den Händen dargeatellt 1 >.
Ihr Hauptbeiname ist im A.R. "Öffnerin der Wege"2 ), damit ist
sie das weibliche Gegenstück zu dem männlichen "Öffner der Wege",
dem Geleitgott Upuaut. Kit ihrer Waffe vernichtet sie die Feinde
und bahnt so dem König den Weg >. (Auf einer Daratellung 4 >iat ein
3
König aus der 13.Dyn. zusammen mit Neith als Kriegsgöttin zu se-
hen). Doch richtet sie ihre Verderben-bringenden Pfeile nicht nur
gegen irdische Wesen >, sondern bedroht damit auch böse Mächte 6 >.
5
In dieser Eigenschaft führt sie die Epitheta "Herrin der Oberge-
walt"7), 8
"Herrin der Furcht" >. Plato nennt sie auch,LAonT6Acµo,
und berichtet, sie habe ihr Volk den Gebrauch der Waffen gelehrt 9 ~
In ihrer kosmischen Gestalt (als Himmelsgöttin) treten uns ihre
mütterlichen Aspekte entgegen 10 J. So erscheint sie bei Geburts-
szenen11), und auf einem Naos aus Kairo ist sie säugend darge-
stellt12>. In einem Text heißt sie "Vater der Väter, Mutter der
Mütter 1113
). Als Urgöttin schuf sie auch das Welta11 14 >, sie ring
an zu gebären, als noch nichts geboren war 1 >. Und da sie alle
Götter hervorgebracht hat, heißt eie "Mütter der Gtstter" 2 >.
Nach Herodot galt der Tempelachreiber in Saia als einer, der
vieler geheimer DiJ18e kundig war (II 28,1).
So bezeichnet Plato Neith von Sais, deren Priester den Ruhm
höchster weishei t heben, ala q,1.>.6aocpo~). Nei th wurde auf die Bitte
des Allherrn als Ratgeberin in dem Streit zwischen Horus und Seth
berufen >.4
Aus dem vorhin Gesagten und aus der Tatsache, daß Sais ein Zentrum
der Webindustrie war, dürfen wir Neith wohl auch als ir~inderin
der Weberei und auch allgemein als Bringerin der Gaben der Kultur
betrachten 5 >. Daß Neith bereits in ägyptischen Quellen als Göttin
dieses Handwerks galt, zeigt ein b'rauentitel im N.R. "!:nd.t 6 ) =
eine Art Dienerinnen der Neith, besonders die Weberinnen 117>. Und
so heißt es in einem Text 8 ) "Binden von Sais, die gewebt sind, von
den Chendet der Neith 119>. Sie wird auch mit der Göttin Renenet
identifiziert 10 >, die seit der 18.Dyn. als Kleidergöttin auftritt! 1
)
Plato als erster identifizierte Neith von Sais mit der griechischen
Athene (Timaios 21 E) o?, ~~, KOA&w,8co, &px~ro, ~,, la~Lv, AlyuK-
·ua~i. • µ&v
. ~ouvoµa
" N~te , 'E Al\~v&a~i.
' ' ö &,
• w,
' o1 EKE1.vwv
• • >. u.1 y o , 12, )
Sie setzten die Stadtgöttin von Saia ihrer Athena gleich, weil sie
in ihr Züge derselben wiederzufinden glaubten 1 ).
Wie Beith, so wird Athene, die nach griechischem Glauben wie ihr
Vater Zeus für Familie und Stadt sorgt, als Schutzgöttin verehrt.
Sie ist neben Zeus die Gottheit, die eine Stadt schützt••••••••·
lpuaCn~oA1., 2 >, demzufolge führt sie das Epitheton 'A0~vä llOALa,
oder ffOALouxo, 3 ). Ihr Schutz w1d ihre Fürsorge gelten besondere
ausgezeichneten Menschen wie Achilleus 4 >, Odyeseue 5 >, Telemachos 6 i
Diomedes 7 >, denen sie jederzeit mit Rat und Tat zur Seite steht.
Wie Neith tritt auch Athene als Beschützerin der ärztlichen Kunst
8
auf ), wodurch sie in Athen den Beinamen Öy(cLa , der zur Zeit
des peloponnesischen Krieges auch inschriftlich erwähnt wird 9 ),
erhielt 10 ).
Dem Griechen ist Athene besonders als Kriegsgöttin bekannt, sprang
sie doch in voller leuchtender Ausrüstung mit hochgeschwungenem
Speer aus dem Haupt ihres Vaters, und ließ ihren Schlachtruf er-
schallen11). Sie wird mit dem Helm, der Lanze und mit der Aigis 1~)
die sie von ihrem Vater Zeus empfangen hat 13 ), dargestellt. Bei
Homer tritt Athena als Helferin und Lenkerin in der Schlacht auf,
wo sie z.B. dem Diomedes gegen Ares hilft 14 ). So ist sie anderer-
aeita. auch die 11Furchtbare 1115) 6&LV'll und von gewaltiger Kraft
16
&AXll&OOCl ); & l'i1.o, &AxC µCl 0 t 6 , 1 ).
Während Ares mehr die brutale Seite des Krieges verkörpert, ist
Athene durch ihre Besonnenheit und List sein Gegenbild. Ihr für-
sorgliches Wesen zeigt Athene, wenn sie an einer Geburt teilnimmt
und Leto nach Delos führt, um sie behutsam zu entbinden 1 ). Wenn
sie den Erichthonios in ihrem Tempel pflegt und erzieht, tritt
sie in den Kreis der mütterlichen Gottheiten. Diese fürsorgende
Seite zeigt sie auch bei ihren Schützlingen in der Odyssee; an
einer anderen Stelle erscheint 2
Athena ) dem Telemachos in der Ge-
stalt eines väterlichen Greises:
W~~E na~~p ~ XaL6{.
Der 28. Hom.Hymn. beschreibt Athene als MeiAterin der Klugheit,
worüber sich Zeus, der Meister der Klugheit freut 3 ). Athene ver-
blendet die Sinne ihrer Feinde 4 >, während ihr an ihren Schützlin-
gen Verstand oder Besonnenheit gefällt. Das zeigt ihre Sorge um
den beleidigten Achilleus 5i den sie mahnt, nur mit Besonnenheit
den Fall zu lösen. So wird Achilleus von Athena im rechten Moment
zur Vernunft gebracht. Daher wurde sie als npovoLa verehrt 6 ).
Auch wird sie die "an Einsicht-reiche" no>..vµT)~L~ 7 >, oder die
"an Rat reiche" no>..ußou>..o~ 8 )genannt; denn sie besitzt µlvo~
xat ln{cppova ßou>..,iv 9 ). So spricht Athene mit Odysseus: "denn du
bist im Raten und Reden weitaus der Beste von sämtlichen Menschen,
ich bin berühmt unter allen Göttern durch Scharfsinn und Schlau-
heit" µ11~Lxat xlpqn:oLv io). Diese Vorstellung, daß Rat, Ver-
stand, Besonnenheit und Klugheit sich in Athene offenbaren,
macht sie zur "Göttin der Weisheit".
Seit alters tritt die stadtschirmende Göttin Athene auch als
Meisterin der Kunstfertigkeit und besonders des Spinnens und
Webens auf. Sie lehrt die phaiakischen Frauen den Webstuhl zu
11
bedienen ). In der Ilias mißt sich Agamemnons Tochter mit Athene
Z u a a mme n f a s a u n g :
Il. I 390.
Od. \l 72.
Il. E 735 = 8 386, E 178.
Il. I 390; Tl 110. u. 72.
Paus. III 17,4. VIII 32,4. IX 26,8.
1o4
Helios {At u m - Re )
Herodot berichtet, daß die Leute zu Ehren des Helios nacb Helio-
polie geben -rl-ra.p-ra.ÖE l, 'HA.Lou 116A.1. v -rie 'HA.L'e 1 ) (II 59, 3).
Dort bringen sie dem Gotte Opfer dar (II 63,1). Im Zusammenhang
mit Helioe erwähnt Herodot (II 73) die Geschichte des Vogels
Phönix, dessen Name auf ägyptisch J ;'j !" oder jQQ 1"°'l,
d.h. b n w oder b,.j n w lautet. Das QQ ".1" zwischen
dem ..J "b" und -- "n" entspricht dem i in 01. •
Und wie üblich haben die Griechen diesen ägyptischen bg(n durch
die anklingende Bezeichnung cpotv1.~ wiedergegeben 2 ). Diesen
Phönix hat Herodot wie er sagt nicht gesehen, nur sein Bild. Der
Phönix hat teils goldfarbene und teile rote Federn. Die Helio-
politaner erzählen, dieser Vogel erscheine nur alle fünfhundert
Jahre einmal. Als der Vater des Phönix gestorben war, brachte
der Vogel ihn aus Arabien in einem Ei aus Myrrhen eingeschlossen
nach Ägypten und begrub ihn im Tempel des Helios. An allen die-
sen Berichten zweifelt Herodot jedoch.
Weiterhin erzählt er, daß Pheron, der Nachfolger des Seeostris,
zwei Obelisken vor dem Tempel des Helios errichtet habe, von
denen jeder hundert Ellen hoch und aus einem Stein gefertigt
sei (II 111,5).
Wie oben erwähnt, nennt uns Herodot den Kultort des Helios,
nämlich Heliopolis "Stadt des Sonnengottes", die babyl. im N.R.
"Ana", assyr. im 7. Jahrhundert "Unu" genannt wird und aus der
Bibel als 3
"On" bekannt ist >. Heliopolis war der Kultort des
Atum und seiner Neunheit 4 >. Ni.m verwenden die Ägypter die Be-
zeichnung "Re", ebenso wie die GriechenfiA.1.0, , sowohl für das
Gestirn als auch für die Gottheit. Der Sonnengott Re ist der
Urgott, der amAn.fang entstand 1 ), jedoch nicht vor dem Run, der
als Urstoff vor dem Urgott war. Das zeigt ein Gedicht in Theben
aus dem N.R. 2 ). "Der im Nun erschien und alles bildete, was da
ist und was nicht ist. Er der Vater der Väter und die Mutter der
Mütter, der Stier für jene vier Mädchen". Daher wird Re als
Schöpfer betrachtet. Als sein Geburtsort wird nach der hermopoli-
tanischen Legende die Flammeninsel l111. ,.,,,,.s,; s'/ !
/u, . ..,,,lj angege ben 3
Aus einer Inschrift im Grabe des Hohenpriesters Petosiris 4 ) weiß
man, daß Re nach ägyptischem Glauben auf dieser Insel am Uranfang
entstand, als die Erde noch vom Urwasser bedeckt war 5 ). Nach
Kees 6 ) lautet der Text: "(Schmun) der Ort, an dem Re im Uranfang
entstand, als die Erde vom Urozean umgeben war, die ~eburtsstätte
aller Götter, die seit der Zeit des Re entstanden, denn alles
Sein entstand an ihm", und aus den beiden Hälften eines Sumpf-
vogeleies entstand der Sonnengott Re7 >.
Nachdem Re entstanden war, schuf er das Licht (nach der Finster-
nis)8) und die Ordnung in der Welt. Er schuf den Himmel, die Erde
und dann die Menschen 9 >. Und wenn Re mit einer Gottheit zusammen
auftritt, die ähnliche Züge aufweist, wie er, so erklärten die
ägyptischen Priester beide im allgemeinen für identisch. So er-
scheint der Gott Atum, der als Urgott schon in den Pyr.-Texten zu
belegen ist 10 ), als Ortsgott von Heliopolis. Er erschuf das Ge-
schwisterpaar Schu und Tefnut durch Ausspeien aus seinem Mund11 !
1) A.Scharff: Ägyptische Sonnenlieder, Berlin 1921,p.43; nach
anderen Uberlieferungen redet man vom Gott Ptah als Vater des
Sonnengottes (Dramat.-Texte 48 ), vom Amun, der den Re bildete
(A.Erman,Lit.370), von Amaunet, Neith von Sais, Mut-Rait-taui
als Urmutter des Re (K.Sethe: Amun § 47,57,58), von der Acht-
heit, die den Re geschaffen hat (K.Sethe: Amun, § 96, 114).
2) A.Ermann: Die Literatur der Ägypter, Leipzig 1923, p. 371.
