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Der Mars

und Hörbigers Welteislehre

Von

Hanns Fischer

Mit Z4 Abbildungen

Zweite Auflage. Z.-9. Tausend

Koehler LAmelang Verlag, Leipzlg


Die erste Kuflage dieses Bücher

erschien unter dem Titel: Der Mars, ein uferloser Lis-Dzean

Das Inhaltsverzeichnis befindet sich am Schlüsse

Copyright 1924 bg R. voigtländers Verlag, Leipzig


Druck von Lreitkopf k härte! in Leipzig
Der Mars
und Hörbigers Welteislehre
Vorwort zur neuen Auflage
d^as vorliegende Büchlein wurde vor Eintritt der größten Erden-
<^<^nähe des Mars während diesesJahrhunderts erstmalig veröffent­
licht. Da seine Voraussagen eingetrofsen sind, geht das Schriftchen ohne
wesentliche Änderungen erneut in die Welt.
hechendorf (Gbb), am Pilsensee hanns Hischer

Aus dem Vorwort zur ersten Auflage


"H^ie glänzendste Himmelserscheinung, welche unser rätselhafter
r^^Nachbarstern, der Mars, nur einmal während des ganzen
20. Jahrhunderts bieten wird, tritt am 23. August dieses Jahres ein.
Zahlreiche Rohre werden auf ihn gerichtet sein, und Tausende
werden auf die Antworten der Marsmenschen warten, wenn die ebenso
kühlen wie einbildungskräftigen Amerikaner ihre Anblinkversuche be­
endet haben.
Ihre Erwartungen können aber nur einer Enttäuschung weichen.
Die Marsmenschen werden schweigen ...
warum sie es vorziehen, die Erde keines Wortes oder keines
Blitzes zu würdigen — das habe ich in diesem Büchlein erzählt, hier
wurde der Mars aller seiner Geheimnisse entkleidet, nicht etwa nur
für den Sternenfreund, sondern auch für den Hochgelehrten.
Denn obwohl die Lösung des Marsrätsels mit Hilfe der welt-
eislehre bereits seit zwölf Jahren bekannt ist, weiß selbst Svante
Arrhenius in seinem neuesten Buche nichts von diesen Dingen.
Darum habe ich mich bemüht, so gemeinverständlich zu sein,
wie der schwierige Stoff es nur irgend gestattete.
keineswegs ist deswegen der Wert dieser Schrift für den Zach-
astronomen herabgemindert! denn eben dieser befindet sich fast noch
mehr als der blotze Naturfreund der Welteislehre gegenüber in
der Lage des Laien.
Sollte ich die eine oder die andere Erscheinung unerwähnt ge­
lassen haben, trotz besten willens, vollständig zu sein, so wolle man
das mir, nicht der Welteislehre zur Last legen; also den neuen Er­
kenntnissen, deren Dolmetsch ich hier war. Nur Dolmetsch — nichts
mehr! Das möchte ich ausdrücklich betonen. Denn dem Büchlein
6 Vorwort.

liegt ein sehr ausgedehnter Briefwechsel zugrunde, in dem hanns


hörbiger mir seine Einsichten mitteilte. Ihm also sind Inhalt und
ein großer Teil aller Abbildungen zu verdanken. Ich tat nichts anderes,
als den Stoff zu formen. Dabei habe ich allerdings einen bisher noch
nie gewählten weg eingeschlagen, nämlich den Mars aus seiner Um­
welt entstehen zu lassen, um erst dann die gewonnenen Ergebnisse
mit den Beobachtungstatsachen zu vergleichen. Daß die Ableitungen
der Welteislehre mit den Beobachtungen völlig übereinstimmen, war
für mich ebenso selbstverständlich, wie es für den Leser überraschend
sein wird. Ls wird sogar ermöglicht, Seltsamkeiten aufzudecken, deren
Richtigkeit und Tatsächlichkeit, obwohl nachprüfbar, den bisherigen
Beobachtern gänzlich unbekannt geblieben sind.
Wenn also, wie hier gezeigt wird, die Entstehung des Mars aus
der Umwelt zu einer völligen Übereinstimmung mit der Beobachtung
und noch zu einer Vertiefung unserer Kenntnisse über die äußere,
sichtbare Beschaffenheit dieses Sterns führt, so dürfte das ein un-
wiüerleglicher Beweis für die Richtigkeit der Welteislehre
sein.
wer etwas Besseres in gleich logisch geschlossener und mit allen
Einzelteilen unserer Sonnenwelt verschweißter, zudem von den
Beobachtungstatsachen vollauf bestätigter Korm vorzubringen hat,
der trete vor.
Bis dahin werden wir der Ansicht sein, daß allein die Welteis­
lehre die einzig richtige Deutung des Mars und seiner Umwelt ver­
mittelt.
hildesheim-Moritzberg,
am ersten pfingsttag 1924. hanns Zische r.
sind nun über dreißig Jahre her, daß ich, damals ein kleiner
^"'Schulbub, zum ersten Male das Wort Mars hörte. An einem
wundervollen Sommerabend war es, der lind und erfrischend über
die Höhen meiner Heimat zog, an einem jener Abende, die, so möchte
ich meinen, selten geworden sind. Denn nie habe ich sie wieder in
solcher Sülle und Schönheit erlebt. Oder ist es das süße Wort Heimat,
war es das selige Naturhingegebensein, sind es die Süden, die sich
damals vom Mutterher; zu den Rindern spannten und alles zu leuch­
tender Schönheit verklärten, daß es weich verrinnt in der Lieblichkeit
von Duft und Abendfrieden? Ich weiß es nicht. Noch aber sehe ich
uns stehen unter den uralten Eichen, am Hügelhang, während fern,
ein dunkler Streif, die Berge Hingingen, blaß das Band der Dder
schimmerte und verträumt ein Städtel aus den Auwäldern grüßte.
vorüber aber glänzte ein wunderbarer Stern, flimmernd und
gleißend in rotem Licht: der Mars.
vie drängenden Zragen des Rindes, was dieser Name zu be­
deuten habe, fanden keine zureichende Antwort. Mars! Was wohl
konnte das sein? Dort oben war der große Wagen, von dem aus man
die Nordrichtung feststellen konnte, ven sah man ja deutlich; ein
Rastenwagen mit der gebogenen Deichsel. Und das Siebengestirn
war auch zu verstehen; aber Mars? was hieß das nur? Und so
blieb der Name haften, bekam etwas Seltsames und Rätselhaftes
und spukte in den Träumen, bis andere Dinge ihr Recht im Rinderhirn
geltend machten. Da schlief der Mars ein, um aber eines Tages
8 ver Sprung ins All.

jäh ;u erwachen; denn der vorfschulmeister erzählte da von ungefähr


vom Leben auf der Erde, und er machte einen Gedanken lang den
Sprung ins All: Auch ferne Sterne, die am Himmel glänzten, feien
bewohnt. So gebe es auf dem INars Menschen. Das aber gehörte
nicht zur Sache, und schnell kehrte er zur Erde zurück.

6bb. 2.
In Abbildung 1 ist der Sternenhimmel über einer Landschaft zur leichten
Auffindbarken des Mars (Opposition am 23. August um 5 Uhr mittlerer
Greenwicher Zeit, also um 6 Uhr abends mitteleuropäischer Zeit) gezeigt,
ver winzige am Horizont in den aufgeheilten Himmel weisende Turm deutet
genau nach Süden. Stellt man sich nun um ll Uhr abends mit dem Ge­
sicht nach dieser Himmelsrichtung, so steht der Mars, gegebenenfalls etwas
tiefer, an der bezeichneten Stelle als hellster Stern im Sternbilde des Wasser­
mann. In größter Erdennähe befindet sich der Mars bereits am 22. August,
da Opposition und geringster Kbstand deswegen nicht genau zusammen­
fallen, weil Lrd- und Marsbahn nicht Kreise smd. vie Entfernung beträgt
dabei 58730000 Kilometer.
Abbildung 2 ergänzt das erste Bild, da hier die Sternkarte mit dem schein­
baren Lauf des Mars vom 30. April bis zum 1. November sichtbar und die
Opposition durch Umkreisung kenntlich gemacht ist. Stellt man Dp lO um
10 Uhr oder Dp ll um II Uhr oder Dp 12 um 12 Uhr senkrecht zum Horizont,
so befinden sich die Sterne jeweils in der auf dem Kartenbild gezeigten Lage.
(Zeichnung hörbigers.)
von brennender Sehnsucht. y

Ich aber blieb auf dem Mars! Der war bewohnt! Dort oben
fern am dunklen Nachthimmel gab es Menschen. Das war wie ein
Wunder! Lrannte denn dieses Himmelslicht nicht wie die Sonne
in eigener Glut? wie konnte es denn sonst leuchten? wie konnte
dort ein Mensch leben? wie kamen denn Menschen dorthin und wie
wußten wir von ihnen? Das alles stürmte auf den Buben ein. In
seiner Menschenscheu und Verschlossenheit drehte und wendete er
all das in seinem Näpfchen.
Aber eines Sonntagmorgens, als der Vater Rosen schnitt, sagte
er ihm einfach: „Vater, auf dem Mars sind Menschen!" va machte
Vater ein Gesicht, als ob ich ihm weiß Gott was verraten hätte,- dann
aber lächelte er und meinte: „woher weißt du das?"
„Der Herr Kantor sagt es!"
va hing der Vater die Gartenschere in die Laube, trug die Rosen
zur Mutter und rief mich dann. Er stieg in sein Arbeitszimmer hinauf,
klopfenden Herzens ich hinterher. Dort wurde der große Bücherschrank
aufgeschlossen und ein Werk herausgenommen. Und dann sah ich
eine Helle Scheibe mit vielen kreuz- und Querstrichen. Es war ein
Luch in einer fremden Sprache. Aber der Vater erklärte mir, daß diese
Scheibe der Mars sei und die Striche darauf Kanäle. Das könne man
alles in großen Zernrohren sehen, die viel größer waren als unseres,
das gerade hinreichte, um nach der Uhr des nächsten Stadtturmes
unsere Uhren zu stellen. Und weil diese Kanäle vorhanden seien,
weil sie sich änderten, weil man sähe, wie sie sich mit Wasser füllten,
das bei Überschwemmungen aus den Ufern träte, genau wie es auch
die Gder tat, so müsse man annehmen, sie wären von Menschen er­
baut. Aber gesehen habe man diese Marsbewohner noch nicht. Und
es sei sehr fraglich, ob das je gelingen würde. Dagegen wäre es wohl
möglich, durch Lichtzeichen mit ihnen in Verbindung zu treten.
Damit schloß die Belehrung, aber das Buch durfte ich zuweilen
besehen. Nie aber sah ich eine andere Seite an als die, welche das
Marsbild zeigte.
Eine brennende Sehnsucht aber war in mir: das alles auch einmal
zu lernen, um „auf alle Zölle" einmal selbst mit den Marsbewohnern
in Verbindung zu treten; denn diese sollten mir dann sagen, ob die
Erde auch leuchtete! Das war einer jener Punkte, der mich nicht los-
lietz: warum leuchtet der Mars? Man hatte mir zwar gesagt, daß der
Stern im Sonnenlicht strahlte. Aber das klang so arg merkwürdig.
10 Schulerinnerungen

Und so türmte sich das Rätsel des Mars immer mehr auf, verwandelte
sich in einen Nnäuel schier unentwirrbarer Widersprüche, bis endlich
in späteren Schuljahren wenigstens so viel klar wurde, daß ein nicht
selbstleuchtender Stern wie der Mars das von der Sonne empfangene
Licht zurückstrahlte, wie es
der Mond ja auch tat. Da­
durch aber wurde keines­
wegs die Sehnsucht ge­
stillt, alles ;u erfahren,
was vom Mars und seinen
Bewohnern zu wissen
möglich war.
Neuen Glanz aber
bekamen die Hoffnungen,
als nach einigen Jahren
der Physikprofessor am
Gymnasium die Zeit vor-
aussagte, da man seinen
Luftballon aus derwesten-
tasche ziehen und zum
Sirius fliegen werde. Man
konnte dann ganz gut den
tlbb. Z: Weg über den Mars neh­
Der Mars nach einer Zeichnung von Schia- men— das meinte ich ...
parelli, dem Entdecker der Marskanäle. (Nach Über meine kühnen
Vürgel.) Die Breite der Verdoppelungen ist
in der hier wiedergegebenen Abbildung viel Pläne wurden weidlich
zu groß gezeichnet. Zeigten sie in der Tat abgekühlt, denn eben der
diese Ausmaße, so müßte der Marsozean gleiche Lehrer sagte mir
6—700 Mometer tief sein, eine Zahl, die, wegen mäßigster mathe­
wie wir sehen werden, zu bedeutenden Wider­
sprüchen fuhrt. Die Nilosyrtis-Gegend scheint
matischer Begabung vor­
zu dunkel gezeichnet. aus, es werde mir nie­
mals möglich sein, wirk­
lich in die Geheimnisse der Natur einzudringen: „... ohne Mathe­
matik, wissen Sie!" Damit schloß er seine übliche auf Bedauern ge­
stimmte Rede.
Leider hat mein guter Lehrer sich geirrt, wenigstens hinsichtlich
der Fahrt nach dem Sirius. Mit dem Luftballon ist das nichts.
Und was mich anlangt, so bin ich auf meinen Sekundaneransichten
Träumereien. 11

haften geblieben, es sei besser, die Natur und das Leben zu beobach­
ten, als sie zu berechnen; ohne Mathematik, wissen Sie!
So wurde der Mars wieder für einige Jahre begraben. Aber
wie der ewige Jude, der immer wieder auftaucht, ungebeten und
unerwartet, so rief auch unser Himmelsnachbar immer wieder die
Erinnerung an ihn zurück, Da wurden schwindelhaft hohe Summen
für den ausgesetzt, welcher auf irgendeine Weise zu einem Gedanken­
austausch mit den Marsbewohnern gelangen könnte, vielleicht, daß
diese die kindhaften Zeichen der jungen Lrdenmenschheit verstehen
würden; denn die Bewohner des roten Mars waren ja nach Ansicht
der Astronomen Jahrhunderttausende älter als die von der Sonne
viel, viel später abgeschleuderte Erde. Aber klar war man sich über
eines. Wollte man sich den Marsmenschen bemerkbar machen, so
konnte das nur mit Hilfe der Lichtstrahlen oder mit elektrischen
Wellen gelingen. Und schon waren die reizvollsten Vorschläge da.
Der eine wollte die Sahara (!), der andere die russische Steppe
derart aufforsten, daß der neue Wald dem Bild des pythagoreischen
Lehrsatzes entspräche, also einer mathematischen Grunderkenntnis,
die den Marsbewohnern auf alle Fälle bekannt sein sollte (vgl.
Abb. 48).
Als im Jahre 1909 der Mars sehr günstig zur Erde stand, hörten
die Zeitungsberichte über die Telegraphie nach dem Mars überhaupt
nicht auf. hatte doch Douglas schon im Jahre 1900 (wie sinnig zur
Jahrhundertwende!) Lichtsignale vom Mars aufblitzen sehen. Darum
empfahl der amerikanische Astronom, einen Hohlspiegel von 900 in
Durchmesser zu bauen, um die Martier anzublinken. Der Engländer
Larkin widersprach diesem Vorschlag, denn er hatte errechnet, daß
ein solches Gerät 836 irrn Durchmesser haben müsse. Bald aber stieß
er diese Behauptung selber um und begnügte sich mit nur 42 km,
da die Marsleute gewiß über viel bessere Zeichenempfänger verfügten
als wir jedenfalls viel rückständigeren Erdenbewohner. Man sieht
also, daß noch vor 15 Jahren die Führer der himmelswissenschaft
nicht den geringsten Zweifel an der Bewohnbarkeit des roten Sterns
hegten. Ihnen kamen Männer von der Bedeutung des amerikanischen
Physikers Nikolas Tesla zu Hilfe, der eines schönen Tages erklärte,
er habe in seinem Wohnsitze im Kelsengebirge Nordamerikas durch seine
Anlage für drahtlose Telegraphie drei Signale, die Zeichen für Eins,
Zwei, Drei empfangen, die von keiner irdischen Station ausgegangen
12 Unbekannte Brüder

sein könnten, daher unbedingt auf dem Mars aufgegeben


sein müßten.
va aber weder die Lepflanzung der 5ahara noch die der russischen
Steppe, auch nicht einmal der 42 km Durchmesser aufweisende Blink­
spiegel zu Ausführung kamen, so erteilte ein witziger dem Mars das
Wort des von Lesar aus der „Braut von Messina":
„vu bist der ältere Bruder, rede du!
Dem Erstgeborenen weich ich ohne Schande!"
Aber Mars dachte an keine Antwort und schwieg sehr zum Leid­
wesen der Aufforstung?- und Lichtsignalvertreter. Selbst Teslas
Anlage wurde von den Martiern nicht mehr belästigt! Seltsam!
Aber es traten neue Männer auf. va war der Schwede Svante
Arrhenius, der da verkündete, alle Marsmeere seien nur noch Salz­
tümpel und Salzsteppen, die Länder wüsten und hoch mit rötlichem
Meteorstaube bedeckt. Die erwähnten Kanäle seien keine Kanäle,
sondern gleich den irdischen Erdbedenspalten nur Risse und Senkungen.
Nach ihm war der Mars eine tote Welt.
wie kraß stand diese Ansicht gegen die bisherigen Überzeugungen,
die, dem Brauche treu, als wissenschaftliche Tatsachen in die Welt
gegangen waren, und die der berühmte pariser Astronom und Schrift­
steller Lamille Zlammarion in die schönen Sähe gegossen hatte:
„Diese Betrachtung trägt uns bis zu den höchsten Mysterien der Natur,
zur Krage nach dem universellen, dem ewigen Leben. Die Erde wird
zu einer Provinz des Universums, und unsere Empfindung bevölkert
andere Vaterländer in der Unendlichkeit mit unbekannten Brüdern."
Und diese Überzeugung war gewißlich nicht leichtfertig ausge­
sprochen. viele hatten die Polkappen des Mars im Zrühling schmelzen
sehen, sahen die Kanäle sich füllen, ihre Ufer ergrünen, so etwa wie
der Nil vom Mars aus gesehen während der Monate seiner Über­
schwemmung die Ufer mit üppigstem pflanzenwuchs besäumt. Und
was der Mensch, der Bruder ferner Unbekannter, hier erlebte, das
glaubteer auch aufdem Mars zu sehen. Und das alles in einer Kunst,
die denkende Wesen als Erbauer vorausseht. So bildet auch ein anderer
Naturforscher den „alten", bereits aller Berge beraubten, nun wüsten-
artigen Mars ab, aber mit Kanälen, die in ihrer winkeligkeit niemals
nur Naturspiele sein können. Auch er seht also Marsmenschen voraus;
auch er sieht im Mars einen Stern, der wesentlich älter ist als die Erde.
Auch er ist also Anhänger der Laplaceschen Abschleuderungsansicht,
Laplace am Ende. 13

nach welcher Neptun der äußerste Wandelstern, zugleich der älteste,


Merkur als der sonnennächste aber der jüngste, und somit Mars,
weil er der Sonne ferner steht als die Erde, auch älter ist als unser
Heimatgestirn: auch er ist also Anhänger von Laplace, obwohl er
ausdrücklich zugibt, daß
das Laplacesche Welt­
bild als völlig unzu­
reichend und denTatsachen
nicht entsprechend ange­
sehen werden muß. Gera­
de dies muß erwähnt wer­
den, um zuzeigen, wie so­
wohl hinsichtlich des Mars
bis in die neueste Zeit
völligeUnklarheitherrscht,
dann aber, daß unser bis­
heriges Weltbild derart
lückenhaft ist, daß wir ihm
kaum den Wert einer
hilfshgpothese als Gan­
zem zubilligen können.
Man wird geneigt
sein, diese Behauptung
für übertrieben zu halten.
Aber man warte das Er­
gebnis dieses Büchleins
ab und urteile dann. Doch
liegt es mir keineswegs
daran, für die hier vor­
getragene Ansicht Stim­
mung zu machen. Ganz Abb. 4.
vie Marskanäle nach den noch weitverbrei­
im Gegenteil: man prüfe teten bisherigen Anschauungen. < Nach Z r a n c ö.)
mit aller Nühle, aber
unvoreingenommen. Nur darf man nicht sagen, daß man etwas
anderes, als hier oorgetragen, sicher weiß. Es ist noch niemand
aus dem Mars gewesen, und alle Schlüsse, die wir aus seine
Beschaffenheit ziehen, sind nur in Anlehnung an die Erfahrungen
des täglichen Lebens möglich. Nur eine Bedingung muß erfüllt sein,
14 Die wüste des Wissens.

wollen wir dem vorgestellten Bilde den Grad hoher Wahrscheinlichkeit


zuerkennen: es muß sich in das gesamte Weltbild lückenlos
und widerspruchslos eingliedern. Diese Forderung muß er­
füllt sein.
Und nun gehe man hin und prüfe unser bisheriges sogenanntes
Wissen vom Bau unserer Sonnenwelt und dem Sein unserer Erde,
was finden wir da? Einzelanschauungen, die in tausend und aber tau­
send Büchern so dargestellt werden und dargestellt wurden, als ob das
alles Tatsachen wären: „Wir können stolz sein auf das wissen unserer
Zeit und dürfen bekennen, daß es zureichend ist, um unserem Welt­
bilde einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit zuzuerkennen, ja um
zu sagen, daß wir es mit wissenschaftlich erwiesenen Tatsachen zu
tun haben." So lautet die begnügsame Ansicht aller derer, die mehr
glauben als denken; aller derer, die sich damit begnügen, einen Sonder-
teil des Gesamtwissens zu beherrschen, die Spezialisten sind, ohne die
großen Zusammenhänge des Lebens- und Weltganzen zu überschauen
trachten,- das ist Spezialistenfluch und der Fluch des Spezialistentums,-
das ist der Fluch der so bewunderten Allgemeinbildung. Es ist die
Verschleierung alles dessen, was wir heute nicht wissen — eine Tat­
sache, die auf keiner Schule gelehrt wird und die ehrlicherweise doch
viel wichtiger wäre als das hegen eines ganz unberechtigten Stolzes,
„wie herrlich weit wir es gebracht!"
wer es mit Hilfe des bisherigen Wissens unternimmt, ein ge­
schlossenes Weltbild darzustellen, der belügt zum mindesten sich selbst
und ermangelt der Achtung vor seinem eigenen Urteil, das getrübt ist
durch den Glauben an große Namen und nicht den kühlen Blick be­
sitzt, nach den zureichenden Zusammenhängen zu forschen.
Tut man dies nämlich, so steht man bald in einer wüste. Die An­
sicht über die Entstehung unserer Sonnenwelt nach Laplace ist heute
von allen selbständigen Denkern aufgegeben. Ein völlig weltfremder,
der nun folgern würde, daß auch zu gleicher Zeit alle jene Folgerungen,
die aus dem Laplaceschen Weltbilde gezogen, aufihm erbaut wurden,
daß alle diese innerlich nun haltlosen Ansichten ausgegeben oder
wenigstens als das bezeichnet würden, was sie sind, nämlich Annahmen
und Behauptungen, der würde eine verblüffende Enttäuschung er­
leben. weit entfernt, das Stürzende fallen zu lassen, sehen wir die
Begründer und Verfechter dasZusammenbrechende stützen. DieGrund-
mauern sind hinweggefegt — aber ein Heer von Männern hat das
Lrunner und paulsen. 15

Allasschicksal aus sich genommen und trägt auf wunden Schultern


den schwankenden Bau.
Doch nicht genug damit! Noch immer werden, von Laplace
beeinflußt, neue Lustschlösser erbaut, werden Hirne gezwungen, die
Ausflüsse einer Wolkenwanderei zu erlernen, die morgen schon, nein,
heute schon als Unmöglichkeit das Zeichen der Unwirklichkeit an sich
trägt.
vas sind die Grundlagen unseres gegenwärtigen Weltbildes:
voller Widersprüche, voller Unklarheiten, voller Lücken, mit schönen
Worten den Mangel an Dürftigkeit überbrückend. vas aber ist es:
Für jede Erscheinung eine neue Annahme, eine Gewalttätigkeit, die
einen Rattenschwanz von neuen Irrtümern nach sich zieht, ganz gleich,
ob es sich um Fragen des Himmels oder der Erde handelt, um fragen
nach den Sonnenflecken, den weltenstürzen, dem Saturnring, dem
Rätsel des Mars, den Rohle-, Erdöl- oder Salzlagern, dem Nordlicht,
den Hagelschlägen, den Meeresströmungen, dem Artentod oder der
Entstehung der Arten und Rassen — überall Annahmen, die bei nähe­
rem Zusehen nur wieder auf Annahmen fußen. Statt aber die Halt­
losigkeit und den Mangel zu bekennen, wie es kürzlich Pros. Dr.
w. Brunner tat, als er sagte, „daß wir noch daraus verzichten müssen,
uns eine wissenschaftlich befriedigende Vorstellung von der Ent­
stehung und Entwicklung unseres ganzen Planetensystems oder gar
des ganzen Universums zu machen", statt dessen führt man die weitesten
Nreise irre mit der Behauptung von „wissenschaftlich erwiesenen
Tatsachen". Mit dem Brustton der Überzeugung, leidenschaftlich und
voller Schwung, Feierlichkeit in der Stimme, im Hochgefühl der Be­
geisterung, mit erneutem Nachdruck und voller Wucht und würde,
inbrünstig und mit dem Anspruch aus sittliche Tiefe werden — An­
nahmen verteidigt, werden für gleißendes Wissensgold ausgegeben,
welches als das Weltbild in den Besitz des Volkes übergeht. „Mit
brennender Scham sieht man das," um ein Wort Friedrich paulsens
zu benutzen, „sieht, daß so etwas noch heute möglich ist, daß es geschrie­
ben, gedruckt, gekauft, gelesen, bewundert, geglaubt werden kann
bei dem Volke, das einen Rant, einen Goethe, einen Schopenhauer
besitzt — das ist schmerzlich!"
Diese Erkenntnis muß man haben und muß wissen, daß unser
bisheriges Wissen vom Bau und Wesen unserer Sonnenwelt Stück­
werk ist, in des Wortes einfachster Bedeutung, und daß darum, als
16 Adrian BaumanN.

auf ihm fußend, auch die Kenntnisse vom Aufbau unserer Erde lücken­
haft, teilweise sogar völlig falsch sind. Nur so ist es zu erklären, daß
man auch hinsichtlich unseres Geschwistersterns, des Mars, sich bisher
nur in Vermutungen ergehen konnte, da die Erscheinungen auf dem
roten Stern auf keine noch so geistvolle Weise mit den „wissenschaftlich
gesicherten Tatsachen" übereinstimmen wollten. Denn es ist doch wohl
kein größerer Unterschied denkbar, als wenn die einen auf dem Mars
ein hochentwickeltes Leben mit erstaunlichem technischen Können ver­
treten, die anderen aber von einem toten, lufthüllenlosen, kalten,
wüstenreichen Stern reden.
Neben einigen, welche die Kanäle entweder als optische Täu­
schungen erklären, oder sogar sie leugneten, eine Ansicht, die heute
nicht mehr haltbar ist, neben den gewagtesten Höhenflügen hat neuer­
dings Adrian Baumann die bisherigen Leobachtungsergebnisse zu
einem ganz anders gearteten, sehr sachlichen Gesamtbilde vereinigt.
Er kommt zu dem Ergebnis, daß die Hellen Teile des Sternes nicht,
wie bisher angenommen wurde, Länder sind, sondern Meere, die
infolge der großen Kälte aber vereist sind. Die dunklen Flecke aber
hält er für Land. Auch aus den Eismeeren ragen Inseln hervor, die
zum großen Teil Vulkane sind, tätig noch, und den gelbbraunen
Schleier erklären, der zuweilen in ihrer Nähe beobachtet wird. Zwischen
Inseln und Festland treten nun Spannungen im Eise auf; breite Risse
entstehen und erscheinen uns als „Kanäle". Die aus den Feuerbergen
ausgeworfenen Aschenmengen bedecken auf große Strecken hin das
Eis und rufen die rote Farbe des Sterns hervor. Zwar darf man diese
Zustände als recht ungemütlich bezeichnen, aber auch bei uns leben in
den Polargegenden Menschen. So wundert man sich durchaus nicht,
daß Laumann das Vorhandensein von Lebewesen auf dem Mars für
nicht ausgeschlossen erklärt.
So beachtenswert auch diese von Baumann vertretenen An­
schauungen sind und so sehr sie auch den Eindruck einer befriedigenden
Lösung des Marsrätsels machen, so sind auch sie doch viel zu sehr von
dem Laplaceschen Weltbilde beeinflußt, als daß man sie für etwas
grundsätzlich Befriedigendes erklären könnte. Es soll dabei nicht ver­
gessen werden, daß Baumann eigene Wege geht. Aber auch ihm
wird das bisherige, in den Grundfesten morsche und an sich unzu­
reichende Weltbild zum Verhängnis. Überdies vermag auch er nicht
alle Geheimnisse des Mars zu entschleiern. Eine Teillösung aber
Mars-Ingenieure. 17

6bb. S.
Die Ansicht der berühmten Marsgegend hudraotes Nilus in irdischer Blick-
oerkürzung, wie sie von Schiaparslli in den beiden Marsoppositionen von
1882 und 1886 m derart auffallender Verschiedenheit gesehen wurde, datz
diese geradezu als Beweis für die hohe Geistigkeit und das technische Können
der Mars-Wasserbauingenieure geweitet wurde. Man sieht da, wie im
Jahre 1882 einzelne Kanäle doppelt erscheinen und dann 1886 wieder einfach
gesehen wurden, und umgekehrt. Des Rätsels Lösung wird später gebracht
werden, hier soll nur das Fragezeichen der Marskanal-Verdoppelungen hoch
aufgerichtet und zugleich eine Vorstellung gegeben werden von der ver­
meintlich längst erfolgten Abtragung -er Gebirge und Einebnung der Mars­
oberfläche, wie sie uns in Abb.4 sichtbar wird, ohne datz dort Näheres über die
Erscheinung der kanaloerdoppelung erkennbar ist (Zeichnung hörbigers)'

dürfte den nicht befriedigen, der von der Einheit der Natur überzeugt
ist und deswegen daran festhalten muh, dah es einen einzigen Schlüssel
zur Lösung aller Naturwunder gibt. Lassen sich also nur Teile eines
Fragenknäuels entwirren, so darf man mit Zug und Recht Zweifel
an der Richtigkeit des ganzen Gedankens hegen.
Sischer, ver Mars. 2
18 Unzureichende Deutungen.

