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8.

7 Hertzscher Dipol
Unter einem Hertzschen Dipol versteht man einen harmonisch schwingenden Dipol, von
dem im Folgenden das abgestrahlte Feld im sogenannten Fernfeld berechnet werden soll.
Als Ansatz dient das Vektorpotential, das bei harmonischer Zeitabhängigkeit durch
ZZZ ′

~ r) = µ e−jk|~r−~r | ~ ′
A(~ J(~r ) dV ′ (8.52)
¯ 4π |~r − ~r ′| ¯
V

gegeben ist1 . Für weit entfernte Aufpunkte P , d. h. |~r | ≫ |~r ′|, wird dabei eine Fernfeld-
näherung genutzt, die durch Projektion des Quellpunktvektors ~r ′ auf die durch den Feld-
punktvektor ~r definierte Gerade abgeleitet wird. Der geometrische Zusammenhang ist in

~r − ~r ′ P

~r ′ �
~r

0 ~er

Abbildung 8.14: Punkt P im Fernfeld, |~r | ≫ |~r ′|

Abbildung 8.14 dargestellt. Die Projektion ist durch das Skalarprodukt

~r ′
~er · ~r ′ = · ~r
r
r ′|
|~
gegeben. Für |~r | ≫ |~r ′| bzw. |~
r|
≪ 1, und mit r = |~r | sowie r ′ = |~r ′| gilt die Näherung
 
′ ~r ′ ~r ~r ′
|~r − ~r | ≈ r − · ~r = r 1 − · (8.53)
r r r

und damit2  
1 1 ~r ~r ′

≈ 1+ · . (8.54)
|~r − ~r | r r r
Der Dipol sei zunächst z-gerichtet und im Ursprung angeordnet. Das schwingende Element
kann als kurzer infinitesimal dünner Leiter der Länge l ≪ λ aufgefasst werden, in dem
ein Strom I fließt. Das Produkt der Stromdichte und des Volumenelements in (8.52) kann
¯
damit durch
~ r ′ ) dV ′ = ~ez I (~r ′ ) dz ′
J(~
¯ ¯

1
vgl. Magnetostatik
2 n −1
Reihenentwicklung von (1 ± x) für n = −1 und |x| ≪ 1 führt zu (1 ± x) ≈ 1 ∓ x

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ausgedrückt werden. Für das Vektorpotential ergibt sich dementsprechend
l
Z2 ′

~ r) = µ e−jk|~r−~r |
A(~ I (~r ′ ) ~ez dz ′ .
¯ 4π |~r − ~r ′| ¯
− 2l

Auf dem sehr kurzen Element der Länge l ≪ λ kann die Stromverteilung als konstant
angenommen werden. Da im Ursprung |~r − ~r ′| ≈ |~r | = r gilt, folgt

l
−jkr Z2
~ r) = µ I e
A(~ ~ez dz ′
¯ 4π ¯ r
− 2l
(8.55)
µ e−jkr
= Il ~ez ,
4π ¯ r

~ r ) = A (~r ) ~e . In Kugelkoordinaten ergeben sich damit die Komponenten


d. h. A(~
¯ ¯z z

µ e−jkr
Ar (~r ) = Az (~r ) cos ϑ = Il cos ϑ ,
¯ ¯ 4π ¯ r
µ e−jkr
Aϑ (~r ) = −Az (~r ) sin ϑ = − Il sin ϑ ,
¯ ¯ 4π ¯ r
Aϕ (~r ) = 0 .
¯
Die magnetische Feldstärke wird durch
 
~ r ) = 1 rot A(~
H(~ ~ r ) = 1 ~e 1 ∂(rAϑ ) ∂ Ar
¯ − ¯
¯ µ ¯ µ ϕr ∂r ∂ϑ

bestimmt, womit
H r (~r ) = 0 ,
¯
H ϑ (~r ) = 0 ,
¯  
jk e−jkr 1
H ϕ (~r ) = Il 1+ sin ϑ .
¯ 4π¯ r jkr
folgt. Die elektrische Feldstärke im Punkt P ist durch

