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Ökobilanzierung II

Anika Neitz-Regett
01.06.2023
Überblick über die Vorlesung „Umweltmanagement und
Öko-Auditierung“ im Sommersemester 2023
Termin: Inhalt:
VL 1 20.04.2023 Vorstellung und Einführung (Neitz-Regett)
VL 2 27.04.2023 Kumulierter Energieaufwand (KEA) I (Neitz-Regett)
VL 3 04.05.2023 Kumulierter Energieaufwand (KEA) II (Neitz-Regett)
VL 4 11.05.2023 Klimapolitik und Transformationspfade (Schmidt-Achert)
VL 5 25.05.2023 Ökobilanzierung/LCA I - Grundlagen (Neitz-Regett)
VL 6 01.06.2023 Ökobilanzierung/LCA II - Beispiele (Neitz-Regett)
VL 7 15.06.2023 Umweltmanagementsysteme und Berichterstattung (Neitz-Regett)
VL 8 22.06.2023 Europäischer Emissionshandel (Ostermann)
VL 9 29.06.2023 Exkursion (Neitz-Regett)
VL 10 06.07.2023 Partizipation und Akzeptanz (Wohlschlager)
VL 11 13.07.2023 Corporate Carbon Footprint und Kreislaufwirtschaft (Haas)
VL 12 20.07.2022 Wichtige Erkenntnisse + Fragen zur Prüfung (Neitz-Regett)
27.07.2022 Klausur
In Präsenz im Raum N3823 (mit Option auf digital), Vorlesungen jeweils von 15:00-16:30,
Ankündigungen und Vorlesungsunterlagen auf Moodle 2
Übersicht: Werkzeuge der Nachhaltigkeit

Managen

Messen und bilanzieren Umweltmanagement- Transformations- Kommunizieren


systeme strategien
KEA Nachhaltigkeits-
berichterstattung

Ökobilanz Akzeptanz
Politische Instrumente

Klimaabkommen Emissionshandel

3
Agenda

1. Die 4 Phasen der Ökobilanz

2. Anwendungsbeispiele

− „Grüne Investments“

− „Technologieentwicklung“

− „Verbesserungspotenziale“

− „Zukünftige Entwicklungen“

− „Systemeffekte“

− „Gesamtsystem“

→ Einblick in praktische Anwendungsbeispiele von Ökobilanzen


→ Verständnis über die Herausforderungen bei der Erstellung und
Interpretation von Ökobilanzen 4
1. Die 4 Phasen der
Ökobilanz

5
Die vier Phasen der LCA

1. Festlegung von Ziel und


Untersuchungsrahmen

4.
2. Sachbilanz Auswertung

3. Wirkungsabschätzung

Quelle: ISO 14040

6
1. Festlegung von Ziel und Untersuchungsrahmen
Untersuchungsrahmen Beispiel: H2 aus Elektrolyse
Produktsysteme Herstellung von Wasserstoff mittels PEM-
Elektrolyseur

Funktionelle Einheit 1 kg Wasserstoff


(Vergleichbarkeit von Produkten)
Annahmen und Einschränkungen Strommix, Recyclingrate etc.

Zeitlicher und geografischer Bezug Deutschland, Jahr 2022


Ausgewählte Wirkungskategorien Mehrere Umweltwirkungen,
und -methodik Methodik: ReCiPe Midpoint (H) V1.13 no LT
Allokationsverfahren (bei mehreren Nicht nötig; Sauerstoff wird als
Funktionen) Abfallprodukt angesehen und in die Luft
gegeben
… …

Systemgrenze Siehe nächste Folie 7


Titanium
Aluminium
Steel
Stack


Electrolyzer, PEM
Concrete

Steel
Balance of Plant
Electronics


Water

PV Hydrogen, Functional unit:


Electrolysis, PEM 1 kg hydrogen
Wind
Electricity
Lignite
Foreground

Treatment of Titanium Background

Treatment of Aluminium Waste Treatment,


Treatment of Steel
Stack


Waste Treatment,
Electrolyzer
Treatment of Concrete

Treatment of Steel
Waste Treatment,
Treatment of Electronics Balance of Plant
Systemgrenze
… 8
2. Sachbilanz - Bestandteile

