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T (a) := {d ∈ R | ∃b ∈ R : a = db}.
Dem Euklidischen Algorithmus zur Berechnung eines größten gemeinsamen Teilers liegt
folgende Beobachtung zugrunde:
Lernziele. Division mit Rest für ganze Zahlen, Euklidischer Algorithmus für ganze Zah-
len, Invertieren in Z/nZ, Lösen von linearen Gleichungen über Z.
x , falls x ≥ 0 ,
|x| :=
−x , falls x < 0 .
1
2 KAPITEL 5. DER EUKLIDISCHE ALGORITHMUS
Lemma 5.3. Es seien a, b ∈ Z mit b 6= 0. Dann gibt es eindeutig bestimmte ganze Zahlen
q, r ∈ Z mit
a = qb+r und 0 ≤ r < |b| .
Die Zahl r heißt auch der kleinste nicht-negative Rest von a modulo b, die Zahl q wird
Quotient genannt. Abkürzung: r = a mod b.
Beweis. Wir geben den Beweis für den Fall a ≥ 0 und b > 0. Die Erweiterung auf negative
ganze Zahlen lassen wir als Übung.
Wir verwenden vollständige Induktion über a.
Induktionsanfang: Ist 0 ≤ a < b, so setze r := a und q := 0.
Ist a ≥ b, so betrachte a0 := a − b. Nach Voraussetzung gibt es q 0 und r ∈ Z mit 0 ≤ r ≤ |b|
so dass a0 = q 0 b + r. Dann ist aber
a = a0 + b = (q 0 + 1)b + r.
Wir erinnern daran (siehe Definition 3.13 a)), dass im Fall r = 0 in a = q b + r die Zahl
b ein Teiler der Zahl a ist, in Symbolen: b | a.
Definition 5.4. Für zwei ganze Zahlen a, b ∈ Z mit (a, b) 6= (0, 0) heißt die positive ganze
Zahl t mit den folgenden beiden Eigenschaften der größte gemeinsame Teiler (ggT)
von a und b:
a) t | a und t | b,
Dann schreibt man auch t = ggT(a, b). Ist t = 1, so sagt man auch, dass a und b relativ
prim oder teilerfremd sind.
Für zwei gegebene ganze Zahlen a und b berechnet der Euklid1 ische Algorithmus
ggT(a, b). Wir zeigen damit auch, dass der größte gemeinsame Teiler von a und b existiert.
Die Idee ist die Division mit Rest: Ist a = qb + r mit a, b, q, r ∈ Z, so ist ggT(a, b) =
ggT(b, r).
1
Euklid von Alexandria, etwa 325 – 265 v. Chr.
5.1. DER EUKLIDISCHE ALGORITHMUS ÜBER DEN GANZEN ZAHLEN 3
3. Beginnend mit k := 2 und solange rk 6= 0, setze die Folge (rn ) fort durch
Beweis. Es ist zu zeigen, dass der Algorithmus nach endlich vielen Schritten terminiert
und dass er ggT(a, b) liefert. Ersteres ist klar, denn rn ∈ Z≥0 für n ≥ 3, und die Folge ist
ab dem dritten Glied streng monoton fallend. Behauptung: Am Ende ist rk−1 = ggT(a, b).
Dazu mache man sich klar: Für jedes n mit 3 ≤ n ≤ k haben rn−2 und rn−1 dieselben
gemeinsamen Teiler wie rn−1 und rn , Dies ist klar, da
Schließlich ist rk−1 offenbar der größte gemeinsame Teiler von rk−1 und 0 = rk , so dass die
Behauptung folgt.
Beispiel 5.6. Wir bestimmen ggT(1002, 912). Der Euklidische Algorithmus liefert die
Folge 1002, 912, 90, 12, 6, 0, also ggT(1002, 912) = 6.
Der erweiterte Euklidischen Algorithmus“, stellt den ggT(a, b) als ganzzahlige Linear-
”
kombination von a und b dar.
