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Chronologie, archäologische

Detlef Jericke

erstellt: Januar 2017

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Chronologie, archäologische

Detlef Jericke

→ Archäologie Palästinas

1. Allgemein
Eine auf archäologische Perioden bezogene chronologische Gliederung wurde
durch die Verbreitung der Feld- bzw. Grabungsarchäologie als einem
vergleichsweise jungen Zweig der Altertumsforschung ab dem 19. Jahrhundert
notwendig. Dabei ist zwischen der relativen Chronologie, d.h. der Abfolge der
archäologisch erkennbaren Zeitalter, und der absoluten Chronologie, welche
diese Zeitalter in Beziehung zu datierbaren geschichtlichen Ereignissen setzt, zu
unterscheiden.

1.1. R el ati ve Ch ron ol ogi e

Feldarchäologische Forschungen im Vorderen Orient und speziell in Syrien-


Palästina (Levante) wurden etwa ab der Mitte des 19. Jahrhunderts betrieben. Zu
Beginn der Arbeiten wurden die verschiedenen Zeitalter, die sich anhand ihrer
materiellen Hinterlassenschaft voneinander unterscheiden ließen, mit
unterschiedlichsten Namen gekennzeichnet, die entweder vom Einfallsreichtum
oder dem historischen Vorverständnis der Ausgrabenden abhängig waren
(Weippert 1991, 1-11). Eine Vereinheitlichung der Begrifflichkeit wurde erst durch
die zunehmende Standardisierung der Grabungsmethoden im Gefolge der
Einführung der stratigraphischen Methode im ausgehenden 19. und frühen 20.
Jahrhundert (→ Tell el-Ḥesī 3.1.) gefördert. Im Jahr 1922 einigten sich die
Direktoren der in Jerusalem tätigen palästinawissenschaftlichen Institute der USA,
Großbritanniens und Frankreichs darauf, bei Grabungsdokumentationen in
Zukunft die bereits seit dem 19. Jahrhundert in der frühgeschichtlichen
Erforschung Europas gängige Epochengliederung in Stein-, Bronze- und Eisenzeit
für die Arbeiten in der Levante zu übernehmen (Weippert 1991, 7-16; Sharon).
Die Entscheidung resultierte aus dem Bestreben, archäologisch unterscheidbare
Kulturepochen mit neutralen Begri en zu bezeichnen. Die Benennung richtete
sich nach dem Material, aus dem Gegenstände und Werkzeuge des täglichen
Bedarfs, v.a. solche für die Landwirtschaft und für kriegerische
Auseinandersetzungen, hergestellt wurden. Dabei ist vorausgesetzt, dass die
Verwendung der jeweiligen Materialien in der nach ihnen benannten Epoche eine
Neuerung darstellte, ohne dass die älteren Grundsto e aufgegeben wurden. Die

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Zeitabschnitte nach der Eisenzeit hingegen wurden und werden nach den im
Vorderen Orient nacheinander herrschenden Großmächten bzw. nach der sie
kennzeichnenden materiellen Kultur als „persisch“, „hellenistisch“, „römisch“,
„byzantinisch“ und „islamisch“ bezeichnet. Der Trennung zwischen den nach
einem Material (Stein, Bronze, Eisen) und den nach historischen
Machtverhältnissen benannten Epochen liegt die ‒ allerdings nicht durchgängig
zutre ende ‒ Vorstellung zugrunde, dass erst für die Zeitalter ab der Mitte des 1.
Jahrtausends v. Chr. in größerem Umfang literarische Dokumente vorliegen, die
eine kritische Beschreibung historischer Ereignisse und damit die zuverlässige
geschichtliche Einordnung archäologischer Befunde erlauben. Die Epochen bis
zur Eisenzeit werden aus archäologischer Sicht mithin als „Frühgeschichte“
angesehen, für die neben den archäologischen Denkmälern keine oder lediglich
vereinzelte historisch auswertbare Schriftzeugnisse vorliegen. Die Problematik
dieser vereinfachenden Systematisierung zeigt sich allerdings beim Durchgang
durch die einzelnen Epochen (s.u. 2.).

Die 1922 beschlossene Grobgliederung der archäologisch beschreibbaren


Zeitalter hat sich bis heute weitgehend gehalten (anders Weippert 1991).
Lediglich vereinzelt wurden oder werden abweichende Epochenbezeichnungen
verwendet. So gebrauchen Archäologinnen und Archäologen, die im heutigen
Israel arbeiteten bzw. arbeiten, mitunter ethnische Begri e und reden von
„kanaanäischer“ („canaanite“) bzw. „israelitischer“ („israelite“) Zeit, um Bronze-
und Eisenzeit voneinander zu unterscheiden. Diese Namengebung stellt eine
Engführung auf die Verhältnisse in Israel dar und konnte sich nicht durchsetzen.
Ebenso wenig hat der Vorschlag, die gesellschaftlichen Aspekte bei der
Bezeichnung der jeweiligen Epochen zu berücksichtigen und daher „Bronze“ bzw.
„Eisen“ durch „Stadt“ bzw. „Staat“ zu ersetzen (Weippert 1991) Anklang gefunden
(vgl. auch → Eisenzeit II, 1.).

Mit der Einführung der Epochengliederung in Stein-, Bronze- und Eisenzeit für die
archäologische Erforschung der Levante hat sich gleichzeitig eine weitere
Untergliederung der einzelnen Zeitalter bewährt, die zunächst relative
Altersangaben („Alt“ bzw. „Jung“ oder „Früh“, „Mittel“ und „Spät“), bei der weiteren
Unterteilung dann nacheinander römische Zi ern, lateinische Großbuchstaben
und arabische Ziffern verwendet (s. Tab. 1-3). Auf diese Weise werden Altsteinzeit
(Paläolithikum), Mittelsteinzeit (Mesolithikum) und Jungsteinzeit (Neolithikum)
bzw. Früh-, Mittel- und Spätbronzezeit sowie Eisenzeit I und Eisenzeit II begri ich
voneinander abgesetzt. Lediglich bei Übergangsperioden wird die systematische
Kennzeichnung nicht konsequent eingehalten, wenn man etwa die Zeitspanne
zwischen Jungsteinzeit und Bronzezeit als Kupfersteinzeit (Chalkolithikum)
bezeichnet.

Schwierig gestaltet sich nach wie vor die Korrelation von Ergebnissen der
archäologischen Erforschung der Levante mit solchen aus dem östlichen

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Mittelmeerraum. Hier sind archäologische Epochenbezeichnungen gebräuchlich,
die sich an regionalen Entwicklungen (u.a. „minoisch“, „helladisch“, „zyprisch“;
vgl. Sharon 2014) bzw. an Eigentümlichkeiten der jeweiligen Gefäßdekorationen
(u.a. „proto-geometrisch“, „geometrisch“) orientieren. Das erschwert den
Vergleich innerhalb eines Großraums, der während mehrerer Jahrhunderte
sowohl in der Bronze- als auch in der Eisenzeit einen gemeinsamen
wirtschaftlichen, politischen und militärischen Aktionsraum ostmediterraner und
vorderorientalischer Mächte darstellte. Eine solche Korrelation erscheint jedoch
auch in der gegenwärtigen Chronologie-Debatte der Palästinaforschung
erstrebenswert (Coldstream / Mazar 2003; Fantalkin u.a. 2015).

