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Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften

Mathematisch -naturwissenschaftliche Klasse


Jahrgang 1990, 5. Abhandlung
Hans Mohr

Der Stickstoff -
ein kritisches Element der Biosphäre

Mit 29 Abbildungen

Vorgetragen in der Sitzung vom 18. November 1989

Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH


Prof. Or. Hans Mohr
Institut für Biologie 11, Botanik
Schänzlestraße 1
0-7800 Freiburg i. Br.

ISBN 978-3-540-52841-8 ISBN 978-3-662-06547-1 (eBook)


DOI 10.1007/978-3-662-06547-1

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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1990


Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1990
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Satz: K +V Fotosatz GmbH, Beerfelden
2125/3140-543210
Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung ............................................... 7
Stickstoff in der Biosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Der terrestrische Stickstoffkreislauf ................................ 8
Der anorganische Stickstoff - eine von Natur aus knappe Ressource .. 10
Warum wurde der Stickstoff zu einern Umweltproblem? .............. 12
Der Mechanismus der Nitratassimilation ............................ 13
Ammoniumtoxizität .............................................. 17
Regulation der Enzyme der Nitratassimilation ....................... 23
Die Regulation der Nitritreduktase ................................. 28
Regulation der Nitratreduktase .................................... 30
Gentechnik? .................................................... 35
Auswirkungen eines überhöhten Ammoniumangebots auf die
Keimpflanzen der Waldkiefer (Pinus sylvestris L.) .................... 36
Literatur ....................................................... 39

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Zusammenfassung

Der Stickstoff gehört zu den Schlüsselelementen der Biosphäre. Die wichtig-


sten Moleküle des Lebens - Proteine, Nukleinsäuren, Nucleotide, Porphyrine
und ihre Bausteine und Metaboliten - enthalten Stickstoff als wesentliches Ele-
ment. Charakteristisch ist, daß der Stickstoff nur in reduzierter Form in diesen
Molekülen vorkommt. Die Reduktion und die Assimilation des Stickstoffs in or-
ganische Stubstanz ist eine Leistung, die (neben Mikroorganismen) nur die Pflan-
ze zu erbringen vermag. Die tierische Zelle kann die Reduktion des Stickstoffs
nicht leisten. Unsere Nahrung muß deshalb organisch gebundenen Stickstoff ent-
halten. Die höhere Pflanze nimmt unter natürlichen Verhältnissen nur anorgani-
schen Stickstoff auf und zwar meist in Form von Nitrat (NOi). Nitrat entsteht
im Boden aus Ammonium (NHt) unter der Einwirkung nitrifizierender Bakte-
rien; Ammonium (oder primär Ammoniak, NH 3) entsteht bei der Verwesung,
d. h. beim Endabbau N-haltiger organischer Substanz durch heterotrophe Mi-
kroorganismen. Die organische Substanz stammt letztlich immer von der autotro-
phen grünen Pflanze. Das terrestrische System von Assimilation und Dissimila-
tion des Stickstoffs läßt sich als Kreislauf darstellen. Unser besonderes Interesse
gilt den assimilatorischen Prozessen.
Die Assimilation von anorganischem Stickstoff - Nitrat, Ammonium -
durch die höhere Pflanze ist für das Leben von ähnlich fundamentaler Bedeutung
wie die Assimilation des Kohlenstoffs. Neue enzymologische und molekulare Ver-
fahren machen den Mechanismus der Stickstoffassimilation, d. h. die Abfolge der
(molekularen) Einzelschritte und ihre Regulation, dem Experimentator zugäng-
lich. Dies ist nicht nur von theoretischem Interesse. Über die Grundlagenfor-
schung hinaus stellt der Mechanismus der Aufnahme und Assimilation von anor-
ganischem Stickstoff eine praktisch wichtige Frage dar, da die anthropogene De-
position von NO rN und NH4-N den natürlichen Stickstoffkreislauf immer stär-
ker belastet. Das Nitratproblem und die Erscheinungen der Ammoniumtoxizität
sind Beispiele für die gravierenden Umweltprobleme, die aus der Überforderung
des N-Keislaufs bereits entstanden sind. Praktische Maßnahmen (konventionelle
und gentechnologische), um diesen Problemen durch einen verbesserten Pflan-
zenbau entgegenzuwirken, sind nur dann erfolgversprechend, wenn es gelingt, die
Schwachstellen der Nitratreduktion und der Ammoniumassimilation zu identifi-
zieren. Dies ist ein besonderes Anliegen der Forschungsstelle.

- 297 -
8 H. Mohr

IBiomasse I
(1.3 x 1013 kg)
(4%)
94 % Pflanzen

Tote organische
Substanz
(30.7xl013kg)
_-----------~-
--_
4% Mikroorganismen
2% Tiere
(96%) ------ ... _---
IBiomasse I
Abb. 1. Die Verteilung des Stickstoffes in der toten und lebenden organischen Substanz in
der terrestrischen Biosphäre [1]

Stickstoff in der Biosphäre

Obwohl die gesamte Masse der Erdkruste (Atmo-, Hydro- und Lithosphäre bis
zu 16 km Tiefe) nur etwa 0,030/0 Stickstoff enthält, ist das Element nicht selten.
Es steht in der Häufigkeitsliste an 18. Stelle. Aber weniger als ein Prozent des
Stickstoffs sind chemisch gebunden; über 99% liegen elementar vor, davon der
weitaus größte Teil (3,8'10 18 kg) als reaktionsträger Distickstoff (N:0 in der At-
mosphäre. Dieser Stickstoff ist den Pflanzen nicht direkt zugänglich.
In der Biosphäre insgesamt rechnet man mit 1,5 '10 15 kg Stickstoff, ein winzi-
ger Bruchteil des irdischen Gesamtvorrats. Davon gehört der größere Anteil (etwa
60%) zur marinen Biosphäre. Von den 40%, die für die terrestrische Biosphäre
verbleiben, entfallen etwa 96% auf tote organische Substanz (Nekromasse) und
nur 4% auf die eigentliche Biomasse. Innerhalb der Biomasse überwiegt bei wei-
tem der in Pflanzen festgelegte Stickstoff (Abb. 1).
In der terrestrischen Biosphäre ist der pflanzenverfügbare Stickstoff stets
knapp gewesen. Demgemäß herrschte während der ganzen terrestrischen Evolu-
tion ein starker Selektionsdruck in Richtung Einsparung und Recycling. Die Na-
tur - die Evolution - hat auf diese Rahmenbedingungen mit der Etablierung
eines Stickstoffkreislaufs reagiert.

Der terrestrische Stickstoffkreislauf

Der Stickstoff gehört zu den Schlüsselelementen der Biosphäre. Die wichtig-


sten Moleküle des Lebens - Proteine, Nukleinsäuren, Nucleotide, Porphyrine
und ihre Bausteine und Metaboliten - enthalten Stickstoff als wesentliches Ele-
ment. Charakteristisch ist, daß der Stickstoff nur in reduzierter Form in diesen
Molekülen vorkommt. Die Reduktion und die Assimilation des Stickstoffs in or-
ganische Substanz ist eine Leistung, die (neben Mikroorganismen) nur die Pflanze
zu erbringen vermag. Die tierische Zelle kann die Reduktion des Stickstoffs nicht
leisten. Unsere Nahrung muß deshalb organisch gebundenen Stickstoff enthalten.

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Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 9

Luft
N ' - ( 780ml N2 ,l-1)
2

0. "

deni tri fiz i e rende


Bakterien
NO)
./
I
[cNH 3 1
,
N2

N2-fixierende
Mikroorganismen

l
:A /
[CNH 3 J
J/~-4
Nitrifikation ~o.u..-

NOi-NOi-NHt
chemosynthetische Bakterien

Abb. 2. Der Kreislauf des Stickstoffs in der Natur. Der Kreislauf zwischen organischem
+
( - NH 3) und anorganischem (NHt. NOn Stickstoff steht über die Denitrifikation und
die N2-Fixierung mit dem Distickstoff der Luft in Verbindung [2]

Die höhere Pflanze nimmt unter natürlichen Verhältnissen nur anorganischen


Stickstoff auf und zwar meist in Form von Nitrat (NOi). Nitrat entsteht im Bo-
den aus Ammonium (NHt) unter der Einwirkung nitrifizierender Bakterien;
Ammonium (oder primär Ammoniak, NH 3) entsteht bei der Verwesung, d. h.
beim Endabbau N-haltiger organischer Substanz durch heterotrophe Mikroorga-
nismen. Die organische Substanz stammt letztlich immer von der autotrophen
grünen Pflanze.
Das terrestrische System von Assimilation und Dissimilation des Stickstoffs
läßt sich als Kreislauf darstellen (Abb. 2). Der terrestrische Stickstoffkreislauf ist,
wie alle biologischen Kreisläufe, nicht geschlossen. Gravierende Verluste entste-
hen ständig durch Auswaschung von Nitrat ins Meer und über die Denitrifikation
durch aerobe Bodenbakterien und -pilze, die bei OrMangel im Boden Nitrat als
Sauerstoffquelle verwenden. Diese Nitratatmung ist für einen Teil der Bodenmi-
kroben als eine ökologische Alternative zur Sauerstoffatmung zu verstehen. Die
Voraussetzungen für intensive Denitrifikationsverluste (N0i -+N2• N2 0, NO)
sind dann gegeben, wenn ein relativ hohes Angebot an leicht mineralisierbarer or-
ganischer Substanz mit relativ hoher Bodenfeuchte, Temperatur und Nitratkon-

- 299 -
10 H. Mohr

zentration zusammentrifft. Die Denitrifikationsverluste unserer Böden dürften


derzeit in der Größenordnung von 20-30 kg N pro ha und Jahr liegen [3].
Eine Zufuhr in den Kreislauf erfolgt unter natürlichen Bedingungen vor allem
durch die biologische Fixierung des Distickstoffs der Luft. Es gibt Bakterien und
Cyanobakterien, die - zum Teil in Symbiose mit bestimmten höheren Pflanzen,
z. B. Leguminosen - diese biologische Distickstoff-Fixierung leisten können. Da
die Überführung von N2 in organische Bindung sehr energieaufwendig ist, hat
sich die Distickstoff-Fixierung während der Evolution nicht generell durchgesetzt.
Der ohnehin labile Kreislauf des Stickstoffs in der Natur wird neuerdings
durch die anthropogene Deposition N-haltiger Substanzen (Düngung, Abfälle, at-
mogene, d. h. aus der Luft stammende, Deposition N-haltiger Verbindungen) we-
sentlich beeinflußt. Allmählich ergeben sich daraus gravierende Umweltprobleme.
Ihre Bewältigung setzt ein vertieftes Verständnis jener Prozesse voraus, über die
sich die Assimilation anorganischen Stickstoffs in der Natur vollzieht.

