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„Die Einwilligung in einen Vertrag muss frei, ernstlich, bestimmt und verständlich erklärt

werden“ §869. Fehler bei der Willensbildung einer der Vertragsparteien werden
Willensmängel genannt. Achtung Dissens und Irrtumsanfechtung schließen einander aus,
denn ohne Vertrag gibt es keinen Willensmangel. Ein Willensmangel muss im Zeitpunkt der
Abgabe der Willenserklärung vorliegen. In 3 Konstellationen Möglichkeit zu lösen:

Irrtum
Irrtum ist eine Fehlvorstellung von der Wirklichkeit §§871ff.
Der Irrtum muss in jedem Fall kausal für den Abschluss des konkreten Geschäftes gewesen
sein.

Motivirrtum:
Aka Irrtum im Beweggrund, betrifft Umstände, die außerhalb des Geschäftsinhaltes liegen.
Auf einen Motivirrtum kann man sich nur in 4 Fällen berufen:

 Bei listiger Verursachung


 Wenn das Motiv zur Bedingung gemacht wurde §901
 Bei letztwilligen Verfügungen
 Beim unentgeltlichen Geschäft §901

Geschäftsirrtum:
Betrifft Umstände, die Geschäftsinhalt werden.
Erklärungsirrtum: Fehler im Erklärungsakt, weil der Erklärende etwas Anderes will, als er
wirklich erklärt (Vertrauenstheorie!). (Es unterliegt auch, wer sich verschreibt oder wem die
Erklärung gar nicht als solche bewusst ist; mangelndes Erklärungsbewusstsein).
Geschäftsirrtum im engeren Sinn: Der Irrtum bezieht sich auf Punkte, die Inhalt des
Rechtsgeschäftes sind und umfasst 3 Untergruppen:
-- Irrtum über die Natur des Geschäftes
-- Irrtum über die Eigenschaften der zu leistenden Sache (Gegenstand des Geschäftes)
Achtung: Im B2B Geschäft schließt eine Verletzung der Rügeobliegenheit auch einen Irrtum
über die Mangelfreiheit der Sache aus §377 Abs 2 UGB
-- Irrtum über die Person des Vertragspartners (mangelnde Gewerbeberechtigung gilt
immer als ein solcher)
Ein Irrtum über Umstände, die nicht Vertragsinhalt sind, fällt in das allgemeine Lebensrisiko
der irrenden Partei. Das Risiko, sich zur irren, soll nur dann überwälzt werden können, wenn
der Umstand Geschäftsinhalt wurde.
Faustregel ob Geschäftsirrtum (iwS) vorliegt: Liegt kein Fehler im Erklärungsakt vor und wird
auch nicht über Vertragspartner, Natur des Geschäftes oder Eigenschaften geirrt, handelt es
sich nur um einen Motivirrtum.
Abgrenzung in Zweifelsfällen:

 Nach §871 Abs 2 ist der Irrtum über einen Umstand, über den der Geschäftspartner
aufzuklären gehabt hätte stets ein Geschäftsirrtum. Bei B2C ist das zB eine Verletzung von
vorvertraglichen Informationspflichten. Der Irrende muss beweisen, dass der Irrtum
kausal war.
 Kalkulationsirrtum: Grundsätzlich Motivirrtum. Sind die Kalkulationsgrundlagen
Vertragsinhalt geworden (Gegner offengelegt und Einvernehmen darüber) liegt ein
Geschäftsirrtum vor.
 Rechtsirrtum: (Rechtsfolgen)irrtum über die an ein Geschäft geknüpften Rechtsfolgen. Es
liegt ein Motivirrtum vor, außer wenn eine bestimmte Rechtsfolge nach dem Willen
beider Parteien zum Vertragsinhalt gehört.
 Wertirrtum: Ist ein Irrtum über den gemeinen Wert (Verkehrswert) einer Sache 
grundsätzlich ein Motivirrtum. Außer der Irrtum ist über eine wertbildende Eigenschaft,
denn somit Eigenschafts- und folglich Geschäftsirrtum
 Irrtum über Zukünftiges: Fehlvorstellung über eine in der Zukunft liegende Entwicklung.
Grundsätzlich Motivirrtum. Können aber bei Widerruf von Schenkungen oder beim
Wegfall der Geschäftsgrundlage beachtlich sein. Bei Gattungskauf, wenn ganze Gattung
untauglich ist.