1.2. Ab sol u te Ch ron ol ogi e

Während über die Systematik der relativen Chronologie weitgehende Einigkeit


herrscht, muss die absolute Chronologie im Einzelnen immer wieder neu
festgelegt werden. Dies zeigt sich alleine daran, dass in Europa die Bronze- und
die Eisenzeit etwa drei- bis vierhundert Jahre später beginnen als im Vorderen
Orient. Aber auch für die letztgenannte Region selbst werden die Daten der
absoluten Chronologie nach wie vor kontrovers debattiert. Zum einen liegt dies
an der Art der zur Verfügung stehenden Quellen selbst, zum anderen an
divergierenden Interpretationen der archäologischen Funde.

Bis zum Ende des 4. Jh.s v. Chr. gab es im Vorderen Orient keine einheitliche
Jahreszählung. Aus Ägypten und aus dem Zweistromland liegen zwar für die Zeit
seit dem 3. Jahrtausend v. Chr., aus Syrien-Palästina für das 1. Jahrtausend v. Chr.
Listen von Herrschenden oder Dynastien vor, die versuchen, eine geordnete
chronologische Gliederung längerer Zeiträume zu erstellen; die in diesen
Dokumenten angegebenen Daten lassen sich jedoch nur näherungsweise auf das
heute standardisierte chronologische Modell, das auf dem erschlossenen Jahr
von Christi Geburt basiert, übertragen. So dient eine in assyrischen Dokumenten
erwähnte Sonnen nsternis, die auf das Jahr 763 v. Chr. datiert wird, nach wie vor
als einziger zuverlässiger Fixpunkt, von dem aus die absoluten Daten von
Ereignissen, Herrschern und Dynastien aus dem vorhellenistischen Vorderen
Orient errechnet werden (Löhnert 2012, 239; vgl. Grayson 1992, 735). Die Daten
der ägyptischen Pharaonen basieren weitgehend auf den Aufzeichnungen des
Priesters → Manetho aus dem 3. Jh. v. Chr. Aus den genannten Gründen
verwundert es nicht, dass in der Ägyptologie und teilweise auch in der
Altorientalistik drei divergierende Chronologien Verwendung nden („lange“,
„mittlere“, „kurze“). Dies hat auf die absolute Datierung archäologischer Epochen
insofern Ein uss, als etwa der Beginn bzw. das Ende der verschiedenen Phasen
der Bronzezeit in der Levante (s.u. 2.1.) gern mit Dynastiewechseln in Ägypten
korreliert werden.

Darüber hinaus ist es bei der Interpretation archäologischer Befunde nur selten
möglich, einzelne Siedlungs- bzw. Zerstörungsschichten bestimmten historischen

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Ereignissen zuverlässig zuzuordnen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass
historische Ereignisse sich erst allmählich und mit einer gewissen Verzögerung
auf die materielle Kultur einer Region oder eines Ortes auswirken:

„Die randscharfen Abgrenzungen der älteren Modelle basierten meist auf der
Korrelation archäologischer Befunde (z.B. ‚Zerstörungsschichten‛) mit
datierbaren, aus historischen Quellen bekannten Ereignissen. Auch heute bleibt
das Bemühen um derartige Korrelationen für die kulturhistorische Arbeit
unverzichtbar. Aber wenn Zerstörungen zwar in der Tat Eroberungen, u.U. auch
Machtwechsel indizieren können und neue Herrschaftsverhältnisse meist
deutliche Auswirkungen auch auf die materielle Kultur einer Region haben, so ist
doch die Umstellung einer Kultur auf neue Dominanten stets ein gradueller, Jahre
und Jahrzehnte dauernder Prozeß. Ein Wechsel in den politischen
Machtverhältnissen markiert einen Einschnitt in der Geschichte einer Region;
deren materielle Kultur wird dadurch stets neue Anstöße empfangen, das bisher
Übliche aber nicht sofort verwerfen, sondern sich schrittweise an die neuen
Verhältnisse adaptieren“ (Keel / Uehlinger 2001, 15; Hervorhebungen dort).

Lediglich bei wenigen Ereignissen wie der Zerstörung der Stadt → Lachisch durch
assyrische Verbände im Jahr 701 v. Chr. und der → Einnahme Jerusalems durch
babylonische Truppen im Jahr 587 v. Chr. lässt sich das historische Geschehen
eindeutig einer archäologisch fassbaren Zerstörungsschicht zuordnen (s.u.
2.2.2.). Dagegen zeigt sich, dass gerade in den Epochen ab der Mitte des 1.
Jahrtausends v. Chr. (persisch, hellenistisch, römisch, byzantinisch; s.u. 2.3.), für
die in größerer Anzahl historische Daten zur Verfügung stehen,
Ereignisgeschichte und archäologische Befunde nicht zur Deckung zu bringen
sind. Meist treten die Phänomene der materiellen Kultur, die „hellenistisch“,
„römisch“ usw. genannt werden, deutlich nach den Ereignissen auf, die nach der
herkömmlichen Geschichtsschreibung den Beginn der entsprechenden Epoche
markieren. Hier wird deutlich, dass sich die unterschiedlichen historischen
Betrachtungsweisen, die in sozialwissenschaftlichen Modellen mit „histoire
événementielle“ („Ereignisgeschichte“) und „histoire de la longue durée“
(„Geschichte über einen langen Zeitraum“, etwas freier „Sozialgeschichte“)
bezeichnet werden, hinsichtlich ihrer Quellenbasis unterscheiden. Literarische
Quellen erschließen die Ereignisgeschichte, archäologische Befunde die
Sozialgeschichte. Dennoch wird in der Archäologie zur Levante an
chronologischen Modellen festgehalten, welche die einzelnen Epochen nach
Eckdaten der Ereignisgeschichte abgrenzen. Dieses Beharren, das erhebliche
Unschärfen für die Beschreibung archäologischer Fundgruppen mit sich bringt,
basiert mehr oder weniger auf Forschungskonventionen, die mangels
angemessenerer Modelle zur archäologischen Chronologie beibehalten werden.

Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war insbesondere die vergleichende
Keramikanalyse Grundlage der relativen und der absoluten Chronologie in der

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archäologischen Forschung zur Levante. Aufgrund des oben geschilderten
Kompromisses von 1922 und aufgrund einiger großangelegter Ausgrabungen
wie etwa derjenigen in → Hazor (Tell el-Qedaḥ, Koordinaten: 2035.2693; N 33°
01' 05'', E 35° 34' 08'') in den Jahren 1955 bis 1958 schien ein breit akzeptierter
Konsens hinsichtlich der absoluten Chronologie erreicht zu sein (vgl. Tab. 1). Mit
dem Aufkommen der These einer „low chronology“ für die frühe und mittlere
Eisenzeit ist dieser Konsens hinfällig (→ Eisenzeit II, 2.; vgl. Tab. 3).