Der anorganische Stickstoff - eine von Natur aus knappe Ressource

Während der ganzen Evolution der Landpflanzen - bis in die neueste Zeit -
war der den Pflanzen zugängliche anorganische Stickstoff (N0i, NHt) ein
Mangelfaktor in der terrestrischen Biosphäre. Das Angebot war knapp und
schwankend; es herrschte eine rigorose Konkurrenz um die in der Regel eng be-

Abb. 3. Das Wurzelsystem einer Maispflanze als Beispiel eines aus den unteren Sproßkno-
ten entstandenen sekundären Wurzelsystems [4]

- 300 -
Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 11

A IB
I
I
1.7 I
I
I
I
I
Ci 1.6
I
0 I
=~ I
.,'7
E~O>
L: •
OlL: 1.5
-SoE
Ol
~3 1.4
~
I
1.3 I
I

10 100 1000 10000


N0 3-(U mOII)

Abb. 4. Eine doppellogarithmische Darstellung der Aufnahmeintensität von Bohnenwur-


zeln für Nitrat als Funktion des Nitratangebots. Solche Daten haben zu dem Konzept mul-
tipler Transportsysteme geführt [5]

grenzte Ressource. Entsprechend subtil sind die Strategien, die die Pflanzen im Lau-
fe der Evolution entwickelt haben, um an das wertvolle Element zu gelangen. Dies
gilt sowohl für die strukturelle als auch für die biochemisch-molekulare Ebene.
Die Struktur des Wurzelsystems ist ebenso genetisch determiniert und für jede
Pflanzenart charakteristisch ausgebildet wie die Gestalt ihres oberirdischen Spros-
ses (Abb. 3). Einige Zahlen sollen die Oberflächenentwicklung des Wurzelsystems
veranschaulichen: H. 1. Dittmer hat in den 30er Jahren das Wurzel system einer
einzeln wachsenden, 4 Monate alten Roggenpflanze (Secale cereale L.) ausgemes-
sen. Die gesamte Länge, Wurzelhaare eingeschlossen, betrug mehr als 10000 km,
die gesamte Oberfläche etwa 1000 m2 [2]. Dies sind sicherlich extreme Werte;
aber mit Gesamtwurzellängen in der Größenordnung von 1000 km kann man
beim Roggen (Einzelaussaat) wohl generell rechnen [4].
Das Nitrat - so scheint es - wird von der Pflanzenwurzel über wenigstens
2 (vielleicht 3) diskrete Transportsysteme aufgenommen (Abb.4). Unterhalb von
1 mM erfolgt die Aufnahme über ein Transportsystem, das bereits bei einer exter-
nen Nitratkonzentration von 100 J.lM saturiert ist; oberhalb von etwa 1 mM tritt
ein zweites Transportsystem in Aktion, das nur bei einem hohen Nitratangebot ar-
beitet und nicht saturierbar erscheint. Je nach Nitratangebot werden von der
Pflanzenwurzel also verschiedene Transportsysteme eingesetzt: Bei niedrigem An-
gebot ein System mit hoher Affinität für Nitrat, aber entsprechend kleinen Flüs-
sen; bei einem, in aller Regel zeitlich eng begrenzten, massiven Angebot ein Sy-
stem mit geringer Affinität für Nitrat, das aber hohe Flüsse zuläßt. Wir arbeiten
bei unseren Experimenten mit externen Konzentrationen > 1 mM, benützen also
das zweitgenannte Transportsystem.

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12 H. Mohr

Warum wurde der Stickstoff zu einem Umweltproblem?

Bedingt durch die zivilisatorische Aktivität des Menschen (verstärkter Anbau


von Leguminosen, Mineraldüngung, Massentierhaltung, Zunahme der Bevölke-
rung und damit Zunahme stickstoffreicher menschlicher Fäkalien, Betrieb von
Verbrennungsmaschinen und Heizungseinrichtungen bei hoher Temperatur ... )
wurde neuerdings Stickstoff verstärkt in den Kreislauf (s. Abb. 2) eingeschleust.
Hierzu einige Zahlen [6]: In der Bundesrepublik gelangen nicht weniger als
245000 t N pro Jahr über den Menschen in den Abwasserbereich. Dies sind aller-
dings nur 10070 des N-Einsatzes in der Landwirtschaft. Die restlichen 90070 bilden
die Verluste bei der Herstellung der Nahrung. - Die Emissionen der gesamten
Energiewirtschaft (Verkehr, Unternehmen, Haushalte) an Stickstoff in Form von
NO x betragen derzeit etwa 880000 t N/a, die NH 3-Emissionen der Landwirt-
schaft immerhin 550000 t N/a, ca. 90070 davon gehen auf die Viehhaltung zurück.
Eine besondere Rolle kommt der aus der Atmosphäre stammenden ("atmoge-
nen") Deposition stickstoffhaltiger Substanz zu, da diese Deposition nicht nur
auf die Agrarflächen, sondern auf die ganze Vegetation trifft. In Form von
NOrN und NH 4-N kehren die vom Menschen verursachten Emissionen an NO x
und NH 3 auf die Erdoberfläche zurück.
Bedingt durch das hohe zusätzliche Angebot kommt es neuerdings zu Staus
im Kreislauf des Stickstoffs. Es bilden sich auch dort Pools aus, wo von Natur

910 mm Niederschlag
0.3 kg/ha H
10 kg/ha S·SO.
6 kg/ha N-N0 3
6 kg/ha N-NH 4
Austrag

550 mm Niederschlag
0.D7 kg/ha H
27 kg/ha S-SO.
12 kg/ha N-N0 3
20 kg/h<l N-NH.

Abb.5. Im Rahmen des Forschungsprojektes Höglwald, zwischen München und Augs-


burg, wurden in einem 85-jährigen Fichtenbestand die jährlichen atmogenen Depositionen
gemessen. Neben Stickoxiden und Schwefeldioxid werden in den Bestand erhebliche Men-
gen an Ammonium eingetragen ("Eintrag"). Durch Filterung und Auswaschung im Kro-
nenraum gelangen im Vergleich zum Freiland größere Stoffmengen auf den Waldboden
("Austrag" im Bestandesniederschlag). Nur bei den Protonen war der "Austrag" geringer
als der "Eintrag" [7]. Bei den heute üblichen Zuwachsleistungen benötigt ein Fichtenforst
eine Zufuhr von 5 bis 8 kg N pro Hektar (ha) und Jahr (a) für die Bildung neuer Biomasse.
Eine Deposition von 32 kg N /ha . a (neuere Werte für den Austrag im Höglwald liegen bei
45 kg N/ha' a) geht vermutlich weit über das hinaus, was ein Fichtenforst photoautotroph
assimilieren kann

- 302 -
Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 13

Tabelle 1. Die chemische Zusammensetzung des Niederschlages (in J,1M) im Freien (open)
und im Bestandesniederschlag (throughfall) von Schwarzkiefer forsten in drei verschiede-
nen Regionen der Niederlande im Jahr 1984 [8]. Die Ammoniumdeposition auf der Nord-
seeinsel beträgt nur einen kleinen Bruchteil des throughfalls im Südosten des Landes. Auf-
fällig ist auch der geringe Protoneneintrag auf dem Festland. Dies ist vor allem auf die
Neutralisierung der Schwefelsäure durch das Ammonium zurückzuführen. - Die horren-
de atmogene Ammoniumdeposition in Westeuropa ist zu ca. 95070 durch die NH 3-Emis-
sion der Landwirtschaft bedingt [6]

Na+ Ca2+ Mg2+ NO] Cl- SO~-

North (Terschelling)
open 100 65 25 308 47 62 48 370 72
throughfall 400 59 345 6700 460 1120 110 8000 860

South (Heeze)
open 45 130 19 60 43 17 54 73 70
throughfall 6 1060 170 310 200 113 216 350 760

South-east (Venray)
open 2 200 20 40 30 15 49 50 90
throughfall 1 2421 216 175 278 100 147 462 1400

aus keine wären, z. B. auf der Stufe von NHt und NOi (s. Abb. 2). Infolge der
atmogenen Depositionen ist auch außer halb der Agrarflächen das Angebot an
Nitrat und Ammonium vielerorts weit überhöht, gemessen an der Kapazität der
Vegetation, das NOi oder NHt zu assimilieren (Abb. 5). Insbesondere hat sich
in manchen Teilen Europas die atmogene Deposition an NHt gewaltig erhöht,
verglichen mit den naturnahen Verhältnissen (Tabelle 1). Selbst in der Nord- und
Ost see beträgt die atmogene N-Deposition derzeit etwa 10 kg N/ha' a, davon etwa
70% als NH 4-N [6]. Diese Änderungen im Stickstoffangebot mußten auf die
Dauer in den küstennahen Flachmeeren und auf dem Festland zu Störungen füh-
ren [6]. Bevor wir uns den daraus resultierenden Problemen zuwenden, werfen wir
einen kurzen Blick auf den ,Mechanismus' der Nitratassimilation in der höheren
Pflanze.