3) H.Kees: Die Feuerinsel in den Sargtexten u. i. Totenbuch,
ZÄS 78 1942, p. 4~.
4) G.Lefebre: Le Tombeau de Petosiris,Le Caire 1924,II,Nr.61,219.
5) K.Sethe: Amun § 95.
6) H.Kees: Lesebuch, p. 2-3.
7) G.Lefebre: Petosirie Inschrift Nr. 62, Z. 4-5, vgl. H.Kees:
Lesebuch p. 2-3.
9) Ägypt.Inschriften aus den Staatl.Museen zu Berlin bearbeitet
von G.Roeder, zweiter Band p. 139, Stele Berlin 7317,Leipzig
8) Ägypt. Inschriften Berlin II p. 67. 1924.
1o) Pyr. 1587.
11)Pyr. 1652 (Als andere Variation dieser Zeugung erscheint die
Selbstbegattung, Pyr. 1248).
1o7
"Große Lotosblume, die aus dem Urwasser Nun erscheint 4 >11• Dadurch
tritt Nefertem dem Sonnengott ~anz nahe, denn Nefertem ist ja die
Lotosblume an der Nase des Re5 •
Re ist vor allen Dingen der Erhalter des LeQens 6 ), wenn er an dem
Himmel aufgeht, ist es hell; dunkel wird es, wenn er in den Westen
(Unterwelt) hinabsinkt. So heißt es an einer Stelle des Aton-
Hymnus7) "Kalt ist das Dunkel, die Erde liegt schweigend, denn
der sie schuf, ist in seinem Horizont zur Ruhe gegangen. Hell
wird die Erde, wenn du:im Horizont aufgehst. Leuchtest du als
Aton am Tage auf, so flieht das Dunkel, und sendest du deine
Strahlen herab, so sind die beiden Länder voll· Freude. Sie (Men-
schen) erwachen und stellen sich auf die Füße 8 > 11• Besonders die
Toten warten auf den Sonnenuntergang, damit das Jenseits nicht
mehr im Dunkel liegt, denn sie sehnen sich nach Wärme und dem
Licht der Sonne. "Sie (die Toten) preisen Re, damit er die Unter-
welt mit seinen Strahlen erhellt 9 >n.
Als Urgott und Weltschöpfer tritt Re der Göttin Maat ganz nahe,
denn sie ist ein Teil der Weltschöpfung, über die sie wacht, und
Re's Tun, Wille und Wesen entspricht der Maat 1 >: "du trittst aus
der Maat hervor, du lebst als Maat, du vereiniget dich mit Maat,
du veranlaßt, daß Maat vereint ist mit deinem Haupt •••••• (XXII 1),
dein rechtes Auge ist Maat, dein linkes Auge ist Maat. Dein
Fleisch und deine Glieder sind Maat, der Atem deines Leibes und
dein Herz sind Maat (2), du gehst durch die beiden Länder, unter
Maat, du salbst dein Haupt mit Maat, du gehst, indem deine Hände
die vortreffliche Maat tragen" 2 ).
Dieser Begriff "Maat", den man als "Recht"oder "Wahrheit" oder
"Weltordnung" zu übersetzen pflegt, entstand am Anfang, als die
großen Götter herrschten. Damals gab es keinen Zank, sondern
Frieden; eo heißt es im Pyr.Text 1o4o "ehe noch Streit entstand,
ehe jeder Schrecken entstand, der wegen des Horueaugee entatand".
Eine ähnliche Stelle ist Pyr. 1463 "Ich wurde geboren, ehe der
Streit entstand, ehe das Auge des Horus ausgeschlagen und die
Hoden des Seth abgerissen wurden".
Daher ist es eine traditionelle Formel geworden, daß der König -
als Sohn des Re - die Sünde aus Ägypten vertreibe, damit die Wahr-
heit bleibe und die Lüge verabscheut werde und das Land wie in
3
seiner Urzeit sei ). Ähnlichsepricht der König im Jenseite 4 >"Ich
bin aus der Feuerinsel gekommen, ich habe die Richtigkeit an
Stelle der Sünde eingesetzt".
So wird der Sonnengott Re als Bild des gerechten Richters an die
Spitze der Neunheit gestellt und soll unparteiisch und gerecht
den Streit des Horue mit Seth richten 5 ). Man ruft Re-Harschte
auch um Hilfe an, denn er ist der Herr des Rechtes. Im Märchen
6
von den zwei Brüdern ) heißt es: (6,4) Der jüngere Bruder rief
den Re-Harschte an und sagte:. (6, 5) Mein guter Herr, du biet es
doch, der zwischen dem Frevler und dem Gerechten richtet. Da
1iH.Kees:
2 Ibid.
Götterglaube, p. 218.
3 J.Zandee: Bibliotheca orientalis X 1953, p. 113
112
Falle eine ideographische Schreibung für den Vogel Benu. Und man
sollte deshalb diesen Fyr.Text 1652 b so übersetzen: "Du warst
erschienen als Benuvogel auf dem Benbenstein im Benu-Haus in
Heliopolis".
Aus dem Pyr.-Text 1652 a und b kann man schließen, daß Benu mit
Atum-Chepre identisch und der Benbenstein der Hügel des Urbeginne
ist. Das stimmt mit dem Anfang des Kap. 83,1 des T.B. überein,
nach dem Benu als urzeitlicher Gott emporstieg und als Chepre
entstand. In diesem Falle ist der Benu eine Sonderform des Sonnen-
gottes, denn er steht Chepre sehr nahe. Chepre steht auch in
Verbindung mit den Vögeln, Pyr.-Text 366 a
-"Es fliegt dieser (W.) als Vogel und läßt sieh nieder als Chepre".
In dem täglichen Lauf des Sonnenauf- und unterganges sehen wir
auch Benu, dem der Morgenstern den Weg bereiten 1
soll ); es heißt
im T.B. Kap. 122,6
"als Falke trete ich ein und als Benu gehe ich heraus. Morgen-
stern, mache für ihne den Weg, damit er in Frieden in den schö-
nen Westen eintreten kann". Diese Vorstellung des Morgens und des
Westens steht für das neue Leben, das mit der Erscheinung des Re
bzw. der Sonne jeden Morgen aufgeht und am Abend wieder unter-
geht2>. So ist die Stelle im T.B. in Bezug auf Benu zu verstehen.
Wie Herodot erwähnt, ist der Vater des Phönix nach seinem Tode
in einem Ei aus Myrrhen eingeschlossen worden. Aue dieser
Myrrhenkugel oder dem Myrrhen-Ei geht nun ein neues Leben hervor.
1) Pyr.-Text 366 b.
2) H.Bonnet: Atlas, p. 2o.
113
"Sie (Tefnut) trat hinter mir ein, ich wurde von dem Hauch der
Kehle des Benu ump.üllt, an dem Tage, an dem Atum sich offenbarte~
Aus diesen Parallelen läßt sich schließen, daß der Benu eine Form
des heliopolitanischen Sonnengottes Chepre und mit Atum identisch
ist.
Der griechische Helios gehört als Urgott zu den 8EoL, oupavor, 9)
und Zeus opfert vor dem Gigantenkampf der Sonne 1~)ZEu, aa~lp~o,
als Herr des gestirnten Himmels und der Sonne wurde mit Helios
unter dem Namen zd,, •HA1.o, verschmolzen 1 )und m1t ihm gleichge-
eetzt2). Sophokles bezeichnet ihn geradezu als ersten der Götter 3 )
.ov •av.wv 8Ewv 8Eov •p6µov •HA1.ov und noch deutlicher als den
Ursprung von Göttern und Menschen ~HAL'oCK.{poL, lµl, (~v) ol
oo~ot Atyovo1. yEvv~.~v 8Ewv Kat xa.lpa xav.til.i.
Ferner nennt ihn Aischylos auch 5 )KaTnp.
Helios als Urgott und die Sonne als himmlische Erscheinung, die
Licht- und Wärmequelle ist, ermöglichen das Leben und das Wachs-
6
tum auf der Erde >, denn das Wesen der Sonne wurde wie bei vielen
Völkern in der Frühzeit als die alles ernährende Flamme7 >a:ngese-
hen8>. Helios wird als der Allsehendenav6n.~, 9 )bezeichnet. Die
Sonne ist das Auge )des Tages, wie der Mond das Auge der Nacht 1 ;)
10
Er bringt das Licht nicht nur den Menschen, sondern auch den
Göttern 12 ). Er scheint bei Tag den Lebenden, bei Nacht den Toten
13
im Hades ). Von seinem strahlenden Licht heißt Helios in der
Spätzeit 61.0, o~8aAµ6, (man berief sich dabei auf Hesiodlpya 267)
14 >und sah in der Sonne das Auge des Zeus "Solem Iovis oculum
appellat antiquitas 1115). So konnte Helios als allsehender der
Demeter Auskunft über den Raub ihrer Tochter geben 16 ). Helios
bestimmte natürlich auch bei den Göttern die Tageszeiten 17 ).
, 0) Diodor
1 V 71, 3 npo öt.ij, µax~~ .~, npo, .ov, lv Kpn•U y{y_
av.a, AlyE.aL .ov 6Ca 8voa1. 'HAL~ Kat oÖpav~ Kat rij.
1) Eine alte Weihinschrift von Amorgos, Bull.d.corr.hell 1882,
191; L.Preller: Gr.Mythologie,4.Aufl. p. 136, Anm. 1.
2) Mecrob. Sat. I, 23, 13.
3) Sophokles, Oed. Tyr. 660.
4) Sophokles, Fragm. 1017.
5) Aischylos Cheoph. 891. 6) Aischylos, Ag. 633.
7) Sophokles, Oed. Rex 1417.
8) Sophokles Fragm. 672 N.
9) ~ischylos Prom. 91; b n&v.'lnonTEuwv Aisch.Cheoph. 892;
0 nav.a AEUOOWV (Soph.Oed.Kol. 869);KpOTLOTEUWVKa.'Öµµa
JSoph. Trach. 1o1).
1 o) HA1.o, ist homerisch ~lh1.o,, dorisch &lALo, und äA1.o,, äA1.o,,
kretisah aßlA1.o, - Grundform ist oaFlA1.o, vom Stamm savel,
gotisch Sauil, irisch suil, lat. sol.
11 ) Rescher Lex, Selene 21,69 = s.v. •HALO' Bd. VIII 86.
12) Od. XII 385; Hom.Hymn. 31,8.
1 3) Mecrob.Sat.I 18,8.
14) Vgl.a.Aristoph.Nub. 285 Öµµa aC8lpo, ;Soph.Antig.879 TOÖE
Aaµnaöo, LEpov Öµµa.
15) Macrob.Sat. I 21,12. 16) Hom.Hymn. V 26,62 ff.
17) Od.Y 1; Il .e 68, n 777; Od.ö 400 ;n 779; A 475.
115
Homer kennt den Helios als den unermüdlichen Wanderer t 239 'HlA.1.ov
6'&kaµav~a • Nach dem aus Homer bekannten Bild steigt er täglich
aus dem Meer empor und taucht abends in ihm wieder unter 1 ). Den
Aufgang der Sonne schildert Euripides mit den Worten 2 >: zuerst
rötet sie die Bergesgipfel und die Sterne fliehen denn schnell
in den Schoß der heiligen Nacht.
Um seinen täglichen Lauf am Himmel zu vollenden, fährt Helios auf
einem Wagen mit Viergespann 3 >. Nachts aber weilt er im Westen oder
im Okeanos. Auf einem Vasenbild 4 ) wird er dargestellt, wie er mit
feurigem Viergespann emporsteigt und die Sterne, die als badende
Knaben erscheinen, vor ihm fliehen und in den Okeanos tauchen 5 >.
Von da an verwendet Helios ein anderes Fahrzeug, mit dem er über
den Okeanos vom Westen her zum Osten fährt und am frühen Morgen
wieder am Himmel emporsteigt 6 >, nämlich den goldenen Sonnenbecher.
Dieser Sonnenbecher entspricht der Re-Barke, mit der er über die
Himmelsflut dahinzieht. Re bat zwei Barken, die eine für die
Fahrt bei Tag, die andere für die nächtliche. In der Frilhe des
Morgens besteigt er die Morgenbarke im Osten, und verläßt sie am
Abend im Westen, um die Abendbarke, in der er in die Unterwelt
eintritt, zu besteigen 7 >; wenn er seine Fahrt im Westen (Unter-
welt) beendet hat, beginnt ein neuer Tag 8 >.
