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Hälid ibn Yazid und die Alchemie: Eine Legende

von Manfred Ullmann (Tübingen)

We must keep in mind the fact that ideas are the resiüt of
the entire material and cultural structure of a given period.
They are linked up and interwoven with the generei
philosophy of the time, and nobody can think beyond tha
framework of his worid.1

Die Leser der Zeitschrift „Saeculum" sind kürzlich mit dem Problem
des „Frühstadiums der arabischen Aneignung antiken Gutes" vertraut
gemacht worden2). Der Verfasser jenes Aufsatzes, Paul Kunitzsch,
hat ein heißes Eisen angerührt. Denn die Hellenisierung der isla-
mischen Welt, um die es bei diesem Problem geht, war ein historisches
Ereignis ersten Ranges, ein Prozeß, der die Kultur der islamischen
Länder aufs tiefste umgestaltet und geprägt hat, ein Prozeß, der auch
auf das Abendland zurückgewirkt und den Wissenschaften des euro-
päischen Mittelalters ganz neue Impulse gegeben hat. Die außer-
ordentliche Bedeutung des Themas ist damit klar, und es ist selbst-
verständlich, daß der Historiker nach den Anfängen und Ursprüngen
fragen muß, wenn er zur Erkenntnis des Wesens eines historischen
Prozesses vordringen will. Im vorliegenden Fall aber stößt die Frage
nach den Anfängen in einen dunklen Raum. Die Übersetzungen
griechischer Werke ins Arabische, die im 9. Jhdt. nach Chr., der
Hauptepoche der Hellenisierung, angefertigt wurden, sind durch er-
haltene Handschriften und durch Testimonien zeitgenössischer Auto-
ren reich bezeugt. Hier haben wir festen Boden unter den Füßen. Was
aber vor dem Jahre 800 geschehen ist, ist schlecht dokumentiert. Die
Fakten sind spärlich, die Nachrichten der Historiker und Bibliographen
widersprüchlich, und so ist es kein Wunder, daß das Problem des
„Frühstadiums der arabischen Aneignung antiken Gutes" die Köpfe

*) Henry E. Sigerist, A History of Medicine, Vol. I: Primitive and Archaic


Mediane, New York 1951, p. lOf.
') Saeculum 26, 1975, 268—282.
13 Islam LV, Heft 2

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182 Manfred Ullmann

seit je erhitzt und den Scheuern der Wissenschaft eine reiche Ernte
an Hypothesen eingebracht hat. Und daß jüngst wieder einmal jemand
seine Hypothesen zu Tatsachen stilisieren wollte, wird nur den be-
fremden, der die menschliche Natur nicht kennt.
Bei dieser Lage der Dinge ist man dankbar, daß Paul Kunitzsch
einen ausgewogenen Überblick über das „Frühstadium" gegeben und
behutsam und vorsichtig argumentiert hat. Er hat das Vorläufige
seiner Bestandsaufnahme betont und hat mehrfach darauf hinge-
wiesen, daß es auf die Klärung von Detailfragen ankomme, bevor
man zu größeren Synthesen und Wertungen vordringen könne3). Vor
allem müßten die alten, angeblich vor dem Jahre 800 übersetzten oder
verfaßten Texte ediert und erschlossen werden, und dann gelte es
abzuwarten, was sie an interner Evidenz erbrächten4).
Da aber diese Texte bisher nicht veröffentlicht sind und da die
Detailforschung noch kaum geleistet ist, war auch Kunitzsch zumeist
auf Indizien angewiesen, so daß seine Darstellung sich hauptsächlich
im Kreise von Meinungen und Vermutungen bewegt. Mir scheint, daß
er die Möglichkeit früher Datierungen zu optimistisch gesehen hat, und
ich glaube, daß die Tradition der Hermetik, der Astrologie und der
Alchemie, jener Wissenschaften also, die von der Forschung besonders
vernachlässigt worden sind, nicht wesentlich früher stattgefunden hat
als die der Medizin und Philosophie. Insbesondere muß man das
Datum II. Babi< 38/September 658, das Jahr, in dem eine alchemis-
tische Schrift des Zosimos von Panopolis ins Arabische übersetzt
worden sein soll5), eliminieren. Dieses Datum steht lediglich in einer
Handschrift des 15. Jhdts.; es ist nicht mehr als „a disconnected note"
und hat, wie Douglas Morton Dunlop richtig festgestellt hat, „all the
appearance of a late gloss of no particular authority"6). Aber auch die
Berichte über die alchemistischen Ambitionen des Hälid ibn Yazid,
des im Jahre 85/704 gestorbenen Prinzen aus dem Hause der Umaiya-
den7), müssen ins Reich der Fabel verwiesen werden, und der Klärung
dieses Problems sollen die folgenden Seiten gewidmet sein. An diesem
einen Punkte also soll hier jene Detailforschung geleistet werden, die
allein weiterführen kann, und wir müssen den Leser bitten, uns auf
dem dornigen Wege der Kritik disparater arabischer Quellen zu folgen.

3
) Ibid. p. 270 Mitte.
*) Ibid. p. 276f. *) Ibid. p. 276.
e
) Journal of the Royal Asiatic Society 1974, p. 64f.
7
) Kuiützsch p. 277.

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Hälid ibn Yazid und die Alchemie: Eine Legende 183

Daß Hälid ibn Yazid, der Enkel Mu'äwiya's, sich mit Alchemie
beschäftigt habe, berichten schon lateinische Schriften des Mittel-
alters, und diese Nachricht wurde bestätigt, als im vorigen Jahr-
hundert das Kitäb al-Agäm, der Fihrist des ibn an-Nadim, das biogra-
phische Lexikon des ibn Hallikän und das Geschichtswerk des ibn at-
Tiqtaqä in Europa bekannt wurden. So galt es denn allgemein als
historisches Faktum, daß Hälid ein Adept war, bis Julius Buska 1924
eine Arbeit veröffentlichte8), in der er alle jene Schriften untersucht
hatte, die unter Hälids Namen arabisch oder lateinisch kursieren. Er
war zu dem Ergebnis gekommen, daß diese Schriften — es handelt
sich um das Firdaus al-hikma, das Krates-Buch, die Bisäla jl s-San'a
aS-Sarlfa wa-hawässihä (Ms. Rämpür 16,2), die in Rämpür 16,3 er-
haltene Risäla, die Morienus-Legende9), den Liber secretorum alchemiae
und den Liber trium verborum — ausnahmslos Fälschungen sind.
Nachdem inzwischen viele neue Quellen ans Licht gekommen sind,
sind Ruska's Untersuchungen heute in vielen Einzelheiten überholt.
Nicht überholt ist sein Gesamtergebnis, denn alles, was inzwischen
bekanntgeworden ist, bestätigt Ruska's Erkenntnis, daß jene Schriften
nicht von Hälid stammen können. Man kann also Ruska's scharfen
Blick und sein unbestechliches Urteil nur bewundern. Er hatte diese
Schriften erstmals ernsthaft und konsequent mit philologisch-histo-
rischer Methode untersucht und auf diese Weise ihre Unechtheit er-
wiesen10). Aber wenn auch die Schriften nicht von Hälid stammten,
so blieb doch — wie Ruska glaubte — immerhin die Möglichkeit, daß
die Nachrichten der arabischen Historiker über Hälids alchemistische
Ambitionen einen wahren Kern enthielten. Und daher urteilte er
p. 50 zusammenfassend: „So läßt sich die Nachricht von Chälids
alchemistischer Liebhaberei weder beweisen noch sicher widerlegen".
8
) Julius Kuska, Arabische Alchemisten I. Chälid ibn Jazid ibn Mu'äwija
(Heidelberger Akten der von-Portheim-Stiftung 6), Heidelberg 1924.
9
) Die Caüd-Morienus-Geschichte ist zum Teil von Goethe übersetzt worden,
s. J". W. von Goethe, Die Schriften zu den Naturwissenschaften, Abt. I, Bd. 6,
Zur Farbenlehre, Historischer Teil, bearbeitet von Dorothea Kühn, Weimar
1957, p. 131 f. Erläuterungen dazu im Band „Ergänzungen und Erklärungen",
Abt. , Bd. 6, Weimar 1959, p. 439—441. Lateinische Neuausgabe und eng-
lische Übersetzung: Lee Stavenhagen, A Testament of Alchemy, being the
revelations of Morienus, ancient adept and hermit of Jerusalem, to Khalid ibn
Yazid ibn Mueawiyya, king of the Arabs, of the divine secrets of the magisterium
and accomplishment of the alchemical art. Edited and translated from the
oldest mamiscripts, with commentary, Hanover, New Hampshire, 1974.
10
) Daß Leute, die die Methoden der Philologie und Geschichtswissenschaft
ignorieren, auch noch nach Ruska's Veröffentlichung an der Echtheit der
Hälid-Schriften festhielten, braucht uns hier nicht zu beschäftigen.
13*

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Ruska's wohlabgewogene, behutsame Stellungnahme ist nicht


Gemeingut der Wissenschaft geworden. Die Ansichten sind nach wie
vor geteilt, wie an drei Äußerungen aus jüngster Zeit gezeigt werden
soll: Mit Bezug auf die Umaiyadenzeit sagt Gustave Edmund von
Grunebaum: "... the orientation of the leading circles was toward
Byzantium; at least in the sense that it was from the Byzantine
tradition that architecture and the arts drew Inspiration and techni-
cians; that it was a Hellenized Version of alchemy which became,
perhaps soon followed by medicine, the first natural science evoking
the concern of a Muslim prince (Khälid b. Yazid, d. ca. 704) and
offered the first material to be translated into Arabic .. ,"u). In der
Encyclopaedia Judaica12) schreibt Bernard Suler: "Khälid b. Jasikhi
(Calid Hebraeus) was an Arabian Jew and writer. He was revered by
the Arab alchemists, who considered him to be the first alchemist of
the Arabic period". Und Martin Plessner äußerte sich folgendermaßen:
"There is no doubt that Khälid b. Yazid, a grandson of the first
Umayyad Caliph Mu'äwiya (661—80), showed scientific inclinations,
and had a special interest in alchemy, though the true facts are lost
in an impenetrable thicket of legends, and the alchemist texts handed
down under Khälid's name are all pseudepigraphia"13). Allerdings
sagt Plessner nicht, warum Hälids alchemistische Interessen „keinem
Zweifel" unterliegen und warum das Dickicht der Legenden „undurch-
dringlich" sei. Es zu durchdringen ist in der Tat schwierig, aber doch
nicht unmöglich: man muß zu diesem Zweck die Quellen zusammen-
stellen, analysieren und sie einer historischen Kritik unterziehen. Wir
wollen das hier tun und dabei nach einem genauen-methodischen Plan
verfahren, der folgendermaßen umrissen sei:
1. Das Problem der Unechtheit der unter Hälids Namen gehenden
Schriften wird nicht wieder aufgerollt. Es ist durch Ruska definitiv
gelöst. Ruska's Argumenten könnte manches hinzugefügt werden,
aber das Ergebnis bliebe das gleiche14). Diese Schriften scheiden also
als historische Quellen aus.

u
) G. E. von Grunebaum, The Sources of Islamic Civilization, in: Der
Islam 46, 1970, 31.
12
) Bd. II, Jerusalem 1971, Sp. 547.
13
) Martin Plessner, The Natural Sciences and Medicine, in: The Legacy of
Islam, Second Edition, edited by the late Joseph Schacht with C. E. Bosworth,
Oxford 1974, p. 428.
u
) Nur die alchemistischen Gedichte (Diwan Firdaus al-7yikma), von denen
Ruska noch so gut wie nichts kannte, sollen unten im Zusammenhang mit der
Sammlung der echten Gedichte Hälids beurteilt werden.

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Hälid ibn Yazid und die Alchemie: Eine Legende 185

2. Die übrigen Quellen werden in chronologischer Abfolge zusam-


mengestellt, ihr Inhalt wird in Stichworten skizziert.
3. Die Quellen werden auf ihre Abhängigkeit und Zuverlässigkeit
geprüft.
4. Auf Grund der danach verbleibenden relevanten Quellen wollen
wir versuchen, die Tatsachen aus dem persönlichen und politischen
Leben Hälids zu sichern. Da vieles in Form von Anekdoten mitgeteilt
ist, die ein literarisches Klischee, einen Topos oder eine bestimmte
Ausgestaltung zu einer Pointe erkennen lassen, ist aus ihnen oft kein
historisches Faktum abzulesen. Wohl aber verraten diese Anekdoten
einen bezeichnenden Charakterzug, den Hälid tatsächlich oder in den
Augen seiner Zeitgenossen besessen hat.
Hälid gilt nicht nur als Förderer der okkulten Wissenschaften und
der Medizin, sondern auch als Traditionarier und als Dichter. Wir .
werden daher 5. seine Hadit-Kenntnisse und 6. seine dichterischen
Fähigkeiten untersuchen, um uns dann 7. der Frage zuzuwenden, was
die Quellen denn nun tatsächlich über seine alchemistischen Fähig-
keiten aussagen.
Die historischen Quellen.
1. Hisäm ibn Muhammad al-Kalbi (gest. 204/819?), K.Gamharat
an-nasab, Das genealogische Werk, ed. W. Caskel, Bd. I, Leiden 1966,
Tafel 8: Hälid im Stammbaum der Umaiyaden.
2. Muhammad ibn Sacd (gest. 239/845), K. at-Tabaqät al-kabir,
Bd. V, ed. K. V. Zettersteen, Leiden 1905, p. 28,2—30,9: Marwän ibn
al-Hakam soll bei der Übernahme des Kalifats Hälids Mutter heiraten.
Hälid soll Thronfolger werden und das Emirat von Hirns bekommen.
Marwän bestimmt seine eigenen Söhne zu Thronfolgern, beleidigt
Hälid und wird von Hälids Mutter erstickt. P. 168,10—169,1: Hälid
und €Amr ibn Sacid ibn al-€Äs fragen sich, ob sie cAbd al-Malik ibn
Marwän Gefolgschaft leisten sollen, nachdem ihnen das Kalifat ent-
gangen ist. P. 212,2—8: Hälid kauft den clkrima.
3. Mus'ab ibn <Abd Allah az-Zubairi (gest. 236/851), K, Nasab
QuraiS, ed. Evariste Levi-Proven?al (Dahä'ir al-carab 11), Kairo 1953,
p. 128,12S.: Die Söhne des Yazid ibn Mucäwiya, die Parteinahme
Hälids für die Banü Kalb, die Söhne und Enkel Hälids.
4. Abu «Amr Halifa ibn Hayyät al-IJsfuri (gest. 240/854), K. at-
Ttfrih, ed. Akram Diyä* ai-'Umari, Bagdad 1386/1967, Bd. I, p.
255,6ff.: Die Einwohner von al-öäbiya und die Umaiyaden huldigen
dem Marwän und nach ihm dem Hälid ibn Yazid am 15. Du 1-Qa'da
64/5. Juli 684.