2
Étienne Bézout, 1730 – 1783
4 KAPITEL 5. DER EUKLIDISCHE ALGORITHMUS
Dann liefert die erste Zeile von Ak−1 das gewünschte Paar (α, β), und es gilt
a t
Ak−1 = .
b 0
Beispiel 5.9. Bestimme (25 + 31Z)−1 in F31 = Z/31Z. Wir wenden den erweiterten Eu-
klidischen Algorithmus auf a = 31, b = 25 an:
31 = 1 · 25 + 6, 25 = 4 · 6 + 1, 6 = 6 · 1 + 0 also
0 1 0 1 0 1 0 1 1 −1 −4 5
( ) = = ,
1 −6 1 −4 1 −1 1 −6 −4 5 25 −31
also
−4 · 31 + 5 · 25 = 1, insbesondere (25 + 31Z)−1 = 5 + 31Z .
Bemerkung 5.10. In diesem Kontext ist auch die zweite Zeile von Ak−1 von Interesse.
α β
Ist Ak−1 = , so ist die Menge aller Bézout Identitäten
γ δ
Folgerung 5.11. Für jede Primzahl p ist Fp := Z/pZ ein Körper (mit der auf Restklassen
modulo p definierten Addition + und Multiplikation ·, siehe Beispiel 3.11 c)).
Wir geben noch eine alternative Art an, den erweiterten Euklidischen Algorithmus
durchzuführen:
Bemerkung
5.12. Setzt man im erweiterten Euklidischen Algorithmus An :=
αn βn
für alle n ∈ N, so ergibt sich
γn δn
γn δn αn+1 βn+1
An+1 = = .
αn − qn+1 γn βn − qn+1 δn αn − qn+1 αn+1 βn − qn+1 βn+1
Da die 2. Zeile von An+1 gleich der ersten Zeile von An+2 ist, findet man die folgende
Rekursion für die Werte von (αn , βn ):
αn+2 αn αn+1
= − qn+1 .
βn+2 βn βn+1
Beispiel 5.13. Zusätzlich zur Folge (gn ) bestimmen wir Folgen (αn ) und (βn ), so dass
stets rn = αn a + βn b gilt. Für n = k − 1 wird dann ggT(a, b) als ganzzahlige Linearkom-
bination von a und b dargestellt. Man initialisiert diese Folgen durch (α1 , β1 ) = (1, 0) und
(α2 , β2 ) = (0, 1) und bildet in den Spalten für αn und βn in der folgenden Tabelle jeweils die
entsprechende Linearkombination wie in der Spalte für rn , um die neue Zeile zu erhalten:
n rn qn αn βn
1 1002 1 0
2 912 0 1
3 90 10 1 −1
4 12 7 −10 11
5 6 2 71 −78
6 0 −152 167
Folgerung 5.14. Genau dann ist p ∈ N \ {1} eine unzerlegbar (d. h., die einzigen Teiler
von p in N sind 1 und p), wenn für alle m, n ∈ N gilt: p | m · n ⇒ p | m ∨ p | n, also p
eine Primzahl ist.
6 KAPITEL 5. DER EUKLIDISCHE ALGORITHMUS
Beweis. “⇒”: Es sei p unzerlegbar. Wir zeigen: ¬(p | m ∨ p | n) ⇒ ¬(p | m · n). Wir
nehmen an, dass p weder m noch n teilt. Dann gibt es α, β, γ, δ ∈ Z, so dass 1 = α p + β m
und 1 = γ p + δ n gilt. Multiplikation dieser beiden Gleichungen liefert 1 = λ p + µ m n für
gewisse λ, µ ∈ Z, so dass p also auch m · n nicht teilt.
“⇐”: Angenommen, außer 1 und p hat die natürliche Zahl p noch mindestens einen weiteren
Teiler d ∈ N, also p = d · e für ein e ∈ N, wobei d 6= 1 und e 6= 1. Dann gilt p | d · e, aber
weder p | d noch p | e.
Satz 5.15 (Fundamentalsatz der Arithmetik). Jede natürliche Zahl n ∈ N lässt sich (bis
auf die Reihenfolge) eindeutig als Produkt von (endlich vielen) Primzahlen schreiben.
