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Ernst Dorfner

Die Mehrwert-Partnerschaft
von
Kapital & Lohnarbeit
Die Sozialpartnerschaft
Von Karl Marx zu Rosa Luxemburg bis zu Hans Ch. Binswanger

Die rastlose Vermehrung des Wertes,


die der Schatzbildner anstrebt,
indem er das Geld vor der Zirkulation zu retten versucht,
erreicht der klügere Kapitalist,
indem er es stets von neuem der Zirkulation preisgibt."
(Ulrike Herrmann)

Die Partner der Sozialpartnerschaft stellen sich nach außen hin stets als heftig
miteinander ringende Gegner dar, die um die Aufteilung des Sozialproduktes
zwischen Kapital und Arbeit heftig kämpfen. Doch es ist wohl eine von vorne herein
weitgehend ausgeklügelte Sache zum gegenseitigen Vorteil. Das hat irgendwie schon
Rosa Luxemburg so erkannt.
So schreibt sie in ihrem mehrbändigen Buch ; „Die Theorie der Akkumulation des
Kapitals“, wo sie nicht nur die 3 Bände von „Das Kapital“ aufgearbeitet hat, sondern
auch zahlreiche, von Marx hinterlassene Manuskripte. Aber auch in diesen findet sie
keine Antwort auf die alles entscheidende Frage von Marx: Der Metamorphose von
Kapital in Form der mehrstufigen Verwandlung von Geld (G) in Ware (W) , und diese
letztlich in Geld plus Mehrwert in Form von Geld (G') .