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186 Manfred Ullmann

6. Abu Öa'far Muhammad ibn Habib (gest. 245/860), K. al-


Muhabbar, cd. Ilse Lichtenstädter, Haidaräbäd 1361/1942, p. 59,2£;
67,11 ff. unf 445,13f.: Drei kurze Notizen über Hälids Frauen.
6. Id., K. al-Munammaq fl ahbär QuraiS, ed. HürSid Ahmad Färiq,
Haidaräbäd 1384/1964, p. 491,9ff.: Hälids Schabernack mit dem
schwachsinnigen Mu'äwiya ibn Marwän und mit Bakkär ibn cAbd al-
Malik. P. 523,3ff.: Hälids Schwert.
7. 'Amr ibn Bahr al-Öähiz (gest. 255/869), K. al-Bayän wa-t-tabym,
Bd. I, Kairo 1311, p. 126,9—ll/ ed. <Abd as-Saläm Muhammad
Harun, Bd. I, Kairo 1367/1948, p. 328,lf.: In einer langen Liste der
redegewandten Männer und guten Stilisten wird auch Hälid ibn Yazid
genannt. Er sei „ein Redner und Dichter gewesen, seine Sprache sei
korrekt gewesen, er habe ein universelles Wissen, treffliches Urteil
* und große Bildung besessen, und er sei der erste gewesen, der die
Bücher der Sternkunde, der Medizin und Alchemie übersetzt hat [bzw.
übersetzen ließ]."
8. Id., K. al-Hayawän, ed. cAbd as-Saläm Muhammad Harun, Bd. I,
2. Auflage, Kairo 1384/1965, p. 76,7f.: Al-Öähiz spricht über die
Schwierigkeiten einer adäquaten Übersetzung und schließt mit der
rhetorischen Frage: „Wann war schon ibn al-Bitriq, ibn Nä'ima, ibn
Qurra usw. wie Aristoteles, und wann war Hälid wie Platon?" Ob diese
Notiz aber auf Hälid ibn Yazid zu beziehen ist, ist fraglich.
9. Muhammad ibn Ismä'il al-Buhäri (gest. 256/870), K. at-To?rih
al-kabir, ed. Muhammad €Abd al-Mu'id Hän, Bd. II l, 2. Aufl.,
Haidaräbäd 1382/1963, p. 181 (nr. 613): Kurzer, durch Überlieferungs-
schäden verstümmelter Abschnitt, in dem Hälid als Traditionarier
gewürdigt ist.
10. AI-Hasan ibn al-Husain as-Sukkari (gest. 275/888), Eezension
des Diwans des Ahtal auf Grund der Überlieferung des Muhammad
ibn Habib, ed. Fahr ad-Din al-Qabäwa, Bd. I. II, Aleppo 1931—72,
Gedicht nr. 4: Lob der Gastfreiheit eines Mannes namens Hälid (der
von den Rezensenten mit Hälid ibn Yazid gleichgesetzt ist). Gedicht
nr. 84: Kurze Elegie auf Yazid, der von seinem Sohn Hälid bestattet
wurde.
11. <Abd Allah ibn Muslim ibn Qutaiba (gest. 276/889), K. dl-
Htfärif, ed. Tarwat cükkäsa, Kairo 1960, p. 221,6: Ramla war mit
Hälid verheiratet. P. 351,16ff.: Die Kinder Yazids. P. 354,3f.: Marwän
beleidigt den Hälid und wird von Hälids Mutter ermordet. P. 455,12ff.:
'Ali ibn cAbd Allah ibn cAbbäs verkauft den Sklaven clkrima an
Hälid um 4000 Dinare.

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Hälid ihn Yazid und die Alchemie: Eine Legende 187

12. Id., K. ^üyün al-cihbär, Bd. I, Kairo 1343/1925, p. 199, 1-7:


Anekdote über die Münzprägung (identisch mit Baläd. Futüh 240,4S.).
13. PS. cAbd Allah ibn Muslim ibn Qutaiba, K. al-Imäma wa-s-
siyäsa (= Tcfrih al-hulafä*), ed. Tähä Muhammad az-Zaini, Bd. II,
Kairo 1387/1967, p. 13,13ff.: Hälid bezeichnet den Regierungsantritt
Marwäns als abgekartetes Spiel. Marwäns Freunde raten ihm, Hälids
Mutter zu heiraten, um Hälids Widerstand zu brechen. Als Hälid die
Waffen, die er Marwän für die Expedition nach Ägypten geliehen hatte,
zurückforderte, beleidigte Marwän ihn aufs gröbste. Hälids Mutter
erstickt den Marwän.
14. Ahmad ibn Yahyä ibn Öäbir al-Baläduri (gest. 279/892),
K. Ansah al-a§räf, Vol. IV B, ed. Max Schloessinger, Jerusalem 1938,
Vol. V, ed. S. D. F. Goitein, Jerusalem 1936, Vol. XI, ed. Wilhelm
Ahlwardt, Greifswald 1883. Hälid ist an zahlreichen Stellen erwähnt,
s. die Indizes und vgl. vor allem die folgenden Passagen: IV B 65,19—
71 ult.: Wichtiger, umfassender biographischer Artikel. P. 137,16ff.:
Nachfolge Marwäns. Vol. V p. 128,13—129,13: Nachfolge Mu'äwiya's
II. P. 132,18—135,6: Nachfolge Mu'äwiya's II. P. 145,5ff.: Marwän
beleidigt Hälid und wird von Hälids Mutter erstickt. P. 150, l ff.:
Marwän sichert dem €Abd al-Malik die Thronfolge. P. 157 ult. ff. und
159,10 ff.: Marwän beleidigt den Hälid und wird umgebracht. Bd. XI
p. 153,12f.: Hälid heiratet 'Ä'isa bint cAbd al-Malik ibn Marwän.
P. 224,13ff.: Hälid ibn Yazid und Rauh ibn Zinbäc sterben im selben
Jahr („das Jahr der Könige").
15. Id., K. Futüh, al-buldän, ed. M. J. de Goeje, Lugduni Batavo-
rum 1866, p. 240,4ff.: Hälid rät dem cAbd al-Malik, eigene Münzen
zu prägen, damit er von den Byzantinern unabhängig werde.
16. Abu Hanifa Ahmad ibn Däwüd ad-Dinawari (gest. 282/895),
K. al-Ahbär at-tiwäl, ed. Vladiniir Guirgass, Leiden 1888 / edd. <Abd
al-Mun'im 'Ämir und Öamäl ad-Din as-Sayyäl, Kairo 1960, p. 272,5/
261,10ff.; 294,3/285,17ff.; 328,8/324 ult. ff: Episoden aus dem Leben
Hälids, die sich nicht oder nur mit wesentlich anderen Zügen bei al-
Baläduri usw. finden.
17. Ahmad ibn abi Ya'qüb ibn 6acfar, genannt al-Ya^übi (gest.
284/897), K.at-Ttfnh (verfaßt ca. 267/881), ed. M. Th. Houtsma,
Bd. II, Leiden 1883, p. 301,10: Hälid ist unter den Söhnen Yazids
aufgezählt. P. 304,14ff.: Rivalität zwischen Marwän und Hälid nach
Mucäwiya's II. Tod. Auf Marwän sollen Hälid und "Ainr ibn Sacid
folgen. P. 306 paen. ff.: Marwän beleidigt den Hälid und wird von
Hälids Mutter mit vergifteter Milch umgebracht bzw. unter Küssen
erstickt.

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188 Manfred Ullmann

18. Abu l-'Abbäs Muhammad ibn Yazid al-Mubarrad (gest. 285/


898), K. al-Kämil, ed. William Wright, Leipzig 1864, p. 196, 10—
198,12: Hälids drei Frauen; Hälids Anzeige, daß al-Haggäg ibn Yüsuf
die Tochter des <Abd Allah ibn Ga'far geheiratet hat. P. 189,14—190
ult.: Hälids Beschwerde bei <Abd al-Malik wegen der Pferde.
19. Abu Tähir Ismä'il ibn Ahmad ibn Ziyädat Allah at-Tugibi al-
Barqi, Kommentar zu der von den Hälidiyän getroffenen Auswahl aus
den Gedichten des Ba§§är ibn Burd, ed. as-Sayyid Muhammad Badr
ad-Din al-'Alawi, Aligarh 1934, p. 149,13—151,8: Bericht über die
romantische Liebe Hälids zu Ramla nach abü l-'Abbäs Muhammad
ibn Yazid al-Mubarrad (der Bericht stammt aber nicht aus dem
Kämil).
20. PS. abü Tammäm, Naqcfid Öarlr wa-l-Ahtal, ed. A. Salhani,
Beyrouth 1922: In der historischen Einleitung, in der die Ereignisse
vom Tode Mu'äwiya's II. bis zur Schlacht von Marg Rähit berichtet
werden, ist auch der Rivalität zwischen Hälid und Marwän gedacht
(p. 13,5; 15,3; 16,2; 17,1). Gehuldigt wurde dem Marwän, aber nach
ihm sollten Hälid ibn Yazid und dann cAmr ibn Sa'id ibn al-cÄs
Kalifen werden.
21. Abü 'Ali Ahmad ibn cUmar ibn Rusta (vor 301/914), K. al-
A'läq an-nafisa, Teil 7, ed. M. J. de Goeje (BGA VII), Leiden 1892,
p. 210,10: Hälid ibn Yazid trägt gemeinsam mit anderen die Kunya
abü Häsim.
22. Abü Öa'far Muhammad ibn Öarir at-Tabari (gest. 309/921),
K. Tcfrih ar-rusul wa-l-mulük, ed. M. J. de Goeje und andere, Leiden
1879ff. Zahlreiche Stellen, s. Index und vgl. besonders: II l, 429,3f.:
Die Söhne Yazids. P. 469,9—477,3: Regierungsantritt Marwäns und
Rivalität mit HäKd. P. 482,10: Marwän heiratet Hälids Mutter.
P. 577,2ff. :Marwän beleidigt Hälid und wird von Hälids Mutter erstickt.
II 2, 804,8: In der Schlacht gegen Mus'ab im Jahre 71/690—691 be-
fehligt Hälid den linken Flügel. III 4, 2483,12: Hälid kauft den
c
lkrima von cAli ibn cAbd Allah ibn al-'Abbäs.
23. Ibn cAbd Rabbihi (gest. 328/939—940), K. al-<Iqd al-farld:
Eine Anzahl Anekdoten, s. Index; vgl. vor allem Bd. II 314,26ff./
IV 393,20ff.: Im Rahmen der Fitna des ibn az-Zubair wird der Regie-
rungsantritt Marwäns und der Ausschluß Hälids vom Kalifat dar-
gestellt.
24. CAK ibn al-Husain ibn 'Ali al-Mas'üdi (gest. 345/956), K. at-
Tanbih wa-l-iSräf, ed. M. J. de Goeje (BGA VIII), Leiden 1894, p.
307,11—308,9: Regierungsantritt Marwäns, Parteienbildung für

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Hälid ihn Yazid und die.Alchemie: Eine Legende 189

Hälid ibn Yazid, Kompromiss, daß Hälid und dann cAmr ibn Sa'id
al-Asdaq seine Nachfolger werden sollten.
25. Id., K. Murüg ad-daJwtb wa-ma^ädin al-gauhar, ed. C. Barbier
de Meynard, Tome VIII, Paris 1874, p. 176,1—6: Kurze Erwähnung
Hälids als Alchemist und Mitteilung dreier Verse aus einem seiner
alchemistischen Gedichte.
26. Abu 1-Farag al-Isfahänl (gest. 356/966), K. al-Agäni, Bd. 16,
87,25—92,3/17, 340,1—350,5: Wichtiger Artikel, in dem die einzelnen
Anekdoten sorgfältig mit Isnäden versehen sind. Hälid wird als
Alchemist erwähnt. Anlaß der Aufnahme Hälids in das K. al-Agäm
war seine romantische Liebe zu Ramla bint az-Zubair ibn al-cAwwäm.
27. Ibn an-Nadim, K.al-Fihrist (verfaßt 377/987), ed. Gustav
Flügel, Leipzig 1871—72, p. 242,8ff.: Hälid wurde „der Gelehrte aus
der Familie Marwäns (!)" genannt. Er zog griechische Philosophen
aus Ägypten an sich, die er alchemistische Bücher aus dem Griechi-
schen und Koptischen ins Arabische übersetzen ließ. P. 244,2: Istafän
al-Qadim übersetzte für Hälid alchemistische und andere Bücher.
P. 354,3 ff.: Hälid war der erste, der medizinische, sternkundliche und
alchemistische Bücher übersetzen ließ. Hälid bezeugt selbst, daß die
Beschäftigung mit der Alchemie für ihn ein Ersatz für das entgangene
Kalifat war. Er soll die Chemie mit Erfolg betrieben haben. Er schrieb
Abhandlungen und Gedichte über Chemie.
28. Abu Hayyän at-Tauhidi (gest. 414/1024), K.al-Imtfc wa-l-
mtfänasa, edd. Ahmad Amm und Ahmad az-Zain, Bd. III, Kairo
1944, p. 178,11 ff.: Wortgefecht zwischen Hälid und al-Haggäg.
29. Abu Mansür cAbd al-Malik ibn Muhammad at-lVälibi (gest.
429/1037), K. Timär al-qulüb fi l-mudäf wa-l-mansüb, ed. Muhammad
abü 1-Fadl Ibrahim, Kairo 1384/1965, p. 290,3—10 (nr. 436): Er-
wähnung der drei Frauen Hälids.
30. Id., K. Latä'if al-ma<ärif, ed. P. de Jong, Leiden 1867, p. 53
ult.—54,4: Hälids Frauen.
31. Abü r-Raihän al-Birüm (gest. 440/1048), K. al-Ätär al-bäqiya
<an al-qurün cd-Mliya, ed. Eduard Sachau, Leipzig 1878, p. 302,17—19
(übs. Sachau p. 300): Hälid war der erste der islamischen Philosophen,
ja man sagt sogar, daß sein Wissen zu dem gehöre, was Daniel aus der
Schatzhöhle geholt habe, derselben Höhle, in der Adam sein Wissen
deponiert habe. Drei Muzdawig-Verse über die Chronologie der Higra.
32. PS. Magriti (um 442/1050), K. Butbat al-haJdm wa-mudhal at-
tcfllm, Ms. Chester Beatty 5234,2, p. 103,10—104,12, abgedruckt bei
Manfred Ullmann, Katalog der arabischen alchemistischen Hand-
schriften der Chester Beatty Library, Teil I, Wiesbaden 1974, p. 206f.:

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190 Manfred TJilmann

Kurzer Abschnitt, in dem die Filiation der arabischen Alchemisten in


völliger chronologischer Verwirrung angegeben ist. Hälid ibn Yazid ist
der erste arabische Philosoph gewesen, der sich mit Alchemie be-
schäftigt hat. Auf ihn sind gefolgt: Muhammad ibn Zaid aus der
Familie des 'Ali ibn ab! Tälib, ibn Wahsiya, ibn Udun al-tdmär aus der
Familie des <Ali ibn abi Tälib, öa'far as-Sädiq, der Lehrer des Öäbir
ibn Hayyän. Alle diese Späteren haben die Methode des Hälid ibn
Yazid befolgt.
33. Abu 1-Qäsim Sä'id ibn Ahmad al-Andalusi (gest. 462/1069—70),
K.Tabaqät al-umam, ed. Louis Cheikho, Bairüt 1912, p. 48,2—4:
Hälid verstand sich auf die Medizin und Alchemie. Er schrieb alche-
mistische Abhandlungen und Gedichte, die seine vortrefflichen Kennt-
nisse bezeugen.
34. Al-Qädi ar-RaSid ibn az-Zubair (5./11. Jhdt.), K. ad-Dahtfir
wa-t-tiihaf, ed. Muhammad Hamid Allah, Kuwait 1959, p. 9,10—10,5
(§ 8): Hälid hat seine alchemistischen und anderen Kenntnisse einem
Buch entnommen, das der Kaiser von China Hälids Großvater Mucä-
wiya als diplomatisches Geschenk übersandt hatte.
35. Anonymus (5./11. Jhdt.), K. Tcfrih al-hulaf.ä', Fascimile-
Edition P. A. Grjaznevic u.a., Moskau 1967, fol. 93 a 7: Die Kinder
Yazids. Fol. 93 b 11 ff.: Hälid spricht das Totengebet für seinen Bruder
Mu'äwiya II. im Öumädä I 64/Dezember 683 oder Januar 684. Fol. 95 a
ult. ff.: Hälid und <Abd Allah ibn Yazid werden wegen ihrer Jugend
nicht als Kalifen gewünscht. Fol. 96 a 7ff.: Marwän beleidigt den
Hälid und wird von Hälids Mutter erstickt. Fol. 120 a 11: Hälid
befehligt in der Schlacht gegen Mus'ab im Jahre 70/689—690 den
linken Flügel.
36. Abu 1-Qäsim <Ali ibn al-Hasan ibn 'Asäkir (gest. 571/1176),
K.at-Tcfnh al-lcaUr, ed. cAbd al-Qädir Efendi Badrän, Bd. V,
Damaskus 1332/1913, p. 116,22—120,25: Lange Vita.
37. Muhammad ibn 'All ibn Muhammad, genannt ibn al-'Imräni
(gest. um 580/1185), K. al-Inbä* fl itfrih al-hulafä*, ed. Qäsim as-
Sämarrä'i (Publications of the Netherlands Institute of Archaeology
and Arabic Studies in Cairo 1), Leiden 1973, p. 49,13ff.: Hälid wird
von Marwän beleidigt, woraufhin Hälids Mutter den Marwän erstickt.
38. Yäqüt ar-Rümi (gest. 626/1229), K. Mu'gam al-buldän, ed.
Ferdinand Wüstenfeld, Leipzig 1867—68/Beirut 1956, Bd. II 336,17/
303b 16ff.: Hälid hat die Zitadelle in Hims erbaut. Bd. III 402,6/
414 a 22ff.: Die Ortschaft as-Safwäniya in der Nähe von Damaskus
hat Hälid gehört.

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Hälid ihn Yazid und die Alchemie: Eine Legende 191

39. Id., K. Irsäd al-arib ilä ma'rifat al-adib, ed. D. S. Margoliouth,


Bd. IV, London 1927, p. 165,12—169,4 (nr. 55) / ed. Ahmad Fand
Rifa% Bd. XI, Kairo 1355/1936, p. 35,11—42,12 (nr. 8): Ausführliche
Vita Hälids.
40. ad-Din cAli ibn abi 1-Karam ihn al-Atir (gest. 630/1232),
K. al-Kämil fi t-ttfrlh, ed. Carolus Johannes Tornberg, Bd. IV, Leiden
1870; Bd. V, 1871: Hälid ist an elf SteUen genannt, s. Index und vgl.
vor allem IV 120,13—123,12: Rivalität zwischen Marwän und Hälid.
15S,5ff.: Marwäns Tod.
41. Id., K. Usd al-gäba fi ma*rifat as-sahaba, Bd. II, Kairo 1285,
p. 105,19—23: Nachweis, daß Hälid die Tradition über den Eintritt
ins Paradies nicht von Muhammad gehört hat.
42. Sams ad-Din Muhammad ibn Mahmud a§-Sahrazüri (7./13.
Jhdt.), K. Baudat al-afräh wa-nuzhat al-arwäh, Ms. Berlin 10056 (=
Lbg. 430), fol. 55 b 8: Hälid hat die Medizin von Johannes Gramma-
tikos gelernt.
43. Ahniad ibn Muhammad ibn Hallikän (gest. 681/1282), K.
Wafayät al-afyän wa-aribä* abnä* az-zamän, Kairo 1310, Bd. I, 168,25—
169,16: Hälids Kenntnisse in der Chemie und Medizin. Verweis auf
seine alchemistischen Sendschreiben und Gedichte. Affaire mit Ramla.
Hälid beschwert sich bei cAbd al-Malik wegen der Übergriffe des
Kronprinzen.
44. Muhammad ibn <Ali ibn Tabätabä, genannt ibn at-Tiqtaqä,
K. al-Fahrl fi l-ädäb as-sultänlya wa-d-duwal al-islämlya (verfaßt 70l/
1301), ed. Wilhelm Ahlwardt, Gotha 1860, p. 143,10—144,14: Bericht
über das Kalifat Marwäns und über seinen Konkurrenten Hälid.
Hälids Mutter erstickt Marwän unter Kissen.
45. clzz ad-Din Aidamir ibn 'Ali al-Öildaki (gest. 743/1342), K.
Öäyat as-surür fi Sarh aS-Sudür, Teil II, Ms. Berlin 4183 (= Ms. Or.
qu. 115), fol. 119 b off., abgedruckt bei Alfred Siggel, Katalog der
arabischen alchemistischen Handschriften Deutschlands. Handschrif-
ten der öffentlichen wissenschaftlichen Bibliothek (früher Staats-
bibliothek Berlin), Berlin 1949, p. 36,12—37,10: Hälid sollte am 13.
Rabr I 64/10. November 683 seinem Vater Yazid im Kalifat nach-
folgen, aber statt seiner kam Mucäwiya II. an die Reihe. Hälid hat sich
mit Wissenschaft und Philosophie (hikma wa-falsafa) schon zu Leb-
zeiten seines Großvaters Mucäwiya beschäftigt und dies auch in der
Regierungszeit seines Vaters Yazid beibehalten. Zusammen mit
Maslama ibn cAbd al-Malik ibn Marwän hat er Konstantinopel belagert
und dabei viele griechische Bücher erhalten. In seiner Jugend, noch zu
Lebzeiten seines Großvaters Mucäwiya, hat er bei Maryänus, der in

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192 Manfred Ullmann

einem Klostor bei Damaskus lobte, praktische Studien getrieben, und


zwar zehn Jahre lang. Hälid hat in Damaskus in der Umaiyaden-
moschee und auf den Mauern Talismane errichtet. Auf sein Betreiben
sind aus Byzanz Bücher über Philosophie, Weisheit (hikma), Medizin.
Geometrie, Sternkunde, Mechanik usw. nach Syrien gebracht worden.
Er selbst hat viele Bücher über verschiedene Wissensgebiete verfaßt,
von denen das Firdaus das beste ist.
46. Sams ad-DIn Muhammad ibn Ahmad ad-Dahabi (gest. 748/
1348), K. Tcfrih cd-isläm wa-iabaqät al-maSahlr wa-l-a'läm, Bd. II,
Kairo 1368/1948, p. 364,20ff.: 'Ubaid AUäh ibn Ziyäd, Marwän und
die Uinaiyaden huldigten nach dem Tode Mu'äwiya's II. am 15. Du
1-Qa'da 64/5. Juli 684 dem Hälid (die Nachricht geht auf az-Zubair
ibn al-Harit [Hurait?] nach abü Labid zurück). P. 366,2f.: Erst nach
dem Ende der Schlacht von Marg Rähit zu Beginn des Jahres 65/
August 684 huldigten die meisten Sj^rer dem Marwän, der nach neun
Monaten starb und seinem Sohn €Abd al-Malik die Herrschaft über-
ließ15). P. 368,3ff.: Marwän heiratet Hälids Mutter und bestimmt
Hälid und danach den cAmr ibn Sa'id al-Asdaq als Thronfolger, hält
diese Zusage aber nicht ein. Bd. III p. 74,8if.: Marwän beleidigt Hälid
und wird von Hälids Mutter erstickt. P. 91,5: Hälid hat Traditionen
von seinem Vater Yazid übernommen. P. 240,9: Hälid starb im Jahre
90/708—709. P. 246,13—247,11: Vita Hälids. Er überlieferte von
seinem Vater und von Dihya al-Kalbi. Er war ein frommer Mann und
hat Weisheitssprüche geprägt. Er starb im Jahre 90, nach anderen
84/703, nach anderen 85/704.
47. Abü Muhammad <Abd Allah ibn As'ad. al-Yäfi'i (gest. 768/
1367), K. Mir*ät al-ganän wa-'ibrat al-yaqzän, Bd. I, Haidaräbäd 1337,
p. 176,7—177,6: Hälid starb 85/704. Die Vita und die Anekdoten sind
vollständig aus ibn Hallikän übernommen.
48. Abü l-Fidä> ^Ismä^l ibn cUmar ibn Katir (gest. 774/1373),
K. al-Bidäya wa-n-nihäya, Bd. VIII, Kairo 1351/1932, p^236,23:
Hälid war, wie man sagt, im Besitz des Gemeimnisses der Alcheinie.
P. 240,4ff.: Marwän, nicht Hälid, wird Kalif. Bd. IX, Kairo 135l/
1932, p. 80,7—24: Hälids Vita. Er fastete an den muslimischen, jüdi-
schen und christlichen Feiertagen, d.h. von Freitag bis Sonntag. Er
sollte nach Marwän Kalif werden, jedoch das schlug fehl. War Emir
von Hirns. Haßte den Haggäg ibn Yüsuf. Starb im Jahre 90/708—709,
nach anderen 84/703, was aber falsch ist.

15
) Bd. III 70 paen. heißt es, daß dem Marwän nach dem Tode des Mu'äwiya
ibn Yazid gehuldigt wurde.

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Hälid ihn Yazid und die Alchemie: Eine Legende 193

49. <Abd ar-Rahmän ibn Muhammad ibn Haldün (gest. 808/1406),


Al-Mwqaddima, ed. E. Quatremere, Bd. III, Paris 1858, p. 193,10ff./
p. 229 f. Rosenthal: Hälid kann nichts mit Alchemie zu tun gehabt
haben, da er in der Zeit vor der Übersetzung der wissenschaftlichen
Werke gelebt hat.
50. Id., K. al^Ibar wa-dlwän al-mubtaday wa-l-hdbar, Bd. III,
Bairüt 1957, p. 100,9: Hälid rät dem cAbd al-Malik, eigene Münzen
zu prägen.
51. Ibn Hagar al-cAsqaläni (gest. 852/1448), K. al-Isäba fl tamylz
as-sahaba (Bibl. Indica 20), Vol. I, Calcutta 1856, p. 966,6ff. (nr. 2350):
Diskussion des Hadites über den Eintritt ins Paradies. Nachweis, daß
Hälid ihn von Umäma (und nicht Umäma von Hälid) gehört hat.
52. Id., K. Tahdib at-tahdlb, Vol. III, Haidaräbäd 1325, p. 128,10—
129,4 (nr. 234): Kurzer Artikel über Hälid und seine Bedeutung als
Traditionarier mit Rückgriffen auf abü Hätim, az-Zubair ibn Bakkär,
abü 1-Farag al-Isfahäni, ibn Hibbänal-Busti, al-cAskariundad-Dahabi.
53. Bel-Mugüs al-Magribi (um 936/1530), Bis. fi s-San€a al-iläblya,
Ms. Chester Beatty 4501, fol. 2b, -3ff., abgedruckt bei Ullmann
Katal. Chester Beatty I, 1974, p. 104,8S.: Der Ursprung der Alchemie
wird auf göttliche Offenbarung zurückgeführt, die Adam zuteilge-
worden sei. Dann werden nach dem Schema der
eine lange Reihe von Propheten und Gelehrten aufgezählt, die die
Alchemie einer auf den anderen vererbt haben. Hälid ibn Yazid tritt
in dieser Reihe zwischen < 1 ibn abi Tälib und öacfar as-Sädiq auf.
54. Häggi Halifa (gest. 1067/1657), K. KaSfaz-zunün, Bd. V 280, l ff.
(nr. 10996)/II 1531,6: Der erste Muslim, der sich mit Alchemie be-
schäftigt und alchemistische Bücher geschrieben hat, war Hälid ibn
Yazid. Zu seinen Schülern gehörte Gräbir ibn Hayyän16).
Quellenkritik.
Zunächst erledigen sich die jüngeren Quellen, die nur ältere uns
erhaltene Quellen reproduzieren: Der Anonymus Grjaznevic (nr. 35)
und ibn al-Atir (nr. 40) sind von at-Tabari abhängig, Yäqüt (nr. 39)
ist fast völlig von ibn cAsäkir abhängig, al-Yäfici (nr. 47) hat nur den
ibn Hallikän ausgeschrieben. Sodann scheiden offenkundige Märchen
und Phantastereien aus. Die Berichte des Ra§id ibn az-Zubair (nr. 34)
und des Birüni (nr. 31) kommen als Quellen also nicht in Betracht.
Unberücksichtigt bleiben auch die Berichte des PS. Magriti (nr. 32),

1€
) Vgl. Paul Kraus, Jäbir ibn Hayyän. Contribution ä Fhistoire des ide^s
scientifiques dans l'Islam, Vol. I, Le Caire 1943, p. XLI.

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194 Manfrod Ullmann

des Öildaki (nr. 45) und des Bel-Mugüä (nr. 53), dreier Autoren, die
nur alchemistische Geschichtsklitterungen bieten. Die detaillierten
Kenntnisse, die al-Öildaki über Hälids Leben und Tätigkeit besitzt,
scheinen frappant; da aber zwischen Hälid und al-öildaki mehr als
600 Jahre liegen und der letztere weder eine Quelle noch einen Gewährs-
mann zu nennen vermag, da seine Nachrichten zudem mit denen der
alten Historiker nicht konvergieren, ist ihre Nichtigkeit evident.
Schließlich — und das ist für die Verfechter der Alchemie Hälids be-
sonders schmerzlich — muß auch der Fihrist unberücksichtigt bleiben.
Denn ibn an-Nadims Berichte über Hälids Lebensumstände sind aus
den in der Mitte des 10. Jhdts. schon existierenden Pseudepigrapha
abstrahiert. Der Satz Khrist 354,5f. ist offensichtlich aus öähiz Bayän
(Harun) I 328,1 f. übernommen; die daran anschließende rührende
Geschichte, daß Hälid, nachdem ihm das Kalifat entgangen war, in
der Alchemie eine Ersatzbeschäftigung ('iwad) gefunden habe und
daß er diese Kunst nur aus altruistischen Motiven (Khrist 354,6ff.)
betrieben habe, kommt bei keinem der früheren Historiker vor. Sie
ist Legende ebenso wie die Nachricht, daß er die Übersetzungen ver-
anlaßt habe. Und wenn ibn Hallikän von dem Mönch Maryänus als
dem Lehrer Hälids spricht17), so hat er das nur aus der Maryänus-
Schrift erschlossen, jenem Pseudepigraphon, das er im selben Atemzug
nennt.
Es bleiben damit im wesentlichen die Historiker des 9. Jhdts.
übrig: Ibn Sacd, az-Zubairi, Halifa ibn Hayyät, Muhammad ibn
Habib, ibn Qutaiba, al-Baläduri, ad-Dmawari, al-Yacqübi und al-
Mubarrad. Hinzu kommen aus dem 10. Jhdt. at-Tabari mit seiner
Weltgeschichte und abü 1-Farag al-Isfahäni mit seinem K. al-Agäm,
beides Quellen, die durch die Angabe der Isnäde besonders wertvoll
sind. Die in den Isnäden genannten Personen sind es letztlich, die die
Überlieferungslücke schließen, müssen, die zwischen dem Tode Hälids
im Jahre 85/704 und den ersten schriftlichen Nachrichten liegen. Sie
müssen einen Zeitraum von mehr als hundert Jahren oder drei Gene-
rationen überbrücken.
Hälids Leben und politisches Wirken.
Hälid, mit der Kunya abü Hääim, war einer der Söhne des Kalifen
Yazid ibn Mu'äwiya (reg. 60—64/680—683) und dessen Gemahlin
Fähita bint abi Häsim ibn cUtba ibn Rabica, die wegen ihrer geringen
Körpergröße den Spitznamen Habba („das Korn") bekommen hatte.
17
) b. Hall. Wafayät I 168, 27.