Nun sagt Baumann nichts Zureichendes über die geheimnis­


vollen Kanalverdoppelungen aus,- jene Erscheinung, die wie keine
andere das Vorhandensein von denkenden Wesen auf dem Mars
forderte. Denn wie sollte oder wollte Laumann es glaubhaft machen,
daß ganz plötzlich genau gleichlaufend mit einem Hunderte von Kilo-
metern langen Kanal innerhalb kurzer Zeit ein zweiter entsteht, war
es da nicht fast einleuchtender, an eine Schleusenanordnung zu denken,
welche das Zliehen des Wassers in vorher trockenem Gerinne, aller­
dings mit riesenhafter und höhere technische Kenntnisse, als wir sie

Ubb. 6.
Dieses Bildchen gibt die perspektivischen Grundlagen an, nach denen das
vorhergehende Doppelbild 5 gezeichnet wurde. Ls dient nur dazu, um zu
zeigen, daß auch die scheinbar einfachsten Abbildungen auf entsprechender
mathematischer Grundlage entstanden sind (Zeichnung hörbigers).

besitzen, voraussetzender Geschwindigkeit, gestattete oder bedingte?


Gder sollten wirklich solche Paralleleissprünge möglich sein? Und wie
verhält es sich mit den langen weihen Streifen, den merkwürdiger­
weise französisch benannten Trainers blanches, welche ein neues Rätsel
um die Polargegenden des Mars legen? was sind das doch für eigen­
artige Dinge? Und wie verhält es sich mit den Schneeschmelzen in
den Polargegenden, wenn die Gzeane vereist sind? Das Nbschmelzen
der Polkappen kann man doch beobachten, höchst sonderbare Dinge
alles — und leider — auch von Laumann nicht genügend erklärt.
Ls ist ein eigenartiger Mars, der uns da glaubhaft gemacht
werden soll, von den Gewalten auf einem solchen Stern ist nichts
oder doch nur wenig zu spüren. Da läuft alles wunderschön sacht und
Deutungen „an sich". 19

reibungslos ab. Va wuchtet nichts, da merkt man nichts von kosmischen


Kräften, welche die Planeten um die Sonne schwingen. Es ist nichts
als die Folge eines Weltbildes, das den „modernen Menschen" zu
seinem Urheber hat, jene bittere Beigabe der Gegenwart, die gar
nichts weiß von den ewigen Gesetzen, in die das Leben eingespannt ist,
in dem ewig sich ändernden Streben nach Ausgleich und Gleichklang,
genau wie jeder Stern.
Der Mensch aber, irregeführt und aufgeblasen, träumt sich dreist
als Herrn der Natur, als deren Beherrscher, und wie er sich mit Ernst
über die Natur stellt, so ordnet er mit gleitender Gebärde, als handle
es sich um den Aufbau eines Kinostückes, den Weg und das Sein
eines fernen Sternes in seinem Weltbild: „Seht, da schwebt er, zieht
rotstrahlend seine stille Bahn, von der Schärfe unserer Gedanken bis
ins Innerste durchschaut." So betrachtet man den Mars, ven Mars
„an sich"! Es scheint niemand zu ahnen, daß diese Art, die Sonnenwelt
zu sehen, deswegen unzulässig ist, weil nichts ohne das andere besteht,
weil eines vom anderen abhängig ist, weil auch der Mars nicht „an
sich" betrachtet und seine Rätsel nicht an sich gelost werden können,
sondern nur dann eine Aufhellung zu erfahren vermögen, wenn die
Einflüsse der Umwelt nicht nur flüchtig, sondern in hinreichendem
Matze berücksichtigt werden; denn es gibt nichts autzer dem Ganzen.
Das ist aber eine schier ungeheuerliche Forderung: Unsere Sonnen­
welt unter einem einzigen Gedanken zu betrachten und ihr Wesen
mit einem einzigen Gedanken zu ersassen, mit dem einen einzigen
Schlüssel alle ihre Geheimschreinezu erschließen, ob sie nun auf Mars,
Neptun, Sonne, Erde oder im Raume um und zwischen diesen Sternen
verborgen sind. Das aber ist es, was wir fordern müssen, ein durchaus
einheitliches Weltbild, geeignet und fähig, das zu leisten, was nach
Brunners Urteil die bisherigen Anschauungen nicht ermöglichten,
nämlich uns eine befriedigende Vorstellung von der Entstehung und
Entwicklung unseres Sonnenreiches zu machen, um damit auch den
Geheimnissen des Mars auf die Spur zu kommen, wir sind nun heute
tatsächlich in der Lage, die Rätsel des roten Sternes zu lösen, dank den
Erkenntnissen der Welteislehre hanns hörbigers, von der zu
hoffen steht, daß sich auch die Himmelswissenschaft nun bald mit ihr
beschäftigt, nicht aber, wie bisher, sie übersieht, weil man der leicht
widerlegbaren Ansicht lebt, Eis sei im weltenraume unbeständig.
Die Welteislehre erlaubt uns, im Gegensatz zu dem bisherigen Ge-
*
2
20 Erde, wind und Mars.

samtwissen, die Gesetze des Lebensablaufes zu erkennen; dabei ist es


gleichgültig, ob wir die Gesetze der Kultur, die des Menschenlebens
oder die eines Sternes ins Auge fassen. Auch der Mars ist uns also
kein bestaunbares Wunder mehr.
Es wäre indessen unzweckmäßig, sogleich an die restlose Klärung
der Marseigentümlichkeiten Heranzugehen, ohne Kenntnis der nötigen
und wichtigsten Einzelheiten unserer Sonnenwelt, insbesondere der
Vorgeschichte von Erde, Mond und Mars. Das Verständnis der ganzen
Zusammenhänge wird erleichtert durch die Kenntnis des gröberen
Laues unserer engeren Weltinsel; denn ein solcher Überblick ist des­
wegen nötig, weil ja der Mars niemals „an sich" betrachtet werden
kann, sondern nur als Glied eines Ganzen und vom Ganzen beeinflußt
zu verstehen ist.
Betrachten wir in einem Schulatlas die bildliche Darstellung
unserer Sonnenwelt, so gewahren wir neben dem riesigen Sonnenball
von ihm aus in den Raum vordringend zunächst vier kleine Wandel-
sterne: Merkur, den innersten, sonnennächsten, dann Venus, den Abend­
stern, dann Erde und zuletzt Mars. Wir wollen auch hier gleich den
Mond mit nennen, dem wir später seine ehemalige Stellung als
selbständiger planet zwischen Erde und Mars einräumen müssen.
Sehen wir uns diese fünf Sonnenbegleiter an, so erscheinen sie
geradezu verschwindend winzig gegen die riesigen Ausmaße des Tages­
gestirns. Selbst wenn wir die Erde in den Mittelpunkt der Sonne
versetzten und den Mond in seiner gegenwärtigen Bahn um die Erde
kreisen ließen, so würde er noch lange nicht die Sonnenoberstäche be-
berühren. Auch, wenn der Abstand Erde—Mond noch l,8mal größer
wäre, fände die Mondbahn in einer hohlen Sonnenkugel noch immer
bequem Platz.
Zudem haben wir hier zunächst festzuhalten, daß von den soge­
nannten inneren Planeten Mars der äußerste ist, also die Grenze bildet
gegen die viel gewaltigeren äußeren wandersterne Jupiter, Saturn,
Uranus und den heute als letzten äußeren Begleiter geltenden Neptun.
Dabei haben wir allerdings die zwischen Mars und Jupiter kreisenden
Planetoiden außer acht gelassen, von denen etwa tausend bekannt
sind, die wir aber vorerst vernachlässigen können.
Gegen die inneren Planeten gehalten sind nun die äußeren
wieder wahre Riesen. Denn man findet;. L. gegen einen Durchmesser
von 12,756 und 6,784 Irrn bei Erde und Mars 142,745 und 120,780 Irrn
Unsere Sonnenwelt, 21

klbb. 7. Unsere Sonnenwelt. Im Mittelpunkt die Sonne, um die sich in kreir-


ähnlichen Bahnen die Wandelsterne Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter,
Saturn, Uranus und Neptun bewegen. Zwilchen Mars und Jupiter die
Planetoiden oder klsteroiden und außerhalb des Neptuns die transneptu--
nischen Planetoiden, aus deren Reich auch der Komet Haileu als ein miß­
glückte Mondeinsang Neptuns stammt, vie Darstellung ist formelhaft.
22 Lpaziergang im Sonnenreich.

für Jupiter und Saturn gegen 1,391081 kin bei der Sonne. Das sind
aber ganz unvorstellbare Größen, und sie werden auch nur wenig
verständlicher, wenn wir sagen, daß jedem der inneren Wandelsterne
ein äußerer von etwa zehnfachem Durchmesser entspricht bei einem also
etwa tausendfachen Rauminhalt. Der 12,756 lun messenden Erde
entspricht dann der 142,745 luu aufweisende Jupiter (1312facher
Rauminhalt); der 12191 km Durchmesser zeigenden Venus wäre
Saturn mit 120780 km entgegenzusehen (867sacher Rauminhalt);
dem nur 4842 km aufweisenden Merkur entspräche Uranus mit 49629
lrm (1186facher Rauminhalt); oder Mars mit seinen 6784 irrn ent­
spräche dem 55500 Irrn messenden Neptun, eine Größe, die allerdings
nur den 550fachen Rauminhalt zeigt. Wir kämen so zu dem Ergebnis,
daß die vier äußeren großen Planeten dem Rauminhalt nach zusammen
rund 1060mal so groß sind als die vier inneren. Selbst wenn wir zu
den letzten noch den Mond hinzufügen, wird das Ergebnis nur ganz
unwesentlich beeinflußt, da unser Nachtgestirn nur V°o des Erd-
Rauminhaltes aufweist.
Aber, wie gesagt, diese Zahlen geben uns keine rechte Vorstellung,
wir müssen uns, um ein richtiges Gefühl für die wahren Verhältnisse
zu erhalten, alle diese Werte in einer erfaßbaren Verkleinerung vor
Augen stellen, verringern wir die Ausmaße unserer Sonnenwelt
auf ein Tausendmillionstel der wahren Größe, so werden die Größen-
zusammenhänge sofort durchschaubar. Die Sonne hat dann einen
Durchmesser von rund 1,4 m. Bewegen wir uns nun in der Ebene,
welche die Planetenbahnen um die Sonne bilden, nach außen, so
treffen wir in 58 in Entfernung auf ein Pfefferkorn von 4,8 nun
Durchmesser, den Merkur; nach weiteren 50 in (108 in von der Sonne)
auf eine kleinkirsche von 12,2 nun, die Venus; nach weiteren 41 in
(149 in von der Sonne) auf eine Kirsche von 12,7 nun, die Erde;
und nach weiteren 79 in (228 m von der Sonne) auf eine 6,8 nun
messende Erbse, den Mars. Die kirschengroße Erde wird dabei in einem
Abstande von rund 38 om von einem 3,5 nun großen Pfefferkörnchen,
dem Mond, umkreist. Den erbsengroßen Mars aber umschwärmen
zwei mikroskopische Mehlstäubchen von etwa 0,01 uuu Durchmesser
in Abständen von 9 und 24 nun. Es ist hier ersichtlich, daß die Mars­
monde weder nach Bahndurchmesser noch nach Rauminhalt mit
unserem Monde einen vergleich aushalten, denn es gehen rund
43 Millionen Marsmonde auf den Inhalt unseres Mondes. Gehen
Grötzenverhältnis der Wandelsterne. 23

wir nun über Mars hinaus, so treffen wir nach weiteren 550 m
(778 in von der Sonne) auf die l4,3 via große Regelkugel des Jupiter;
nach weiteren 748 in (1426 rn von der Sonne) auf die 12,1 vw
messende Regelkugel des
Saturn, dessen Ring hier
außer Betracht bleibt; bis
zum Uranus, der einer Bil­
lardkugel von 5 ein Durch­
messer entspricht, brauchen
wir 1443 m oder 1,443 lrm
(2,869 km von der Sonne);
nach weiteren 1,59 Irrn er­
reichen wir die Billardkugel
des Neptun von 5,5 cm Durch­
messer. von der Sonne bis
zum letzten ihrer Begleiter
hätten wir einen Spazier-
gang von 4,459 lrm zu
machen, hier also werden
die Unterschiede nun ganz
deutlich; neben den Pfeffer­
körnern, Erbsen und Rirschen
der inneren Planeten stehen
die Regelkugeln und Billard­
bälle der äußeren.
Aber auch andere scharfe
Unterschiede zeigen sich
zwischen den inneren und
äußeren Planeten, wäh­
rend die Wandersterne von
Merkur bis Mars ein der
Erde ähnliches Eigengewicht Abb. 8.
aufweisen, weichen Jupiter Die Wandelsterne in richtigem Größen-
verhältnis zur Sonne.
bis Saturn als sehr leichte
Gebilde stark ab. Unter Eigengewicht (spezifisches Gewicht) wird folgen­
des verstanden: wiegen wir 1 Liter Wasser von 40 0, so erhalten wir bei
üblichem Luftdruck das Gewicht von 1 lrZ. wiegen wir nun auch 1 Liter
Blei bei 4° genau ab. Es ist selbstverständlich, daß der Liter Blei wesent­
24 vom Eigengewicht.

lich schwerer sein muß als der Liter Wasser. Bei näherem Zu­
sehen würden wir das Gewicht des Liters Blei zu 11,36 kg finden,
also feststellen müssen, datz Blei 11,36 mal schwerer ist als Wasser.
Setzen wir also das Gewicht der Wassereinheit gleich l, so erscheint
die gleiche Einheit Blei eben l l,36mal schwerer. Wir sagen demgemäß:
das Eigengewicht des Wassers ist gleich l, das des Bleies gleich 1l,36.
Auf diese Weise läßt sich das Eigengewicht jedes Stoffes bestimmen.
Durch erweiterte Rechnungen ist die Forschung in der Lage, auch die
Eigengewichte der Gestirne unserer Sonnenwelt festzustellen. Und
während wir so nun prüfend unsere Weltinsel bis an die fernen Gren­
zen durchschreiten, stotzen wir sofort auf ein tiefes Geheimnis, das
kein himmelskundiger zu deuten vermochte. Gegen die Eigengewichte
der inneren Planeten (helioden — Sonnenstoff—Planeten):
Merkur Venus Erde Mond Mars
5,63 5,l9 5,56 3,4 3,99
die also alle, wenn auch mit nicht unerheblichen Schwankungen, so
doch augenfällig eine gewisse Einheit bilden, fallen schroff und über­
raschend die äuhern Planeten (Neptoden — Wasser—Planeten) ab:
Jupiter Saturn Uranus Neptun
1,35 0,69 r) 1,37 1,33
die wie ein wesenfremdes Anhängsel ebenfalls eine und, wie man
sieht, in sich sehr übereinstimmende Gruppe bilden.
Was blieb den auf Laplace festgelegten Astronomen übrig,
als der einzige Ausweg, die scheinbar Iahrmillionen älteren äußeren
Planeten als glühende Gasbälle anzusehen, während die Geschwister-
sterne vom Mars ab nach innen zu mehr oder weniger ausgekühlt
sein sollten. Diese ohne jede Erfahrungstatsache abgeleitete Annahme
mutzte zu Widersprüchen führen und führte zu ihnen, ohne natürlich
im tiefsten Sinne eine wirklich einleuchtende Deutung zu geben. Da
versteht man nun, weswegen das von einem kühlen Ropfe ausge­
sprochene ehrliche i^norabimus so reichen Beifall und so offene Zu­
stimmung fand. Dagegen ist es geradezu erheiternd, jetzt wieder zu
beobachten, mit welcher Hartnäckigkeit die Wissenschaft derartige An­
nahmen, wie die Erklärung des Eigengewichts der Wandelsterne,
als gesicherte Tatsachen der exakten Forschung auszugeben versucht.
Genug, wir wollen es ruhig bekennen, datz kein heutiger Himmels­
forscher in der Lage ist, das Rätsel der Planetengewichte auch nur an­
nähernd einleuchtend zu lösen. Datz eine Erklärung nur dann not­
Der geheimnisvolle Gasball. 25

dürftig gelingt, wenn Vorgänge unterschoben werden, die den tech­


nischen Erfahrungstatsachen geradezu ins Gesicht schlagen, kann nicht
mehr bestritten werden. Die exakte Wissenschaft hat sich mit solchen,
Lösungen aber zufrieden gegeben. Man verlange nun aber nicht,
daß wir auch an Naturwidrigkeiten glauben, sondern gestatte uns
daß wir die Beobachtungstatsachen und nicht Annahmen zur Grund­
lage unserer Weltbetrachtungen machen. Nein, an das Laplacesche
Gasballmärchen glauben wir nicht, denn noch nie hat auch nur ein
einziger Mensch eine glühende Gasmasse gesehen, überhaupt keine
Gasmasse, die sich zusammen; öge. Das aber wollen uns Astronomen
glaubhaft machen! Gase dehnen sich aus und verteilen sich gleichmäßig
im Raum, varan rütteln auch die verzwicktesten Formeln nicht.
Denn sie haben Voraussetzungen, und diese Voraussetzungen sind als
den Erfahrungstatsachen widersprechend als wissenschaftliche Träu­
mereien anzusprechen und für jeden Unvoreingenommenen als völlig
haltlos abzulehnen.
wollen wir also zu einem geschlossenen Weltbilde kommen und
hier vor allem die Geheimnisse des Mars zu lösen versuchen, so sind
wir gezwungen, uns an die Erfahrungstatsachen, an die technisch
möglichen vinge zu halten.
Und diesen Weg ebnet uns nur ein einziges Weltbild; eben das
der Welteislehre, deren Ansichten hier vorgetragen werden und dem
Leser zur eigenen Beurteilung überlassen werden sollen.
Aber wir müssen weit ausgreifen, um wirklich verständlich zu
werden und wenigstens die Einheitlichkeit der neuen Überzeugungen
erahnen zu lassen, wir müssen in eine Zeit zurückgehen, die Jahr Mil­
liarden in grauester Vergangenheit hinter uns liegt und die nun den­
noch hell und licht ist, als hätten wir den riesenhaften Geschehnissen
als Augenzeugen beigewohnt.
weit, fern auf der südlichen Himmelskugel, dort, wo heute die
freisichtbare Milchstraße das Schiff des Argo durchzieht, wohl noch etwas
südlicher, im Sternbilde der Taube war es, in jener kleinen Gestirns­
familie, welche dem ebenso winzigen Sternbilde der aus der nördlichen
Himmelskugel gelegenen Leger, dem Zielpunkt unseres Sonnenfluges
welträumlich genau gegenüberliegt. Ein riesiger, fahl-rötlich leuch­
tender Stern, etwa von der Größenordnung des Riesensternes Letei-
geuze, zog damals dort einsam seine Bahn. Und welch überragendes
Gestirn war das. Unsere Sonne schrumpft zu einem Pünktchen zu­
26 Sternmutter und Einfängling.

sammen, denn die Sternriesin faßte mehr denn zweihundert Millionen


mal die Sonnenmasse. Aber sie leuchtete nicht in der strahlenden
Helle unseres Taggestirns, sondern glostete ohne Glutgashülle in
einer rauchig roten Glut. Diese Einzelheiten wissen und behaupten
wir mit aller nur wünschenswerten Deutlichkeit und mit allem Nach­
druck auch dann, wenn es jetzt zu weit führen würde, diese Dinge im

5rei-nmutte^
im kcumotecbriiscben Sinn

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Abb. 9.
Mutter-Riesin und Einfängling als Urnotwendigkeiten zur Erzeugung
unserer Sonnenwelt im Sinne der lvelteislehre (Zeichnung hörbigers).

einzelnen abzuleiten. Später aber werden wir erkennen, welche


Hauptgründe hier erlauben, von Sicherheit zu reden.
wie jeder andere Stern, so mußte auch die Riesin, die wir als
Sternmutter bezeichnen wollen, jene in ihren Nnziehungsbereich
kommenden kosmischen Nörper, wie Meteore und Sternschnuppen,
zu sich heranlenken und sich einverleiben. wir kennen derartiges
heranzwingen übrigens auch von unserer eigenen Erde, aus der Me­
teorsteine niedergehen, und wir kennen auch den Einsturz kosmischer
Lternenhochzeit. 27

Eismassen in Zorm von Hagelschlägen, Wolkenbrüchen, Sturmstößen


und Wirbelstürmen. Unter diesen auch an den Riesenstern heran-
gelenkten Weltraumkörpern werden sich aber zuweilen größere Ge­
bilde befinden, die als oft sehr erhebliche und unsere Sonne an Größe
um viele Tausendmal übertreffende Sterne, einmal den Zangarmen
der Mutterriesin verfallen, nicht mehr von ihr loskommen, sondern
in eng gewundener Spiralbahn sich im Laufe von Jahrmillionen
immer näher an den Hauptstern heranwinden müssen.
Ein solcher Einfängling könnte nun selbst noch eine Sonne sein,
also ein in Heller Glut leuchtender Stern, dessen eigentliche Glut aber
nur aufrecht erhalten werden kann durch reichlichen Einfang kosmischer
Rleinkörper. Diese bilden infolge ihres mit kosmischer Gewalt und
Schnelligkeit erfolgenden Aufpralles gewissermaßen den Sonnenheiz-
stoff. Ist aber nun eine solche Sonne zum Planeten eines Riesensternes
geworden, so wird ihr nur noch wenig heizstoff einzufangen übrig­
bleiben, da der gewaltige Hauptstern infolge seiner überlegenen
Anziehungskräfte fast alle Rleinkörper an sich selbst heranzerrt. Die
notwendige Folge wird nun sein, daß der sonnenhafte Einfängling
immer mehr erkaltet, dabei seine Glutgashülle immer mehr auf sich
verdichtet, d. h. sie von dem gasförmigen in den feuerflüssigen Zu­
stand überführt. Im verlaufe von Jahrmillionen schrumpft er dann
in enggewundener Spirale an die Mutterriesin heran und wird dabei
selbst immer kühler, zunächst also nur außen rotflußglühend, um sich
dann schließlich sogar mit fester Decke zu überkrusten. Da ihn aber der
Riesenstern, wie wir später noch eingehend sehen werden, mit Zeineis
bebläst, wird er allmählich unter heiß- und dann Raltwasser geraten,
wird sich durchtränken und übereisen und sich so zu einer Wasserspreng­
bombe für den fruchtbaren Vereinigungsvorgang mit der Riesin
bereiten.
war der Begleiter nun eisenhaltig genug, so mag er nach rißloser
vurchtränkung mit Sickerwasser auch fest genug sein, um den vor der
Einverleibung auftretenden Zerreißkräften, also dem Widerstreit
zwischen seinen eigenen Fliehkräften und den Schwerkräften der Mut­
terriesin, dennoch widerstehen zu können.
Ls mag Hunderte und taufende Male vorkommen, daß ein der­
maßen erkalteter und durchtränkter Begleiter zu eisenarm ist, um vor
seinem in flacher Bahn erfolgenden Eindringen in die Riesin nicht zer­
rissen zu werden. Es ist aber ebensowohl denkbar, daß endlich einer
28 Sternbefruchtung.