Bemerkung 5.16. a) Man verwendet die Konvention, dass das leere Produkt (also ein
Produkt ohne Faktoren) gleich dem neutralen Element 1 bezüglich der Multiplikation
ist. Also hat 1 ∈ N die eindeutige Primfaktorzerlegung ohne Faktoren.
c) Man kann Satz 5.15 leicht auf alle ganzen Zahlen n 6= 0 verallgemeinern, indem man
eine Einheit in Z× = {1, −1} als weiteren Faktor zur Primfaktorisierung hinzufügt.
Beweis des Fundamentalsatzes der Arithmetik. Wir zeigen die Existenz einer Primfaktor-
zerlegung von n ∈ N durch vollständige Induktion. Der Fall n = 1 wurde in der vorigen
Bemerkung schon besprochen. Wir nehmen an, dass alle natürlichen Zahlen kleiner als n
Primfaktorzerlegungen besitzen. Falls n eine irreduzibel ist, dann besteht die Primfaktor-
zerlegung von n nur aus einem Faktor. Andernfalls ist n = d · e für d, e ∈ N mit d 6= n und
e 6= n. Nach der Induktionsannahme gibt es Primfaktorzerlegungen
n = p1 · p2 · . . . · pr+s
gilt. Dann ist p1 ein Teiler von p01 · p02 · . . . · p0s . Folgerung 5.14 (mit Induktion) impliziert,
dass es ein j ∈ {1, . . . , s} gibt mit p1 | p0j . Ohne Beschränkung der Allgemeinheit sei j = 1.
5.2. POLYNOMRINGE UND POTENZREIHENRINGE 7
Da p01 irreduzibel ist, hat p01 nur die Teiler 1 und p01 . Es folgt p1 = p01 . Also können wir p1
und p01 auf beiden Seiten der Gleichung p1 · p2 · . . . · pr = p01 · p02 · . . . · p0s kürzen und dann
das Argument mit p2 wiederholen. Nach endlich vielen Schritten ist die linke Seite oder die
rechte Seite gleich 1. Die andere Seite enthält dann auch keine Primfaktoren mehr, und
wir schließen, dass r = s gilt. Die Primfaktorzerlegungen in (5.1) unterscheiden sich also
höchstens in der Reihenfolge.
wobei
c0 := a0 b0 , c1 := a0 b1 + a1 b0 , c2 := a0 b2 + a1 b1 + a2 b0 , ...
n
X
cn := ak bn−k , n ∈ Z≥0 .
k=0
Dann heißt (R, +, ·) der Ring der formalen Potenzreihen in X := (0, 1, 0, 0, . . .), und
man bezeichnet diesen Ring auch mit K[[X]]. Das Element (a0 , a1 , a2 , . . .) von K[[X]]
schreibt man auch als ∞
X
ai X i .
i=0
Man beachte, dass es sich um eine formale Schreibweise handelt. Im algebraischen Sinne
sind Summen mit unendlich vielen Summanden nicht definiert.
8 KAPITEL 5. DER EUKLIDISCHE ALGORITHMUS
(Selbstverständlich kann man auch einen anderen Buchstaben als X für die Unbestimmte
benutzen. Zur Betonung der Unbestimmten schreibt man manchmal auch a(X) statt a.)
X (a0 , a1 , a2 , a3 , . . .) = (0, a0 , a1 , a2 , . . .) .
µb : K[[X]] → K[[X]] : a 7→ b a ,
also a · b = (4, 4, 6, 2, 6, 4, 4, 0, 0, . . .) = 4 + 4X + 6X 2 + 2X 3 + 6X 4 + 4X 5 + 4X 6 .
5.2. POLYNOMRINGE UND POTENZREIHENRINGE 9
b) Für alle i ≥ 0 nennen wir X i ein Monom. Es gilt X i X j = X i+j . Man setzt X 0 := 1.