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Hälid ibn Yazid und die Alchemie: Eine Legende 195

Das Ehepaar hatte vier Söhne: Mu'äwiya (den späteren Kalifen


Mu'äwiya II.), Hälid, cAbd AUäh al-akbar und abü Sufyän18). Hälids
Geburtsjahr ist nicht überliefert, es kann jedoch mit einiger Sicherheit
erschlossen werden. Denn Hälids älterer Bruder Mu'äwiya ist im
Jahre 43/663—664 geboren19). Bei dessen Tode im Jahre 64/684 war
Hälid noch ein junger Bursche, und diese seine Jugend war einer der
Gründe, warum er nicht zum Kalifen gewählt wurde. Die Quellen
nennen ihn zu diesem Zeitpunkt einen guläm, gelegentlich, dann aber
karikierend, ein sably „Kind". Ad-Dinawari ist der einzige, der Hälids
Alter zu nennen weiß: Während der Regierungszeit Marwäns, d.h. in
den Jahren 64—65/684—685, sei er ein Bursche von sieben Jahren
gewesen (wa-huwa gulämun min abnä'i sdb*i sinma)2Q). Aber das ist
sicherlich ein Überlieferungsfehler für sabca *a§rata sanatan, zumal
mit guläm nicht ein siebenjähriges Kind, wohl aber ein halbwüchsiger
Bursche bezeichnet wird. Daß ein solcher gemeint ist, zeigt auch der
Kontext: Hälid sei nämlich in einer Weise einhergegangen, die Marwän
mißfiel, so daß er ihn deswegen zu tadeln Anlaß sah21). Aber nur ein
Jüngling bewegt sich affektiert und stolzierend-angeberisch, während
ein siebenjähriges Kind in seliger Selbstvergessenheit harmonisch
läuft. Demnach wäre Hälid etwa im Jahre 48/668 geboren, ein Datum,
das gut zu dem Geburtsjahr seines älteren Bruders Mucäwiya paßt.
Der junge Hälid tritt in das Rampenlicht der Politik, als sein
Bruder Mu'äwiya II. im Jahre 64/684 stirbt, ohne seine Nachfolge
geregelt zu haben. Es ist die Zeit der syrischen Wirren und des sich
ankündigenden zweiten Bürgerkrieges22). Nun waren die Meinungen
über die Person des künftigen Kalifen geteilt. Eine Partei, deren Wort-
führer Yazids Oheim (von Mutters Seite) Hassän ibn Mälik ibn Bahdal
war, favorisierte Hälid, eine andere Partei unter cAbd Allah ibn cldäh
al-As'ari sprach sich für Marwän ibn al-Hakam aus. Alle Berichte
betonen, daß Hälid und cAbd Allah, die beiden Söhne Yazids, wegen

18
) Zubairi Qurais 128, 12f.; Balad. Ansah IV B 4,7ff.; 61,19ff.
19
) Dahabi Ta'rih 83,5.
20
) Dlnaw. Ahbär 294,6/285,20.
21
) Der „affektierte Gang" ist vielleicht nur ein literarischer Topos zum
Ausdruck der Abneigung. Al-Haggäg sagte mit Bezug auf *Abd ar-Kahmän
ibn Muhammad ibn al-As'at, den er trotz seines Mißtrauens im Jahre 80/699
zum Statthalter von Sistän gemacht hatte: unzur ilä mi&yatihl wa-llähi la-
hamamtu an adriba ^nuqahü „sieh dir seine Art zu gehen an! Bei Gott, ich habe
schon daran gedacht, ihn köpfen zu lassen": Tab. Ta'rih 2, 1043,10.
22
) Baläd. Ansab V 132—135; 143f.; Julius Wellhausen, Das arabische
Reich und sein Sturz, Berlin 1902, p. 106.

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196 Manfred Ullrnann

ihrer großen Jugend nicht gewünscht wurden. Fa-innahumä hadltalun


asnänuhumä hei/3t es bei at-Tabari; sie werden Jiädäni l-gulämän
genannt, und gelegentlich taucht, mit Bezug auf Hälid, der Ausdruck
sabiy „Kind" auf. Das ist nicht so sehr eine Altersangabe als vielmehr
ein Hinweis auf die mangelnde Reife seiner Persönlichkeit.
In diesem Zusammenhang ist eine Anekdote aufschlußreich, die
die Charaktere der beiden Prätendenten beleuchtet. Eine Delegation
unter Führung des cAbd Allah ibn cldäh fand Hälid am frühen Morgen
noch schlafend, Marwän dagegen gerüstet, bereit zum Aufbruch und
bei der Lektüre des Korans23). Der historische Gehalt der Anekdote
ist klar: Hälid war nicht nur zu jung, er war eine Schlafmütze, ein
Mann ohne Tatkraft, politisch ohne Bedeutung.
In Erkenntnis der mangelnden politischen Potenz, die auch im
späteren Leben Hälids immer wieder klar hervortritt, lenkte Hassän
ibn Mälik ibn Bahdal ein und stimmte der Nominierung Marwäns zu.
Man einigte sich auf einen Kompromiß: Marwän sollte Kalif werden
unter der Bedingung, daß nach ihm Hälid ibn Yazid und nach diesem
c
Amr ibn Sacid ibn al-cÄs al-Asdaq das Kalifat bekämen. Der letztere
sollte für die Zwischenzeit das Emirat von Damaskus erhalten, Hälid
das von Hirns24). Außerdem wurde vereinbart, daß Marwän die Witwe
Yazids, Fähita, heiraten sollte, ein Schachzug, durch den Hälid unter
die Vormundschaft (higr) Marwäns geriet und durch den gleichzeitig
die Anhänger Mu'äwiya's für Marwän gewonnen werden sollten25).
Bald aber überzeugte sich auch Marwän von der politischen Un-
fähigkeit des designierten Kalifen (wdlly al-'ahd): Nach seiner Rück-
kehr aus Ägypten sicherte er seinem Sohn €Abd al-Malik die Nach-
folge26). Hälids Reaktion auf diesen Bruch des Versprechens spiegelt
sich nun wieder nur in einer Anekdote, die in den verschiedenen Quellen
recht verschiedene Ausformungen erhalten hat: Hälid habe den
Marwän an seine Zusage erinnert, worauf Marwän ihn in aller Öffent-
lichkeit aufs gröbste beleidigte. Als Hälid sich bei seiner Mutter (er
war immer noch ein Muttersöhnchen!) darüber beklagte, versprach sie
ihm Rache. Während Marwän schlief, erstickt sie ihn mit einem Kopf-
kissen. Es wird auch berichtet, daß sie ihn mit vergifteter Milch umge-
23
) Baläd. Ansäb V 128 paen. ff.
24
) b. Sa'd Tabaqät V 29, l ff.; Halifa b. Hayyät Ta'rih I 255,6 ff.; Baläd.
Ansäb V 135,3f.; Ya'qübi Ta'rih II 304 ult.ff.; Tab. Ta>rih II l, 476,llff.;
Mas. Tanbih 308,8f.
25
) b. Sa'd Tabaqät V 28,2ff.; Baläd. Ansäb V 141,llff.; 156,9ff.; Tab.
Ta'rih II l, 482,10ff.
26
) Baläd. Ansäb V 150,16ff.

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Hälid ihn Yazid und die Alchemie: Eine Legende 197

bracht habe27). Aber der Tod Marwäns im Jahre 65/684—685 dürfte


in Wirklichkeit ganz andere Ursachen gehabt haben. Vermutlich ist
er an der Pest gestorben28).
Der Übergang der Regierung von Marwän auf €Abd al-Malik
scheint sich dann vollzogen zu haben, ohne daß Hälid überhaupt
noch ins Gespräch kam oder selbst seine Ansprüche auf das Kalifat
anmeldete. Jedenfalls reden die Quellen davon nicht mehr. Offensicht-
lich hatte Hälid seine politischen Ambitionen begraben. Von einer
anfangs bestehenden gewissen Reserve zwischen fAbd al-Malik ibn
Marwän und Hälid berichtet nur ibn Sa'd29). Hälid ibn Yazid und

Amr ibn Sa'id ibn al-cÄs erörtern dort die Frage, ob sie dem cAbd
al-Malik Gefolgschaft leisten sollen, nachdem ihnen das Kalifat ent-
gangen war. Im übrigen aber scheint das Verhältnis zwischen Hälid
und cAbd al-Malik gar nicht schlecht gewesen zu sein, ja es scheint sich
im Laufe der Zeit zu einer rechten Freundschaft und Vertraulichkeit
entwickelt zu haben. Wiederum sind die Anekdoten aufschlußreich.
Was sich liebt, neckt sich: In zwei Fällen stiftet Hälid den Mucäwiya
ibn Marwän, den etwas schwachsinnigen Bruder des Kalifen, zu einer
Dummheit an, beidesmal, um den Kalifen anzuführen und aufzu-
ziehen, um einen Ulk in Szene zu setzen. Und €Abd al-Malik durch-
schaut auch prompt, wer der Anstifter war, und kann sich des Lachens
nicht enthalten30). Auch als Hälid bei cAbd al-Malik wegen der Über-
griffe des Kronprinzen al-Walid, die sich dieser mit den Pferden seines
Bruders €Abd Allah ibn Yazid erlaubt hatte, protestiert, löst sich die
Auseinandersetzung in ein geistreiches Wortgepränkel, in eine mehr
liebenswürdige Neckerei auf31).
Im übrigen gibt es genug Zeugnisse für .das gute Einvernehmen,
das zwischen cAbd al-Malik und Hälid herrschte. Im Sommer 71—72/
691 beteiligte sich Hälid mit den Kalbiten an der Schlacht, die cAbd
al-Malik um Qarqisiyä* (das alte Circesium) führte, das von den Qaisiten

27
) b. Sa'd Tabaqät V 29,16ff.; b. Qut. Macärif 354,3f.; Baläd. Ansäb V
145,5£f.; 158,lff.; 159,9ff.; Tab. Ta'rih l, 577,2ff.; «Iqd 316,llff./(Amin)
IV 397,17ff. usw.
28
) Michael W. Dols, Plague in Early Islamic History, in: JAOS 94, 1974,
380.
28
) b. Sacd Tabaqät V 168,10ff.
30
) Es heißt: fa-galaba <cdä 'Abdi l-MaliU d-dahiku: b. Habib Munammaq
491,9ff.; Baläd. Ansäb V 165,19ff.; Ag. 16,91,20/17,349,3£ . "
31
) Baläd. Ansäb IV B 67,19ff.; Mubarrad Kämil 189,14ff.; Ag. 16,91,4/
179347,13ff."
U Islam LV. Heft 2

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198 Manfred Ullmann

untor Zufar ibn al-IIärit gehalten wurde32). Hälid scheint sogar einer
der Berater cAbd al-Maliks gewesen zusein. Er riet ihm, eigene Münzen
zu prägen33) und gab sein Urteil über die Gefahr des Aufstandes des
<Abd ar-Rafrmän ibn al-AS'at ab, der dem Kalifen brieflich gemeldet
wurde34). Schließlich heiratete Hälid <Abd al-Maliks Tochter 'Ä'iSa,
wurde also der Schwiegersohn des Kalifen35), und dieser dichtete
später aus Anlaß des Todes des Umaiya ibn <Abd Allah, Hälid und
Kauli ibn Zinbä* eine Elegie36). Direkt bezeugt wird das gute Verhältnis
durch al-Mubarrad37), der sagt: wa-käna, [sc. Hälidun] ^azlma l-qadri

inda *Abdi l-Maliki bni Marwäna „Hälid genoß bei 'Abd al-Malik
eine hohe Wertschätzung". Aber dieses Urteil mag aus der dort
folgenden romantischen Geschichte der Liebe Hälids zu Ramla heraus-
gesponnen sein, in der cAbd al-Malik als Brautwerber fungiert.
Hälids Verhältnis zu al-Haggäg ibn Yüsuf, dem mächtigen Statt-
halter der Umaiyaden im 'Iräq, war jedoch sehr gespannt, was
wiederum aus einer Anzahl von Anekdoten herauszulesen ist38). Einmal
macht al-Haggäg dem Hälid Vorwürfe wegen seiner Heirat mit
Ramla39), und Hälid rächte sich, indem er dem cAbd al-Malik anzeigte,
daß al-Haggäg die Hä§imitin bint cAbd Allah ibn öa'far geheiratet
hatte40). cAbd al-Malik verlangte darauf die Scheidung, und al-Haggäg
mußte seine Frau zähneknirschend entlassen41).
Wir haben also eine Fülle von Erzählungen und Anekdoten vor
uns, bei denen man Zweifel haben muß, ob sie sich in allen Einzelheiten
so abgespielt haben. Ihr wesentlicher historischer Gehalt aber ist klar:
Alle zeigen den Hälid als einen Mann ohne Ambitionen, ohne Macht-
willen, und ohne Instinkt für Politik. Er war ein Privatmann, der das
bequeme Leben genoß, das ihm seine Stellung als Prinz und das
Emirat von Hirns gewährten. In Hirns ließ er eine Moschee bauen,
wobei er vierhundert Sklaven beschäftigte, die er nach Vollendung des
Baus zur Belohnung freiließ42). Auch die Zitadelle (al-qasr) dieser
Stadt soll Hälid errichtet haben, und ebendort soll sich auch sein
32
) Baläd. Ansäb V 301 paen. ff.
33
) b. Qut. <Uyün I 199,lff.; Baläd. Futüh 240,4ff.
34
) Baläd. Ansäb XI 337,12ff.; Tab. Ta'rih 2,1059,12ff.; III l, 24,9ff.
35
) Baläd. Ansäb XI 153,12f.
3e
) ib. 225,3ff.
37
) Bei Bassär Muhtär 150,2.
38
) Baläd. Ansäb XI 183,10ff.; 187,15ff.; 'Iqdlll 9,14ff./(Amin) V 19paen.ff.
89
) Baläd. Ansäb IV B 66,17ff.; Ag. 16,89,2/17,343,6ff.
40
) <Iqd III 292,25/(Amin) VI 122,2ff.
") Mubarrad Kämü 197,18ff.
42
) Baläd. Ansäb IV B 69,8f."