und zwar ein sehr großer Begleiter von Haus aus so reich an Eisen
ist, daß er die auftretenden Spannungen überwindet und als Ganzes
in den Glutflußozean des Riesensternes eindringt.
wem ein solcher Vorgang nicht
glaubhaft erscheint, der kann noch
folgende Denkarbeit zu Hilfe neh­
men: Noch während der in unserer
Abb. 10 als L bezeichnete Be­
gleiter um die Mutterriesin Ll
kreist, kann ein anderes großes
Gestirn? so nahe vorüberstreichen,
daß der ältere durchtränkte Be­
gleiter L aus seiner Lahn gerissen
wird. Aber die Mutterarme lassen
Aus seiner Bahn durch einen vor­ ihn nicht vollends enteilen, sondern
beigehenden größeren Stern8 heraus- zwingen ihn in so steiler Bahn
gestörter Mutterriesin (ül »-Begleiter
zurück, daß er keine Zeit findet,
8, der nun in steiler Bahn auf A zu­
rückfallend in kl eintaucht.Jn den mei­ sich etwa in Einzeltrümmer auf-
sten Fällen ist aber ein so großer wasser- zulösen, sondern genötigt ist, als
durchtränkter Begleiter derart eisen­ ganzer Nörper in den Glutleib
haltig und fest, daß er auch ohne eine der Mutter hinabzutauchen bis zu
solche, ihn aus seiner Bahn störende
Leihilfe unzerrissen in den Glutfluß- einer Tiefe, die von seinem eigen­
ozean der Mutterriesin eindringen tümlichen Gewicht bedingt wird.
kann Mb. hat nur Anschauung;wert). Macht es auf diese Weise nun
keinerlei Schwierigkeit, den Be­
gleiter unzerrissen der Mutterriesin einverleibt zu sehen, so besteht
dennoch auch die vorherige Angabe zu Recht, daß gerade ein sehr
großer Begleiter von Hause aus die nötige Eisenbeimischung mit-
bringt, um der Beihilfe eines dritten Gestirns zum ganzkörperigen
Eindringen in den gigantischen Glutflußozean nicht mehr zu be­
dürfen. Nehmen wir die oben gegebenen Zahlen und für den Ein-
fängling ein Eigengewicht etwa dem der Erde gleich, so dürfte er
in einer Tiefe von 130—140 Millionen Nilometer zur Ruhe kommen.
Zur Ruhe? Ein vereister Stern, der in eine Glutmasse eintaucht?
Zur Ruhe? Müßte denn das Eis nicht im Augenblick schmelzen und
verdampfen?
Nun, die Dinge liegen nicht ganz so einfach, wie man aus den ersten
Blick glauben könnte. Selbstredend hat sich der Eindringling jeder
vom Siedeverzug. 2Y

etwaigen Eisbedeckung seiner Nachtseite durch die Berührung mit der


Mutterglut sofort entledigt; aber sein Inneres, ihn völlig durchträn­
kendes Porenwasser nimmt er dennoch als künftigen Sprengstoff in
die glutflüssigen Tiefen des Mutterleibes mit hinab, Dort mag er
jahrtausendelang verharren, denn das Jnnenwasser ist vor sofortiger
Verdampfung aufs beste geschützt. Sofort nach dem Eintauchen wird,
wie wir sahen, zwar keinerlei Gberflächenfeuchtigkett mehr vorhanden
sein, aber die Vberflächenkruste und ein Teil des sich in Schaumschlacken-
form auf ihm verdichtenden Glutflusses werden eine gewissermahen
wärmeschühende hülle bilden, also eine dampfdichte Eisenschlacke, die
jenen Zustand begünstigt, den wir als Siedeverzug kennen.
Und gerade der Siedeverzug gestattet ja eben ein Erhitzen des
Wassers weit über seinen verdampfungspuntt hinaus, wenn man
nämlich in einem Gefäß unter Vermeidung von Erschütterungen
reines Wasser erhitzt, so gelingt es in vielen Zöllen, das Wasser über
lOO° hinaus zu erhitzen, ohne daß Verdampfung eintritt. Ein Sand­
körnchen, oft selbst winzigster Staub aber genügen, um zuweilen eine
gefährliche und explosionsartige plötzliche vampfentwicklung herbei-
zuführen. vie Zlüssigkeit befand sich eben im Siedeverzug. Etwas
Ähnliches geschieht nun auch mit unserem eingedrungenen Stern. Er
liegt in völliger Ruhe tief im Innern der Mutterriesin bei sehr hoher
Temperatur und gewaltigem Druck.
wird diese Ruhe aber, wie im Gefäße durch ein Sandkörnchen,
so hier etwa durch geringste vruckentlastung gestört, etwa durch Ein­
sturz eines Meteors oder durch einen sonstigen Eindringling, dann
geschieht etwas, das jedermann durch einen allerdings sehr gefährlichen
handoersuch nachzuprüfen vermag. Taucht man nämlich eine reife
unaufgeschnittene Roßkastanie mittels einer langen Zange in heißes
Zeit, so wird nach gewisser Zeit eine außerordentliche vampfexplosion
erfolgen, va die Erscheinung aber oft zu verheerenden Explosionen
führt, so läßt sich der versuch nur mit sorgfältig geschütztem Gesicht
und verhüllten Händen ausführen.
Vie so gewonnenen Erfahrungen werden uns das Verhalten des
Eindringlings in den Tiefen der Mutterriesin verständlich machen;
denn nun können wir uns das Wasser als weit über den dem dort
herrschenden Drucke entsprechenden Siedepunkt erhitzt denken, wenn
wir, wie oben geschehen, das Eigengewicht des Einfängling? zwischen
S und 6 und demgemäß die Tiefe, in der er zur Ruhe gekommen,
30 Neue Sterne.

bei 130—-140 Millionen Kilometer annehmen, so kann man sich von


dem dort herrschenden Druck kaum noch eine richtige Vorstellung machen.
Erfolgt da nun eine entsprechende vruckentlastung, die ein sofortiges,
wenn auch nur geringes, Emporsteigen der explosionsbereiten Wasser­
bombe wie bei dem bekannten kartesischen Taucher zur Folge hat,
so wird die verhaltene Kraft der Riesenbombe mit ganz unvorstell­
barer Gewalt ausgelöst und eine Explosion hervorgerusen, die hin-
reicht, um eine derartige Fülle von glutflüssigem 5ternbaustoff aus
dem Leibe der Mutter heraus zu beschleunigen, datz unsere gesamte
Sonnenwelt nebst unseren beiden Milchstrahen und Billionen mal
Billionen Meteoren und sonstiges Rleinvolk später daraus entstehen kann.
Die himmelskundigen stellen dann das Auftreten eines neuen
Sternes fest, ohne zu wissen, aus welche Weise derartige Erscheinungen
vor sich gehen und ohne zu ahnen, datz es sich in vielen Fällen nicht um
die Geburt eines Sternes, sondern um die einer Weltinsel, also einer
Sternfamilie handelt, die grundsätzlich nichts anderes ist als unser
Sonnenreich auch. Dabei ist aber hinsichtlich der Möglichkeit organi­
scher Lebensbedingungen für Tiere und Pflanzen auf einer solchen
Neuwelt nicht das geringste ausgemacht; denn wir sind durchaus
gezwungen, in diesem Sinne das Wort Nietzsches anzuerkennen:
vas Lebende ist nur eine Art des Toten, und eine sehr seltene Art.
Um es also zu wiederholen: vas Auftreten eines neuen Sterns
gibt zunächst keinen Anhalt über die Bewohnbarkeit dieser neuen Welt,
vor allem, da wir nicht zu entscheiden vermögen, ob genügende
Mengen von Wasser in Eisform gebildet werden, wir können aber
bei der Beobachtung eines solchen Geschehnisses nicht einmal sagen,
ob da bereits im Schatze dieser schier unermeßlichen Fernen überhaupt
etwas „geboren" wurde. Denn nicht nur die Riesensternentberstung
ergibt einen kurzlebigen neuen Stern, sondern bereits das Eintauchen
eines Begleiters in den außen nur rot leuchtenden Mutterleib zeitigt
eine leicht von der ersten unterscheidbare Nova.
Es wird also in Zukunft nicht die geringsten Schwierigkeiten machen,
mit Hilfe der hörbigerschen Ergebnisse die bisher ganz undeutbaren
neuen Sterne ursächlich zu erfassen und scharf zu entscheiden, ob es
sich bei ihrem Auftauchen um einen Begattungs- oder um einen
Geburtsakt handelt.
Sehen wir uns nun aber einmal kurz nach den Folgen der Mutter­
sternexplosion um. Wir behaupten nämlich, daß ein sehr großer Teil
Geburt unsrer Weltinsel. ri

der ausgeschleuderten Masse dem Schwerebereich der Riesin ent­


schlüpfen muß. Nur ein verhältnismäßig kleiner Teil wird innerhalb
der Lchwereanwirkung festgehalten und als Rückfaller wieder zur
Mutter zurückkehren.
Mit der Behauptung, es gäbe auch für die Reichweite der Schwere
eine Grenze, befinden wir uns in völliger Übereinstimmung mit den
Erfahrungstatsachen,- denn wo immer es sich auch um die Fernleitung
einer Kraft (Energieform) handelt, erleidet der Vorgang einen Lei-
tungsverlust, d. h. ein gewisser Teil seiner wirkform wird durch die
Ausbreitung in andere Kraftformen umgewandelt. Jedem Techniker
ist bekannt, daß er unausgesetzt an der Verminderung dieser wirtschaft­
lich unerwünschten, aber nie zu vermeidenden Einbuße arbeitet,-
denn eine verlustlose Übermittlung von Energie von einem Punkt zu
einem anderen — denken wir nur an die Elektrizität — ist, sofern
wir nicht an technische Wunder glauben wollen, einfach ausgeschlossen,
varum sagte ich: Wir befinden uns mit der Tatsache, daß von einem Rie­
senstern kosmisch abgeschossene Massen enteilen können, da auch die
Schwerkräfte von Riesensternen einmal in einer gewissen Entfernung
gleich Null werden müssen, in voller Übereinstimmung mitdenLeobach-
tungstatsachen. Doch wir stehen im Gegensatz zur herrschenden Astro­
nomie, die, alle Erfahrungen beiseite lassend, die Schwerkräfte in die
Unendlichkeit greifen läßt. Man erinnere sich der vorhin zu leichterem
Verständnis auf anderthalb Meter Durchmesser verkleinerten Sonnen-
kugel und denke ein wenig nach... Denn in bezug auf den unendlichen
Raum ist die Größe der Kraftquelle — so meint die Schulwissenschaft
und nicht etwa die Welteislehre — gleichgültig: Riesenstern und Atom
reichen mit ihren Kräften bis in die endlosen Zernen!
Aber der Astronom wird sofort den hübschen Linwurf zur Hand
haben, daß der Weltraum leer sei und dort andere Gesetze gültig wären
als bei uns wirklichkeitsnahen Erdenbürgern. Der Veltenraum leer?
woher weiß man das? Man kennt nur erfüllte Räume, und niemand
hat je einen leeren Raum gesehen. Aber warum reden denn dann
die himmelskundigen vom leeren Weltraum? Nun, weil sie ihn
brauchen, um ihre Lewegunsgesetze stimmen zu lassen.
Vie Zormeln stimmen also. Immerhin ist es aber peinlich, daß die
Planeten sich um die alle Leitungsverluste unbeachtet lassenden Zor­
meln nicht so recht kümmern wollen.
In seinem grundlegenden Werke „Der Sterne Bahn und Wesen"
32 An der wiege unsrer Sonnenwelt.

hat Max valter vorwiegend auf Grund derartiger Betrachtungen


einwandfrei gezeigt, daß ein tieferes Neuerwägen auf fast allen Ge­
bieten der astronomischen Bewegungslehre und kosmischen Physik
nottut, wenn man die Vorgänge unter dem einheitlichen Gesichts­
punkte der Welteislehre betrachtet und die Haltbarkeit der ge­
gebenen Grundpfeiler des stolzen astronomischen Baues

Llbb. 11.
vie vollendete vampfentberstung unserer Mutterriesin LL im südlichen Stern­
bilde der Taube infolge Explosion der wasserdurchtränkten Bombe L des
früheren Einfänglings und Begleiters: 8 — künftige Sonne, zugleich Schwer­
punkt des in Drehung geratenden Auswurfes kk'/lL'; 8V----gradlinige Schwer­
punkts- oder Sonnenbahn, VV — künftige Entberstungsflüchter. m gibt den
Auswürfen ihren eigenen Drehsinn mit, so dah die höher beschleunigten leichten
Massen des rechten Flügels Rk' den langsamer fliegenden Schwermassen der
linken Flügels Vb' voreilen wollen, aber durch die Schwerwirkung von 8 ge­
zwungen werden, vorne nach links hinüber zu schwenken. Dadurch entsteht
in dem 8-fernen Gebiete des Auswurfs eine nach vorn links streuende
Schaufelwurf-Wirkung, in dem 8-näheren Gebiete aber allmählich eine voll­
kommene Drehung um 8 im Sinne von Drehpfeil v (Zeichnung hörbigers).

nicht einfach als Glaubensdogmen hinnimmt, sondern sieauch


willig an den Erfahrungstatsachen nachprüft?).
Unsere Ansicht, bei einer Zixsternexplosion können entsprechende
Teile des Auswurfes dem Schweregebiet des Muttergestirns enteilen,
besteht also völlig zu Recht. In meinem Buche „Der Pulsschlag der
Welt" habe ich diese Dinge ausführlicher behandelt und kann hier
darauf verweisen
*).
wir wollen hier vielmehr sehen, was aus der Glutflutzgarbe
Geburt der Eis-Milchstraße. 33

Abb. 12.
Entwicklung unserer Sonnen- und Milchstratzenwelt aus dem in Abbildung 11
versinnbildlichten Zustand der Vrehungseinleitung. vie zur späteren inneren
(Gs) Milchstraße führende Eisbildung ist im Gange. Uns berührt für die
vorliegende Arbeit nur der bis zum mittleren Trennungsstrich reichende rechte
Teil der Abbildung, also einschließlich des Eisgewölles lS. Inmitten dieses
Gewölkes befindet sich das restliche Glutflußkreisel, dessen Form Abbildung 13
im wesentlichen zeigt. Dieser mittlere Glutflußkreiselraum, dessen Art durch
Nacheinandervergleich der Abbildungen 12 bis 18 kennen zu lernen ist^
bildet eine Art doppelseitig eingebauchter, also bikonkaver „Linse", die im
Verlauf der ebengenannten Abbildungen immer mehr abtlacht, zusammen-
schrumpft und sich immer mehr und mehr entvölkert, da m ihr zunächst
der gegenseitige Einfang vor sich geht, der Jnnenrand immer größere und
größere Glutflußkugeln an die inmitten werdende Sonne abgibt, während
oom Autzenrand eine Unzahl solcher Glutflußkugeln infolge Zliehkraftüber-
schuß in den mit 6 bezeichneten Lahnen nach außen entweichen, um die
für unsere hiesigen Gedanken außer Betracht bleibende äußere (Glut--Milch­
straße zu bilden. An der vrehung des Ganzen beteiligt sich alsbald der dünne
lveltraumwasserstoff des nächsten und dann immer ferneren Umraumes.
Eine wirksame Ventilatorwirkung wird eingeleitet, so daß Unmassen dünnsten
Wasserstoffs (U) aus beiden Polgegenden angesaugt werden, die mit dem
durch vruckentlastung aus dem Glutfluß freiwerdenden Sauerstoff (0) zu
Wasserstoff (8,0) verbrennen. Dieser wird in zwei Ebenen strahlig hinaus­
geschoben und zu Schnee verdichtet. Er ballt sich weiter zu zahllosen Eis-
ballen und -blöcken der alleroerschiedensten Größen und befindet sich bereits
durch mechanisch pausenlosen Nachschub neu entstehenden Eises außerhalb
der Sonnenschwere. Vie zwischen ihm und dem Ureisel befindlichen Gebiete
sind also mit einer Unzahl LisPlanetoiden bevölkert, die aber, innerhalb der
Sonnenschwere befindlich, mit Umläufen müssen (Zeichnung hörbigerr).

Sicher, Der Mars. Z


34 Mörserschuß und Mutterstern.

werden muß, die sich jenseits der Mutterstern-Schwerekräfte befindet.


Unsere Abbildungen geben da recht brauchbare Hilfen, denn die neu­
artigen Raumvorstellungen sind nicht jedermann geläufig.
vor allem müssen wir uns darüber klar sein, dah die raumdurch-
fliegende Mutterriesin sich um ihre eigene Achse dreht. Daraus folgt,
daß ein Schuh aus ihren Tiefen nicht einfach einem Mörserschuh ;u
vergleichen ist, sondern eher einem Schauselwurf, da ja der Mund des
125 Millionen Irin tiefen Explosionsschlundes nicht wie der Mörsermund
ruhig während des Auspuffes an derselben Stelle bleibt, sondern als
Teil des sich drehenden Sternes eben auch sich von der Stelle bewegt,
so dah das Ergebnis des Ausschusses in der Tat als Raumbewegung
derart ausfällt, als würfe ein Erdarbeiter eine Schaufel Sand über
flachen Boden. Unsere Abbildung veranschaulicht diese Raumbewegung.
Indessen gibt es zwischen Mörserschuh und Muttersternexplosion
doch eine weitere Ähnlichkeit. Man sollte nämlich annehmen, dah
bei einem Mörserschuh das Geschah zuerst die Mündung verlasse.
Dem ist aber nicht so. Zuerst entweichen die leichteren Teile, der
Pulverdampf und sonstige kleinstoffe. Dann erst folgt das Geschah
und holt nun in Bruchteilen einer Sekunde das vorauffliegende ein,
um es schnellstens hinter sich zu lassen. Ganz der gleiche Vorgang
findet bei der Geburt jeder Sonnenwelt statt, nur mit dem Unter­
schiede, dah kosmische Sekundenteile nach vielen Jahrmillionen zu
bemessen sind.
wir wiederholen also: der schwerste, tiefste Teil der Explosions-
garbe verläht die Ausschuhmündung zuletzt. Ehe er aber weit kommt,
sind die feinsten ersten, mit höchster Beschleunigung ausgeworfenen
Teile schon weit über die Schweregrenze der Muterriesin in die Zix-
sternweiten enteilt. Sie konnten dies um so leichter, als sie auch von
der schweren, nachhinkenden, ein eigenes Schwerefeld aufweisenden
Geschohmasse so weit entfernt und so beschleunigt waren, dah sie auch
diesem neuen Schwerefeld zu entrinnen vermochten und heute als
Stratanoffsche Kondensationen bekannt und feststellbar sind. Lei
dem ganzen Vorgang spielt höchstwahrscheinlich noch ein sogenannter
Gravitationsschatten eine Rolle, der hier nur erwähnt sei.
Diese Lxplosionsflüchtlinge können für unsere Betrachtungen
ganz außer acht bleiben, was uns aber besonders angeht, ist das Verhal­
ten der übrig bleibenden Schaufelwurfspitze, die nach unserer Ab­
bildung einen naturgemäßen Linksdrall zeigt, also sich nicht geradlinig,
vas Glutfluhkreisel. 35

sondern links ausschwingend weiterbewegt. Auch sie wird selbst­


redend das Bestreben haben, in den Weltraum zu entfliehen. Einem

Abb. 13.
Vas Glutfluhkreisel formelhaft, die Mittelgebiete der Abbildungen 12 bis 18
darstellend. Es mag ein Querschnitt durch 8 der Abbildung 11 senkrecht
zur Sonnenbahn 8L anfangs die Form » zeigen, die aber durch eine Heraus­
bildung des Schwerpunnes 8 in Abbildung 11 sich mehr und mehr inmitten
einbaucht, somit aus » die Durchschnitte b, o, ä, e sich durchbilden. In ä
ist nur der eine halbquerschnitt des Keilringraumes LR, in Bild s mit dem
Sonnenembrgo inmitten dargestellt. Dieser Keilringraum Lk flacht sich
durch gegenseitigen Einfang immer mehr ab, schrumpft ein und entvölkert
sich. Aus diesem Glutfluhkreisel, dem erfüllten Keilringraum, entweicht auch
zu beiden Seiten jener Sauerstoff, der sich mit dem beidpolseitig herange­
saugten Weltraumwasserstoff zunächst zu Dampf verbindet und im Smne der
Abbildungen 14 bis 18 den Baustoff der Eismuchstrahe L liefert. Überschaut
man die Abbildungen 12 bis 18, so findet man eine Darstellung, die sich
natürlicherweise ergeben würde, wenn der Beobachter sich rasch vom Schau­
platz des Lonnenweltwerdens entfernt (Zeichnung hörbigers).

Teile wird das auch gelingen. Da aber nun die Schwerekräfte der Hin­
teren Hauptausschußmasse, welche langsam aufholt, zu wirken be­
ginnen, wird, statt des freien Zluges ins All, die Zlugrichtung inner-
*
3
26 vom Chaos zur Form.

halb der Schwerkrastskreise weiter und schärfer nach links herum­


gezwungen und so im Laufe der Zeit eine Umschwungsebene geschaffen,
in deren Mittelpunkt sich die schwersten Massen, das eigentliche Ge­
schoß befindet. Aus dem Chaos beginnt also schon Form und Ordnung
zu werden; denn die aus Millionen und aber Millionen Glutfluß-
kugeln bestehende, nun in Umdrehung befindliche Masse muß natur­
gemäß ihre beständigste Form, in diesem Falle die Gestalt einer außen
arg zerfransten, inmitten beiderseits eingebuchteten (also bikon­
kaven) Linse annehmen, die in raschem Abflachen begriffen ist. In
dieser Gluslußlinse wirbeln also zahllose Kleinkörper um den schwersten
Mittelteil, wie zahllose winzige, glutene Planeten um eine Sonne.
Und in der Tat ist der Mittelteil nichts anderes als gewissermaßen der
Sonnenkeim, der Sonnenembrgo, der sich infolge seiner Schwerkräfte
aus dem ihn umschwingenden Brocken reichliche Beute einfangen und
immer mehr anwachsen kann. Geschieht dies aber und bringt der
Umschwung der ganzen Masse um den Sonnenembrgo immer mehr
Ordnung in die Glutlinse, so werden verschiedene Veränderungen
vor sich gehen. Einmal werden in der Ebene des Linsenäquators sich
die kleinplaneten häufen, dann aber wird aus der einfachen (bikon­
kaven) Linsenform ein wagenradähnliches Gebilde werden, dessen
Sau unsere Abb. lZ deutlich zeigt.
Außer dem Glutstoff befindet sich nun innerhalb dieses Rad­
kreisels noch ein Gas, nämlich Sauerstoff, der ehedem in der Mutter­
riesin unter hohem Druck im Magma gelöst, beim Ausschuß in ähn­
licher Weise frei wurde, wie etwa die Kohlensäure aus einer Flasche
Selterswasser sprudelt, sobald diese geöffnet und ihr Inhalt somit
von Druck entlastet wird.
Es ist ferner, wie wir noch beweisen werden, festzuhalten, datz
sich innerhalb des Sternraumes, also im Weltraum, Wasserstoff be­
findet. Nur so können wir nun die sich abspielenden Erscheinungen
voll verstehen. Dazu ist es nötig, sich das Radkreisel in Drehung vor-
zustellen. Dreht sich nämlich ein solches Gebilde, so muß es, wie ein
Ventilator, also aus das Weltraummittel ansaugend wirken, vas
heißt in unserem Falle, es muß sehr verdünnter Wasserstoff ventilator-
artig beidpolig an das Kreisel herangepumpt werden. Unsere Abb. 14
verrät, welchen Weg der Gasstrom nehmen muß. Es ist ersichtlich,
daß er an den Radspeichenflächen des Glutflußgebildes entlangstteicht
und von hier aus infolge der Zentrifugal- und Schubkräfte, denn es
Entwicklung des Kreisels. 37

wird ja pausenlos neuer Weltraumwasserstoff herangeholt, nach dem


kladrand, also nach außen seitwärts weiterbewegt wird. Aber der
Wasserstoff bleibt nicht als solcher vorhanden. Denn er findet, sobald

Kbk>. 14.
Erster Entwicklungszustand des mittleren Glutfluhkreisels 8 aus den Ab­
bildungen ll, l2, lS; Baubeginn der Eismilchstratze L; 8 die künftige Zone
der inneren Kleinwandelsterne Merkur, Venus, Erde, Mond, Mars mit
Sonnenballung inmitten. R — Beginn der Eisbildung infolge allmählichen
Einsehens der bei Abbildung lZ beschriebenen ventilatorwirkung; II — beid-
polseitig herangesaugter Wasserstoff- 0-- dem Glutfluhkreisei beidseitig und
auch äquatorial entweichender Sauerstoff, demzufolge Wasser- und zuletzt
Eisbildung bei lL R. Vi« künftige Ebene der Eismilchstratze noch unbestimmt,
da die Eisbildung erst am Anfang, vas Glutslutzkreisel beginnt aber bereits
sein Wanken, vie Keilringräume nur schematisch, in Wahrheit viel stumpf­
winkliger und verschwommener begrenzt <Zeichnung yörbigers).

er mit der Linse in Berührung kommt, genügend Sauerstoff vor, um


mit diesem sich zu verbinden und wasserdamps zu bilden. An der
Radnabe gelangt dieser Wasserdampf nun in den Weltraum und wird
von dem nachkommenden rein mechanisch immer weiter hin­
38 weiteres Wachstum.

ausgeschoben, hier aber setzt die Weltraumkälte ein und aus dem
Wasserdampf wird zunächst Schnee, der sich dann allmählich zu firneis-
artigem Lise zusammenballt. Nach einiger Zeit wird also das Glut-
flußkreisel von einem am kreiselaußenrande beginnenden Lisgewölk-
ring umgeben sein, dessen Bildung aber nur so lange vor sich gehen kann,

Abb. 15.
Zweiter Entwicklungszustand des mittleren Glutfluhkreisels 8 aus Ab­
bildung 14. Aufbau der Eismilchstrahe L aus N und O bezw. N.O. vorn-
links-Abneigung des mittleren Glutfluhkreisels bereits eingeleitet, daher Ab­
weichung der Lismilchstrahenebene von der Kusschuhurebene oder der mit
ihr zusammenfallenden Ebene der Sonnenslugbahn (Zeichnung hörbigers).

als vom Glutflußkreisel Sauerstoff geliefert wird. Ist das Kreisel aber
entgast, so muh naturgemäß die Wasserdampf- und Eisbildung auf­
hören.
Mittlerweile aber sind auch innerhalb des Kreisels einschneidende
Veränderungen vor sich gegangen. Nicht nur der Sonnenembrgo ist
gewachsen, sondern auch innerhalb des ganzen Kreisels haben größere
Brocken aus Zixsternbaustoff ihre Bahnen ausgefischt und sich durch
Ursonne und Planeten.

