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Werner Sobek Adaptive Systeme

Walter Haase
Patrick Teuffel

Der vorliegende Artikel gibt eine grundlegende Übersicht über adap- ordneten Steuerungs-Regelungsprozeß aktiviert werden.
tive Systeme. Dabei werden zunächst die elementaren Grundlagen Der Steuerungs-Regelungsprozeß selbst wiederum be-
vorgestellt und die Funktionsweisen adaptiver Systeme erläutert. zieht seine Eingangssignale von Sensoren, also Elemen-
Daran anschließend werden die sich bei der Einführung adaptiver ten, die physikalische Zustände oder deren Veränderung
Systeme in das Bauwesen ergebenden Möglichkeiten am Beispiel erkennen können.
adaptiver Gebäudehüllen und adaptiver Tragwerke aufgezeigt.
Im idealen Fall können die Einzelemente Sensorik,
Aktuatorik, Steuerungs-Regelungsprozeß und Struktur
Adaptive systems. This paper provides a basic overview over adap-
tive systems. Fundamental basics are presented as well as an expla-
integrativ verschmolzen werden, so daß selbsttätig erken-
nation of the functionality of adaptive systems. The implementation of nende, regelnde und manipulierende Teile einer Struktur
adaptive systems into the field of architecture and civil engineering die Selbstanpaßbarkeit des Gesamtsystems gewährleisten.
creates new possibilities which are demonstrated with two examples: Man spricht hier auch, wobei wir diese Bezeichnungs-
adaptive enclosures and adaptive structures. weise nicht favorisieren, von „intelligenten“ Werkstoffen
(teilweise auch als „smart materials“ bezeichnet), intelli-
genten Bauteilen oder intelligenten Konstruktionen.
Die Idee einer Selbstanpaßbarkeit von Menschen-
1 Einleitung hand hergestellter Systeme insgesamt ist nicht neu.
Jedoch erst die technisch-wissenschaftlichen Entwick-
Unsere gebaute Umwelt ist statisch, im Gegensatz zur lungen der letzten Jahre lassen die Verwirklichung der
lebenden Natur antwortet sie nicht auf die Veränderun- Idee in greifbare Nähe rücken [1], [2]. Das Bauschaffen
gen ihrer Umgebung. Andererseits wäre es naheliegend, muß sich aktiv an diesen Entwicklungen, die auch die
tragende Konstruktionen zu konzipieren, welche die in gebaute Umwelt der Zukunft entscheidend verändern
ihnen entstehenden Beanspruchungszustände unter ver- werden, beteiligen. Neben den zu erbringenden tech-
schiedenen Einwirkungen auf der Basis selbststeuernder nisch-wissenschaftlichen Entwicklungen sind dabei auch
Prozesse so manipulieren, daß Spitzenbeanspruchungen architektonische und soziologische Aspekte zu berück-
einzelner Bauteile oder Bauteilbereiche zugunsten einer sichtigen. Der zugehörige Diskurs ist deshalb interdiszi-
Homogenisierung der Beanspruchungsverteilung insge- plinär zu führen.
samt vermieden werden. Eine ingenieurmäßige Analyse Nachfolgend werden, im Sinn eines spezifischen
dieser Überlegung zeigt, daß auf diese Weise in teilweise Beitrags zu diesem Diskurs, einige elementare Grund-
erheblichem Maße Eigengewicht einer Konstruktion ein- lagen und Überlegungen zu selbstanpassenden Systemen
gespart, Verformungen reduziert und Schwingungen unter aus technisch-wissenschaftlicher Sicht dargelegt.
dynamischer Beanspruchung gedämpft werden können.
Allein die Einführung adaptiver Tragwerke in den Leicht- 2 Elementare Grundlagen
bau käme einer bautechnischen Revolution gleich. 2.1 Adaptronik
Vergleichbare Überlegungen lassen sich auch auf Die Adaptronik umfaßt den gesamten, von der Entwick-
weitere Bereiche des Bauens übertragen, beispielsweise lung über die Herstellung bis zur Verwendung adaptiver
auf die Hüllsysteme der Gebäude, welche auf Verände- Systeme reichenden Technologiebereich. Sie verfolgt das
rungen der Außen- wie der Innenwelt aufgrund ihrer kon- Ziel, mechanische, optische, akustische und andere Sy-
stanten physikalischen Eigenschaften nur durch – eigent- steme mit Hilfe von Sensoren und Aktuatoren in einem
lich immer wieder unbefriedigende – Maßnahmen reagie- Regelkreis zu verschalten, um auf diese Weise äußeren
ren können. Würde man es sich zum Ziel setzen, eine physikalischen Einwirkungen auf das System in einer als
selbstgesteuerte Anpassung der Gebäudehülle in ihren geeignet oder sogar optimal erachteten Weise entgegen-
bauphysikalischen Eigenschaften allgemein, d. h. bei- zutreten. Idealerweise bestehen Aktuator und Sensor
spielsweise in ihrer Lichttransmission, ihrer Schallab- durch Einsatz multifunktionaler Werkstoffe nur noch aus
sorption, ihrer Energiereflektion etc., zu implementieren, einem Element.
so würde man zu einer Hüllenlösung gelangen, die für
unterschiedlichste Umgebungssituationen stets optimale 2.2 Sensorik
Innenraumsituationen herbeiführt. Unter einem Sensor versteht man ein Bauteil, das infolge
Systeme, die sich mit Hilfe selbstgesteuerter oder der Einwirkung oder der Veränderung einer Einfluß-
selbstorganisierter Vorgänge aktiv verändern, bezeichnet größe ein Signal abgibt. Einflußgrößen sind beispiels-
man als adaptive Systeme. Adaptive Systeme bestehen weise Weggrößen und deren zeitliche Veränderungen,
aus einer mit ihrer Umgebung in Wechselwirkung ste- Druck, Wellen unterschiedlichster Frequenz oder Fre-
henden Struktur. Anpassungsvorgänge der Struktur er- quenzbereiche (Infrarotwellen, Mikrowellen etc.). In vie-
544 folgen durch sog. Aktuatoren, die durch einen überge- len Fällen können die Einflußgrößen über Distanzen und

