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PoWi LK Q2 (Herr Gluch) 28.02.

2023
Bundeskartellrecht

Was ist und wie funktioniert Wettbewerb?

Man kann sich diesen wettbewerblichen Marktprozess folgendermaßen vorstellen: Der


Wettbewerb ermöglicht es den Marktakteuren, also den Unternehmen und den Nachfragern,
ihre unterschiedlichen Pläne auf dem jeweiligen Markt zu einem Ausgleich zu bringen. In
diesem Prozess bewerten die Nachfrager die Angebote der Unternehmen mit Preisen, die
sie zu zahlen bereit sind („Zahlungsbereitschaft“). Je mehr ein Produkt ihren Vorstellungen
entspricht oder umso größer der Nutzen eines Produktes für die Nachfrager ist, desto mehr
sind sie bereit, dafür zu zahlen.

Die anbietenden Unternehmen wiederum entscheiden vor dem Hintergrund ihrer Kosten, zu
welchem Preis sie ein bestimmtes Produkt anzubieten bereit sind. Der Marktprozess sorgt
schließlich dafür, dass diejenigen Geschäfte zustande kommen können, in denen sich die
Zahlungsbereitschaft des Kunden und die Preisvorstellungen der Anbieter entsprechen. Als
entscheidendes Steuerungselement fungiert im marktwirtschaftlich-wettbewerblichen
Prozess also der Preis. Zentrales Kennzeichen des wettbewerblichen Marktprozesses ist
seine konsequente Ausrichtung auf die Wünsche und Bedürfnisse der Nachfrager. Ein
funktionsfähiger Wettbewerb stellt sicher, dass die Wünsche und Bedürfnisse der Nachfrager
im Ergebnis von den jeweils kostengünstigsten („effizientesten“) Anbietern befriedigt werden.
Im Wettbewerb werben verschiedene Unternehmen mit ihren Angeboten um die Gunst ihrer
Nachfrager. Unternehmen, die ihren Kunden im Vergleich zu anderen Unternehmen bessere
Preise und Leistungen bieten, werden mit höheren Gewinnen belohnt. Schlechte Leistungen
oder zu hohe Preise können sich dagegen negativ auf den wirtschaftlichen Erfolg auswirken.

Wie wird sichergestellt, dass Wettbewerb funktionieren kann?


Wettbewerb funktioniert nur dann, wenn es bestimmte Regeln gibt, an die sich alle
Wettbewerber halten müssen. Diese Regeln sollen verhindern, dass sich die Unternehmen
der wirtschaftlichen Konkurrenz entziehen und der Wettbewerb dadurch eingeschränkt wird.
Unternehmen könnten versuchen, ihre Gewinne auf andere Weise zu erhöhen als an
günstigeren Produktionsverfahren und höherer Produktqualität zu arbeiten. Dies kann auf
unterschiedliche Art und Weise geschehen: Beispielsweise, indem Unternehmen sich
absprechen, zu welchen Preisen sie ihre Produkte anbieten wollen oder untereinander den
Markt so aufteilen, dass sie sich gegenseitig zusichern, ihr Angebot nur auf bestimmte
Regionen zu beschränken, um sich keinen Wettbewerb zu machen.
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PoWi LK Q2 (Herr Gluch) 28.02.2023
Bundeskartellrecht

Der deutsche Gesetzgeber hat daher seit 1958 im Gesetz gegen


Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), auch Kartellgesetz genannt, Regeln für den
Wettbewerb festgeschrieben. Das Bundeskartellamt und die
Landeskartellbehörden wachen darüber, dass diese Regeln von den
Unternehmen eingehalten werden.
Neben dem deutschen wendet das Bundeskartellamt auch das
europäische Wettbewerbsrecht an, soweit die Europäische Kommission –
als Wettbewerbsbehörde auf Ebene der Europäischen Union (…)
zuständig ist. Welche Kartellbehörde im Einzelnen für den Schutz des
Wettbewerbs zuständig ist, hängt im Grundsatz von den möglichen
räumlichen Auswirkungen des betreffenden unternehmerischen Verhaltens ab.

I. Kartellbekämpfung in Bußgeldverfahren und Kronzeugenregelung


(“Bonusregelung”)