• Ziel: Zusammenstellung und


Quantifizierung von Inputs und Outputs
eines gegebenen Produktsystems im
Verlauf seines Lebensweges

• Hauptbestandteile:

• Modellierung des Systems


(Flussdiagramm)

• Datensammlung für Teilprozesse

• Bezug der Daten (Inputs/Outputs)


auf die funktionelle Einheit

9
3. Wirkungsabschätzung

• Im Rahmen der Wirkungsabschätzung werden die auf die funktionelle Einheit bezogenen Elementarflüsse aus der
Sachbilanz in Umweltwirkungen übersetzt.

Auswahl relevanter
Sachbilanz Sachbilanzergebnisse für Wirkungsindikator-
Indikatorwert
Ergebnisse Umweltwirkung ergebnisse
(Bsp. Klimawandel)

Menge Menge Treibhaus- Treibhaus-


potential * potential *
CO2 2 kg CO2 2 kg
CO2 1 kg CO2 Äq. CO2 2 kg CO2 Äq.
SO2 6 kg CH4 0,1 kg
CH4 29,7 kg CO2 Äq CH4 2,97 kg CO2 Äq
NO2 1 kg R-134 0,01 kg
R-134 1301 kg CO2 Äq R-134 13,01 kg CO2 Äq
P 4 kg
Summe 17,98 kg CO2 Äq
CH4 0,1 kg
R-134 0,01 kg

CO2 Kohlenstoffdioxid
SO2 Schwefeldioxid
NO2 Stickstoffdioxid
*Global Warming Potential/GWP/ CO2-Äquivalent bezogen
P Phosphor
CH4 Methan auf einen Zeitraum von 100 Jahren) 10
R-134 Kältemittel
3. Wirkungsabschätzung - Neben den Treibhausgasemissionen
werden auch andere Umweltwirkungen betrachtet

Produktion Komponenten / Material Batterie Produktion EV Betrieb Entsorgung

Wasserverbrauch

Terrestrische Ökotoxizität

Terrestrische Versauerung

Photochemische Oxidantenbildung
Umweltwirkungskategorien Feinstaubbildung

Ozonabbau

Verbrauch mineralischer Rohstoffe

Meereseutrophierung

Meeresökotoxizität

ionisierende Strahlung

Humantoxizität

Frischwasser Eutrophierung

Frischwasserökotoxizität

Verbrauch fossiler Rohstoffe

Klimawandel

0% 20% 40% 60% 80% 100%


Anteil der Lebenszyklusphase an gesamten Umweltwirkungen

11
Die vier Phasen der LCA

1. Festlegung von Ziel und


Untersuchungsrahmen

4.
2. Sachbilanz Auswertung

3. Wirkungsabschätzung

Quelle: ISO 14040

12
2. Anwendungs-
beispiele

13
Erinnerung: Anwendungen für Ökobilanzen

Betriebsextern Betriebsintern
• Öko-Labeling • Schwachstellenanalyse
• Marketing • Prozessoptimierung
• Umweltschutzauflagen • Kontinuierliches Monitoring
• Umweltberichterstattung Ökobilanzierung • Öko-Design
(u.a. für EU Taxonomie) Anwendungen • Strategische Planung
• Fortbildung
• Grüne Investments & Beschaffung
• Basis für Scope 3

Politik
• Entscheidungsgrundlage für Regulierung
• Grüne Investments & Beschaffung

14
Beispiel „Sustainable
Finance“

15
„Sustainable Finance“ – Hintergrund
Sustainable Finance Framework der EU

Entwurf CSRD (Corporate SFDR (Sustainable Finance


Sustainability Reporting Directive): ANDERE NUTZER Disclosure Regulation):
(Zivilgesellschaft, Kunden, ...)