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berührungslos gemessen werden, wodurch auch Ver- Die einfachsten Arten von Aktuatoren sind Hy-
schleißfreiheit gegeben ist. Darüber hinaus ermöglicht draulik- und Pneumatikzylinder sowie elektrische Stell-
die Sensortechnologie bereits heute sehr kompakte Bau- antriebe. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von
weisen, so daß Sensoren von extremer Kleinheit nicht kleineren, robusteren und wesentlich wartungsärmeren,
mehr als Besonderheit gelten. teilweise sogar wartungsfreien Aktuatoren, von denen die
Ein Bauteil, das zumindest teilweise aus einem wichtigsten nachfolgend kurz skizziert werden sollen.
„smart material“ besteht und das infolge der Einwirkung Piezoelektrische Aktuatoren (Bild 1) verwenden den
einer Einflußgröße eine Antwort freisetzt, kann ebenfalls umgekehrten piezoelektrischen Effekt: Das Anlegen
als Sensor bezeichnet werden. einer Spannung verformt die Dipole und verursacht eine
Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Sensortech- Dehnung des Materials. Piezokeramiken und Piezopoly-
nologien. Zu den wichtigsten gehören die faseroptischen mere können zur Herstellung von piezoelektrischen
Sensoren, die piezoelektrischen Sensoren und die Senso- Aktuatoren verwendet werden. Bekannte Beispiele für
ren auf CMOS-Basis. Materialien mit diesen Eigenschaften sind Blei-Zirko-
Faseroptische Sensoren werden verwendet, um phy- nium-Titanat (PZT) als keramischer Werkstoff und Poly-
sikalische Eigenschaften in Systemen zu messen. Neuer- vinyliden-Fluorid (PVDF) als Polymer.
dings werden sie auch zur Messung chemischer Eigen- Verschiedene Parameter beeinflussen die Längen-
schaften verwendet. änderung von piezoelektrischen Aktuatoren: die elek-
In den meisten Fällen können faseroptische Senso- trische Feldstärke, die Länge, die auf den Aktuator wir-
ren gleichzeitig als Signalgeber und als kommunizieren- kende Kraft und die piezoelektrischen Materialeigen-
des Medium verwendet werden. Die Technologie der schaften. Hinsichtlich der Druckbelastbarkeit von Piezo-
faseroptischen Sensoren ist relativ weit entwickelt, und keramik unterscheidet man zwischen der mechanischen
speziell das Zusammenwirken von Signalen, die infolge und der praktischen Langzeitbelastbarkeit. Die Bruch-
von Temperatur und Dehnungen hervorgerufen werden, spannungen liegen bei Werten bis zu 250 N/mm2, in der
ist bekannt. praktischen Anwendung sollten die Spannungen 20 bis
Piezoelektrische Sensoren werden primär im Be- 30 % der mechanischen Belastbarkeit nicht überschrei-
reich der Dehnungsmessung eingesetzt. Der piezoelektri- ten, um eine Depolarisation zu vermeiden. Die Zugbe-
sche Effekt bezeichnet die Fähigkeit eines Materials, lastbarkeit beträgt aufgrund der Sprödheit des Materials
mechanische Spannungen in ein elektrisches Feld umzu- nur ca. 5 bis 10 % der Druckbelastbarkeit. Zugbean-
wandeln und umgekehrt. Er basiert auf dem Zusammen- spruchte Aktuatoren werden daher in der Regel mecha-
hang zwischen der elastischen Verformung eines Werk- nisch vorgespannt.
stoffs und der zugehörigen Umorientierung der elektri- Ein weiterer Effekt, der den Zusammenhang zwi-
schen Dipole in der Kristallstruktur des Werkstoffs. Der schen elektrischer und mechanischer Spannung kenn-
Effekt wurde erstmals 1888 von Jacques und Pierre zeichnet, ist die Elektrostriktion. Sie tritt in allen Werk-
Curie beobachtet. Der piezoelektrische Effekt tritt bei stoffen auf. Im Gegensatz zu piezoelektrischen Materia-
Piezokeramiken und Piezopolymeren auf. Die Entwick- lien sind elektrostriktive Materialien nicht polarisiert. Bei
lung der Technologie piezoelektrischer Sensoren ist weit ihnen tritt durch Anlegen einer Spannung, unabhängig
fortgeschritten und in der Literatur umfassend darge- vom Vorzeichen, immer eine Verlängerung, deren Betrag
stellt. Wichtige Weiterentwicklungen werden auf dem proportional zum Quadrat der angelegten Spannung ist,
Gebiet der piezoelektrischen Verbundwerkstoffe, z. B. in auf. Besonders ausgeprägt ist der elektrostriktive Effekt
Kombination mit glas- oder kohlefaserverstärkten Kunst- bei Blei-Mangan-Niobat:Blei-Titanat (PMN:PT).
stoffen, erwartet. Hierbei ist es möglich, ein künstliches Piezoelektrische und elektrostriktive Materialien ha-
Nervensystem in das Bauteil zu integrieren, das z. B. ben einiges gemeinsam: Bei beiden Arten handelt es sich
Schäden am Bauteil registrieren kann. In einer Reihe von um keramische Materialien mit schnellen Reaktions-
Anwendungen haben sich Piezopolymere, wie Polyvinyl- zeiten; die Steifigkeiten betragen jeweils 50 000 N/mm2
fluorid (PVF), als Alternative zu piezokeramischen Sen- bis 100 000 N/mm2. Bei elektrostriktiven Materialien tre-
soren bewährt. ten jedoch geringere Dehnungen auf als bei piezoelektri-
Die CMOS-Technik (Complementary Metal Oxide schen Materialien; des weiteren arbeiten sie in einem
Silicon) erlaubt die Herstellung von Mikrosensoren, mit kleineren Temperaturbereich. Piezoelektrische Polymere
denen der Druck von Flüssigkeiten und Gasen, Tempe- eignen sich aufgrund ihrer geringen Steifigkeit weniger
raturen, Luftströmungen, Feuchtigkeit, Wärmefluß, Be- für Aktuatoren, sondern mehr für sensorische Aufgaben.
schleunigungen, magnetische Felder sowie Licht in allen Die Bauformen von piezoelektrischen Aktuatoren
Spektralbereichen gemessen werden können [6]. können im wesentlichen in drei Kategorien eingeteilt
werden: Stapel-, Laminar- und Biegeaktuatoren (Bild 1).
2.3 Aktuatorik Um den Nachteil der geringen Stellwege auszugleichen,
Aktuatoren sind Bauteile, die bei Beanspruchung durch sollte auf Hebelmechanismen zurückgegriffen werden.
Einwirkungen (wozu beispielsweise elektrische, magne- Häufig werden Aktuatoren bereits mit integrierten Hebel-
tische, thermische oder chemische Anregungen gehören) übersetzungen angeboten.
ihre Geometrie und/oder ihre mechanischen Eigenschaf- Magnetostriktive Aktuatoren basieren auf dem ma-
ten verändern. Damit können sie als Stellelemente ver- gnetostriktiven Phänomen, das die Volumenänderung von
wendet werden, mittels derer die Geometrie und/oder Materialien infolge der Einwirkung eines magnetischen
der Beanspruchungszustand in einer Struktur manipu- Feldes beschreibt. Man spricht von positiver Magneto-
liert werden können. striktion bei einer Expansion des Materials und von ne- 545

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Bild 1. Darstellung verschiedener piezoelektrischer Aktuatortypen


Fig. 1. Different types of piezoelectric actuators

gativer Magnetostriktion bei einer


Kontraktion des Materials. Das be-
kannteste Material ist TERFENOL-D
(Terbium-Ferrum-Naval-Ordinance-
Laboratory). Der Hauptvorteil ma-
gnetostriktiver Aktuatoren liegt in
den großen Dehnungen von bis zu
0,2 % bei einer hohen Steifigkeit von
100 000 N/mm2. Die maximal her-
stellbaren Längen betragen 200 mm,
damit ergeben sich mögliche Aktua-
torauslenkungen von bis zu 0,4 mm.
Chemostriktive Aktuatoren
(Bild 2) nutzen die Eigenschaften
einiger Polymere, die in einer sauren
bzw. basischen Umgebung reversible
Volumenänderungen erfahren. Eine
mögliche Anwendung von chemo-
striktiven Materialien als Aktuator
ist der Gel-Muskel. Bild 2. Chemostriktiver Aktuator
Aktuatoren auf der Basis von Fig. 2. Chemostrictive actuator
Form-Gedächtnis-Legierungen (Bild 3)
nutzen die Eigenschaft dieser Legie-
rungen, aufgebrachte plastische Ver-
formungen rückgängig machen zu
können und dabei in eine vordefi-
nierte Form zurückzukehren. Die am
weitesten verbreitete Form-Gedächt-
nis-Legierung ist Nitinol (Nickel-
Titan-Naval-Ordinance-Laboratory).
Die Aktuatorauslenkung ist durch
die reversiblen Dehnungen der ein-
gesetzten Form-Gedächtnis-Legie-
rung begrenzt. Die zulässige Deh-
nung hängt vom Material und von
der Anzahl der Zyklen ab: Bei einer
einmaligen Verformung (z. B. für Ver-
bindungsmittel) liegt die zulässige
Dehnung für Ni-Ti-basierte Legie-
rungen bei 8 %. Bei einer größeren Bild 3. Verschiedene Formen von Form-Gedächtnis-Aktuatoren
546 Anzahl von Zyklen geht diese je- Fig. 3. Different types of shape memory actuators