Da Keramikbestimmungen allein die o enen Fragen nicht lösen können, wird


zunehmend versucht, naturwissenschaftliche Verfahren für die Bestimmung
absoluter chronologischer Daten fruchtbar zu machen. Dies betri t in erster Linie
die Altersbestimmung mittels der Radiokarbonmethode (14C- bzw. C14-
Methode). Dabei wird der Restgehalt an radioaktivem Kohlensto aus 14C-
Isotopen abgestorbener organischer Materialien (u.a. Holz, Obstkerne,
Getreidereste) gemessen, die bei Ausgrabungen in stratigraphisch zuverlässigen
Kontexten gefunden wurden (vgl. vgl. Levy / Higham 2005; Vieweger 2012, 193-
199; Finkelstein u.a. 2015; zu weiteren naturwissenschaftlichen Methoden vgl.
Vieweger 2012, 189-204; Stillinger u.a. 2016; Streit / Hö mayer 2016). Das
Verfahren wurde zunächst nur in der Forschung zu vorgeschichtlichen Epochen
angewandt, da ein breiter Spielraum für die absoluten Daten einzelner Proben
einzurechnen war, was bei Zeitbestimmungen zu sehr frühen Epochen praktisch
keine Rolle spielt. Durch verbesserte Versuchsanordnungen konnte dieser Faktor
reduziert werden, so dass heute auch Proben zu Fundzusammenhängen aus dem
2. oder 1. Jahrtausend v. Chr. untersucht werden. Als ein für die absolute
Chronologie des 2. Jahrtausends v. Chr. wichtiges Referenzdatum wird z.B. der
Ausbruch des Vulkans Thera auf Santorin untersucht, der nach neueren 14C-
Untersuchungen abgestorbener Organismen, die auf dieses Ereignis
zurückzuführen sind, gegen Ende des 17. Jh.s v. Chr. anzunehmen ist (Manning
2014). Dieses Datum liegt ca. ein halbes Jahrhundert vor dem bisher durch
literarische Quellen und archäologische Dokumente erschlossenen
Ausbruchstermin. Eine solche Verschiebung hat möglicherweise Ein uss auf die
chronologischen Daten ägyptischer Pharaonen der 18. Dynastie und damit auch
auf die zeitliche Festsetzung des Übergangs von der Mittel- zur Spätbronzezeit
(Ritner / Moeller 2014; vgl. Sharon und Tab. 2). Dennoch ist festzustellen, dass
auch verbesserte naturwissenschaftliche Untersuchungsmethoden noch keine
ausreichende Klarheit in die Debatten um die Chronologien der Bronze- und
Eisenzeit in der Levante gebracht haben. Vielmehr versuchen die Verfechter der
unterschiedlichen Ansätze jetzt vermehrt, ihre Thesen zu einer „langen“ oder
„kurzen“ bzw. „hohen“ oder „niedrigen“ Chronologie nicht allein durch die
Auswertung der datierungsleitenden Keramik, sondern zusätzlich durch Verweise
a u f 14C-Daten zu untermauern (Levy / Higham 2005; Finkelstein u.a. 2015;
Höflmeyer u.a. 2016).

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2. Einzelne Epochen
Die folgende Darstellung beschränkt sich auf die für die
Bibelwissenschaften relevanten Daten, d.h. geographisch
auf die Levante und zeitlich auf die chronologischen
Eckwerte der Epochen ab der Bronzezeit. Dabei werden
zu den einzelnen Zeitabschnitten zunächst
Gesichtspunkte der relativen Chronologie und
anschließend Vorschläge zur absoluten Chronologie
referiert.

2.1. Bron z ez ei t

2.1.1. Frühbronzezeit

Die Frühbronzezeit ist die erste archäologisch fassbare Epoche urbaner Kultur in
der Levante. Stadtanlagen mit Mauern, Stadttoren und einer innerstädtischen
Infrastruktur (Wasserversorgung, Heiligtümer) wurden insbesondere in den
Bergländern östlich und westlich des Jordan errichtet (Überblick bei Weippert
1988, 147 Abb. 3.1; vgl. Steiner / Killebrew 2014, 269-366).

Ein prägnantes Beispiel ist die teilweise rekonstruierte


Anlage auf Tell ‘Arād (→ Arad; Koordinaten: 1620.0767; N
31° 16' 50", E 35° 07' 34"). Mit der Urbanisierung kommt
dekorierte Keramik auf (roter oder schwarzer Überzug, rote
Bemalung, Ösen- oder Leistenhenkel, plastische
Dekorationen an der Außenseite der Gefäße). Innerhalb der
Frühbronzezeit wird noch einmal zwischen einer
vorurbanen („protourbanen“) Phase (Frühbronzezeit I) und
zwei urbanen Zeiträumen (Frühbronzezeit II und III)
unterschieden. Die Di erenzierung in Frühbronzezeit II und
III beruht allerdings weitgehend auf der Unterscheidung
zweier Keramiksorten, die nach ihren ersten Fundplätzen (→ Abydos in
Oberägypten [Koordinaten: N 26° 11' 13'', E 31° 54' 40''] und Chirbet Kerak am
Südende des Sees Genessaret [Koordinaten: 2040.2360; N 32° 43' 04", E 35° 34'
18"]) benannt werden. Die sogenannte Abydos-Ware (v.a. Vorratsgefäße mit
symmetrischem Aufbau und teilweise brauner oder roter Bemalung) wurde in
größeren Mengen auf Tell ‘Arād gefunden, die Chirbet Kerak-Ware (dickwandige
Keramik mit schwarzem, glänzendem Überzug) ist insbesondere im nördlichen
Palästina bezeugt. Wesentlich ist demnach die regionale, nicht die zeitliche
Di erenzierung in Frühbronzezeit II (Abydos) und Frühbronzezeit III (Chirbet
Kerak). Insofern erscheint die Unterscheidung der beiden Subphasen nur bedingt
gerechtfertigt.

Die absolute Datierung beruht weitgehend auf

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Korrelationen mit politischen
Machtverhältnissen in Ägypten. Aus wenigen
vorurbanen Kontexten in der Levante ist das
Emblem des Pharao Narmer I. belegt, der nach
ägyptischer Chronologie am Übergang von der
„Dynastie 0“ zur 1. Dynastie steht. Dagegen
wird der Beginn der urban geprägten
Abb. 3 Die frühbronzezeitliche Stadt
Frühbronzezeit II mit dem Aufkommen der 1.
Arad.
Dynastie in Verbindung gebracht. Diese wird
meist um 3000 v. Chr. angesetzt. Für die
Unterscheidung zwischen Frühbronzezeit II und III wird auf das mit der 3.
Dynastie um 2700/2600 v. Chr. in Ägypten beginnende „Alte Reich“ verwiesen.
Das Ende der Frühbronzezeit wird mit dem Niedergang der städtischen Kultur in
der zweiten Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr., nach absoluten Daten mit dem
Ende des „Alten Reichs“ in Ägypten (Ende der 6. Dynastie), sowie mit dem Ende
der sogenannten Ur III-Phase im Zweistromland um 2200 v. Chr. bestimmt. Aus
den genannten Eckdaten ergeben sich die absoluten Zahlenwerte für die
Frühbronzezeit I (ca. 3300/3200 bis 3000 v. Chr.), die Frühbronzezeit II (ca. 3000
bis 2700/2600 v. Chr.) und die Frühbronzezeit III (ab ca. 2700/2600 bis ca. 2200
v. Chr.).

2.1.2. Mittelbronzezeit

Am Ende der Frühbronzezeit ist ein Niedergang der städtischen Kultur zu


beobachten. Für etwa zwei Jahrhunderte lassen sich dorfartige Ansiedlungen in
teilweise entlegenen Landesteilen mit schwierigen Lebensbedingungen wie etwa
dem ariden Negev feststellen (→ Negev 3.4.). Charakteristisch für die Fundplätze
dieser Zeit ist eine einfache, nicht dekorierte Töpferware, die z.T. grobe
handgemachte Keramik umfasst. Manche Archäologinnen und Archäologen
nennen diese Epoche „Frühbronzezeit IV“, andere sprechen von „Mittelbronzezeit
I“. Die zuletzt genannte Bezeichnung ist naheliegender, da auch in der Eisenzeit
eine Abfolge von Dorfkultur (Eisenzeit I) und Stadtkultur (Eisenzeit II) zu
verzeichnen ist (s.u. 2.2.). Außerdem wäre die Bezeichnung Mittelbronzezeit II für
die urbane Phase der Mittelbronzezeit obsolet, wenn die vorausgehende
Zeitspanne als „Frühbronzezeit IV“ angesprochen würde. Heute ist als
Kompromisslösung die Bezeichnung „Übergangsphase (»Intermediate Bronze«)
Frühbronze IV / Mittelbronze I“ (Sharon 2014; Tab. 1 und 2) bzw. „Frühbronze-
Mittelbronze-Zwischenzeit“ (→ Jerusalem 5.2.) verbreitet.