Der Mechanismus der Nitratassimilation

Es ist ein vordringliches Ziel der Pflanzenzüchtung, die Fähigkeit der Kultur-
pflanzen, Nitrat zu assimilieren, weiter zu verbessern. Das Angebot an Nitrat auf
den Kulturflächen sollte noch intensiver genutzt werden, um die Auswaschung
von Nitrat und die Denitrifikation so gering wie möglich zu halten. Allerdings

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14 H. Mohr

licht - Fd o• -H 2 0 IPhotosynthesemembran
I
I
t
[!;J
~~;""~"'i
NADPH ----------/~ ~N02 :

@ NIR-t---i
t1
Reduzierte
(- Verbmdungen
6I Ntfc.I"'~-----
1
I
I
t- GS :
Zufuhr
von
außen


2-0xosauren
/ ~GI~~5~iT
Glutamat

~-
pflanzhche Aminosauren ( 2- Armnosaurenl
t
pflanzliches Protem

Abb. 6. Die Grundzüge der Nitratassimulation. Die involvierten Enzyme sind wie folgt ab-
gekürzt: NR Nitratreduktase, NiR Nitritreduktase, GS Glutaminsynthetase, GOGAT Glu-
tamatsynthase, ATs Aminotransferasen, Fd Ferredoxin

sind die Möglichkeiten einer Optimierung begrenzt, da die Pflanzenproduktion


in der Bundesrepublik bereits heute eine N-Effizienz von über 70070 besitzt [6]. Er-
folgversprechende, zielsichere Züchtung setzt voraus, daß man den Mechanismus
der Vorgänge, die man verbessern will, kennt. ,Mechanismus' bedeutet in diesem
Kontext die Abfolge und Regulation der molekularen Einzelschritte.
Der Prozeß der Nitratassimilation ist derzeit nur in den Grundzügen aufge-
klärt. Das mehrstufige System erscheint kompliziert, es ist aber nicht unbe-
schränkt komplex. Deshalb spricht apriori nichts dagegen, daß es wissenschaft-
lich völlig beschreibbar sein wird und gentechnisch vielleicht weiter verbessert
werden kann.
Abbildung 6 beschreibt die Grundzüge der Nitratassimilation. Erst in den letz-
ten Jahren ergab sich ein einigermaßen kohärentes und damit verläßliches Bild.
Die Nitratassimilation (N0 3 -.-:. NHt -.:.. Aminosäuren) in den grünen
Teilen der Pflanze hängt in zweifacher Weise an der Photosynthese: (x) Die Nitrat-
reduktion (1) und die sich anschließende Ammoniumassimilation (2) benötigen Re-
duktionsäquivalente in Form von reduziertem Ferredoxin (Fdrro); (xx) die Photo-
synthese liefert letztlich jene C-H Skelette, aus denen die Aminosäuren entstehen.
Man kann die Aminosäuren als unmittelbare Photosyntheseprodukte auffas-
sen - wie es die Abb. 6 suggeriert. In der Tat: Bei manchen Pflanzen, die intensiv

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Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 15

Alanin - Aminotransferase

Pyruvat

Glutamat

Drv (
2- Oxoglutarat
Alanin

12- Oxosäure I coo-


I
H N- C-H
2 I
CH 2
I
CH 2
I
[00-

coo-
I
C= 0
I
CH 2
I
[aa- CH 2
12-AminosQure I HzN- C-H
I
I
I
COO-

CH3

Abb. 7. Die Bildung der Aminosäure Alanin aus der 2-0xosäure Pyruvat unter der kataly-
tischen Wirkung der Alanin-Aminotransferase (= Glutamat: Pyruvat-Transaminase)

N-Assimilation betreiben, hat man bis zu 50070 der direkten Photosynthesepro-


dukte in Form von Aminosäuren gefunden [1]. Als die wichtigsten "photosynthe-
tischen" Aminosäuren gelten Serin, Glycin, Alanin, Aspartat und Phenylalanin.
Andererseits aber muß man sich stets vor Augen halten, daß alle pflanzlichen
Aminosäuren auch aus Intermediaten der zentralen Stoffwechselbahnen - Gly-
colyse, Krebscyclus, Pentose-Phosphat-Cyclus - entstehen können.
Die Assimilation des NHt in organische Substanz erfolgt primär in das Säu-
reamid Glutamin. Die Amidgruppe wird dann auf die 2-0xosäure 2-0xoglutarat
übertragen. Dabei entsteht die Aminosäure L-Glutamat (s. Abb. 6). Das
2-0xoglutarat stammt häufig aus den Mitochondrien; es kann aber auch im Cyto-
sol und in den Chloroplasten gebildet werden. Die 2-Aminogruppe des Glutamats
wird durch Aminotransferasen leicht auf andere 2-0xosäuren übertragen
(s. Abb. 7). Neben der Ableitung aus bereits existierenden Aminosäuren (Gluta-
mat-Familie, Aspartat-Familie) sind an der Bildung der rund 20 proteinogenen

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16 H. Mohr

NIR I
r---..,I
+ GS
----N0 2- - - - - - I..~I NH q 1 ------t-.Glutamln--_
I1.... _ _ _ -'I

Problem: Es darf sIch keIn NH 4+ ansammeln!

Problemlosung: 2.4 mal mehr GS als NIR (In kat pro Pflanze)

Km + 10 mal kleIner als Km


NH 4 N0 2
Abb. 8. Die katalytische Situation an der Nahtstelle zwischen Nitratreduktion und Ammo-
niumassimilation. Die Michaelis-Konstante (Km) für das Substrat NHt gilt für die Glut-
aminsynthetase (OS), die Km für das Substrat NO; für die Nitritreduktase (NiR). Die
Daten wurden mit Enzymen aus dem Senfkeimling (s. Abb. 9) bestimmt [91

Aminosäuren eine Reihe weiterer Transaminierungsreaktionen beteiligt. Den


Aminotransferasen kommt somit eine Schlüsselrolle bei der Entstehung der Viel-
falt der Aminosäuren zu. Ihnen gilt deshalb unser besonderes Interesse, auch im
Hinblick auf die Möglichkeit gentechnischer Verbesserungen.
Eine von ihrer quantitativen Bedeutung her im Vordergrund stehende Amino-
transferase ist die Alanin-Aminotransferase ( = Glutamat: Pyruvat-Transamina-
se), die aus Pyruvat (Brenztraubensäure) die Aminosäure Alanin bildet (Abb.7).
Mit der Regulation des Enzympegels der Alanin-Aminotransferase werden wir
uns später befassen.
In einer Reihe von Studien haben wir gezeigt, daß normalerweise die Assimila-
tion des NHt der Bildung von Ammonium aus Nitrat perfekt angepaßt ist. Es
kommt daher in der Zelle zu keiner Akkumulation an NHt . Als ein Beispiel be-
trachten wir die Abstimmung der Aktivität benachbarter Enzyme (Nitritredukta-
se - NiR - und Glutaminsynthetase - OS) an der Nahtstelle zwischen Nitratre-
duktion und Ammoniumassimilation (Abb. 8). Das Problem, vor dem die Pflanze
steht, lautet: Es darf sich kein NHt in der Zelle ansammeln, da eine intrazellulä-
re Ammoniumakkumulation zu toxischen Erscheinungen führt (Ammoniumtoxi-
zitätssyndrom). Das Problem wird dadurch gelöst, daß von der Pflanze sehr viel
mehr GS-Aktivität als NiR-Aktivität bereitgestellt wird und die Michaeliskonstan-
te (Km) der GS für NHt (20 JlM) etwa 10mal kleiner ist als die Km der NiR für
NOi (230 IlM). Die Affinität der GS für NHt ist also sehr viel größer als die
Affinität der NiR für NOi. Unter normalen Bedingungen, d. h. solange kein

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Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 17

Abb. 9. Die Keimpflanze vom Weißen Senf (Sinapis alba L.). Da sich die Zellzahl der Koty-
ledonen während der Entwicklung nicht ändert, eignen sich diese Blattorgane für quantita-
tive Studien ganz besonders

Ammonium von außen eingeschleußt wird (s. Abb. 6), ist also nicht zu erwarten,
daß sich NHt intrazellulär akkumuliert.
Die Systemeigenschaften an der Nahtstelle zwischen Nitratreduktion und Am-
moniumassimilation wurden, wie vieles andere in diesem Bericht, an den Keim-
pflanzen des weißen Senfs (Sinapis alba L.) eruiert (Abb.9). Der Senfkeimling,
ein typischer Dikotylenkeimling mit epigäischer Keimung, dient uns als ein Mo-
dellsystem für die phylogenetisch jungen Samenpflanzen (Angiospermen). Als
Modellsystem für die phylogenetisch alten Samenpflanzen (Gymnospermen) ver-
wenden wir die Keimpflanzen der Waldkiefer (Pinus sylvestris L.) (Abb. 10). Der
an die Photosynthese gebundene anabolische Stoffwechsel des Stickstoffs
(s. Abb. 6) wird jeweils in den enzymologisch und molekular verhältnismäßig
leicht zugänglichen Keimblättern (Kotyledonen) studiert. Nach allem, was wir
wissen, laufen die Prozesse der Photosynthese und Nitratassimilation in den Fol-
geblättern genau so ab wie in den Kotyledonen.