Bei Homer ist die Sonne der Lebenserhalter; wenn der Mensch
geboren wird, erblickt er die Strahlen der Sonne 9 ); er lebt
solange er unter der Sonne weilt 1 >, oder das Licht der Sonne
schaut 2 >. Bei Platon schließlich ist die Sonne auf Grund ihrer
lebenspendenden und lebenerhaltenden Funktion ein Abbild für das
seinsbegrilndete Wesen der Idee des Guten 3 ).
Ferner feiert Platon Helios als Urheber des Jahres und der Jahres-
zeiten4>. Da Helios alles sieht und hört ö, n&v~•t,opf' Kat
nav~'lnaKouc~, 5 ), ist er der Gott der Wahrheit alles Verborge-
nen, der bei Eidschwüren und von der bedrängten Un-schuld ange-
rufen zu werden pflegte und in dieser Beziehung höchste Verehrung
6
genos >. In der Not betet man zu Sonne 7 >, Prometheus ruft die
Sonne als Zeugen an 8 ). So wird Helios als Zeuge jeglicher Tat
9
und als Rächer des Frevels bemüht ), gelegentlich auch um Rettung
angefleht 10 ).
Man verbindet den Helios mit dem Vogel des Zeus, weil die Sonne
am Himmel schwebt wie ein Adler 11 ). Vielleicht stammt das Bild
aus der Beschreibung des Sonnenwagens, vor dem die Rosse rasch
wie ein Vogel dahinziehen 12 ). Und weil der Baum der Sitz des
Vogels ist, schützt Helios den heiligen Baum13 ) und das Grab 14 ).
Die Weißpappelblätter waren dem Sonnengott wegen des Glanzes
ihrer Blätter heilig 1 5).
Diese Vorstellung paßt gut zu der Darstellung des Phönix auf
einem Baum neben dem Osirisgrab 16 ).
1) Il. ll 44.
Il. E 120; Od. 6 540, 833.
Ii Plat.Rep. VI 5o9 B.
Plat. Rep. VII p 516.
Il. r 277; Od. >..1o9, µ 323.
i~
7)
Il.r 1o4, 278; Il. T 196,259; Aisch.Ag. 1323; Soph.Wl. 825.
Aisch. Pers. 496 f.
8) Aisch. Prom. 88 ff.
9) Aisch. Choeph. 982 ff.; Agam. 1277; Soph.,Oed.Kol. 869; Elktr.
825; Eur.Med. 1252; Herakl. 858. 1
1 o) Aisch. Supl. 213 KaA.oܵEvauya~ H>..{6vow~~p6v,.
11 ) Aisch. Supl. 212.
12) Hom.Hymn. V 89; Hymn. V 63,88 XXXI 9.14;
Soph.Aias 845, 857; Eur.Phoen. 2;
Iphig.Taur. 1138; Ion.82 1148; Elktr. 466.
1 3) Anth. Oal. IV 706.
CIG 4380 t, Bd. III, p. 195.
14?
15 Athen. XIII 561 E.
16 A.Erman: Das Leben der Ägypter, p. 386.
117
Z u a a mme n f a a s u n g
He p h a i s t o s ( P t a h )
1) Herodot II 3. 99. 1o1. 1o9. 110. 112. 136. 141. 142. 147. 151.
153. 176. ; III 37.
119
von ihm berichtet werden. Von dem Tempel in Memphia wird mehrfach
gesprochen, aber von dem Gott kaum, lediglich einmal III 37, wo
von seiner Zwergengestalt die Rede ist. Nun führen uns die Spuren
der Uberlieferung Herodots zu dem Kultort des Gottes, den Herodot
Hephaietoe nennt und das ist Memphis, dessen ägyptischer Lokal-
gott, wie es geechichtli!ch bekannt ist, Ptah ist. Es stellt eich
nun die Frage, ob der Stadtgott von Memphis, Ptah, Ähnlichkeiten
mit dem von Herodot als Hephaistos bezeichneten Gott besitzt.
Wie aus der Geschichte Ägyptens bekannt ist, machte König Menes
Memphis zur Residenz, nachdem er die beiden Länder vereinigt
hatte. Doch läßt es sich vermuten, daß Ptah, als Memphis Haupt-
stadt wurde, einen weiteren Wesenszug bekam: Da zu Memphis auch
das Gebiet mit den Steinbrüchen von Tura gehört, wurden Steine
von den Ptahpriestern und den Arbeitern seines Tempels dort ge-
brochen und für Tempelbauten und Pyramiden verwendet. So dürfte
Ptah zu einem Gott der Künstler und Handwerker geworden sein 1 )~
Ein Beweis für das hohe Alter des bereits auf p.118 erwähnten
Berichte 11 99,5 bietet die Palette eines Malere namens Imenuaheu
2
aus dem N.R. ). Darauf ist der Künstler im Gebet 3 ) vor den Göt-
tern Ptah und Thot dargestellt. In dem Text auf der Palette ist
von zwei Ptahs die Rede, nämlich von einem Ptah des Mn~n{(Menes)
und einem des Ramses II. Weshalb hier von zwei Göttern gesprochen
wird, bleibt merkwürdig. Vielleicht darf man an Kultstatuen des-
selben Gottes denken, die Ramses II. u. Menes gestiftet haben.
Aber wichtiger ist die Tatsache, daß hier ein 11Ptah des Menee"
- seit der 1. Dyn.-erwähnt wird.
Aus dem Beginn der 9. oder 1o. Dyn. haben wir einen Beleg, der
uns Ptah als Handwerker, der einen Tempel mit seinen Fingern
gebaut hat, zeigt 4 >. Mit "seinen Fingern" ist die handwerkliche
Tätigkeit des Gottes gemeint, die ganz im Gegensatz zu seinem
sonstigen Wirken eteht 5 >.
Run atellt man ihn auch als Schöpfergott an der Töpferscheibe dar,
1
auf der er das Ei formt, das aus dem Nun kam >. Ptah hat auch
König Ramses IV. mit seinen Händen geschaffen, damit er die bei-
2
den Länder behüten kann ) ~ 2 1.1 c:::. :::! L_ c::::,. Ff"
= ''
?J ~ =-
- "
Ptah, hat. ihn mit seinen Händen gemacht, da-
mit er die beiden Länder beschützt".
Die Metallbearbeitung und Schmiedearbeit unterstehen ebenfalls
dem Ptah. Er ist es, der die Werkstätten erschaffen hat 3 )
C":l
111 "der die Werkstätte bildete".
Über diese handwerkliche Tätigkeit des Ptah gibt es eine Reihe
von Zeugnissen; so heißt es im Totenbuch 4 )
1ir"";',~. ,Y~--~llt J~~ ·..:..:.
"die Töpferwaren, die Ptah auf seinem bj: geformt hat". 5 )
Auf einem aus dem N.R. in Abydos gefundenen Grabstein wird der
Tote angeredet
"Möge Hapi dir frisches Wasser im Krug geben, den Ptah geformt
hat". 6 } Und in einem Text im Horustempel in Edfu heißt es
"Nimm den Pfeil, den Ptah gemacht hat für die Sumpfgöttin, der
aus Erz gemacht wurde für deine Mutter Isis • >
11 7
Ptahs Tätigkeit wird auch im schöpferischen Sinne verstanden: So
schafft er den Leib Ramses II. aus Elektron, die Beine aus Kupfer,
und die Glieder aus Eisen 1 ). Bach einem späteren Text im Isis-
tempel bildet Ptah den Leib des Hathor-Sohnes ?
Ihi 2 Man preist
ihn als Bildner 3 ), der die Götter gemacht hat ca- jjj
und die Ägis als Gabe für Zeus geschmiedet hat 1 >. Er bat dem
Agamemnon ein kunstvolles Szepter gebildet 2 >, auch soll er auf
Wunsch der Göttin Hera dem Hypnos einen Sessel geschaffen haben~)
Außerdem verfertigt er während seines Aufenthaltes bei Okeanos
viele Schmucksachen, wie Spangen und Halsketten 4 >; ebenso das
Mischgefäß, 5
das Menelaoe dem Telemachos schenkt >, die Urne, in
welcher die Gebeine des Achill und des Patroklos beigesetzt wer-
den6), und die goldenen und silbernen Hunde, die an jeder Tor-
seite des Palastes des Alkinoos stehen 7 ).
Nach alledem erweist sich Hephaistos als kunstfertiger Schmied.
Immer ist jedoch in seiner handwerklichen Tätigkeit auch ein
schöpferisches Talent enthalten. Er soll bei seinem mühsamen
Gehen von goldenen Jungfrauen gestützt worden sein, die er selbst
angefertigt hat. Diese Jungfrauen glichen lebendigen, denn sie
besaßen Vernunft und hatten Sprache und Lebenskraft 8 >. In Hesiod
lpya 7o ist von einer Formung einer Frau aus Erde durch Hephai-
etos die Rede lx y&~~,nA&aac •
Ferner vertritt Hepbaistos das Element des Feuers, so in der
Schilderung bei Homer vom Kampf zwischen ihm und dem Fluß Xan-
thos9). Sein Name wird manchmal ..für das Feuer verwendet 10 ); er
besitzt auch die Macht über es zu gebieten 11 ).
Herodot berichtet III 37,3 über Hephaistos in Ägypten und ver-
bindet mit ihm die Vorstellung einer Zwergengestalt. Dabei erzählt
er, daß Kambyses sich über das Götterbild lustig gemacht habe,
weil dieses die Gestalt eines Zwerges ·hatte ffuyµa(ou &vöpo,
µ{µ~a~~ wie die phönikischen Pataiken 12 ). Wegen dieser Verhöhnung
1) 0 309/310.
2) B 1o1.
3) 8 239.
4) I 4o1.
5) Od. ö 617.
6) Od. w 75.
7) Od. ~ 91.
8) Il. I 417 - 420.
9) Il. ~ 332.
1o)Il. B 426.
11 ) Il • ~ 342.
12)Der Name Pataike, mit dem wir eine bestimmte Art von kleinen
zwerkhaften Figuren (R.V.Lanzone,Dizz.Taf.98 ff.) des Gottes
Ptah-Hephaistos bezeichnen, geht auf Herodot III 37 zurück.
123
Z u s a mme n f a s s u n g :
H e r a k 1 e s ( - C h o n s- S c h u J
Herodot berichtet II 42, daß Herakles gerne einmal den Zeus sehen
wollte. Der wollte dieser Bitte jedoch nicht nachkommen, konnte
sich aber dem Wunsch seines Sohnes nicht gänzlich versagen und so
zog er einem Widder das Fell ab, umhüllte eich damit, und zeigte
sich Herakles. Darum schlachtet man am Feste des Zeus, an einem
Tage im Jahr, einen Widder und stellt ihm dann das Bild des Hera-
kles gegenüber.
An einer anderen Stelle berichtet Herodot auch, daß Herakles
einer der zwölf Götter sei 'HpakAco, 6& nlpL ~ov6E ( ~Öv) A6yov
~kouoa, ~~L EL~ ~wv 6uw6Eka 8Ewv (II 43,1). Herodot ist davon
überzeugt, daß es sich um einen altägyptii~en Gott handelt
&AAa ~L, &pxato, lo~L 8Eo, Alyun~COLOL'Hpak~fII 43,4); wie die
Ägypter sagen, war Herakles 17 ooo Jahre vor König Amaeie einer
der zwölf Götter, die aus den acht Urwesen hervorgingen (II 43,5).
Seinen Kultort erwähnt Herodot nicht. Aber es ist durchaus mög-
lich, daß er in der Thebais verehrt wurde, oder im Zeuetempel, da
die Ägypter für Zeus und Herakles ein Feet in Theben feiern(II 42).
Herodot spricht von einem dem Gott Herakles geweihten Tempel an
der Kanopiechen Nilmündung bei Tarcheiai und erzählt darüber fol-
gende Besonderheit (II 113): "Wenn ein Sklave, einerlei, wem er
gehörte, sich in diesem Tempel geflüchtet und in den Schutz des
Gottes begeben hatte, durfte niemand Hand an ihn legen."