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2.4 Steuerung und Regelung


Innerhalb eines adaptiven Systems
haben die Elemente der Steuerung
und Regelung die Aufgabe, auf der
Basis der von Sensoren erkannten
Einwirkungen oder Einwirkungsän-
derungen eine von den Aktuatoren
zu bewirkende Systemänderung vor-
zugeben. Insoweit handelt es sich
also um das klassische Element der
Steuerung und Regelung, das aller-
dings aufgrund der häufig zu fordern-
den Kürze der Antwortzeiten der Sy-
steme (bis hin zum quasi Echtzeit-
verhalten) und aufgrund der zumeist
hohen Zahl zu regelnder Aktuatoren
Bild 4. Schematischer Aufbau eines magnetorheologischen Dämpfers einem sehr anspruchsvollen Anfor-
Fig. 4. Schematic structure of a magnetorheological damper derungsprofil hinsichtlich Komple-
xität und Geschwindigkeit unterwor-
fen ist.
doch auf 3 bis 4 % zurück. Ein kritischer Punkt bei der Neuronale Systeme (NNS) scheinen nach unserem
Beurteilung von Form-Gedächtnis-Legierungen ist die Dafürhalten als in besonderer Weise geeignet, Steue-
Reaktionszeit zwischen der Aussendung eines Signals rungs- und Regelungsvorgänge bei adaptiven Systemen
und der Aktuatorbewegung. Während eine Erwärmung zu erfüllen. Neuronale Systeme eignen sich bei komple-
von Form-Gedächtnis-Drähten in weniger als 0,5 s erfol- xen und analytisch schwer beschreibbaren Aufgaben so-
gen kann, ist ein Abkühlen ohne erzwungene Luftkon- wie bei Problemen, bei denen das System ein Prognose-
vektion oder Wasser schwieriger zu erreichen. Die Vor- potential besitzen muß. Letzteres ist beispielsweise erfor-
teile von Form-Gedächtnis-Legierungen liegen in der derlich bei Fragen der Klimaführung innerhalb eines
Miniaturisierbarkeit, der Formenvielfalt und der Robust- Gebäudes oder bei Strukturen, die ihren Windwiderstand
heit; nachteilig wirkt sich die relativ langsame Reaktions- selbsttätig minimieren.
zeit aus. Neuronale Systeme sind lern- und anpassungsfähig
Aktuatoren auf der Basis elektrorheologischer Fluide und eignen sich deshalb besonders für Systeme, deren
nutzen deren Eigenschaft, durch Anlegen einer Span- Verknüpfungsmatrix nicht a priori vorgegeben werden
nung reversible Veränderungen in deren rheologischem kann. Entsprechend sind neuronale Systeme vor der
Verhalten hervorzurufen. Im allgemeinen gibt es einen Inbetriebnahme „einzulernen“. Genetische Algorithmen
Grenzwert, unter dem eine statische Spannung ohne und Wavelet-Transformationen sind weitere Verfahren
Fließen aufgebracht werden kann (man spricht dann von der automatisierten Optimierung [15], [16].
einer Bingham-Flüssigkeit). Elektrorheologische Fluide
können in Aktuatoren eingesetzt werden, um die Dämp- 2.5 Mikromaschinen
fung von Strukturen und damit deren dynamische Eigen- Mit Hilfe der Nanotechnologie und den Fortschritten im
schaften zu manipulieren. Bereich der Siliziumtechnologie ist es bereits heute mög-
Aktuatoren auf der Basis magnetorheologischer lich, Mikromaschinen (MEMS), die durch Zusammen-
Fluide werden durch Anlegen oder Verändern magne- führung von Mikrosensoren, Mikroreglerkreisen und Mi-
tischer Felder betrieben (Bild 4). Der Anwendungs- kroaktuatoren bestehen, herzustellen. Derartige MEMS
bereich von magnetorheologischen Aktuatoren reicht lassen sich für unterschiedlichste Anforderungsprofile
von Dämpfern im Fahrzeugbereich bis zu Dämpfersyste- konstruieren, beispielsweise zur Beeinflussung von aku-
men für Erdbebenbelastungen im Hochbau. Hierbei wur- stischen Schwingungen, zur zerstörungsfreien Über-
den schon Systeme mit aufnehmbaren Lasten von bis wachung und Prüfung von Bauteilen etc. [15].
zu 200 kN verwirklicht. Weitere Einsatzbereiche sind
Bremseinrichtungen und Kupplungen im Maschinen- 2.6 Smart Materials
und Fahrzeugbau. Unter „smart materials“ versteht man Ein- oder Mehr-
Bauteile, die aus „smart materials“ bestehen, können komponentenwerkstoffe, die eine oder mehrere ihrer
als Aktuatoren und somit bifunktional agieren, wenn sie Materialeigenschaften infolge eines äußeren Einflusses
bei Beanspruchung durch nicht-mechanische Einwir- verändern. Zu den veränder- oder beeinflußbaren Mate-
kungen (beispielsweise elektrische, magnetische, thermi- rialeigenschaften gehören beispielsweise Bauteilgeome-
sche oder chemische Anregungen) ihre Geometrie und/ trie, Farbe, Viskosität, Elastizität. Zu den eigenschafts-
oder ihre mechanischen Eigenschaften verändern. verändernden Einflüssen zählen Temperaturänderungen,
Besonders kleine Aktuatoren können mit Hilfe der elektrische Feldänderungen oder Lichteinwirkung.
CMOS-Technik hergestellt werden. Ihre Abmessungen Anzahl und Qualität der verfügbaren „smart mate-
betragen nur Bruchteile von Millimetern. Derartige Mi- rials“ unterliegen einer sehr schnellen Entwicklung, so
kroaktuatoren können Ultraschall, Bewegungen, Licht daß hier die Frage nach einer vollständigen Darstellung
oder elektromagnetische Signale erzeugen [6]. nur mit dem Verweis auf [3] und [12] beantwortet wer- 547

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den kann. Um einen ersten Überblick zu erlangen, bietet


sich eine Klassifizierung nach der Art der veränderbaren
Materialeigenschaft an. Man unterscheidet dann in:
– Formveränderbare Materialien
– Lichtemittierende Materialien
– Farbveränderbare Materialien
– Phasenveränderbare Materialien
– Adhäsionsveränderbare Materialien
– Elektronenemittierende Materialien
– Energiespeichernde/-abgebende Materialien