Die städtische Kultur der Mittelbronzezeit II


unterscheidet sich erkennbar von der
frühbronzezeitlichen. Die ersten
mittelbronzezeitlichen Städte entstehen im
Küstenbereich der Levante, das hüglige bzw.

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bergige Binnenland wird mit einer zeitlichen
Verzögerung einbezogen. Die
Befestigungsanlagen umfassen neben
Stadtmauern auch Wälle mit Glacis, Gräben
und Mehrkammertore, im Gegensatz zu den
einfachen Durchgängen der Frühbronzezeit
II/III. Ein anschauliches Beispiel für eine
mittelbronzezeitliche Stadtbefestigung ist im
Norden Palästinas, in Dan / Tell el-Qāḍī (→ Tel Abb. 4 Das mittelbronzezeitliche
Stadttor aus Lehmziegeln in Dan.
Dan; Koordinaten: 2112.2948; N 33° 14' 51'',
E 35° 39' 05''), erhalten. Dort ist ein 4-
Kammer-Tor (2 Kammern auf jeder Seite des Durchgangs) vollständig, d.h. bis zur
Dachkonstruktion, ergraben worden und kann heute vor Ort besichtigt werden.
Auch die Keramik zeigt sich hoch entwickelt. Erstmals werden Gefäße auf schnell
drehenden Töpferscheiben hergestellt. Dadurch werden ausgesuchte Formen wie
Knickwandgefäße ermöglicht. Die Dekorationen sind teilweise ostmediterranen
(„zyprischen“) Mustern nachempfunden, mitunter handelt es sich auch um
Importe, die über Zypern in die Levante gelangt sein dürften. Syrien und
Palästina waren demnach Teil eines vom Zweistromland über den östlichen
Mittelmeerraum bis nach Ägypten reichenden Wirtschaftsraums. Viele der
archäologischen Merkmale der Mittelbronzezeit II werden dann in etwas
modi zierter Form im 1. Jahrtausend v. Chr. in der Eisenzeit II wieder
aufgenommen (s.u. 2.2.2.).

Die absoluten Daten für die Frühbronzezeit IV / Mittelbronzezeit I werden


weitgehend denjenigen für die erste „Zwischenzeit“ in Ägypten korreliert (ca.
2200 bis 2000 v. Chr.). Der Beginn der Mittelbronzezeit II soll in etwa mit dem
Beginn des „Mittleren Reichs“ bzw. der diese Epoche prägenden 12. Dynastie in
Ägypten (um 2000 v. Chr.) zusammenfallen. Herkömmlich wird zwischen einer
Mittelbronzezeit IIA, die bis zum Ende der 12. Dynastie (um 1750 v. Chr.) und
einer Mittelbronzezeit IIB, die in etwa die Jahrhunderte der zweiten
„Zwischenzeit“ in Ägypten abdeckt (ca. 1750 bis 1550 v. Chr.) unterschieden. Das
Ende der Mittelbronzezeit und der Übergang zur Spätbronzezeit fällt weitgehend
mit dem Ende der 15. Dynastie in Ägypten (Mitte des 17. Jh.s bis Mitte des 16.
Jh.s v. Chr.) zusammen. Diese Dynastie wird geprägt von der Herrschaft der
sogenannten → Hyksos, einer vermutlich aus der Levante eingewanderten
„fremdländischen“ Oberschicht in Ägypten. Der Name Hyksos ist die gräzisierte
Wiedergabe von ägyptisch ḥq3(.w) ḫ3ś.wt „Herrscher der Fremdländer“ (HTAT,
85). Neuere 14C-Daten zum Ausbruch des Vulkans Thera könnten allerdings
darauf hinweisen, dass die Mittelbronzezeit bereits in der zweiten Hälfte des 17.
Jh.s v. Chr. zu Ende ging (s.o. 1.2.).

2.1.3. Spätbronzezeit

8 WiBiLex | Chronologie, archäologische


Die Spätbronzezeit setzt die städtische Kultur der Mittelbronzezeit II fort. Die Zahl
der Städte vergrößert sich. Allerdings sind die meisten städtischen Anlagen
kleiner als diejenigen der Mittelbronzezeit. Manche Städte der Spätbronzezeit
sind nicht eigens mit Mauern und Toren befestigt, so dass die Bezeichnung
„Stadt“ in diesen Fällen umstritten ist. Im Keramikrepertoire der städtischen Eliten
sind vermehrt Analogien zu Formen und mehrfarbigen Dekorationen
anzutre en, wie sie aus den Stadtstaaten der Ägäis (Mykene u.a.) bekannt sind
(vgl. Weippert 1988, 255-343; Steiner / Killebrew 2014, 497-594). Auch die
Hinweise auf Handels- und Wirtschaftskontakte, die bis in die Mittelmeerwelt
reichen, setzen sich fort. Politisch wurde die südliche Levante (Palästina,
südliches Syrien) über große Teile der Spätbronzezeit von Ägypten kontrolliert. In
der nördlichen Levante kollidierten die ägyptischen Hegemonialbestrebungen
mit denjenigen von Mächten aus dem nördlichen Zweistromland (Mitanni) und
Kleinasien (Hethiter).

Der Beginn der Spätbronzezeit wird mit der 18. Dynastie in Ägypten korreliert,
die den Anfang des „Neues Reichs“ markiert. Der erste Herrscher der 18.
Dynastie war Ahmose, der ‒ je nach Präferenz „langer“ oder „kurzer“
Chronologien ‒ in das ausgehende 17. Jh. v. Chr. (bei Korrelation von literarisch
überlieferten Ereignissen der Zeit des Ahmose mit dem Ausbruch des Vulkans
Thera; vgl. Ritner / Moeller 2014) oder um die Mitte bzw. in die zweite Hälfte des
16. Jh.s v. Chr. datiert wird. Unter der Herrschaft Ahmoses erfolgten die ersten
militärischen Übergri e nach Palästina, die insbesondere unter → Thutmosis III.
(15. Jh. v. Chr.) ausgeweitet wurden (→ Neues Reich, 2.1.). Die südliche Levante
und Teile der nördlichen Levante umfassten die ägyptische Provinz „Kanaan“
(kn‘n [‘]), die von Gaza (ägyptisch [p3]-kn‘n „[Stadt] Kanaan“) aus verwaltet wurde.
Im 14. Jh. v. Chr. unter → Amenophis IV. / Echnaton gab es allerdings verbreitet
Unruhen unter den levantinischen Lokalfürsten, die vergeblich um die Hilfe der
ägyptischen Schutzmacht baten. Davon zeugen die → „Amarnabriefe“, in denen
sich diese Lokalfürsten an Amenophis IV. wandten, der in Mittelägypten, in
Achetaton (Tell el-‘Amārna [Koordinaten: N 27° 38' 42'', E 30° 53' 50'']) eine neue
Residenz eingerichtet hatte (zur Geschichte der 18. Dynastie → Neues Reich, 2.3.
und HTAT, 84-147). Die Pharaonen der 19. und 20. Dynastie („Ramessiden“)
versuchten zwar, die Herrschaft über die Provinz Kanaan wieder zu festigen. Sie
waren jedoch in militärische Auseinandersetzungen zunächst mit dem vom
nördlichen Zweistromland nach Süden vordrängenden Mitanni-Reich und mit
den sich von Kleinasien ausbreitenden Hethitern, ab dem 12. Jh. v. Chr. auch mit
den sogenannten „Seevölkern“, den biblischen → „Philistern“, verwickelt, so dass
sie die Provinz Kanaan aufgeben mussten (→ Neues Reich 2.4.-2.7.). Das Ende der
ägyptischen Herrschaft und das Erstarken der Philister im Südwesten Palästinas
markiert das Ende der Spätbronzezeit in der Levante. In der älteren Literatur wird
dieses Enddatum relativ genau festgelegt mit den Kämpfen zwischen Ramses III.
und den Seevölkern um 1180 v. Chr. Heute geht man davon aus, dass sich der
Übergang von der Spätbronzezeit zur Eisenzeit I über einen längeren Zeitraum

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vom ausgehenden 13. Jh. v. Chr. über das gesamte 12. Jh. v. Chr., vielleicht noch
bis zum Beginn des 11. Jh.s erstreckte (zur Geschichte der Levante unter der 19.
und 20. Dynastie vgl. HTAT, 148-178).