Einfängen kleinerer Stücke an Masse bereichert. Immer mehr hat


sich die um die Ursonne kreisende Brockenmasse auf diese Weise ge­
lichtet. Dafür aber sind die Embryonen einer Unzahl Planeten ent-

Abb. 16.
Dritter Lntwicklungszustand des mittleren Glutfluhkreisels 8 aus Abbildung 15.
Aufbau der Gismilchstrahe L- inmitten die künftige Zone der inneren Pla­
neten Merkur, Venus, Erde, Mond, Mars ( Helioden — Sonnenähnliche)
mit fortschreitender Sonnenballung. Die Vorne-Niederwankung aus der Ur-
ebene ist weiter fortgeschritten. Ventilatorwirkung, Eisdampfbildung und
Eismilchstrahenaufbau im vollen Gange. Lismilchstrahenebene D8 zwar
schon angedeutet, während Vorne-Niederwankung des sich abflachenden, ent­
völkernden und einschrumpfenden Glutfluhkreisels seine endgültige Stellung
noch etwas unbestimmt läht (Zeichnung hörbigers).

standen, würden wir um diese Zeit von der Ursonne aus einen Spazier-
gang nach dem Kreiselrande und über diesen hinaus in das Eisring-
gewölk machen, so würden wir aus folgendes treffen:
Da, wie wir wissen, im Innern des Kreisels außer Sternbaustoff
nichts anderes vorhanden war, so gewahren wir nun eine Anzahl
40 Eis Planeten

die Ursonne in einer Ebene umkreisender Planeten aus Sternbaustoff,


aus dem ja auch die Erde besteht. Je weiter wir aber an das Rand­
gebiet kommen, desto mehr werden wir auf Eiskörper stoßen, bis diese
allein vorherrschen. Aber auch hier wird bereits ein Russischen statt-
finden, da die größten Lisbrocken sich die kleineren aus Gründen der
Schwerkraft anzugliedern verstehen. Ruch hier werden kleine Planeten,
aber aus Eis, entstehen, die teilweise vielleicht noch einen geringen
Kern aus Sternbaustoff besitzen, zum weitaus größten Teile aber Eis
sind. Rlle diese entstehenden Körper werden um die Ursonne kreisen.
Doch wir gehen weiter. Und da kommen wir nun an die Grenze des
Sonnenschweregebietes,- denn nach dem, was wir erfuhren, ist der
Schwerebereich jedes Weltkörpers begrenzt derart, daß es eine Zone
geben muß, wo er praktisch gleich Null wird, über diese Nullinie
hinaus ist aber das Eisgewölk rein mechanisch durch den ewigen Nach­
schub hinausgedrückt worden. Da es der Sonnenanziehung jedoch
nicht mehr unterliegt und der mitgerissene Weltraum-Wasserstoff­
wirbel in diesem Sonnenabstande auch schon zur Ruhe kommt, so hat
auch hier schon jede Drehbewegung des Eises aufgehört,- denn, um
technisch zu sprechen, hier erzeugt ja schon die Umlaufsgeschwindigkeit
Null, jene Rbschleuderungs-(Zentrifugal-)kraft Null, die der dort
herrschenden Sonnenschwere Null das Gleichgewicht hält. Somit kann
das seit jenen fernen Urtagen jenseits der Sonnenschwere befindliche
Eiskörpergewölke mit der ganzen Sonnenwelt in der Schußrichtung
des urmütterlichen Geburtsaktes träge, geradlinig und parallel zu sich
selbst durch den weltenraum schweben (vgl. Rbb. 20).
Man könnte bei flüchtigem Nachdenken annehmen, daß sowohl
dieses Lisgewölk, das wir als frei sichtbare Milchstraße, als das matt­
schimmernde Band am Himmel kennen, als auch die Umlaussbahnen
der Planeten in jener Urebene des Schaufelwurfes liegen müßten,
in der die Glutgarbe aus dem Schoße der Mutterriesin in den Welt­
raum gestoßen wurde, vas aber wäre ein Fehlschluß.
va nämlich das Glutflußkreisel drehend dahinschwebt, so unter­
liegt es nicht nur dem Weltraumwasserstoffwiderstand, sondern auch
dem kreiselgeseh. ver widerstand veranlaßt ein Rufrichten derart,
daß die Kreiselachse sich in der Richtung des Fluges, also auf den Ziel­
punkt hin, einstellen wird. Daraus würde folgen, daß unser Planeten­
kreisel sich derart aufzurichten bestrebt sein müßte, daß, von der Stern­
mutter gesehen, der diesem Gestirn zugekehrte Linsenrand sich empor-
Transneptunische Planetoiden. 41

Abb. 17.
vierter Entwicklungszustand des mittleren Glutfluhkreisels 8 aus Abbildung 16.
Aufbau der Eismilchstrahe LL fast beendet, ver Teil L6L8 der Ab­
bildung 12 könnte den Grundriß hierzu bilden. 8 künftige heliodenzone
mit fortschreitender Sonnenballuna, deren Vorne-Linksabwankung soweit ge­
diehen, daß Eismilchstratzengleicher V6 den auch heute noch vorhandenen Winkel
von 13 bis 17° mit der Sonnenbahn 8L einschließt. 8otr — sehr allmählich ver-
schwimmende Grenze der Sonnenschwere. Die nach Schluß der Entgasung
von 8 bezw. nach Schluß der Eisbildung noch innerhalb 8ob befindlichen
und dort notwendig keplerisch umlaufenden Eismassen bilden sich durch
Zangspiel zu einer lückenlosen Eisplanetoiden-Zone aus, die sich infolge
des anfangs sehr raschen vahnschrumpfenr von dem außerhalb der Sonnen­
schwere geratenen nicht umlaufenden Eiskörpergewölbe (heutige Eismilch-
straße) trennt und so jene ungeheuer breite eirleere Zone schafft, die heute
zwischen dem Außenrand der transneptunischen Planetoiden und dem Znnen-
rand der Eismilchstraße klafft. Die Sonne inmitten ist nicht nur das weit­
aus größte Glied unter ihren kleingeschwistern, sondern auch die Königin
der beiden Milchstraßen und nicht nur der engeren Sonnenwelt. In den
Abbildungen 14 bis 17 konnte neben der Vorne-Niederwankung nicht auch
die noch geringfügige Links - Abwankung des heliodenkreises dargestellt
werden. Diese wird erst in Abbildung 18 sichtbar (Zeichnung hörtngers).

heben, der vorauffliegende sich aber senken würde. Um nun die Folgen
des Kreiselgesetzes zu verstehen, wollen wir uns den ganzen Vorgang
noch etwas deutlicher machen. Nehmen wir einen Reisen, in dessen
42 Kreiselwanken.

Mitte wir eine Bleikugel als banne durch feine Drähte nach den Rän­
dern zu verspannen, und werfen wir ihn flach, also parallel mit dem
Erdboden von uns, so werden wir sehen, daß der Reisen sich alsbald

6bb. 18.
Weiterentwicklung der Eismilchstraße V, der Neptodenzone (Wasserplaneten
Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun nebst Planetoiden) R und der helioden-
Zone (in den früheren Bildern mit 8 bezeichnet) nach Schluß der Eisbildung
und vorgeschrittenem Fangspiel innerhalb Sonnenschwere Lob. Alles durch­
aus unmaßgeblich und sehr schematich. LL — Eismilchstraße weit außer­
halb der Sonnenschwere Lob befindlich. R6 Lismilchstraßengleicher mit 8L
einen Winkel von 13 bis 16° einschließend. N Neptodenzone, darin die vier
flach gesehenen Kreise samt dem heliodenkreisel, auch die Linksabwankung
nebst der Vorne-Abneigung bereits erkenntlich, vie vier flach gesehenen
Kreise N mögen die Bahnen der vier Neptoden Jupiter bis Neptun ver­
sinnbildlichen. Um einigermaßen im Maßstab zu bleiben, hätte man sich
dann die Grenze der Sonnenschwere Lob etwa auf das zehn- bis fünfzehn-
fache und den Jnnenrand von LL auf das vierzig- bis fünfzigfache des ge­
zeichneten erweitert zu denken, so daß sich dann außerhalb der Neptunbahn
und innerhalb Leb nicht nur eine breite Zone für die transneptunischen
Planetoiden (Neptoiden), sondern von deren Außenrande auch noch eine
breite eisleere Zone ergibt. Denn es müßte nicht nur in den innerhalb Lob
befindlichen Gebieten der ursprüngliche Nußenrand der transneptunischen
Neptoiden seit Schluß der Eisbildung arg zur Sonne hereingeschrumpft sein,
sondern es mußte sich seither auch Lob infolge des Massenzuwachses der
Sonne wesentlich erweitert haben, ohne aber wenigstens nach rückwärts hin
BB zu erreichen, hiernach dürfte der in der folgenden Abbildung unmaß-
jtabllch gezeigte heutige Zustand sofort verständlich sein (Zeichng. hörbigers).

senkrecht zur Flugbahn aufzustellen versucht. Es wird allerdings


selten zur genauen Senkrechtstellung kommen, weil der Reifen zu früh
den Boden erreicht. Geben wir nun dem Reifen beim Fortwerfen
zugleich eine Drehung im Gegensinne der Uhrzeigerbewegung, also
vom fliegenden Reifen. 4Z

links herum, so wird sich jetzt das Aufstellenwollen etwas anders äußern,
da zugleich ein kreiselartiges Wanken der Kreiselebene einzutreten
beginnen wird, würde der Reifen weit genug fliegen, so würde man
sehen, wie die Bleikugel aus der Reifenebene etwas nach vorne Heraus­
tritt und im ersten Zolle, also ohne Drehung, den Keifen selbst senkrecht
zur Zlugrichtung, mit Drehung aber nur leise kreiselartig wankend und
ihn aufrichtend hinter sich herschleppt.
Ganz dasselbe tut nun die Sonne mit dem Planetenkreisel.
Allerdings vollzieht sich das kreiselartige Wanken der Planetenebene
(Ekliptik) ungemein langsam, und ihre linksherum wankende Lmpor-
stellung ist bis zum heutigen Tage erst bis zu etwa 66° zur Sonnenflug-
bahn gediehen.
Was wir eben hier auf rein mechanischem Wege abgeleitet haben,
das trifft völlig für den Zustand unserer Sonnenwelt zu. Nur ist der
ganze Vorgang bis heute noch nicht zum Abschluß gekommen, sondern
der Planetenreifen erst bis zu einigen 66° aufgerichtet.
Dieser Satz bedeutet aber mehr, als es zunächst scheinen mag,-
er enthält geradezu eine Weltweisheit, von der sich bisher nur sehr
wenige etwas träumen lassen. Man schlage doch einmal irgendeine
Himmelskunde auf, eine wissenschaftliche oder eine volkstümliche —
ganz gleich —, überall wird man Unendlich keilen und Ewigkeiten
finden. Aus diesen beliebig dehnbaren Auffassungen ergeben sich
sofort höchst unklare und irreführende Folgerungen, die alle nach der
eigenartigen Formel verlaufen: wenn im Kosmos zu irgendeiner Zeit
irgendein Vorgang einmal eingesetzt hat, so muß er wegen der unend­
lich großen, seitdem verflossenen Zeiträume auch längst zum Abschluß
gekommen sein. Wir aber wissen, daß wir erst in der Zünglingszeit
unserer Sonnenwelt leben, und daß demgemäß kein einziger Vorgang
zu seinem Abschluß gekommen, also alles noch in Fluß und Änderung
begriffen ist. was aber tat die bisherige Forschung? Sie minderte
die Größe der Welt auf die Kleinheit des menschlichen Begriffsver­
mögens herab und tat so, als ob sie Unendlichkeiten mit einigen For­
meln zu meistern vermöchte. Es bedarf keines weiteren Wortes, um
die ganze Unzulänglichkeit eines solchen Gedankenganges zu erhärten.
wir erkennen, daß Zahrmillionen nur Bruchteile einer Welt­
sekunde sind und daß auch der Kosmos, daß die Welt von den bio­
logischen, von den Lebensgesehen gemeistert wird. Wir sehen also
hier erstmalig das Werden im All,- fühlen den Pulsschlag, der
44 heutige Sonnenwelt.

die gesamte Welt durchströmt,- ahnen, datz wir Menschen


in diesen Klutz des Geschehens hineingestellt sind, nicht als
ein überragendes, aber doch als ein unentbehrliches Glied,-
denn nichts in der Natur ist überflüssig. Ls ist mit dieser Be­
hauptung an sich aber nicht gesagt, daß im Querschnitt des Seins nichts
gefunden werden könnte, das nicht noch unzweckmäßige Einrichtungen

Abb. 19.
Entwicklung des heutigen Zustandes der Lismilchstrahe BL, der Neptoden-
zone R usw. aus der Abbildung 18. heliodenzone bereits zu undarstelbarer
Kleinheit zusammengeschrumpft. Alle Bezeichnungen wie bisher. Rl und
Innen- und Autzsnrand der tranrneptunischen Neptoidenzone. 817 — Sonnen-
urort. Infolge des vom Weltraumwasserstoff ausgeübten Widerstandes ist
LL als Ganzes bereits ein gutes Stück hinter der mächtigen Sonnenmasse
zurückgeblieben bezw. ist die Sonne in der Richtung 8L aus 817 bezw. aus
L6 nach vorne und oben um dar gezeichnete Stück vorausgeschlichen. Alle
Einzelheiten, ermittelt auf Grund der Berechnung unter der Voraussetzung
der Muttersternexplosion decken sich vollauf mit den Tatsachen. Auf Grund
der Beobachtung steht die Sonne heute nicht nur den vorderen (Zlugziel-
„Schwan"-seitigen) Teilen der Lismilchstrahe näher als den Hinteren („Lin-
horn"-seitigen) Gebieten, sondern es bildet auch L6 keinen genau größten Kreis
des Himmels mehr. Dieser liegt erst bei Lk (Eismilchstraßen-Parallel-Lbene >.
Ls ist das alles bereits bekannt, da man weiß, datz die Sonne ein wenig
aus der Lismilchstrahenebene nach galaktisch Norden hin (extraplan) ab­
weichend steht. Dar schon in Abbildung 18 ersichtliche kreiselartige Wanken
der Neptodenzone bis einschließlich Neptunbahn ist heute bis zu einem Winkel
von 66 Grad zur geradlinigen Sonnenflugbahn 8V gediehen *) lZeichn. hörb).

zeigte. Man denke doch nur an den Blinddarm, ein heute vom Men­
schen nicht mehr benötigtes Drgan, das sich in Rückbildung befindet,
also zeigt, wie auch der menschliche Körper sich umbildet, um seiner
besten und zweckmäßigsten Form zuzustreben. Die Blinddarmerkran­
kungen zeigen jedoch, daß dieses Ziel noch nicht erreicht wurde, daß
also unnötige Reibungen bestehen, die erst noch beseitigt werden müssen,
ehe wir, allerdings nur in bezug auf den Blinddarm, von dem Abschluß
Gefalle und Spannung. 45

eines Vorganges sprechen können, von diesem sehr begründeten


Gesichtspunkte aus gibt es also allenthalben im werden des Seins
noch Unzweckmäßigkeiten! wäre nämlich alles bis ins letzte zweck­
mäßig, so wäre eine vollkommene Harmonie vorhanden. Harmonie
aber kann nur dort bestehen, wo keinerlei Reibungen, keinerlei wider­
stand, keine Spannung, wo kein Gefalle vorhanden ist, dort, wo die
absolute Sülle des Zriedens, wo vollkommener Ausgleich besteht,-
denn wenn ein Teil des Kosmos mit einem anderen sich in voller
Harmonie befindet, muß er notwendigerweise mit allen übrigen Teilen
im Gleichklang sein.
wo aber Spannung, wo Gefalle fehlt, dort kann keine Kraft-
äußerung mehr auftreten, also auch keine Bewegung. Bewegungs­
losigkeit aber hieße Stillstand, hieße Tod. Wir hingegen beobachten
überall Zluß. Bewegung aber setzt Spannung, setzt eben ein Gefälle
voraus, das heißt, es müssen Unterschiede vorhanden sein, die zum Aus­
gleich streben, Den Ausgleich anzunähern, ist alles Weltgeschehen
pausenlos bestrebt. Um ihn zu erreichen, müssen überall die besten
Wege gefunden werden, auf denen größte Leistungsfähigkeit bei ge­
ringster gegenseitiger Reibung gewährleistet ist. Nicht also darauf
kommt es an, daß sich die Welt entwickelt, sondern daß sie ihren Me­
chanismus ausgleicht. Entwicklung im Sinne Darwins ist nur eine
Täuschung. Anpassung ist alles. Man werde sich über diese vinge
ganz klar! während der Darwinismus glaubte, das Weltwesen, worin
ich alles Leben und Geschehen begriffen wissen möchte, strebe in jedem
seiner Teile zur Höchstleistung an sich, sehen wir hier deutlich, daß es
nicht auf eben diese Höchstleistung an sich, sondern auf diejenige beste
Leistung ankommt, die eine Harmonie, einen Ausgleich mit der Rest-
welt annähert. Um das zu verstehen, lege man sich die Zrage vor,
ob es für den Hasen ein „Entwicklungsziel" ist, etwa mit einer Schnellig­
keit von 200 irrn in der Stunde laufen zu können, wenn sein schnellster
Zeind es nur auf 50 bringt. Es wäre also, da 5l genügen, um die
harmonische Restleistung zu gewährleisten, eine Verschwendung von
Kraft, wenn der Hase sich bis zu einer Schnelligkeit von 200 Irrn „ent­
wickelte". Die Natur schafft nichts Überflüssiges. So paßt sich also der
Hase der Schnelligkeit seines schnellsten Zeindes an. Tut er das nicht,
so bedeutet das für ihn Vernichtung. Nicht aufs höchste, sondern aufs
Beste kommt es an. Vas ist ein Weltgesetz- ein Gesetz, das aber nur
Gültigkeit haben kann in einem in Zluß befindlichen Geschehen.
46 vom neuen Weltbild.

Alle diese bis zu den allertiefsten fragen über Welt und Kultur
hinführenden Einsichten konnten aber nur gewonnen werden, wenn die
irrtümliche Annahme der ewigkeitbedingten bisherigen Anschauungen
als haltlos erkannt und verlassen wird. Man wird sich wundern,
warum ich in diesem Büchlein solche Fragen streife. Ich will den Grund
sofort bekennen. Dem Fernstehenden mag es nach all den bisherigen
technisch-mechanischen Gedankengängen so scheinen, als solle hier
einem Neumaterialismus das Wort geredet werden, wenn je eine
Weltanschauung, und das ist die Welteislehre, ein nach­
drückliches, in allen Einzelheiten begründetes und durch­
sichtiges verneinen der kraftstofselei ermöglicht hat, so
istesunserneuesweltbild! wir sch au enindie große Werk­
statt desweltgeistes — nenneihn Gott, nenneihn Liebe —,
und sind bewußte Zeugen eines Weltgetriebes von wunder­
bar einfacher und erhabener Größe. Nie gab es je ein Wissen
um Tatsachen, das wie die Natur selber höchste Zweckmäßig­
keit und tiefste sittliche vergeistigung zu einem vollendete­
ren Gleichklang verwob, als die Welteislehre, weil sie die Natur
selber ist, dieses neue, einheitliche wissen vom werden im
Weltall.
Eben darum lüftet uns die Welteislehre selbst die schaurigsten
Geheimnisse des Weltalls, läßt uns bis in die Tiefen der 5eelen, in
alles Müssen des Lebens sehen und schärft unseren Blick für die Dinge,
denen man bisher nur rechnerisch auf die Spur kommen zu können
glaubte. Es sei aber bereits hier betont, daß die Welteislehre mit
Absicht bisher nichts über das werden des Weltalls aussagt, sondern
sich damit begnügte, das Werden im Weltall festzustellen und aufzu-
hellen. Zu diesem werden im Weltall gehört aber das''Werden
unserer Sonnenwelt, das werden des Kosmos also, hier lüftete
hörbiger bereits die Schleier, zeigte, wie der Kosmos wurde, wie
er sich änderte, wie er sich anpaßte,- zeigte eben das werden unserer
Sonnenwelt bis auf den heutigen Tag und bis zur Stunde ihres
Untergangs in äonenserner Zukunft.
was bisher keinem Beflissenen der Himmelskunde gelang, klar
aufzudecken, den Flug nämlich unserer Sonnenwelt durchs All, den
Umlauf der Planeten um die Sonne, die Aufrichtung des Planeten­
kreisels, die Lage der von der Welteislehre als der inneren erkannten
Eis- im Gegensatz zur äußeren Glutstern-Milchstraße, den krassen
Geheimnisse der Eismilchstrabe. 47

Unterschied des Eigengewichts der inneren von den äußeren Planeten


— das alles wird hier mit einem Male klar. Gder konnte ein mit tech­
nischem Denken je vertrauter der Umrahme Glauben schenken, es
befände sich in lichtjahrmillionenweiter Zerne ein Anziehungspunkt,
dem ausgerechnet nur unsere Sonnenwelt wirklich unaufhaltsam ;u-
fläge? Ist es dagegen nicht eine Einsicht, tiefgründig und widerspruchs­
los den Explosionsstoß zu betrachten, aus dem alle sonst völlig undeut-
baren Erscheinungen mit Naturnotwendigkeit ganz von selbst folgen?
Wir sahen also auch die Aufrichtung des Kreisels als Müssen!
Und doch! Ist da nicht ein Widerspruch? Die Eismilchstraße ist doch
nur etwa 15 Grad gegen die Urebene ausgekippt, während das Kreisel
bis über 60 Grad emporgestellt steht! Wie verträgt sich das?
Ein wenig Nachdenken löst das Rätsel. Wir erfuhren ja, datz die
Entstehung der inneren Milchstrahe in verhältnismäßig früher Zeit
erfolgt sei; in einer Spanne, da das Glutflußkreisel eben selbst erst bis
zu etwa 13 Grad sich aufgerichtet hatte, wir sahen weiter, datz das
Eisgewölk rein mechanisch bis jenseits der Sonnenschwere hinaus­
gedrückt wurde, also an der Umdrehung des Ganzen nur insofern ein
wenig teilgenommen hatte, als es durch Reibung zur leisenMitdrehung
innerhalb der Sonnenschwere veranlaßt wurde. Da aber nun nur
solche Gebilde den Kreiselgesetzen unterworfen sind, welche sich in
Umdrehung befinden, so wäre es sinnlos, aus die sich nicht drehende
Eismilchstratze diese Gesetze etwa anwenden zu wollen. Die Eismilch­
stratze blieb vielmehr in genau der Ebene stehen, in der sie entstand,
und sliegt nur infolge des Lxplosionsstotzes parallel zu sich mit unserer
Sonnenwelt nach deren Zielpunkt in den herkules-tegersternen
durchs Weltall. Unsere Abbildungen 9—20 geben ein lückenloses Bild
dieser Vorgänge und ersetzen seitenlange Beschreibungen, was uns
aus den Bildern deutlich wird, ist die Einsicht, daß der vordere Geil
der Eismilchstratze unserer Weltinsel vorauf fliegt.
Wir wollen diese Erkenntnis zunächst fesihalten, um nochmals zu
jenem Spaziergang zurückzukehren, den wir von der Ursonne aus
nach den Randgebieten bis zur Eismilchstratze machten, vort erfuhren
wir, daß alle jene Gestirne, die aus dem eigentlichen Glutflußkreisel
entstanden, aus schwerem Sternbaustosf aufgebaut sein müssen, wäh­
rend, je weiter wir hinausgelangen, das Eis eine immer beherrschendere
Rolle spielt. Und nun wollen wir mit diesen als notwendig erkannten
Dingen einmal die probe aufs Exempel machen.
48 vom Eisschleiertrichter.

Abb. 20.
Links unsere aus Abbildungen 9 bis l9 abgeleitete Sonnenwelt in etwas ge­
drängtem Auf- und Grundriß. Rechts der sonnennächste Geil mit der Lrü-
bahnebene vergrößert heraus gehoben. Im linken Grund- und Aufriß sehen
wir die außerhalb mit uns schwebende Eismilchstraße als einen Eiskörper­
ring und innerhalb Sonnenschwere den transneptunischen Neptoidenschwarm
schematich angedeutet, vie infolge des Iveltraumwiderstandes aus der Eis­
milchstraße zurückbleibenden kleinsten Liskörper werden, soweit sie in das
Sonnenschweregebiet eindringen, zirkuszeltdachartig zusammengerasst zu einem
Bahngebilde, das dann trichterförmig in dre Sonne mündet. Diesen Eis-
chleiertrichter sehen wir im rechten Bilde vergrößert herausgehoben. Man
ieht, daß die Erde diesen Lisschleiertrichter um den lv. bis 20. August ab-
teigend und um Ende Gktober und Anfang November herum aufsteigend
»urchwandert, zu welchen Zeiten wir auch die beiden jährlichen Hauptzeiten
der Sternschnuppen beobachten können, die als Eiskörper im widergespie-
gelten Sonnenlicht außerhalb der irdischen Lufthülle aufleuchten°). (Nachhörb.
von den Wasserplaneten. 49

wer bis hierher aufmerksam gefolgt ist, der sieht ohne weiteres,
datz der Aufbau unserer Sonnenwelt genau den Ableitungen entspricht:
Sonne und innere Planeten, also Merkur, Venus, Erde, Mond, Mars
sind die Reste jener ehedem aus dem Glutfluhkreisel selbst entstandenen
Planeten, während Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun vorwiegend
aus Wasser bestehen müssen. Diese nutzeren Planeten hätten also ein
Eigengewicht aufzuweisen, das dem des Wassers sehr nahe käme.
Und was beobachten wir? Nun, wie zu erwarten, ein dem Wasser
sehr nahes Eigengewicht um eins herum! Dagegen, was wohl nicht
noch hervorgehoben zu werden braucht, bei den inneren wander-
sternen ein Eigengewicht, das um jenes der aus Sternbaustoff bestehen­
den Erde schwankt, wobei die sich ergebenden Abweichungen bis ins
einzelne wieder nur Folgen des durch die Welteislehre erschlossenen
Werdeganges der Sonnenwelt sind.
Die äutzeren Planeten aus fast reinem Wasser! Dieser Satz an
den Anfang dieses Büchleins gestellt, hätte geradezu kindhaft angemutet.
Und jetzt? Ist diese Einsicht nicht eine Selbstverständlichkeit? Sie ist
von überraschend bahnbrechender Lösungskraft.
Man braucht da nur einmal einen Blick nach dem Riesenplaneten
Jupiter zu werfen, dessen innenflüssige Natur uns ja aus der beobacht­
baren Lebendigkeit seiner dem Äquator gleichlaufenden Streifung
längst bekannt ist. wäre aber dieser Stern ein außen schlackenüber-
krusteter Glutfluhweltkörper, so müßte er doch nach allen unseren
Meteorsteinersahrungen und geologischen Einsichten eine Dichte von
mindestens 5,5 bis sogar 7 aufweisen und nicht l,3! Man komme uns
aber nicht etwa mit der „Erklärung", es handle sich „natürlich" um
„erklärte" Dinge. Nein, bisher ist wirklich gar nichts erklärt. Uns
macht die Zahl 1,3 als Mischdichte eines von Eisschollen be­
deckten, innen zufolge der vruckwärme flüssigen, mit einem aus
Sternbaustoff bestehenden Mittenkerns nicht die geringsten Schwierig­
keiten,' denn wenn wir uns überlegen, datz ein planet aus reinem
Wasser doch eben nur ein Eigengewicht von l,0 haben kann und wir
dennoch ein Gewicht von 1,3 finden, so besagt diese Zahl nichts anderes
als den Hinweis aus das Vorhandensein auch schwerer Teile, die wir
uns als metallisch-erdigen Nein zu denken haben. Legen wir gemäß
den Erfahrungstatsachen diesen Reinmasse» ein Eigengewicht von
5—6 bei, so wird offensichtlich, daß ein winziger Rern genügt, um in
Verbindung mit einem unerhört tiefen Gzean die Mischdichte von 1,3
Klscher, v«r Mar;. 4
50 werden eines Großwandelsterns.

zu liefern. Dieser kurze Hinweis auf die Misch dichten wird uns noch
zu beschäftigen haben.
vorerst aber wollen wir hier diesen Gedankengang abbrechen,
um uns noch weiter mit den äußeren Eigentümlichkeiten unserer
Sonnenwelt zu befassen.
Ein ganz einfacher versuch sei vorweggenommen. Werfen wir
eine Handvoll Erde vor uns, so beobachten wir, daß Staub und feiner

Llbb. 21.
Die wachrtumsgeschichte eines der äußeren Großwandelsterne (Groß-Nep-
toden oder Wasserplaneten), wie B. des Jupiter. Ls ist vor allem festzu­
halten, datz sich die Großneptoden nicht etwa aus dem flüssigen Zustand mit
Eis umkrustet baden, sondern datz sie durch Eisanschüttung aufgebaut und
bei entsprechender Größe erst durch Schweredruck im Innern zu flüssigem
Wasser wurden, vie Bildchen 1—8 mögen ein solches Wachstum und Jnnen-
flüssigwerden versinnlichen,- im Bildchen 7 bedeutet v den eisenhaltigen me­
teoritischen Kern, — Wasser und I' — Zirneiskruste. Ver meteoritische
Kern wächst auch erst bei größeren Eismassen durch den Meteoreinfang zu
jener Größe an, die uns das Eigengewicht der Neptoden von 1,2—1,37 er­
klären hilft, vie Neptoden haben sich also aus Lisplanetoiden aufgebaut. Es
ist klar, daß deren sehr viele benötigt wurden, um jene Riesensterne heran­
wachsen zu l assen. vie vorwiegend rechtsläufig eingefangenen Planetoiden
mußten auch ihre Bewegungsrichtung dem einfangenden Stern als Drehbewe­
gung weitergeben, hieraus wäre zu schließen, daß der größte Neptode, der
Jupiter, auch die kürzeste vrehzeit besitzt, vie Beobachtung bestätigt diese
Ableitung (Zeichnung hörbigers).