Zu den formveränderbaren Materialien gehören unter


anderem die Form-Gedächtnis-Legierungen. Bauteile aus
solchen Werkstoffen können, in Abhängigkeit von einer
Veränderung der Temperatur oder einer angelegten Span- Bild 5. PCM eingebettet in Gewebefasern
nung, zwei unterschiedliche Bauteilformen einnehmen. Fig. 5. Micro-thermal material integrated into the fiber
Damit wird eine aktive Steuerung der Bauteilgeometrie
möglich, was die Möglichkeiten beim Bau wandelbarer
Tragwerke bereichert oder, im kleinen, beispielsweise grieren (Bild 5), eine Vervielfachung der denkbaren An-
bei steuerbaren Windabweisern, Lichtschutzlamellen etc. wendungen.
von Interesse ist.
Lichtemittierende und farbveränderbare Materialien 3 Selbstanpassende Gebäudehüllen
finden hauptsächlich im Bereich der Gebäudehülle An-
wendung. Dabei kommt den farbveränderbaren Materia- Würde man es sich zum Ziel setzen, eine selbstgesteuerte
lien in Kombination mit transparenten bzw. transluzen- Anpassung der Gebäudehülle – als einer Vereinigung von
ten Werkstoffen wie z. B. Glas eine besondere Bedeutung „Dach“ und „Wand“ – in ihren bauphysikalischen Eigen-
zu, da mit derartigen Kombinationen die Lichttransmis- schaften allgemein, d. h. beispielsweise in ihrer Licht-
sion durch eine Gebäudehülle bzw. einzelne Elemente transmission, ihrer Schallabsorption, ihrer Energiereflek-
dieser Hülle auf wesentlich elegantere und robustere tion etc., zu implementieren, so würde man zu Hüllen-
Weise gesteuert werden kann als durch Verwendung lösungen gelangen, die für unterschiedlichste Umgebungs-
mechanisch bewegter Teile. Ob dabei photochrome, situationen stets optimale Innenraumsituationen her-
elektrochrome, thermochrome oder gasochrome Mate- beiführen. Dieser immer wieder vorgebrachte Gedanke,
rialien als „smart materials“ zum Einsatz kommen, hängt vgl. z. B. [17], scheiterte bisher zumindest auch an seiner
im wesentlichen von den Bauteilgrößen, dem gewünsch- nicht gegebenen technischen Realisierbarkeit. Zwischen-
ten Grad der Reduktion der Transmissivität oder einer, zeitlich ist die Machbarkeit adaptiver Gebäudehüllen
eventuell sogar gewünschten, Farb- und/oder Konturen- aufgrund der technischen Fortschritte in greifbare Nähe
verfälschung ab. Schaltgeschwindigkeit und Stabilität gerückt. Ihre Einführung in das Bauwesen und damit das
des Systems auch bei hohen Schaltzyklen sind weitere in Erfordernis einer Verschiebung der architektonischen
Betracht zu ziehende Parameter. Tektonik insgesamt scheint damit nur noch eine Frage
Phase Change Materials (PCM), die zu den energie- der Zeit.
speichernden/-abgebenden „smart materials“ gehören, Gegenüber den Visionen der 60er und 70er Jahre des
sind Werkstoffe, in die am Phasenübergangspunkt (zu- vergangenen Jahrhunderts wird eine adaptive Hülle zu-
meist bei: fest zu flüssig) eine sehr große Wärmeenergie nächst sicherlich nicht aus einem omnifunktionellen
eingetragen werden muß, damit ein nahezu isothermer Werkstoff ungeahnter Zusammensetzung, sondern aus
Phasenwechsel stattfindet. Die eingetragene Wärmeener- einem modular aufgebauten System hochspezialisierter
gie wird also quasi isotherm gespeichert und kann durch Zellen bestehen, welche, auf ein Trägersystem montiert,
Umkehren des Vorgangs wieder freigesetzt werden. Der schließlich in toto die eigentliche Hülle bilden [10], [11]
Effekt wird bereits in einer Vielzahl von Anwendungen (Bild 6).
ausgenutzt, so beispielsweise bei Bekleidung, in deren Die raumabschließenden Zellen agieren dabei selbst-
Gewebefasern PCM-gefüllte Mikroglaskügelchen einge- tätig oder gesteuert und beeinflussen Parameter wie die
lagert sind. Ein – von außen oder von innen kommen- Lichttransmission, die Schallabsorption, die Bauteilfarbe,
der – Wärmeeintrag wird hierbei im PCM isotherm ge- die Energieaufnahme (Speicherung) etc. An unserem In-
speichert und, bei Bedarf, der beispielsweise bei einer stitut wurden zwischenzeitlich eine ganze Reihe derarti-
äußeren Abkühlung eintreten kann, abgerufen. Die Be- ger Zellen, insbesondere solche mit variabler Lichttrans-
kleidung wärmt und kühlt somit auf der Grundlage dyna- mission, untersucht bzw. entwickelt [13], [14].
mischer Lade-/Entladezyklen, eine Qualität, deren Tech- Insbesondere der Weiterentwicklung dieser Zell-
nologie derzeit von der Körperhülle auf Raum- und typen mit variabler Lichtransmission wurde durch Fort-
Gebäudehüllen insgesamt übertragen wird. schritte in der Glastechnologie bzw. der Glasbeschich-
Neben den Ein-Werkstoff-(PCM-)Systemen und de- tungstechnologie Vorschub geleistet. Neben den Zellen
rer soeben ansatzweise angesprochener Veränderbarkeit der ersten Generation, bei denen zur Steuerung der
ihrer physikalischen Eigenschaften bieten Verbundwerk- Transmissivität noch mechanische Elemente benutzt
548 stoffe, die eine oder mehrere PCM-Komponenten inte- wurden, stehen heute

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Bild 6. Modell des Entwurfes eines Zentrums für audiovisuelle Medien, Metafort in Aubervilliers, Paris. Isometrie mit (links) und
ohne Gebäudehülle (rechts). Architekten: Finn Geipel und Nicolas Michelin, Paris. Ingenieure: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart
Fig. 6. Model of the center for audiovisual technologies, Metafort in Aubervilliers, Paris. Isometric view on top of the cover (left)
and without cover (right). Architects: Finn Geipel und Nicolas Michelin, Paris. Engineers: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart

– photochrome ler und ggf. Speicher Leitungssysteme für Gase oder


– elektrochrome Fluide.
– thermochrome und Das Konzept eines modularen Aufbaus der Hülle
– gasochrome (Bild 7) mittels spezialisierter Zellen mit standardisierten Abmes-
Systeme, die allesamt ohne bewegliche Teile auskommen sungen und Konstruktionsdetails besitzt zusätzlich zur
und die teilweise sehr schnelle Adaptivität sowie sehr hochspezifischen Auslegung die Vorteile eines einfachen
hohe Schaltzyklenzahlen besitzen, zur Verfügung bzw. Austauschs von Elementen bzw. einer einfachen Nach-
vor einer absehbaren Markteinführung. rüstbarkeit des Systems, beispielsweise zur Anpassung an
Über die Technologien für strukturakustische und weiterentwickelte technische Standards. Dies erscheint
vibroakustische Maßnahmen, die für Zellen zur Beein- besonders aus heutiger Sicht wichtig, da die einzelnen
flussung akustischer Felder infrage kommen, wird in [18] Zelltypen unterschiedliche Entwicklungsstufen aufwei-
berichtet. sen. Die derzeitigen Forschungen fokussieren sich auf die
Im Bereich der energieabsorbierenden Systeme gibt – Integration der Stoff-, Energie- und Informationsströ-
es bereits eine Vielzahl bewährter Lösungen, bei denen me in die Hüllenstruktur [5]
heute lediglich eine teilweise Standzeit- und Effektivitäts- – Minimierung des infrastrukturellen Aufwandes durch
verbesserung ansteht. Neben den reinen Absorbern mit Begrenzung der Typenzahl
lokaler Speicherqualität sind Absorber mit lokaler Ener- – Fragen der Vernetzung der Hüllenelemente und die
gieumwandlung wie z. B. Photovoltaiksysteme oder Phase Adressierung der Komponenten
Change Material-Systeme den Absorbern mit zentraler – Verbesserung der Reaktionsfähigkeit und der Robust-
Energieumwandlung überlegen: Letztere benötigen für heit der Einzelkomponenten
den Energietransport von der Zelle zum zentralen Wand- – Entwicklung der Lernfähigkeit der Regelmechanismen.