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Hälid ibn Yazld und die Alchemie: Eine Legende 199

Grab befinden43). Der Ort as-Safwäniya in der Umgebung von Damas-


kus soll ebenfalls dem Hälid gehört haben44).
Die Frauen scheinen in Hälids Leben eine große Rolle gespielt zu
haben. Seine Gattinnen waren alle von hoher Abkunft45). Daß er
durch die Heirat mit cÄ'i§a bint <Abd al-Malik ibn Marwän der
Schwiegersohn des Kalifen wurde46), ist oben schon erwähnt worden.
Die Quellen nennen drei weitere Ehefrauen: Umm Kultüm bint cAbd
Allah ibn Öa'far ibn abi Tälib, an die er das Gedicht nr. 2 (s. unten)
richtete, Ämina bint Sacid ibn al-cÄs ibn Umaiya, von der er sich
wieder scheiden ließ (s. Gedichte nr. 4 und 5) und Ramla bint az-
Zubair ibn al-'Awwäm ibn Huwailid. Die Ehe mit der letzteren mußte
unter den herrschenden politischen Verhältnissen naturgemäß Anlaß
zu Gerede und Klatsch geben. Ramla war zuvor die Frau des 'Utmän
ibn <Abd Allah ibn Hakim ibn Hizäm47), dem sie den cAbd Allah ibn
c
Utmän geboren hatte. Dieser €Abd Allah wurde der Gatte der Sukaina
bint al-Husain ibn < 1 48).
Die Liebesaffaire mit Ramla wird immer wieder erzählt, bisweilen
in recht romantischer Ausgestaltung: Hälid machte in dem Jahre, in
dem al-Haggäg den cAbd Allah ibn 'az-Zubair tötete (d.h. im Jahre
73/692), die Wallfahrt nach Mekka und lernte dort Ramla kennen. Es
war Liebe auf den ersten Blick, und Hälid ließ sich durch sie zu einem
Gedicht inspirieren, das ihm einen eigenen Artikel im K. al-Agäm
verschaffte (s. unten Gedicht nr. 1). Die Brautwerbung war eine Art
Burleske. Hälid war, wie seine Mutter Fähita, klein von Gestalt und
wurde deshalb zunächst abgewiesen. Da umgab er sich mit lauter
kleinen Männern und setzte einen hohen Hut (qalansuwa) auf. Die
optische Täuschung verschaffte ihm dann das Jawort49). Die Anekdote
besagt wohl nur, daß Hälid nicht recht ernst zu nehmen war. Auch in
dieser Liebe bewies Hälid sich wieder als ein Mann ohne politischen
Instinkt. Er mußte sich von al-Haggäg grobe Vorwürfe gefallen lassen,
in der Situation des Bürgerkrieges ausgerechnet die leibliche Schwester
des Mus'ab ibn az-Zubair gefreit zu haben. Hälid antwortete dem
Haggäg heftig und wies pedantisch nach, daß diese Verbindung keines-

«) Yäqüt Buldän II 336,17/303b 16ff.


44
) ib. 402,6/414a 22ff.
45
) Es heißt: nisä'un hunna Swraju man hunna minhu, Mubarrad Kämil
196,10.
46
) Baläd. Ansäb XI 153,12f.; b. Habib Muhabbar 59,2f.
47
) Baläd. Ansäb IV B 67,10; b. Habib Muhabbar 67,11 ff.
48
) Ag. 16,88,28/17,342,18ff.
49
) Baläd. Ansäb IV B 69,Hf.
14*

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200 Manfred Ullmann

wegs eine Mesallianz sei. Das gespannte Verhältnis zwischen Hälid und
al-Haggäg wurde dadurch nicht besser.
Außer mit seinen Ehefrauen verkehrte Hälid mit den Sklavinnen
seines Hauses. Nach az-Zubairi60) hatte er sechs Söhne: Sa'id, Yazid,
Harb, 'Utba, <Abd Allah und abüSufyän. Die vier letzteren stammten
von Sklavinnen (ummahät auläd).
Das Todesdatum Hälids steht nicht genau fest. Ein Teil der Quellen
nennt das Jahr 85/704, andere sprechen vom Jahre 90/708—709. Das
erstere Datum hat die größere Wahrscheinlichkeit für sich, denn
erstens heißt es bei al-Baläduri51), daß Hälid in den Tagen des <Abd
al-Malik ibn Marwän gestorben sei, und zweitens wird berichtet, daß
Hälid und Rauh ibn Zinbä* al-Öudämi in ein und demselben Jahre
gestorben seien, ein Jahr, daß daher auch „das Jahr der Könige"
(*äm al-muluk) genannt wurde52). Rauh ibn Zinbäc aber ist im Jahre
84/703 gestorben. Für das spätere Datum spricht eine Notiz bei ad-
Dinawari. Danach hat cAbd al-Malik ibn Marwän im Jahre 86/705
an seinem Sterbebett die Banü Umaiya versammelt, unter ihnen
Hälid ibn Yazid und cAbd Allah ibn Yazid ibn Mu'äwiya, und von
ihnen Loyalität zu seinem Sohn al-Walid verlangt53). Indes fällt alles,
was ad-Dinawari über Hälid berichtet, etwas aus dem Rahmen, den
die übrigen Historiker abgesteckt haben, und da ad-Dinawari keine
Isnäde oder Quellen angibt, bleibt der Wert seiner Nachrichten unge-
wiß. Mir scheint daher das Datum 85/704 das Richtige zu sein. Hälid
wäre demnach nur 36 Jahre alt geworden.
Hälids Rolle als Traditionarier. _
In den späteren Rigäl·Werken, bei ibn cAsäkir54), ibn al-Atir55)
und ibn Hagar al-'Asqaläni56), wird auch Hälid ibn Yazid ibn Mu'äwiya
unter den Traditionariern aufgezählt. Diese Autoren berufen sich dabei
zum Teil auf ältere Schriftsteller, z.B. auf ibn Hibbän al-Busti57), auf
al-Baihaqi, al-Hatib al-Bagdädi und al-'AskarL Die älteste diesbezüg-
liche Quelle ist anscheinend das K. at-Tcfrih al-kabw des Buhäri

50
) Zubairi Nasab 130,14ff.
51
) Baläd. Ansäb IV B 69,12f.
52
) Baläd. Ansäb XI 224,13f.
53
) Dinaw. Ahbär 328,8/324 ult.ff.
54
) Bd. V 116,—6ff., daraus abgeschrieben hat Yäqüt Irsäd IV 165,17—
166,1.
55
) Usd al-gäba II, Kairo 1285, p. 105,19—23.
56
) Isäba I (Bibl. Ind. 20), Calcutta 1856, p. 966,6ff. (nr. 2350).
57
) b. Hagar Tahdib III 129,3.

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Hälid ihn Yazid und die Alchemie: Eine Legende 201

(s. oben die Quellenliste nr. 9), aber der kurze Abschnitt, der sich dort
befindet, ist durch Überlieferungsschäden so verstümmelt, daß ihm
praktisch nichts entnommen werden kann. Hälids Stellung wird nun
folgendermaßen umrissen: Er habe von seinem Vater Yazid und von
Dihya ibii Halifa al-Kalbi Traditionen übernommen, und von Hälid
hätten abü Bakr Muhammad ibn Muslim ibn 'Ubaid Allah az-Zuhri58)
und andere gelernt. Im 15. Jhdt. weiß ibn Hagar diese „anderen" mit
Namen zu nennen: Es seien (außer az-Zuhri) Ragä* ibn Hayät, cAli
ibn Rabäh und 'Ubaid Allah ibn al-cAbbäs (nach anderen al-cAbbäs
ibn <Ubaid Allah ibn al-cAbbäs) gewesen59).
Nun ist Dihya jedoch unter dem Kalifat des Mucäwiya, etwa im
Jahre 50/670, gestorben60), Hälid aber ist ungefähr 48/668 geboren. Er
kann demnach nicht von Dihya gehört haben, wie übrigens schon
ad-Dahabi festgestellt hat61).
Fragt man nach den Inhalten, so reduziert sich Hälids Hadit-
gelehrsamkeit auf zwei Traditionen: Die eine betrifft die (übrigens
fragwürdige) Reise, die Dihya im Auftrage Muhammads zu Herakleios
unternommen hatte. Dieser Hadit kann nach dem oben Gesagten nicht
mit Hälid in Verbindung gebracht werden. Mit dem zweiten Hadit
steht es nicht viel besser: Hier soll abü Umäma den Hälid gefragt
haben, welchen Ausspruch er vom Propheten gehört habe, und Hälid
habe folgenden Spruch rezitiert: „Wahrhaftig, ihr alle werdet ins
Paradies kommen, mit Ausnahme derer, die sich in wilder Flucht
von Gott trennen, so wie ein Kamel seinem Besitzer durchgeht*e62).
So die Filiation nach cAbdän (oder einem anderen), der von Sa'id ibn
abi Hiläl abhängig ist, welcher sich seinerseits auf cAli ibn Hälid
beruft. Aber schon die islamische Kritik hat bemerkt, daß Hälid den
Propheten nicht gehört haben kann und daß man den Isnäd anders zu
verstehen habe: Nicht abü Umäma habe den Hälid, sondern Hälid den
abü Umäma gefragt63).
Selbst wenn es sich so verhalten hat, so wird Hälid dadurch doch
noch nicht zu einem Haditgelehrten. Daß er auch auf diesem Felde
nur ein Dilettant geblieben ist, daß niemand seine Unterweisung

58
) Gest. 124/742, s. GAL I 65; S I 102; GAS I 280—283.
*») b. Hagar Tahdib 128,llff.
60
) Vgl. Henri Lammens-Charles Pellat, EI2 II 274f. (s.v. Dihya).
61
) Wa-qäfa d'Ddhablyui lam yalqa [so. Hälidun] Dihyata l-Kalblya, s. b.
Hagar Tahdib "l29,4.
62
) A-lä kullukum yadhuLu l-ffannala illä man sarada *alä llahi siräda l~ba*lri
'ata aMihi b. Hanbai Musnad V 258,20£f., vgl. auch Nih. II 211,23.
e3
) b. -Atir, Usd al-gäba 105,19—23; b. Hagar I§äba I 966,6£f. (nr.235'0).

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202 Manfred Ullmonn

suchte, zeigt wiederum eine Anekdote: „Wenn er keinen fand, dem er


Traditionen vermitteln konnte, so erzählte er sie seinen Sklavinnen,
setzte aber hinzu: 'Ich weiß wohl, daß ihr damit nichts anfangen
könnt'"64). Und ein zweiter Bericht ist nicht weniger aufschlußreich:
Hälid soll sich lange in Schweigen gehüllt haben, bis einer seiner
Klienten zu ihm sagte: „Ich sehe, daß die Leute sich in Dinge ver-
senken, die du doch viel besser weißt als sie. Aber du schweigst". Da
sagte Hälid: „Ich habe mich um die Suche nach Haditen und Wissen-
schaft (al-ahädU wa-l-Hlm) bemüht und habe das Richtige gefunden.
Wenn ich es publiziere, muß ich fürchten, daß sie es [mir] wegschnap-
pen (1. an yahtifühu)"*6). Ein Geheimniskrämer also, ein Mensch von
kleinlicher Eifersucht.

Hälid als Dichter.


Im folgenden sind die erhaltenen Verse zusammengestellt:
I.
An Bamla bint az-Zubair ibn al-'Awwäm gerichtetes Liebesgedicht.
1. a-laisa yazldu s-sairu fi kulli lailatin wa-fi kulli yaumin min
aKibbatinä qurbä
2. ahinnu ilä binti z-Zubairi wa-qad 'alat bind l-*lsu harqan min
Tihämata au naqbä
3. idä nazalat ardan tahabbaba ahluhä ilainä wa-in känat manäziluJiä
harbä
4. wa-in nazalat mä*an wa-in käna qablahä maUhan wagadnä mä'ahü
bäridan *adbä
5. tagülu halahllu n-nisä*i wa-lä arä li-Ramlata halhälan yagülu wa-lä
qulbä
6. aqillü 'alaiya l-lauma fihä fa-innam tahayyartuhä mirihum
Zubairiyatan qalbä
7. uhibbu bani l-^Awwämi turran li-hubbihä wa-min hubbihä ahbßbtu
ahwälahä Kalbä
8. fa-in tusliml nuslim.wa-in tatanassarl tahuttu rigälun baina
a*yunihim sulbä
l a. "halllaiya mä min sä^atin tadkuränihä mina d-dahri illä mittumä
*anniya l-karbä
Quellen: 1—8: Ag. 16,89,15—23/17,344,2—10. 1—7: Yäqüt Irsäd
IV 168,9—15/XI 41,2—ult. 7, 6, 8, 5: Baläd. Ansäb IV B 66,13—16.
64
)b.
65
) Baläd. Ansäb IV B 65 ultiff.

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Hälid ihn Yazid und die Alchemie: Eine Legende 203

6: Baläd. Ansäb IV B 67,11.13. 5, 7, 8: Ag. 16,87,26—28/17,340,2—4.


—8: Mubarrad Kämil 197,12—16. 5: Schol. Bassär Muhtär 149,14.
1. la, 7,5, 8: Schol. Ba§§är Muhtär 151,1—5. 5,7: b. Qut. Ma'ärif
221,8f.; b. Hall. Wafayät I 168,30f.; Husri Zahr I 393,8f.
Varianten:
1. s-sairu Ag., Yäq.: aS-Sauqu BasSär Muht.; min ahibbatinä Ag.,Yäq.:
all hablbatanä Ba§§är Muht.
2. <alat: <adat Yäq. (Kairo).
3. tahabbaba ahluhä: tuhabbibu ahlahä Yäq. (Kairo).
5. tagulu halähilu n-nistfi wa-lä arä Ag., Yäq., Mubarrad, Baläd.,
b. Hall., Bassär Muht. 151 : yagülu wiSähähä wa-lastu bi-wägidin
Ba§§är Muht. 149.
6. aqillü 'alaiya l-lauma fihä fa-innani tahayyartuhä mirihum Ag., Yäq.:
wa-lä tuktirü flhä d-dicfäga fa- tanahhaltuhä 'amdan Baläd.
66,14 : [wa-]lammä rayaitu l-'itqa fihä mubayyanan tanahhaltuhä
mirihum Baläd. 67,11 : tahayyartuhä min sirri qaumin Tcarlmatan
muwassatatan fihim Baläd. 67,13 : fa-lä tuktirü fihä l-maläma fa-
innanl tahayyartuhä mirihum Mubarrad.
7. wa-min hubbihä Ag. 16,89, Yäq., Baläd. : wa-min aglihä b. Qut.
Ag. 16,87, Mubarrad, BaSsär Muht., b. Hall., Husri; turran U-
hubbihä Ag. et cet. : min agli hubbihä b. Hall.
8. tahuttu Ag. : yahuttu Baläd. : ytfalliq Mubarrad; nuslim Ag.,
Baläd. : uslim Mubarrad, Ba§§är Muhtär.