Andere Informationen zu
Finanzprodukte mit Umwelt- oder
Umwelt-, sozialen und Governance-
sozialen Charakteristiken
Themen

berichtete
müssen öffentlich
Informationen
berichten
gehen an

GROßE UNTERNEHMEN FINANZ-


% taxonomiekonformer Aktivitäten Produkte mit 'Nachhaltigem
UND MARKT- Investment' als Ziel
GELISTETE UNTERNEHMEN TEILNEHMER
(Vermögensverwalter,
Versicherungen, Pensionsfonds, etc.)
UND FINANZ-
BERATER

WAS IST DIE EU TAXONOMIE?


EU Taxonomie: eine gemeinschaftliche
Klassifizierung von wirtschaftlichen Aktivitäten
die nach wissenschaftlich-basierten Kriterien
wesentlich zu einem Umweltziel beitragen

16
Quelle: eigene Darstellung basierend auf Fact Sheet der europäischen Kommission
„Sustainable Finance“ – Hintergrund
Überblick über die sechs Umweltziele der EU Taxonomie

Klimaschutz Klimawandelanpassung

Wasser und marine Ressourcen Kreislaufwirtschaft

Vermeidung von Verschmutzung Biodiversität und Ökosysteme

17
„Sustainable Finance“ – Hintergrund
Bestimmung der Taxonomie-Konformität einer Aktivität
Bestimmung der Taxonomie-Fähigkeit: Existieren Screening-Kriterien für die ökonomische Aktivität?

No Yes

Technische Screening Phase: Trägt die Aktivität substanziell zu einem der Umweltziele Klimaschutz oder Klimaanpassung bei?

No Yes

Hält die Aktivität die „Do No Significant Harm“-Anforderungen der anderen Umweltziele ein?

No Yes

Sozialer Mindestschutz: Hält die Aktivität die „Minimum Social Safeguards“ ein?

No Yes
18
Quelle: eigene Darstellung basierend auf Bloomberg
„Sustainable Finance“ – Ergebnisse
Lebenszyklusemissionen als technisches Screening-Kriterium

400
376.0
©FfE CC-BY 4.0 enbw-18#P LCA Taxonomie_eV

0.8 0.1 KWK-Anlage


350
Gas- und Dampfturbine (GuD)
GWP100 in g CO2e/kWh electricity and heat


Direkte Emissionen • 600 MW
300 • 25 Jahre
• 3000 GWh/a Strom und
250 304 GWh/a Wärme
• Verbrennung von Erdgas

200 KWK=Kraft-Wärme-Kopplung
375.2
Alternative Kriterien eingeführt: GWP=global warming potential
150 direkte Emissionen < 270 g/kWh
+ Weitere (z.B. Anteil erneuerbare Gase)
Aktueller Taxonomie-Grenzwert
100 (Reduktion über die Zeit)

50
<0.1
0
Total Materials Construction Operation End-of-life

19
Link zum Projekt: https://www.ffe.de/999
„Sustainable Finance“ – Ergebnisse
Sensitivitätsanalyse hinsichtlich Gasherkunft

400
KWK-Anlage
GWP100 in g CO2e/kWh electricity and heat

350 Biomethane
• Gas- und Dampfturbine (GuD)
300 Blue Hydrogen • 600 MW
• 25 Jahre
250
Green Hydrogen • 3000 GWh/a Strom und
304 GWh/a Wärme
Hypothetical Zero • Verbrennung von Erdgas
200 Emissions Gas
KWK=Kraft-Wärme-Kopplung
150
Taxonomie-
GWP=global warming potential
Grenzwert
100
84.6 g CO2e/kWh
50 46.5 g CO2e/kWh
38.9 g CO2e/kWh
0 0.9 g CO2e/kWh
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Energetic share of alternative gas

20
„Sustainable Finance“ – Einordnung

→ Die Ökobilanzierung ist an dieser Stelle ein


hilfreiches Tool, um Aktivitäten zu bewerten ohne
Auswirkungen in der Vorkette zu vernachlässigen.

→ Standardisierter Rahmen als Basis für die


Bewertung von nachhaltigen Aktivitäten

→ Nicht alle Aktivitäten bedürfen einer Ökobilanz zur


Bewertung.