4 Selbstanpassende Tragwerke

Unter dem Oberbegriff der selbstanpassenden Tragwerke


wollen wir nachfolgend die elementaren Mechanismen
diskutieren, mittels derer tragende Konstruktionen die in
ihnen aufgrund äußerer wie innerer Einwirkungen ent-
stehenden Kräfte (und damit auch zeitabhängige wie
zeitinvariante Verformungen) im Sinne der Adaptivität
manipulieren können. Dabei ist zunächst zu unterschei-
den zwischen einer Manipulation der Einwirkung selbst
sowie einer Manipulation der Reaktion der Konstruk-
tion. Beide Manipulationen können gleichzeitig auftre-
ten. Am Beispiel einer Brücke erläutert könnte dies be-
deuten, daß die adaptive Konstruktion einerseits die auf
sie wirkende Windwirkung durch gezielte Beeinflussung
der Umströmung verändert (Beeinflussung der resultie-
Bild 7. Blick durch ein gasochromes Fenster während der Ein- renden Einwirkung) und daß sie gleichzeitig durch inter-
färbung ne Steifigkeitsveränderungen eine Homogenisierung des
Fig. 7. View through a gasochromatic window during the ink- Beanspruchungszustandes in der Struktur herbeiführt
ing (Beeinflussung der Beanspruchung). 549

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4.1 Systeme zur Beeinflussung der resultierenden – adaptive Stellflügel bei weitgespannten Brücken, ins-
Einwirkung besondere Hänge- und Schrägseilbrücken, mittels derer
4.1.1 Passive Systeme die Windumströmung des Brückendecks beeinflußt wird
Die passiven Systeme zur Beeinflussung der resultieren- – adaptive Türme, die einen aerodynamisch besonders
den Einwirkung sollen hier zur Abgrenzung gegenüber effektiven bzw. günstigen Querschnitt besitzen, der je-
den aktiven Systemen erwähnt werden. Man unterschei- weils in die Windrichtung gedreht wird
det mehrere Methoden: – adaptive Tragflügel, die durch Querschnittsverände-
rung auf unterschiedliche Anstellwinkel und/oder Flug-
Passive Formadaption geschwindigkeiten reagieren mit dem Ziel, stets optima-
Die Struktur ändert ihre Geometrie lokal und/oder glo- le aerodynamische Eigenschaften zu erzielen. Hierdurch
bal. Ein Beispiel hierfür wäre die sich in die Windrich- kann einerseits die Flugsicherheit erhöht und anderer-
tung drehende Struktur, was beispielsweise bei Türmen seits der Treibstoffverbrauch verringert werden.
in gewissem Umfang denkbar wäre. – adaptive Rotorblätter: Rotorblätter erleiden in ihrem
Betrieb sehr hohe Beanspruchungen durch aerodyna-
Passive Massendämpfer mische Turbulenzen. Um den unterschiedlichen Strö-
Diese Systeme werden typischerweise zur Dämpfung von mungsverhältnissen bei vorlaufendem und rücklaufen-
Schwingungen eingesetzt, die durch dem Blatt gerecht zu werden, werden herkömmliche
– bewegte Maschinen Rotorblätter während jedes Umlaufs verdreht. Adaptive
– sich bewegende Personen Rotorblätter mit eingebetteten Sensoren und Aktuatoren
– Wind können die tatsächlich auftretenden Beanspruchungen
– Erdbeben messen und darauf reagieren und somit die Strömungs-
hervorgerufen werden. Je nach Problemstellung werden verhältnisse optimieren.
unterschiedliche Lösungen eingesetzt, die sich von ihrer
prinzipiellen Funktionsweise jedoch nur geringfügig un- Aktive Massendämpfer (Bild 8)
terscheiden. Ziel ist es stets, zusammen mit den infolge Hierbei werden Ein- oder Mehrmassensysteme so in
einer dynamischen Beanspruchung der Konstruktion Bewegung, üblicherweise in Schwingung, versetzt, daß
entstandenen Schwingungen Ein- oder Mehrmassensy- äußere dynamische Lasten in ihrer Wirkung auf die
steme so in Bewegung, üblicherweise in Schwingung, zu Struktur abgeschwächt oder ausgelöscht werden. Man
versetzten, daß durch die (zumeist zusätzlich gedämpf- unterscheidet:
ten) Schwingungen des Massensystems die Schwingun-
gen der Struktur abgeschwächt oder ausgelöscht werden. Hybride Massendämpfung
Die Kombination von passiven und aktiven Massedämp-
Energiedissipierende Systeme fern wird als hybride Massendämpfung bezeichnet. Ein
Energieabsorbierende oder dissipierende Systeme wer- derartiges System ist üblicherweise kostengünstiger als
den zumeist zur Schwingungsreduktion verwendet. Hier- ein aktives System und bietet darüber hinaus den Vorteil,
zu gehören die im „seismic engineering“ verwendeten auch während eines Ausfalls der Energieversorgung noch
Konzepte der „base isolation“ (z. B. bewehrte Neoprene- eine Restwirksamkeit zu besitzen. Im einzelnen lassen
Lager), Stoßdämpfer zur Dämpfung winderregter Quer- sich differenzieren:
schwingungen von Seilen oder viskoelastische Dämpfer – Active Tuned Mass Damping
in Konstruktionen des Leichtbaus oder des Hochhaus- – Active/Passive Composite Tuned Mass Damping
baus, wo beispielsweise im World Trade Center in New
York mehr als 10 000 Dämpfer pro Gebäude eine Kom-
fortsteigerung durch Reduktion winderregter Schwin-
gungen herbeiführen.

Passive Beeinflussung der Anströmung


Eine mit einer hohen Periodizität bei gleichzeitig ge-
nügend großem Energieinhalt der einzelnen Böen auf ein
Gebäude auftreffende turbulente Strömung kann eine
Konstruktion ebenso in Schwingungen versetzen wie die
regelmäßige Wirbelablösung einer vor dem Auftreffen auf
das Gebäude ursprünglich laminaren Strömung.

4.1.2 Aktive Systeme


Bei den aktiven Systemen zur Beeinflussung der resultie-
renden Einwirkung verändert sich die Struktur mit dem Massendämpfer hybrider Massendämpfer aktiver Massendämpfer
Ziel einer Reduktion oder einer Auslöschung der Einwir-
kung. Dies kann über zwei Methoden erreicht werden:

Formadaption
Die Struktur ändert ihre Geometrie lokal und/oder glo- Bild 8. Verschiedene Dämpfungssysteme
550 bal. Beispiele hierfür sind: Fig. 8. Different damping systems

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Aktive Massendämpfung aktiven Kraftsteuerung und/oder einer aktiven Steifig-