Sand dem Luftwiderstand zuerst zum Opfer und nicht weit von uns
zur Erde fallen. Je größer aber die Körner sind, je mehr lebendige
Kraft sie also auszunehmen vermögen, desto weiter werden sie fliegen;
am weitesten werden also die Steinchen gelangen. Diese Erfahrungs­
tatsache zeigt uns, daß, wo immer sich Körper durch irgendein Mittel
hindurchbewegen, wo also dieses Mittel einen zu überwindenden
widerstand bildet, daß also in solchem Falle ausnahmslos eine kluslese
stattfindet, derart, daß, je kleiner die Körperteilchen sind, sie um so
eher der Hemmung anheimfallen. Bei einer aus verschieden großen
Line Handvoll Erde. 51

Teilen bestehenden Wurfgarbe werden also die größten Stücke am


weitesten, die kleineren entsprechend weniger weit fliegen.
vas ist eigentlich eine Binsenweisheit. Und doch führt sie zu
Ergebnissen, die wir uns anschicken, nun kennenzulernen und deren
Tragweite geradezu ungeheuerlich ist. Denn würde dieses Gesetz nicht
bestehen, so wäre die Erde wüst und leer; kein leuchtendes kluge
blickte hinaus zu den flimmernden Raumestiefen, keine Hand faßte
in überströmendem Glücke, griff hilfesuchend in chual und Schmerz
nach einer anderen; keine Seele verstände aus dem Pulsschlag der Welt
das Gesetz gerade ihres Lebens zu erkennen, um zur ihr eigenen und
einzigen Vollendung zu gelangen ... ein Trümmerfeld, wesenlos
und tot im schweigenden Raume unendlicher Einsamkeit — ein Nichts.
Line Handvoll Erde aber wird zum Lebensgarten führen.
Ein gespensterhaftes Geschehen wird nun aufgedeckt, draußen,
weit draußen, in einer Entfernung von wohl einem halben hundert
Neptunfernen, dort, wo im Eiskeller des vorderen Milchstraßenteils
das Wasser des Lebens aufgestapelt ist. In mächtigen Eisblöcken, in
Splittern, in Brocken von wenigen Nietern Durchmesser bis zur Berg­
größe; eine Anhäufung allerverschiedenster Stücke.
Was muß geschehen? Die Handvoll Erde gibt Antwort!
wir haben früher ohne näheren Beweis die Behauptung aufge­
stellt, im Weltraum befinde sich sehr fein verteilter Wasserstoff, wir
ziehen diese Angabe hier nochmals heran, um bald ihre Tatsächlichkeit
zu erkennen.
wenn aber Wasserstoffgas, und sei es auch noch so verdünnt, im
Raume vorhanden ist, so muß es allen raumdurcheilenden Rörpern
einen widerstand entgegensetzen, genau so, wie das die Luft dem ge­
worfenen Sande gegenüber tut. vas würde aber für die Eisansamm­
lung der mit unserer Sonnenwelt den Weltraum durchfliegenden
inneren Milchstraße nichts anderes bedeuten als die Notwendigkeit
einer Trennung der gegen Widerstand weniger empfindlichen Eis-
großkörper von den mehr oder weniger empfindlichen Rleinkörpern.
va wir nun wissen, daß die Eismilchstraße sich außerhalb der Sonnen-
schwere befindet, und da wir nun folgern können, daß, je kleiner die
dort befindlichen Eisstücke sind, sie gegen die größeren um so mehr
zurückbleiben müssen, so ist es selbstverständlich, daß die Zurückbleiber
allmählich der nachfliegenden Sonne in ihren Schwerebereich gelangen
und von ihr eingefangen werden. Aus dem vorderen Teile der Lis-
4*
52 vas Eis in der Sonne.

Milchstraße müßten also heute geradezu Eisströme nach der Sonne zu


beobachtet oder wenigstens an ihren Wirkungen erkannt werden können.
Vas ist nun in der Tat der Fall.
Es stürzt dauernd Mlchstraßeneis hin zur Sonne. Selbstredend
werden nicht alle Eisstücke in die Sonne hineingelangen. Ein Teil
wird in Sonnennähe bereits zu Eisdampf und als solcher vom Licht­
druck in den Raum geblasen werden, andere, entsprechend große Stücke
aber gelangen tatsächlich in die Sonne, vie wahrscheinlichste Folge
ist dann die Umhüllung des Eisrestes mit Schaumschlacke, die wärme-
schützend ein nur allmähliches verdampfen gestattet und zur Bildung
eines verdampfungstrichters führt. Ein solcher Trichterschlund ist
aber nichts anderes als jene uns als Sonnenfleck sichtbare Erscheinung.
Die ausströmenden vampfmassen aber bilden die jedem Sonnenkenner
vertrauten Koronastrahlen. wächst die Umschlackung des Lisblockes
aber zu stark, so kann die vampfbildung unterbrochen werden. Dann
schließt sich selbstredend auch der Trichterschlund. Im Schaumschlacken-
gebilde aber wird nun Siedeoerzug eintreten, der schließlich auch hier,
wie bei der Geburt unserer Welt, zur Explosion führt. Wird diese aus­
gelöst, so muß auch hier ein Auswurf tiefer gelegener Sonnenmasse
stattfinden; in der Tat beobachten wir dann eine Tiefen- oder me­
tallische protuberanz.
hier ist nun wieder ein neues Wunderkapitel aus dem bisher
schier unlösbaren Buche der Natur aufgeschlagen, ein Kapitel, dessen
Inhalt so umfangreich ist, daß nur ein dickes Buch seine Fülle fassen
könnte, wir aber müssen uns hier nur auf das für uns Allernotwen-
digste beschränken, und das ist der im verdampfungstrichter (Sonnen­
fleck) wurzelnde Koronastrahl. Ein gewaltiger Strahl in jedem Falle
überhitzten Wasserdampfes entströmt solch einem die Sonnenober-
fläche durchbrechenden Trichterschlund, um mit riesiger Gewalt in
den Weltraum hinausgeblasen zu werden.
ver Auspufftrichter ist, sofern er auf der uns zugekehrten Sonnen­
seite liegt, von der Erde — wie wir schon wissen — als Sonnenfleck
sichtbar, vas Innere einer solchen Röhre muß nun deswegen dunkler
erscheinen, weil Wasserdampf der einzige nicht glühfähige
Stoff ist.
Wenn wir eben angaben, daß der vampf als solcher in den Um-
raum geblasen wird, so verlangt diese Aussage eine gewisse Einschrän­
kung.
von Sonnenflecken. 53
Vie Entstehung eines durch-
lchnittlichenöonnenflecks mit
W'.lÜHÜ.'G
oem darin wurzelnden Ko­
rona strahl durch die allmähli­
che Verdampfung des s chaum- Gefrorener Aillls Wasserdampf
schlackenumhüllten Restes -s-elektrisch geladen
eines in die Gluthülle der
Sonne eingedrungenen Eis­
körpers«). Es bedeutetest—
Glutgashülle der Sonne Mitgerissener Schlackenstaub
tphotosphäre), VL--Vamps­ -s- elektrisch vWlsH - geladen
trichter. Um Grunde des
verdampfungsherdes VR Mische
schwimmt noch langsam nie- Wasser-- Vamps
sersinkend der schaumschlak-
kenumhüllte Rest eines ein- Korona-
WFD Strahl
gedrungenenwelteiskörpers. leuchtet im reflektierten
' 'LN'
dieser ist, gut wärmege- Lonnen- ihr,',, !> ,iA' Lichte
schützt, im Schmelzen und Zleckenrand Protuberanzen
verdampfen begriffen, und
Fackeln Fackeln
der Vamps entströmt den
Poren des Schaumschlacken-
bzw. Bimssteingebildes. Die­
ser hochdruckige und über­
hitzte Wasserdampf überwin-
detschliehlich denhohenDruck
der metallischen Glutgas­
hülle und entweicht mit
ungeheurer Geschwindigkeit.
Durch die riesige Reibung im
verdampfungstrichter M,
den immer neue, au; dem
verdampfungsherd VB kom­
mende Vampsmassen durch­
strömen, wird der Dampf
elektrisch positiv aufgeladen.
Dort, wo der Dampftrichter Rbb. 22-
mir der Glutgashülle der
Sonne in Berührung kommt, findet eine Zersetzung des Dampfe; statt. Der
Sauerstoff wird gebunden, und der Wasserstoff als solcher entweicht in den
Weltenraum, dort jenen widerstand vergrößernd, den die Himmelskörper auf
ihren Lahnwegen verspüren. Ver Wasserdampf aber gefriert bald außerhalb
der Sonne zu feinstem Gsstaub, der bei gegebener Richtung des Ruspufftrichters
auch die Erde erreicht, die obere Lufthülle mit Trübungen oder Zirruswolken
aus Eisstaub schwängert, überdies die höchsten Luftschichten auseinanderbläst
und auf diese Weise auf der Erdoberfläche ein barometrisches Unterdruckge­
biet schafft. Der von der Sonne abgeblasene Eisstaub leuchtet im Sonnen­
licht als Koronastrahl, der Trichterschlund erscheint als dunkler Sonnenflcck.
54 Lichtdruck und Feineis.

Dort nämlich, wo die vampfmassen mit den glutenen Sonnen-


stoffen in innigste Berührung kommen, also an den Trichterwänden,
kann die Einwirkung der gewaltigen Wärmegrade auf das dampf­
förmige Wasser nicht ohne Einfluß bleiben, hier wird das Wasser in
seine Bestandteile, Sauerstoff und Wasserstoff, zersetzt, während aber
der Sauerstoff genau so, wie etwa die Kohlensäure vom Wasser, hier
von den Sonnenstoffen in Lösung ausgenommen, also zurückgehalten
wird, muß der weitaus größte Teil des Wasserstoffes in Gemeinschaft
mit dem unzersetzten Wasserdampf in den Weltraum strömen. Das
ist eine nicht wegzuleugnende Notwendigkeit Diese durch einfache
Erhitzung lange und andauernd verdampfenden und den Koronastrahl
bildenden trichtererzeugenden Dampfmassen lassen aber den verhält­
nismäßig kühlen Wasserstoff kaum sichtbar werden. Erst wenn es
sich um Siedeverzugsexplosionen aus großen Tiefen handelt, wobei
Metallgase emporgeworfen werden, ist auch der hier aus dem rest­
los zersetzten Wasser stammende Wasserstoff glühend und erkenn­
bar. Solche Tiefenprotuberanzen dauern auch nur Stunden und
Tage, während die anderen wachen- und monatelang abrauchen
können.
hierdurch wird uns nun zweierlei klar: einmal, warum Wasser­
stoff als solcher im Weltraum vorhanden sein muß,- zum anderen,
warum das glühende Zixsternmagma Sauerstoffgas druckgelöst ent­
hält. Da nun die Sonne keineswegs das einzige Gestirn ist, das Wasser­
stoff ausatmet, sondern nur einer von zahllosen gleichgearteten Welt-
körpern ist, so steht das Vorhandensein von Wasserstoff im Nil außer
jedem Zweifel, vie Anreicherung des Zixsternmagmas mit Sauerstoff
aber gestattet im Zolle einer Explosion die Zurverfügungstellung des
zur Eisbildung unerläßlichen anderen Bestandteils des Wassers. Denn
zwei Teile Wasserstoff und ein Teil Sauerstoff bilden zusammen einen
Teil Wasserdampf.
Das alles folgt aus der einfachen Tatsache des Eiseinsturzes in
die Sonne. Und noch mehr! Denn der in den Weltraum geblasene
Wasserdampf bleibt keineswegs Wasserdampf, sondern gefriert in
der annähernd 270 Grad unter Null betragenden Kälte rasch zu so
feinem Eisstaub, daß der Lichtdruck genügt, dieses Zeineis mit der außer­
ordentlichen Geschwindigkeit von etwa 2500 Kilometern in der Se­
kunde fortzubewegen.
Dieses dauernd der Sonne entströmende Zeineis, das wir bei
Schwerkraft und Lichtdruck. 55

Sonnenfinsternissen als Rronlicht sehen können, ist weit bis über die
Erdbahn hinaus im Sonnenreich zu verfolgen.
Es kann nicht ausbleiben, datz bei allen derartigen Explosionen
und aus allen wasserdampfschlünden neben dem Wasserstoff und dem
Wasserdampf auch Stäubchen des Sonnenstoffes selbst mit in den
Weltraum gerissen werden. Sie sind als kosmischer Staub bekannt und
ihre Losreißung vom Tagesgestirn nur durch die gewalt­
samen vampfausbrüche überhaupt erst möglich, vie An­
nahme, der Lichtdruck derSonne als solcher genüge, um sie
in den Weltraum hinauszudrücken, entbehrt jeder tatsäch­
lichen Unterlage. Erst wenn die winzigen Teilchen vom ex­
plosiv entströmenden Dampf so weit von der Sonne ent­
fernt sind, daß der Lichtdruck die Schwere überwiegt, erst
dann können sie ihre Weltreise antreten.
Ist es nicht eine Fülle an neuartigen Einsichten, welche uns von
hörbiger vermittelt wird? Und ergibt sich nicht eines aus dem
anderen mit einer Folgerichtigkeit, die geradezu selbstverständlich
anmutet? Und doch haben wir erst einige sehr wenige Dinge erfahren.
Für unsere weiteren Betrachtungen aber wollen wir nun aus den
Weltraumwasserstoff zurückgreifen, der, einem Zauberwort gleich, uns
die Zukunft lichtet weit über den Augenblick hinaus, da das letzte
Leben auf Erden sterben muh.
Sind wir nicht an der Hand der neuen Erkenntnisse in die Ur­
zeiten bis zur Geburtsstunde unserer Sonnenwelt hinabgestiegen?
Sind nicht Zahrmilliarden bereits an unserem Auge vorübergejagt,
vom wirren Glutflußknäuel über die wohlgeordnete drehende Linse
bis zu den erhabenen Lahnen, in denen die Sonnengeschwister das
Taggestirn umschwingen und den gleichfalls um die Sonne kreisenden
Eiswüsten der äußeren Planeten? Ist uns jetzt nicht klar, als hätten
wir es immer gewußt, daß aus dem Eiskeller der inneren Milchstraße
Grobeis zur Sonne zieht, um von hier aus umgeformt als Feineis
und Wasserstoff wieder in den Weltraum zu dringen? Ist das nicht
alles einfach, wohldurchdacht? Ist das alles nicht groß und übermensch­
lich erhaben?
Und wenn wir nun dem seltsamen Wasserstoff nachspüren, dann
werden sich uns, als sei ein Vorhang gefallen, auch ungeahnte Fern­
blicke auftun.
war es denn nicht auch der Wasserstoff, der jene in der Schuß­
56 Wasserstoff und Sternenweg.

richtung unserer Sonnenwelt mitfliegenden Milchstraßengrobeisstücke


der Größe nach sichtete, da er ihrer Bewegung widerstand entgegen-
setzte? Und wenn er diese Wirkung am Kleinvolk zeigte, ist es dann
nicht selbstverständlich, daß auch die Großkörper sein Vorhandensein
merken?
Es bleibt kein anderer Schluß, als daß auch die Planeten von dem
widerstand des Weltraumwasserstoffs beeinflußt werden müssen.
Ihre Bahn um die Sonne ist aber nicht geradlinig, sondern kreisähn-
lich. was müßte denn aber geschehen, wenn ein Kreise ziehender
Stern dauernd einen, wenn auch noch so geringen widerstand verspürt?
würde er auch allmählich langsamer fliegen? Nein! Er wird seine
Lahn verengen, er wird also nicht mehr in einem geschlossenen Kreise
sein Mittengestirn umschwingen, sondern sich ihm in sehr enge ge­
wundener Spirale immer mehr nähern und auch immer schneller
Umläufen, wir haben dieses heranschrauben eigentlich schon be­
schrieben, als wir von der Befruchtung der Mutterriesin durch den
vereisten Einfängling erzählten, ohne dort die eigentlichen Ursachen
anzugeben.
va wir jetzt sicher sind, daß im Weltraum Wasserstoff vorhanden
ist, da wir ferner wissen, daß die Wandelsterne sich eben in diesem
Welträume um die Sonne bewegen, und daß von dieser Bewegung
auch die Erde nicht ausgenommen ist, so können wir mit aller nur
wünschenswerten Sicherheit voraussagen, wie sich das Schicksal aller
Wandelsterne einst gestalten wird. Sie alle schrauben sich immer
näher an die Sonne heran, um einst in fernsten Tagen in ihr unter-
zugehen, wobei Merkur, Venus und die um unseren Mond und den
Mars vergrößerte Erde vielleicht unzerrissen sich dem Glutball an­
gliedern werden, während die Wasserplaneten sich in Sonnennähe
in zwei Eis- und Wasserschwarmringe auflösen und sich so mit dem
Taggestirn vereinigen müssen.
Aber da taucht doch sofort eine neue schwerwiegende Frage auf.
Wenn der Weltraumwasserstoff sichtend wirkt, wenn also die kleinen
Körper seinen widerstand härter empfinden als die größeren, so
müßten naturgemäß auch die kleinen Planeten schneller zum Tag­
gestirn heranschrumpfen als die Großplaneten. Dieser Schluß ist durch­
aus zwingend. Und die Tatsachen geben ihm recht: je kleiner die
Wandelsterne, desto eiliger ihr weg in den Glutschoß der Sonne.
So sind auch gewißlich in der Vorzeit schon zahllose selbständige
vor 13 500 Jahren. 57

Planeten im Taggestirn verschmolzen, damals, als der innerste Wandel-


stern Merkur noch viel weiter von der Sonne abstand als heute. Und
aus den geologischen Schichten der Erde können wir ein wundersam
erschütterndes Schicksal entziffern.
Wir wissen ja, -atz alle Wandersterne, also auch unsere Erde,
eigentlich aus dem Zusammenfang von Einzelteilen entstanden sind.
Vie Einfänglinge können wir ruhig als Monde bezeichnen. Wir dürfen
also sagen, die Einzelglieder unserer Sonnenwelt sind aus dem Zu­
sammenfang von Monden aufgebaut. Solange wir die Glutflutzlinse
betrachteten, also uns in frühester Weltvergangenheit befanden,
hatten wir bei dieser Erkenntnis keinerlei innere Schwierigkeiten zu
überwinden, wenn wir aber nun folgern, daß, wenn das Sein unserer
Welt, wie wir gesehen haben, noch nicht zur vollendeten Harmonie
gelangt, also noch in §luh ist, wenn wir nun sagen, datz auch gegen­
wärtig der Aufbau gewisser Planeten oder besser der Weiteraufbau
vor sich geht, so wird augenblicklich das Allzumenschliche in uns wach,
und wir lächeln ungläubig, weil wir meinen, bei solch einem Ereignis
sei noch niemand dabei gewesen.
Und doch reicht unsere Geschichte an ein Alter von nahezu zehn­
tausend Jahren heran. Zehntausend Jahre! Zür Menschenbegriffe
gewitz eine außerordentliche Zeit. Aber wir sprechen hier nicht von
unserem Eintagsfliegendasein, sondern von kosmischen Vorgängen,
va verschwinden solche geschichtliche Spannen und vermindern sich
zu belanglosen Nebensächlichkeiten. Wir müssen in kosmischen Grötzen
vorzustellen lernen. Es würde also nichts besagen, wenn tatsächlich
während der ganzen geschichtlichen Zeit kein solcher Mondeinfang
irgendwo beobachtet worden wäre.
vas ist aber nicht einmal der Zoll,- denn unser heutiger Mond
umkreist die Erde erst seit IZ500 Jahren. Sein Einfang durch die
Erde ist uns sehr genau überliefert, vatz wir diese Berichte nicht ver­
stehen konnten, ehe wir nicht die Einsichten der Welteislehre besahen,
lag an der Irrtümlichkeit der Himmelskunde und an der völlig un­
berechtigten Art, mit der wir alle älteren Überlieferungen milde
lächelnd in das Reich der Sage verbannten, nicht ahnend, datz wir mit
törichter Hand uns selbst das Tor zu den Wundern des Weltalls ver­
schlossen. Nurz sei es darum hier gesagt: Als unser Mond aus seinem
selbständigen Planetendasein herausgerissen wurde, da er zwischen
Erde und Mars noch um die Sonne kreiste, da gab es aus der Erde
gbb. 23.
vie Lrde zur Kambriumzeit. 59

schon Kulturen, nach deren Aufdeckung wir alle Ursache haben werden,
den Hut zu ziehen. Doch das sind keineswegs die ältesten auf uns
gekommenen Überlieferungen, wir besitzen deren, die älter sind als
fünf Millionen Zähre. Wir wissen heute auch zuverlässig, datz die
Auflösung des Vorgängers unseres heutigen Trabanten und seine
Kngliederung an unseren heimatstern von denkenden und eine sehr
achtbare Kultur besitzenden Menschen erlebt und geschildert wurde,
ven Abschluß dieser Mondeinverleibung bildete die in mehr als sechzig
Überlieferungen auf uns gekommene Sintflut, deren naturnotwen-
diges Eintreten von der Welteislehre außer Zweifel gestellt wird^).
ver Einwurf also, es habe noch kein Mensch die Massenzunahme
eines Sternes durch Angliederung erlebt, ist nicht stichhaltig, sondern
nur eine Folge unserer naturentfremdeten wissenschaftlichen Schul-
meinungen.
Besätzen wir aber auch keinerlei derartige erst heute verstehbare
Berichte, so würden doch, wenigstens dem Kenner der Welteislehre,
schon die geologischen Schichten alles das verraten, was wir zu wissen

Zu Abbildung 23:
ver Lntwicklungszustand des heliodenkreisels (Merkur bis Mars, also Mittel­
teil in Abbildung 12—18) zur Zeit des Aufbaues der Kambriumschichten auf
Erden, in denen die ältesten Zeugen des irdischen Lebens gefunden werden.
Es ist die Zeit, in der die Überkrustung der einstmals glutflüssigen Erde schon
soweit gediehen war, datz eine teilweise Wasserbedeckung der Oberfläche mög­
lich wurde, derart, daß die Spuren früherer Mondannäherungen und Auf­
lösungen durch den inneren Glutfluß nicht mehr ganz verwischt werden konn­
ten. In jener Zeit konnten beispielsweise innerhalb der wesentlich erweitert
zu denkenden Merkurbahn noch 6 Jntramerkure s., b, v, ck, o, k die Sonne um­
kreist haben, die sich ihr aber seither infolge der Bahnschrumpfung nacheinander
einverleibt haben. Zn unmittelbarer Marsnachbarschaft sehen wir die damalige
Planetenbahn der „Luna", unseres heutigen (Ouartär-) Mondes. Selbstredend
hat man sich für die damalige Zeit sowohl die Erdbahn als auch noch mehr
die des viel kleineren Mars wesentlich erweitert zu denken, so daß zwischen den
damaligen Bahnen von Lrde und Luna beispielsweise vier sich noch etwas klei­
nere Zwischenplaneten als Luna um die Sonne tummeln konnten, wir sehen
diese Bahnen mit Silur, Karbon, Zura und Tertiär bezeichnet; denn deren
Planetenkörper sind es, welche die gleichnamigen geologischen Hauptforma­
tionen aus den ttuflösungsstosfen ihres jeweiligen Vorgängers aufgebaut ha­
ben'). Um die Lrde rankt sich die Kambriummondbahn. Dieser Mond mußte
notwendig wesentlich kleiner als unser heutiger Begleiter sein und konnte,
da er bereits das erste Leben auf Erden vorfand, dessen haltbare Körperreste
in seiner Eiszeit auch haltbar einbetten (Zeichnung Hörbigers).
bO vie Lahnschrumpfung.

brauchen. In der Tat hat auch hanns hörbiger bei der Ableitung
seiner Gedanken nichts von den sogenannten Sagen geahnt, sondern seine
Kenntnisse auf Grund der Beobachtungstatsachen entwickelt. Erst später
stellte er zu seinem eigenen Erstaunen fest, wie scharf die Überliefe­
rungen mit den nun erkennbaren Tatsachen übereinstimmten.
Ich sagte schon, datz die geologischen Schichten ein einwandfreies
Zeugnis für die mehrfache Auflösung von Monden geben, wir können
hier anmerken, datz seit dem Tage, da die Erde den ersten, vorwiegend

—!

Lonnendovn

Abb. 24.
vie ineinandersteckenden Bahnschrumpfungskegel des heutigen helioden-
kreisels, also von Merkur, Venus, Erde, Mars. Überlegt man sich nämlich die
in Abbildung 23 beschriebene Bahnschrumpfuna und zugleich die Geschwindig­
keit des gradlinigen Sonnenfluges von 20 Sekundenkilometer und betrachtet
man der Einfachheit halber die vier Planetenbahnen als kreise, deren Ebenen
nicht, wie dargelegt, sich erst bis zu 66 Grad zur Sonnenflugbahn aufgerichtet
haben, sondern bereits auf ihr senkrecht stehen, so wird es leicht verständlich,
datz diese vier Körper im Raume eigentlich Schraubenlinien auf sehr schlanken,
und zwar verschieden schlanken Raumeskegeln beschreiben, wie das obige Bild
versinnlicht. vie geradlinige Sonnenflugbahn bildet die Achse dieser Bahn­
schrumpfungskegel. Um diese Dinge darstellen zu können, mußte der Sonnen-
weg von etwa l Million Jahren auf einen Marsumlauf gekürzt werden.
Treibt man diese Mahverschiedenheit noch weiter, so tritt der ganze Vorgang
noch deutlicher hervor, wie dies in der folgenden Abbildung 25 so gehalten
erscheint (Zeichnung hörbigers).

aus kosmischem Eise entstandenen Vzean zu tragen vermochte, daß,


so wiederhole ich, seit diesem Tage etwa sieben bis acht Monde Be­
gleiter der Erde gewesen sind. Woher kamen sie?
wir sprachen schon davon, daß innerhalb der Merkurbahn ehedem
eine ganze Anzahl weiterer Planeten um die Sonne gekreist seien
und im Laufe der inzwischen vergangenen kosmischen Zeitspannen
in die Sonne getaucht, sich also mit dem Taggestirn vermählt haben
müsse. Alle diese Sterne sind gewißlich kleiner als Merkur selbst ge­
wesen, denn sonst wäre nicht dieser heute vorhanden, sondern der
vormondzeit und Erdende. 61

oder die ihn an Grütze übertretenden, wir sahen doch, datz, je Heiner
ein Wanderstern ist, er auch um so schneller an die Sonne sich heran­
schrauben mutzte. Nun ist aber auch sicher nichts darüber ausgemacht,
daß dieser Vorgang im ganzen Sonnenreiche schon abgeschlossen sei,-
sonst dürfte ja auch der Mars, der doch wesentlich kleiner als die Erde
ist, nicht mehr jenseits der Erdbahn kreisen, wir müssen vielmehr

vie ineinandersteckenden Bahnschrumpfungskegel in so weit getriebener


Verkürzung der Sonnengeschwindigkeit, dah auch deren Spitzen noch in die
Sildfläche fallen, viese drei Regelspitzen Merkurende, Venusende, Erdende
zeigen also die Zeitabstände des Einoerleibens von Merkur, Venus und Erde
m die Sonne, vom Marsbahnkegel sehen wir aber, datz er keine Spitze zeigen
kann, weil er in den Lrdbahnkegel eindringt, d. h. Mars wird von der Erde
eingefangen und zum Begleiter gemacht. Dasselbe ist nun auch mit unserem
heutigen schuartär-) Mond geschehen, dessen Bahnschrumpfungskegej mit
„Mond noch als planet" und „Mondeinfang" angedeutet erscheint, will man
diesen Vorgang noch klarer durchschauen, so denkt man sich diese Lahnschrump-
fungrkegel der Länge nach ausgeschnitten und von diesen Längsschnitten nur
die Hälfte samt der Sonnenflugbahn als Achse hingezeichnet, wie dies in der
folgenden Abbildung 26 zu sehen ist Zeichnung hörbigers).

sagen, datz dieser Zustand gewitz angestrebt wird, und datz es einmal
eine Zeit geben wird, in der der jeweils innere planet kleiner sein wird
als sein äuherer Nachbar, mit anderen Worten, wir werden von der
Sonne nach auhen zu gehend immer auf größere Wandelsterne
treffen.
Solange aber kleinere und größere wandersterne, wie das gegen­
wärtig noch der Zall ist, in bunter Reihe abwechseln, wird das Sichten
durch den Wasserstoffwiderstand seinen Zortgang nehmen, va zum
62 Marrschicksal.