(Man sieht, wie die Multiplikation der Monome X i der Addition der Exponenten
entspricht. Man sagt: K[X] ist der Halbgruppenring von (Z≥0 , +) über K.)
a = a0 + a1 X + a2 X 2 + . . . + an X n
die von den Verknüpfungen + und · von K[X] induziert werden, versehen.
Jede einzelne Aussage dieser Bemerkung ist leicht zu beweisen und gleichzeitig sehr wichtig.
Beweis. Offenbar ist K[X] mit der Addition + eine abelsche Gruppe (siehe Axiom (R1))
mit neutralem Element 0 = (0, 0, 0, . . .). Dass die Multiplikation · kommutativ ist und
1 = (1, 0, 0, . . .) das Einselement ist, ergibt sich direkt aus der Definition der Multiplikation.
Die Distributivgesetze (Axiom (R3)) folgen direkt aus der Linearität der Multiplikation.
Es bleibt die Assoziativität zu zeigen (Axiom (R2)): a (b c) = (a b) c für alle a, b, c ∈ K[X].
Beweis durch Induktion nach Grad(c): Die Behauptung ist sicher richtig im Fall c = 0
oder Grad(c) = 0. Angenommen, sie gilt für alle a, b, c mit Grad(c) ≤ n. Wir zeigen,
dass sie dann auch für alle a, b, c mit Grad(c) = n + 1 gilt. Zu diesem Zweck schreiben
10 KAPITEL 5. DER EUKLIDISCHE ALGORITHMUS
wir c = C + cn+1 X n+1 mit C = 0 oder Grad(C) ≤ n. Dann folgt mit der Linearität der
Multiplikation
a (b c) = a (b (C + cn+1 X n+1 ))
= a (b C + cn+1 b X n+1 )
= a (b C) + cn+1 a (b X n+1 )
= (a b) C + cn+1 (a b) X n+1
= (a b) (C + cn+1 X n+1 )
= (a b) c ,
wobei die Induktionsannahme und eine Iteration von Bemerkung 5.18 eingehen.
Übung: Zeige als Folgerung aus dem letzten Satz, dass der Potenzreihenring K[[X]] ein
kommutativer Ring mit Eins ist.
Übung: Man zeige, dass Elemente a = ∞ i
P
i=0 ai X ∈ K[[X]] mit a0 6= 0 invertierbar sind.
Modifiziere das Schema des letzten Beispiels, um ein Schema anzugeben, wie man die ersten
n Glieder von a−1 ausrechnen kann. Gibt es Alternativen? Betrachte (1 − X)−1 . Betrachte
auch (1 − X − X 2 )−1 = ∞ i
P
i=0 ai X . Zeige: a0 = a1 = 1 und ai+2 = ai + ai+1 für i ≥ 0.
Lemma 5.22 (Division mit Rest). Es sei K ein Körper. Für alle a, b ∈ K[X] mit b 6= 0
existieren eindeutige q, r ∈ K[X] mit
Die Polynome q und r werden Quotient bzw. Rest genannt. Im Fall r = 0 ist b ein Teiler
von a, und man schreibt b | a.
Beweis. Falls a = 0 oder m := Grad(a) < Grad(b) =: n gilt, so erfüllen q = 0 und r = a die
Behauptung. Allgemein handelt es sich um das Lösen eines linearen Gleichungssystems für
die Koeffizienten q0 , q1 , . . . , qm−n von q, wobei die zum LGS gehörige Koeffizientenmatrix
bereits in Stufenform ist. Das Lösungsverfahren für dieses LGS geschieht mit den gegebenen
Polynomen durch Polynomdivision: Beginnend mit q = 0 ersetze a durch a − abm n
X m−n b
und füge abm
n
X m−n als Term zu q hinzu. Nach endlich vielen Schritten ist der Grad von a
5.3. DER EUKLIDISCHE ALGORITHMUS ÜBER K[X] 11
kleiner als n, so dass dieses letzte Polynom in der Folge der Divisionsrest r ist.