~ r ) = 1 rot H(~
E(~ ~ r)
¯ jωε ¯

berechenbar, was zu
 
1 e−jkr 1
E r (~r ) = Z Il 2 1+ cos ϑ ,
¯ 2π ¯ r jkr
!
jk e−jkr 1 1
E ϑ (~r ) = Z Il 1+ − sin ϑ ,
¯ 4π ¯ r jkr (kr)2
E ϕ (~r ) = 0
¯
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1

führt. Im Fernfeld gilt |~r | ≫ |~r ′| und kr ≫ 1. Die Terme der Größenordnung O r2
können
daher vernachlässigt werden. Es folgt

jk e−jkr
E ϑ (~r ) = Z Il sin ϑ (8.56)
¯ 4π ¯ r

und
jk e−jkr
H ϕ (~r ) = Il sin ϑ , (8.57)
¯ 4π¯ r
d. h. es gilt
E ϑ (~r ) = Z H ϕ (~r ) . (8.58)
¯ ¯
Die elektrische und die magnetische Feldstärke stehen senkrecht aufeinander und sind
über den Wellenwiderstand miteinander verknüpft. Die Berechnung des Poyntingschen
Vektors liefert

~ r ) = 1 E(~
S(~ ~ r)×H ~ ∗ (~r )
¯ 2¯ ¯
1
= E ϑ (~r ) · H ∗ϕ (~r ) ~er
2¯ ¯   ∗
1 jk e−jkr jk e−jkr
= Z Il sin ϑ · Il sin ϑ ~er
2 4π ¯ r 4π ¯ r

und mit I · I ∗ = |I|2 und k = 2π/λ folgt


¯ ¯ ¯
 2
~ r) = 1 Z
S(~
|I| l
¯
1
sin2 (ϑ) ~er . (8.59)
¯ 8 λ r2
n o
~ ~ ~
Die Energieflussdichte S(~r ) ist im Fernfeld also reell, d. h. S(~r ) = Re S(~r ) = Sr (~r ) ~er .
¯ ¯ ¯

8.7.1 Strahlungsdiagramme
Zur graphischen Darstellung der abgestrahlten Energieflussdichte wird die Radialkompo-
nente Sr (~r ) = Sr (r, ϑ, ϕ) des Poyntingschen Vektors (8.59) auf das Maximum Sr max der
Energieflussdichte bezogen und die normierte Größe

Sr (r, ϑ, ϕ)
Sr′ (ϑ, ϕ) =
Sr max

in den Ebenen ϑ = π2 und ϕ = konst. veranschaulicht. Abbildung 8.15 zeigt das resultie-
rende horizontale und das vertikale Strahlungsdiagramm, wobei das vertikale Diagramm
in 8.15b für ϕ = 0 dargestellt ist.

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y z

Sr′ (ϑ = π2 , ϕ)

ϑ Sr′ (ϑ, ϕ = 0)
ϕ
1 x 1 x

a) Horizontales Strahlungsdiagramm b) Vertikales Strahlungsdiagramm

Abbildung 8.15: Strahlungsdiagramme

8.7.2 Mittlere abgestrahlte Leistung


Die mittlere vom Hertzschen Dipol abgestrahlte Leistung P S ergibt sich durch Integration
des Poyntingschen Vektors (8.59) über die Oberfläche A einer Kugel

ZZ Z2π Zπ  2
~=
~ r ) · dA 1 | I| l 1
P S = S(~ Z ¯ sin2 (ϑ) ~er · ~er r2 sin(ϑ) dϑ dϕ
¯ 8 λ r2
A ϕ=0 ϑ=0
 2
π |I| l
= Z ¯ .
3 λ

Im Fernfeld ist die abgestrahlte Leistung wie auch die mittlere Energieflussdichte reell.