Beispiel außerhalb des riesigen Jupiter noch drei kleinere Planeten


kreisen, so müssen diese sich in kosmologischer Zukunft immer mehr
dem sehr viel zager zum Taggestirn sich heranschraubenden Stern
nähern.
hätten also in der Vorzeit außerhalb der Erde Planeten ihre Bahn
gezogen, Sterne also, deren Größe an die unseres Heimatsternes nicht
herangereicht hätte, so wäre für sie nichts anderes als das Schicksal
übrig geblieben, entweder die Erdbahn zu überschreiten und nach der
Sonne zu durchzufallen, oder aber in die Zangarme unseres eigenen

Nbb. 26.
Die Entwicklung der inneren Planetenwelt (heliodenkreisel). In der benach­
barten geologischen Vergangenheit und der nächsten geologischen Zukunft.
Iw — Zntramerkurbahnkeoel; Llo und Ve — Merkur- und Venusende. Lm
und Lwo -- Tertiärmondbahniegel und Tertiärmondeinfang. I-e — Luna-
einfang. Vnw — venusmondeinfang. vas Bild ließe sich selbstverständlich
durch die Vahnschrumpfungskegel von Jupiter bis Neptun erweitern, gibt
aber auch so schon einen bequem auswertbaren zeiträumlichen Überblick über
das Geschehen in unserer engeren Sonnenwelt in der näheren und ferneren
kosmologischen Vergangenheit und Zukunft (Zeichnung Hörbigers).

Planeten zu rennen und zu Monden der Erde zu werden. Und das


ist vielfach geschehen. Es kann hier auf die geologischen Beweise nicht
etngegangen werden, da es sich hier nicht um eine Beschreibung der
Erdkruste handelt, sondern um die Enthüllung der Marsgeheinnisse^).
Sagten wir nicht eben, daß in der Vorzeit außerhalb der Erdbahn
kleinere kveltkörper kreisten als unser eigener Stern? Und wie ist es
heute? Ein Blick auf die Ubb. 23—26 gibt uns eine gar nicht miß-
zuoerstehende Antwort, ver Mars ist viel kleiner als die Erde! Daraus
folgt zunächst mit voller Sicherheit, daß er schneller als unser Heimat­
stern zur Sonne schrumpfen muß. Sein Bahnweg aber gibt eine
Rückschau. 6Z

weitere Sicherheit, nämlich die, daß er in fernen Ankunftszeiten, nach


Verlauf von Jahrhundertmillionen einst zum — Monde der Lrde
werden mutz, genau so, wie Luna, unser heutiger Mond, einst ein
selbständiger, zwischen Mars und Lrde kreisender Stern zu unserem
Nachtgestirn wurde. Noch trägt unser Begleiter auf seinem erst durch
die Welteislehre entzifferten Antlitz Spuren, die deutlich zeigen, daß
er vor seinem Lingesangenwerden ähnlich ausgesehen haben muß,
wie heutigentags der Mars, dessen Merkwürdigkeiten solange undeut-
bar bleiben mußten, als nicht der weg zur Lrkentnnis eines lückenlosen
Werdeganges unserer gesamten Weltinsel gesunden war. hanns
hörbiger hat ihn entdeckt, und wir sind seinen Gedanken bisher
gefolgt, um auch weiterhin uns seiner Zührerschaft anzuvertrauen.
wir wollen einmal Rückschau halten. Ls war ein straff gezeich­
neter weg, der sich uns als bisheriger Lebenspfad unseres Sonnen-
reiches darbst. Aus den schweigsamen Tiefen des Weltraumes, fern,
dort, wo wir das Sternbild der Taube schimmern sehen, ward vor vielen
Jahrmilliarden durch eine Zixsternexplosion der Baustoff zu unserer
engeren Welt hinausgeschleudert. Auf Grund einfachster mechanischer
Gesetze mußte nicht nur das Ganze in Umdrehung geraten, sondern sich
auch die von uns hier ganz außer acht gelassene äußere oder Glutstern-,
und die innere oder Lismilchstraße nebst Billionen von Meteoren bil­
den. In königlicher Gelassenheit hob sich das planetsnkreisel aus seiner
Urebene heraus,- die Sonne wuchs zu ihrer gegenwärtigen Größe
durch Zusammenfang kleinerer Nörper; in ihrer Nähe taten größere
Brocken das gleiche und ergaben mit der Zeit die Planeten, welche,
sofern sie im Bereiche der Urlinse fischten, genügend Zixsternbaustoff
zur Verfügung hatten, weiter draußen aber immer mehr aus das in­
zwischen gebildete Eis angewiesen waren, derart, daß wir zwei völlig
voneinander verschiedene Planetengruppen unterscheiden können,
die inneren, vorwiegend aus Sternbaustoff bestehenden, die äußeren,
welche uns nun als Wasserplaneten bekannt und vertraut geworden
sind. Überdies sahen wir das Grobeis des vorderen Milchstraßenteiles
gegen den Weltraumwiderstand zurückbleiben und wieder in den
Anziehungsbereich der Sonne gelangen, hier geht es teilweise auf
der Sonne nieder, um, zu Zeineis und Wasserstoff umgeformt, von
neuem in den Weltraum Hinauszuströmen.
vas Grobeis gelangt aber dabei ebenfalls zu den Planeten. Auf
der Lrde haben wir sehr oft Gelegenheit, seinen Einschuß zu beobachten,
64 Merkur und Venus.

denn alle Hagelwetter, wolkenbrüche, Windhosen, Taifune, alle großen


5türme sind nichts anderes als die Zolgen des Einschusses von kosmi­
schem Eise.
Auch das Zeineis trifft uns. Alle gewöhnlichen Wettererscheinun­
gen sind nichts als seine Folgen, und aus seinem Vorhandensein
müssen die weittragendsten Schlüsse gezogen werden, vie vorher-
bestimmung der Großwetterlage der gesamten Erde, damit die Vor­
hersage der Welternte auf Jahre hinaus wird möglich, ver große
Pulsschlag der Welt wird erkennbar, und die Erkenntnisse für Lebens­
führung, für Kultur, für Heilkunde, für bürgerliches Recht, ganz be­
sonders für Seelenforschung, kurz für alles das, was das Leben als
solches angeht, sind noch gar nicht abzusehen *").
Das Zeineis also enthüllt uns die kosmischen Geheimnisse, und
mit dem Wissen von ihm lüftet sich auch der Schleier, welcher über
die beiden sonnennahen Planeten Merkur und Venus gebreitet war.
Diese beiden Himmelskörper sind eigentlich gar keine Planeten mehr,
sondern Monde der Sonne,- denn sie besitzen keine Drehung um ihre
eigene Achse; sie zeigen, ganz wie unser Mond der Erde, ihrem Mitten-
gestirn immer dieselbe Seite. Nun wird, je näher ein Stern der Sonne
steht, er auch um so tiefer in dem Zeineisstrome waten müssen. Das
bedeutet aber eine dauernde Bewässerung und Vurchkühlung. Ein
durchkühlter Stern aber vermag keine Lufthülle mehr zu bilden; denn
der Sauerstoff kann nur dadurch entstehen, daß Wasser, im heißen
Planeteninneren in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten, Beben
verursachend, durch Spalten und vulkanschlünde an die Oberfläche
gebracht wird. Da aber Sauerstoff für das Leben der wichtigste Luft­
bestandteil ist, so darf die Ansicht der Wissenschaft, auf der Venus herr­
sche ein Steinkohlenklima mit Sauriern und anderen Urweltlebewesen,
ins Reich der Phantasie verwiesen werden. Auch Merkur hat nicht,
wie bisher angenommen, ein wüstenklima, sondern ist vereist, ein
ebenfalls toter Stern.
Zu dem Zeineisstrom, dessen dauerndes und reichliches Vorhanden­
sein besonders die bisherigen wenigen Venusbeobachter zu der An­
nahme einer undurchdringlichen wolkenschicht verleitete, zu diesem
Zeineisstrom gesellt sich auch ein reichlicher Grobeiseinfang, da ja
gerade in Sonnennähe die Grobeisströmungsbahnen enge zusammen­
gerafft sein müssen, wenngleich dort der Einfang wegen der höheren
Fallgeschwindigkeit, die ja auf dem Wege zur Sonne immer zunimmt,
Asteroiden. 65

wieder etwas schwieriger ist. Immerhin nehmen beide Erscheinungen


(also die Einfangsmöglichkeit von Grob- und Zeineis) mit der Ent­
fernung von der 5onne an Stärke ab, so datz wir hieraus für den
Mars die größte Wasserarmut unter den inneren Planeten folgern
müßten.
Obwohl wir später nochmals auf diese beiden Sterne zurück­
kommen müssen, so läßt sich doch schon jetzt sagen, daß die einzige
„Lufthülle, welche Merkur und Venus genau so wie die äußeren
Wasserplaneten haben können, nur aus Wasserstoff bestehen kann,
die jeder Stern gemäß seiner Schwerewirkung aus dem Weltraum an
sich heranzieht, sofern er sie nicht bereits aus seiner Jugendzeit (wie
das bei den inneren Planeten der Zoll sein dürfte!) her besitzt.
Es gibt also weder einen heißen Merkurwüstensand, noch Venus­
saurier; und es gibt, das ist wohl schon hier erahnbar, auch keine Mars­
kanalingenieure!
voch wir haben bisher eine Gruppe von Körpern ganz Übergän­
gen, die sich in reicher Zahl zwischen Mars und Jupiter befinden,
die Asteroiden oder Planetoiden, von denen man gegenwärtig etwa
tausend kennt und die als ein Schwärm winziger Wandersternchen
ebenfalls die Sonne umschwingen (vgl. Abb. 7).
Ihr Vorhandensein kann auch nur im Rahmen der Gesamt-
entstehungsgeschichte unserer Sonnenwelt verstanden werden, und
das, was wir an ihnen beobachten können, gibt uns von neuem den
Beweis, wie unzureichend die Ansicht derer ist, die in allem mit
Ewigkeitszustänüen arbeiten. Wir erkennen vielmehr, daß auch in
diesem Halle der noch unvollendete Lebensweg unserer Weltinsel
deutlich sichtbar wird.
Es ist uns jetzt die Erkenntnis geläufig, datz sich um den Urkreisel,
also um die Glutflußlinse, an diese sich unmittelbar anschließend,
Eisgewölk bildete, welches bis über den Schwerebereich der Sonne
hinausreichte. Und das jenseits dieser Schwerezone vorhandene Eis,
das den Umlauf nicht mitmachen konnte, bildet die Eismilchstraße.
Was sich aber innerhalb der Schwerkraftsgrenze aufhielt, nahm an
dem Umschwung des ganzen Kreisels teil.
Jenseits der ehemaligen Glutlinse mußten sich Millionen von
Eisplanetoiden bilden und ballen, die also damals den Raum weit
außerhalb der heutigen Marsbahn — denn diese hat sich ja infolge
des Weltraumwiderstandes inzwischen arg verengert —, die ehedem
Zischer, ver Mars. 2
66 vom Saturnring.

also den Raum jenseits der Marsbahn bis weit über die gegenwärtige
Neptunbahn hinaus dicht bevölkerten, hier, das wissen wir bereits,
überwältigte der jeweils Stärkste und Massigste die Schwächsten der
ihn umschließenden Zone, da natürlicherweise die kleineren Liskörper
schneller sich zur Sonne schrauben und so den Bahnweg des Stärkeren

Übersicht der kür die Erde wichtigsten Wandelsternbahnen. Merkur- und Venus­
bahn als für Sie Erde von keiner Bedeutung, sind der Einfachheit halber weg-
aelassen. vie Sahn des hallegkometen mag das Schicksal eine; durchgefallenen
Neptunmondkandidaten versinnbildlichen. Man sieht die Möglichkeit, daß die
Erde manchmal auch durch den Eisstaubschweif dieses Kometen gehen kann,
ohne den geringsten Schaden zu nehmen. Wohl aber kann die Erde manchmal
einen dem Mars entwischten blockadebrechenden inneren Planetoiden ein­
fangen, wie dies auch durch die thüringische Sintflut, den Riesenwolkenbruch
vom 29. Mai 1613 bezeugt wird, vie Stundenbezeichnung auf der strahligen
Matzgeraden zeigt die stündliche Lichtgeschwindigkeit bzw. die Lichtausbreitung.
vas Sonnenlicht braucht bis zur Neptunbahn etwas über 4 Stunden, bis zur
Erde nur 8,3 und bis zum Mars 12 Minuten, während es erst in genau 5 Stun­
den den Sonnenfernpunkt des hallegkometen erreicht.

kreuzen, von ihm also eingefangen werden mußten. Ruf diese Weise
entstanden die äußeren Großplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und
Neptun neben einem weiteren, ehedem zwischen Saturn und Uranus
kreisenden Großwasserplaneten, den wir als Jntra-Uranus bezeichnen
und der später, für uns in kosmologischer Vergangenheit, den Baustoff
zu dem wunderbaren Saturnring lieferte").
Wer nun kosmotechnisch, also im Zeit», Raum- und Rraftsinne
vie beiden Planetoidenzonen.
67

der Welteislehre zu denken gelernt hat, dem ist es klar, datz jener
Ureisplanetoidenraum heute noch nicht ausgefischt, also noch nicht
aller ehemaliger Planetoiden bar sein kann. So finden wir denn auch
einen Rest der selbstredend inzwischen stark gelichteten planetoiden-
schwärme zwischen Mars und Jupiter kreisen, eben die Asteroiden
oder die vermeintlich einzigen Planetoiden.
Die vermeintlich einzigen! Denn in Wahrheit ist oder mutz der
Umschwungsraum der äutzeren Grohplaneten bis weit außerhalb
der heutigen Neptunbahn noch immer mit Tausenden von größeren
Eisplanetoiden bevölkert sein. Aus diesem sangen sich ja die Wasser­
planeten noch heute ihre Monde aus purem Life ein. Es ereignet sich
nun zuweilen, datz ein solcher Einfang mißlingt, und dann wird aus
einem solchen durchgefallenen Mondkandidaten eine Erscheinung,
deren Unerklärbarkeit jetzt als überwunden gelten kann: es entsteht
ein großer Komet, dessen Eis in Sonnenähe zu Lisdampf verwandelt,
vom Sonnenlichtdruck abgestoßen, als immer der Sonne abgekehrte
Zahne in den Weltraum gedrückt und vom Taggestirn beleuchtet wird.
So sind die fünf großen Romelen Westphal, pons, Brorsen, Glbers
und halleg nichts anderes als durchgefallene Neptunmondkandidaten.
Sehr wohl wissen wir, datz hier für die Welteislehre scheinbar
einige Schlichtbild-(spektroskopische)Schwierigkeiten bestehen. So unter­
scheidet Bredichin drei Arten von Kometenschweifen: Erstens solche
aus wasserstoffgas, zweitens solche aus Natrium und drittens solche
aus Lisendampf. wir meinen nun aber, datz aus keinem Gebiete der
Astrophgsik die technische Unerfahrenheit den Linien-vertrauenden-
Schlichtbildbeobachter so sehr in die Irre geführt hat, wie gerade hier.
Wir wissen sehr wohl, daß Bredichin nicht etwa, wie das auch häufig
geschieht, aus dem Schlichtbild des Kometenschweifes aus dessen Zu­
sammensetzung geschlossen hat. Er vermeinte vielmehr, den Ausbau
aus dem Umwege des Molekulargewichtes, und zwar aus den Anfangs­
geschwindigkeiten des vampfaufstieges, richtig erkannt zu haben.
Datz uns aber das Schlichtbild über die Stoffart des Kometenschweifes
nichts verraten kann, wenn es sich da selbstverständlich nur um Sonnen­
licht handelt, das vom entstehenden Eisdampf zurückgeworsen wird,
ist sofort klar, vie Verschiedenheiten der Dichte und der Geschwindig­
keiten des vampfaufsteigens werden unter sonst gleichen Verhält­
nissen wohl in erster Linie vom Gefüge des verdampfenden Kometen­
kerneises abhängen, denn es ist keineswegs gleich, ob das Eis mehr
5*
68 Die Quellen des Marsmeers.

oder weniger kristallinisch, amorph oder firnartig ist, da hiervon die


Stärke der Verdampfung für die Klächen- und Zeiteinheit abhängt.
Auch dürfte der von kristallinischem Life entbundene Lisdampf das
Sonnenlicht anders zurückwerfen, als der Dampf des amorphen Äses.
Schließlich ist es nicht ausgeschlossen, daß sich auch metallischer lvasser-
stoffmolekularstaub auf den transneptunischen Planetoiden nieder­
schlägt, um bereits im Gebiete zwischen Jupiter und Mars zu ver­
dampfen und als eisiger Wasserstoffdampf sichtbar zu werden. Damit
soll gesagt sein, daß wir die Möglichkeit metallinischen Wasserstoffes
im Kometenschweif vorerst nicht ganz ablehnen, zugleich aber in
Bredichins Lisendampfbetrachtungen nicht weiter stören wollen.
Mit unserem vorhin gemachten Hinweis auf die Herkunft der
durchgefallenen Neptunmondkandidaten ist auch die an sich rätsel­
hafte sogenannten Jupiterfamilie der Kometen als durchgefallene
Jupitermondkandidaten erklärt und an sich wesensgleich mit den die
Marsbahn umgreifend dahinziehenden Asteroiden.
Daß auch diese im vergleich zu Mars winzigen Weltenkörper
schneller als der Stern des Kriegsgottes sich an die Sonne heranschrau­
ben müssen, ist ohne weiteres einzusehen. Mit dieser Selbstverständ­
lichkeit stehen wir aber an der Schwelle einer weittragenden Tatsache.
Schon die winzigen beiden Monde des Mars, die auf Grund
ihrer außerordentlichen Kleinheit auch von der Schulwissenschaft als
eingefangene Planetoiden zugegeben werden, reden eine sehr ein­
dringliche Sprache; denn aus dem Vorhandensein des planetoiden-
schwarmringes läßt sich mit aller Sicherheit folgern, daß der Mars
im Laufe der kosmischen Vergangenheit sehr viele dieser Lisbälle
eingefangen und sich einverleibt hat. Ls werden deren gewiß viele
hunderrtausende sein. Nehmen wir auf dem Mars einen 400 km
tiefen Gzean an, eine Zahl, die wir noch erhärten werden, so läßt
sich die zur Bildung eines solchen uferlosen Meeres nötige Anzahl
Planetoiden berechnen.
waren es lauter gleich große Liskugeln von beispielsweise
lv 20 30 50 lOOlcwvurchm.
so wurden benötigt je 100000000 12000000 3600000 800000 lOOOOOStück.

Beträgt aber der klnteil dieser 5 Größen zusammen je einzeln


50°/, 30«/, 10°/, 7,6°/, 2,5°/,
so waren es je 50000000 -j-3600000 -Z-360000 -j-60000 -j-2500 Stück.
Thüringische Sintflut. 69

Diese Zahlen dürfen uns nicht erschrecken, denn wir kennen heute
tausend Planetoiden, sehen doch aber nur die allergrößten. Rechnen
wir also die von 10—30 lcrn Durchmesser mit hinzu, so müssen wir uns
die fragliche Zone von vielen Hunderttausenden von Eisplanetoiden
bevölkert denken. Da also die Größen von 10, 20 und 30 irrn Durch­
messer vorgeherrscht haben dürsten, so darf man wohl von vielen
Zehntausenden sprechen.
Ruch hier aber gelingt es einem Eisplanetoiden, wenn auch sehr
selten, unbemerkt in das Gebiet zwischen Erde und Mars hineinzu-
schrumpfen, sich also dem Einfang durch den Mars zu entziehen. Es
ist daher auch noch sehr die Zrage, ob der in seinem sonnennahen
Bahnteil bereits innerhalb der Marsbahn befindliche, im August 1898
von Witte entdeckte winzige planetoide Eros sich der Gefangennahme
durch Mars noch wird entziehen können. Gelingt ihm dies aber, so
muß er, vielleicht erst nach einigen Jahrtausenden, um so sicherer der
Erde anheimfallen. Unsere Nachkommen erleben dann wieder eine
Art der vom Standpunkte der Wetterkunde völlig rätselhaften „Thü­
ringer Sintflut", die ganz ähnlich diesem ausnahmsweise verheerenden,
mit allerschwerstem Hagel durchsetzten wolkenbruch am 29. Mai 1613 die
üppigen Zluren zwischen dem harz und Thüringerwald überschüttete^).
hätten wir der Planetoiden nicht gedacht, so wäre der Schluß
zulässig gewesen, daß von den inneren, aus Kixsternbaustoff bestehen­
den Planeten Merkur, Venus, Erde, Mond und Mars nach alledem,
was wir von dem doppelten Eiszufluß, dem des Grobeises und dem
des Zeineises, gehört haben, daß also von allen inneren der Merkur
der wasserreichste, der Mars aber der wasserärmste sein müßte.
vas Vorhandensein der Asteroiden und ihr Lingefangenwerden
durch den Mars bedingt, neben dem verhältnismäßig geringen Grobeis-
und Zeineiszufluß, eine reichliche Bewässerung von dersonnenfernen
Seite her. Mars steht gewissermaßen als Grenzwächter der inneren
Planetenwelt gegen die allzu häufigen heimsuchungendurch die Plane­
toiden (Thüringer Sintflut). Er schützt also die Erde als seinen inneren
Nachbar auch heute noch immer gegen übermäßigen Wasserzufluß aus
dem Reiche der Asteroiden. ver Mars muß also sehr wasserreich sein.
hier können wir nun eine Zrage beantworten, die erfahrungs­
gemäß von allen nur flüchtig mit den Hauptgedanken der Welteis­
lehre vertrauten ohne Ausnahme aufgeworfen wird, vie Zrage lautet:
„wie kommt es, daß ausgesucht (!) gerade die Erde im ganzen
70 Wasserarmut der Erde.

Sonnenreiche der einzige verhältnismäßig sehr wasserarme und daher


bewohnbare planet sein soll, da ja die Welteislehre behauptet, die
Erde sei die einzige grüne Gase zwischen der Glut der Sonne und den
Eiswüsten der übrigen Planeten. Diese Behauptung (!) scheint zu­
mindest eine sehr bezeichnende Überheblichkeit zu sein!"
Man könnte darauf sehr kühl fragen, warum denn im ganzen
Planetenreich nur der Saturn — ausgesucht der Saturn! — einen
Ring besitze.
würden sich nun beide Teile zu einer Antwort entschließen, so
würde der mit der Welteislehre nicht vertraute seine Unfähigkeit zu­
geben müssen, die Notwendigkeit des Saturnringes auch nur einiger­
maßen aufzuhellen. wir aber wären in der Lage, nicht nur das Ge­
heimnis des beringten Sternes zu lüften, sondern auch einwandfrei
dartun zu können, warum gerade die Erde und nur die Erde in unserer
Weltinsel der einzige bewohnbare Stern ist.
vie Erklärung liegt in alledem beschlossen, was wir bis hierher,
wenn auch in sehr groben Umrissen, kennenlernten. Nur; zusammen-
gefaßt läßt sich sagen: vie Erde ist deswegen der wasserarmste wander-
stern unserer Sonnenwelt, weil sie noch zu weit vom Taggestirn ent­
fernt ist und nicht gleich Merkur und Venus, zum Sonnenmond ge­
worden, wie diese im Grobeisstrom und im Zeineismeer waten muß.
Sie erhält zwar sowohl Grob- wie Zeineis dauernd aus dem Weltraum,
doch nur in einem Umfang, der auf der Erde nicht mehr als einen
feuchten Schimmer entstehen läßt,- denn wenn wir den Gesamtwasser-
gehalt unseres Heimatsterns auf einem üblichen Zimmerglobus dar­
stellen wollten, so würde der hauch unseres Mundes genügen, die
Erde „unter Wasser" zu setzen, vas muß man wissen, um zu verstehen,
w i e wasserarm unser eigener Stern ist. Man bedenke dabei, daß
dauernd Zeuchtigkeit in die Lrdtiefen versickert, dort zersetzt oder als
Nristallwasser gebunden, unwiderleglich dem Wasserkreislauf ent­
zogen wird. Dhne den kosmischen wasserzufluß in beiderlei Gestalt,
denn er ist der alleinige Wasserspender, wäre die Erde längst eine
wüste und als solche ebenfalls einzig dastehend in der gesamten Sonnen­
welt. Sie wäre aber von einem uferlosen Dzean dann längst um­
schlossen und völlig durchkühlt, darum auch ohne die vorwiegend durch
Wasserzersetzung entstehende Lufthülle und somit auch längst zu einer
Liswüste erstarrt, wenn der Grenzwächter Mars nicht den Lisplane-
toidenzustrom ablenken und zu sich niederzwingen würde, um selbst
ver wasserreichste innere planet. 7l

auf diese Weise vom eigentlich wasserarmsten Wanderstern zum wasser­


reichsten der inneren Planeten zu werden.
Damit ist nicht nur die Frage nach der Sonderstellung der Erde
beantwortet, sondern wir halten auch zugleich eine den Mars eng
angehende Einsicht in der Hand, wenn nämlich, wie die Welteislehre
behauptet, Mars der wasserreichste der inneren Planeten ist, so müßte
das auch in seinem Eigengewichte zum klaren Ausdruck kommen. In
der Tat besitzt er ein solches von nur 3,99. Bei seinem Durchmesser läßt
sich diese sonderbare Zahl nur als das Ergebnis einer Mischdichte
auffassen, die sich ergibt, wenn ein entsprechend umfangreicher, aus
Fixsternbaustoff bestehender Kern von einem etwa 400 icm tiefen,
also notwendig uferlosen Gzean überlagert ist, der sein Entstehen
beispielsweise
50000000 3 600000 360000 60000 2500 eingefangenen Eiskugeln von
10 Lin 20 Irin ZO tun 50 Irin 100 Irm Durchmesser
verdankt, wären es aber beispielsweise lauter Eiskugeln von 200 Irin
Durchmesser gewesen, so hätten schon rund 12000 Stück genügt, um
den 400 irrn tiefen Marsozean aufzupumpen.
wir können nun noch einen Schritt weitergehen. Denn wenn wir
nun das Eigengewicht unseres Mondes betrachten, das mit 3,4 den
tiefsten Wert im inneren Planetenreiche zeigt; wenn wir uns zudem
erinnern, daß unser gegenwärtiger Mond einst Nachbar des Mars
gewesen ist und gewiß von den hier und da die Marsblockade brechen­
den Planetoiden bedacht wurde, so ist leicht einsehbar, daß auch unser
Begleiter ein tief unter Wasser stehendes Gestirn sein muß. Natürlich
ist auch dieser uferlose Gzean längst gefroren. Und was wir als die
Runen des Mondantlitzes sehen, ist nichts als Eis. Zudem ist der Gzean
des Mondes bis auf den Grund, also etwa 180 oder rund 200 Kur
tief erstarrt. Die graugrün scheinenden Mareflächen, alle vermeintlichen
Vulkane, alle Ringgebirge, alle Wallebenen sind nichts als pures Eis.
Aus Eis! Ver exakte Wissenschaftler lächelt über das Mondeis;
seine Rechenformeln zeigen ihm scheinbar, daß Eis im Weltraum nicht
bestehen kann. Auf den Gedanken, diese Formeln könnten verbesse­
rungsbedürftig sein — daraus kommt er nicht. Aber er tut etwas
anderes, wenn irgendwo von der Welteislehre die Rede ist, so lehnt
er die neue Lehre sehr schnell und überlegen ab, mit dem Hinweis,
Eis sei im Weltraum nicht beständig und deswegen habe es gar keinen
Zweck, sich mit derartigen Gedanken weiter abzugeben. Ls gibt aber
72 Revolution der Naturwissenschaft