Ammoniumtoxizität

Zu den gravierenden Umweltproblemen, die aus einer Überforderung des


Stickstoff-Kreislaufs entstanden sind, gehören derzeit das Nitratproblem ("Nitrat
im Grundwasser" [10]) und die Erscheinungen der Ammoniumtoxizität [11].

- 307 -
18 H. Mohr

Abb. 10. Die Keimpflanze der Waldkiefer (Pinus sylvestris L.). Auch in diesem Fall sind
die "weichen" Kotyledonen für biochemisch/molekulare Studien besonders geeignet, da sie
viel leichter zugänglich sind als die nadeligen Folgeblätter

Bedingt durch falsche Düngung und atmogene Deposition (Tabelle 1) liegt das
Angebot an Ammonium (NHt) heutzutage vielerorts weit höher als unter natur-
nahen Verhältnissen. Manche Pflanzen reagieren darauf mit Schadsymptomen
und Tod ("Ammoniumtoxizitäts-Syndrom"). In den letzten Jahren war es ein Ziel
unserer Arbeit, anhand der krautigen, nitrophilen Modellpflanze Sinapis alba L.
(s. Abb. 9) das Ammoniumtoxizitäts-Syndrom auf der molekularen, enzymati-
schen, zellulären und organismischen Ebene eindeutig zu charakterisieren und zu
quantifizieren, sowie die Ursache der Schadwirkung überhöhter, externer
NHt -Gaben zu ermitteln.
Nach unseren Studien läßt sich das Ammoniumtoxizitäts-Syndrom als eine
den gesamten Organismus ergreifende pathologische Veränderung verstehen, de-
ren Ursache eine intrazelluläre NH: -Akkumulation ist. Die Symptome treten be-
reits ab einer externen NHt -Konzentration von 1 - 2 mM auf (Abb. 11). Zu der
pathogenen NH: -Akkumulation kommt es dann, wenn die Aufnahme von Am-
monium, die wahrscheinlich passiv erfolgt und vom Membranpotential getrieben
wird, die Assimilationskapazität für Ammonium übersteigt. Solange Nitrat fehlt,

- 308 -
Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 19

120 []]
.
~

<I)
E
.t:
nI
C
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N
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~ 30
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60 NHt.Cl
li
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NH"Cl

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c
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....,(ij
~
0
1.0
a.
(!)
,
a. 0_
0
<{
z
0
0 5 10 15 20

NH4 CI - Konzentration (mM)


Abb. 11. Unten: Der Pegel eines lichtinduzierten Markerenzyms (NADP-abhängige Glyze-
rinaldehyd-3-Phosphat-Dehydrogenase, NADP-GPD) in den Kotyledonen des Senfkeim-
lings 72 h nach der Aussaat, als eine Funktion des NH: -Angebots im Medium. Oben: Sti-
mulierung des Enzympegels durch Nitrat (15 mM) im Gegensatz zur Hemmung durch Am-
monium (15 mM). D Dunkelkeimlinge, FR Lichtkeimlinge. Einsatz: die pathologische
Achsenkrümmung als äußerliches, leicht quantifizierbares Symptom für einsetzende Am-
moniumtoxizität [li]

- 309 -
20 H. Mohr

AmmOniumtoxizität

Mehr NH 4+ wird von der Zelle aufgenommen/produZIert als assImIliert.


Es kommt zur pathogenen Akkumulation von NH 4+

r---1
Aminoslluren
-NH 2
NR NIR
N03- ~ N0 2 -.!- NH + I
I&..... _ _4_ .....lI
SpeIcherung von
I I
I
NH +
4
I
I I
I
~on außen
~
AmmonIumtoxIZItäts-
syndrom

I Fragen 1
WIe kommt es zu dem Syndrom?
WIe kann man es heilen?

~twort auf Frage Z I


Durch Zugabe von mehr NItrat
Praktische KonSeQuenzen
Moglichst gunstlges - kleines - Verhaltnls von
NH 4+ / N0 3- In den atmogenen DepOSitionen und 1m BOden
Abb. 12. Eine Zusammenfassung unserer Einsichten bezüglich der Ammoniumtoxizität
und der nitrat-vermittelten Ammoniumtoleranz [11, 12]

ist die Assimilationskapazität von NHt gering, da die Enzyme der Ammonium-
assimilation wider Erwarten nicht durch NHt sondern nur durch NO; induziert
werden. Werden also in Abwesenheit von Nitrat erhebliche Mengen an NHt von
außen zugeführt (s. Abb.12), kommt es zur Akkumulation von Ammonium, weil
keine ausreichende Synthese der NHt -assimilierenden Enzyme erfolgt, die es er-
lauben würde, das eingeschleuste NHt mit der gebotenen Intensität zu assimilie-
ren.
Entscheidend für das Verständnis der Ammoniumtoxizität war die Ent-
deckung der "Nitrat-vermittelten Ammoniumtoleranz" [12]. Damit ist gemeint,

- 310 -
Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 21

.,--- .-----------
4 6 10 12 14 16
NHt Im Medium ImM}

Abb. 13. Die Abhängigkeit der Ammoniumakkumulation in den Kotyledonen des Senf-
keimlings von der Ammoniumkonzentration im Medium, in Gegenwart verschiedener An-
ionen. Die Messung erfolgte 4 Tage nach Aussaat [12]

Tabelle 2. Anreicherung von 15N im organisch gebundenen N von Senfkotyledonen (s.


Abb. 9). Die Keimlinge wurden für 4 Tage im Weiß licht auf 15 mM-Lösungen der 15N_
haItigen Salze kultiviert. Die Anreicherung an 15N - ein Maß für die Intensität der N-
Assimilation wurde massenspektrometrisch bestimmt [12]

Salze im Medium Atom % Anreicherung

K15N0 3 1,5
15NH4Cl 1,0
15NH415N03 6,9
15NH4 15N03 + KCI 7,0
15NH4 Cl + KN0 3 4,2
K 15 N0 3+ NH 4Cl 3,4

daß in Gegenwart von genügend Nitrat auch gegenüber hohen externen NHt -
Konzentrationen Toleranz besteht. Diese Toleranz beruht darauf, daß es in Gegen-
wart von Nitrat zu keiner erheblichen NHt -Akkumulation kommt (Abb. 13).
Wir konnten ferner zeigen, daß das Ausbleiben von Schäden bei simultanem An-
gebot an NHt und N0 3 vorrangig durch eine N0 3 -vermittelte Steigerung der
Ammoniumassimilation zustande kommt (Tabelle 2). Diese Steigerung ist darauf
zurückzuführen, daß die Enzyme der Ammoniumassimilation in Gegenwart von
N0 3 voll induziert werden (s. zur Veranschaulichung Abb. 12). Unter diesen Be-
dingungen können erhebliche Mengen an exogenem Ammonium verarbeitet wer-

- 311 -
22 H. Mohr

0 R - K N0 3
~

"7
100 • o- K N03
R - H20
°
<>
I
<: • 0 - H2
l!! R - NH4 Cl
j 075 ." 0 - NH4 Cl
S
~


~
c
050
icg
~
~
cn
C) 025

O~----~=-----~------~---- __-L______~
o [d J 4 5
Tage nach Aussaat

Abb. 14. Die Regulation der Synthese der Glutaminsynthetase in den Kotyledonen des
Senfkeimlings durch Licht und Nitrat (15 mM). Die Keimlinge wurden entweder im Dun-
keln (D) oder von der Aussaat an im Rotlicht (R) gehalten. Das Rotlicht wirkt ausschließ-
lich über Phytochrom (5. Abb. 15) [13]

den, zusätzlich zum endogenen, aus der Nitratreduktion (und eventuell Photore-
spiration) stammenden NHt .
Der Nachweis, daß die Enzyme der Ammoniumassimilation durch Nitrat (und
nicht durch Ammonium!) induziert werden, kam unerwartet. Im Fall der Gluta-
minsynthetase (GS) zum Beispiel ging man fast selbstverständlich davon aus, das
Enzym werde durch sein Substrat Ammonium induziert. Tatsächlich wird die GS-
Synthese aber durch Licht und Nitrat reguliert; Ammonium hat, wenn überhaupt,
nur eine hemmende Wirkung, die als ein Symptom einsetzender Arnmoniumtoxi-
zität aufzufassen ist (Abb. 14). In den Kotyledonen des Senfkeimlings findet man
nur eine, die plastidische Form der GS [13]. Auch die übrigen Indizien deuten dar-
auf hin, daß der Prozeß, der vom NOi zum Glutamat führt (s. Abb. 6), in den
Senfkotyledonen ausschließlich in den Plastiden abläuft. Damit im Einklang
steht die Beobachtung, daß auch die Fd-GOGAT der Senfkotyledonen ein aus-
schließlich plastidisches Enzym ist, dessen Synthese ebenfalls durch Licht und Ni-
trat induziert und durch Ammonium gehemmt wird [14].
Die praktische Bedeutung dieser Befunde sowohl für eine umweltgerechte Dün-
gung als auch für die Einschätzung der Schadwirkung atmogener Depositionen
(NOrN, NH4-N) liegt auf der Hand. Zum Beispiel erscheint es wenig sinnvoll, die
atmogene Deposition an NOrN mit allen Mitteln zu senken ohne der atmogenen
Deposition an NH4-N die entsprechende Aufmerksamkeit zu schenken.