1. Führt uns denn die Reise in jeder Nacht und an jedem Tage nicht
näher an unsere Geliebten heran? 2. Ich sehne mich nach der Tochter
des Zubair, nachdem uns die hellgelben Kamele über eine Wüste in der
Tihäma oder einen Bergpfad getragen haben. 3. Wenn sie sich in
einem Lande niederläßt, gewinnen wir auch dessen Einwohner lieb,
selbst wenn deren Wohnstätten Kriegsgebiet sind. 4. Läßt sie sich an
einem Wasserloche nieder, so finden wir, daß sein Wasser kühl und
süß ist, auch wenn es vor ihrer Ankunft salzig war. 5. Es kreisen die
Knöchelspangen der anderen Frauen, aber an Ramla sehe ich keine
Knöchelspange, die kreist, und keinen Armreif. 6. Tadelt mich doch
ihretwegen nicht so viel! Ich habe sie nun einmal aus ihrer (der Zubai-
riden) Mitte erwählt, und ihr Herz schlägt für die Zubairiden. 7. Ich
liebe die Banü l-€Awwäm allesamt, weil ich Ramla liebe, und aus Liebe
zu ihr liebe ich ihre Oheime, die [Banü] Kalb. 8. Bekennst du [Ramla]
dich zum Islam, so tun wir das auch; wirst du Christin, so machen
Männer vor ihren Augen [die Zeichen der] Kreuze, l a. Meine beiden

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204 Manfred Ullmonn

Freunde! Könnt ihr euch je an eine Stunde erinnern, in der ihr den
Kummer nicht von mir genommen hättet?66)
II.
An Umm Kultürn bint <Abd Allah ibn Öa'far ibn abi Tälib gerichtetes
Liebesgedicht.
1. atatnä bihä duhmu l-bigäli wa-Suhbuha 'afifata ahläqin karimata
'unsuri
2. muqäbalatan baina n-nabiyi Muhammadin wa-baina *Aliyin dl
l-fahäri wa-Öa^ari
3. manäfiyatan gädat bi-hälisi wuddihä li^abda-manäfiyin agarra
muSahharl
Quellen: 1—3: Baläd. Ansäb IV B 66,8—10, Ag. 16,90,26—28/17,
347,2—4. 3,2: Baläd. Ansäb IV B 66,4f.
Varianten:
1. atatnä Baläd. : gä*at Ag.; 'afifata ahläqin karimata 'unsurin Baläd.:
muqanna'atan fi gaufi hidgin muhaddarin Ag.
2. muqäbalatan Baläd. 66,9, Ag. : mutahharatan Baläd. 66,5; wa-baina
'Aliyin dl l-fahäri wa-öa'farin Baläd. 66,9 : wa-baina *Allyin wa-l-
hawäri wa-öa*farin Ag. : wa-baina S-Sahldi dl l-ganähaini Ga^arin
Baläd. 66,5.
3. gädat bi-hälisi wuddihä Baläd. 66,10, Ag. : garrä*u gädat bi-middihä
Baläd. 66,4.
1. Die schwarzen und grauen Maultiere haben sie zu uns gebracht, eine
Frau von keuschem Charakter und edler Rasse, 2. eine, die Aufnahme
gefunden hat zwischen dem Propheten Muhammad und dem ruhm-
reichen cAli lind Cracfar, 3. eine von den [cAbd] Manäf, die ihre reine
Liebe einem glänzenden, weithin berühmten Manne vom Stamme
*Abd Manäf gewährt.
III. ^
Liebesgedicht.
1. sarahtu safähati wa-arahtu hilml wa-jlya *alä tahallumiya 'tirädü
2. *alä annl ugibu idä da^atnl ilä hägätihä l-hadaqu l-mirädü
Quellen: Baläd. Ansäb IV B 69,6f.; Husri Zahr (clqd in margine)
I 51,10—13/(Bigäwi) I 54 paen. f.; b. Katir Bidäya VIII 138,25f.
Bei al-Husri und ibn Katir sind die Verse Mu'äwiya zugeschrieben.
C6
) Vers 8 wird als untergeschoben und unecht bezeichnet, aber für dieses
Verdikt ist lediglich sein anstößiger Inhalt maßgeblich gewesen.

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Hälid ibn Yazid und die Alchemie: Eine Legende 205

Varianten:
1. sarahtu safaliatl wa- Baläd. : saramtu safähati wa- b. Katir : sa*imtu
gawäyati fa- Husri; tahalluml Baläd. : tahammuU Husri, b. Katir.
2. ilä hägätihä Baläd.: dawätu d-dalli wa- Husri.
1. Morgens habe ich meine Torheit auf die Weide geschickt, abends
habe ich meine Besonnenheit heimgeholt, doch ich spürte in mir eine
Auflehnung gegen meine Besonnenheit. 2. Gleichwohl werde ich Folge
leisten, wenn mich die kranken Pupillen67) zu dem, was ihnen Not
macht, rufen.

IV.
Epigramm anläßlich der Scheidung von Ämina bint Sa'id.
1. wallaitu Äminata t-taläqa karwiatan 'indi wa-lam yakbur 'alaiya
taläquhä
2. wa-la-aqta'anna hibäla uhrä ba*dahä yauman idä lam tastaqim

Quelle: Baläd. Ansäb IV B 70 paen. f.


1. Ich ließ Ämina, einer Frau, die mir teuer war, die Scheidung über-
mitteln, aber die Scheidung von ihr wurde mir [jetzt] nicht schwer.
2. Ich werde, nachdem sie fort ist, eines Tages auch das Band zu einer
anderen durchtrennen, wenn deren Charakter nicht aufrecht ist.

V.
Epigramm anläßlich seiner Scheidung von Ämina bint Sacid und deren
Heirat mit al-Walid ibn cAbd al-Malik (der im zweiten Vers ange-
sprochen ist).
1. ka'äbun abuhä du l-'imämati wa-bnuhü wa-^Utmänu mä akfäyuhä
bi-katm
2. fa-in tastafidhä wa-l-hiläfata tanqalib bi-afdali 'ilqai minbarin
wa-sarlrl
Quellen: l, 2: Baläd. Ansäb IVB 70,18f.; Mubarrad Kämil 196,16f.;
b.-Öarräh 'Amr 59,7f. 1: Öähiz Bayän II 78,22/111 99,12; OVäl.
Timär 290,5; b. -Atir Murassac lin. 2472; Maidäni Amtäl I 166,23.
Das Gedicht ist von ibn al-öarräh dem €Amr ibn Mihlät al-Kalbi, von
al-Maidäni dem cAmr ibn Sacid al-ASdaq zugeschrieben. Bei ibn al-
Atir ist es anonym überliefert.
67
) Das heißt: die Frauen mit dem matten, liebeskranken Blick.

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206 Manfred TJllmann

Varianten:
1, ka*äbun Baläd., Gähiz : fatätun Mubarrad, b. -öarräk, Ta'äL, b.
-Atir, Maidänl; al-'imämati Baläd., Maidäni : 'imämatin b. -Atir :
al-^isabati öähiz, Mubarrad, b.-öarräfr, Ta'äl.; wa-bnuTiü wa-
^TJtmänu Baläd., Mubarrad, öähiz, b. -öarräfr : minhumü wa-
Marwänu b. -Atir : iva-bnuhü ahühä fa- Maidäni, Ta'äl.
2. tastafidhä Baläd. : taftalithä Mubarrad, b. -öarräh; bi-afdali Baläd.:
bi-akrami Mubarrad, b. -öarräh.
1. Eine vollbusige Frau; ihr Vater, dessen Sohn und ^tmän tragen
den Turban; Männer, die ihr ebenbürtig sind, gibt es nicht viele.
2. Wenn du sie und das Kalifat gewinnst, kannst du dich mit den
beiden kostbarsten Dingen, die Kanzel und Bett zu bieten haben,
davonmachen.

VI.
Epigramm über sein Schwert „al-öamr".
1. wa-manzilatin lä ya*manu l-qaumu bi-d-duhä wa-lä bi-l-*aSlyi min
gawänibihä garibä
2. qata'tu bihä mustahtinan tahta raitatl wa-fauqa, qamlsl l-gamra da
Sutdbin *adbä
Quelle: b. Habib Munammaq 523,4f.
1. Wie manche Stätte, an der die Leute weder morgens noch abends
von irgendeiner Seite her sicher sind, 2. habe ich mit ihr (d.h. mit
meiner Kamelin) durchquert, indem ich unter meinem Überwurf und
über meinem Hemd „al-öamr" an den Leib drückte, ein scharfes
Schwert mit Ziselierungen.

VII.
Zeitkritisches Epigramm. -^
1. arä zamanan ta'älibuhü qiyämun *alä 1-aSräfi tdhtiru ka-l-usüdi
2. wa-käna t-ta*lahu d-dabbähu yardä bi-mä yaritu l-kiläbu mina
s-suyüdi
Quelle: Baläd. Ansäb IV B 69,3f.
1. Ich bin Zeuge einer Zeit, in der die Füchse über den Vornehmen
stehen und sich stolz wie Löwen wiegen. 2. War doch früher der
keuchende Fuchs mit den Resten der Jagdbeute zufrieden, die die
Hunde erben.

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Hälid ibn Yazid und die Alchemie : Eine Legende 207

VIII.
Gegen abü Bakr ibn Yazid ibn Mu'äwiya gerichtete Satire.
saminu l-batni min mäli l-yatämä rafnyu l-bäli mahzulu s-sadlql
Quelle: Baläd. Ansäb IV B 73,15.
Fettleibig vom Geld der Waisen, schlaffen Gemütes, ausgezehrt,
wenn's Freunde gilt.

IX.
Gegen abü Öahl (gemeint ist Harb ibn <Abd Allah ibn Yazid ibn
Mu'äwiya oder cAbd Allah ibn Sulaimän ibn Yazid ibn Mu'äwiya)
gerichtete Satire.
fa-qaddim abä Bakrin li-kulli 'azimatin wa-qaddim abä Öahlin li-laqmi

Quelle: Baläd. Ansäb IV B 73,17.


So schick denn abü Bakr voraus, wenn es um irgendeine Großtat geht,
aber schick abü öahl voraus, wenn es darum geht, die Brotsuppe zu
verzehren.

X.
Satire.
1. da'ü l-/hukma laisa 1-huJcmu fikum bani stiJiä wa-lakiunahü fi l-gurri
min äli Gälibl
2. banl Murratin a-lä tarauna ilaihimü tusägu hukümätu l-kirämi
l-manägibl
Quelle: Baläd. Ansäb IV B 70,4—7.
1. Laßt das Urteilen! Unter euch, Söhne ihres Arsches, gibt es kein
Urteilsvermögen. Das gibt es nur bei den strahlenden Männern aus
Gälibs Familie. 2. Banü Murra! Seht ihr denn nicht, daß die Streit-
sachen der edlen und vornehmen Leute vor sie gebracht werden?

XI.
Askese und Seelenheil.
1. in sarraka S-Sarafu l^azimu ma'a l-ginä wa-takünu yauma aSaddi
haufin wtfilä
2. yauma l-hisäbi idä n-nufüsu tafädalat fi l-wazni id gabata l-ahaffu
l-atqalä
3. fa-'mal li-mä ba*da l-mamäti wa-lä takun 'an hazzi nafsika fl
hayätika gäfilä

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208 Manfred Ullmann

Quelle: Yäqüt Iröäd IV )68,17-ult./XI 42,2—7.


1. Wenn du Freude an hoher Ehre und an Reichtum hast und am
Tage einer schrecklichen Furcht eine Zuflucht suchst, 2. nämlich am
Tage der Abrechnung, wenn die Seelen sich gegenseitig den Vorrang
streitig machen, während sie gewogen werden, da denn der Leichtere
den Schwereren beneidet, 3. dann handle im Blick auf das, was nach
dem Tode kommt, und vernachlässige das Heil deiner Seele nicht,
solange du noch lebst.

XII.
Resignation und Todesahnung.
1. qasru l-tjadldi balan wa-qasru l-'ai£i fi d-dunyä nqitä'uh
2. man nala fl d-dunyä matä^an tumma täla Wil matä'uh
3. am ayyu muntafiHn bi-saiyin tumma däma bihi ntifä'uh
4. am ayyu Sa^bin dl Iti'ämin lam yuüattithu nsid&uh
5. wa-l-awwalu l-mädl lladl haqqun calä l-bäql ttibä^uh
6. qad qala fi amtalihi yakfika min Sarrin samä'uh
Quelle: Baläd. Ansäb IV B 71,17—22.
1. Das Ziel des Neuen ist Verfall, und das Ziel des Lebens in dieser
Welt ist sein Erlöschen. 2. Welcher Mensch, der in dieser Welt einen
Genuß erlangt, kann sich dieses Genusses lange erfreuen? 3. Oder
welcher Mensch, der aus einer Sache Gewinn zieht, hat diesen Gewinn
auf Dauer? 4. Oder welchen Volksstamm, der in Eintracht zusammen-
steht, zerteilt nicht seine Spaltung? 5. Der erste, der dahingeht, ist
derjenige, dem der Übriggebliebene folgen muß. 6. In seinen Sprich-
wörtern hat er gesagt: 'Es ist schlimm genug, daß du Böses hören
mußt'.

XIII. ^
Resignation und Todesahnung.
1. hal anta muntafi'un bi-'ilmika marratan wa-l-cilmu näfi*
2. wa-mina l-mu&lri 'alaika bi-r-ra*yi l-musaddadi anta sämi*
3. al-mautu haudun lä mahalata fihi kullu l-halqi Sari*
4. wa-mina t-tuqä fa-zra* fa-innaka häsidun mä anta zäri*
Quelle: clqd I 206,24—27/(Amin) II 232,11—14.
1. Kannst du [auch nur] einmal aus deinem Wissen Nutzen ziehen? —
Wissen ist doch nützlich! 2. Und hörst du [je] auf den, der dir einen
wohldurchdachten Rat gibt ? 3. Der Tod ist eine Zisterne, aus der die

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Hälid ibn Yazid und die Alchemie: Eine Legende 209

ganze Schöpfung unweigerlich trinken muß. 4. Gottesfurcht solltest


du säen! Denn du wirst ernten, was du säst.