da noch ganz besonders bemerkenswerte Eigenarten. Es ist nämlich


ein sehr großer Unterschied, wer das Mondeis behauptet, wenn
Arrhenius neuerdings zehn Jahre nach Erscheinen des hörbiger-
schen Hauptwerkes, ohne hörbiger auch nur zu erwähnen, auf dem
Monde Eis sieht, so stimmt das zwar mit seinen sonstigen Ansichten
nur insofern überein, als er auf leicht widerleglichen Annahmen bauti
indessen hebt es ein Kritiker, wie der am astronomischen Recheninstitut
angestellte Pros. Dr. Johannes Riem, früher ein Anhänger der
Welteislehre, in einer Besprechung als Leistung besonders hervor,
während er das Mondeis der Welteislehre nicht einmal erwähnt,
da er es — ablehnt! Sonderbar, höchst sonderbar ...
Indessen das Eis als beständiger Teil im Kosmos ist von hör­
biger erwiesen^), wir brauchen uns also bei diesem beliebten Ein-
wurf nicht länger aufzuhalten, ganz abgesehen davon, daß noch kein
einziges Weltbild wie die welteislehre imstande gewesen wäre, in
gleichermaßen oder nur annähernder Lückenlosigkeit auf Grund der
Beobachtungs- und Erfahrungstatsachen die Rätsel des Kosmos und
der Erde zu lösen, ohne auch nur einer einzigen Zwangsannahme zu
bedürfen. Daß darum die Welteislehre eine Revolution der
Wissenschaft bedeutet, das wissen wir, und wir finden es
auch menschlich verständlich, wenn mancher am liebgewor­
denen hergebrachten hängt.
Denn die Welteislehre macht ein Neuerwägen und Umlernen
auf dem Gesamtgebiete der Naturwissenschaft nötig, vas mag un­
bequem sein, ist aber nicht zu umgehen. Es ist darum gar nicht er­
staunlich, dah hanns hörbiger und seine Mitarbeiter mit großen
äußeren widerständen zu rechnen haben. Aber Behinderung ist noch
keine Verhinderung!
Denn wo immer die Wahrheit erkannt wurde, hat sie sich zum Licht
durchgerungen trotz aller widerstände besonders von selten der be­
amteten Wissenschaft. Robert Mager in der Zwangsjacke, Zeppelin
vor Echterüingen — immer war es die Wissenschaft, welche durch
Ablehnen den sie überragenden Männern den weg zu verrammeln
trachtete. Sie alle sind aber, wenn auch oft erst spät nach ihrem Tode,
dennoch zu ihrem Recht gekommen. Sollte es bei dem größten Geistes­
werk, das je die Geschichte der Wissenschaft gesehen hat, sollte es bei
der Welteislehre anders sein? Schon allein weil sie rein praktisch
von unglaublichem Werte ist, wird sie, heute schon in breite Massen
vom scheinbar Unmöglichen. 73

gedrungen, auch die Wissenschaft zwingen, sie zu studieren und sie


anzuerkennen")!
vas sind einige Gedanken so nebenbei. Sie heben nur unsere
Freude, zu sehen, wie sich die Einsichtigen aller Schichten zur Welt­
eislehre hinfinden, weil ihnen das bisherige Weltbild keine Befriedi­
gung zu geben vermag, vie Welteislehre aber gibt das vermißte,
denn sie zeigt nicht nur den Lau der Welt, sondern ist Lebensgestalter,
ist weg zu einer harmonischen Kultur, ist volkswirtschaftlich von un­
vergleichlichem Werte und verschenkt Weisheiten, nach deren Erkenntnis
die venker aller Zeiten Ausschau hielten.
Man glaube nicht, daß etwa die Betrachtung des Mars nur als
rein naturwissenschaftliche Erkenntnis gewertet werden dürste. Be­
trachten wir nämlich die bisherigen Marserklärungen, so kann keine
andere Überzeugung aufkommen, als daß dieser planet als ving an
sich beurteilt wurde, höchstens unter Heranziehung der Erde als ver­
gleich. vie Forschung mußte aus durchsichtigen Gründen der Meinung
sein, es müßten außer der Erde auch noch andere Planeten erklärt
werden können, ehe man dazu übergehen durste, aus den so gewonne­
nen Einsichten ein Weltbild aufzubauen. In einem mir zugänglichen
privatbriefe eines der bekanntesten lebenden Marsforscher findet sich
darum auch folgender Satz: „Jede Kosmologie muß nämlich auf
schwacher Grundlage stehen, solange wir außer der Erde keinen ein­
zigen Planeten erklärt haben."
ver Gedanke, daß ein Weltbild, sofern es den Tatsachen wirklich
entspricht, aus sich heraus die Planeten und alle sonstigen Erschei­
nungen derart erklärt, daß es nicht nur die Beobachtungsergebnisse
erhärtet und deutet, sondern noch gar nicht erkannte und gewürdigte
Erscheinungen als nötig und auch tatsächlich vorhanden aufzeigt —
auf einen solchen Gedanken konnte die bisherige Forschung gar nicht
kommen,- so etwas schien geradezu als jenseits der erreichbaren Grenzen
völlig unmöglich, vaß die Welteislehre diese scheinbare Unmöglich­
keit dennoch verwirklicht, das dürfte jedermann am Schluß dieses
Büchleins klar geworden sein.
Schon der bisher eingeschlagene weg weicht ganz und gar von der
üblichen Art, den Mars zu betrachten, ab. Es wurde schon hervor­
gehoben, daß man sich bisher meist damit begnügte, diesen Stern
„an sich" zu deuten, wir aber legten besonderen Wert darauf, erst
einmal die Umwelt des geheimnisreichen Gestirns kennenzulernen.
74 var Gesetz der natürlichen Notwendigkeiten.

vie alte Schule glaubte ja auch etwa den Tiger zu kennen, wenn
sie ihn recht genau beschrieb, oder das Wesen des Kreuzdorns, wenn
Staubgefäße und Blumenblätter sorgfältig gezählt, die Einordnung
in Klassen und Familien gestatteten. Sn der Tier- und Pflanzenkunde
ist man von dieser Art „Naturwissenschaft" abgekommen. Zu sehr
drängten alle Ergebnisse nach der Richtung Umwelt. Ein Wesen kann
nur in und aus seiner Umwelt verstanden werden, keinesfalls aber
an sich. So ist es auch mit dem Mars, wir würden niemals den
Träumereien verfallen sein, aus unserem Nachbarplaneten Bewohner
und Bauten zu vermuten, wenn wir mehr der Marsumwelt unser
Augenmerk zugewendet hätten.
wie auf der Erde, so ist auch im Kosmos eine Erscheinung nur
dann zu deuten, wenn sie aus ihrer Umwelt verstanden wird. Und
das haben wir getan; denn es gibt nichts, das für sich bestände! Alles
Wissen um das Wesen der Welt muß solange eitel bleiben, bis es nicht
gelingt, die lückenlose Abhängigkeit einer Erscheinung von der anderen
aufs klarste aufzuzeigen. Und dieses auch im philosophischen Sinne
höchste aller Ziele wird allein von der Welteislehre erreicht, hier gibt
es nur einen einzigen Gedanken, dessen logisches weiterspinnen zur
Lösung aller lebenswichtigen Fragen unserer Sonnenwelt hinführt.
Ich habe darum behauptet, die Betrachtung des Mars leite nicht nur
zu rein naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern berge tiefere
werte. Und der tiefste Wert, den wir erarbeiteten, ist das wissen um
die eherne Verkettung aller Dinge, alles Lebens, alles Seins. Es gibt
nichts, das nicht vom anderen abhängig wäre, wo bleibt da der
eitle Mensch mit seinem Wahn, Herr der Welt zu sein? Ich will die
Antwort geben: Im Unglück! Und deswegen im Unglück, weil er die
Gesetze des Lebens bisher gar nicht kennt, und ohne es zu wissen gegen
sein heiligstes eigenes Gesetz handelt. Marsweisheiten? wenn man
so will, meinetwegen! Aus jedem Sandkorn am Strande, aus jedem
Kristall, aus jedem Blümlein sind dieselben Erkenntnisse zu schöpfen,
wenn man auf das große Gesetz lauscht, dem alles Sein Untertan ist,
das uns die Welteislehre erkennbar machte ...
Es ist das Gesetz der natürlichen Notwendigkeiten. Nur
der Mensch geht daran, sich als Ziel die Erfüllung unnatürlicher,
naturwidriger Notwendigkeiten vorzusehen. Man betrachte die Blume,
den Käfer, das Tier, und man wird finden, wie widernatürlich der
Mensch handelt. Und man betrachte die Gestirne in ihrer still-schweig­
ver schweigsame Mars. 75

samen Erhabenheit! Ließe es sich auch nur vorstellen, daß im


Getriebe des lichterb estickten Himmels etwas Unnatürliches ge­
schähe? Eine lächerliche Frage! Darum wollen wir nun auf natür­
lichem Wege weiterschreiten, um die wahre Natur des Mars zu
enthüllen.
Ein tief unter Wasser stehender toter Stern blinkt er seit alters
in einem magisch roten Licht. Ein Stiefkind der Sternfreunde so­
lange, bis der scharfsichtige Mailänder Schiaparelli etwas die
gesamte Kulturwelt in Atem versetzendes entdeckte: die rätselhaften,
riesigen Kanäle!
wie wir schon sahen, wurde diesmal nicht nur die Einbildungs­
kraft der Dichter bemüht, sondern die sonst so kühle Wissenschaft überbot
sich förmlich, allerdings nicht, ohne vorher Schiaparellis Entdeckun­
gen bedingungslos bestritten zu haben, sie überbot sich förmlich in den
tollsten und unmöglichsten Luftschlösserbauten. Es ist mittlerweile
stiller geworden. Aber nun, da die für die Beobachtung günstigste
(Opposition des Mars während des ganzen 20. Jahrhunderts bevor-
steht, schickt man sich von neuem an, die günstigsten Möglichkeiten
einer Verständigung mit den vermeintlichen Marsbewohnern zu
erklügeln. Die Zeitschriften füllen sich mit den erstaunlichsten Vor­
schlägen. Man wird dem Mars mit Lichtsignalen zurufen. Man wird
auf Antwort warten. Aber der Mars wird schweigen. Indessen,
wir wünschen nicht zu stören ...
Und man wird aus sehr vielen Rohren nach dem alten Rätsel
schauen und zu ergründen versuchen, wie denn diese Kanäle eigentlich
zustande kommen, wir brauchen uns nicht um den Streit der Meinun­
gen zu sorgen, sondern wir wollen unseren eigenen weg weitergehen
und zusehen, welche Folgerungen aus der Umwelt des Mars sich ziehen
lassen und welche Erscheinungen dann auftreten müßten, wir folgen
dem Gesetz der natürlichen Notwendigkeiten. Besteht dieses Gesetz
zu Recht, so müssen die aus der Kenntnis der Umwelt sich ergebenden
Sondererscheinungen nicht nur mit den Beobachtungstatsachen über-
einstimmen, sondern in logischer Abhängigkeit voneinander stehen,
also werden und Sein der Zustände begreifbar machen.
Aus diesen Gedankengängen folgt weiter die Möglichkeit, zu­
reichend sichere Angaben auch über die Zukunft zu machen.
Ehe wir uns diesen Dingen zuwenden, sei noch ein bereits er­
wähnter Gedanke etwas näher ausgeführt, wir erwähnten, daß
76 Entstehung der Lufthülle.

Merkur und Venus keine Lufthülle im irdischen Zinne haben, sondern


nur einen ihrer Schwere entsprechenden Wasserstoffmantel aus Welt­
raumwasserstoff auf sich verdichtet haben könnten. Nun sind alle
Geschwistersterne der Sonne vereiste und tote Planeten, abgesehen von
der Erde. Deren geringe Wassermenge und deren darum heißes Innere
lassen allein eine Zerspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauer­
stoff noch zu. während der Wasserstoff als das leichteste aller be­
kannten Gase in die allerhöchsten Luftschichten emporsteigt, bildet
der sehr viel schwerere Sauerstoff als Bodensatz in Verbindung mit
dem durch das Leben aus den Bodensalzen befreiten Stickstoff eben
jene dickgasige Unterschicht, die wir als Luft schlechtweg bezeichnen.
Selbstredend kommen hier noch der biologisch entwickelte Sauerstoff
und der biologisch entwickelte Stickstoff hinzu, die aber erst entstehen
konnten, als das Leben in weitem Ausmaße von der Erde Besitz er­
griffen hatte. Über eine Lebenslust von Sauerstoff und Stickstoff ver­
fügt also nur die Erde. Alle anderen Gestirne unserer Weltinsel ein­
schließlich der Sonne tragen nur eine ihrer Größe und Gberflächen-
schwere entsprechende dünne Wasserstoffhülle. Am Erdenmond ist
auf Grund dieser Überlegung, die hörbiger rechnerisch eingehend
gestützt hat, kaum eine Spur vorhanden, während die Marswasserstoff-
hülle mit höchstens einem l40stel der Grunddichte der irdischen Luft­
hülle angenommen werden darf. Es können daher weder auf dem
Mars, noch viel weniger aber auf dem Monde den unsrigen vergleich­
bare Stürme oder wolkenbildungen auftreten und wahrgenommen
werden.
Aus dem fast gänzlichen Kehlen eines wärmehaltenden Lust­
mantels und des notwendig daraus folgenden Gasdruckes muß der
Mars völlig vereist sein. Man könnte vielleicht glauben, es sei dies
deswegen ganz selbstverständlich, weil ja Zehntausende von Eisplane­
toiden auf ihm im Laufe kosmischer Zeiträume niedergegangen sind
und so einen Eisstoßozean auf dem Stern angehäuft hätten.
Nichts wäre verkehrter als diese Annahme, wenn sich nämlich
wirklich ein solcher Zustand einmal entwickelt haben sollte, so hätten
später die neu hinzukommenden Eisbrocken auf ihre Unterlage dennoch
einen solchen vruck ausgeübt, daß die tiefsten Lislagen geschmolzen
wären. Eis schmilzt nicht nur bei entsprechender unmittelbarer
Wärmezufuhr, sondern auch bei wärmeerzeugendem vruck. So mußte
sich mit der Zeit um den Marskern ein uferloser, an der Oberfläche
vie Gashülle des Mars. 77

vereister Gzean legen. Ver Mars ist also vereist, vie Quelle seiner
Meere liegt, wie wir sahen, in der Eisplanetoidenzone, die außerhalb
seiner Bahn zwischen ihm und dem Jupiter sich befindet. Und damit
sind weitere Tatsachen gegeben, welche für die Gestaltung und das
Wesen unseres merkwürdigen Nachbars grundlegend sind, wenn wir
nämlich hier berücksichtigen, datz die Lahnausschweifung des Mars
sechsmal grötzer ist als die der Erde, und datz seine Achse um 1,5 Grad
mehr zur Bahnsenkrechten geneigt ist, datz seine Achse also schiefer
zur Umlaufsebene steht als die der Erde, datz ferner die entferntere
Stellung des Mars von der Sonne die Nrast der Sonnenstrahlung
/ gegen die der Erde aus 0,431 vermindert und datz die Gberfläschen-
schwere des „Nanal"sterns nur 0,38 der irdischen Dberflächenschwere
beträgt, so ergeben sich aus diesen vingen Folgerungen von schwer­
wiegender Tragweite, va nämlich der Mars von einem uferlosen
Gzean überdeckt und überdies durchtränkt und durchkühlt ist, kann eine
Bildung von Sauerstoff und Stickstoff nicht mehr stattfinden. Also
gerade das, was wir aus der Erde mit Luft bezeichnen, fehlt auf dem
Mars. Dagegen wird dieser Stern infolge seiner Dberflächenschwere
soviel Weltraumwasserstoff als Gashülle auf sich verdichten, datz man
sagen kann, er habe seine Dberflächenschwere bis zu jenen Höhen mit
einer Wasserstoffgashülle gesättigt, wo das Ausdehnungsbestreben
des Wasserstoffes die Marsschwere überwiegt. Line einfache Rechnung
zeigt dann, datz der Gasdruck an der Marseisoberfläche auf den Dua-
dratzentimeter nur wenige Gramm betragen kann, im Gegensatz
zu 1030 Gramm, die wir für die gleiche Fläche am irdischen Meeres­
spiegel beobachten. Folgt aus dieser einfachen Erkenntnis nicht etwas
wesentliches?
Nun, wir wissen sehr wohl, datz unsere irdische Lufthülle wie ein
pelz gegen die andringende Weltraumkälte wirkt. Es ist der Mantel,
der alles Leben vor dem Erfrieren schützt, würden wir statt eines
solchen Mantels die Erde nur mit einem leichten Luftschleierumhüllen,
dann gehört nicht viel Einbildungskraft dazu, um zu sehen, wie alles
vor Frost und Üälte erstarren und vergehen würde. Und ein solch
dünner Schleier ist es eben allein, der die hülle um den Mars bildet,
vie einfache Folge dieses Zustandes hietze also, der Mars mühte selbst
dann, wenn er in Erdennähe die Sonne umliefe, vereist sein. Nun
aber steht er der Sonne viel ferner. Er erhält nicht einmal die Hälfte
der irdischen Sonnenstrahlung. Dazu aber kommt seine noch schiefere
78 ver Lisozean der Mars.

Achsenstellung, so datz die Unterschiede zwischen Sommer und Winter


viel krasser zum Ausdruck kommen müssen, als dies auf unserem glück­
licheren Stern der Kali ist.
was wir hier eben hörten, zwingt uns zu der Erkenntnis, datz
auch dann, wenn der Mars Festländer besäße, doch selbst am Äquator
flüssiges Wasser unmöglich wäre. Die mittlere Sommerwärme muß
doch nämlich unter — 30 Grad 0 und die höchste Mittagswärme immer
noch tief unter Null Grad 6 bleiben. Gäbe es also flüssiges Wasser
am Marsäquator, so mühte dieses unter den gegebenen Umständen
vor allem also infolge des sehr geringen Gasdruckes zu einem Teile
rasch verdampfen und sich dabei die gebundene Wärme selbst
entziehen. Drückt man das etwas wissenschaftlicher aus, so kommt
man zu der Einsicht, datz dem verdampfungsbedarf von rund 600 Wär­
meeinheiten nur ein Vorrat von 80 Wärmeeinheiten zur Verfügung
steht. Es bleibt also unter allen Umständen gar kein anderer Ausweg,
als datz nur rund 0,13 Linheitsteile verdampfen können und 0,87
sofort zu Eis erstarren müssen. Aus diesen Tatsachen gibt es also
keinen anderen Ausweg, als mit eherner und zwingender Zolgerichtig-
keit die völlige Vereisung des Mars zu einer unerschütterlichen Über­
zeugung werden zu lassen.
ver Mars ist ein uferloser Eisozean. Und er ist es seit
Jahrmillionen.
Niemals aber hörte der Zuwachs an Wasser durch Neueinfang
weiterer Eisplanetoiden auf. Auch heute noch ist dieser Vorgang im
Weiterschreiten begriffen, wie das auch die beiden winzigen mit dem
unsrigen gar nicht vergleichbaren Marsmonde aufs deutlichste be­
weisen. Sehen wir nur unsere Abb. 29 an. was wir da unten links
mit k und v bezeichnet sehen, das sind im vergleich zu der rechts
danebenstehenden maßstäblichen Marskugel eben die beiden Monde,
phobos und veimos, aber bereits in zehnfacher Vergrößerung ge­
zeichnet, da sie sonst durch das Druckverfahren gar nicht hätten wieder­
gegeben werden können. Man sieht, wie ungeheuer winzig diese
beiden Begleiter sind im vergleich zu dem im selben Maßstabe
gezeichneten Verhältnis von Erde und ihrem Monde (Luna) in der­
selben Abbildung.
waren auch die zahllosen Planetoiden, welche den Marsozean
zu jener gewaltigen Höhe aufpumpten, die wir heute rechnerisch und
durch Beobachtung ausloten können, an sich winzig klein, so mußte
Tiefe des Marsozeans. 79

eben doch der pausenlose Vorgang langsam zu einer großen Tiefe


des Marsozeans führen, wir werden noch später sehen, dah der eigent­
liche Marskern von einem über 400 irra tiefen Meere umschlossen ist.

Abb. 28.
var Weltbild des Mars nach den langjährigen Beobachtungen des Mailänder
Astronomen Schiaparelli. Links die einfachen Marslinien („Kanäle") und
rechts deren Verdopplungen zeigend, von den Fachastronomen werden die Hellen
Flächen vorwiegend für Festländer, und die dunklen für seichte Meere, von
manchem auch für bloße Moräste gehalten. Daher betrachtet man die dunklen
Linien notwendig als Kanäle, deren Verdopplungen in neuerer Zeit aus
Mangel an einer zureichenden Erklärung überhaupt bezweifelt werden. Es
wurden selbstredend nicht alle „Kanäle" auf einmal gesehen, sondern nur je­
weils einzelne, dieSchiaparelliim Laufe der Jahre in seine Karten einzeichnete.
vie Abbildungen zeigen die sog. Frühjahrsschneeschmelze auf der Südhalbkugel
(oben). Bezeichnend ist die Tatsache, daß die „kanal"verdopplungen immer
zur Zeit der Frühjahrs- und Herbstnachtgleiche auftreten, und daß man die ver­
meintliche Überschwemmung vornehmlich zur Südsommerszeit beobachten kann
dabei weniger auf der schwieriger zu sehenden Nordseite, vie vereinzelten
weißen Flächen im vermeintlichen südlichen Dzean gelten als Inseln.

Ist das alles nicht überraschend zu hören, wenn wir zurückblicken


auf all die Meinungen und Ansichten, welche bisher als eine zureichende
Beschreibung der Marszustände galten? In der Tat! hier halten
wir gewissermaßen den Schlüssel zum Rätsel unseres Nachbarsterns
in Händen. Das wissen um den uferlosen Tisozean gibt uns die Mög-
80 Erde, Mars und seine Monde,

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Mb. 29.
vie Umwelt der Mars. 81

lichkeit, auch die seltsamsten Erscheinungen zu entschleiern, vazu aber


ist es nötig, uns einen zunächst schwierig anmutenden Überblick über
die Bewegung des Mars um die Sonne zu verschaffen. Gelingt uns
das aber, dann enthüllt sich uns auch das letzte Geheimnis. Dann
haben wir alle Grundlagen beisammen, die uns in zureichender Sorm
gestatten, von dieser Beste im bisher jedem Zugriff entgleitenden
Zlutz der kosmischen Seinen weiter zu bauen, um zu dem großen wissen
vom Werden im Weltall zu gelangen, das da Welteislehre heißt.
Nehren wir also zum Mars und seiner Umwelt zurück, wir wissen,
daß da Unterschiede bestehen, während nämlich Venus und Lrde
um die Sonne eine annähernd kreisrunde Bahn beschreiben, nähert
sich, um das noch einmal hervorzuheben, der Mars im Laufe seines
687 Erdentage betragenden Jahres der Sonne einmal sehr stark, um
sich dann wieder recht wesentlich von ihr zu entfernen. Er beschreibt
also eine deutliche Ellipse, in deren einem Brennpunkt unser Tag-
gestirn steht. Vazu ist der Marstag aber nur um 37 Minuten länger
als der irdische, wir haben also einen sich schnell drehenden Stern
vor uns.
Schon oben wiesen wir auf das Verhältnis zwischen Erde und Mond
und dem des Mars zu seinen Monden hin. Ein Blick auf unsere
Abb. 29 genügt, um sich von der Tatsache zu überzeugen, daß unser
irdischer Mond ganz andere Wirkungen auf der Lrde heroorrufen
muß, als dies den verschwindend kleinen Möndchen phobos und

Zu übb. 29.
vie gegenseitigen Größen-, Meerestiefen- und Gashüllenverhältnisse von
Lrde, Mars und dem ehemaligen Planeten Luna, dem heutigen Erdmond.
Luna laut Abbildung 23 zur irdischen Nambriumzeit noch als selbständiger Planet
bzw. Nachbar der damals viel sonnenferneren Marsbahn, wie Mars hatte er
Gelegenheit, Eisplanetoiden einzufangen. Daher auch der Wasserreichtum von
Mars und Luna im Verhältnis zur Wasserarmut der Erde, vie Gzeantiefen
der drei Gestirne sind auf der rechten Leite des Bildes 25fach überhöht
im gleichen Maßstabe dargestellt. Mars besitzt eine frei schwimmende Eis­
kruste, Luna als Mond ist bis zum etwa 200 Lm tiefen Meeresgrunde gefroren,
als planet aber ähnlich wie Mars gewesen. Nur die Erde besitzt am Grunde
ihrer Wasserstoffhülle ein dickgasiges Gemisch von 79°/, Stickstoff und 21°/,
Sauerstoff. Im Bilde ist die Höhe der Atmosphäre nur mit 400 Kilometern
angenommen. Mars besitzt nur eine sehr dünne Wasserstoffhülle, während
unser Mond nur Spuren von Wasserstoff aufweisen kann, vie Gasverhält­
nisse sind links SOfach überhöht dargestellt, im selben Maßstab rechts ebenfalls
für Mars und Luna (Zeichnung hörbigers).
Sischer, ver Mars. tz
82 vie «Opposition am 23. August 1924.

Abb. 30.
Vie fast kreisrunden Lahnen von Erde und Venus und die weitausschweifenden
Lahnen von Mars und Merkur um die Sonne. Mittelabweichungen: Merkur —
0,206, Venus — 0,007, Erde — 0,017, Mars — 0,0933. In allen Lahnen
bezeichnet Aph —Sonnenferne (Aphelium) und per — Sonnennähe (peri-
helium). In Erd- und Marsbahn kennzeichnen 8, ll, den Frühlings-,
Sommer-, Herbst- und Winteranfang, also b' und 8 die zugehörigen Nacht­
gleichen der Nordseite. Verhältnis der Planetenkugeln maßstäblich richtig, vie
gezeichnete Stellung von Erde und Mars für den 23. August gilt für die günstigste
«Opposition und engste Annäherung dieses Jahrhunderts (Zeichnung hörbigers).

veimos möglich ist. Während nämlich die Anwesenheit unseres Nacht­


gestirns durch seine Schwerekräfte und deren Wirkungen auf das leicht
Mars und seine Monde. 83

bewegliche Wasser in den Gezeiten, also als Ebbe und Zlut, sehr wohl
merkbar sind, spielen die beiden winzigen Marsbegleiter für ihren
Mittenstern nicht die geringste Rolle,- denn ihre Kleinheit schlieht
eine Gezeitenwirkung völlig aus. Eine Mondslut ist also auf dem
Mars nicht vorhanden, vas wird noch deutlicher werden, wenn wir
uns unsere klbb. 29 daraufhin anschauen. Würden wir nämlich die
beiden Punkte k und I) links unten als die Marsmonde in natürlicher
Größe wiedergegeben annehmen, so müßte die daneben abgebildete
Marskugel, um zu ihnen zu passen, einen Durchmesser von 40 cm
zeigen, würden aber die auf dem rechts stehenden Bande der Gzean-
tiesen gezeigten beiden Punkte k und v die Mondgrößen darstellen,
so wäre die Marskugel als Lall von gerade 1 m Durchmesser zu denken.
Und wollten wir gar die beiden am oberen Rande stehenden Erbsen
k und v als wahre Mondgrötzen auffassen, so müßte der Mars 4 m
Durchmesser zeigen. Aus diesen vergleichen geht doch klar hervor,
daß Phobos und Veimos als Zluterreger nicht in Betracht kommen.
In Wahrheit betragen den höchsten Messungen gemäß die Durchmesser
für phobos 9,4 Kur, für veimos 8,1 irrn. Beide Sternchen umrasen
den Mars in 7 Stunden 39 Minuten und 30 Stunden 18 Minuten,
phobos geht also auf Mars täglich fast dreimal auf und, da er sich
schneller als der Mars selber dreht, im Westen.
Ruch diese Tatsachen sind von einschneidendem Werte und zeigen,
daß die bisherige Überzeugung von der Richtigkeit der Gasnebel-
entstehung unserer Sonnenwelt unhaltbar ist, denn wie sollten wohl
abgeschleuderte Ringteile schneller um den Hauptstern laufen, als
dieser sich selbst dreht? vas hat auch die heutige Himmelskunde be­
reits eingesehen und ist zu der ihrer gesamten Himmelsmechanik ins
Gesicht schlagenden Ausflucht gekommen, beide Monde seien ein­
gefangene Planetoiden.
wir bedürfen dieser Notausflucht nicht, denn uns ergeben sich
alle Monde als ehemals selbständige und später infolge der Lahn­
schrumpfung notwendigermaßen eingefangene weltenkörper. Zu­
dem müssen wir auf Grund unserer ganzen Erkenntnis die Eisnatur
der Planetoiden behaupten. Und diese Behauptung, so merkwürdig
sie zunächst klingt, ergibt sich als nicht zu missendes Glied der gesamten
Gedankenkette, wäre unsere Überzeugung falsch, so könnte es niemals
möglich sein, mit Hilfe ihrer Einbeziehung als grundsätzlich wesent­
licher Teil unserer Marserkenntnisse zu einer Gesamterklärung -er
6*
Das Marsrätsel.