Eine dreifache Unterteilung der Spätbronzezeit wird sowohl aus archäologischer


Perspektive ‒ nach Parallelen zur ägäischen Töpferware ‒ wie auch nach
politischen Gesichtspunkten ‒ in Analogie zu den drei Phasen ägyptischer
Herrschaft in der Levante ‒ vorgenommen. Die Spätbronzezeit I erstreckt sich
demnach vom Beginn oder der Mitte des 16. Jh.s bis zum Ende des 15. Jh.s v.
Chr. und entspricht der Zeit vor dem Wechsel der Residenz nach Tell el-‘Amārna
(„Vor-Amarna-Zeit“). Die Keramik ist geprägt von Analogien zur Ware „Mykenisch
I-IIIA 1“ (Weippert 1988, 266) bzw. zur Ware „Late Helladic I-II“ (Sharon 2014, 58).
Die Spätbronzezeit IIA umfasst weitgehend das 14. Jh. v. Chr., also die „Amarna-
Zeit“. Die Keramik dieser Epoche ist mit „Mykenisch IIIA 2“ (Weippert) bzw. „Late
Helladic IIIA“ (Sharon) zu vergleichen. Die Spätbronzezeit IIB erstreckt sich vom
ausgehen 14. Jh. bis zum Übergang vom 12. zum 11. Jh. v. Chr. Sie repräsentiert
die „Nach-Amarna-Zeit“. Ihre Töpferware entspricht im Wesentlichen „Mykenisch
IIIB“ (Weippert) bzw. „Late Helladic IIIB“ (Sharon).

2.2. Ei sen z ei t

2.2.1. Eisenzeit I

Die Eisenzeit I lässt sich als „Übergangsphase“ zwischen den urbanen


Hochkulturen der Bronzezeit und der Eisenzeit II charakterisieren (→ Eisenzeit I,
1.). Sie erstreckte sich vom ausgehenden 13. bis in das 10. Jh. v. Chr., ohne sich
randscharf abgrenzen zu lassen.

Die materielle Kultur der Eisenzeit I wird gern als Dorfkultur im Gegensatz zur
urbanen Kultur der Mittel- und Spätbronzezeit beschrieben (Weippert 1988, 393-
412; Zwingenberger 2001). Für die semiariden Randzonen (vgl. Jericke 1997) und
die Bergländer Palästinas, in denen sich später die Kleinkönigtümer Israel und
Juda formierten, trifft die Charakterisierung zu. Hier verfielen die bronzezeitlichen
Städte im Verlauf des Rückzugs der ägyptischen Schutzmacht weitgehend. An
ihre Stelle traten kleine o ene Siedlungen mit Drei- oder Vierraum-Häusern (→
Eisenzeit I, 4.3. mit Abb. 2). Die Keramik, die dort gefunden wurde, entspricht in
der Formgebung teilweise spätbronzezeitlichen Typen. Allerdings fehlen
ausgesuchte Formen und v.a. Dekorationen. Lange galten große Vorratsgefäße
mit einem „Kragenrand“ bzw. „Halswulst“ („collared rim jars“) als typisch für die
Bergland-Siedlungen der Eisenzeit I und als Spezi kum der (proto)-israelitischen
Gruppen, die sich dort niederließen (noch Finkelstein 1988; → Eisenzeit I, 4.3. mit
Abb. 3). Da solche Gefäße jedoch auch in Kontexten der Eisenzeit II gefunden
wurden, kann diese Annahme nicht aufrechterhalten werden. Der Verfall der
Städte und das Aufkommen der ländlichen o enen Siedlungen verlief zeitlich
parallel über einen längeren Zeitraum vom ausgehenden 13. bis zum frühen 11.

10 WiBiLex | Chronologie, archäologische


Jh. v. Chr. (s.o. 2.1.3.). Ein gewisser Sonderfall ist die Entwicklung in Jerusalem,
wo Niedergang der Urbanität und Aufkommen der Dorfkultur an einem Platz zu
beobachten sind (→ Jerusalem, 5.4. und 6.1.).

In den Küstenregionen der Levante und im nördlichen Syrien konnte sich die
Stadtkultur teilweise behaupten (Weippert 1988, 383-386; Steiner / Killebrew
2014, 595-675), obwohl die Handelsverbindungen nach Ägypten, in die Ägäis
und nach Mesopotamien emp ndlich gestört waren (vgl. die Erzählung des Wen-
Amūn aus dem 11. Jh. v. Chr.; HTAT, 214-223). Bemerkenswert ist dabei die
„philistäische“ Kultur in der südwestlichen Küstenebene Palästinas, die geprägt ist
von einer dekorierten, an mykenischen Mustern orientierten Töpferware
(Weippert 1988 363-382; Killebrew / Lehmann 2013). Im Hinterland der
Küstenebene zum semiariden Negev hin standen Stadt- und Dorfkultur in einem
produktiven Austausch (Niemann / Lehmann 2010; Niemann 2013).

Das Ende der Eisenzeit I wird markiert durch die


Anpassung der „philistäischen“ Kultur an die
regional übliche südlevantinische („kanaanäische“)
Kultur einerseits und durch die Reurbanisierung
der levantinischen Binnenländer, insbesondere
der Bergländer Palästinas bzw. des Ostjordanlands. Auch diese Prozesse zogen
sich über längere Zeit hin. In der Forschung wird zwischen den Verfechtern einer
längeren („high chronology“ oder „conventional chronology“) und einer kürzeren
Chronologie („low chronology“) kontrovers diskutiert, ob der Übergang von der
Eisenzeit I zur Eisenzeit II bereits im 10. Jh. v. Chr. oder erst im 9. Jh. v. Chr.
abgeschlossen war (Tab. 3; ausführlich dazu → Eisenzeit II, 2.1.). Nach absoluten
Daten erstreckte sich demnach die Eisenzeit I von ca. 1250 bis ca. 1000 v. Chr.
(„conventional chronology“) oder von ca. 1200 bis ca. 900 v. Chr. („low
chronology“). Dabei können durchaus regionale Unterschiede hinsichtlich des
Beginns der Eisenzeit II zu verzeichnen sein (vgl. Jericke 1997 und die Beiträge in
Steiner / Killebrew 2014, 595-675).