XIV.
Todesahnung.
1. a-ta*gabu an kunta da ni*matin wa-annaka fihä Sarlfun mahibü
2. fa-kam warada l-mauta min nä*imin wa-hubbu l-hayäti ilaihi 'agibü
3. agäba l-maniyata lammä da'at wa-karhan yugibu lahä man yugibü
4. saqathu danuban mina-nfäsihä wa-yudharu li-l-hayyi minhä danübü
Quelle: Yäqüt Irääd IV 168,4—7/XI 40,7-ult.
1. Wunderst du dich, daß du im Wohlstand lebst und daß du dabei
achtbar bist und geehrt wirst? 2. Aber wie viele, die sorgenfrei lebten,
mußten schon dem Tode entgegengehen, und er staunt nur darüber,
daß man das Leben liebt. 3. Sie mußten dem Todesgeschick gehorchen,
als es rief, und wer ihm gehorcht, tut es wider Willen. 4. Es hat ihm
von seinem Odem einen ganzen Eimer voll eingeflößt, und für den
Lebenden ist ein weiterer Eimer davon aufgespart.
Es sind also nur 14 Gedichte mit insgesamt 43 Versen erhalten.
Von diesen sind aber noch zwei Gedichte (nr. 3 und 5 mit je zwei
Versen) in ihrer Echtheit nicht gesichert. Das ist nicht eben viel. Auch
die Philologen des 9.Jhdts. werden nicht viel mehr Verse gekannt
haben, denn niemand scheint es der Mühe wert gefunden zu haben,
Hälids Gedichte in einem Diwan zu sammeln. Daß Hälid Aufnahme
in das Kitäb al-Agänl gefunden hat, hat er offensichtlich nur dem
einen Gedicht mit dem populären Vers tagülu halähilu n-nisa*i ...
(nr. 1,5) zu verdanken, das der romantischen -und politisch brisanten
Liebesaffaire mit Ramla entsprungen ist. Thematisch verteilen sich
die Gedichte auf Erotik, Satire und Weltflucht; sie stehen also ganz im
Rahmen dessen, was die Zeit hervorgebracht hat. Aber in ihrer
Qualität sind sie nicht mit der Poesie des TJmar ibn abi Rabi'a oder
des öarir zu vergleichen. Hälid konnte wohl ein paar nette Verse
machen, aber ein Dichter war er mitnichten. Alles ist konventionell;
vieles mutet hausbacken an; wir finden keinen wahrhaft poetischen
Zug, keinen originellen Vergleich, keine einzige Qaside.
Vergleichen wir mit diesen echten Versen Hälids nun den Diwan
Firdaus cd-hikma\ Er ist noch nicht ediert, aber eine ganze Anzahl
dieser Gedichte ist jetzt im Rahmen des Muktasab des Simäwi68) und
68
) Vgl. die Stellen bei Manfred Ullmann, die Natur- und Geheimwissen-
schaften im Islam, Leiden/Köln 1972, p. 194 Anm. 1.

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210 Manfred TOlmann

im Chester-Beatty-Katalog60) zugänglich. Wir können uns hier auf


die Wiedergabe eines einzigen Gedichtes beschränken:
1. fa-tafruquliä wa-ta*ziluliä bi-rifqin wa-taqsimu fadlata r-rühi l-'atidi
2. <alä sittin tolätun kämilätun fa-dälika bugyatu S-Sahmi l-muridi
3. ia-yushaqu gismuhä fihä bi-hidqin tuqaddirukü mina l-mäyi l-gadidi
4. wa-turgi'uhä 'alaihi 'alä ttiyädin wa-taü)uhuhä wa-tuz'itfu bi-s-su*üdl
5. ka-dälika sdb'atun lä naqsa fihä turä ka-d-dam'i yusbalv, fi l-hudüdi
6. wa-tus^idu sab'atan min ba*di Jiädä bi-nlränin batVäti l-humüdl
7. wa-ta*ziluhä wa-tuqtiruhunna sah 'an ka-asyäfin sulilna mina l-gumüdl
8. wa-tuhri$u min ramädi l-ifismi kilsan bi-niränin Sadldäti l-wuqudi
9. tarahu mulamma'a l-tfanabäti baddanbi-tauSiyatin Tca-tauSiyati
l-burüdl
10. yusammä S-Sabba wa-l-hurqüsa fa-fham kaläman sugtuhü laka fi
l-qasidi
11. fa-Dümuqrätu yad'ühu husäman wa-Märiyatu da'athu bi-l-qa'üdi
12. bihi subiga l-miyahu fa-kun 'aliman fa-tusHdahunna bi-l-'azmi

1. Dann zertrennst du es und sonderst es behutsam ab und teilst den


Best des vorbereiteten „Geistes"71). 2. Auf sechs [kommen] drei voll-
ständige: dies ist das Begehren des scharfsinnigen Adepten. 3. Dann
wird ihr „Körper" in ihm mit Geschick zerrieben, wobei du ihm von
dem „neuen Wasser" das Maß erteilst. 4. Du führst es darüber mit
Bedächtigkeit zurück, du kochst es und treibst es beim Hinaufsteigen
hinaus. 5. Auf diese Weise sind sieben — nicht eines von ihnen weniger
—, die wie Tränen aussehen, welche über die Wangen vergossen werden.
6. Danach treibst du sieben mit Feuerbränden, die langsam verlöschen,
hinaus 7. und sonderst sie ab und läßt sie siebenmal tröpfeln, wie
Schwerter, die aus den Scheiden gezogen wurden, 8. und holst aus der
Asche des „Körpers" durch heftig lodernde Feuerbrände einen Kalk
heraus. 9. Man sieht, daß er glänzende Seiten und eine zarte Haut hat,

e9
) Manfred Ullmann, Katalog der arabischen alchemistischen Hand-
schriften der ehester Beatty Library, Teil I, Wiesbaden 1974, Index p. 229.
70
) Kitäb al-cllm al-muktasab fi zirä'at adh-dhahab. Book of Knowledge
Acquired Concerning the Cultivation of Gold by Abu *l-Qäsim Muhammad ibn
Ahmad aMIräql. The Arabic Text edited with a translation and introduction
by Eric John Holmyard, Paris 1923, arab. p. 43,10-paen.
71
) Mit „Geist" und mit dem in den Versen 3 und 8 genannten „Körper",
Lehnübersetzungen aus und , werden flüchtige Substanzen wie
Quecksilber und Schwefel bzw. das Metall bezeichnet, s. Ullmann Naturwissen-
schaften p. 149.

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Hälid ibn Yazid und die Alchemie: Eine Legende 211

mit einer Verzierung gleich der von Gewändern. 10. Man nennt ihn
„Alaun" und „Stechfliege"72). Versteh denn eine Rede, die ich als
Gedicht für dich gestaltet habe! 11. Demokritos73) aber nennt ihn
„schneidendes Schwert", und Maria74) nennt ihn „gehorsames Pferd".
12. Durch ihn werden die Wässer gefärbt. So sei denn wohl unter-
richtet, damit du sie mit fester Entschlossenheit hinauftreiben kannst.
Es bedarf keines Beweises, daß zwischen diesem Lehrgedicht und
den vorausgegangenen Gedichten kein Zusammenhang besteht. Ja
man kann ruhig einen Schritt weiter gehen und diese alchemistischen
Gedichte mit der Poesie der Zeitgenossen Hälids, also etwa der des
Farazdaq, des öarir oder des Ahtal, vergleichen, und wieder ist sofort
klar, daß diese alchemistischen Reimereien überhaupt nicht im 7. Jhdt.
entstanden sein können. Stammten sie wirklich aus dem 7. Jhdt., so
wäre zu fragen, warum die Grammatiker, die Lexikographen und
Adabschriftsteller an diesen merkwürdigen Gedichten, die so viele
seltene Wörter enthalten, vorbeigegangen sind. Kein einziger Vers von
„Hälid ibn Yazid" ist in den Schawähid-Indices, kein einziger im
Index des Lisän al-'ardb nachgewiesen. Solche Lehrgedichte konnten
frühestens im Ende des 9. Jhdts. entstanden sein. Vermutlich stammen
sie jedoch erst aus dem Anfang des 10. Jhdts.

Hälid und die Wissenschaften


Schon bei den Historikern des 9. Jhdts. gilt Hälid ganz allgemein als
Mann der Wissenschaft. Käna Hälidun yüsafu bi-l-'ilmi wa-yaqülu
S-Si^ra „dem Hälid wurde die [Beschäftigung mit der] Wissenschaft
nachgerühmt; er machte auch Gedichte", lautete das Urteil des Zubairi,
das die Späteren immer wiederholen75). cllm kann hier vielleicht
prägnant im Sinne von „Traditionswissenschaft, Hadit" verstanden
werden, da es im Zusammenhang mit dem ÄV, der Poesie, der anderen
Domäne Hälids, genannt ist. Aber ibn Qutaiba weitet den Begriff
72
) Beide Ausdrücke sind Decknamen, vgl. den anonymen Vers yusammi
s-äabba wa-l-hurqü§a ramzan wa-yud'ä bi-8-sinäni wa-bi-l-husämi bei Ullinann
Katal. Ch. B. I p. 186,10. Der hurqü§ ist ein Insekt, das die Mädchen zur Zetö
des arabischen Heidentums für ihre Defloration verantwortlich gemacht haben,
s. Hamza Durra 556,5 und Eugen Mittwoch, Abergläubische Vorstellungen
und Bräuche der alten Araber nach Hamza al-Isbahäni, Mitteilungen des
Seminars für Orientalische Sprachen Bd. 16, Abteilung II, Berlin 1913, p. 3 u. 8.
73
) Zu den alchemistischen Schriften des Pseudo-Demokritos vgl. Ullmann,
Naturwissenschaften p. 159 f.
74
) Zur Alchemistin Maria vgl. ibid. p. 181—183.
75
) Zubairi Qurai§ 129,4 = Ag. 16,88,6/17,341,9 = b. «Asäkir V 117,5f. =--
b. Hagar Tahdib 128,14.

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212 Manfrod Ullraana

schon aus: käna min a*lami Quraiiin bi-funüni l-^ilmi wa-käna yaqülu
§-$i*ra „er war in den [verschiedenen] Sparten der Wissenschaft einer
der gelehrtesten Quraiäiten; auch machte er Gedichte"76). Ähnlich
formuliert ibn <Abd Rabbihi: käna 'äliman Tcatlra d-diräsaii li-l-kutubi
wa-rnbba-mä qäla $-$i'ra „er war gelehrt, studierte die Bücher eingehend,
und manchmal dichtete er"77), während der Anonymus Grjaznevic
noch allgemeiner sagt: käna da 'ilmin wa-hikmatin wa-ta$ribatin
-ra'yin „er besaß Wissen, Weisheit, Erfahrung und Urteil"78).
Etwas Konkretes ist solchen Aussagen freilich nicht zu entnehmen.
Auf dem Hintergrund der voraufgegangenen Untersuchungen, in
denen sich die Aktivitäten Hälids auf den Feldern der Traditions-
wissenschaft und Dichtung als recht bescheiden (um nicht zu sagen:
bedeutungslos) herausgestellt hatten, enthüllen sie sich als Über-
treibungen. Eine wissenschaftliche Kapazität war Hälid nicht, und in
einem Selbstzeugnis bringt er dies auch klar zum Ausdruck: kuntu
ma^nlyan bi-l-kvaubi wa-mä ana mina l-*ulamä*i wa-lä mina l-guhhäli
„Ich habe mich für Bücher interessiert, gehöre aber weder zu den
Gelehrten, noch zu den ganz Unwissenden"79). Zwar ist dieser Aus-
spruch sicherlich historisch nicht echt. Er bildet nämlich den Refrain
einer stark stilisierten Anekdote, nach der Hälid eine Disputation mit
einem christlichen Abt mit Ehren bestand80). Aber der Erzähler der
Anekdote hat dennoch den Nagel auf den Kopf getroffen: Besser hätte
er Hälids Dilettantismus nicht zum Ausdruck bringen können.
Wie steht es nun mit der Alchemie? Auch dort, wo Hälid als
Mann der Wissenschaft apostrophiert wurde, ist von der Alchemie
zumeist keine Rede. Überhaupt wissen die meisten Quellen des 9. Jhdts.
nichts davon. Nur al-öähiz und al-Baläduri und im lO.Jhdt. at-
Tabari, al-Mas'üdi, abü 1-Farag al-Isfahäni und ibn an-Nadim bringen
Hälid mit der Alchemie in Verbindung, und von den späteren Autoren
sind es nur wenige, die von der Alchemie reden. Prüft man nun alle
diese Stellen auf ihren Gehalt, so lassen sich zwei GruppenTieraus-
schälen:
Die erste Gruppe bilden allgemeine Formulierungen, die die je-
weiligen Autoren selbst gewählt haben, um die Wirksamkeit Hälids zu

76
) b. Qut. Ma'ärif 352, l f.
77 c
) lqd I 206,22/232,9f.
78
) Anonymus, Ta'rih al-hulafä* fol.93 a 7f.
79
) b. «Asäkir V 117,7f. = Yäqüt Irsäd IV 166,2.
80
) Nach 'Urwa ibn Ruwaim, bei al-Hatib al-Bagdädi, zitiert von b. *Asäkir
V 117,10ff.

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Hälid ibn Yazid und die Alchemie: Eine Legende 213

umreißen oder um Hälids Biographie einzuleiten. Solche Formulie-


rungen gehören zum Stil der biographischen Lexika aller Zeiten; sie
sind auch heute in allen Nachschlagewerken üblich. Al-öahiz führt
also in seiner langen Liste der Redegewaltigen und guten Stilisten auch
den Hälid auf: wa-käna Hälidu bnu Yazlda bni Mu*äwiyata haüban
sä'iran wa-faslhan gämi'an wa-gayyida r-ra*yi katlra l-adabi wa-käna
awwala man targama kutuba n-nugümi wa-t-tibbi wa-l-klmiyä^i. „Hälid
war ein Rhetor und Dichter; er war klar und bündig im Ausdruck, besaß
ein hervorragendes Urteil und eine umfassende Bildung; er war der
erste, der die Bücher der Sternkunde, der Medizin und Alchemie über-
setzen ließ"81). Al-Baläduri sagt zu Anfang der Biographie, die er dem
Hälid gewidmet hat: Ammä Hälidu bnu Yazlda ... fa-käna Sä'iran
yanzuru fi l-kimiyä*i wa-n-nugümi wa-gairihimä mina l-'ulümi. „Was
Hälid betrifft, so war er ein Dichter; er stellte Betrachtungen über die
Chemie, die Sterne und andere Wissenschaften an"82). Bei at-Tabari
heißt es mit einer gewissen Reserve: wa-käna yuqälu: innahü asäba
'amala l-kwniyä*i. „Man sagt: es gelang ihm, die Chemie zu prakti-
zieren"83). Und abü 1-Farag drückt sich folgendermaßen aus: Wa-käna
qad äagala nafsahü bi-talabi l-klmiyä*i fa-afnä bi-dälika 'umrahü wa-
asqata nafsahü. „Er beschäftigte sich mit dem Studium der Chemie,
vergeudete damit sein Leben und brachte sich selbst zu Fall"84).
Yäqüt ar-Rümi sagt: Käna min rigäläti Qurai&ni l-mutamayyizlna
bi-l-fasähati wa-s-samähati wa-quwwati l-'äridati 'allämatan habiran
bi-t-tibbi wa-l-klmiyä'i Sä'iran. „Er war einer der Männer des Stammes
Qurais, die sich durch Sprachreinheit, Großmut und Beredsamkeit
ausgezeichnet hatten; er war hochgelehrt, hatte Kenntnisse in der
Medizin und Alchemie und war ein Dichter"8^). Bei ibn Hallikän heißt
es folgendermaßen: Käna min a^lami QuraiSin bi-funüni l-^ilmi wa-
lahü kalämun fl §an*ati l-klmiya*i waStibbi wa-käna baslran bi-hädaini
l-^ilmaini mutqinan lahumä. „Er w/: in den [verschiedenen] Sparten
der Wissenschaft einer der gelehrtesten Quraiüiten; er hat sich über
die Kunst der Alchemie und über die Medizin geäußert; er besaß tiefe
Einsichten in diesen beiden Wissenschaften und beherrschte sie voll-
kommen"86). Ibn al-Atir sagt: yuqälu: innahü l-bähitu 'alä l-kimiyä*i

w) Öähiz Bayän I 126,9/328,lf.