- 312 -
Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 23

SIgnal- kompetente
perzeptIon Zell-
LIchtsIgnal Slgnal- funk t IOnen, Photoantwort
--------~ /---------~ -----------,..
transdukt IOn z. B. kompetente
/
/
/ Gene
/
Pr_Pfr

Abb. 15. Eine formale Beschreibung der Wirkungsweise des pflanzlichen Sensorpigments
Phytochrom

Regulation der Enzyme der Nitratassimilation

Wir haben in unseren Studien gezeigt, daß alle Enzyme der Nitratreduktion
und Ammoniumassimilation durch Nitrat induziert werden. Die Induktion durch
Nitrat ist aber nur dann ausgeprägt, wenn genügend Licht auf die Pflanze fällt.
Dies ist teleonomisch verständlich, weil der Kanal der Nitratassimilation nur dann
aufgemacht werden darf, wenn eine entsprechende Photosynthese, die das Fd red
und die 2-0xosäuren bereitstellt, gewährleistet ist (s. Abb. 6). Neuere Messungen
[15] zeigen, daß ein erheblicher Teil (rund 25"70) des photosynthetischen Elektro-
nentransports (im Dunkeln ein entsprechender Teil der bei der Zellatmung produ-
zierten Reduktionsäquivalente) für die Nitratassimilation abgezweigt werden
muß.
Die präzise Messung des einfallenden Lichtes ist eine Voraussetzung für die
subtile Abstimmung zwischen dem Kanal der CO 2- und dem der Nitratassimila-
tion (s. Abb. 6, linke und rechte Seite). Die Lichtmessung erfolgt nicht über den
Photosyntheseapparat, der dafür ungeeignet ist, sondern über einen eigenen Pho-
tosensor, das Phytochrom. Phytochrom, ein Chromoprotein, ist das "Sehpig-
ment" der höheren Pflanzen. Ihm kommt im Leben der Pflanze eine ähnlich fun-
damentale Rolle zu wie dem Rhodopsin im Leben der Tiere und des Menschen.
Phytochrom kommt in 2 Formen vor, Pr und Pfr. Ohne Licht wird nur Pr ge-
bildet. Diese Phytochromform ist physiologisch inaktiv. Unter dem Einfluß von
Licht wandelt sich Pr in Pfr um. Dieses Pfr ist die physiologisch aktive Phyto-
chromform. Von Pfr geht die Signaltransduktion aus, die zu den für dieses Signal
kompetenten Zellfunktionen führt, zum Beispiel zu den Promotorregionen kom-
petenter Gene (Abb. 15). Die Molekularbiologie des Phytochroms und der Phy-
tochromwirkungen wurde in den letzten Jahren intensiv bearbeitet [16, 17]. In un-
serem Kontext kann darauf nur hingewiesen werden.
Das Phytochrom (Pfr) reguliert in Koaktion mit Nitrat das Ausmaß der Gen-
expression bei den Enzymen der Nitratassimilation. Als weiteres Beispiel wählen
wir die Induktion der oben erwähnten Alanin-Aminotransferase (s. Abb. 7) in den

- 313 -
24 H. Mohr

5
Alanin - Aminotransferase
(Al AT, EC 2 6 1 2)
'-FR/NO;
FR, Standard- Dunkelrot
NO~ 15mM
, 4 NH~'15mM
a
CI
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c FR / H20
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15 3
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«

"-O/H 2O

O~ ______L -__L -__L -__L -_ _L -_ _L -_ _L -____ ~

o 1.5 2 25 3 35 4
I Zelt nach Aussaat [d 1
Aussaat
Abb. 16. Die Induktion der Alanin-Aminotransferase (5. Abb. 7) in den Kotyledonen des
Senfkeimlings durch Licht und Nitrat (15 mM). D Dunkel [18]

Kotyledonen des Senfkeimlings (Abb. 16). Ammonium hat keinen induzierenden


Effekt. Die Hemmung der Genexpression, die von extern angebotenem NHt
ausgeht, ist auch in diesem Fall ein Ausdruck einsetzender Ammoniumtoxizität.
Beim Dunkelkeimling übt Nitrat nur einen geringen induzierenden Effekt aus,
auch dann, wenn wir das Nitrat im Bereich des für hohe Flüsse zuständigen Trans-
portsystems anbieten (15 mM, s. Abb. 3) und die Induktion nachweislich nitrat-sa-
turiert ist. Erst Nitrat und Licht, zusammen verabreicht, bewirken eine volle Aus-
steuerung der AlAT-Genexpression (Abb. 16).
Das Licht wirkt dabei ausschließlich über Phytochrom. Zur Aktivierung des
Phytochroms verwenden wir meist ein Wellenband um 720 nm (far-red
light == FR), das keine Photosynthese bewirkt. Auf diese Weise läßt sich die direk-
te Wirkung des Lichts auf die Genexpression (über Phytochrom) von einem indi-
rekten Lichteinfluß über die Photosynthese völlig trennen.

- 314 -
Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 25

5 10

4 08
,
c:

......
0
~

Cl
u.

...E.
d
3 06
r

-
GI
Oll peroxisomale Isoform
...GI
Cl :J:
.s
Oll
c: Ci
...Cl Cl
z
15
c:
e 2 04
"1c:
<:
Cl
«
02

Fraktion (OS mll

Abb.17. Das Elutionsprofil der Alanin-Aminotransferase aus Senfkotyledonen, 4 Tage


nach Aussaa~. Die Induktion wurde mit Nitrat (15 mM) und Licht (FR) vorgenommen.
Das Licht wirkt über Phytochrom (s. Abb. 15), Die nennung der Isoformen erfolgte mit
Anionen-Austauschchromatographie (Mono Q, FPLC) [181

Die Alanin-Aminotransferase liegt in mehreren Isoformen in den Zellen der


Senfkotyledonen vor (Abb. 17). Die quantitativ dominierende Isoform des En-
zyms ist nicht in den Chloroplasten, denen die AIAT völlig fehlt [19], sondern in
den Permasomen der Zelle lokalisiert. Peroxisomen sind Organellen (Microbo-
dies), die dicht an die äußere Hüllmembran der Chloroplasten angelagert sind
(Abb. 18) und metabolisch eng mit den Chloroplasten zusammenarbeiten [20].
Die KontaktsteIlen dienen dem Stoffaustausch mit den Chloroplasten. Es gibt gu-
te Argumente dafür, daß die extraplastidische Synthese von Alanin von erhebli-
chem Vorteil für den metabolischen Fluß während der Photosynthese ist [19].

- 315 -
26 H. Mohr

Abb.18. Blatt-Peroxisomen. Objekt: Mesophyllzellen des Blattes von Nicotiana tabacum


L. Diese Microbodies sind eng an die äußere Hüllmembran von Chloroplasten angelagert.
Die KontaktsteIlen dienen wahrscheinlich dem Import von Substanzen aus dem Chloropla-
stenstroma. Man erkennt deutlich die einfache Hüllmembran und die homogene, feingra-
nuliert erscheinende Matrix der Peroxisomen. N Nucleus, C Chloroplast, P Peroxisom,
M Mitochondrion. Der Strich repräsentiert 1 Ilm [2]

- 316 -
Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 27

03B ~---------------------,

0.32

026

0.20
CI
.l<
C
0.14

O.OB

0.02

Zeit nach Au':.saatldJ

Lich t beginn

Abb. 19. Die Induktion der Fd-Glutamatsynthase ( = Fd-GOGAT) (s. Abb. 6) im Kotyledo-
nenwirtel des Pinuskeimlings durch Licht und Nitrat (15 mM im Medium). Ähnlich wie bei
der Induktion der Alanin-Aminotransferase in den Kotyledonen des Senfkeimlings (s.
Abb. 15) bewirken erst Nitrat und Licht die volle Aussteuerung der Fd-GOGAT Genexpres-
sion. Nitrat ohne Licht ist praktisch wirkungslos [21]

Ein Schlüsselenzym der Ammoniumassimilation ist die in den Chloroplasten


lokalisierte, Ferredoxin-abhängige Glutamatsynthase (= Fd-GOGAT, s. Abb. 6).
Eine vergleichende Studie ergab, daß die Regulation der Enzymsynthese in den
Keimblättern des Senfkeimlings (s. Abb. 9) in sehr ähnlicher Weise erfolgt wie im
Kotyledonenwirtel der Wald kiefer (s. Abb. 10). Die wichtigsten Ergebnisse lauten
(Abb. 19): Im Dunkeln wird nur wenig Enzym gebildet; Nitrat hat im Dunkeln kei-
nen signifikant induzierenden Effekt; die Synthese des Enzyms wird durch Licht,
das über Phytochrom wirkt, angeregt; diese Lichtwirkung wird durch Nitrat ver-
stärkt; Ammonium hat keine induzierende Wirkung auf die Synthese der Fd-GO-
GAT, aber auch eine Hemmung, die als Anzeichen einer Ammoniumtoxizität ver-
standen werden könnte, ist nicht zu beobachten. Aus diesem Ergebnis darf man
nicht den Schluß ziehen, für den Pinuskeimling sei ein Überangebot an Ammoni-
um harmlos. Im Schluß kapitel werden kürzlich erhobene Befunde vorgestellt, die
darauf hinweisen, daß auch die Keimpflanzen der Waldkiefer bei einem überhöh-
ten Angebot an NHt überfordert sind.

- 317 -
28 H. Mohr

Die Regulation der Nitritreduktase

Die plastidische, Fd-abhängige NiR ist das zweite Enzym in der Sequenz der
Nitratassimilation. Es katalysiert die Umwandlung von Nitrit (NOi) in Ammo-
nium (NHt) innerhalb der Chloroplasten (s. Abb. 6). Das Enzym ist im Zellkern
kodiert, wird im Cytoplasma synthetisiert und gelangt mit Hilfe eines 3 kDa Tran-
sitpeptids [22] zielsicher in die Chloroplasten, in denen es seine katalytische Funk-
tion ausübt.