Beispiel des Resultats der Anwendung der EU Taxonomie durch die EnBW
Quelle: https://www.enbw.com/unternehmen/nachhaltigkeit/sustainable-finance/eu-taxonomie.html

21
Beispiel
„Technologieentwicklung“

22
„Technologieentwicklung“ – Hintergrund
Motivation
Strom

CAPHENIA
• Schrittweise Entwicklung eines neuen Kraftstoff-Prozesses durch ehemals CCP CH4
Plasma
Basic
jetzt Caphenia Zone

C H2
• Grundprinzip: Produktion eines synthetischen Kraftstoffs aus Strom und Methan
unter Bindung von CO2 (Kombination aus Power-to-Liquid und Gas-to-Liquid) CO2
Boudouard
Zone
• FfE als objektiven Partner zur Bewertung des Prozesses mithilfe von Ökobilanzen C CO H2

• Fragestellungen: H 20
hetWGS =heterogene
Zone Wassergas-Shift-Reaktion
− Betriebsbedingte Treibhausgasemissionen des Prozesses?
CO H2
− Wo befinden sich Verbesserungspotenziale für den Caphenia-Prozess?
Quench
− Wie schneidet der Kraftstoff im Vergleich zu konventionellem Kerosin und
anderen Power-to-Liquid-Kraftstoffen ab?
• Datenbasis: u.a. Energie- und Massenbilanzen des Prozesses, Stöchiometrie,
SynGas (2:1)
Hintergrunddaten aus ecoinvent-Datenbank
• Sonstiges: energetische Allokation

23
Link zum Projekt: https://www.ffe.de/927
„Technologieentwicklung“ – Hintergrund
Systemgrenze

CH4 Bereitstellung Strombereitstellung


CO2-Bereitstellung

H2 PEM Elektrolyse
CO2 C H2O
Boudouard Plasma
H2
Reaktor Reaktor
C CAPHENIA hydrogen
CO hetWGS
H2 Reaktor H2O

SynGas Propan

Fischer- Kerosin
Wax
Tropsch- Raffinerie Diesel
Reaktor Naphta
CAPHENIA basic

hetWGS=heterogene Wassergas-Shift-Reaktion 24
PEM=Proton Exchange Membrane
„Technologieentwicklung“ – Ergebnisse
Beitragsanalyse

12 8,96
Strombereitstellung*
1,74 Wärmebereitstellung
10 0,04
THG-Emissionen in kg CO2e pro

Wasserbereitstellung
8 CH4-Bereitstellung
4,67 H2-Bereitstellung
6
1,17 Raffinerie
kg Kerosin

0,00 0,28 0,03 9,32


4 CO2-Bereitstellung
1,86 *ohne Elektrolyse; die THG-Emissionen

2 4,11 der Strombereitstellung für die


1,72 Elektrolyse sind in der H2-Bereitstellung
berücksichtigt
0,00 0,03
0 0,30 0,42 0,30 0,30 Es wurde der europäische Strommix
von 2018 verwendet.
-0,61
-2 -1,22
-2,44
-4
CAPHENIA basic CAPHENIA Power-to-Liquid
hydrogen
25
„Technologieentwicklung“ – Ergebnisse
Sensitivitätsanalyse: Emissionsfaktor von Strom

12
Power-to-Liquid
THG-Emissionen in kg CO2e pro

10 CAPHENIA hydrogen
8 CAPHENIA basic

6
kg Kerosin

-2

-4
0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0

Emissionsfaktor für Strom in kg CO2e pro kWh Strom

26
„Technologieentwicklung“ – Einordnung

→ Die ökobilanzielle Bewertung liefert auch in frühen Entwicklungsstadien bereits wichtige Erkenntnisse.
→ Zu diesem Zeitpunkt reichen oft „grobe“ Analysen, um die wichtigen Stellhebel zu identifizieren.
→ So können Schwachstellen und Verbesserungspotenziale des Prozesses frühzeitig erkannt und zeitnah in den
weiteren Entwicklungsprozess eingespielt werden.
→ Beitrags- und Sensitivitätsanalysen können eingesetzt werden, um relevante Prozesse zu identifizieren und
Entwicklungspotenziale abzuschätzen.