Schließlich schreibt Herodot ihm ein Orakel zu Kat yap 'HpakAlo,
µav~~Lov au~68L to~L (II 83), allerdings wiederum ohne zu erwäh-
1
nen, wo es war ).
In der Stadt ".tJ.t.nn.nswt", die auf griechisch "Herakleopolis",
auf koptisch "Ahnes", auf arabisch "Ahnas" genannt wird, wurde
der widderköpfige Gott Herischef (der über seinem See) verehrt.
Diese Stadt liegt in Mittelägypten auf dem Westufer des Nils am
Bhr Yuesuf südlich vom Eingang zum Fayum.
Bei Herodot ist der Name Herakleopolis noch nicht belegt. Offen-
sichtlich sahen die Griechen später in dem Stadtgott Herischef 2 )
"Chonsu ist es, der die Herren mordet, indem er sie abkehlt."
Eine ähnliche Stelle ist am Ende des 83.Kap. im T.B. zu finden,
wo Chonsu der mächtige und starke unter den Göttern 1st, der alle
bedroht
"ich bin nützlich, ich bin stark, ich bin göttlich unter den
Göttern, ich bin Choneu, der alles zerschneidet.
Sethe und Kees identifizieren diesen Chonsu der Pyr.Texte und des
Totenbuches mit dem thebanischen Mondgott Chons 1 >. Dieser ist
nicht nur der Mächtige und ein Henker, sondern auch ein Gott dem
man Respekt entgegen brachte; so heißt es in einem Sargtext 2 ~
"Ich habe Chonsu auf dem Wege gefunden, als er aus Punt nahte. Er
ließ tausende vor mir aufstehen und Hunderte vor mir sitzen".
Weil Chans der thebaniachen Triade als Kind angehörte, ist er mit
dem Horusknaben in Parallele gesetzt worden (Harpokrates). So
113
heißt er "Chans das Kind ), griechisch xtapa7txp&T'l' = Chone-
4
Re das Kind ) •
Neben Horus wird dieser Chons als Schutzgott gegen böse Tiere ver-
ehrt5>und als Heiler dargeatellt 6 >. Man dankt ihm bei der Errett-
ung von Krankheiten 7 >. Ramses II.soll ihn nach einer späten Legen-
de zu dem Fürsten von Bechten gesandt haben, um dessen Tochter zu
heilen 8 >. Man rief im N.R. Chons-Thot in Krankheitsfällen um
9
Hilfe an ).
Auf der anderen Seite steht Chans mit dem Orakel in Verbindung,
denn er wird in Theben zum Ratge~er und erteilt Weisungen
PJir ehr
V
n~ 1;
1'1Sl> ~
1o)
er wird von den Griechen Chespisichis
.
Xta1t1.atx1., genannt •
Zus a .m m e n fass u n g:
Herodot bezeugt II 42 einen Kult des Herakles in Theben und ver-
bindet ihn mit Amun (Zeus), dem Hauptgott dieser Stadt. Nach
griechischem Glauben ist nun Herakles Sohn des Zeus und der Alk-
mene und steht so an der gleichen Stelle wie Chons, der ein Sohn
des Amun und der Göttin Mut ist und wie Herakles Tapferkeit und
Schutzvermögen besitzt.
Aus der griechischen Überlieferung kennen wir eine Stadt des Hera-
kles (Herakleopolis magna), die auf ägyptisch tt.nn.nswt, koptisch
Ahnes, arabisch Ahnas genannt wird, und dessen Gott der widder-
köpfige Herischef ist. So dürfen wir annehmen, daß die Griechen
auch in diesem Gott, den Plutarch Arsaphes nennt, ihren Herakles
gesehen haben. Der Gott von Elephantine und Esne, der ebenfalls
widderköpfig dargestellt ist, wird nun gleichzeitig mit Amun und
Herischef verschmolzen, und so steht Herakles auch mit Chnum in
Verbindung. Möglicherweise hat Plutarch aus der Tatsache der
Fruchtbarkeiseigenschaften des Arsaphes-Herischef an einen Zu-
sammenhang mit cxpaT)v gedacht. Von dieser Etymologie wäre es
dann nicht weit zum Begriff .o &v6ptt'ov •• o &v6ptt'ov klingt
nach einem Wortspiel mit sfj.t, das mit "majestätische Erschei-
nung" widergegeben wird. Dieser Aspekt ägyptischer Widdergötter
entspricht einer Seite von Herakles' Wesen.
Hermes (Thot)
Herodot berichtet II 67 von Hermupolis, der Grabstätte des Vogels
Ibis -ra~6E [ßq; !, 'Epµlw 1to>.1.v8ci1t-rovoL(II 67 ,2), die nach
Hermes benannt wurde 1 ). Der Ibis wurde in Ägypten hoch verehrt
(II 75). Ferner erwähnt Herodot einen Tempel des Hermes in Bubas-
tis, der mit dem der Artemis durch eine etwa drei Stadien lange,
mit Steinen gepflastert und mit Bäumen bestandene Straße verbun-
den ist (II 138). Aber über den Kult des ägyptischen Hermes
schreibt Herodot nichts, nur unterscheidet er zwischen dem ägyp-
tischen und dem griechischen 2
Hermes )(II 51). Der ägyptische ist
kein ithyphallischer Gott (II 51) wie der griechische Hermes, wie
er auch nicht Gatte der Penelope und Vater des Pan ist (II 145).
Soweit Herodots Bericht.
In Ägypten ist der Ibis dem ägyptischen Gott Thot heilig, und der
Gottesname wird mit Ibis geschrieben Q~ • Dieser Hame wird
nicht nur mit dem Zeichen des Ibisvogels, sondern er kann auch mit
dem Bild eines Pavians wiedergegeben werden jl. ~ 3 ). Das
bedeutet, daß der Gott Thot unter zwei verschiedenen Formen, näm-
lich der des Ibis und des Pavians verehrt wurde.
Der Kultort des Ibis ist im Delta zu suchen, nämlich in der Haupt-
stadt des 15. unterägyptischen Gaus, Hermupolis 4 >, die den Ibis
als Wappenzeichen 5 ) führt. In historischer Zeit ist Thot der Haupt-
6
gott von Hermilpolis magna in Oberägypten >, der Stadt gmn.w, die
koptisch ~HOft.1 und griechisch 'Eoµoüv 7 >heißt, deren Name in der
arabischen Sprache bis heute als el-Aschmunen erhalten ist.
Weshalb haben-nun die Griechen diese Stadt nach Hermes benannt?
Thot tritt als Geleiter der Toten au1' 1 >. Er bahnt dem Toten den
Weg zum Bimmel 2 ) und führt den Totea auf seinen 1'1Ugeln ins Jen-
seits3>. Daher sein Epitheton "Geleiter". Thot ist nicht aur
Geleiter, sondern er ist ein Diener oder Verk:Under der Befehle
der obersten Götter. So verkündet er als Wortführer oder Bote
den Erlaß des Amun; so z.B. der Königin die Titelverleihung durch
Amun, daß sie sofort schwanger geworden ist und daß nun ihre
Stunde der Entbindung naht 4 >, oder indem Thot Thutmosis III. als
König der beiden Länder begrüßt, oder die Antwort des Osiris dem
Allherrn verkündet ). 5
Obwohl Thot selbst Bote ist, schickt er auch andere Boten aus,
die Leben, Heil und Gesundheit bringen sollen 6 ).
Thot wird auch als Totengott aufgefaßt 7 ), denn er ist schon in
den Pyramidentexten an der Bestattung des toten Osiris beteiligt~)
Thot reinigt 9
den Toten ) und rezitiert für ihn SprUche 10 ), wobei
11.
manchmal Anubis den Thot vertritt J. So bittet man Thot auch um
ein schönes Begräbins 12 ), und er erhält den Beinamen "der über
die Tiefe des Sarges gebietet 1113). Er ist aber vor allem auch der
Schreiber beim Totengericht 14 ).
In seiner Rolle als Totengott hat er "das Buch vom Atmen" zum
Schutze des Toten mit seinen Fingern geschrieben 15 ). Er schützt
das Mondauge und als solcher steht er an der Seite des Horus und
vernichtet dessen Feinde 1 >. Er führt ein Epitheton, das auf seine
magische Kraft weist, nämlich "der starke der Götter 2 ) 11 und wird
dem König in älterer Zeit als Schutzgott gegen seine Feinde im
Ausland beigegeben. Daher führt Thot die Titel "Herr der Beduinen"
oder "Herr der Fremdl änder 3 ) ".
Thot ist ferner der "Herr des Schreibens 114)und "Herr der Gottee-
worte5)11. Er ist darüber hina1.1s a1.1ch der Erfinder der Sprache 6 ).
Deshalb halten die Schreiber und die Gelehrten ihn für ihren
7
Sch1.1tzgott )und bevor sie anfangen zu schreiben, sprengen sie ihm
zu Ehren einige Tropfen Wasser aus dem Wasserbehälter ihres
Schreibgerätes, 8
in dem sie die Tinte anrühren ). So spricht ein
toter Schreiber, der sich im Sch1.1tze des Thot fühlt: "Siehe, ich
komme•••••• ausgerüstet mit den Büchern des Thot. Ich bringe den
Wassernapf, ich bringe das Schreibze1.1g als das Gerät des Thot •••
Siehe, ich bin ein Schreiber 9 ) 11 •
D1.1rchZaubersprüche schützt Thot den Horus 10 ). Und weil Thot dem
11
Mondgott gleichgesetzt iat ), erhält der Mond ein Epitheton "der
Zauberreiche 12 )".
Thot wird auch im Totenbuch als der Zauberreiche bezeichnet
bf ?;: l 'H', 13 ). Seine Zauberkraft kann Thot auch auf den
Menschen übertragen, und wenn man die Bücher des Thot bzw. auch
die Zahl der geheimen Kammern des Thot-Heiligtums l
kennt 14 kann
1) Pyr.Text 635 c.
2) L.Borchard: Das Grabmal des Könige Sahure, II p. 83, 88,
3) Vgl. dazu A.Bonnet: RÄR, p. 806.
4) Pap.Hearst VI 9 f.; Ebers I 8-10.; Bei P.Boylan: Thot, p.99
sind weitere Belegstellen zu finden.
5) P.Lacau: Sarcophages, p. 147.
6) J.Cerny: Brief communications, Thot as Creator of Languages,
p.121.; das erinnert uns an die Stelle bei Platon (Phaedr.
274 D), wo Platon dasselbe von Thot erzählt.
7) E.Naville: Totenbuch, Kap. 92.
8) A.Schäfer: ZÄS 36, p. 147.; dazu ZÄS 4o, p. 146 v.A.Gardiner.
9) G.Roeder: Urk. p. 267.
1o)C.E.Sander-Hansen: Metternichetele, p. 56, z. 138 ff.;
Pap. Anastaei I 8.3.
11)Pyr.329 a und b., dazu K.Sethe: Komm.p.14 (Thot ist hier
offenbar Mondgott).
12)Pyr.Text 823 a (die zwei Augen, von denen in diesem Text die
Rede ist, sind Sonne und Mond, vgl.die weiteren Pyr.-Texte
1623 b, c,. 1820 a, 1832 b, wo die beiden Augen als wr.t-
,tikJw bezeichnet sind).
13)E.Naville: Totenbuch Kap. 169, 18 - 182,8.
14)E.Brunner-Traut: Altäg.Märchen, Düsseldorf-Köln, 1963, p. 16.
137
man damit auch als Mensch zaubern. Die Erde öffnet ihre Tore durch
Thots Zaubermacht 1 ).
Hermes tritt in der Rolle des Psychopompos auf, der den Herakles
in die Unterwelt geleitet hat 2 ). In der Odyssee führt er die
Seelen der erschlagenen Freier zu dem Ort ihrer Bestimmung 3 ), ins
Jenseits. Und so wilnscht sich Aias, ehe er sich ins Schwert stürzt,
daß der Geleiter Hermes ihn freundlich zur Ruhe betten möge4 ).
Auch der blinde Ödipus findet seinen Weg zu der Stätte, wo er
abscheiden 5
soll, unter Hermes' Führung J. Hermes Rolle ist es
aber nicht nur, die Toten hinsbzugeleiten, sondern auch wieder
ans Licht der Welt zu bringen. So geleitet er Persephone zur
6
Oberwelt und wieder zurück ). Er wird neben Ge und Pluton ange-
rufen7>. Hermes schickt den Geist des Dareios ans Licht 8 ).