Regulation der Nitratassimilation (NiR)

~ : 1z~l1~an~ I:' : /" ..... ' I.Ker~ I


.. '':N~- .~.
. .......... '.' . . . . .

..
.
• .......... ....... NltrQ t Qls I . '. : '. . ' .
..... ,'-". RegulQtor der' '. '. .
(N03~~)
TrQnSIQtlon(31\.: .• · . : .

PI asmalenma "-') \ ... /:


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/ .......... .:.. .
NO - /

/'.' . 'X
2
",:' .--:- ....... / pfr als
RegulQtor der
/. ' .. '. Transkription (21

I .. ·· .'. i . .\
PlastidenSignal (1)
II . . -.NIR . . "
'..
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I Plastide I '.' '. NH4+. : ~ .\
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'. '.' '

.' ./
\ '. Glutamin / Glutamat /
\ .....
-(-:'-.-. -:- .-:-;-
/
./ ,,".
.:....._...... './ .......
"-2-Amlnosauren
2-0xosauren

Abb. 20. Schematische Zusammenfassung der bisher erzielten Ergebnisse zur Regulation
der Genexpression der plastidischen Nitritreduktase (NiR) in den Kotyledonen des Senf-
keimlings [22]

- 318 -
Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 29

... Dunkell-N03
100 c,. Dunkel! + N03

~
0
•o Llcht/- NO;
Llcht/+N0 3
«
z
0::
o LlCht/+NO;+NF
E
I
0::
Z
QJ
'-
c 50
..c
'-
QJ
-+=
C
Vi
c:
c
'-
+-

Zelt noch Aussaat [dl

Abb. 21. Der Pegel an translatierbarer NiR-mRNA in den Kotyledonen des Senfkeimlings
zwischen 36 und 72 h nach Aussaat. Nitrat hat keinen Effekt auf den NiR-mRNA Pegel,
obgleich es für die NiR-Synthese unbedingt gebraucht wird. 0, bei diesem Programm -
in Gegenwart von Norflurazon, NF - werden die Chloroplasten photooxidativ so stark
geschädigt, daß sie keinen Plastidenfaktor mehr abgeben. Demgemäß bleibt die NiR-
mRNA unter der Nachweisgrenze [22]

An der Regulation der Genexpression (Abb. 20) sind 3 Faktoren beteiligt, die
in einer strengen Hierarchie arbeiten: (1) Ein Plastidenfaktor, der von den intak-
ten Chloroplasten abgegeben wird und den Kerngenen signalisiert, daß die Chlo-
roplasten bereit sind, Proteine aufzunehmen. Mechanistisch ausgedrückt: Der
Plastidenfaktor macht jene Kerngene, die für Plastidenproteine kodieren - also
auch das NiR-Gen - transkriptionsbereit. Fehlt der Plastidenfaktor, etwa als Fol-
ge einer photooxidativen Schädigung der Plastiden, kann die Transkription dieser
Gene nicht induziert werden [23]. - (2) Licht, das über Phytochrom wirkt, stimu-
liert die 'franskription - gemessen als Anstieg der mRNA für NiR (Abb.21). -
(3) Nitrat ermöglicht die Translation der NiR-mRNA im Cytoplasma und damit
die Bildung des Enzymproteins (Abb. 22). Nitrat hat aber keinen Effekt auf den
Pegel der translatierbaren NiR-mRNA (s. Abb. 21).
Die Steuerung der Genexpression erscheint den Bedürfnissen der Pflanze ge-
nau zu entsprechen. Die naheliegende Erwartung, daß die Genexpression bei allen
Enzymen der nitrat-assimilierenden Sequenz (NR- - -ATs) in derselben Weise re-
guliert werde, hat sich indessen nicht bestätigt.

- 319 -
30 H. Mohr

... Dunkel/-NO]
10
l> Dunkel/+NOj

0
Licht I-NO"]
Licht I +NO]

08
,
<-
Cl
Cl
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"0
06

..
~

~
>.
0

..:.
Cl
-'" 04
e:

a::
z

02

60 72
Zelt nach Aussaat [dl

Abb.22. Der Pegel an Nitritreduktase (NiR) in den Kotyledonen des Senfkeimlings zwi-
schen 36 und 72 h nach Aussaat. Man sieht, daß eine erhebliche Enzymsynthese nur dann
stattfindet, wenn Nitrat angeboten wird. Die volle Aussteuerung der NiR-Synthese setzt je-
doch die Koaktion von Nitrat und Licht voraus. Die NiR-Aktivität ist unter allen Umstän-
den der immunologisch bestimmten Menge an Enzymprotein proportional (22)

Regulation der Nitratreduktase

Die cytosolische Nitratreduktase (NR) ist das erste Enzym in der Reaktionsse-
quenz der Nitratassimilation (s. Abb. 6). Es katalysiert die Umwandlung von
NOi in NOi . Das Enzym ist im Zellkern kodiert, wird im Cytoplasma syntheti-
siert und verbleibt auch im Cytoplasma (Abb.23). Der Km-Wert (für NR aus
Senfkotyledonen) bezüglich NOi liegt relativ hoch (6 mM), was als Hinweis dar-
auf gewertet wird, daß der von der NR katalysierte Schritt (NOi - NOi) ge-
schwindigkeitsbestimmend für die Nitratreduktion ist. (Der Km-Wert der NiR aus
Senfkotyledonen bezüglich NOi liegt bei 230 J,1M).
In den Kotyledonen von Senfkeimlingen, die nicht mit nitrathaitigen Nährlö-
sungen versorgt sind, findet man nur einen sehr geringen NR-Pegel. Wenn die
Keimlinge im Licht wachsen und Nitrat angeboten wird, kommt es nach einer
,lag~Phase von 3 h zu einer drastischen Erhöhung des Enzympegels als Folge der
einsetzenden Synthese von 2 Isoformen der NR (Abb. 24). Nitrat und Licht, je-

- 320 -
Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 31

Regulation der Nitratassimilation (NR)

/" ..... ' I.Ker~ I


I.' . . .

..
Nitro t als I.
Regulator der
Transkription \. . • . .

-... \ ...,;./." . .. '

Plasmalelllßa
. .'...
\
~

..... '.'

-NR
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........
--
/'
/.' . .",,-
.'\ Modulator der
/ ...... . Transkription
\

I . -NIR
...\ PlastIdensIgnal
I .

1PlastIde I". . NH q+ ' • .\

\. ··I~6S·· . )
\"
. . .
. , . .'/
'. /
\. ~lut~ml~ I ~lu~a~~ I
-\..--: '-.-. -:=-.~-
/ / ",,".
.:....-
'./
''/
"' "-
2-0xoslluren 2-Amlnoslluren

Abb. 23. Schematische Zusammenfassung der bisher erzielten Ergebnisse zur Regulation
der Genexpression der cytosolischen Nitratreduktase (NR) in den Kotyledonen des Senf-
keimlings [24]

weils allein verabreicht, stimulieren die Enzymsynthese nur wenig, während die si-
multane Applikation von Licht (über Phytochrom wirkend) und von Nitrat zu ei-
nem stark synergistischen Effekt auf die NR-Synthese führt. Werden die Chloro-
plasten photooxidativ geschädigt [im Rotlicht (R) in Gegenwart von Norflurazon
(NF), s. Abb. 25], so unterbleibt die Induktion beider NR-Isoformen. Eingehende
Studien haben ergeben, daß tatsächlich für die Genexpression der cytosolischen
NR 1 und NR2 die positive Kontrolle durch den Plastiden faktor genauso essentiell
ist wie für die plastidischen Proteine, z. B. NiR (s. Abb. 20). Bislang ist die NR das

- 321 -
32 H. Mohr

,..NR,
o 96hO-H 20
• 96 h 0- KN0 3
50 05
o 96 h FR- H20
• 96hFR-KN0 3 .,..-
.,...-
~

";"
40 6. 72 h FR- KN0 3 .,..- 04
E .,..-
.,..-
Ltl
0
....~
~ Ü
a. 30 03
~
;!;j

i
...!.,.

20 ...- 02
, .,..- ...-
CI:
.,..-
.,..-
Z ./

10 01

0 0
20 25 30 35 40 45
Anzahl Fraktionen
Abb. 24. Das Elutionsprofil der NR aus Senfkotyledonen, 3 bzw. 4 Jage nach Aussaat. Die
Induktion wurde mit Nitrat (15 mM) und Licht (FR) vorgenommen. Die Trennung der bei-
den Isoformen (NR] und NR 2) erfolgte mit Anionen-Austauschchromatographie (Mono
Q, FPLC) [25]

einzige cytosolische Enzym, bei dem die Genexpression vom Plastidenfaktor ab-
hängt. Der Umstand, daß die Zelle die NR in einer Weise reguliert, als ob sie ein
plastidisches Protein wäre, ist sowohl teleonomisch (Frage nach dem Sinn!) als
auch historisch (d. h. vom Ablauf der Evolution her) verständlich: Die NR war
ursprünglich ein plastidisches Enzym!
Die in den letzten Jahren etablierten Techniken (Herstellung von Antikörpern
gegen das NR-Protein, NR-spezifische cDNA-Proben, quantitative in vitro Trans-
lation von mRNA) haben uns auf dem Weg, die Regulationsmechanismen der
NR-Genexpression im Senfkeimling aufzuklären, ein gutes Stück vorangebracht.
Zum Beispiel (Abb. 26) ließ sich aus den in vitro synthetisierten Translationspro-
dukten mit dem anti-NR-Serum eine Proteinbande von 105 kDa spezifisch ausfäl-
len. (Beide Isoformen sind Homodimere. Die Monomere haben dieselbe Teilchen-
masse von 105 kDa). Aus der Quantität dieses Polypeptids kann man auf die
Quantität an translatierbarer NR-mRNA schließen. Man sieht (Abb. 26), daß das
Polypeptid in größerer Menge nur dann auftritt, wenn die Senfkeimlinge, aus de-
ren Kotyledonen die RNA isoliert wurde, sowohl in Gegenwart von No) als auch
von Licht (Pfr) wuchsen (Abb. 25, Spur 5 und 6). Bei Dunkelkeimlingen, ob Ni-
trat-vers~tgt oder nicht (Abb. 26, Spur 1 und 2), bleibt ein potentielles Signal un-