2.2.2. Eisenzeit II

Die → Eisenzeit II ist in der gesamten Levante


geprägt vom Wiederau eben urbaner Kultur,
vergleichbar mit der Mittelbronzezeit II und
partiell auch mit der Spätbronzezeit (Steiner /
Killebrew 2014, 677-840). Dazu gehören u.a.
Stadtanlagen mit ausgebauten
Mehrkammertoren. Ein eindrückliches
Abb. 6 Die rekonstruierte Toranlage
Beispiel ist die rekonstruierte Anlage in → Tel der Eisenzeit II in Tel Dan.
Dan / Tell el-Qāḍī (Eisenzeit II, Abb. 10). Auch
die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen
waren in der Eisenzeit II wieder ähnlich „global“ wie um die Mitte und in der

WiBiLex | Chronologie, archäologische 11


zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. Darüber hinaus wurden im Verlauf des
1. Jahrtausends v. Chr. Kontakte nach Arabien auf- und ausgebaut. Entsprechend
ist gegen Ende der Eisenzeit II (ab dem 7. Jh. v. Chr.) im Südosten Palästinas und
im südlichen Ostjordanland (biblisch „Edom“) eine dekorierte Töpferware
bezeugt, deren Gestaltung sich an Mustern orientiert, die sowohl in der
Spätbronzezeit wie auch in der Eisenzeit im Nordwesten Arabiens verbreitet war
(Singer-Avitz 2004; Bienkowski 2014). Darüber hinaus ist eine einheitliche
Töpferware für die gesamte Levante nicht festzustellen. Charakteristisch sind
vielmehr regionale Ausprägungen (Steiner / Killebrew 2014, 677-840; → Eisenzeit
II, 7.). Insofern ist die Eisenzeit II geprägt vom Zusammenspiel einer
übergreifenden levantinischen Hochkultur, die sich v.a. in Befestigungs- und
Repräsentativbauten manifestiert, und regionalen Ausprägungen dieser Kultur.

Über die Fragen der absoluten Datierung der Eisenzeit II wird im entsprechenden
Artikel ausführlich gehandelt, ebenso über die stark divergierenden Versuche, die
Eisenzeit II in verschiedene Subphasen zu unterteilen (→ Eisenzeit II, 2.1.-2.3.; vgl.
Tab. 1-3). Der Übergang von der Eisenzeit I zur Eisenzeit II erfolgte regional
unterschiedlich in einem Zeitraum, der sich vom 10. bis in das 9. Jh. v. Chr.
erstreckte (s. auch 2.2.1.). Nach wie vor ist in Fragen der inneren Di erenzierung
der Eisenzeit II kein konsensfähiges Modell zu erkennen. Allenfalls ist darauf zu
verweisen, dass die von Vertretern der kurzen Chronologie („low chronology“)
vorgeschlagene Unterteilung der Frühphase der Eisenzeit II („Eisenzeit IIA“) in eine
frühere („Early Iron IIA“ bzw. „Eisenzeit IIA1“, Ende 10. bis frühes 9. Jh. v. Chr.)
und eine spätere Periode („Late Iron IIA“ bzw. „Eisenzeit IIA2“, frühes 9. bis frühes
8. Jh. v. Chr.) eine vergleichsweise breite Zustimmung erfahren hat (vgl. Herzog /
Singer-Avitz 2011 und Tab. 3). Nach wie vor kontrovers diskutiert wird dagegen
das Datum eines vermeintlichen Übergangs von der Eisenzeit IIB zur Eisenzeit IIC.
Dieses wird abwechselnd um die Mitte des 9. Jh.s v. Chr. (Ende der omridischen
Herrschaft in Israel; → Omri; → Ahab), um 800 v. Chr. oder am Ende des 8. Jh.s v.
Chr. nach der Einnahme Samarias durch assyrische Verbände gesehen (s. Tab. 1
und 2; → Assyrer). Mitunter wird auch das Jahr 700 v. Chr. genannt. Letzteres
Datum erscheint am ehesten zur Grenzziehung zwischen zwei Subphasen der
Eisenzeit II geeignet, wenn man die Ereignisse um die Einnahme der Stadt →
Lachisch im Jahr 701 v. Chr. und die entsprechenden Auswirkungen auf die
Interpretation des archäologischen Befunds berücksichtigt (s.u.).

Hinsichtlich des Endes der Eisenzeit II erscheint es sinnvoll, die von 587 bis 539
v. Chr. reichende Epoche der babylonischen Suprematie (→ Babylonier) im
Vorderen Orient mit in die Eisenzeit II einzubeziehen, da für diesen Zeitraum
keine materielle Kultur dokumentiert ist, die ein eigenes Pro l gegenüber
derjenigen des 7. und frühen 6. Jh.s v. Chr. aufweist (→ Eisenzeit II, 2.2.).
Demzufolge ist die in der älteren Literatur häu g vorgenommene zeitliche
Grenzziehung mit dem Jahr 587 v. Chr. (Weippert 1988, 559-681; Mazar 1990;
aber auch noch Gertz 2016, 605), dem Datum der Einnahme Jerusalems durch

12 WiBiLex | Chronologie, archäologische


babylonische Truppen (→ Zerstörung Jerusalems; → Jerusalem, 6.4.6), nicht
angemessen, da das Ereignis keine tiefgreifenden Spuren in der materiellen
Kultur der Levante, nicht einmal in derjenigen der südlichen Levante (Palästina
und Ostjordanland) hinterließ. Dagegen hat sich der Vorschlag, auch die Zeit
persischer Suprematie über den Vorderen Orient, die von 539 bis 333 v. Chr.
reichte (s.u. 2.3.1.), als „Eisenzeit III“ noch mit zur Eisenzeit zu rechnen, nicht
durchsetzen können (vgl. Vieweger 2012, 486; Lehmann 2014).

Darüber hinaus wird häu g versucht, archäologisch feststellbare


Zerstörungsschichten der Eisenzeit II mit historisch dokumentierten Ereignissen
in direkten Zusammenhang zu bringen, um auf diese Weise eine weitere
chronologische Di erenzierung zur Datierung der materiellen
Hinterlassenschaften zu begründen. In diesem Zusammenhang wird sowohl auf
den in ägyptischen Quellen gut bezeugten Feldzug des Pharao Scheschonq, der in
die Frühphase der Eisenzeit II (ausgehendes 10. Jh. v. Chr.) fällt (→ Scheschonq),
wie auch auf ein in Am 1,1 erwähntes und etwa auf das Jahr 760 v. Chr. zu
datierendes Erdbeben rekurriert (vgl. Dever 1992; Finkelstein 2002; Fantalkin /
Finkelstein 2006). Allerdings ist es einer Zerstörungsschicht gewöhnlich nicht
anzusehen, wer oder was sie verursacht hat (s.o. 1.2.). Insofern sind derartige
Korrelationen archäologischer und historischer Sachverhalte problematisch.

Sichere chronologische Anker für die absolute


Datierung von Siedlungsschichten in Palästina
sind lediglich zwei Ereignisse. Zum einen
handelt es sich um die Zerstörung der Stadt →
Lachisch (Tell ed-Duwēr, Koordinaten:
Abb. 7 Die assyrische Darstellung 1357.1082; N 31° 33' 54'', E 34° 50' 59'') durch
der Eroberung Lachischs mit Hilfe assyrische Truppen im Jahr 701 v. Chr. Das
einer Rampe (Reliefdetail, Palast Ereignis ist auf einem monumentalen Relief
Sanheribs in Ninive, nach 700 v.
festgehalten, das im Südwestpalast in Ninive
Chr.).
angebracht war (Ussishkin 1982; Keel / Küchler
1982, 896-900). Die auf der bildlichen
Darstellung sichtbare Belagerungsrampe konnte auf dem Siedlungshügel von
Lachisch archäologisch ebenso nachgewiesen werden wie die Gegenrampe der
belagerten Stadtbevölkerung. Somit kann die materielle Hinterlassenschaft aus
der Siedlungsschicht, zu der Rampe und Gegenrampe gehören (Lachisch Stratum
III), in das 8. Jh. v. Chr., die darüber liegende jüngere Schicht (Lachisch Stratum II)
in das 7. Jh. v. Chr. datiert werden (Ussishkin 2014). Aus diesem Befund ergeben
sich wiederum Vergleichspunkte für Tongefäße, die auf anderen eisenzeitlichen
Siedlungsstätten Palästinas ergraben wurden. Auf diese Weise sind zumindest für
das südliche Palästina archäologische Hinterlassenschaften des 8. Jh.s v. Chr. von
solchen des 7. Jh.s zu unterscheiden.