Neben seiner Rolle als Geleiter ist Hermes ein Diener oder :Bote
der Götter, der ihre Befehle überbringt. So wird er überallhin
mit Botschaften geschickt, von Zeus zu Kalypso 9 >, zu Aigistnos 10 )
und zu Priamoe 1 1 J ; er ist, besonders in der · Ilias, der AL ö,
äyyEAO' schlechthin 12 ).
Bei Aischylos 13 >w;rd er als x86vLo, bezeichnet 'Epµ~ X80VLE,
na,p~'lnon,Euwv xp&,n und mit Ge und Hades in einem Atem genannt
.c: ,
X86 VLOLuaLµovE, ayvoL, , , r~n ,E xaL, ,Epµn- ßaoLAEÜ • . Evlpwv,
1 14) •
nlµ~a.'lvEp8E ~ux~v l,~w,. Bei Sophokles 15 )wird Hermes neben
Hades x86vLo, genannt. Ferner wurde dem Hermes x86vLo, am letzten
Wie die homerischen Herolde 8 >, führt er als Symbol seiner Herolds-
würde ein x~puxELOV. Man sprach diesem Stab eine magische Kraft'
zu. Denn Hermes schläfert die Menschen mit dem x~pvxcLov ein und
9
weckt sie auf ), oder zieht die Seelen der Verstorbenen hinter
sich in den Hades hinab 10 ). Auf Grund dieser magischen Kraft
zeigt Hermes dem Odysseus das Zauberkraut, das die Künste der
Kirke wirkungslos machen so11 ) 11
Z u s a mme n f a s s u n g :
den Samothrakern eingeweiht ist, die ihn von den Pelasgern ange-
nommen haben, wird mich verstehen".
Wie bereits erwähnt, nennt Herodot nicht die Namen der entsprech-
enden ägyptischen Götter (III 37,3), obwohl es sich vermuten
läßt, wenn Herodot von den Kabiren in Memphis berichtet (III 37,3),
daß dieser Göttername auch im dortigen Kult benutzt worden sei.
Wie hätte er sonst den Kabirennamen benutzen können, wenn er oder
seine Gewährsmänner nicht selbst die Kabiren als Zwerge oder
wenigstens zwergenähnlich aufgefasst hätten 1t u y µ a ( o u &v6pb,
µCµ~a,, la~L (III 37,2/3)So kann man die Worte Herodots ind:i.esem
Sinne als Beweismaterial für eine von den ägyptischen Griechen
vorgenommene Identifikation, aber nicht für eine Verwendung des
griechischen Namens im Kult gelten lassen. So bieten uns diese
Worte ~ä KaßE,pwv ÖpyL«, ~ä Eaµo8p~LxE, lnL~EA&ouaL (II 51,2/3)
nur soviel, daß diese Götter auf Samothrake mit den Kabiren eine
Ähnlichkeit aufweisen. Da Herodot von der Gleichheit als etwas
Selbstverständlichem spricht, wie er es in seinem II.Buch mit
den ägyptischen Göttern oft zu tun pflegt, so nennt er die Kabi-
ren1>ohne einen anderen Namen, wobei es wahrscheinlich nicht
möglich ist, ihn für die Gleichsetzung verantwortlich zu machen~)
Nach der Auffassung Herodots muß man danach streben, die unge-
nannten Götter durch benannte zu ersetzen, seitdem das dodonäische
Orakel um Rat befragt wurde.
lun leitet. Herodot den Kabirendienst von den Pelasgern her und
erwähnt den lpo, A6yo, über den phallischen Hermes, aus dem die
Athener die Öp8ci aL6ot'a der &yaAµa~a übernommen hätten (II 51,4)'.
Herodot nennt nur Hermes, als ob er der einzige Gott in dem samo-
thrakischen Kult gewesen wäre. Er sieht den Hermes hier offen-
sichtlich in Zusammenhang mit den eamothrakischen Kabiren, und
erweckt den Anschein, daß Hermes zu der Gruppe der Megaloi Theoi
gehört 3 >.
Obwohl kein Zweifel daran bestehen kann, daß Samothrake der Haupt-
kultort der Kabiren ist, werden sie auf dencbrt gefundenen Inschrif-
ten nirgends namentlich genannt, sie werden lediglich ständig als
die 8coi lky«AOL bezeichnet 1 ).
Wie steht nun Herodots Bericht zu einem solchen Schluß?
Er schreibt II 51 den Pelasgern die Urheberschaft der Gewohnheit
zu, phallische Hermen zu errichten, wobei er auf die Kabiren-
Mysterien auf Samothrake verweist. Nachdem Herodot in Kap. II 5o
erzählt hat, daß die Namen aller Götter mit sehr wenigen Ausnahmen
(darunter die Kabiren) von Ägypten nach Griechenland gekommen seien,
muß notwendig die Frage auftauchen, wie die Griechen vor der Zeit
der Ägypter ihre Götter genannt haben.
Eine Antwort gibt das Kapitel II 52; man hat die Götter auf Samo-
thrake schlechthin 8co, oder die namenlosen Gottheiten genannt.
Danach jed~ch hätten die Pelasger die ägyptischen Namen2 ) dieser
Götter gehört und auf Rat des dodonäischen Orakele angenommen.
In hellenischer Zeit, aus der die meisten Zeugnisse stammen, treten
uns die Theoi Megaloi auf Samothrake vor allem als die mächtigen
Helfer aus Seenot entgegen 3 ). Ein Befehlshaber der fremden Truppen,
nämlich Apollonios aus Thera bezeugt seine Dankbarkeit den 8cot,
µcyaAoL, taµ68p~tL für die Errettung aus großer Gefahr beim Be-
4
fahren des Roten Meeres >. So ist es nicht befremdlich, daß die
•
samothrakischen Fischer ihren hilfreichen Göttern einen Fisch
Z u e a mme n f a e e u n g .•
1) RÄR, p. 584.
145
L e t o ( Bathor - Uto}
Wie Herodot berichtet, war Buto der Kultort der Leto nav~yupCtouaL
6t Alyun.LOL •••• , xiµn.a 6t l, Bou.ouv ndXLv •ÜA~.ot
(II 59,3); Sie erscheint als Beschützerin des Apollon-Horus (II
156), der ihr von Isis anvertraut wird, um ihn den llachlltellungen
des Typhon - Seth su entziehen; damit erhält eie zugleich ihre
Rolle in der Osiris-Legende. Die Insel namens Chemnie 1 >, auf der
Leto eich mit Apollon-Horus verbirgt, soll eine schwimmende Insel
sein (II 156). Sie dürfte eine Parallele zur schwimmenden Kykladen-
insel Delos aein, auf der Leto den Apollon gebar 2 >.
Ferner kennt Herodot in Buto einen Tempel der Leto (II 155). Außer-
dem bat Leto dort ein bedeutendes Orakel Kat .o yc µuXLa.a lv
•Lµ~ &yov.aL n&v.wv µav.~Cwv, A~.oü, lv Bou.ot ndXL la.C. (II 83).
Da wird uns mitgeteilt, daß die Ägypter dieses Orakel für das weit-
aus wichtigste im ganzen Land ansehen (II 83). Herodot berichtet
mehrfach davon:II 111 erfährt Pheros, wie er wieder sehend werden
kann; II 133 wurde dort dem Mykerinos sein Tod vorausgesagt; II
152 wird Psammetich durch das butische Orakel darauf gebracht,
griechische Söldner anzuheuern; schließlich hatte dort Kambysea.
von seinem Tod in Agbatana erfahren (III 64).
Alle diese Orakelvoraussagen haben sich deutlich sichtbar erfüllt;
daher genoß die Orakelstätte in Buto höchstes Ansehen. Wegen dieses
Orakels war das Fest der Göttin von Buto hoch geschätzt - es wurde
:nicht nur dort gefeiert, sondern in ganz Ägypten (II 59. 63).
Soweit Herodote Angaben.
Die Griechen (und zwar wohl die ionischen und karischen Söldner 3 ))
haben offenbar die ägyptische Lokalgottheit der Stadt Buto mit
ihrer Leto identifiziert und diesen Ort daher Letopolis d.i.
4
"Stadt der Leto" genannt >. Der ägyptische Name von Letopolis ist
!}m ...oo- • • Den Namen Letopol is erwähnt Herodot noch nicht, er
5
taucht erst in der Spätzeit aur >. Doch ist es wahrscheinlich,
daß einige griechische Benennungen ägyptischer Städte schon vor
Herodot existiert haben. Die Städtenamen Heliopolis (II 3) und
Hermupolis (II 67,2) aind ein sicherer Fall dieser Art. Daß der
Grieche sonst nur wenige der später so gebräuchlichen griechischen
Städtenamen erwähnt, die fast alle die Bezeichnung griechischer
Götter enthalten, ist kein Indiz dafür, daß die Identifikation
der griechischen mit den ägyptischen Göttern erst seit Herodot
vollzogen wurde, sondern weist wohl eher darauf hin, daß in einem
ägyptisch regierten Land ZW'l.ächst offiziell keine griechischen Na-
men ägyptischer Städte vorhanden waren. Erst später, mindestens als
die Herrschaft der Ptolomäer begann, wurde eine solche Doppelbe-
nennung allgemein notwendig.
"gm -=-- = Donnerkei1 1>11 ist das Zeichen des klmwt.f = "Stier
seiner Mutter", besonders des Min2 >. Außer Min ist auch noch Amun
als Donnerer 3 ) und k:mwt.f bezeugt. Auch Horus ist durch seinen
Omphalos in Hierakonpolis 4 ) ein "Meteorit", wie Min und Amun, der
5
auch einen Omphalos in Napata hat >. Wie Amun und Min wird auch
Horus als k;mwt.f bezeichnet 6 >. Der hockende Falke 7 >auf dem
Omphalos in Hierakonpolis als Lokalgott von Letopolis 8 ) wurde
später zum Horus 9 >. So ist zu erklären, weshalb der Name der
Stadt Letopolis mit dem Donnerkeil geschrieben wird.
Dem Stadtgott Horus von Letopolis war die Spitzmaus heilig. Auf
vielen Spitzmaus-Bronzefiguren befinden sich Weihinschriften für
Horus, "den Herrn von Letopolis 10 )". Das heilige Tier von Leto-
polis (hm)
.., schlägt eine Brücke zwischen Apollon und Horus, denn
Apollon hat den Beinamen IµLv8c~, als Mäuaegott. Außerdem ist
Apollons Mutter Leto, nach der die Stadt Letopolis später benannt
wurde.
1) G.A.Wainwright: Letopolia,JEA 18, 1932, p.174,Abb.4;RÄR p.424.
2) Ibid., p. 159.
3) G.A.Wainwright: Annales 28, 1928, The Aniconic form of Amun in
N.R. p.183, Anm.4; G.A.Wainwright: JEA 17,1931, Emblem of Min,
p. 185 ff; JEA 18, 1932, p. 159.
4) J.E.Quibell: Hierakonpolis I Pl. XLVI, Fig.7; Annales 28, p.
188, Abb. 8.
5) G.A.Wainwright: Annales 28, 1928, p. 184, Abb.7.
6) H.Grapow: Die bildlichen Ausdrücke des Ägyptischen, Leipzig
1924, p. 78.
7) Horus von non scheint nicht wie in Heliopolis und Buto als
Sohn der Isis aufgefaßt worden zu sein, son~ern als "der
ä1 tere Horus" Haroeris (K.Sethe: Urgesch.d.Agypter, § 189).
8) Pyr.Texte 1670 a. 1723 a. 2086 c; vgl. JEA 18, 1932,p.159,
Anm.3.
9) Pyr.Texte 810 b; vgl. JEA 18, 1932, p. 159.
1o)Fl.Petrie: Amulets, Taf.XIII 1o3, p.26; Taf.XI 232 a-f,46;
vgl. JEA 18, p. 159, Anm. 9.
147
Eine Hathor wurde neben Horus von Letopolie verehrt als "Herrin
von wrh, Auge des Re in Letopolis 1 >". Das Auge des Re wird seit
dem N.R. mit der Uräusschlange verglichen 2 >. Der Hsthor von Leto-
polis sind die Spitzmaus und dann noch der Ichnewnon heilig.