27
Beispiel
„Verbesserungspotenziale“

28
„Verbesserungspotenziale“ – Hintergrund
Kontrovers diskutierte Klimabilanz von Elektrofahrzeugen

• Große mediale Aufmerksamkeit der Klimabilanz von Elektrofahrzeugen mit kontroversen Diskussionen:

→ Motivation den aktuellen Stand und zukünftige Verbesserungspotenziale objektiv zu analysieren

Link zur Kurzanalyse: www.ffe.de/856 29


Link zur Doktorarbeit: https://mediatum.ub.tum.de/1522877
„Verbesserungspotenziale“ – Hintergrund
Welche Annahmen die Ökobilanzen im Pkw-Bereich beeinflussen:
Stellschrauben/Annahmen

Veraltete Daten für den Energiebedarf bei der Batterieproduktion / Daten aus Pilotanlagen

Emissionen des Energiebedarfs in der Batterieproduktion

Energiedichte der produzierten Batterie

Emissionen für den Ladestrom bleiben unverändert

Unterschätzung der Fahrleistung, die mit einer Batterie zu erzielen ist

Unrealistischer Verbrauch für Fahrzeuge

Vergleich von "well to wheel" mit "tank to wheel" Daten (ohne Benzin-/Dieselproduktion)

30
„Verbesserungspotenziale“ – Hintergrund
Welche Annahmen die Ökobilanzen im Pkw-Bereich beeinflussen:
Stellschrauben/Annahmen

Veraltete Daten für den Energiebedarf bei der Batterieproduktion / Daten aus Pilotanlagen

Emissionen des Energiebedarfs in der Batterieproduktion

Energiedichte der produzierten Batterie

Emissionen für den Ladestrom bleiben unverändert

Unterschätzung der Fahrleistung, die mit einer Batterie zu erzielen ist

Unrealistischer Verbrauch für Fahrzeuge

Vergleich von "well to wheel" mit "tank to wheel" Daten (ohne Benzin-/Dieselproduktion)

31
„Verbesserungspotenziale“ – Hintergrund
Untersuchungsrahmen

Gültig für:
Rohstoffgewinnung
• Energiebedingte THG-Emissionen
• „Cradle-to-Gate“

Materialproduktion
Brennstoffbereitstellung
Treibhausgas (THG)-Emissionen
und -umwandlung

Batteriezellfertigung

Batteriemontage

Lithium-Ionen-
Traktionsbatterie mit
1 kWh Kapazität

32
„Verbesserungspotenziale“ – Ergebnisse
Beitragsanalyse
Gültig für:

• 30 kWh System
• NMC622 (Nickel-Mangan-Kobalt)
• Inventardaten des Argonne
National Laboratory
• Emissionsfaktoren aus ecoinvent
• Produktionsmix aus der
Fraunhofer Speicher-Roadmap

33
„Verbesserungspotenziale“ – Ergebnisse
Sensitivitätsanalyse
Energiebedingte THG-Emissionen
Gültig für:
in kg CO2-Äq. je kWh Batteriekapazität

Emissionsfaktor von Strom in kg CO2-Äq./kWh


• 30 kWh System
• NMC622 (Nickel-Mangan-Kobalt)
• Inventardaten des Argonne
Kohle 1,0 112 162 212 National Laboratory
• Emissionsfaktoren aus ecoinvent
• Produktionsmix aus der
Fraunhofer Speicher-Roadmap

0,5 87 112 137

Erneuerbare 0,0 62 62 62

50 100 150
Strombedarf in kWh/kWh Batteriekapazität
Weitere Verbesserungspotenziale durch
industrielle Pilot- Steigerung der Energiedichte
Anlage anlage 34
„Verbesserungspotenziale“ – Einordnung

→ Eine transparente Dokumentation der Rahmenbedingungen und Datenbasis kann die falsche Einordnung und
Verwendung von Ergebnissen verringern.
→ Zur Identifikation von Verbesserungspotenzialen stellen Beitrags- und Sensitivitätsanalysen wichtige Werkzeuge
dar.
→ Dies gilt insbesondere für den Fall, wenn zukünftige Entwicklungen schwer prognostizierbar sind, da mit
Spannbreiten und Szenarien gearbeitet werden kann.