Alternativvoraussetzungen
3 nach §871 Abs 1:
1. Veranlassung: Der Geschäftspartner hat den Irrtum veranlasst; also adäquate
Verursachung durch aktives Tun oder Unterlassen einer Aufklärung. (kein Verschulden
Notwendig)
2. Auffallenmüssen: Dem Geschäftspartner hätte der Irrtum aus den Umständen offenbar
auffallen müssen,  wenn er den Irrtum fahrlässig nicht erkannt hat. Weiß der
Vertragspartner sogar, was der Irrende tatsächlich meint, so kommt der Vertrag
außerdem entsprechend dem wahren Willen des „Irrenden“ zustande --> sog.
durchschauter Irrtum
3. Rechtzeitige Aufklärung:
-Der Irrtum ist nach überwiegender Ansicht rechtszeitig aufgeklärt, wenn der Partner
noch keine Vermögenswerten Dispositionen im Vertrauen auf die Gültigkeit des
Geschäftes vorgenommen hat.
-Nach einer anderen Ansicht ist rechtzeitige Aufklärung jedoch auch dann zu bejahen,
wenn der Gegner des Irrenden zwar schon disponiert hat, ihm aber der Irrende den
Vertrauensschaden ersetzt, der als Folge des Disposition entstanden ist --> sog.
„Redintegration“.
-Nach einer weiteren Ansicht soll Redintegration dann möglich sein, wenn sich Leistung
und Gegenleistung nicht im Rahmen des Gewöhnlichen halten, sondern das objektive
Äquivalenzverhältnis grob gestört ist.
4. Strittig gemeinsamer Irrtum: Beide Vertragspartner unterliegen demselben Irrtum. Damit
dieser gültig ist muss der Irrende schutzwürdiger als sein Vertragspartner sein (nach
Lehre)
Die überwiegende Lehre geht im Fall eines Irrtums bei einem unentgeltlichen Geschäft davon
aus, dass die oben genannten Voraussetzungen iSd §871 Abs 1 nicht vorliegen müssen;
anders als die Rsp.
Der Irrende muss seinen Irrtum gerichtlich durch Klage oder Einrede innerhalb von 3 Jahren
ab Vertragsabschluss geltend machen §1487.
Auf die Möglichkeit der Geltendmachung eines Irrtums kann im Voraus wirksam verzichtet
werden. Außer im Verbrauchergeschäft §6 Abs 1 Z 14 KSchG und bei arglistiger
Irrtumsveranlassung.

List
Ist die bewusste Herbeiführung eines Irrtums beim Vertragspartner im Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses, also zivilrechtlicher Betrug §870.
Nicht nur Geschäfts-, sondern auch listig herbeigeführte Motivirrtümer sind beachtlich.
Der Überlistete hat innerhalb von 30 Jahren ab Vertragsabschluss die Möglichkeit sich auf
die listige Irreführung zu berufen §1487 iVm §1478.
Die Voraussetzungen des §871 entfallen.

Drohung
Ist eine bewusste Einwirkung auf die Willensbildung des Geschäftspartners durch Erzeugung
von Furcht.
Hat die Drohung den Willen des Erklärenden beeinflusst, kann der Bedrohte den Vertrag
anfechten, sofern

 Die Drohung ungerecht (=das angestrebte Ziel darf nach der Rechtsordnung nicht mit
diesem (wenn auch erlaubten) Mittel erreicht werden) und
 Die Furcht begründet war (Konsequenzen der Drohung nicht objektiv belanglos)
Der Bedrohte kann seine Rechte innerhalb von 3 Jahren ab Wegfall der Zwangslage geltend
machen §1487.
In manchen Fällen liegt nach der Vertrauenstheorie schon gar keine Willenserklärung vor
und es gibt keinen Vertrag.
Die bereits erbracht Leistung kann bereicherungsrechtlich nach §877 zurückgefordert
werden.

Herbeiführung durch Dritte


Ein Dritter und nicht der Vertragspartner verursacht den Willensmangel.
Auch hier muss man sich fragen, ob er Irrtum kausal war und ob ein Geschäftsirrtum vorliegt.
Anfechtungsvoraussetzungen:

 Gehilfen: Werden dem jeweiligen Vertragspartner stets zugerechnet.