– Active Mass Damper keitssteuerung. Beides setzt eine innerlich statisch unbe-
– Active Mass Driver stimmte Tragstruktur und/oder eine statisch unbestimm-
In beiden Fällen wird eine Masse aktiv, z. B. mittels te Lagerung voraus.
Hydraulikzylindern, so bewegt, daß sie den auftretenden In den von den Autoren durchgeführten Forschungs-
Bauwerksschwingungen entgegenwirkt. Insbesondere in arbeiten wird unter anderem untersucht, wie die Kraft-
Japan wurden schon einige Hochhäuser mit aktiven Mas- zustände in einer Konstruktion unter wechselnden Last-
sendämpfern realisiert, bei denen Schwingungen infolge stellungen so gesteuert werden können, daß hoch bean-
von Wind und Erdbeben gedämpft werden. Die Dämp- spruchte Bauteile entlastet werden bzw. eine Homogeni-
fung dient dabei nicht nur der Gewährleistung der Trag- sierung der Beanspruchung aller Bauteile auftritt. In den
sicherheit, sondern auch der Erhöhung des Benutzer- erwähnten Arbeiten werden Systeme auf Basis AKS und/
komforts. oder ASS zugrunde gelegt.
Anhand von zwei Beispielen soll das Prinzip der
4.2 Systeme zur Beeinflussung der Beanspruchung aktiven Beeinflussung von Kraftzuständen auf elemen-
4.2.1 Passive Systeme tare Weise erläutert werden. Bei dem als Beispiel 1 darge-
Passive Systeme verändern ihre Geometrie und/oder ihre stellten System handelt es sich um einen 3-Feld-Fach-
physikalischen Eigenschaften bei Auftreten einer Ein- werkträger mit Elementen, die ihre Länge verändern und
wirkung gezielt so, daß der im Tragwerk entstehende Be- somit, da das System statisch unbestimmt ist, Zwangs-
anspruchungszustand, die entstehenden Verformungen kräfte auf das System aufbringen können. Die Längen-
und das Schwingungsverhalten positiv beeinflußt wer- änderung der Elemente kann auf unterschiedlichste Ar-
den. Bisher sind nur wenige Wirkungsmechanismen be- ten, beispielsweise über Hydraulikzylinder oder piezoke-
kannt, die sich zudem zumeist auf einzelne Bauteile ramische Aktuatoren, erfolgen. In Beispiel 2 wird ein Sy-
beziehen. Am bekanntesten sind Einmal-Effekte durch stem untersucht, dessen Elemente variable Steifigkeiten
Plastifizieren einzelner überbeanspruchter Bauteile und haben. Hierdurch entsteht die Möglichkeit, die Steifig-
einer damit einhergehenden Beanspruchungsumlagerung. keitsverteilung und damit die Beanspruchungen einzel-
Hierzu gehören die gezielt einer Plastifizierung zugeführ- ner Bauteile aktiv zu steuern. Ziel bei beiden Verfahren
ten energieabsorbierenden Bereiche von Tragwerken, die ist es, die Beanspruchungen der einzelnen Bauteile unter
einer Erdbebenbeanspruchung unterworfen werden, die verschiedenen Lastfällen zu minimieren, um dadurch das
sog. Knautschzonen bei Automobilen, Fangseile bei Ab- Gesamtgewicht der Tragstruktur zu reduzieren.
sturzsicherungen, bspw. für Bergsteiger.
Beispiel 1: Fachwerk mit AKS-(Aktive Kraftsteuerung)-
4.2.2 Aktive Systeme Elementen
Aktive Systeme verändern ihre Geometrie und/oder ihre Das statische System ist in Bild 9 dargestellt. Die Bela-
physikalischen Eigenschaften bei Auftreten einer Einwir- stung erfolgt über eine wandernde Einzellast, die an den
kung gezielt so, daß der im Tragwerk entstehende Bean- Knoten am Obergurt angreift. In Bild 9 ist diese exempla-
spruchungszustand, die entstehenden Verformungen und risch für Lastfall 2 dargestellt. Weitere Lastfälle entstehen
das Schwingungsverhalten optimiert werden. Hinsicht- durch die Längenänderungen der einzelnen Elemente,
lich der Manipulation der Beanspruchungszustände in- d. h. den Aktuatorauslenkungen bzw. -verkürzungen. In
nerhalb eines Tragwerks und/oder seiner Bauteile wird Bild 10 ist exemplarisch die Auslenkung eines Aktuators
man dabei stets die Reduktion der Maximalgrößen der in einem vertikalen Pfosten (überhöht) dargestellt. In
Beanspruchungen zugunsten einer Beanspruchungsum- dem hier gezeigten Beispiel sind – um das Beispiel ein-
lagerung bis hin zum (Idealzustand des) vollkommen fach zu gestalten – die Aktuatoren an allen Untergurt-
homogenen Beanspruchungszustandes innerhalb eines und vertikalen Pfostenelementen angebracht. Momentan
Tragwerks (Isotensoid) anstreben. Analoges gilt hinsicht- arbeiten die Autoren an Verfahren, mittels derer die An-
lich der Manipulation der auftretenden Verformungen.
Das Schwingungsverhalten einer Struktur wiederum
wird bei den aktiven Systemen durch Veränderung der
Massenbelegung, der Dämpfung und der Systemsteifig-
keit so verändert, daß die entstehenden Frequenzen und
Amplituden in den als akzeptabel oder anzustrebend zu
bezeichnenden Korridoren liegen.
Wir unterscheiden folgende Typen aktiver Steuerungs-
systeme:
– AKS Aktive Kraftsteuerung
– ASS Aktive Steifigkeitssteuerung
– ADS Aktive Dämpfungssteuerung
– AMS Aktive Massensteuerung
– AGS Aktive Geometriesteuerung

4.2.2.1 Beeinflussung von Kraftzuständen


Eine Manipulation der statischen Kraftzustände in einem Bild 9. Statisches System, Lastfall 2
Tragwerk erfolgt sinnvollerweise durch Einsatz einer Fig. 9. Structural system, loadcase 2 551

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In Bild 11 sind exemplarisch die auftretenden Nor-


malkräfte der verschiedenen Lastfälle für das Ausgangs-
system sowie für das adaptive System für verschiedene
Elemente dargestellt.
Es ist deutlich zu erkennen, wie durch den Adap-
tionsprozeß bei allen dargestellten Elementen die maxi-
malen Beanspruchungen deutlich reduziert werden kön-
nen. Daneben tritt eine Homogenisierung der Normal-
kraftverteilungen auf. Diese ist nicht nur für die statische
Bemessung vorteilhaft, sondern sie wirkt sich ebenso
günstig auf den Betriebsfestigkeitsnachweis aus. In den
untersuchten Beispielen liegen die Reduktionen der
Beanspruchungen von einzelnen Bauteilen bei bis zu
70 % (!), die Reduktionen am Gesamtsystem liegen zwi-
schen 10 % und 22 %.
Bild 10. Aktuatorauslenkung in einem Pfostenelement
Fig. 10. Actuator displacement of a vertical element Beispiel 2: Fachwerk mit ASS-(Aktive Steifigkeitssteue-
rung)-Elementen (Bild 12)
Neben der Steuerung des Kraftzustandes über Längen-
zahl der aktiven Elemente minimiert werden kann, ohne änderungen der einzelnen Elemente ist es ebenso mög-
die Wirkung des Systems signifikant zu vermindern. lich, die Kraftzustände in der Struktur über eine Adap-
Im eigentlichen Adaptionsprozeß werden die Grund- tion der Steifigkeiten zu beeinflussen: Hochbeanspruchte
lastfälle mit den faktorisierten Zwangslastfällen (den Elemente entziehen sich den Lasten und übertragen sie
Aktuatorauslenkungen) überlagert, um die maximal auf- auf weniger beanspruchte Elemente.
tretenden Belastungen der einzelnen Stäbe zu reduzie- In Bild 13 sind die Normalkraftverteilungen für ver-
ren. Die einzelnen Faktoren werden dabei über eine Op- schiedene Lastfälle dargestellt. Ebenso wie bei der aktiven
timierung mit dem Zielkriterium „minimales Gewicht“ Kraftsteuerung können mit der aktiven Steifigkeitssteue-
ermittelt, wobei stets eine Bemessung, beispielsweise rung die maximalen Beanspruchungen der Bauteile redu-
nach dem Kriterium der zulässigen Spannungen, und/ ziert und die Gesamtbelastungen homogenisiert werden.
oder Stabilitätskriterien und/oder Betriebsfestigkeits- Die geringeren Wechselspannungen in den Bauteilen
fragen einzubeziehen ist. wirken sich zusätzlich positiv auf die Betriebsfestigkeit

a) b)

c) d)

Bild 11. Normalkraftverteilung, Lastfälle 1 bis 10; a) Untergurtelement, b) Obergurtelement, c) Pfostenelement, d) Diagonalelement
Fig. 11. Axial force distribution, loadcases 1–10; a) bottom cord element, b) top cord element, c) vertical element, d) diagonal
552 element

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aus. Deutlich zu sehen ist dies bei Element 4 in Bild 13b. Anwendungen bestehen unter anderen darin, in den
Dieses Element ist im Ausgangssystem in Lastfall 1 nicht Stützen von Rahmentragwerken kontrolliert Biegemo-
belastet, in Lastfall 2 jedoch hoch beansprucht: Durch mente einzubringen, die den auftretenden Belastungen
die Umverteilung der Steifigkeiten lassen sich die Bean- entgegenwirken. Bautechnisch wäre dies durch das paar-
spruchungen für beide Lastfälle angleichen. weise Anbringen von Aktuatoren an bzw. zwischen den
Kopf- und Fußpunkten von Stützen möglich [7].
Kontrolle der Biegemomente
Die Möglichkeit einer aktiven Steuerung der Beanspru- Wie unsere Untersuchungen zeigen, sind die durch eine
chungen ist natürlich nicht auf Fachwerke beschränkt, aktive Beeinflussung von Kraftzuständen entstehenden
das Prinzip läßt sich beispielweise auch auf biegebean- Einsparpotentiale in bezug auf das Gewicht der Trag-
spruchte Bauteile übertragen. Sich hieraus ergebende struktur beträchtlich. Dies eröffnet nicht nur vollkom-

a) b)

c) d)