8.7.3 Direktivität
Neben dem Strahlungsdiagramm ist ein Richtdiagramm eine gängige Darstellungsart für
die Charakteristik eines strahlenden Elements. Die Energieflussdichte S r (r, ϑ, ϕ) bezogen
auf die Energieflussdichte eines Strahlers der die Leistung P S isotrop abstrahlt führt zur
Direktivität
S (r, ϑ, ϕ)
D(ϑ, ϕ) = r .
P S /(4πr2 )
Für den betrachteten Hertzschen Dipol ergibt sich damit
 2
1 |I| l 1
Z ¯ sin2 (ϑ)
8 λ r2 3
D(ϑ, ϕ) = 4πr2  2 = sin2 (ϑ) .
π |I| l 2
Z ¯
3 λ

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8.8 Linearantennen
Eine Linearantenne besteht aus einem als ideal leitend angenommenen dünnen Draht, der
von einem ortsabhängigen hochfrequenten Wechselstrom I = I(~r ) mit konstanter Kreis-
¯ ¯
frequenz ω durchflossen wird. Zunächst wird ein im Ursprung angeordnetes infinitesimales
z-gerichtetes Element der Länge dz ′ betrachtet, wie in Abbildung 8.16 dargestellt ist. Der
z
P�

dz ′
I
¯

Abbildung 8.16: Infinitesimales Leiterstück im Ursprung

Beitrag des stromdurchflossenen Elements zum Vektorpotential in einem Punkt P kann


nach (8.55) durch
−jkr
~ µ ′ e
dA(~r ) = Idz ~ez
¯ 4π ¯ r
ausgedrückt werden. Der Beitrag zum magnetischen Feld in P ergibt sich damit durch

~ r ) = 1 rot dA(~
dH(~ ~ r)
¯ µ ¯
 −jkr 
1 ′ e
= Idz rot ~ez .
4π ¯ r

Mit der Umformung der Rotation


   
e−jkr e−jkr e−jkr
rot ~ez = rot ~e − ~ez × grad
r r | {z }z r
=0

und dem Gradienten    


e−jkr 1 e−jkr
grad = −~er + jk
r r r
folgt  
~ r ) = 1 Idz ′ (~ez × ~er ) 1 e−jkr
dH(~ + jk .
¯ 4π ¯ r r
Der Beitrag eines Elements in allgemeiner Lage zum magnetischen Feld in P ist durch den
Übergang vom Feldpunktvektor ~r zum Abstandsvektor ~r − ~r ′ und vom Wegelement ~ez dz ′
zu d~r ′ gegeben, d. h.
   −jk|~r−~r ′ |
~ 1 ′ ′ ~r − ~r ′ 1 e
dH(~r ) = I(~r ) d~r × ′ ′
+ jk .
¯ 4π ¯ |~r − ~r | |~r − ~r | |~r − ~r ′ |

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1
Im Fernfeld gilt k|~r − ~r ′ | ≫ 1, also k ≫ |~r−~
r ′|
, und es ist |~r | ≫ |~r ′|. Damit ergeben sich
unter Beachtung von (8.53) die Näherungen

~r − ~r ′ ~r


|~r − ~r | r

und
r′
� �
−jk|~ r ′|
r−~ −jk r− ~r·~
e e r
e−jkr jk ~r·~r ′

≈ = e r ,
|~r − ~r | r r
~ r ) der Ausdruck
womit für dH(~
¯
 
~ jk ′ ′ ~r e−jkr jk ~r·~r ′
dH(~r ) = I(~r ) d~r × e r
¯ 4π ¯ r r

folgt. Integration entlang der Kontur C der Linearantenne führt zur magnetischen Feld-
stärke Z  
~ jk e−jkr ′ r′
jk ~r·~ ′ ~r
H(~r ) = I(~r ) e r d~r × (8.60)
¯ 4π r ¯ r
C

im Fernfeld.

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