Das Hauptaugenmerk des Amtes bei der Kartellverfolgung richtet sich auf die sog. Hardcore-
Kartelle - schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkungen, zu denen in erster Linie
Preisabsprachen, Quotenabsprachen und die Aufteilung von Märkten zwischen
Wettbewerbern zählen. Sie behindern die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit von
Unternehmen und wirken sich für die Verbraucher grundsätzlich preistreibend aus; sie sind
deshalb in hohem Maße wirtschafts- und sozialschädlich. Personen und Unternehmen, die
an solchen gesetzlich verbotenen Kartellen mitwirken, werden vom Bundeskartellamt
regelmäßig mit hohen Geldbußen belegt. Das Bußgeld gegen einzelne Personen kann bis zu
1 Mio. Euro betragen, gegen Unternehmen können darüber hinaus Geldbußen in einer Höhe
von bis zu 10% ihres letztjährigen Gesamtumsatzes festgesetzt Danach kann das
Bundeskartellamt – vergleichbar einer Kronzeugenregelung – gegenüber einzelnen
Personen und Unternehmen, die an einer verbotenen Absprache beteiligt sind, von einem
Bußgeld absehen oder aber das Bußgeld reduzieren, wenn sie wesentlich zur Aufdeckung
bzw. zum Nachweis eines Kartells beitragen und ihr kartellrechtswidriges Verhalten
beenden..

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II. Kartellrechtliches Missbrauchsverbot


Die wirtschaftliche Macht von Unternehmen wird in aller Regel durch Wettbewerber und
Ausweichmöglichkeiten der jeweiligen Marktgegenseite begrenzt. Manche Unternehmen
unterliegen indes keinem hinreichenden Wettbewerbsdruck, so dass sie gegenüber
Wettbewerbern, Lieferanten und Abnehmern über besondere Verhaltensspielräume
verfügen. Eine solche wirtschaftliche Machtstellung zu erlangen oder innezuhaben, ist nicht
verboten. Aufgabe des Kartellrechts und der Kartellbehörden ist es aber, ihre Ausnutzung zu
kontrollieren und Missbräuche zu verhindern.

Missbräuchlich sind Verhaltensweisen von marktbeherrschenden Unternehmen, die einem


Unternehmen nur aufgrund seiner Marktmacht möglich sind und durch die andere
Unternehmen oder auch Kunden von Unternehmen in einer Weise behindert oder
benachteiligt werden, die bei wirksamem Wettbewerb nicht möglich wäre.
Unterschieden wird bei missbräuchlichen Verhaltensweisen zwischen sog.
Behinderungsmissbräuchen und sog. Ausbeutungsmissbräuchen. Während ein
Behinderungsmissbrauch beispielsweise vorliegen kann, wenn ein marktbeherrschendes
Unternehmen versucht, seine Konkurrenten mit gezielten Kampfpreisstrategien aus dem
Markt zu verdrängen, kann ein Ausbeutungsmissbrauch z.B. vorliegen, wenn ein
marktbeherrschendes Unternehmen von seinen Abnehmern oder Lieferanten
unangemessen hohe Preise fordert.

III. Fusionskontrolle
Um nachteilige Auswirkungen von Unternehmenszusammenschlüssen auf den Wettbewerb
vorab auszuschließen, unterliegen Unternehmenszusammenschlüsse der Fusionskontrolle
durch die Wettbewerbsbehörden. Im Rahmen der Fusionskontrolle prüfen diese die
Auswirkungen eines Zusammenschlusses auf den Wettbewerb der jeweils betroffenen
Märkte. Ob das Bundeskartellamt oder die Europäische Kommission in ihrer Funktion als
europäische Wettbewerbsbehörde zuständig ist, ist von den Umsätzen der jeweiligen
Unternehmen abhängig.
Die Unternehmen müssen ein Zusammenschlussvorhaben beim Bundeskartellamt
anmelden, wenn sie mit ihren Umsätzen die im GWB genannten Umsatzschwellen
überschreiten. Erwirtschaften alle beteiligten Unternehmen gemeinsam einen weltweiten
Umsatz von mehr als 500 Mio. Euro und erzielen mindestens zwei beteiligte Unternehmen
jeweils erhebliche Umsätze in Deutschland - ein Unternehmen in Höhe von mehr als 25 Mio.
Euro und ein weiteres Unternehmen in Höhe von mehr als 5 Mio. Euro – dann müssen die
Unternehmen den Zusammenschluss beim Bundeskartellamt anmelden. Gehört ein
Unternehmen einer Unternehmensgruppe an, muss das Bundeskartellamt die Umsätze der
gesamten Unternehmensgruppe einbeziehen.

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Auf diese Weise wird die insgesamt verfügbare wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der
beteiligten Unternehmen bei der Prüfung der wettbewerblichen Auswirkungen berücksichtigt.
Der Tatbestand eines Zusammenschlusses liegt nach den Vorschriften des GWB unter
folgenden Voraussetzungen vor:

 Anteilserwerb: Der Erwerb von mindestens 25% der Anteile am Kapital oder an den
Stimmrechten,

 Vermögenserwerb: Der Erwerb des Vermögens bzw. von wesentlichen Vermögensteilen


eines anderen Unternehmens,

 Kontrollerwerb: Der Erwerb der Kontrolle über ein anderes Unternehmen. 