Auch Luxemburg scheitert in ihrer Aufarbeitung an dieser Frage, kommt aber dann
doch zu folgender Erkennnis:
„Die Fragestellung selbst ist also bei Marx die ganze Zeit schief gewesen. Es hat
keinen ersichtlichen Zweck zu fragen: Wo kommt das Geld her, um den Mehrwert
zu realisieren? Sondern die Frage muss lauten: Wo kommt die Nachfrage her, wo
ist das zahlungsfähige Bedürfnis für den Mehrwert?
Hier wird rasch klar: Der Sachverhalt ist ein komplexer, und bedarf mehrerer
handelnder Personengruppen, die sich entsprechned der Marx'schen Analyse in der
Klasse der Kapitalitsten und die der Lohnarbeiter zusammenfassen lassen.
Das Bedürfnis kommt ja im großen Ausmaß nicht von den relativ wenigen
Kapitalisten her, sondern von den vielen Lohnarbeitern Von denen kommen aber
nur die vielen und unterschiedlichsten Bedürfnisse – und werden dort von den
Kapitaliszten durch intensive Werbung auch neu geschaffen, - aber es kommt nicht
die Zahlungsfähigkeit dafür. Diese haben die Kapitalisten. Auch wenn sie nicht
ausreichend über Geld verfügen, so können sie es sich verschaffen, Denn sie haben
reales Vermögen in Form von Einrichtungen, Gebäuden. Maschinen und
Rechtsansprüchen, das sie brauchen, um über Kredite und Anleihen Geld
aufzunehmen und damit zu besichern. Denn die Kapitalisten müssen den
Arbeitern ihren Lohn in Geld bezahlen.
Mit der Lohnarbeit erfolgt also nach Marx der erste Metamorphose-Schritt: Die
Verwandlung von Geld in Ware,
Aber auch auch die Beschäftigten und Zulieferanten des Staates erhalten ihre
Geldzahlungen über die Klasse der Kapitalisten. Nämlich über Steuern und Abgaben,
die der Staat von den Unternehmen - rechtlich geregelt und mit dem staatlichen
Gewaltmonopol durchgesetzt – ständig verlangt. Es ist eine neue Entwicklung, die da
in England sich entwickelt hat.
Diesbezüglich schreibt Ulrike Hermann in der taz im Kommentar „150 Jahre „Das
Kapital“:
„Denn Marx war der erste Theoretiker, der die Dynamik des Kapitalismus richtig
beschrieben hat: Die moderne Wirtschaft ist ein permanenter Prozess - und kein
Zustand. Einkommen ist niemals garantiert, sondern entsteht erst, wenn unablässig
investiert wird. Die rastlose Vermehrung des Wertes, die der Schatzbildner anstrebt,
indem er das Geld vor der Zirkulation zu retten versucht, erreicht der klügere
Kapitalist, indem er es stets von neuem der Zirkulation preisgibt."
„Der Kapitalist darf niemals ruhen, kann sich nicht am Erreichten freuen, sondern
muss die Profite stets erneut investieren, wenn er im Rennen bleiben will. Das
Gewinnstreben scheint zum Selbstzweck zu verkommen, oder wie es Marx in einem
seiner berühmtesten Zitate formulierte: "Akkumuliert, Akkumuliert! Das ist Moses
und die Propheten!" … Bei Marx gab es keine Werte, die irgendwie vorhanden
waren. Kapital bildete sich erst, wenn produziert wurde, wenn Güter entstanden,
die sich mit Gewinn verkaufen ließen.
Aber was trieb die rastlose Dynamik im Kapitalismus an? Heute erscheint es uns
selbstverständlich, dass Kapitalisten ständig investieren. Aber dieser permanente
Verwertungsprozess war erklärungsbedürftig, und Marx erkannte als Erster, dass die
Technik dabei eine zentrale Rolle spielt. Sobald sie systematisch eingesetzt wird,
entfaltet sie ihre eigene Logik."
Hier spricht Herrmann schon an, wo nach der Herkunft des Mehrwerts in Form von
Geld zu suchen ist. Die Verwendung von Technik in Form von Machinen und
Einrichtungen verlangte sehr rasch nach neue Unternehmen , die sich fernab von der
Herstellung von Konsumgüteren der Herstellung der Investitionsgüterrn im immer
weiter fortlaufenden Betrieb widmeten, deren Lohnarbeiter aber nicht mit eigenen
Produkten - den Investitionsprodukten – für ihre Lebenshaltung versorgt werden
konnten. Wenn auch bislang nicht alle Bedürfnisse mit eigenen Produkten zu erfüllen
waren, so gelang das immer noch durch einen regen Austausch ohne und mit Geld.
Wenn es dabei auch immer wieder Stundungen der Zahlung gab, so war dazu kein
ausgeprägtes Kreditwesen im gewöhnlichem Alltag erforderlich. Dieses entwickelee
sich begrenzt im Fernhandel vor allem in Italien.
Die beginnende industrilelle Entwicklung verlangte so sehr bald nicht nur nach Geld,
sondern nach eiem Kreditwesen, das mehr konnte als ein Darlehen aus Ersparanissen
zu vergeben. So entwicklte sich dann relativ rasch das, was wir heute als Kreditgeld
verstehen, mit dem dann der Kapitalismus in der Zeit von Karl Marx entstand. Und
Marx erkannte, dass damit eine neue Aera angebrochen war, in der die Produktion
von Gütern für die Menschen, und deren Austausch, nicht mehr die
Haupttriebkraft der Wirttschaft war, sondern das Bemühen, aus Geld mehr Geld
zu machen. Wie das aber funktioniert, dazu konnte Marx aber keine Antwort
finden.Der Metamorphose-Schritt in Form der  Rückverwandlung von Ware in Geld
plus Mehrwert blieb unbeantwortet.
Diese Antwort fand auch Luxemburg nicht. Aber wir verdanken ihr eine gründliche
Zusammenfassung der Überlegugen von Marx im Kapital 9 von "Die Theorie der
Akkumulation des Kapitals" Hier ein Auszug daraus:
Neuntes Kapitel
Die Schwierigkeit unter dem Gesichtswinkel des Zirkulationsprozesses
Die Analyse litt u. E. darunter, daß Marx das Problem unter der schiefen Form der Frage
nach „Geldquellen“ zu beantworten suchte. Es handelt sich aber in Wirklichkeit um
tatsächliche Nachfrage, um Verwendung für Waren, nicht um Geldquellen zu ihrer
Bezahlung. In bezug auf Geld als Medium der Zirkulation müssen wir hier, bei der
Betrachtung des Reproduktionsprozesses im ganzen, annehmen, daß die kapitalistische
Gesellschaft stets die zu ihrem Zirkulationsprozeß erforderliche Geldmenge zur Verfügung
hat oder sich dafür Surrogate zu beschaffen weiß. Was zu erklären ist, sind die großen
gesellschaftlichen Austauschakte, die durch reale ökonomische Bedürfnisse hervorgerufen
werden. Daß der kapitalistische Mehrwert, bevor er akkumuliert werden kann, unbedingt
die Geldform passieren muß, darf nicht außer acht gelassen werden. Dennoch suchen wir
aber die ökonomische Nachfrage nach dem Mehrprodukt ausfindig zu machen, ohne uns
weiter um die Herkunft des Geldes zu kümmern. Denn, wie Marx selbst an einer anderen
Stelle sagt: „Das Geld auf der einen Seite ruft dann die erweiterte Reproduktion auf der
andern ins Leben, weil deren Möglichkeit ohne das Geld da ist, denn Geld an sich selbst ist
kein Element der wirklichen Reproduktion.“ (1)
Daß die Frage nach der „Geldquelle“ zur Akkumulation eine ganz sterile Formulierung des
Problems der Akkumulation ist, zeigt sich bei Marx selbst in einem anderen
Zusammenhang.
Dieselbe Schwierigkeit beschäftigte ihn nämlich schon einmal im zweiten Bande des
Kapitals bei der Untersuchung des Zirkulationsprozesses. Schon bei der Betrachtung der
einfachen Reproduktion stellt er bei der Zirkulation des Mehrwerts die Frage:
„Aber das Warenkapital, vor seiner Rückverwandlung in produktives Kapital und vor der
Verausgabung des in ihm steckenden Mehrwerts, muß versilbert werden. Wo kommt das
Geld dazu her? Diese Frage erscheint auf den ersten Blick schwierig, und weder Tooke
noch ein andrer hat sie bisher beantwortet.“ (2)
Und er geht mit aller Rücksichtslosigkeit der Sache auf den Grund:
„Das in der Form von Geldkapital vorgeschoßne zirkulierende Kapital von 500 Pfd. St.,
welches immer seine Umschlagsperiode, sei das zirkulierende Gesamtkapital der
Gesellschaft, d. h. der Kapitalistenklasse. Der Mehrwert sei 100 Pfd. St. Wie kann nun
die ganze Kapitalistenklasse beständig 600 Pfd. St. aus der Zirkulation herausziehn,
wenn sie beständig nur 500 Pfd. St. hineinwirft?“ [1*]
Wir sind hier wohlgemerkt bei der einfachen Reproduktion, wo der gesamte Mehrwert von
der Kapitalistenklasse zu persönlicher Konsumtion verwendet wird. Die Frage müßte also
von vornherein präziser so gefaßt werden: Wie können die Kapitalisten, nachdem sie für
konstantes und variables Kapital im ganzen 500 Pfund Sterling in Geld in Umlauf setzen,
ihrer Konsummittel im Betrage des Mehrwerts = 100 Pfund Sterling habhaft werden? Es
ist dann sofort klar, daß jene 500 Pfund Sterling, die als Kapital ständig zum Ankauf von
Produktionsmitteln und zur Entlohnung der Arbeiter dienen, nicht zugleich zur Deckung der
persönlichen Konsumtion der Kapitalisten dienen können. Wo kommt also das zuschüssige
Geld von 100 Pfund Sterling her, das die Kapitalisten zur Realisierung ihres eigenen
Mehrwerts brauchen? Marx lehnt sofort alle theoretischen Ausflüchte ab, die etwa zur
Beantwortung der Frage versucht werden könnten.
„Man muß nun die Schwierigkeit nicht durch plausible Ausflüchte zu umgehn suchen.