35
Beispiel „Zukünftige
Entwicklungen“

36
„Zukünftige Entwicklungen“ – Hintergrund
Dekarbonisierung des Energiesystems

• Übergeordnetes Ziel: Treibhausgasneutralität in 2045


• Herausforderung: Bewertung von Klimaschutzmaßnahmen und ihrer Wechselwirkungen im Energiesystem
• Ansätze: Methoden und Modelle der Energiesystemanalyse

Link zum Projekt: https://www.ffe.de/dynamis 37


„Zukünftige Entwicklungen“ – Hintergrund
Reduktion des THG-Emissionsfaktors von Strom über die Jahre

500
THG-Emissionsfaktor in g CO2-Äq./kWh

400

300

200
Konservatives Szenario
100
Ambitioniertes Szenario
0
2020 2030 2040 2050
THG=Treibhausgas

Link zum Projekt: https://www.ffe.de/dynamis, Erweiterung von direkten CO2-Emissionen zu THG-Emissionen in https://www.ffe.de/beniver 38
„Zukünftige Entwicklungen“ – Hintergrund
Verteilung des stündlichen Emissionsfaktors von Strom

600
Number of occurences

©FfE BMWi-37#Dynamis_eV_00252
500
400
2020
300
2030
200
100
0

0.44
0.48
0.2

0.6
0

0.4

0.72
0.04
0.08

0.24
0.28
0.32
0.36

0.52
0.56

0.64
0.68
0.12
0.16

Hourly emission factor in kg CO 2-eq./kWh

Link zur Analyse: https://www.ffe.de/945 3939


„Zukünftige Entwicklungen“ – Hintergrund
Welche Annahmen die Ökobilanzen im Pkw-Bereich beeinflussen:
Stellschrauben/Annahmen

Veraltete Daten für den Energiebedarf bei der Batterieproduktion / Daten aus Pilotanlagen

Emissionen des Energiebedarfs in der Batterieproduktion

Energiedichte der produzierten Batterie

Emissionen für den Ladestrom bleiben unverändert

Unterschätzung der Fahrleistung, die mit einer Batterie zu erzielen ist

Unrealistischer Verbrauch für Fahrzeuge

Vergleich von "well to wheel" mit "tank to wheel" Daten (ohne Benzin-/Dieselproduktion)

40
„Zukünftige Entwicklungen“ – Ergebnisse
Einfluss der Dekabonisierung auf die Klimabilanz von E-Fahrzeugen
Gültig für:
• Golf-Klasse
• 35,8 kWh Batteriekapazität
• 106 kg CO2-Äq./kWh
• Verbrauch Benzin bzw. Diesel:
5,8 bzw. 5,0 l/100 km
• Stromverbrauch:
17,3 kWh/100 km
• Jeweils inklusive Bereitstellung
der Energieträger
• Jahresfahrleistung: 13 257 km/a
• Energiesystem: Dynamis
Startszenario
• 2020+ bedeutet 2020-2029
• 2030+ bedeutet 2030-2039

→ Welchen Einfluss hätte eine Ladesteuerung?


Link zur Analyse: https://www.ffe.de/945 41
„Zukünftige Entwicklungen“ – Ergebnisse
Effekt einer preis- oder emissionsoptimierten Ladesteuerung (1/2)
0.5 ©FfE BMWi-37#Dynamis_eV_00257 60

Electricity-price in €/MWh
Preisoptimiert

Load in kW/vehicle
0.4 50
40
0.3
30
0.2
20
0.1 10
0.0 0
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24
Hour of the day
Direct Charging Price-opt. Charging Electricity-Price in €/MWh