Zum Beweis der Eindeutigkeit von q und r sei a = qe b + re mit qe, re ∈ K[X] und re = 0
oder Grad(e r) < Grad(b). Dann folgt re − r = (q − qe) b. Wenn q − qe 6= 0 gilt, dann folgt
Grad(r − re) ≥ Grad(b), was ein Widerspruch ist. Also ist q = qe und r = re.
0 0 0 0 1 −1 1 0 0 . . . 1X 4 · b
0 0 0 1 −1 1 0 0 0 . . . 1X 3 · b
0 0 0 0 0 0 0 0 0 . . . 0X 2 · b
0 −1 1 −1 0 0 0 0 0 . . . −1X · b
−1 1 −1 0 0 0 0 0 0 ... −1 · b
−1 −1 0 0 0 0 1 0 0 ... a
q = −1 − X + X 3 + X 4 , r = −X .
Bemerkung 5.24. Inzwischen sollte die Parallelität vieler Eigenschaften der Ringe Z und
K[X] klar sein:
b) Die Terminologie zum größten gemeinsamen Teiler überträgt man von Definition 5.4
auf Polynome in K[X]. Der ggT zweier Polynome a, b ∈ K[X], (a, b) 6= (0, 0), ist nur
eindeutig bis auf Faktoren in K \ {0}, also bis auf Faktoren in K[X] vom Grad 0.
c) In beiden Ringen gibt es eine Division mit Rest, und damit hat K[X] auch einen
Euklidischen Algorithmus zur Berechnung des ggT und einen erweiterten Eu-
klidischen Algorithmus zur Bestimmung von Bézout-Koeffizienten.
d) Weiter hat man auch das Analogon von Primzahlen in K[X], nämlich irreduzible
Polynome, die wir in Definition 5.25 einführen, und entsprechend eine eindeutige
Primfaktorzerlegung für Polynome (Folgerung 5.30).
b) Ein Element p ∈ R \ {0} heißt prim, wenn p keine Einheit ist (also p 6∈ R× ) und
wenn für a, b ∈ R gilt (siehe auch Folgerung 5.14):
p|a·b ⇒ p | a ∨ p | b.
c) Ein Element p ∈ R \ {0} heißt irreduzibel, wenn p keine Einheit ist (also p 6∈ R× )
und wenn für a, b ∈ R gilt:
p = a·b ⇒ a ∈ R× ∨ b ∈ R× .
Definition 5.26. Wir führen die Standardbezeichnungen für Typen von kommutativen
Ringen mit Eins ein, die wir bereits gesehen haben.
a) Ein Integritätsbereich (engl. integral domain) ist ein kommutativer Ring mit 1 6= 0,
in dem es keine Nullteiler außer 0 gibt.
a) Zwei Elemente a, b ∈ R sind genau dann assoziiert, wenn es eine Einheit e ∈ R× gibt
mit a = e b.
b) Es sei p ∈ R \ {0} keine Einheit. Genau dann ist p irreduzibel, wenn jeder Teiler von
p in R eine Einheit ist oder zu p assoziiert ist.
Übung: Man zeige, dass in einem Integritätsbereich jedes Primelement irreduzibel ist.
Definition 5.28. Ein Polynom a ∈ K[X]\{0} heißt normiert, wenn sein Leitkoeffizient,
also an mit n = Grad(a), gleich 1 ist.
Mit Hilfe des Begriffs eines normierten Polynoms können wir auch wieder einen eindeu-
tigen größten gemeinsamen Teiler von zwei Polynomen definieren:
Definition 5.29. Seien f, g ∈ K[X], g 6= 0. Dann heißt das eindeutig bestimmte normierte
Polynom t ∈ K[X] der größte gemeinsame Teiler von f und g, falls t sowohl f als auch
g teilt und jedes Polynom welches sowohl f als auch g teilt ein Teiler von t ist.
