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Was haben Fachkräfte und Wohnraum gemeinsam? Sie sind knapp und werden
entsprechend immer teurer. Viele Unternehmen locken Mitarbeiter daher mit
Werkswohnungen. Zentrumsnaher Wohnraum klingt aber nicht nur für die Angestellten
interessant, sondern kann auch ein sozialer und ökologischer Mehrwert sein.
„Wenn, dann die“, sagt Alexander Degen begeistert. Als Mitarbeiter bezieht er gerade eine
zentral gelegene Werkswohnung der Stadtwerke München. Der junge Ingenieur ist froh so
schnell eine bezahlbare Unterkunft gefunden zu haben „Die Wohnung ist super, sie ist hell
und gut geschnitten“. Dass er zur Arbeit radeln kann, ist ein ökologischer Vorteil, so wie
auch das begrünte Dach und die Fotovoltaikanlage. Erst im vergangenen Herbst wurde
das Haus mit 20 Wohnungen an der Kathi-Kobus-Straße eröffnet. Aktuell haben die SWM
rund 1000 Werkswohnungen und bis 2030 soll die Zahl auf 3.000 steigen.
Inzwischen stellen viele Unternehmen, wie die SWM, BASF, Deutsche Bahn oder VW
wieder Wohnungen für ihre Mitarbeiter bereit. So ist laut Bundesverband der
Wohnungswirtschaft (GDW) der reduzierte Bestand in Deutschland, der in den Achtziger
Jahren noch bei rund 450.000 lag, wieder auf rund 100.000 gestiegen. Dieser Trend
bezieht sich auch auf kleine und mittlere Unternehmen, die vermehrt Werkswohnungen
anbieten. Laut einer Studie des Forschungsinstituts Regiokontext schließen sich diese
zusammen, um gemeinsam zu bauen oder sie kooperieren mit Wohnungsunternehmen
und Genossenschaften.
Unternehmen möchten mit dem Angebot von Mitarbeiterwohnungen vor allem Personal
gewinnen und binden. Es herrscht ein Fachkräftemangel, wodurch es laut Regiokontext in
vielen Unternehmen zu Umsatzeinbußen kommt. Gerade in Großstädten und
Ballungsräumen sind die Mietpreise kaum mehr mit niedrigen oder mittleren Einkommen
zu bezahlen. Unternehmen wie den SWM ist es wichtig, dass sich Beschäftigte aller
Lohngruppen das Leben in München leisten können. So bestätigt auch Werner Albrecht,
Geschäftsführer Personal, Immobilien und Bäder: „Bezahlbarer Wohnraum kann ein
wichtiges Kriterium potenzieller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein, sich für uns als
Arbeitgeber zu entscheiden.“
Im teuren Kreis Starnberg hat die Sicherheitsfirma Schmid Alarm neue Wohnungen
gebaut. Da die Wohnungen einkommensorientiert gefördert werden, gibt es ein
Belegungsrecht für einen Teil der Wohnungen für Mitarbeiter der Firma. Der Rest wird von
der Gemeinde vergeben. Das ist gut für das soziale Wohnen in der Gemeinde, aber
umständlich für das Unternehmen. Inhaber Tobias Schmid sagt: „Heute würde ich mich
für Werkswohnungen entscheiden, aber zum Zeitpunkt des Baus hätten Mieter von
Werkswohnungen eine geringere Miete noch als geldwerten Vorteil versteuern müssen.“
Durch eine Anpassung des Steuergesetzes 2020 bleibt die Ersparnis nun meist steuerfrei.
Die Politik scheint den Vorteil des Trends zur Werkswohnung erkannt zu haben. Laut GDW
fehlen in Deutschland mehr als 1 Mio. Wohnungen und nun kündigt der Koalitionsvertrag
400.000 Neubauwohnungen pro Jahr an. Mitarbeiterwohnen taucht, nach der Studie von
Regiokontext, immer häufiger in kommunalen Wohnungskonzepten, Vergabeverfahren
und auf wohnungspolitischen Fachveranstaltungen auf. So begrüßt auch Bernhard
Gerstenkorn, Inhaber des Gartencenters Seebauer die Möglichkeit für den Bau von
Werkswohnungen eine Förderung durch die Stadt zu erhalten, um die Finanzierung für
Unternehmen zu erleichtern. „Wir sitzen zentral in München, der Mietspiegel steigt immer
weiter und immer neue Industrien ziehen zu. Unsere Werkswohnungen tragen dazu bei,
dass wir unsere Mitarbeiter im Konkurrenzkampf um Wohnraum nicht alleine lassen
müssen“.