Das zweite Fixdatum ist die teilweise Zerstörung und die anschließende

WiBiLex | Chronologie, archäologische 13


Plünderung Jerusalems durch babylonische Truppen im Jahr 587 v. Chr. (→
Zerstörung Jerusalems; → Jerusalem, 6.4.6.). Bei den Grabungen in Jerusalem
wurden einige Gebäude freigelegt, deren Zerstörung mit den genannten
Ereignissen in Verbindung zu bringen ist. Die in diesen Gebäuden gefundene
Keramik kann also für die Beschreibung von Tongefäßen des ausgehenden 7.
bzw. frühen 6. Jh.s v. Chr. dienen. Allerdings kann diese Ware nicht in gleicher
Weise wie die Keramik von Lachisch als Referenz für Stücke von anderen
Fundplätzen herangezogen werden, da die Einnahme Jerusalems keine
unmittelbaren Auswirkungen auf die materielle Kultur der gesamten Region hatte
(s.o.). Insofern bleibt die historisch-archäologische Korrelation in diesem Fall auf
Jerusalem beschränkt.

2.3. N ach ei sen z ei tl i ch e Ep och en

2.3.1. Persische Zeit

Kulturell ist die persische Zeit (→ Perser) geprägt durch die verbreitete
Durchsetzung des Aramäischen als Verwaltungssprache (→ Aramäisch 2.2.2.-
2.2.3.), durch die vermehrte Verwendung einer Töpferware, die sich an der
attischen Ware (rot- oder schwarzgrundig mit komplementärer Bemalung)
orientiert (Stern 2001; Lehmann 2014), und durch die sukzessive Einführung der
Münzprägung (→ Münze, 2. und 3.).

Die politisch-historischen Eckdaten der Persischen Zeit lassen sich


vergleichsweise genau angeben. Die Epoche beginnt mit der Einnahme der Stadt
Babylon durch die Truppen des → Kyros II. im Jahr 539 v. Chr. und endet mit dem
Feldzug Alexanders in den Jahren 333/332 v. Chr. Mitunter wird der Beginn der
persischen Suprematie über den Vorderen Orient erst mit der Einteilung des
Großreichs in Satrapien unter → Dareios I. um 520 v. Chr. angesetzt (Vieweger
2012, 486f).

Verwendung attischer Ware bzw. lokaler Kopien derselben und Münzwirtschaft


waren in der Levante weitgehend auf küstennahe Regionen und wenige
binnenländische Städte beschränkt. Zudem sind beide Phänomene erst seit der
Mitte des 5. Jh.s v. Chr. in nennenswertem Umfang nachweisbar (Lipschits u.a.
2007). Insofern zeigt sich eine zeitlich verzögerte Auswirkung politischer
Umbrüche auf die materielle Kultur. Daher wird in der archäologischen
Chronologie mitunter zwischen einer frühpersischen und einer spätpersischen
Phase (vgl. Sharon, 61-63) bzw. zwischen „Perserzeit I“ (6./5. Jh. v. Chr.) und
„Perserzeit II“ (5./4. Jh. v. Chr.) unterschieden (Gertz 2016, 605; Frevel 2016, 40;
vgl. Tab. 2).

2.3.2. Hellenistische Zeit

Die hellenistische Kultur (→ Hellenismus) ist im Vorderen Orient geprägt durch


eine Verbindung griechischer und traditionell orientalischer Elemente (Berlin

14 WiBiLex | Chronologie, archäologische


1997). Archäologisch ist dies in aufwendigen Gebäudedekors oder in
Bilddarstellungen (→ Hellenismus 8.2. und 8.3.), insbesondere auf den immer
weiter verbreiteten Münzen, fassbar (→ Hellenismus 4.2.; Münze, 3. und 4.). Im
Gegensatz zu den architektonischen Resten früherer Epochen sind
Monumentalbauten der hellenistischen Zeit häu g bis heute an der Ober äche
der alten Siedlungen sichtbar. Die griechische Sprache setzt sich allmählich als
Wissenschafts- und Verwaltungssprache durch, obwohl weiterhin auch ältere
landesspezi sche Sprachformen und Dialekte gep egt werden. Nicht selten zeigt
sich dies in mehrsprachigen Inschriften, etwa auf dem → „Stein von Rosette“ aus
dem frühen 2. Jh. v. Chr., der einen in Hieroglyphen-Ägyptisch, Demotisch und
Altgriechisch verfassten Text zeigt. Das Dokument trug entscheidend zur
Entzi erung der Hieroglyphen-Schrift bei. In der Levante nden sich regional
begrenzte semitische Sprachen wie das Nabatäische im palästinisch-arabischen
Grenzgebiet oder weiterhin Formen des Aramäischen (→ Aramäisch 2.3.).

Politisch-historisch beginnt die Epoche des Hellenismus mit dem Feldzug →


Alexanders in den Jahren 333/332 v. Chr. Sie endet nach der gängigen
archäologischen Chronologie in der Levante mit der Eroberung Syriens und
Palästinas durch Pompeius in den Jahren 65 bzw. 63 v. Chr. In
palästinawissenschaftlich ausgerichteten archäologischen Chronologien wird
meist das Jahr 63 v. Chr. als Ende der hellenistischen bzw. Beginn der römischen
Zeit genannt, da es die Übergabe Jerusalems an römische Besatzungstruppen
markiert (Vieweger 2012, 488; Gertz 2016, 605). Bibelwissenschaftlich orientierte
chronologische Systeme zur Archäologie nennen mitunter das Jahr 37 v. Chr. als
Ende der hellenistischen Epoche, da dieses Datum den Regierungsantritt Herodes
d.Gr. in Judäa markiert (BRL 2.Au .; NEAEHL; Frevel 2016, 40; vgl. Tab. 1 und 2).
Daher wird mitunter in der Israel-Archäologie eine spezi sch „herodianische“
materielle Kultur vorausgesetzt, die sonderlich im Süden Palästinas als
Kennzeichen der frühen römischen Epoche interpretiert wird. Ebenfalls
bibelwissenschaftlich beein usst ist die Unterteilung in eine früh- und eine
späthellenistische Phase. Dabei wird das Jahr 167 v. Chr., in dem der Makkabäer-
Aufstand begann, als Einschnitt vorausgesetzt (NEAEHL; Frevel 2016, 40; s. Tab. 1
und 2). Allerdings ist schwer erkennbar, inwieweit dieses Ereignis tiefgreifenden
Ein uss auf die archäologisch feststellbaren materiellen Überreste der Levante
insgesamt hatte. Daher hat die genannte Unterteilung für die archäologische
Chronologie keine Aussagekraft. Die genannten Beispiele demonstrieren, dass
mit der Möglichkeit, historische Daten in größerem Umfang zu veri zieren, die
Möglichkeiten der Korrelation geschichtlicher Ereignisse und archäologischer
Befunde eher schwieriger als einfacher werden. Dabei ist auch hinsichtlich der
hellenistischen Zeit wiederum zu konstatieren, dass historische Eckdaten und die
Entwicklung der materiellen Kultur zeitlich nicht deckungsgleich sind. Die
chronologische Abgrenzung der hellenistischen Zeit beruht daher ebenso auf
Konventionen der archäologischen Wissenschaft wie diejenige der persischen
Zeit.