Aber Luxemburg erkannte, schließlich:


„Die Fragestellung selbst ist also bei Marx die ganze Zeit schief gewesen. Es hat keinen
ersichtlichen Zweck zu fragen: Wo kommt das Geld her, um den Mehrwert zu
realisieren? Sondern die Frage muss lauten: Wo kommt die Nachfrage her, wo ist das
zahlungsfähige Bedürfnis für den Mehrwert?

Folgt man dieser Dynamik weiter, dann muss man heute erkennen, dass die
"Sozialprtnerschaft" tatsächlich eine Partnerschaft zu beidseitigem Vorteil ist,
auch wenn nach Außen hin von beiden Partnern der kämpferische Widerstreit zweier
gegensätzlichen Ansichten vertreten wird. Es ist eigentlich eine Komplizemschaft,
in der es die Aufgabe der Gewerkschaften ist, immer wieder heute ein Mehr an
Lohneinkommen zu fordern, um damit die Produkte von gestern heute mit mehr
Geld kaufen, und den Mehrwert realiseren zu können. Diese Mehr an
Lohneinkommen heute verlangt zwar heute den Unternehmen ein Mehr an
Investition ab,  dafür aber kassieren sie den monetären Mehrwert, den Profit
der Kapitalisten , der dabei zeitversetzt dadurch zustande kommt, dass das
vermehrte Geld rascher am Markt ist als die erst zu fertigenden Waren es sind.
Diese kommen erst morgen auf den Markt, und können so erst morgen gekauft
werden. Was damit gekauft wird, sind - umes nochmasl  zu sagen - die Produkter
von gestern. Damit aber stehen den Profiten von heute  - für die Produkte von
gestern - die angewachsenen Schulden, die morgen zu bedienen sind, gegenüber.
Die dann wieder an die Folgeinvestionen in weiter angewachsen Größe
weitergegeben werden. Also: Ein Spiel ohne Ende, in dem das Heute mit dem
Gestern und de.die beim Morgen erschrämkt ist. Es geht um das Vertrauen in die
zukünftigen Erwartungen Keynes eine so große Rolle spielt.
Diese Komplizenschaft zwischen Arbeit & Kapital mit dem innewohnenden
Zwang bzw. Drang zum Wachstum geht nun aber zu Lasten von Natur &
Umwelt.
Hans Ch. Binswnager hat das in seinen Büchern "Geld & Natur", "Geld &
Wachdtum " "Die Wachstumspirale " ausführlich dargestellt. So schreibt er
zusammnenfassend:
Die erste und die zweite Voraussetzung des Wachtums bedingen sich gegenseitig.
Geld-und Kreditschöpfung setzen Wachstum, d.h. Netto-Investitionen, voraus,
und durch Wachstum. d.,h. durch Netto-Investitionen wird es möglich, die
Geldmnege zu vermehren, ohne dass – trotz Vollbeschäftigung der Arbeit – die
Ptreise proportional zur Geldmenge steigen (Geld&Natur, s.103).

Damit witrd hier auch das aktuelle Inflationsproblem angesprochen, und


angedeutet, wie unsere Wirtschaft generell funktioniert, bzw, welche Fehler in der
Zeit der Corona-Pandemie und den Folgen des Ukraine Krieges bzw. der Klima Kris
gemacht wurden. Es fehlt überall an den Kenntnissen der Zusammehänge unsere
Geld-und Kreditwirtschaft.

E.D. Juli/September 2023

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