Werfen wir nun einen Blick auf den Kultort der herodoteischen
Leto. Die Lokalgottheit der Stadt Buto ist die Uräusschlange mit
dem Namen w: dj.t. Diese Göttin war es, deren Abbild der König an
seinem Haupt trug, um sich unter ihren Schutz zu stellen, und die
man mit dem Sonnenauge identifizierte 3 ). So heißt es in der Rede
der Buto an den König "Meine Majestät hat sich niedergelassen auf
deinem Scheitel 4 5
ewiglich >n. Hathor )wird schon in Pyr.-Text
7o5 a - vgl. auch 698 d - mit dem Auge des Re verglichen 6 >. So er-
scheint sie in der Gestalt einer Uräusschlange, die teils als
Diadem und teils selbständig mit der Sonnenscheibe zwischen den
Kuhhörnern auftrat 7 >. Durch ihre Form als Uräusschlange wird
Hathor der Schlangengöttin Uto (Buto) gleichgesetzt 8 >. In Buto wird
ebenfalls wie in Letopolis eine Spitzmaus verehrt, die nach Hero-
dot II 67 in Buto begraben wurde. Das zeigt, daß es eine Spitz-
mausverehrung in beiden Städten gegeben hat, die dadurch in einer
gewissen Verbindung miteinander gestanden haben müssen.
Wie bereite oben auf p. 145 erwähnt, hat Leto den Apollon-Horus
aufgezogen 9 )(II 156). Wach dem griechischen Mythos gebar die Leto
dem Zeus Apollon und Artemis auf der Insel Delos. So liegt hier
eine gewisse A.hnl.ichkeit zwischen der griechischen Leto und der
herodoteischen Leto, der Göttin von Buto (II 59,3) vor, denn
Zu s a mme n f a s s u n g ..
Herodot erwähnt als Kultort der Leto die Stadt Buto, doch gibt
es daneben eine Stadt, die nach Leto benannt ist, Letopolis. Der
Lokalgott von Letopolis ist eine Form des Horus; ihm ist die
Spitzmaus heilig. Horus wird mit Apollon identifiziert, der das
Epitheton aµLv8c~,fübrt, dem also ebenfalls die Maus heilig ist.
Neben Horus wird in Letopolis eine Hathor verehrt, die in mütter-
licher Beziehung zu Horus steht. Mit dieser Hathor haben die
Griechen offenbar ihre Leto gleichgesetzt: Wie Hathor als die
Mutter des Horus angesehen wird, ist Leto die Mutter des Apollon.
Wie steht Herodots Bericht dazu?
Die Stadtgöttin des von Herodot als Kultort der Leto genannten
Buto ist Uto, eine Schlangengöttin. Sie soll das Kind Apollon-
Horus auf der Chemmisinsel versteckt und aufgezogen haben,
d.h. sie erscheint als Amme. Sie wird oft mit der Mutter des
Horus, Isis, verwechselt.
Hier liegt, wie bei der Hathor von Letopolis, der Berührungs-
punkt mit Leto: Beide, Leto und Uto, sind Mütter bzw. Ammen
des Apollon bzw. des Horus.
Zwischen der Hathor von Letopolis und Uto besteht außer dem
Mutter-Verhältnis zu Horus noch eine weitere Verbindung: Die
Hathor von Letopolis wird als" Auge des Re" d. h. Uräusschlange,
bezeichnet, und Uto ist ebenfalls eine Schlangengöttin. Außerdem
iet auffallend, daS in beiden Orten, Letopolis und Buto, die
Spitzmaus verehrt wird.
So läßt eich erklären, daß die Griechen in der Hathor von Leto-
polis als" Auge des Re" ihre Leto wiederfanden und deren Kult-
ort Letopolis nannten und daß andererseits Herodot Uto mit Leto
gleichsetzte und als Kultort der Leto Buto angab.
150
P e r s e u s ( M i n )
In einem Tempel 1 ) der Stadt Chemmis im Gau von Theben steht eine
Statue der von Herodot unter dem Namen Perseus erwähnten ägypti-
schen Gottheit laTL 6c XlµµL' noAL' µEy&An voµoü ToÜ 8nßatxou
cyyu, Nln, ffOALo,. lv TaUT~ ffOALlaTL DEpalo, TOÜ 6avan, tpöv
TETpaywvov, nlpLt 6c aOTOÜ ,o,VLkE' ffEfUkaOL •••• lv 6! T~ nEpL-
ßEßAnµlv~ TOUT~ vn6, TE tvL xat !yaAµa lv aÖT~ lvlaTnxE TOÜ
DEpalo, (II 91, 1-3). Nach seiner Herkunft ist Perseus, wie Hero-
dot (II 91) betont, 2
Ägypter ), denn seine Ahnen Danaos und Lyn-
keus stammen aus Chemmis bei Theben und sind von dort nach Grie-
chenland gekommen (II 91,5).
Herodot gibt II 91,6 eine Version der griechischen Erzählung
wieder, wonach Perseus nach Agypten kam, um das Gorgonenhaupt aus
Libyen zu holen, und dabei in Chemmis in Ägypten seine Bekannten
und Verwandten wiedererkannt habe. Den Namen von Chemmis hatte er
schon von seiner Mutter gehört (II 91,6).
In diesem Kapitel (II 91) vergöttlicht 3 )Herodot den griechischen
Heros Perseus, Sohn des Zeus 4 >, indem er ihn direkt einer ägyp-
tischen Gottheit angleicht, die bei Herodot ebenfalls diesen
Namen trägt (II 91,6): "Perseus ließ sich oft im Lande und im
Tempel sehen und man hat einen Schuh (eine Sandale 5 }) von ihm ge-
fll?lden, der 2 Ellen lang gewesen eei 1 ). Und jedes Mal, wenn Perseue
erscheint, herrscht in ganz Agypten Überfluß. Dem Peraeus zu Ehren
veranstalteten die Leute in Chemmis Ringkämpfe und andere Kampf-
spiele, bei denen sie Vieh, Mäntel und Felle als Kampfpreise aus-
setzten. Diese Kampfspiele hielten sie ab auf Perseus• Befehl".
Herodots Bericht führt uns zum Kultort der ägyptischen Gottheit,
die er mit dem Namen "Perseus" bezeichnet, nämlich nach Chemmis.
2
Diese Stadt Chemmis >ist nicht mit der Insel Chemmis bei Buto im
Delta (II 156) zu verwechseln. Unser Chemmis liegt liegt in Ober-
ägypten und heißt auf .Agyptisch 4 D 3 • = ipw 3 ), auf Demotisch
Hntj-m(j)n,
v
das später zu Hn-m(j)n verkürzt wurde 4 >. Daraus ist
~
von Achmim. Wie Min den Feldern und Gärten 1 )üppiges Gedeihen ver-
leiht, so blüht auch beim Erscheinen des Perseus, nach Herodot
(II 91), das Land auf.
Neuerdings gelang es dem Franzosen S.Sauneron, durch Lautver-
gleich der Namen, eine Beziehung zwischen Min, dem Haupt,ott von
Achmim, und dem griechischen Heros Perseus herzuetellen 2 • In
einem Esnatext 3 ) trägt der Gott Min ein Epitheton wr,(w).!.. ~'
= Wächter, und aus manchen griechisch geschriebenen Personen-
namen in Achmim ist die Lesung "Orseus", mit männlichem Artikel
"P" als P-orseus, belegt 4 ). Es scheint, daß die Gleichsetzung des
Min mit Perseus bei Herodot auf der Lautähnlichkeit der Namen
beruht. 5
Morenz ) ist ebenfalls der Ansicht, daß die Gleichsetzung
von Perseus mit Min, im Gegensatz zu anderen Identitäten wie
Amun = Zeus, Re= Helios usw., zunächst nur auf der Ähnlichkeit
der Namen beruht. Ferner wird von ihm betont, daß diese Vorstel-
lung bei Herodots Aufenthalt in Ägypten schon vorhanden waren,
d.h., daß diese Identifikation Perseus-Min nicht von Herodot
stammen dtirfte 6 ).
1)Min als Gott der Äcker oder der Gärten speziell in Koptos wurde
als hsp bezeichnet (WB II 162.; Fl.Petrie: Koptos, 1896, p.19-
20; 1!.Gauthier: Lee Fetes du Dieu Min, p.231-232), ebenfalls
in Achmim (K.Sethe: Amun u.die Achtheit,§ 29). Deshalb erhält
Min beim großen Fest des Frühjahrsernteopfers die Erstlinge der
Erde (A.Erman: Agypten u.ägypt.Leben, p. 1o2-1o3;Erman-Ranke:
Ägypten u.ägypt.Leben,p.28o; H.H.Nelson: Madinet Habu 1940,
Taf.215 c.d.). Vor allem ist ~em Min der Lattich heilig. Dieser
Lattichpflanze schrieben die Agypter eine potenzsteigernde Wir-
kung zu
c::>
e.,. ~·· - --,- --- -l'üD·:"""I) ~
..L, q. 111 --- ~ -Ö, 1 -._
t----t-" t.-- •• ✓ t--
Z u s a mme n f a s s u n g
Perseus ist eine Gottheit, die nach Herodot dem Land Überfluß
bringt und ihren Kultort in Chemmis "Achmim" bat.
Dieses Chemmi.s (Achmim) ist nun, wie wir aus ägyptischen
Quellen wissen, ein Hauptort der Verehrung des Fruchtbarkeit-
gottes Min. So gehen wir wohl in der Annahme nicht fehl, in
dem von Herodot genannten Pereeus den ägyptischen Min zu
sehen.
Diese Vermutung wird durch die auffallende Lautähnlichkeit
eines Epithetons von Min, Orseue, mit Perseus nachdrücklich
gestützt.
S e 1 e n e ( I s i s )
Über Selene berichtet Herodot II 47, 2 - 3 folgendes:
Die Ägypter dürfen ihren Göttern keine Schweine 1)opfern, außer
der Mondgöttin und dem Dionysos, und auch ihnen nur zu einer ge-
wissen Zeit, nämlich bei Vollmond 2 ), und dann essen sie auch
Schweinefieisch. Weshalb sie aber die Schweine bei anderen Pesten
verabscheuen und nur an diesem Pest ofpern, darüber gibt es in
Ägypten eine Geschichte. Herodot kennt diese Geschichte, will sie
aber anatandshalber lieber für eich behalten. Schweine opfert man
der Mondgöttin auf folgende Weise II 47,3: "Ist das Tier geschlach-
tet, so legt man die Milz und das Darmnetz nebeneinander, bedeckt
alles mit dem gesamten Bauchspeck des Tieres und verbrennt es im
Feuer. Das übrige Fleisch wird gegessen, aber nur an dem Vollmond,
an dem das Tier geschlachtet und das Opfer dargebracht wird. An
einem anderen Tag würde niemand davon essen. Die Armen machen sich
notgedrungen Schweine aus Weizenteig, die sie backen und opfern.
Aber zur Ehre des Dionysos opfert jeder am ersten Tag des Festes,
wo daa lachtmahl gehalten wird, vor seiner Tür ein Ferkel und
gibt es dann dem Hirten, der es ihm verkauft hat, wieder mit
(II 48,1}". Soweit Herodots Bericht.
In der ägyptiachen Religion trifft man häufig die Vorstellung
eines Himmelsgottea, dessen Augen Sonne und Mond sind. Sethe hat
in seiner Arbeit "Das Sonnenauge" 3 >auf eine Stelle bei Eueebios
hingewiesen, die zeigt, daß der Glaube daran noch gegen Ende der
ägyptischen Geschichte lebendig war 4 ).
lach der heliopolitanischen Lehre war dieser Himmelsgott Re, des-
aen rechtes Auge die Sonne und dessen linkes Auge der Mond ist 5 >.
Verschiedene männliche Gottheiten z.B. Horus, Thot, Schu, Chons,
Onuris, Kin und Osiris werden mit dem Mond in Beziehung gebracht.
Eine besondere Mondgöttin ist aus einer Weih-Inschrift aus der
Zeit Ramses• II. bekannt 1 >. Ferner stehen manche Göttinnen wie
Tefnut, Sachmet, Nechbet, Hathor und Isis mit dem Mond in Verbin-
dung.