 Darüber hinaus gilt jede sonstige Verbindung zwischen Unternehmen als Zusammenschluss
im Sinne des GWB, aufgrund derer ein Unternehmen einen wettbewerblich erheblichen
Einfluss auf ein anderes ausüben kann (sog. Auffangtatbestand des „wettbewerblich
erheblichen Einflusses“).

Bis zur Freigabe eines angemeldeten Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt


dürfen die beteiligten Unternehmen nicht miteinander fusionieren (sog. Vollzugsverbot).
Verstöße gegen das Vollzugsverbot stellen eine Ordnungswidrigkeit dar und können mit
einem Bußgeld geahndet werden. 

Marktformen auf dem vollkommenen Markt:


Nachfrager
viele wenige einer
/ Anbieter:
Vollständige Nachfrageoligopol Nachfrage-Monopol
viele Konkurrenz

Angebots-Oligopol Zweiseitiges Oligopol Nachfragemonopol mit


wenige oligopolistischem Angebot

einer Angebots-Monopol Angebotsmonopol mit Zweiseitiges-Monopol


oligopolistischer
Nachfrage

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Marktformen auf dem vollkommenen Markt:

Nachfrager
viele wenige einer
/ Anbieter:
Vollständige Nachfrageoligopol Nachfrage-Monopol
Konkurrenz - A.: Landwirt - A.: Straßenbaufirmen
- Anbieter: - N.: Molkerei - N.: Staat
viele
Lebensmittel
- Nachfrager:
Konsumenten
Angebots-Oligopol Zweiseitiges Oligopol Nachfragemonopol mit
- A.: Kino - A.: Hersteller von oligopolistischem Angebot
wenige
- N.: Gesellschaft Flugzeugen - A.: Rüstungsindustrie
- N.: Fluggesellschaften - N.: Bundeswehr
einer Angebots-Monopol Angebotsmonopol mit Zweiseitiges-Monopol
- A.: Post oligopolistischer - A.: Einziger Hersteller
- N.: Briefversender Nachfrage eines Golf-Einzelteils
- A.: Einziger Hersteller - N.: Volkswagen
eines med. Spezialgeräts
- Großkrankenhäuser
Formularende

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Amazon ist ein Tochterunternehmen der Amazon.com Inc., Seattle/USA.


Amazon.com betreibt weltweit, in Deutschland unter www.amazon.de, sogenannte
B2C (business-to-consumer)-Onlineverkaufsplattformen, deren Nachfrager End-
Konsumenten sind. Auf der Amazon-Plattform wird ein umfassendes Sortiment von
Waren sowohl durch Amazon selbst (eigenesEinzelhandelsgeschäft) als auch durch
Dritthändler über den sogenannten Marketplace verkauft.
Dabei präsentiert Amazon beide Segmente als einheitliche integrierte Plattform, die
nicht zwischen dem Amazon-Eigenhandel und dem Marketplace-Handel trennt.
Amazon.de wies 2012 einen Anteil am Gesamtvolumen des deutschen Online-
Handels mit Waren von ca. 30-40 % auf (Tendenz steigend) und ist bei
Festpreisverkäufen die größte Online-Handelsplattform in Deutschland.
Zur Teilnahme am Marketplace müssen Dritthändler einen Vertrag mit Amazon
schließen, der verschiedene Regeln und allgemeine Geschäftsbedingungen für den
Handel über den Marketplace einschließt. Amazon bietet als Marketplace-Leistung
dabei u. a. die Produktpräsentation, die Nutzung der Benutzerkonten, die
Zahlungsabwicklung, die Versandoption sowie Rückabwicklung an. Die Dritthändler
posten ihre Produkte auf der Plattform, die nach einem bestimmten Algorithmus in
Form eines Ranking gemeinsam mit den Amazon-Angeboten dem Nutzer präsentiert
werden. Die Händler können verschiedene Entgeltmodelle wählen, die die Intensität
ihrer Handelstätigkeit berücksichtigen. Den Entgeltmodellen gemeinsam ist jeweils
die Zahlung einer Verkaufsgebühr, die in einem Prozentsatz vom erzielten
Verkaufspreis besteht.
Zu den Bedingungen der Marketplace-Teilnahme gehörte auch die sogenannte
Preisparitätsklausel. Diese untersagt es den Händlern im Wesentlichen, alle
Produkte, die sie auf Amazon Marketplace anbieten, an anderer Stelle im Internet
günstiger anzubieten. Das Verbot bezieht sich sowohl auf andere Internet-
Marktplätze als auch auf eigene Online-Shops der Händler. Die Einhaltung der
Preisparitätsvorgaben wird von Amazon seit 2012 regelmäßig überwacht und
durchgesetzt. Amazon droht hierbei betroffenen Händlern mit Maßnahmen, an deren
Ende der Entzug der Berechtigung zum Verkauf auf amazon.de stehen kann.

Liegt hier aus der Sicht des Kartellrechts ein Problem vor?

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