62
) Balkd. Ansäb IV B 65,20.
83
) Tab. Ta'rih l,429,3f.
**) Ag. 16,88,3/17,341,4f. = TäSk. jVßftäh I 281,9.
w) Yäqut Irsäd IV 165,13—15/XI 35,12ff.
*6) b. Hall. Wafayät I 168,26ff.
15 Islam LV, Heft 2

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214 Manfred Ullmann

wa-lä yafihhu dälika U-ahadin. „Er erforschte die Chemie — das


gelingt aber keinem"87).
Es kommt — das sei der Klarheit halber noch einmal hervor-
gehoben — nicht darauf an, zu zeigen, ob diese Autoren eine Beschäf-
tigung Hälids mit der Alchemie behauptet oder in Abrede gestellt
haben. Es sollte nur gezeigt werden, daß alle diese Stellungnahmen
anders formuliert sind, daß sie also aus der Feder des jeweiligen Autors
stammen, daß sie das Resümee seiner Kenntnisse über Hälid sind und
daß diesen Formulierungen also kein eigener Quellenwert zu-
kommt.
Erst mit der zweiten Gruppe der Berichte kommen wir auf die
Quelle, und diese Berichte reduzieren sich auf einen einzigen Topos,
von dem es drei Versionen gibt: Der Kern dieses Topos ist eine Ver-
höhnung Hälids mit dem Inhalt, ihm sei das Kalifat entrissen worden
und seine Mutter habe eine Kohabitation dulden müssen, eine An-
spielung auf die Ereignisse des Jahres 64/684, in dem Marwän die
Regierung übernahm und Fähita, die Witwe Yazids, ehelichte. Diefee
Geschichte lautet in der ersten Version: Beim Kampf um Qarqisiyä*
kämpfte Hälid inmitten der Klienten Mu'äwiya's und brachte die
Belagerten in schwere Bedrängnis. Sein Kampfesmut wurde aber ge-
brochen, als ein Mann von den Banü Kiläb ihm die folgenden Ragaz-
verse entgegenschleuderte:
mädä btigä'u Hälidin wa-hammuhü id suliba l-mulka wa-nlkat ummuhü
„Was kann Hälid schon begehren und vorhaben, nachdem ihm die
Herrschaft geraubt wurde und seine Mutter gefickt worden ist?!"88)
Nach der zweiten Version, ebenfalls von al-Baläduri und ohne
Isnäd überliefert, sind diese Worte in folgendem Zusammenhang
gefallen: „Hälid sagte zu einem QuraiSiten: 'Aus niedriger Gesinnung
hast du dich mit einer Geringfügigkeit zufriedengegeben'. Der ant-
wortete : 'Niedriger als ich ist der gesinnt, dessen Mutter gefickt wurde,
dem das Kalifat entrissen wurde und dem die Muße gegeben~~wurde,
die Alchemie zu praktizieren, durch die er doch nichts erreicht'"89).
Bei der dritten Version sind diese Worte in den Mund des Muham-
mad ibn cAmr ibn Sa'id ibn al-'Äs gelegt, der bei seiner Tante Ämina,
Hälids Frau, einen Besuch macht. Hälid empfängt ihn mit den ungez
schickten Worten: „Alle, die aus dem Higäz kommen, finden es bei
uns schöner als in Medina". Muhammad, im Glauben, Hälid verbinde

8?
) b. -Atir Kämil IV 104,6f.
88
) Baläd. Ansah V 301 ult.ff.
89
) Baläd. Ansah IV B 68,14f.

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Hälid ibn Yazid und die Alchemie: Eine Legende 215

mit diesen Worten eine persönliche Anspielung, entgegnet grob und


anzüglich: „Warum sollten sie auch nicht, da doch schon einmal
Leute aus Medina auf dem Rücken wassertragender Kamele gekom-
men sind, deine Mutter gefickt haben90), dir die Herrschaft entrissen
haben und dir die Muße verschafft haben, Hadit zu studieren, Bücher
zu lesen und das zu erstreben, was man nicht erreichen kann".
Entscheidend ist der Schlußsatz, dessen Formulierung genau
beachtet werden muß: Bei al-Baläduri, der sich auf al-Madä>ini91)
beruft, lautet er: li-talabi mä lä yuqdaru 'alaihi ya^nl l-kimiyä'a92).
Ibn <Abd Rabbihi, der keine Quelle angibt, formuliert: li-mu'älagati
mä lä taqdiru *alaihi ya*m l-klmiycfa wa-käna ya*maluhä*z). Und bei
abü 1-Farag heißt die Stelle: li-'amali l-kimiyä>i lladl lä taqdiru
c
aZaiAi94). Nun ist abü 1-Farag der einzige, der einen genauen Isnäd
angibt. Danach sei dieser Bericht über folgende Männer gelaufen:
1. Matar, ein Klient des Yazid ibn cAbd al-Malik. 2. cAbd Allah ibn
Muslim al-Qurasi. 3. al-Madä'inL 4. Ahmad ibn al-Härit al-Harräz.
5. Muhammad ibn al-cAbbäs äl-Yazidi. 6. abü 1-Farag al-Isfahäni.
Aber selbst wenn diese Traditionarierkette stimmt, so bedeutet das
doch nicht, daß auch die Formulierung des Wortlautes im K. al-Agänl
die ursprüngliche und authentische Fassung ist. Vergleicht man die
drei Formulierungen, so ist —aus inneren Gründen — klar, daß der
Wortlaut des Baläduri (bzw. ibn cAbd Rabbihi) der ursprüngliche ist.
Es hieß also anfanglich nur: „ ... und das zu erstreben, was man nicht
erreichen kann". Diesem Satz, der ja in ganz verschiedenem Sinne
gedeutet werden kann, hat man später ein Interpretament hinzu-
gesetzt: ya*m l-klmiyäya. Und als dann der Bericht selbst und das
Interpretament verschmolzen wurden — ein Überlieferungszustand,
wie er uns im K. al-Agänl begegnet —, war der Weg frei, um Hälid zu
einem Alchemisten zu machen.
Wir müssen den Prozeß der Legendenbildung noch einmal nach-
zeichnen und dabei die Chronologie berücksichtigen: Zunächst ist fest-
zuhalten, daß der einzige historische Bericht, in dem Hälid im Zu-

90
) Fuät Sezgin, Geschichte des arabischen Schrifttums, Bd. IV, Leiden 1971,
p. 5, übersetzt euphemistisch, jedoch falsch: „(sie) haben deine Mutter gehei-
ratet".
91
) Gernot Rotter, Zur Überlieferung einiger historischer Werke Madä'inis
in Tabaris Annalen, in: Oriens 23—24, 1970—71, 103—133. Al-Madä'ini ist um
228/842—843 gestorben.
*2) Baläd. Ansäb IV B 71,5.
83
) 'Iqdll 142,9/(Amin) IV 24,9ff.
»*) Ag. 16,90,6f./17,345,12.
15*

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216 red Ullmann

samraenhang mit der Alchemie genannt wird, eben jene anzüglichen


Worte sind, mit denen Muliammad ibn <Amr ibn Sa'id dem Hälid
geantwortet hat. Die Historizität der Geschichte selbst unterliegt
schon den größten Zweifeln, da ein entscheidendes Element dieser
Erzählung, nämlich die Worte: „sie haben deine Mutter gefickt und
dir die Herrschaft entrissen", noch im Rahmen zweier anderer Er-
zählungen wiederkehrt. Selbst wenn man davon absieht, so bleibt die
Tatsache bestehen, daß die Invektive des Muhammad ibn cAmr ur-
sprünglich mit den Worten endete: , , . . . und das zu erstreben, was
man nicht erreichen kann". Was Muhammad mit ihnen gemeint hat,
ob er auf fruchtlose politische Hoffnungen oder zwecklose persönliche
Bestrebungen angespielt hat, kann man nicht wissen. Daß dieser Satz
aber im Sinne von „Alchemie" gedeutet werden konnte, setzt bereits
eine kritische Reflexion über die Alchemie voraus. Das Interpretament
ycfnl l-1amiyäya konnte also nicht vor dem Anfang des 9. Jhdts. hinzu-
gesetzt werden. Daß eine Formel mä lä yuqdaru 'alaihi Assoziationen
zur Alchemie hervorrief, ist nicht verwunderlich, wenn man etwa den
Vers des ibn ar-Rümi (gest. 282/895) vergleicht: ... ka-l-klmiyä^i
Uatl qalü wa-lam tusab ,,... wie die Alchemie, deren Existenz man
behauptet, die aber nicht getroffen wird"95). Ob dieses mä lä yuqdaru
'alaihi nun der einzige Ausgangspunkt war, daß einzige Moment,
dessentwegen Hälid zum Alchemisten stilisiert wurde, wissen wir
nicht. Wohl möglich, daß andere Faktoren hinzutraten. So etwas
deutet ibn Haldün^n, wenn er feststellt, daß Hälid diese Kunst unter
den sozialen Bedingungen des Beduinentums nicht hat ausüben
können, und daß es nur möglich sei, daß der Enkel Mu'äwiya's mit
einem anderen Hälid ibn Yazid verwechselt wurde, der nun tatsächlich
ein Alchemist (min ahli l-madäriki s-sinä'iyati) war96). Ein solcher
Namensvetter bietet sich in Hälid ibn Yazid, dem Klienten der Muhal-
labiten, an, der durch seinen Geiz ein ungeheures Vermögen ange-
sammelt hatte. Auf dem Sterbebett macht er seinem Sohn ein Ver-
mächtnis. Er erklärt, daß solch Vermögen nur durch Seehandel, den
Staatsdienst oder durch die Chemie des Goldes und Silbers erworben
werden könne. Er sei darin Meister gewesen, und habe es verstanden,
das Elixier zu „brechen"97).

95
) b. -Rüim (Kau.) 371,6/(Na?§är) I nr. 273,3 = «Abbäsi Ma'ähid I 109 ult.
96
) b. Haldün Muqaddima 193,10ff./p. 299f. Rosenthal.
97
) Öähiz Buhalä> 49,14f./47,18f. (übs. Pellat p. 67) = Yäqüt Irsäd IV
170,7f.

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Halid ihn Yazid und die Alchemie: Eine Legende 217

Nachdem Hälid, der Enkel des Mu'äwiya, nun aber einmal mit der
Alchemie in Verbindung gebracht worden war, konnte sich in der
ersten Hälfte des 9. Jhdts. dann auch die Legende herausbilden,
Hälid habe für die Übersetzung der alchemistischen, medizinischen
und sternkundlichen Bücher Sorge getragen. Sie ist durch das K. al-
Bayän wa-t-tabym des örähiz bezeugt, das vor dem Jahre 240/855 ver-
faßt worden ist98). Im Laufe des 9. Jhdts. dürfte das Interpretament
ya^nl l-kimiyä'a dann mit dein Text verschmolzen worden sein, wie
die Formulierungen bei al-Baläduri") und im K. al-Agänl erkennen
lassen. Nachdem nun Hälid als Alchemist galt, konnten die Pseude-
pigrapha auf seinen Namen gestellt werden. Diese Schriften und
Gedichte dürften im Ende des 9. und in der ersten Hälfte des 10. Jhdts.
verfaßt worden sein, in derselben Zeit, in der so viele andere arabische
Pseudepigrapha, auch das Corpus Gabirianum, niedergeschrieben
worden sind. Ibn an-Nadim hat diese Schriften bereits gekannt und
hat die Legendenbildung kräftig gefördert, indem er die alchemisti-
schen Aktivitäten Hälids, von denen diese Schriften reden, als histo-
rische Tatsachen nahm und weiter tradierte.
Daß Hälid schließlich nicht nur die Alchemie, sondern auch die
Medizin und Astrologie (und manche anderen Wissenschaften) geför-
dert haben soll, ist nichts als eine Übertreibung, eine bekannte Er-
scheinung der Agglutination und Aufbauschung von Nachrichten. Die
Medizin und die Astrologie schwimmen hier nur im Kielwasser der
Alchemie. Nicht einmal ibn abi Usaibi'a weiß irgendetwas von Hälid
zu sagen. Hätte Hälid medizinische Bücher übersetzen lassen, so hätte
dies, da er selbst ja nicht als Arzt praktizierte, nur Sinn gehabt, wenn
er Ärzte um sich versammelt und eine Schule ins Leben gerufen hätte.
Aber kein arabischer Arzt bekennt sich zu Hälid ibn Yazid als seinem
Lehrer oder Mäzen, und keine Spur oder Nachwirkung bezeugt die
Existenz von Übersetzungen aus dem 7. Jhdt.
Die Hellenisierung der islamischen Länder ist eine der wenigen
wirklich großen und folgeschweren historischen Bewegungen unserer
Welt gewesen. Derartige Bewegungen werden nicht von Einzel-
personen ausgelöst und getragen, sondern es müssen viele Faktoren
politischer, gesellschaftlicher, geistiger und kultureller Art zusammen-
treffen, um eine solche Bewegung zu erzeugen. Die einzelnen Persön-

»8) Vgl. Charles Pellat, Arabica 3, 1956,153, nr. 32. Der Passus Öähiz Bayän
I 126,9£f./328,lf. stimmt fast wörtlich überein mit der Stelle Fihrist 354,5f.
Ibn an-Nadim dürfte liier den Gähiz ausgeschrieben haben.
9») Baläd. Ansäb IV B 68,15.

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218 Manfred Ullmann

lichkeiten sind nur die Exponenten einer breiten, vielfach unter-


schwelligen Stimmung und Strömung. Sie können allenfalls die Rich-
tung des Stromes beeinflussen und dem historischen Geschehen Akzente
verleihen. Die Hellenisierung des Islams kündigte sich im Ausgang des
8. Jhdts. an und kam im O.Jhdt. zum vollen Durchbruch. Erst zu
diesem Zeitpunkt waren die historischen Voraussetzungen gegeben,
arbeiteten Kalifen, Minister, Literaten und Übersetzer, Philosophen
und Mathematiker an demselben großen Werk zusammen. Und da soll
ein einzelner Mann schon 100 oder 130 Jahre zuvor dasselbe gewollt
und betrieben haben? Nimmermehr! Gibt es nicht aber Genies, die
ihrer Zeit voraus sind? Vielleicht. Aber Hälid ibn Yazid war kein
Genie, sondern ein Mensch der plattesten Mittelmäßigkeit: in der
Politik ohne Fortune, als Dichter und Traditionarier ein Dilettant, als
Mensch ein skurriler Kerl, und allenfalls ein Frauenheld.

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