Tefnut und Schu, die Kinder des Atum und auch Kinder des Re,
galten - nachdem beide miteinander verschmolzen waren-, als
Augen des Himmelsgottes, nämlich als Sonne und Mond. Tefnut 2 )
wird dabei zum Mond und Schu zum Sonnenauge 3 >.
Sachmet wird ebenfalls "Auge des Re" genannt 4 >. Sie wird mit Tef-
nut verschmolzen, indem beide "Auge des Re" sind; dadurch steht
auch sie in Verbindung mit dem Mond.
Nechbet wird mit Tefnut verglichen und "Tochter des Re" genannt 5 >.
Dadurch wird sie ihrerseits als "das unversehrte Auge des Horus 6 >,
d.i. der Li.ond" betrachtet 7 >. AuSerdem schreibt der Volksglaube
der Nechbet eine Rolle als Entbinderin 8
zu >.
Hathor steht dem Horus ganz nahe. Dies zeigt schon die Schreibung
ihres Namens, der mit "Haus des Ho.rus" übersetzt wird 9 ). So tritt
Hathor als Mut~er eines Horus auf 10 ). In Pyr. 466 a erscheint
Hathor als Gendssin des Osiris, weshalb sie oft mit Isis vertauscht
wurde. Als Kopfschmuck trägt Hathor Kuhhörner und dazwischen die
Sonnensc~eibe. Diese Sonnenscheibe ist das Sonnenauge, und dadurch
wird Hathor auch selbst zum Sonnenauge. Als Trägerin des Sonnen-
auges oder als dieses Auge selbst wird sie zur Tochter des Re 11 ).
Sie wurde mit Tefnut verschmolzen, denn beide sind "Töchter des
Re" 1 }. Da Hathor die Göttin der Liebe und der weiblichen Frucht-
barkeit ist, hilft sie auch bei der Geburt 2 >.
Da Isis wie Hathor Mutter eines Horus ist, verschmelzen beide
Göttinnen. Beide haben denselben Kopfschmuck, nämlich Kuhhörner 3 ?
und dazwischen die Sonnenscheibe. Isis steht auch in Verbindung
mit den Sternen und ist der Sothis (Sirius) gleichgesetzt 4 >.
Diese Gleichsetzung Isis-Sothis ist eine Analogiebildung zu der
5
des Osiris mit Orion >. Eine Identifikation der Isis mit der
Mondgöttin Selene wird oft in der Spätzeit vollzogen 6 >.
Wie schon erwähnt, aast Herodot II 47, 2-3, die Ägypter dürfen
der Mondgöttin und dem Dionysos nur zu einer gewissen Zeit
Schweine opfern, nämlich bei Vollmond, an dem nach Herodot II 48,1
ein Fest des Dionysos stattfand. In einer Inschrift aus dem 4.
oder frühen 3. Jahrhundert wird von einem Sehweinopfer an Dionysoa
berichtet 7 >., .au.~ &µlpf 6Lovua~ ExuxxC.a xotpo,· xat lpL~o, .oü
xo{pou oux UKo,op&• 8UEL OE tepeu, Kat lepa naplxeL· ylp~ ~lpEL
olpµa, axlxo, •••
Und wie bereits erwähnt, kennen wir aus einer Inschrift, die in
Abydos, dem Kultort und der Grabstätte des Osiris gefunden wurde,
eine Mondgöttin aus der Zeit Ramses II. Hieraus ergibt sich die
Vermutung, daß es sich sowohl bei der durch die ägyptische Weih-
inschrift bekannten, als auch der durch Herodot genannten Mond-
göttin um Isis, die stete Begleiterin des Osiris handelt. Isis
als Muttergöttin assistiert 8
bei der Geburt >. So brachte man ihr
das Schwein, das ein Symbol der Mütterlichkeit und Fruchtbarkeit
ist, als Opfer dar. Aus ägyptischen Quellen jedoch sind uns Opfer
dieser Art an Isis nicht bekannt. Allerdings wurden Amulette in
Z u s a mme n f a e s u n g
Nach Herodots Bericht II 47, 2-3 dürfen die Ägypter nur der Mond-
göttin und dem Dionysos Schweinefleisch opfern. In dem Abschnitt
über "Osiris-Dionysos" haben wir gesehen, welche Beziehungen
zwischen diesen beiden nämlichen Göttern bestanden, und wieweit
Herodots Bericht in Bezug auf das Schweineopfer mit den ägypti-
schen Quellen übereinstimmt.
Die von Herodot erwähnte Mondgöttin dürfte wohl die ägyptische
Isis sein, die stets als Genossin des Osiris erscheint.
Wie wir gesehen haben, konnten bei den Ägyptern manche Göttinnen
wie Tefnut, Sachmet, Nechbet und Hathor ebenfalls als Mondgöttin-
nen auftreten. Alle die genannten Göttinnen wurden als Töchter
des Sonnengottes Re, wie Selene als Tochter des Sonnengottes
Helios, angesehen.
Betrachtet man die Darstellungen der Selene mit Rinderhörnern und
ihre Tätigkeit als Geburtshelferin, eo scheiden Tefnut und Sach-
met, die ohne Kuhhörner erscheinen und auch keine Geburtshelferin-
nen sind, für eine Identifizierwig aus. Dagegen besitzen Hathor
und Isis diese Hörner. Beide Göttinnen, Hathor und Isis, helfen
bei der Geburt. Auch Nechbet, die eine Mond- und Geburtsgöttin
ist, dürfte wegen ihrer äußeren Erscheinung (sie trägt nur Geier-
haube und keine Hörner) für eine Gleichsetzung nicht in Frage
kommen. Ale Geburts- und Mondgöttin allerdings läßt sich Nechbet
mit Selene ElAEC8u~a vergleichen.
Da Herodot II 47 neben Dionysos (Osiris) eine weibliche Gottheit
erwähnt, und da nach Herodot ihnen auch noch Art des Opfers und
Zeitpunkt ihrer Verehrung gemeinsam sind, liegt es nahe in dieser
Göttin die Schwestergemahlin des Osiris, nämlich Isis oder allen-
falls Hathor-Isis (Pyr.466 a) zu erblicken.
161
Typhon ( S e t h )
Herodot berichtet in Verbindung mit der vorgeschichtlichen Herr-
schaft der Götter über ÄgyptenffaTaTov 6l aÖTij, ßaaLAEÜaaL •0pov
Tov 'OaCpLo, nat6a, Tov 'AK6AAwva•EAA~vE, &voµatouaL" .TOÜTov
KaTanauaavTa Tu,wva ßaaLAEÜaaL GaTaTOVAtyuKTOU
"Der letzte von den Götter-Königen sei Horus, Sohn des Osiris
gewesen, den die Griechen Apollon nennen, er habe Typhon gestürzt
und über Ägypten als letzter Götter-König geherrscht".
Typhon hat sich offenbar mit Gewalt des Thrones bemächtigt,
nachdem er seinen Vorgä.lltger Osiris ermordet hat (II 156), und
verfolgt nun den Sohn des ermordeten Rivalen, Horus. Jener
findet aber bei Leto Schutz (II 144) um seinerseits später den
Mord an seinem Vater zu rächen ). 1
II 144,2 gibt Herodot die bekannte Osirislegende wieder. Erbe-
richtet, wie Horus, der Sohn des Osiris, als letzter göttlicher
König über Ägypten herrschte, nachdem er den Typhon gestürzt
hatte. Dabei läßt Herodot einige Götter unter ihrem ägyptischen
Namen, wie z.B. "Osiris und Horua", auftreten. Der Widersacher
dieser beiden erscheint jedoch unter dem griechischen Namen
2
Typhon >. Untersucht man diese Gottheiten und ihre Rollen in
II 144,2 und vergleicht sie mit der Osiris-Legende in ägyptischen
Überlieferungen 3 ), so ergibt sich eine weitgehende tlbereinatim-
mung in den Hauptpunkten. Der ägyptische Gott Osiris wurde ge-
tötet und von seinem Sohn an dem Mörder gerächt. Dieser ägypti-
sche Gott, der als Typhon erscheint, ist Seth.
Diese Identifikation scheint sich aus Herodot II 144. 156 und
III 5 zu ergeben; darin schließe ich mich J. Teipel an 4 >.
.
Dornseiff vermutet, daß eine Gleichsetzung beider Götter "Seth
und Typhon" vor 650 v. Chr. vorlag 1 >.
Hier der Inhalt der osiriechen Legende in kurzen Worten:
Als die Götter noch auf Erden regierten, herrschte Osiris über
Ägypten. Sein Bruder Seth wollte die Herrschaft für eich ha·ben
und so stellte er Osiris eine Falle und ermordete ihn. Als Horus,
Sohn des Osiris und der Isis, erwachsen war, wollte er den Mord
an seinem Vater rächen. Er stürzte Seth und nahm die Herrschaft
als letzter göttlicher König der Götterdynastie über Ägypten.
Es fragt sich nun, ob Seth über diese seine Rolle im Kampf der
Götterdynastie hinaus ähnliche Züge wie Typhon aufweist.
Seths Kraft offenbart sich in den Erdbeben. So heißt es in den
2
J:>yr.-Texten ) "Horus bat den Seth gepackt, er hat ihn unter dich
(Osiris) gelegt, damit er dich trage und unter dir hebe in dem
Boden der Erde, indem du erhabener als er biet in deinem Namen,
der von dem erhabenen Land". An einer anderen Stelle 3 ): "Der
Himm9l heult vor ihm, die Erde 4 > zittert vor ihm, da er das
Hagelwetter vertrieben hat, er brüllt als Seth".
Die Vorstellung war weit verbreitet,-daß Seth im Innern der Erde
hause. Nach Kap. 28 des Totenbuches befinden eich die Höhlen des
Seth t pbwt Swtj 5 ) im Erd-innern. Diese Stelle, Totenbuch Ksp.28,
erinnert uns auch an den Horus-Mythos von Edfu, wo Horus
Behedetj den Seth gefesselt hatte und seinen Kopf abschnitt.
Seth blieb jedoch am Leben, verwandelte sich in eine
Scblange 1) und drang unter Gebrüll in die Erde ein 2 >. AuSer seiner
achlangenleibigen Gestalt.wird Seth in Ägypten gelegentlich auch
geflügelt dargestellt 3 >. Es ist noch zu erwähnen, daß Seth 1i?l.d
Onuris die Söhne des Erdgottes Geb und der Himmelsgöttin Nut
waren. Nut war auch die Göttin der Unterwel t 4 ), Herrin des Westens'~)
Die AbstaJDllung Sethe von Geb und Hut entspricht der chthonischen
Herkunft von Tartaros und Gaia.
Seth ist in der ägyptischen Religion eine Verkörperung des Bösen 6 i
Er ist vor allem der Gott des Sturmes und des Unwetters, der in
der Natur Schaden anrichtet 7 >. Der Donner wurde fUr die Stimme
Seths gehalten, der auch den feurigen Blitzstrahl zückt. Seth als
Herr des Unwetters verursacht auch andere Ubel. Deshalb ist er der
Störenfried 8 >, und so heißt es 9 )"Er (der König) bringt dir (dem
1) Schlange~leibige Gestalten tr~ffen wir wie in Griechenland so
auch in Agypten. Seth ist in Agypten der Schlange Apophis
gleichgesetzt (H.Bonnet: s.v. Apophis in RÄR p~ 52). In dem
Horue-Seth-Mythos von Edfu wird Seth in eine Schlange verwan-
delt (G.Roeder: Urk. p. 129). Eine Darstellung auf einer Vase,
die in "Tell-Defenneh neben dem heutigen El-Kantara im Gau
Tanis" gefunden wurde, und die aus der zweiten Hälfte des 6.
Jhdts. v.Chr. stammt, zeigt eine geflügelte, echlangenleibige
Gestalt. Man sieht Flügel an der Brust wachsen, während die
Gestalt in beiden Händen Schlangen hält (Fl.Petrie: Tanie, Bd.II,
Taf. :u:v 3, p. 68). Der Ort "Tell-Defenneh" ist ein Kul tort des
Seth seit der 19.Dyn. Petrie will in dieser schlangenleibigen
Gestalt den Typhon sehen. Dieser Fund erinnert an Herodots Be-
richt III 5, der von einem Seth-Grab, das sich im serbonischen
See, d.h. im Gau Tanis befinden soll, redet. Dieser Fund zeigt,
daß sich die Vorstellung vom schlangengestaltigen Seth im Volks-
glauben bis zu Herodots Zeit erhalten hat.