0.5 0.5
Emissionsoptimiert

©FfE BMWi-37#Dynamis_eV_00257

Emf in kg CO2-eq./kWh
Load in kW/vehicle

0.4 0.4
0.3 0.3
0.2 0.2
0.1 0.1
0.0 0.0
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 emf=emission factor
Hour of the day
Direct Charging Price-opt. Charging
Emission-opt. Charging Specific Emissions in kg/kWh

42
„Zukünftige Entwicklungen“ – Ergebnisse
Effekt einer preis- oder emissionsoptimierten Ladesteuerung (2/2)

43
„Zukünftige Entwicklungen“ – Einordnung

→ Die Berücksichtigung der zukünftigen Entwicklung des Energiesystems kann einen großen Einfluss auf die
Bewertung von Klimaschutzmaßnahmen haben.
→ Daher ist ein prospektiver Ansatz für die Bewertung von Klimaschutzmaßnahmen sowie die anschließende
Ableitung von politischen Maßnahmen notwendig.
→ In diesem Kontext können zeitlich und/oder räumlich differenzierte Emissionsfaktoren hilfreich sein.

44
Beispiel „Systemeffekte“

45
„Systemeffekte“ – Hintergrund
Attributional vs. consequential LCA

Attributional LCA Consequential LCA


Andere Begriffe: Descriptive LCA Change-oriented LCA
Grundprinzip: Zuordnung von Umweltwirkungen Bestimmung der
zu einem Produkt Umweltwirkungen, die sich aus der
Änderung der Nachfrage nach
einem Produkt ergeben
Art der Fragestellung: Für welchen Anteil der Wie verändern sich die
Umweltwirkungen ist ein Produkt Umweltwirkungen durch die
verantwortlich? Einführung/den Hochlauf eines
Produktes?

→ Was bedeutet dies für die Emissionsbilanzierung von Strom? 46


„Systemeffekte“ – Hintergrund
Strommix vs. Grenzkraftwerk

• Durchschnittliche Zuordnung = Strommix; Verursachergerechte Zuordnung = Grenzkraftwerk


• Hintergrund: Bei einer Laständerung wird nicht der Strommix, sondern das sogenannte Grenzkraftwerk hoch- bzw.
runtergefahren.
• Strompreisbildung an der Börse über den Markträumungspreis (Market-Clearing-Price)
→ Kraftwerk mit den teuersten Grenzkosten (=Grenzkraftwerk) bestimmt den Preis
• Somit kann das Grenzkraftwerk vereinfacht über die Merit Order bestimmt werden…
MONA 2030 Standard-Szenario
(CO2-Preis=30 €/t)

• …und anschließend der Emissionsfaktor des jeweiligen Kraftwerks ermittelt werden.


47
„Systemeffekte“ – Ergebnisse
CO2-Emissionsfaktor von Strom: Strommix vs. Grenzkraftwerk
DE/AT, MONA 2030 Standard-Szenario (61% EE-Anteil, 30 €/t CO2), nur direkte energiebedingte CO2-Emissionen; Vereinfachung: für KWK volle Allokation auf Strom

(=Grenzkraftwerk)
Link zur Analyse: https://www.ffe.de/808 48
„Systemeffekte“ – Ergebnisse
Auswertung für den e-Golf im Jahr 2030

Hintergrund: https://www.ffe.de/597 49
„Systemeffekte“ – Einordnung

→ Sowohl der Ansatz der „attributive“ als auch der „consequential“ LCA haben eine Daseinsberechtigung.
→ Die Wahl des geeigneten Ansatzes hängt von der zu beantwortenden Fragestellung ab.
→ Die klassische LCA hat ursprünglich meist den attributiven Ansatz verfolgt. Die „consequential“ LCA ist aber
mittlerweile ein gängiger Ansatz, der auch in den LCA-Datenbanken aufgegriffen wird.
→ Für die „consequential“ LCA ist eine Abbildung komplexer Systemzusammenhänge notwendig.