Bild 12. Fachwerk mit ASS-Elementen; a) Statisches System, b) Lastfall 1, c) Lastfall 2, d) Lastfall 3
Fig. 12. Truss with ASS-Elements; a) structural system, b) loadcase 1, c) loadcase 2, d) loadcase 3

a) b)

Bild 13. Normalkraftverteilung, Lastfälle 1 bis 3; a) Untergurtelement, b) Mittelpfosten


Fig. 13. Axial force distribution, loadcases 1–3; a) bottom cord element, b) vertical element 553

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W. Sobek/W. Haase/P. Teuffel · Adaptive Systeme

men neue und weitreichende Ansätze auf dem Gebiet des unbedingte Ausfallsicherheit im Sinn einer safe-life-Aus-
Leichtbaus, sondern ist infolge des Einsparpotentials im legung herbeigeführt werden muß oder ob ein teilweiser
Energie- und Ressourcenverbrauch auch von erheblicher und temporärer Systemausfall im Sinn einer fail-safe-
volkswirtschaftlicher Bedeutung. Auslegung möglich ist [4].
Safe-life-Konzeptionen bedingen entweder eine ent-
4.2.2.2 Beeinflussung der Verformungen sprechend hochwertige Auslegung und ggf. Wartung des
Neben der Kontrolle der Kraftzustände innerhalb einer kritischen adaptiven Bauteils oder eine Mehrfachausle-
tragenden Struktur ist es natürlich auch möglich, das gung, typischerweise im Sinn von parallel geschalteten
Verformungsverhalten dieser Struktur aktiv zu beeinflus- Systemen. Fail-safe-Auslegungen lassen den Ausfall ein-
sen. Die bereits diskutierten Mechanismen und Über- zelner adaptiver Bauteile im Sinn eines gesamten Bauteil-
legungen werden lediglich auf eine andere Zielfunktion, ausfalls und damit den Verlust von dessen Tragfähigkeit
die Verformungsbeeinflussung, ausgerichtet. Für verfor- zu, oder sie basieren lediglich auf der Annahme und
mungssensitive Anwendungen wie Brücken für Hochge- Akzeptanz eines Ausfalls der Adaptivität, ohne daß dabei
schwindigkeitszüge, Masten für Richtfunkantennen oder die Tragfähigkeit des Bauteils insgesamt verloren geht.
Produktionsstätten der Mikro- und Nanotechnologie
kommen deshalb adaptive Systeme genauso in Betracht 5 Ausblick
wie für komfortsteigernde Maßnahmen im Bereich Woh-
nen und Arbeiten. Adaptive Systeme und Mechanismen werden in wenigen
Jahren ein fester Bestandteil des täglichen Lebens sein.
4.2.2.3 Beeinflussung des Schwingungsverhaltens Automatische, selbstlernende Abstandsregelungen bei
Die Beeinflussung des Schwingungsverhaltens als einer Automobilen sind bereits heute verfügbar, adaptive Herz-
zeitvarianten Verformung kann als die komplexere Vari- schrittmacher, die nicht mit einer konstanten Frequenz
ante der Verformungsbeeinflussung angesehen werden. arbeiten, sondern auf äußere physiologische Randbedin-
Neben den bereits diskutierten Methoden zur Beein- gungen wie Bewegungen reagieren sind genauso in der
flussung der (Trag-)Systemantwort kommen jetzt noch Entwicklung wie aktive Prothesen und aktive Implan-
die ADS (Aktive Dämpfungssteuerung) sowie die AMS tate mit sensorischen Funktionen und Aktuatoren. Die
(Aktive Massensteuerung) hinzu. Mit den damit zur Ver- Raumfahrt arbeitet an adaptiven Fachwerkstrukturen,
fügung stehenden Methoden lassen sich vielfältigste bei denen aktive (z. B. piezokeramische) Elemente ver-
Schwingungsprobleme gezielt reduzieren oder sogar auch wendet werden, um eine genaue Positionierung oder
auslöschen. Schwingungsisolierung von Satellitenreflektoren zu er-
Mit einer aktiven Massensteuerung können, u. U. reichen.
zusammen mit einer Steifigkeits- und/oder Geometrie- Adaptive Systeme zur Geräuschreduktion und Glä-
steuerung, auch die Eigenfrequenzen einer Struktur zeit- ser mit variabler Lichttransmission werden im Bauwe-
variant verändert werden. sen genauso selbstverständlich werden wie die aktive
Ausgeführte Beispiele von Systemen zur aktiven Beeinflussung von Kraftzuständen, Verformungen und
Schwingungsbeeinflussung gibt es bereits eine ganze Schwingungen, insbesondere bei den Tragwerken des
Reihe [9]. Aussteifende Stabelemente mit variabler Stei- Leichtbaus.
figkeit wurden in Japan eingesetzt, um die Eigenfrequenz
eines Gebäudes aktiv zu beeinflussen. Damit wurde es
möglich, die Gebäudeeigenfrequenz von der Erreger-
frequenz (Wind oder Erdbeben) zu entkoppeln und den
Resonanzfall zu vermeiden. In einem Versuchsbau in Literatur
Tokyo wurden aktive hydraulische Elemente als ausstei-
[1] Clark, R. L., Saunders, W. R., Gibbs, G. P.: Adaptive Struc-
fende Diagonalelemente in einem sechsgeschossigen
tures – Dynamics and Control. New York: John Wiley & Sons,
Rahmentragwerk verwendet. Im Falle einer äußeren
1998.
Erregung durch Wind oder Erdbeben üben sie gezielte [2] Gandhi, M. V., Thompson, B. S.: Smart Materials and
Kraftwirkungen auf das Tragwerk so aus, daß auftretende Structures. London: Chapman & Hall, 1992.
Schwingungen gezielt reduziert werden [8]. [3] Sobek, W., Haase, W., Köhnlein, J.: Smart Materials,
Recherche und Dokumentation. Universität Stuttgart: Institut
4.3 Fragen der Auslegung und Sicherheitsaspekte für Leichte Flächentragwerke, Forschungsbericht 2/98.
Beim Entwurf und der Konstruktion adaptiver Tragwerke [4] Sobek, W.: Entwerfen im Leichtbau. Bauingenieur 70
kommt den Fragen der Ausfallsicherheit des Systems (1995), S. 323–329.
insgesamt sowie dem damit verwandten Problem des [5] Weingardt, F.: Hüllenstrukturen. Diplomarbeit. Universität
Verhaltens des Steuer-Regelungskreises beim Auftreten Stuttgart: Institut für Leichte Flächentragwerke, 11/1999.
[6] Korvink, J.-G., Schlaich, M.: Autonome Brücken – ein
bisher nicht erfaßter bzw. nicht für möglich gehaltener
Blick in die ferne Zukunft des Brückenbaus. Der Bauinge-
Zustände eine besondere Bedeutung zu. Prinzipiell soll-
nieur 75 (2000), S. 29–34.
te zunächst dahingehend differenziert werden, ob die [7] Zuk, W., Clark, R. H.: Kinetic Architecture. New York: Van
Adaptivität des Systems die Standsicherheit der Kon- Nostrand Reinhold Company, 1970.
struktion als solcher erst herbeiführt oder ob sie lediglich [8] Janocha, H. (Ed.): Adaptronics and Smart Structures. Ber-
zum Aufbau der erforderlichen Sicherheitsmargen oder lin: Springer, 1999.
zur Gewährleistung oder Steigerung der Gebrauchsfähig- [9] Culshaw, B.: Smart Structures and Materials. Boston, Lon-
554 keit dient. Davon abhängig kann entschieden werden, ob don: Artech House, 1996.