2) G.Roeder: Urk. p. 129.
3) Borman de Garis Davies: The Temple of Hibis in El Khergeh Ossis,
Part.III (The Decoration) Taf. 42,43,77 B, New York 1953 (Seth
mit Flügeln) in: The Metropoliten Museum of Art, Egyptian ex-
pedition Publicetions ..Bd. XVII •.
4) A.Erman: Die Rel. d. Agypter, Berlin 1934, p. 16 f.
5) A.Rusch: Die Entwicklung der Himmelsgöttin Nut zu einer Toten-
gottheit, Jtitt.d.Vorderasiat.~ägypt.-Ges., 27, 1, Leipzig 1922,
p. 52 - 53.
6) _uiese Vorstellung findet sich bei Flut.De Is. Kap.45 a: &AAUffÜY
oaov ~ ,daL, ßAaßEpov Kat cit,8ap~LkOV EXEL,µ6pLOV~oü Tu,wv6, la~L.
7) Dies ·zeigen die Worte, - 11nsn, d.h.Wut, Unwetter" (WBii 341).
"hnnw, d.h. Störung" {WB-iii 383); "ShJ., d.h. Aufruhr"(WB iv
206); "iwhtd, d.h. brüllen" (WB iv 71.6); "khb, d.h. gewaltig
sein, schädigen, Toben des-Windes, stürmen" (WBv 137), die
mit dem Sethtier determiniert werden.
s) Störenfreied ist Sethe Spitzname (WB 111 383 hnnw).
9) Pyr. 1227 c. -
164
i.bn ala Gewitteraturm 1 >. Wenn der Wirbelsturm die Lu1't 111.t Staub
trübt, müsaen die Wächter die Augen achließen 2 >.
Finder achreibt dem Typhon kriegeriache Züge zu. Er wird 9&wv
KOAlµLo, (Pyth. I 15) und bekämpft alle G6tter, wollit eine
Stelle bei Aischylos xäaL v &v-cla-cT)9&ot', übereinstimmt 3 ). In den
"Sieben gegen Theben" 486 ff hat Aischylos den vierten Kämpfer,
Hippomedon, als grimmigen Feind der Stadt und von Typhons Kampfes-
wut besessen geschildert. Er soll einen Schild besitzen, auf dem
der teuer- und rauchachnaubende Typhon dargestellt ist. Auch
Euripidea Phoen. 1153 f. vergleicht einen Kämpfer, der unter
Kriegsgeschrei gegen Thebena Tor stürmt, mit Typhon.
Nach hesiodischer Vorstellung ist Typhon die Verkörperung des
Schreckens, vor dem die Götter fliehen 4 >. Die Pindar-Fragmente
91 - 93 beschreiben diese Götterflucht: "Alle Götter entflohen,
als sie von Typhon verfolgt wurden, in Tiere verwandelt, du allein,
Vater Zeus, vernichtest mit Gewalt den für Götter unnahbaren fünf-
zigköpfigen5) Typhon im Arimerlande; ---- auf ihm liegt der Ätna
als übergewaltige Fessel".
Hierzu ist die Stelle bei Aischylos, Prom. 355 f., zu vergleichen.
6
Ovid ) erzählt ähnliches und fügt hinzu, daß die Götter vor Typhon
nach Ägypten flohen, wo sie sich in Tiere verwandelten 7 >.
z u s a mme n t a s s u n g :
In der Osirislegende läßt Herodot den Typhon die Rolle des Seth
spielen. Die Gründe datür, daß Typhon als griechisches Äquivalent
fUr Seth angesehen wurde, lassen eich in wenigen Punkten zusammen-
fassen.
Typhon wollte wie Seth die Herrschaft über die Götter an sich
reißen; nach der Niederlage werden beide aus dem Gesichtskreis
der anderen Götter entfernt, Seth wird in dem serbonischen See
1
bei Pelusium versenkt ), Typhon unter dem Ätna begraben. Hier
spiegelt sich im Mythos der chthonische Charakter beider Götter
wider. Trotz ihrer Niederlage verleugnen beide Götter ihr Wesen
nicht und stiften neues Unheil und neue Unruhe.
So ist Typhon als der Urheber schädlicher Naturkräfte zu sehen,
ebenso Seth, der das Horusauge ausgerissen hat (diese Verletzung
des Horusauges darf auf die Finsternisse des Mondes und der Sonne
bezogen werden).
Beide sind mit Gewitter und Stl.lrlll in Verbindung gebracht worden.
Die Stellen Aisch.ylos "Sieben gegen Theben" 486 ff und Euripides
~Phoen." 1153 zeigen die kriegerische Eigenschaft Typhons; in
dieser steht er dem ägyptischen Kampfgott Beth sehr nahe.
der Meinung seiner Zeit entsprechen und nicht nur seinem eigenen
Urteil. Ein erstes allgemeines Argument ist der referierende
Charakter des ganzen Berichtes: Immer kehren Wendungen wieder wie:
Die Priester erzählen ixewv !, X6you, ~otaL LpEÜOL~oü 'H,cxCa~ou
(II 3,1); die Ägypter sagen Xlyw 6l ~a AtYOUOLcxu~ot Aly~~~LOL
(II 5o,2); die Griechen erzählen •gxx~vE, 61 XlyouaL &xxcx(II 2,5/
146,2). Er bezieht eich also immer wieder auf Berichte fremder
Leute und betont außerdem auch ausdrücklich, daß er mit seiner
Meinung zurückhalten wolle: "Ob einer alles glauben will, wes die
Ägypter erzählen, ist seine Sache. Mir ist es bei alledem nur da-
rum zu tun, aufzuzeichnen, wes ich von ihnen gehört habe (II 123,
1)" - "Ich muß alles sagen, was man erzählt, zu glauben aber brau-
che ich nicht alles, und diesen Grundsatz will ich in meiner Ge-
schichte überhaupt befolgen (VII 152,3)".
In gleicher Richtung muß die erstaunliche Selbetverst~dlichkeit
interpretiert werden, mit der Herodot von den griechischen Namen
der ägyptischen Götter Gebrauch macht. Er tut dies geradezu rou~i-
nemäßig und nicht, als sei er der erste Benutzer von ihm selbst
neuentdeckter Gleichsetzungen. Bei einzelnen Identifikationen ge-
langt man unmittelbar zu der Uberzeugung, daß sie vor Herodot be-
1
standen haben milssen >. Das vielleicht gewichtigste Argument da-
für, daß die Identifikationen das Resultat vorausgegangener Ent-
wicklungen sind, ergibt sich aus seinen Erzählungen über die Früh-
geschichte der griechischen Götterwelt. Er sagt z.B., daß die Pe-
lasger ursprünglich namenlose Gottheiten verehrt (II 52) und sie
später mit Namen belegt hätten, die fast alle aus Ägypten gekommen
seien (II 5o). Diese Stelle, deren Interpretation Schwierigkeiten
2
macht ), besagt auch dann, wenn man 'Ovoµa~a streng wörtlich mit
Es ist leider so gut wie unmöglich, aus den bekannten Quellen eine
Verwandtschaft von einer später überlagerten Angleichung zu trennen.
Ob aber die griechischen mit den ägyptischen Göttern teilweise ur-
verwandt sind oder ob sie teilweise erst später ihnen gleichge-
setzt worden sind, immer wird es deutlich, daß Ägypten eher der
gebende und Griechenland der nehmende Teil ist. Ein Einfluß in um-
gekehrter Richtung, eine Wirkung Griechenlands auf ein politisch
noch nicht unterworfenes Ägypten, läßt sich durch keine der zahl-
reichen Quellen belegen. Das uralte Nilland, das zur Zeit Herodots
in einer späten Blüte stand, war viel zu weit entwickelt, Uberlegen
und zurückhaltend, mit griechischen Augen gesehen vielleicht auch
zu unbeweglich, als daß es im zentralen Punkt seiner Kultur, der
Religion, noch auf fremde Anregungen hätte eingehen können. Die
einseitige Zielrichtung dieses Einflusses ist schon für eich ein
zuverlässiges Kennzeichen für die Unterschiede beider Kulturkreise.
1
Die Kontaktwilligkeit der Griechen ), ihre Bereitschaft, die Vater-
städte zu verlassen und an allen Küsten des Mittelmeeres neue Sied-
lungen zu gründen, ihre Neigung, Handel zu treiben und verschieden-
artigste Strömungen zu assimilieren und fortzuentwickeln, bestätigt
sich auch in der Übernahme fremder religiöser Vorstellungen.
All das steht durchaus im Gegensatz zur Art der Ägypter, die im
Ausländischen stets ein "barbarisches" Element sahen, was man, mit
wenigen Ausnahmen (wie Anerkennung fremder Götter, z.B. Baal,
Astarte) nur tolerieren konnte, die das Ausbrechen aus der ewigen
Ordnung Ägyptens als eine Art Verbrechen betrachteten, und wie
2
Sinuhe ) nichts mehr fürchteten, als in fremder Erde bestattet
zu sein.
Von diesem Unterschied in der Geisteshaltung ausgehend, kann man
auch die zur Debatte stehende Identifikation griechischer und
ägyptischer Gottheiten interpretieren. Während man vom griechisch
beeinflußten abendländischen Standpunkt mit Vogt "die schlechthin
vollzoge~e Gleichsetzung ägyptischer Götter mit griechischen einen
Höhepunkt" nennen kann, dürfen die Ägypter den geistigen Mutwillen
der Griechen eher als ein Zeichen der Verständnislosigkeit und
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2o1
Ich, Kamal Sabri Kolta, wurde am 5. Mai 1930 als zweiter Sohn des Vermes-
sungsrates Kolta Kyriakos Kolta und seiner Ehefrau Marie Daoud, in Kairo ge-
boren. Nach dem Besuch der Grundschule (1940 - 1945) trat ich im Herbst 1945
in das Saidia Gymnasium in Giza ein, wo ich im Sommer 1950 das Abitur be-
stand.
Das Universitätsstudium begann ich in Giza an der philosophischen Fakultät
"Faculty of Arts" (klassische Abteilung). Im Mai 1954 bestand ich dort das
Examen für den "Bachelor of Ares" (B. A.) in Griechischer und Lateinischer
Philologie, Lateinischer Geschichte und Arabisch. Von September 1954 bis
1956 arbeitete ich als Lehrer für Englisch an privaten Gymnasien in Kairo.
Während der Suez-Krise 1956 - 1957 wurde ich als Reserve-Offizier zur ägyp-
tischen Armee eingezogen. Von 1957 bis 1959 hatte ich den Posten eines Se-
kretärs und Bibliothekars an dem Koptischen Institut in Abbassia inne. Die Bü-
cherei des Instituts kam meinen klassischen Studien sehr zustatten, da sie grie-
chische und lateinische Manuskripte alter Kirchentexte und der Heiligen
Schrift enthält. Um meine Kenntnisse auf dem Gebiet der klassischen Philolo-
gie zu erweitern, bemühte ich mich um ein Studium in Deutschland mit dem
Ziel der Promotion.
Im November 1959 ging ich nach Deutschland und war von Januar bis April
1960 am Goethe-Institut in Degerndorf und in Brilon-Stadt, im Mai 1960 habe
ich mit dem Studium der Altphilologie und der Ägyptologie an der Universität
Tübingen begonnen.
Vorlesungen und Übungen besuchte ich bei den Herren Dozenten:
M.von Albrecht, H.Brunner, W.Elliger, K.Gaiser, H.von Glasenapp, A.von
Harnack, H.Hommel, W.Jens, J.Kroymann, A.Maisack, R.Paret, W.Schade-
waldt, H.Schmoll, H.Schrade, F.Stier, B.Schweitzer, J. Vogt, 0. Weinreich,
G. Wille, E.Zinn.
Allen meinen Lehrern, insbesondere den Herren Professoren H. Hommel und
H. Brunner, welche meine Arbeit angeregt haben und unter deren Aufsicht sie
entstanden ist, bin ich zu großem Dank verpflichtet.