50
Beispiel
„Gesamtsystem“

51
„Gesamtsystem“ – Hintergrund
Motivation
Technologien Energieverbrauch CO2-Emissionen
50 400 120

45

Energy consumption of private cars in TWh


350
100
40
300

CO2 emissions in million t


35 FCEV SynGas
Private cars in million

80
PHEV 250 SynFuel
30
BEV Hydrogen 60
25 200
HEV Electricity
20
150
CNG Bio 40
15
Benzin 100 Natural Gas
10
Diesel 20
50 Gasoline
5
Diesel
0 0 0
2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050

Verkehrs- und Energiesystemanalyse


Ökobilanz

→ Kombination aus Ökobilanz und Energiesystemanalyse 52


„Gesamtsystem“ – Hintergrund
Methodischer Ansatz

53
„Gesamtsystem“ – Ergebnisse
Energiemix des Verkehrs

• Ergänzung der Vorketten bei der Bereitstellung


der Energieträger
− Bereitstellung von Primärenergieträgern
− Produktion von Energieerzeugungsanlagen

• In konventionellen Systemen liegt der Anteil, der


durch die Vorkettenemissionen integriert wird,
bei ca. 15 %

• In stark erneuerbar-geprägten Systemen steigt


der Anteil der Emissionen durch die Produktion
von Anlagen stark an (da direkte Emissionen
sinken)

Szenario, das ab 2040 < 10 Mio. t CO2-Äq.


direkte Emissionen im Verkehr aufweist 54
„Gesamtsystem“ – Ergebnisse
Ökobilanz des Verkehrssektor

• In konventionell geprägten Verkehrssystemen


liegen die Anteile der Treibhausgas-Emissionen
der Produktion von Fahrzeugen zwischen 20 %
und 25 %.

• Bei einer starken Senkung der


Betriebsemissionen werden die Anteile der
Produktion größer, sofern sich die Produktion
der Fahrzeuge nicht im gleichen Tempo
verbessert.

Trend-CoHC: Konventionelle Mobilität, konventionelle Technologien


Trend-Elec: Konventionelle Mobilität, hoher Anteil Elektrifizierung
Multi-CoHC: Multimodale Verkehrsansätze, konventionelle Technologien
Multi-Elec, Multimodale Verkehrsansätze , hoher Anteil Elektrifizierung

Alle Szenarien verlaufen entlang von Emissionszielgrenzen, damit sind die Anstrengungen auf Seiten
der Energiebereitstellung in den Szenarien CoHC sehr viel höher als jene in den Szenarien Elec. 55
„Gesamtsystem“ – Einordnung

• Erweiterung der Perspektive um die Vorketten und


die Fahrzeugproduktion/-End-of-Life
➢ Berücksichtigung von Effekten in der Vorkette
eingesetzter Technologien

• Aber #1: Ergebnisse sind sehr stark geprägt von


Annahmen, die stets hinterfragt werden müssen
• Aber #2: Hohe Komplexität der Modelle, Zugriff auf
viele Datenbanken notwendig, Einordnung der
Ergebnisse essenziell

56
Agenda

1. Die 4 Phasen der Ökobilanz

2. Anwendungsbeispiele

− „Grüne Investments“

− „Technologieentwicklung“

− „Verbesserungspotenziale“

− „Zukünftige Entwicklungen“

− „Systemeffekte“

− „Gesamtsystem“

→ Einblick in praktische Anwendungsbeispiele von Ökobilanzen


→ Verständnis über die Herausforderungen bei der Erstellung und
Interpretation von Ökobilanzen 57
Kernbotschaften

1 Ökobilanzen können für eine Vielzahl an ökologischen Fragestellungen eine wichtige Informations- und
Entscheidungsgrundlage darstellen. Sie ersetzen jedoch nicht den eigentlichen Entscheidungsprozess.

2 Ergebnisse von Ökobilanzen sollten stets kritisch reflektiert werden, da die Ergebnisse im Kontext des Ziel- und
Untersuchungsrahmens zu interpretieren sind und es starke qualitative Unterschiede gibt.

3 Mit steigender Komplexität einer Ökobilanz in Bezug auf Zeithorizont und Systemeffekte steigen die Anforderungen an die
Datenbasis und Modellierung erheblich.

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Diskussion
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Dr.-Ing. Anika Neitz-Regett
Leiterin Ressourcen und Klimaschutz
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