 Echte Dritte §875: Keine Gehilfen; somit führt die Irrtumsverursachung durch echte
nur dann zur Anfechtung, wenn der Geschäftspartner „an der Handlung des Dritten
teilnahm oder von derselben offenbar wissen musste“  der Dritte wird dem
Vertragspartner irrtumsrechtlich zugerechnet
Geschäftsgrundlage
= für einen Vertrag typische Umstände, von denen beide Partner zu Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses ausgehen.

Wegfall der Geschäftsgrundlage: Berechtigt die Fehlvorstellung über geschäftstypische


Umstände den Irrenden zur Anfechtung oder Anpassung des Vertrages, wenn die
Vertragserfüllung für ihn sinnlos geworden ist?
Dabei muss die Vertragserfüllung noch möglich sein, ist sie unmöglich greifen nämlich die
Regeln über die (nachträgliche) Unmöglichkeit.
In den meisten Fällen wird nach den irrtumsrechtlichen Regeln ein unbeachtlicher
Motivirrtum vorliegen.
Für die Berücksichtigung der clausula rebus sic stantibus (= ungeschriebene Bedingung, dass
Verträge unter Annahme gleichbleibender Umstände geschlossen werden) sprechen
verschiedene Ansatzpunkte im Gesetz; somit ist die Möglichkeit der Geltendmachung von
Fehlvorstellungen zu bejahen, wenn

 Eine Änderung oder das Fehlen typischer Umstände und Voraussetzungen betroffen
ist, die jedermann mit dem Abschluss eines solche Geschäftes verbindet,
 Diese Umstände außerdem nicht der Partei zuzurechnen sind, die sich darauf
berufen will, und
 Die Änderung oder das Fehlen bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbar war
Der OGH lässt eine Berufung darauf nur in seltenen Fällen zu.
Bedeutsam ist aber der § 10 Abs 2 PRG der den Wegfall der Geschäftsgrundlage explizit
vorsieht.
Sonderregel §3a KSchG: Der Verbraucher kann vom Vertrag(sangebot) zurücktreten, wenn
der Unternehmer im Zuge der Vertragsverhandlungen „maßgebliche Umstände“ als
wahrscheinlich dargestellt hat und diese Umstände nicht oder nur in erheblich geringerem
Maße eintreten (zB notwendige Mitwirkung oder Zustimmung eines Dritten
(Baubewilligung), Aussicht auf steuerliche Vorteile (Wohnbauförderung) oder einen Kredit
§3a Abs 2 KSchG. Die Rücktrittsfrist beträgt 1 Woche ab Erkennbarkeit des Nichteintritts der
maßgeblichen Umstände.

Anfechtung/Anpassung des Vertrages


Irrtum
Kann sich ein Teil auf den Irrtum berufen, so hat er ein Gestaltungsrecht.
Es ist auf den hypothetischen Parteiwillen abzustellen:

 Hätten beide Parteien den Vertrag zwar dennoch, aber mit anderem Inhalt geschlossen,
so ist der Irrtum unwesentlich  Anpassung §872
 Wäre hingegen gar kein Vertrag zustande gekommen, so liegt ein wesentlicher Irrtum vor
 Vertragsauflösung. Wesentlich ist der Irrtum schon dann, wenn nur einer der beiden
den Vertrag nicht geschlossen hätte.
Wegfall der Geschäftsgrundlage
Auch bei Geltendmachung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gilt analog zu §872, dass der
Vertrag angepasst werden kann. (analog zu §877 auflösen?)

List und Drohung


Der Überlistete/Bedrohte muss selbst dann nicht anpassen, wenn er und der Partner zu
anderen Bedingungen abgeschlossen hätten.

Nach Anfechtung können beide Parteien ihre Leistung bereicherungsrechtlich gem §877
condictio sine causa zurückverlangen. Nach einer Vertragsanpassung §872 kann die
anpassende Partei den entsprechenden Anteil nach §877 fordern.

Alternative Behelfe
 Zwischen Irrtum und List, wenn listig verursacht
 Bei Drohung und List: Die schuldhafte, also auch bloß fahrlässige Irreführung macht
schadenersatzpflichtig (culpa in contrahendo). Naturalrestitution ist die
Vertragsauflösung §1323. Weitere Schäden können auch gefordert werden
 Bei Eigenschaftsirrtümern alternativ GWL
 laesio enormis

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