- 322 -
Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 33

60 06
o 96 h R - HzO
.96hR-KNOl
50 .. 96 h R -NFI KNO l 05
~ A 72h R -KNO l
';-
/'
E 40 /'
/'
04
Lll /'
0
::i!
~
a. (}
30 03
;lij zcu
'5
~ -
20 02
a:
z
./

10 01

0 0
30
Anzahl Fraktionen
Abb. 25. Das Elutionsprofil der NR aus Senfkotyledonen, 3 bzw. 4 Thge nach Aussaat. Be-
dingungen wie in Abb. 23, aber Rotlicht (R) statt FR . .&, bei diesem Programm - in Ge-
genwart von Norflurazon, NF - werden die Chloroplasten durch das photooxidativ wirk-
same R geschädigt. Obgleich sowohl NR j als auch NR 2 cytosolische Proteine sind, werden
sie unter diesen Umständen nicht mehr gebildet [251

ter der Nachweisgrenze. In Kotyledonen von Lichtkeimlingen, die auf nitratfreiem


Medium wuchsen, findet man nur wenig translatierbare NR-mRNA (Abb. 26,
Spur 4). Besonders eindrucksvoll ist ein Vergleich von Spur 6 und 7 in Abb. 26,
der die molekulare Situation unter Bedingungen mit völlig intakten bzw. mit pho-
tooxidativ geschädigten Plastiden wiedergibt: Wenn die Plastiden aufgrund einer
photooxidativen Schädigung außerstande sind, das Plastidensignal abzugeben,
wird der Pegel an translatierbarer NR-mRNA auf ein kaum noch nachweisbares
Niveau gedrückt.
Wenn man die derzeit verfügbaren Daten zusammenfaßt, ergibt sich folgendes
Bild (Abb. 23): Die Regulation der Bildung cytosolischer NR erfolgt durch Licht
(Pfr) und Nitrat. Der Plastidenfaktor ist auch im Fall der NR eine unabdingbare
Voraussetzung für die Genexpression. Der Modus der Koaktion von Nitrat und
Phytochrom ist noch nicht befriedigend geklärt. Derzeit gehen wir davon aus, daß
sowohl das Phytochrom (Pfr-Signal) als auch das Nitratsignal über DNA-binden-
de Proteine (trans acting factors) die regulativen Sequenzen in der Promotorre-
gion der NR-Gene beeinflussen. Klarheit wird sich aber erst dann gewinnen las-
sen, wenn transgene Pflanzen mit entsprechend modifizierten Promotorregionen
in größeren Mengen verfügbar sind.

- 323 -
34 H. Mohr

kDa

94 -

43 -

20 -

14 -

2 3 4 5 6 7
cD cFR eR
/ \ ./1' / \
H20 N0 3 NOj H20 NOj NO -3 NF/NOj
I
NR
Abb.26. Analyse der In vitro Translationsprodukte von Gesamt-RNA aus Kotyledonen
von 60 halten Senfkeimlingen nach Immunpräzipitation mit NR-Antiserum, SDS-PAGE
und Fluorographie. Die Keimlinge wurden entweder im Dauerdunkel (Spur 1, 2), im Dau-
er-FR (Spur 3, 4, 5) oder im Dauer-R (Spur 6, 7) gehalten. Im Fall von Spur 7 wurde, zu-
sätzlich zur Nitratgabe (15 mM), eine Behandlung mit Nortlurazon (NF) durchgeführt.
Dadurch kann das Rotlicht (R) in den Chloroplasten photooxidativ wirksam werden. Im
Fall von Spur 3 wurde vor der Immunpräzipitation hoch angereicherte NR zu den Transla-
tionsprodukten gegeben. Das Antiserum erkennt jetzt vorrangig die im Überschuß vorhan-
denen unmarkierten NR-Moleküle; die radioaktive Proteinbande im Bereich von 105 kDa
verschwindet (competing out-Experiment zum Nachweis der Spezifität des Antiserums)
[24]

- 324 -
Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 35

Vom teleonomischen Standpunkt aus erscheint auch die bei der NR-Genex-
pression beobachtete Strategie plausibel: Die Synthese der NR-Isoformen wird be-
reits auf der Stufe der Transkription an die Verfügbarkeit von Nitrat und Licht
angepaßt. Dadurch wird die aufwendige Akkumulation nicht-translatierbarer
mRNA, die man im Fall der NiR in Abwesenheit von Nitrat beobachtet
(s. Abb. 21), vermieden.
Der Umstand, daß ein und dieselbe Pflanze bei der Genexpression von NiR
und NR unterschiedliche Strategien verwendet, lädt natürlich zu Spekulationen
ein. Man kann zum Beispiel teleonomisch dahin argumentieren, daß der NiR-Pe-
gel nach dem Auftreten von Nitrat rasch und vor dem NR-Pegel ansteigen muß,
weil eine Akkumulation von giftigem NOi unbedingt zu vermeiden ist. Durch
die Akkumulation von NiR-mRNA (s. Abb. 21) würde dem Rechnung getragen.

Gentechnik?

Kann man auf rasche Verbesserungen des Systems der Nitratassimilation über
gentechnische Manipulation hoffen? Unsere Erwartungen sind sehr gedämpft.
Das Hauptproblem liegt darin, wie auch bei dem Versuch einer gentechnischen
Verbesserung der Photosynthese, daß polygenische Funktionssysteme in der Regel
von Natur aus derart optimiert sind, daß jeder grobe Eingriff sich als Störung
auswirkt. Es geht ja nicht darum, einzelne defekte Gene auszutauschen oder ein-
zelne neue Gene einzuführen; das Ziel ist vielmehr, in ein bereits subtil optimier-
tes, durch viele Gene bestimmtes System verbessernd einzugreifen. Unter diesen
Umständen sind der Gentechnik - zumindest vorläufig - enge Grenzen gesetzt.
Ohne eine genaue Kenntnis der Funktionssysteme, die man optimieren möchte,
erscheint der Versuch einer gentechnischen Verbesserung aber nahezu hoffnungs-
los. Deshalb stellt die molekularphysiologische Analyse der ,Mechanismen' (im
Sinn der obigen Definition) die erste Stufe einer möglichen Gentechnik dar.
Im Hinblick auf die Entwicklung neuartiger Herbizide ergibt sich ein günsti-
geres Bild. Interessant erscheinen derzeit vor allem solche Herbizide, deren Wirk-
mechanismen auf dem Phänomen der Ammoniumtoxizität beruhen: Eine im
übrigen neutrale Substanz, die spezifisch die OS hemmt, wird dadurch, daß sie
eine Ammoniumakkumulation bewirkt, "automatisch" zum Herbizid. Anderer-
seits müßte es möglich sein, die gewünschten Kulturpflanzen genetisch so zu ver-
ändern, daß sie die GS überproduzieren und dadurch gegen das neue Herbizid re-
sistent werden.
Ein eindrucksvolles Beispiel für die Möglichkeit dieses Vorgehens sei kurz ge-
schildert: L-Phosphinothricin, ein Analogon des Glutamats, ist ein sehr wirksa-
mer Inhibitor der GS [26]. Transgene Tabakpflanzen, die ein GS-Gen von Alfalfa
überexprimieren, zeigen einen 5fachen Anstieg der spezifischen GS-Aktivität und
einen 20fachen Anstieg in der Resistenz gegenüber L-Phosphinothricin [27].

- 325 -
36 H. Mohr

Sproß- Wurzel- Verhältnis


(Verhältnis der Trockenmassen)

TM SproßITM Wurzel
10 ,---------------------------------------------.

o
ohne K+ -Zusatz + K+ KN0 3 [15 mM]

Abb. 27. Verhältnis der Trockenmasse der Sproßorgane zur Trockenmasse des Wurzelsy-
stems bei 3 Wochen alten Kiefernkeimlingen. Die Keimlinge wurden auf Perlite, versorgt
mit den angegebenen Lösungen, angezogen. Nach 4 Tagen Ankeimen in konstantem Rot-
licht wurden sie bis zur Ernte in Weißlicht unter Langtag-Bedingungen (16/8 h, 25°120°C)
gehalten [28]. Die zu den Basislösungen zugegebenen K + -Konzentrationen entsprachen
1/10 oder 1/1 der K + -Konzentration der von Ingestad [29] beschriebenen Nährlösung für
Kiefernkeimlinge

Auswirkungen eines überhöhten Ammoniumangebots auf die


Keimpflanzen der Waldkiefer (Pinus sylvestris L.)