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W. Sobek/W. Haase/P. Teuffel · Adaptive Systeme

[10] Sobek, W., Haase, W.: Transluzent/Transparent/Selbst- [17] Davies, M.: Eine Wand für alle Jahreszeiten: die intel-
anpassend. Industriebau-Praxisreport ’98. Wien: Österreichi- ligente Umwelt erschaffen. 104 ARCH+ (Juli 1990), S. 46 ff.
sche Studiengemeinschaft für Industriebau 1998. S. 130–138. [18] Hanselka, H., Mayer, D., Vogl, B.: Adaptronik für struk-
[11] Sobek, W., Haase, W.: Selbstanpassende Systeme in der turdynamische und vibro-akustische Aufgabenstellungen im
Gebäudehülle. Das Bauzentrum 5/98. S. 70–75. Leichtbau. Stahlbau 69 (2000), H. 6, S. 441–445.
[12] Köhnlein, J.: Smart materials – Intelligente Werkstoffe.
Stahlbau 69 (2000), H. 6, S. 430–440.
[13] Haase, W.: Flüssigkristalle als elektrooptische Materialien.
Stahlbau 69 (2000), H. 6, S. 480–482. Autoren dieses Beitrages
[14] Haase, W.: Optische und energetische Charakterisierung, Prof. Dr.-Ing. Werner Sobek, Universität Stuttgart, Leiter des Insti-
Systementwicklung und -bewertung eines adaptiven Gebäu- tuts für Leichte Flächentragwerke, Pfaffenwaldring 14, 70569 Stutt-
dehüllenelements auf Flüssigkristallbasis. Dissertation in Vor- gart, sowie des Zentrallabors des Konstruktiven Ingenieurbaus,
bereitung. Universität Stuttgart. Pfaffenwaldring 7, 70569 Stuttgart, Dipl.-Ing. Walter Haase, Wissen-
[15] Boller, C.: Smarte Werkstoffe und Strukturen und ihre schaftlicher Mitarbeiter, Universität Stuttgart, Zentrallabor des
Anwendung in der Luft- und Raumfahrt. Stahlbau 69 (2000), Konstruktiven Ingenieurbaus, Pfaffenwaldring 7, 70569 Stuttgart,
H. 7, S. 556–567. Dipl.-Ing. Patrick Teuffel, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Universität
[16] Rechenberg, I.: Evolutionsstrategie ’94. Stuttgart: From- Stuttgart, Institut für Leichte Flächentragwerke, Pfaffenwaldring 14,
mann-Holzboog, 1994. 70569 Stuttgart

19. Internationale Feuerverzinkerkonferenz INTERGALVA 2000

Mit mehr als 550 Teilnehmern aus Eu- Werkstoffe, die im Verfahren der Feuer- ren etablierten Beschichtung von Zink-
ropa und Übersee erreichte die INTER- verzinkung eine ideale Symbiose einge- überzügen mit flüssiger Farbe gewinnt
GALVA 2000 (4. bis 9. Juni 2000) in Ber- hen. Im Mittelpunkt seiner Ausführun- das Pulverbeschichten von feuerver-
lin eine Rekordbeteiligung; sie war die gen standen Aussagen zur Nachhaltig- zinktem Stahl einen immer größeren
bislang größte Veranstaltung in dieser keit und uneingeschränkten Recycling- Anteil. Mehrere Vorträge befaßten sich
alle drei Jahre stattfindenden Kongreß- fähigkeit des Stahls. mit den technischen Aspekten und Ent-
reihe. Die für Feuerverzinker und die Die einzelnen Themenblöcke die- wicklungen in diesem Bereich.
Zulieferindustrie des Feuerverzinkens ses Kongresses gingen u. a. auf neue In einem interessanten Kongreß-
konzipierte Veranstaltung informierte Zinklegierungen ein, die einerseits die block berichteten namhafte Architekten
über Entwicklungen, Verfahrenstechni- technischen Eigenschaften der Zink- und Planer über ihre Erfahrungen mit
ken sowie Umwelt- und Marktfragen überzüge verbessern werden, die ande- der Feuerverzinkung bei großen Bau-
zum Feuerverzinken. Insbesondere wur- rerseits jedoch auch das bislang stets projekten (Brücken, Bahnhöfe, Trans-
den aktuelle Forschungsergebnisse und schwierige Feuerverzinken reaktiver portsysteme usw.). Hier wurde ein Bo-
neueste Erkenntnisse über die Nachhal- Stähle erleichtern. Reaktive Stähle – das gen gespannt, der Korrosionsschützer
tigkeit von Zink und Zinküberzügen, sind solche mit kritischen Gehalten an und Anwender in einen Dialog bringt.
über innovative Entwicklungen in der Silicium und Phosphor – führen beim Die Konferenzblöcke der INTER-
Anlagentechnik sowie neu entwickel- Feuerverzinken zu relativ dicken und GALVA wurden von einer informati-
te Zinklegierungen, die die Eigenschaf- vielfach auch spröden und optisch un- ven Fachausstellung begleitet. Auf rund
ten des Zinküberzuges verbessern und ansehnlichen Zinküberzügen. Neue Le- 1000 m2 Ausstellungsfläche präsentier-
den Zinkverbrauch reduzieren, erstmals gierungen sollen das einheitliche Aus- ten insgesamt 32 Unternehmen und Fir-
einem größeren Publikum öffentlich sehen des Zinküberzuges, unabhängig mengruppen aus Europa und Übersee
vorgestellt. vom verwendeten Stahl, verbessern. Erzeugnisse, Materialien und Maschi-
Die INTERGALVA 2000 war ein In der Anlagentechnik wurden Ent- nen für die Feuerverzinkungsindustrie.
Joint-Venture zwischen der European wicklungen und Forschungsergebnisse Damit war das Who-is-who der Zuliefe-
General Galvanizers Association dargestellt, die sich mit einer Optimie- rerindustrie für die Feuerverzinkungs-
(EGGA) und dem Institut Feuerver- rung der Vorbehandlung befassen und betriebe der westlichen Welt unter ei-
zinken GmbH. Die EGGA vertritt als in deren Mittelpunkt sowohl eine Ver- nem Dach vertreten. Neben optimierten
europäischer Dachverband die Feuer- besserung des Prozesses als auch die Zinklegierungen zur Verbesserung des
verzinkungsindustrie in 17 Ländern. Reduzierung der Abfallmengen und die Korrosionsverhaltens und der optischen
Eröffnet wurde die Konferenz durch Verbesserung von umweltfreundlichen Erscheinung von Zinküberzügen gehö-
den deutschen Präsidenten der EGGA, Kreislaufführungen in Prozeßlösungen ren innovative Technologien zum Re-
Herrn Eberhard Hoffmann, Nürnberg. stand. Die Nachhaltigkeit von Verfah- duzieren, Reinigen, Recyceln und Rück-
Der Eröffnungsvortrag von Prof. Dr. ren und Produkt stand dabei im Vor- führen von Abluft, Abwasser, Abfällen
Dieter Ameling, Präsident der Wirt- dergrund. und Abwärme sowie Neuerungen im
schaftsvereinigung Stahl und Vorsitzen- Immer mehr gewinnt das zusätz- Bereich EDV und Logistik für Verzinke-
der des Vereins Deutscher Eisenhütten- liche Beschichten von feuerverzinktem reien zu den Schwerpunkten der Fach-
leute, befaßte sich mit Stahl als einem Stahl an Bedeutung (sog. Duplex-Sy- ausstellung.
modernen, umweltfreundlichen Metall stem). Überwiegend aus gestalterischen Die INTERGALVA 2003 findet in
und schlug dabei die Brücke zum Zink. Gründen setzen Architekten und Inge- Amsterdam statt.
Er verband auf diese Weise die beiden nieure vor allen Dingen im Baubereich
traditionellen und doch hochmodernen Zink plus Farbe ein. Neben der seit Jah- 555

Stahlbau 69 (2000), Heft 7

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