WiBiLex | Chronologie, archäologische 15


2.3.3. Römische Zeit

Die materielle Kultur der römischen Zeit in der Levante ist im Grunde eine leicht
modi zierte Weiterführung der hellenistischen Kultur. Daher werden in
Handbüchern zur Archäologie mitunter beide Epochen zusammengefasst (vgl.
Kuhnen 1990). Zunächst bleibt trotz römischer Besatzung Griechisch weiterhin
die Sprache der kulturellen Eliten und der Verwaltung. So sind auch die
neutestamentlichen Schriften und die Werke des jüdischen Historikers → Flavius
Josephus aus der zweiten Hälfte des 1. Jh.s und aus dem frühen 2. Jh. n. Chr. auf
Griechisch verfasst. Erst ab der mittleren römischen Kaiserzeit lassen sich
vermehrt lateinische Inschriften in Syrien und Palästina nachweisen. Auch die
Architektur folgt weiterhin hellenistischen Mustern. Dies betri t insbesondere
den Bau von Städten in den levantinischen Binnenländern und in den
Randgebieten zu den großen Wüsten, durch den die weitverzweigten
Handelswege gesichert werden sollten. Prägnante Beispiele sind Gerasa (Ǧaraš ,
Koordinaten: N 32° 16' 52'', E 35° 53' 28''; Vieweger 2012, 314-324) im
Ostjordanland oder Palmyra im Osten Syriens (→ Palmyra / Tadmor). Neben der
Keramik der provinzialrömischen Ware kennt die Palästinaarchäologie auch
zeitlich und regional begrenzte Sonderformen wie etwa die sehr fein und
dünnwandig gearbeitete, kunstvoll bemalte Nabatäerware (Wenning 1987).

Nach politisch-historischen Daten, die meist auch in archäologischen


Chronologien zugrunde gelegt werden, erstreckte sich die römische Zeit in der
Levante von der römischen Eroberung der Region (65 bzw. 63 v. Chr., s.o. 2.3.2)
bis zur Durchsetzung der Alleinherrschaft Kaiser Konstantins im Jahr 324 n. Chr.
(vgl. Tab. 1 und 2). Lediglich in Ausnahmefällen wird die Epoche noch in eine
früh- und eine spätrömische Phase unterteilt. Letztere soll mit dem Jahr 132 n.
Chr., dem Beginn des Bar-Kochba-Aufstands, einsetzen (NEAEHL; s. Tab. 1). Auch
hier gilt, dass das Ereignis zwar regionalhistorisch wichtig war, jedoch keine
substantiellen Auswirkungen auf die materielle Kultur der Levante insgesamt
hatte. Da keine spezi sch römische Kultur für die gesamte Levante nachzuweisen
ist, ist auch in Hinsicht auf die römische Zeit festzuhalten, dass die in der
archäologischen Forschung verwendete chronologische Abgrenzung weitgehend
der Ereignisgeschichte folgt.

2.3.4. Byzantinische Zeit

Als byzantinische Zeit wird die Epoche verstanden, in der sich das Christentum
als o zielle Religion etablierte. Demzufolge sind in der Architektur vermehrt
Kirchen- und Klosterbauten zu nden. Eines der bekanntesten Bauwerke ist die
Grabeskirche in Jerusalem, deren Anfänge auf die frühe Zeit der Alleinherrschaft
Konstantins zurückgehen. Da auch semiaride Wüsten- und Wüstenrandgebiete
erschlossen und besiedelt wurden, war Palästina in dieser Zeit so dicht besiedelt
wie nie zuvor oder danach (→ Negev, 3.11.). Neben der bereits aus hellenistisch-
römischer Zeit bekannten urbanen Hochkultur etablierten sich viele kleine

16 WiBiLex | Chronologie, archäologische


dör iche Siedlungen, die z.T. aus nur einem oder wenigen Gehöften bestanden.
Die an solchen Plätzen gefundene Töpferware folgt einfachen Formen ohne
ausgeführte Dekorationen. Vielfach sind die Gefäßscherben kaum von der
Keramik der Eisenzeit II zu unterscheiden, was insbesondere bei archäologischen
Oberflächenuntersuchungen die Datierung erschwert.

Die chronologische Abgrenzung der byzantinischen Zeit richtet sich wiederum


nach Daten der Ereignisgeschichte. Der Anfang wird markiert durch den Beginn
der Alleinherrschaft Konstantins im Jahr 324 n. Chr. (s.o. 2.3.3.), das Ende durch
die Eroberung Syriens und Palästinas durch islamische Truppen im 7. Jh. n. Chr.,
insbesondere durch die Unterwerfung Jerusalems unter Kalif ‘Umar im Jahr 638 n.
Chr. (vgl. Tab. 1). Im Anschluss daran etablierte sich relativ rasch eine islamisch
geprägte Kultur in der Levante. Dies zeigt sich u.a. am Bau repräsentativer
Gebäude wie dem Felsendom (Qubbet eṣ-Ṣaḫra) und der el-‘Aqsa-Moschee im
ausgehenden 7. bzw. frühen 8. Jh. n. Chr. in Jerusalem. Die durch den frühen
Islam geprägten Jahrhunderte stehen jedoch außerhalb des hier zugrunde
gelegten chronologischen Rahmens.

Die genannte zeitliche Eingrenzung der byzantinischen Epoche von 324 bis 638
n. Chr. betri t lediglich die archäologische Chronologie für die Levante. Bezogen
auf die territorialen Restbestände des sog. oströmischen Reichs ab dem 7. Jh. n.
Chr. (Kleinasien und Südosteuropa) wird in der allgemeinen
Geschichtsschreibung, insbesondere in der Kirchengeschichtsschreibung, noch
die Zeitspanne bis zur Eroberung Konstantinopels im Jahr 1453 n. Chr. als
„byzantinisch“ angesehen.

Angaben zu Autor / Autorin finden Sie hier

WiBiLex | Chronologie, archäologische 17


Empfohlene Zitierweise
Jericke, Detlef, Art. Chronologie, archäologische, in: Das Wissenschaftliche
Bibellexikon im Internet (www.wibilex.de), 2017

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Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Die frühbronzezeitliche Stadt Arad. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
Abb. 2 Das mittelbronzezeitliche Stadttor aus Lehmziegeln in Dan. © public domain
(Foto: Klaus Koenen, 2010)
Abb. 3 Die rekonstruierte Toranlage der Eisenzeit II in Tel Dan. © public domain (Foto:
Klaus Koenen, 2010)
Abb. 4 Die assyrische Darstellung der Eroberung Lachischs mit Hilfe einer Rampe
(Reliefdetail, Palast Sanheribs in Ninive, nach 700 v. Chr.). Aus: A.H. Layard, A Second
Series of Monuments of Nineveh, London 1853, Pl. 21

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Impressum

Herausgeber:

Alttestamentlicher Teil
Prof. Dr. Michaela Bauks
Prof. Dr. Klaus Koenen

Neutestamentlicher Teil
Prof. Dr. Stefan Alkier

„WiBiLex“ ist ein Projekt der Deutschen Bibelgesellschaft

Deutsche Bibelgesellschaft
Balinger Straße 31 A
70567 Stuttgart
Deutschland

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