Werden Keimpflanzen der Waldkiefer (s. Abb. 10) einseitig mit NH: ernährt,
zeigen sich nach etwa 3 Wochen an den oberirdischen Organen die ersten äußerli-
chen Schadsymptome (Nekrosen an den Keimblättern und an der Achse). Eine
entsprechende Versorgung mit Nitrat (in Form von KN0 3) hat hingegen einen
positiven Effekt auf Wachstum und Entwicklung (analog zu Abb. 11, oben).
Die detaillierte Untersuchung der pathogenen Wirkung von Ammonium auf
den Pinuskeimling führte zu allgemein bedeutsamen Ergebnissen, von denen eini-
ge kurz vorgestellt werden.
(x) Das Sproß-Wurzel-Verhältnis (gemessen als Verhältnis der Trockenmasse)
wird durch Ammonium zugunsten der Sproßachse verschoben (Abb. 27). Die
relativ schwache Entwicklung des Wurzel systems in Gegenwart von Ammo-

- 326 -
Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 37

14,--------------------------------------------,
E::ZJ BIottorgone
D9 Keimling
12 oq oquo dest.
Q)
rJ) NS (NH4)2S04 [7.5 mM)
Ul
o 10 NN NH 4NOJ [ 15 mM)
E NL Nöhrlösung noch Ingeslod
c
Q)
~ 8
U
o
L
f- 6
0'>
"""-..
~
4
0'>
E
2

o
oq NS NN oq NS NN oq NS NN
ohne Zusatz + 1/ 10 NL + NL

Abb.28. Kaliumgehalte 3 Wochen alter Kiefernkeimlinge bezogen auf Trockenmasse der


Blattorgane (Kotyledonen und Ansätze der Folgenadeln) oder des Keimlings. (Anzucht wie
Abb.27). Die zu den Basislösungen zugegebene Ingestadsche Nährlösung enthielt keinen
Stickstoff. Die Messung erfolgte mittels Atomabsorptions-Spektrometrie [28)

nium hat zur Folge, daß sich die Aufnahme der übrigen Nährelemente und
von Wasser mit der Zeit immer ungünstiger gestaltet.
In Gegenwart von Kalium - nach unseren Erfahrungen das bei weitem
wichtigste Kation bei Keimpflanzen - ist der Effekt von Ammonium zwar
weniger ausgeprägt, aber immer noch gravierend. Im Gegensatz zu den Er-
fahrungen mit dem Senfkeimling (s. Abb. 13), kann simultan verabreichtes
Nitrat den Ammoniumeffekt nicht aufheben. Damit in Übereinstimmung
wurde von uns gefunden, daß beim Pinuskeimling die Ammoniumakkumu-
lation durch Nitrat nicht verhindert werden kann. Auch die derzeit auf der
Enzymebene verfügbaren Indizien (z. B. Abb. 18) deuten darauf hin, daß die
Stimulierung der Ammoniumassimilation durch Nitrat beim Pinuskeimling
weniger ausgeprägt ist als beim Senf.
(xx) Überraschend (und erhellend) war der Befund, daß die Pinuskeimlinge, die
auf Perlite als Bodensubstitut wachsen, in Gegenwart von Ammonium im
Medium erhebliche Mengen an Kalium verlieren. Der Kaliumgehalt im Keim-
ling sinkt ab, sowohl beim Bezug auf die Trockenmassen (Abb. 28) als auch
beim Bezug auf die biologische Einheit (Blattorgane, Keimlinge) (Abb. 29).
Die Daten, die mit Keimpflanzen ohne zusätzliche Nährlösung ("ohne Zu-
satz") gewonnen wurden, belegen, daß es in Gegenwart von Ammonium tat-
sächlich zu einem Nettoefflux von Kalium aus den Keimpflanzen kommt.

- 327 -
38 H. Mohr

100
~ Blattorgane
~ Ke im ling
...- oq oquo des\.
(]) 80
.c NS (NH4)2S04 [7 .5 mM]
r: NN NH4N03 [15 mM]
W NL Nöhrlö sung noch Ingeslod
(])
.c 60
(J
(/)

(J'\
0
0 40
.D
'-....
~
(J'\ 20
::t

0
oq NS N N oq NS NN oq NS NN
ohne Zusatz + 1/ 10 NL + NL

Abb. 29. Kaliumgehalte 3 Wochen alter Kiefernkeimlinge bezogen auf die biologische Ein-
heit "Blattorgane" (Kotyledonen und Ansätze der Folgenadeln) oder "Keimling". (Anzucht
wie Abb. 27). Die zu den Basislösungen zugegebene Ingestadsche Nährlösung [29] enthielt
keinen Stickstoff. Die Messung erfolgte mittels Atomabsorptions-Spektrometrie. Der Kali-
um-Gehalt im Samen (Embryo plus Endosperm) als Bezugswert beträgt 50±O,7 I1g K / Sa-
men [28]

Offenbar werden über die Wurzeln K + -Kationen gegen NHt ausgetauscht.


Auch bei einem Angebot an K + in der für die Waldkiefer von Ingestad [29]
optimierten Nährlösungen liegt der K-Gehalt in Gegenwart von Ammonium
weit niedriger als ohne zusätzliches Ammonium im Medium (aq-Kontrolle).
Wir gehen davon aus, daß auch unter diesen Bedingungen der Efflux an K +
durch das Angebot an NHt im Medium gesteigert wird.
Da der K-Gehalt in Gegenwart von Ammonium nach 3 Wochen Wachs-
tum die sogenannte "Mängelgrenze" von 0,411,10 bereits erreicht (d. h. jene
Konzentration, unterhalb derer erfahrungsgemäß Mangelsymptome zu er-
warten sind), liegt die Annahme nahe, daß die von uns in Gegenwart von
Ammonium registrierten Schadsymptome nicht nur eine Ammoniumtoxizi-
tät anzeigen, sondern auch mit dem Nettoverlust an K zu tun haben.
Mit diesen Bemerkungen konnte lediglich angedeutet werden, wie wir in unse-
ren Klimakammern versuchen, mit Hilfe von Keimpflanzen, die sich im exakten
physiologischen Experiment handhaben lassen, die im Freiland auftretenden
Schadsymptome (z. B. die sogenannte "montane Vergilbung") zu imitieren und
kausal zu erforschen. Auch wenn die Übertragung der Resultate auf das Freiland
nur mit Vorbehalt geschehen darf, stellen die biochemisch-physiologischen Daten

- 328 -
Der Stickstoff - ein kritisches Element der Biosphäre 39

über Ammonium-bedingte Störungen der normalen Entwicklung eine solide Ba-


sis für die weit aufwendigeren und in der Regel nicht stringent interpretierbaren
ökophysiologischen Experimente dar.

Mit Unterstützung der Heidelberger Akademie der Wissenschaften - Forschungsstelle


Nitratassimilation - und der Deutschen Forschungsgemeinschaft - SFB 206, Teilprojekt
D 1. Besonderen Dank schulde ich meinen engagierten Doktoranden.

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gung gestellt
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seedlings. Physiol Plant 45:373

- 330 -
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
Mathematisch-natu rwissenschaftl iche Klasse
Die Jahrgänge bis 1921 einschließlich erschienen im Verlag von Carl Winter, Universitätsbuchhand-
lung in Heidelberg, die Jahrgänge 1922-1933 im Verlag Walter de Gruyter & Co. in Berlin, die
Jahrgänge 1934-1944 bei der Weißschen Universitätsbuchhandlung in Heidelberg. 1945, 1946 und
1947 sind keine Sitzungsberichte erschienen.
Ab Jahrgang 1948 erscheinen die "Sitzungsberichte" im Springer-Verlag.

Inhalt des Jahrgangs 1986:


1. W. Doerr. Hat das Menschengeschlecht eine biologische Zukunft? DM 22,50.
2. G. Schettler. Der Stoffwechsel der PlasmaIipoproteine und seine Bedeutung für die Patho-
genese der Arteriosklerose. DM 38,-.
3. A. Fröhlich. Tarne Representations of Local Weil Groups and of Chain Groups of Local
Principal Orders. DM 55,-.
4. W. Doerr. Pathologie in Heidelberg. Stufen nach 1945. DM 14,80.

Inhalt des Jahrgangs 1987188:


1. H. Schipperges. Eine "Summa Medicinae" bei Avicenna. Zur Krankheitslehre und Heilkunde
des Ibn Sinä (980-1037). DM 34,80.
2. H. Elsässer. Aktive Galaxien. DM 32,-.
3. W. Rauh. Tropische Hochgebirgspflanzen. Geb. DM 98,-.
G. Stehle, R Bernhardt. Coronary Risk Factors in Japan and China. Supplement.
Brosch. DM 34,-.
L. Arab, W. Wittler, G. Schettler. European Food Composition Tables in Translation.
Supplement. Brosch. DM 79,-.
G. Schettler (Ed.). Molecular Biology ofthe Arterial Wall. Supplement. Brosch. DM 42,-.
W. Doerr, H. Schipperges (Hrsg.). Modelle der Pathologischen Physiologie. Supplement.
Geb. DM 108,-.
W. Doerr, G.B. Gruber. Problemgeschichte kritischer Fragen. Angeborene Herzfehler -
Schlagaderdiffonnitäten - Krankheitsbegriff - Homologieprinzip - Ethik. Supplement.
Geb. DM 82,-.
G. Schettler (Ed.). Endemie Diseases and Risk Factors for Atherosclerosis in the Far East.
Supplement. Brosch. DM 34,65.
G. Schettler, RB. Jennings, E. Rapaport, N.K. Wenger, R Bernhardt (Eds.). Reperfusion and
Revascularization in Acute Myocardial Infarction. Supplement. Geb. DM 134,-.
G. Schettler, D. Manne (Hrsg.). Wachstumsfaktoren und Onkogenprodukte bei Entstehung und
Regression der Arteriosklerose. Supplement. Brosch. DM 43,-.
G. Schettler (Ed.). Recent Results of Research on Arteriosclerosis. Supplement.
Brosch. DM 24,-.
L. Arab-Kohlmeier, W. Sichert-Oevennann. Thiaminzufuhr und Thiarninstatus der Bevölkerung
in der Bundesrepublik Deutschland. Supplement. Brosch. DM 49,-.

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