Als Folgerung aus dem Euklidischem Algorithmus erhält man mit analogem Beweis
zu Satz 5.15 (Fundamentalsatz der Arithmetik):
Folgerung 5.30. Es sei K ein Körper. Jedes Polynom p ∈ K[X] \ {0} hat eine bis auf
die Reihenfolge der Faktoren eindeutige multiplikative Zerlegung in normierte irreduzible
Polynome und eine Einheit, d. h., der Integritätsbereich K[X] ist faktoriell.
Folgerung 5.31. Es sei K ein Körper und p ∈ K[X] ein Polynom. Auf K[X] definieren
wir die Äquivalenzrelation ∼ durch
a∼b :⇐⇒ p | (a − b) .
14 KAPITEL 5. DER EUKLIDISCHE ALGORITHMUS
so dass K[X]/pK[X] mit diesen Verknüpfungen ein kommutativer Ring mit Eins ist. Ist p
irreduzibel, so ist K[X]/pK[X] ein Körper.
Beweis. Übung. (Die multiplikative Invertierbarkeit der von 0 + pK[X] verschiedenen Ele-
mente von K[X]/pK[X] folgt aus dem erweiterten Euklidischen Algorithmus.)
(a + b X) (c + d X) = a c − b d + (a d + b c) X .
oder
1 √
3
√
3 2 √3
= −1 + 2.
2 + 2+1
Mit dem Begriff der Irreduzibilität von Polynomen ist der der Wurzel eng verbunden.
Bemerkung 5.33. Es sei A ein Ring, der den Körper K als Teilring enthält, d. h., die
Verknüpfungen + und · von K sind die Einschränkungen der Verknüpfungen + und · von
A auf K.
b) Ein Element a ∈ K heißt Wurzel (oder auch Nullstelle) des Polynoms p ∈ K[X],
falls p(a) = 0 gilt, also εa (p) = 0.
c) Für a ∈ K gilt p(a) = 0 genau dann, wenn (X − a) ein Teiler von p ist (d. h. wenn
(X − a) ein Linearfaktor von p ist).
K[X] → K K : p 7→ pe
ist linear, sogar multiplikativ. Sie ist genau dann surjektiv, wenn K endlich ist, und
sie ist genau dann injektiv, wenn K unendlich ist.
Beweis. Übung (wobei für e) auch die folgende Übungsaufgabe nützlich ist).
3
Joseph-Louis Lagrange, 1736 – 1813
16 KAPITEL 5. DER EUKLIDISCHE ALGORITHMUS
Definition 5.34. Ein Körper K heißt algebraisch abgeschlossen, falls jedes nicht kon-
stante Polynom über K eine Wurzel in K hat, d. h., falls jedes nicht-konstante Polynom
über K in Linearfaktoren zerfällt.
Satz 5.35 (Fundamentalsatz der Algebra, Gauß). Der Körper C der komplexen Zahlen
ist algebraisch abgeschlossen.
So wie man durch Konstruktion von Brüchen aus dem Ring Z der ganzen Zahlen den
Körper Q der rationalen Zahlen erhält, kann man aus dem Polynomring K[X] den Körper
K(X) der rationalen Funktionen in der Unbestimmten X über K erhalten.
Bemerkung 5.36. Sei R ein kommutativer nullteilerfreier Ring mit Eins. Definiere eine
Äquivalenzrelation ∼ auf R × (R \ {0}), durch
Die Äquivalenzklasse von (p, q) wird als pq := [(p, q)]∼ bezeichnet. Der Quotientenkörper
von R, Quot(R) ist die Menge dieser Äquivalenzklassen mit den Verknüpfungen
p1 p 2 p1 p2
· : Quot(R) × Quot(R) → Quot(R) : · :=
q1 q2 q1 q 2
p 1 p2 p1 q2 + q1 p2
+ : Quot(R) × Quot(R) → Quot(R) : + := .
q1 q2 q1 q2
Man rechnet leicht die Ringgesetze nach, Quot(R) ist ein kommutativer Ring mit Eins, das
multiplikativ Inverse von pq ist, für p 6= 0, der Kehrwert pq = ( pq )−1 . Beachten Sie, dass die
Verknüpfungen wohldefiniert sind, da R nullteilerfrei ist.