Abb. 21.
Graphische Berechnung; grundlage zur Bestimmung der wechselnden Sonnen-Zahresflutlräste in der uferlos
freischwimmenden Eiskugelkruste des über 400 l<m tiefen Marsozeans. Vie lotrechten Schroffen in den sechs
Viagrammen versinnlichen Verhältniswerte der in den einzelnen Punkten der Eilängen lp/I» und Linsen-
durchmessern clp/ä» wirkenden vehnkräfte. vie beiden viagrammpaare unten links und rechts sollen dem
Reinmathemathiker den Rechnungsvoraang versinnlichen. Näheres hierüber siehe das Nusklappblatt am Ende
des Buches. Aus Raumgründen wurden darüber dieselben Viagramme in bloß vrittellothöhen nochmals,
und zwar für das Marsei Np und sowie die Marslinse i.p und b.» getrennt übersichtlich gemacht. Aus
diesen im Radiusvektor wirkenden vehnkrästen lassen sich dann auch die in jedem cbm Wasser der einzelnen
Ei- und Linsenschalen wirkenden Flutkräfte nach Richtung und Grötzenverhältnis richtig konstruktiv ableiten,
c» wie solche amUmfang (Meridian) deroberen vierUmrihbilderauch angedeutet erscheinen (Zeichnung hörbigers)").
vas Marsrätsel. 85

Abb. 31s. vie marsjährlich wechselnde Abplattung des uferlosen Mars­


ozeans. vie große Mittelweichung (Exzentrizität) der Marsbahn ist die
eigentliche Ursache der so arg wechselnden Lonnenflutwirkung auf den so
lercht verformbaren, weil so ungeheuer (420—440 km) tiefen Marsozean. Auf
die hypothetische Eiform der Abo. 31 wird hier nicht mehr zurückgegriffen,
vie beiden Grenzwerte der Gzeanverlinsung im penhel und Aphel sind ab­
sichtlich sehr übertrieben dargestellt, um die Jahresflutwirkung recht sinn­
fällig zu machen, ver innerste kreis versinnlicht die arge Ungleichheit der beidn
Jahreshälften infolge der starken Lahnaurschweifung (vgl. Abbildung 20).
Am zweiten kreis von innen sind die vier Jahreszeiten aufgeteilt: Nord­
frühling/ Südherbst-- 199,6 Tage,- Südwinter/Nordsommer--- 181,7,- Nord-
Herbst/Südfrühling — 143,6,- Nordwinter/Südsommer — 160,1 Tage. Zu­
fällig hat Mars ebenso wie die Lrde seine Nord-Sommer-Sonnenwende in
der Nähe der Sonnenferne seiner Bahn. Um dar leicht zu durchschauen, ist
nach dem Beispiel Laus das Marsjahr in 12 Monate zu 57,25 Lrdentagen
eingeteilt und diese Monate mit I, II bis XII bezeichnet, derart, daß auch da
die Winter- und Sommer-Sonnenwende auf den Beginn des dritten Drittels
von Dezember und Juni und die Nachtgleichen aus den Beginn des dritten
Drittels von März und September fallen, vie zwölf Punkte in diesem kreise
zeigen also den ersten Tag eines jeden Marsmonates an. Zugleich ist das ex­
zentrisch ungleich breite Land nnt diesen Mars-Monatszahlen dazu benutzt,
um in seiner wechselnden Breite die ebenso wechselnden Jahresflutkräfte roh
übersichtlich zu machen (nach hörbiger).
Ergänzung zu Abbildung 31 s: Überhöht versinnlichte

vas Marsrätsel.
Perihel-Abplattung: Aphel-Abplattung:

Abb. 32.
vie wechselnde Jahresflutwirkung auf die sreischwimmende Marseiskruste, dargestellt durch die vergrößerte
heraushebung der 8 Bilder aus Abbildung 3l. Vie zeitliche Reihenfolge dieser 8 Bilder im Sinne des Mars­
umlaufes ist l, ls, 2, ll, 3, 3s, 4, IV. Es gehören l und ls unmittelbar vor und nach dem Perihel,
3 und 3» unmittelbar vor und nach dem Aphel, während 4/IV und 2/II der Ausbauchung?- bzw. Einbauchungs-
nachtgleiche angehören. — Bild 1 und ls — Perihel-Beharrungszustand im Bahnstück pbr—k>dr; 3 und 3s —
Aphel-Seharrungszustand im Bahnstück zusammen also die beiden „Todes"-Stadien der ansonsten
so lebhaften Marsoberfläche. 2/Il--- der Linbauchungsvorgang, d. i. verlinsungs- oder Abplattungsabnahme
im Bahnstück Rb—Bd. Und die Bilder 4/IV — der Ausbauchungsvorgang, d. i. verlinsung-oder Abplattungs-
00 zunahme im Bahnstück^b-^b, zusammen also die beiden,, Lebens "-Stadien derselben Oberfläche>. < Zeichn.hörb.)
Zlutwirkung der Sonne. 87

bisher nicht zureichend deutbaren Gestaltung der Marsoberfläche


zu gelangen.
Um es zusammenzufassen: Eine tägliche Mondslutwirkung kann
auf dem Mars nicht vorhanden sein.
Dagegen bedingt seine ausschweifende Ellipsenbahn ganz im
Gegensatz zu den irdischen Verhältnissen eine starke Jahresgezeiten-
wirkung durch die Sonne eben deswegen, weil Mars im Laufe seines
Jahres einmal der Sonne sehr nahe und nach einem weiteren Halb­
jahr ihr sehr fern steht.
Das ist auch leicht einzusehen, denn in Sonnenferne (Aphel)
können die Sonnenkräfte keineswegs im gleichen Maße auf den Mars
wirken als in Sonnennähe (perihel). Würde also der zunächst als
Kugel zu denkende Mars in Sonnenferne eine nur wenig abgeplattete
Linse darstellen, so muß naturgemäß in Sonnennähe diese Abplattung
sehr viel größer sein, wie wir sogleich aus den Abb. 31a und 32 ab­
leiten werden. Über Abbildung 31 ist näheres in den Anmerkungen
*)gesagt
.
Auch hier wollen wir wie bisher immer von außen an den Mars
herantreten und wollen vor unseren Augen das entstehen lassen, was
sich auf Grund der natürlichen Notwendigkeiten aller Umwelteinflüsse
zwangsläufig ergeben muß.
Jedenfalls folgt aus der Bahnausschweifung mit Notwendigkeit
eine Sonnenjahresflutwirkung, und diese Jahresflutwirkung trifft,
woran ebenfalls nicht zu zweifeln ist, auf eine uferlose und lückenlose,
freischwimmende Eiskugelkruste eines 430—440 km tiefen Marsozeans.
Jetzt wissen wir also, daß den eigentlichen Mars, also den aus
Zixsternbaustoff bestehenden Marskern, noch nie ein Sterblicher je
auch mit den besten Rohren nicht gesehen hat. Und dennoch sind wir
in der Lage, über das Wesen dieser unsichtbaren Masse Auskunft zu
geben. In den 6 Schnitten der Abbildungen 31a und 32 tritt uns der
Kern deutlich entgegen. Dort sehen wir ihn in zweierlei Art senkrecht
geschrafft. ver mittlere Teil, der grundsätzlich aus eisenreicher, also
schwerster Zixsternschlacke bestehen muß, die im Marsozeanwasser un­
gelöst bleibt, ist stärker geschrafft. Vie äußere Schale des Kerns, in

*) vie auf Seite 87 bis 103 folgenden, wegen ihrer Wichtigkeit sehr
ausführlich gehaltenen Beschreibungen der Abbildungen 31a und 32 finden
wegen der Schwierigkeit des Stoffes im späteren Text ihre mehrfache
Wiederholung.
88 vie Lösung des Rätsels.

den Abbildungen schütterer geschrafft, ist dagegen so eisenarm zu


denken, wie etwa die Hochofenschlacke, die sich, auf der Halde dem Regen
ausgesetzt, zu einem lehmartigen Brei, kurz zu Löß aufgelöst hat. An
sich dürfen wir annehmen, daß dieser äußere, „flüssige" Mars-
kern zum Teil jene Formänderungen mitmacht, welche der leicht be­
wegliche Gzean mit seiner Eiskruste unter der Zahresflutwirkung
der Sonne das ganze Marsjahr hindurch immer wieder von neuem
durchmachen muß. Daß es sich hier um dauernde Änderungen handelt,
ist ja bei den aus Abb. 31a und 32 leicht erkennbaren Bahnbewegungen
des Mars ersichtlich.
Um die verhältnismäßig schwierigen Anpassungen des Mars an
die Umwelt als Folge natürlicher Notwendigkeiten leichter durchschau-
bar zu machen, hat hanns hörbiger in den beiden geradezu klassischen
Abb. 31 a und 32 die vier sich voneinander am meisten unterscheidenden
Hauptstellungen herausgegriffen, wir sehen da auf Abb. 31a den Mars
in seiner Aphel-, also sonnenfernen Stellung, in seiner perihel-, also
sonnenahen Stellung sowie zur Zeit seiner Südfrühling-, Nordherbst-
(8.V./U.H. IV)-Stellung und seiner Südherbst-, Nordfrühling-
(8.H.MV. II)-Stellung. Um diese Zustände, also die Tatsache zu
verstehen, wann die Nordhalbkugel Winter, Frühling, Sommer und
herbst hat und wann der gleiche Zustand auf der Südhalbkugel ein-
tritt, ist die Berücksichtigung der schiefen Lage der Achse zur Umlaufs­
ebene nötig. In der Aphelstellung ist demgemäß die Nordhalbkugel
zur Sonne hingeneigt, in der perihelstellung dagegen die Südhalb­
kugel. hier also hat die Südhalbkugel Sommer, während die Nord-
halbkugel, also in Sonnenferne, im Aphel, Sommer zeigt, vie ent­
sprechenden Bezeichnungen finden sich innerhalb des fünften Kreises
jeweils gegenüber der Sternstellung als 8.8. — Südsommer, X.^V. —
Nordwinter, N.P. — Nordfrühling, 8.H. — Südherbst usf. angegeben.
wenn wir nun den stärkeren und schwächeren Fluteinfluß der
Sonne je nach der sonnennäheren oder sonnenferneren Stellung des
Mars zum Taggestirn als Klugatmung oder kurz als Atmung be­
zeichnen, so finden wir die Reihenfolge dieser hier dargestellten vier
Atmungszustände entsprechend als 1/1 a, 2/II, 3/3», 4/IV aufgeführt;
II und IV sind nur die äußeren Ansichten der Schnittbilder 2 und 4.
Ebenso sollen die Schnitte 1a und 3a nur die notdürftig wieder zu-
sammengeschweißten Zustände der in 1 und 3 vielfach geborstenen
Eiskrusten versinnbildlichen. Diese Notwendigkeiten werden wir im
Dar Atmen der Eiskruste. 89

folgenden erst abzuleiten haben, wir erinnern uns nochmals, daß wir
es also mit einem Ein- und Ausatmen des Marsozeans zu tun haben.
Selbstredend ist diese Bewegung, die in Wirklichkeit ein Aus- und
Linbauchen der Eiskruste bedingt, sehr gering, hier mußte sie, um
sinnfällig zu werden, rein formelhaft und maßstäblich sehr übertrieben
dargestellt werden. In Wahrheit dürsten diese nur durch technische
Überlegung erkennbaren Formänderungen so gering sein, daß sie bis­
her auch dem mit dem besten und stärksten Fernrohr bewaffneten und
mit den schärfsten Augen ausgezeichneten Beobachter nicht aufgefallen
sein mögen. Dies um so weniger, als die Zustände II und 3/3a nur
in den ungünstigsten Sonnenfernoppositionen zu sehen sind. Damit
ist nicht behauptet, datz sie etwa unsichtbar bleiben, denn wir besitzen
bereits heute bei näherer Nachprüfung Abbildungen, die, wie wir noch
sehen werden, außer den Flecken- und Linienänderungen auf dem Mars
auch die Formänderungen erkennen lassen. Sobald die Himmelskunde
sich auf Welteisboden stellen wird, und das kann nur noch verhältnis-
mätzig kurze Zeit dauern, wird sie selbst alle Beweise zu erarbeiten
vermögen. Dann wird sie erkennen, datz die Veränderungen des
äutzeren Anblicks eben nur die Folgen der in unseren beiden Abb. 31a
und 32 ersichtlichen Atembewegungen der Eiskruste sein können.
Es soll da aber keineswegs etwas behauptet werden, sondern wir
wollen gerade hier in die Tiefe greifen, um die mechanischen Gründe
dieses Nrustenatmens als durchaus natürliche Notwendigkeiten an
Hand der Abb. 31a und 32 verstehen zu lernen, wie wir also bereits
in der Abb. 30 sahen und schon mehrfach hörten, ist die Marsbahn
ausschweifend. Der Wert beträgt 0,0933 gegenüber 0,01675 bei
Erde und 0,0068 bei Venus. In Sonnenferne ist also Mars um 1,2 mal
so weit vom Taggestirn abgerückt als in Sonnennähe. Es ist klar, datz
auch die Nrästewirkungen der Sonne je nach diesen Stellungen kleiner
und grötzer sein müssen. So ist die Sonnenanziehung in Sonnennähe
aus dem Mars 1,44mal größer als in Sonnenferne. Diese Tatsache
bedingt nun eine weitere Eigentümlichkeit der Marsbewegung, wenn
nämlich die Sonne den Mars in der ihr nächsten Stellung 1,44 mal
stärker anzieht als in der sonnenfernsten Stellung, so bliebe unter
sonst gleichen Umständen nichts anderes übrig, als daß der Mars eines
Tages in die Sonne hineingezogen würde. Das ist selbstverständlich
ein sehr volkstümlicher vergleich. Ich benutze ihn nur deswegen, um
zu zeigen, daß es nur einen Ausweg gibt, den Mars vor diesem Schicksal
9V Dar erste Neplersche Gesetz.

zu bewahren. Mars entwickelt nämlich in Sonnennähe eine entspre­


chend größere Kliehkraft dadurch, daß er in gleichen Zeiten eine größere
Wegstrecke im perihel zurücklegt, als dies im Aphel der Zoll ist. Diese
Kliehkraft, welche der gesteigerten Sonnenanziehung das Gleichgewicht
hält, wird also den Mars veranlassen, in Sonnennähe seine elliptische
Bahn auch um l,2mal schneller zu durcheilen als im Aphel. Dies
drückt ja das zweite Neplergesetz eben dadurch aus, daß der Leitstrahl
der Bahn in gleichen Zeiten gleiche Zlächen beschreibt (vgl. Abb. ZZ).

Abb. 3Z.
Diese Abbildung zeit das erste tteplersche Gesetz, nämlich daß ein in weit­
ausschweifender Bahn sich um die Sonne (8) bewegender Himmelskörper in
gleichen Zeiten in Sonnennähe die größere Strecke ^6, in Sonnenferne aber
die kleinere Strecke 6V zurücklegt. Trotzdem sind die beiden Zischen 8^8
und 86V einander inhaltsgleich (nach valier).

Somit wird ein Gleichgewichtszustand zwischen Sonnenanziehung


und Marsfliehkraft erzielt, ein Gleichgewichtszustand also, der tat­
sächlich nur im Marsmittelpunkt vorhanden sein kann, so, daß auf der
Tagesseite, also auf der sonnenzugekehrten Seite die Sonnenschwere
über die Marsfliehkraft und auf der Nachtseite, also der sonnenabge-
kehrten halbkugel die Marsfliehkraft über die Sonnenschwere über­
wiegen wird. Dieser Sonnenschwereüberschuß wird also die tages-
seitige Marsmasse bestrebt sein, sonnenwärts zu ziehen; der Zlieh-
kraftüberschuß dagegen wird versuchen, die nachtseitige Marsmasse
vom vorgestellten Marsei. 91

nach auswärts zu drängen, hätte also der Mars keine Eigendrehung,


so müßte er von der Sonnenschwere zu einem Li verformt werden;
das will mit den beiden Bildern k und im perihel (Sonnennähe)
und Nphel (Sonnenferne) gesagt sein. Diese EibildungenV und
sind also nur als Raumvorstellungsbehelfe gedacht.
Ein solches eisüberkrustetes Gzeanei würde sich also nicht drehen,
sondern stets seine Spitze der Sonne zu und seinen Listumps der
Sonne abwenden. Natürlich ist die in der Abb. Zla gezeichnete Ei­
verformung in k und sehr übertrieben dargestellt, um ersichtlich
zu machen, datz dieses Ei in? wesentlich schlanker sein mutz als in
denn wir haben ja gehört, datz in k die Schwer- und Fliehkraftüber-
schüsse beim Ei-Spitz und Ei-Stumpf wesentlich größer als in sind.
Ein solches nicht drehendes Gzeanei würde also das Marsjahr hindurch
zwischen einem schlankeren B-Ei und einem stumpferen ^-Ei atmen.
Es ist das leicht zu sehen, wenn wir uns das stumpfe Ei in Sonnen­
ferne, also imAphel, sich nun über IVhinaus nach dem Perihel bewegen
lassen. Auf diesem Wege wachsen also die Schwere- und Fliehkräfte,
und aus dem stumpferen ^-Ei wird allmählich das schlankere k-Ei.
verfolgen wir dann den Weg weiter vom Perihel über II zurück
zum Aphel, also zur Sonnenferne, so wird aus diesem schlankeren
k-Li wieder das stumpfere ^-Li werden,- ein ewiger Wechsel, also
ein Atmen zwischen stumpfem und schlankem Marsei.
wenn wir diese unabweisbare Tatsache einsehen, ist das Mars-
rätsel schon so gut wie gelöst. Wir dürfen aber nicht außer acht lassen,
datz wir hier immer von einem nichtdrehenden Mars reden, derart,
daß der Mars der Sonne immer die gleiche Seite zukehrt, also gewisser­
maßen zum Mond der Sonne geworden ist, so wie Merkur der Sonne
oder unser eigener Mond ohne Eigendrehung der Erde immer die
gleiche Seite zukehrten.
Wir können uns noch weitere Erleichterungen schaffen, wenn
wir die Schwer- und Zliehkrastüberschüsse einfach als Zlutkräfte be­
trachten. Tun wir das, so werden wir erkennen können, datz eben diese
Flutkräfte nicht nur beim Ei-Spitz und Ei-Stumpf angreifen, sondern
auf jedem Kubikmeter des Dzeans und der Eiskruste in einer anderen
Größe und Richtung. Denn vom Li-5pitz und Ei-Stumpf hin ändern
sich auch für die kleinste Strecke jeweils die Kräfte. Ganz allmählich
gehen von der Stelle größter Schwerkraft beim Ei-Spitz eben die
Schwerkräfte nach dem Ei-Stumpf zu in die Fliehkräfte über, um dort
92 Eisverformung.

ihren höchsten Wert zu erreichen. Deswegen darf man sagen, datz auf
jedem Kubikmeter der Eiskruste die Zlutkräfte in anderer Gröhe und
Richtung wirken.
Noch leichter gelingt vielleicht die Raumvorstellung, wenn wir
an einen Gummiball denken, der zunächst zweifellos eine recht voll­
endete Kugel darstellt. Nehmen wir an, datz die Wandung des Balles
nach einer Seite zu etwas dünner ist, und befestigen wir hier eine Gse,
ebenso auch eine solche an der entgegengesetzten Seite, und zerren wir
nun die ehemalige Kugel etwas in die Länge, so werden wir eine ei-
ähnliche Form erhalten. Bei gleicher Wandstärke würde dieser ver­
such nicht einen eiförmigen, son­
dern einen walzenförmigen Körper
ergeben.
Sehen wir uns die Verformung
nun genauer an, so bedarf es keiner
Beweise, dah jene Gegenden, die
in Abb. Z4 mit M als Eigürtel
bezeichnet sind, einen geringeren
Kbb. 34.
Durchmesser aufweisen, als er vor­
Diese Abbildung gilt als Behelf zur
dem während der ungestörten
Raumvorstellung. B8x — Lispih;
B8t--- Eistumpfdazwischenvtz- Kugelform vorhanden war. Vas
Eigürtel. besagt also: Wird eine Kugel zum
Ei verformt, so werden die Gebiete
des Eigürtels gewissermatzen eingeschnürt, wenden wir diese Erkennt­
nis auf den Mars an, so können wir sagen: Sm Eigürtel wirken die
Zlutkräfte einschnürend, also nach dem Marsmittelpunkt zu.
vas alles sind natürliche Notwendigkeiten, die zu durchschauen
für das Verständnis der Umwelteinflüsse auf den Mars grundlegend
bleiben. Dennoch haben diese Ableitungen nur gedanklichen Wert,-
denn es ist klar, datz sich die Verhältnisse einigermaßen ändern müssen,
sobald wir uns den Mars als um sich selbst drehend denken. Natürlich
wirken auch hier diese Zlutkräfte im früheren Eigürtel einschnürend,
also dauernd verkürzend auf den Polardurchmesser, aber eben infolge
der Drehung doch nur überhuschend verlängernd aus den Äquator-
durchmesser, eben weil in jeder Minute durch die Umdrehung ein
neuer Aquatordurchmesser verlängert werden mühte.
Infolge der Drehung kann also aus der gedanklich vorausgesetzten
Kugel kein Ei werden, sondern das Ganze muh sich zu einer Art plumper
Linsenverformung.
93

Linse verformen. Dabei wirken im Morgen- und Abendpunkt des


Äquators die Schnürkräste immer noch einwärts (vgl. Abb. 35), die
vehnkräfte aber überwiegen stets die Schnürkräste; überdies können
sich die zu einem Aquatorwulst emporgehobenen Wassermassen nicht
so schnell zurück­
UlNarnsckI
setzen, eine Tat­
sache, die in der
Massenträgheit be­
gründet ist. Das
sind die Ursachen,
welche die Zorm
einer plumpen
Linse bedingen.Wir
dürfen aber die
eben abgeleitete
Linse, die ihre
Entstehung den
Sonnenjahresflut-
kräften verdankt,
nicht verwechseln
mit der Linsenver-
formung durch die ir»
Schleuderkrast
(Zentrifugalkraft) Abb. 35.
infolge der täg­ Diese Abbildung versinnlicht am Bilde der Erde die
lichen Achsen- verschiedenen Tageszeiten. Man sieht zu beiden Seiten
die Längengrade, links um 6 Uhr früh, rechts um 6 Uhr
drehung. Wir ha­
abends. Auf den Mars angewendet würden an diesen
ben es also mit beiden Gebieten die Schnürkräste besonders wirken.
zweierleigrund-
verschiedenen Linsenoerformungen zu tun, die neben­
einander bestehen und sich summieren.
Wir könnten da also eine Vrehverlinsung und eine Umlaufver-
linsung unterscheiden, vie Vrehverlinsung bleibt immer gleich, weil
die tägliche Umdrehung des Mars das ganze Jahr hindurch auch gleich
bleibt und, wie wir wissen, 24 Stunden und 37 Minuten beträgt.
Ganz anders aber liegen die Verhältnisse bei der Umlaufver-
linsung. Wir haben ja bis ins einzelne verfolgt, datz die Sonnenflut-
kräfte vom Aphel bis zum Perihel und wieder zurück zum Aphel im
94 Ausbauchen und Linbauchen.

Rreise verlaufen, also ein Atmen darstellen,- und dieses eben infolge
der Sonnenflutkräfte hervorgerufene Atmen ist in Sonnenferne
schwächer als in Sonnennähe und überdies abhängig von der stark
wechselnden Bahngeschwindigkeit, die in Sonnennähe ebenfalls
größer ist als in Sonnenferne.
wir erleichtern uns diese Vorstellung, wenn wir für die vreh-
verlinsung, die also immer gleichbleibend ist, das bestehende Wort
„verlinsung" beibehalten,- für die zusätzliche, das Jahr hindurch at­
mende verlinsung aber „Ausbauchung" (Zunahme der verlinsung
auf dem Wege vom Aphel über IV nach dem perihel) und „Linbau-
chung" (Abnahme der verlinsung auf dem Wege vom perihel über
II zum Aphel zurück) verwenden.
Betrachten wir nun einmal den jährlichen Bahnweg des Mars
um die Sonne, und zwar in der Pfeilrichtung unserer Abb. Zla. Gehen
wir vom Aphel aus, wo ja die Wirkung der Zlutkräfte am geringsten ist,
so ist es selbstverständlich, daß bei der Annäherung an die Sonne, also
vorwiegend bei IV, infolge der wachsendenZlutkräfte Ausbauchung,
also stärkere verlinsung, zu beobachten sein wird, hat dann der Mars
das perihel überschritten, entfernt er sich also über II wieder von der
Sonne, um zum Aphel zurückzugelangen, so muß die Zlutkrastwirkung
immer geringer werden und damit auch die Ausbauchung sich zurück­
setzen, d. h. in die Einbauchung Umschlägen.
Es werden also besonders zwei Bahnstücke in der Nähe des peri-
hels und Aphels unterschieden werden können, darinnen sich die
Bahngeschwindigkeit von Tag zu Tag nur sehr wenig ändert,- hier
also wird nur eine sehr geringe Verformung stattfinden, eine so
geringe Verformung, daß der Zustand der Eiskrustengestalt fast ein
vauerzustand bleibt. Diese beiden Lahnstücke, die etwa 20 Grad
vor und nach dem Perihel und Aphel dicker ausgezogen sind, sehen
wir mit kbr/kbn (perihelbeharrungszustand) und (Aphel-
beharrungszustand) bezeichnet. Im Gegensatz zu diesen beiden Ge­
bieten verhältnismäßiger Ruhe gibt es notwendigerweise noch zwei
andere Bahnstücke, die, wie schon erwähnt, eine von Tag zu Tag sich
rasch ändernde Bahngeschwindigkeit aufweisen. Es sind dies die dicker
ausgezogenen Bahnteile der Ausbauchung und der Einbau­
chung Lb/Lb. In diesen beiden öahnstücken müßten wir also, daran
läßt unsere Ableitung gar keinen Zweifel, die raschesten Veränderun­
gen auf der Marsoberfläche beobachten können, vorausgesetzt natür­
Tod" und „Leben". 95

lich, datz die Sichtbarkeit und Beobachtungsmöglichkeit dauernd gleich


bliebe, hier also herrscht scheinbar „Leben" auf dem Mars.
Dagegen müßte uns in den beiden Bahnstücken und^-b?/
mehr Ruhe, also scheinbar „Tod", entgegentreten. Es wäre ferner
zu erwarten, daß „Leben" und „Tod" vorwiegend auf den je zweiten
Hälften dieser vier sich abwechselnden Lahnstücke zu sehen sein mützte,
deswegen, weil dann die Zustände der größten Ruhe oder die des
regsamsten Lebens eben gerade schon eingetreten sind, an jenen Punk­
ten also, an denen in unserer Abb. 31s die vier kreisverbundenen Mars­
kugeln eingezeichnet sind.
Zufällig, wie wir noch sehen werden, steht heute die Marsdreh­
achse so, datz die beiden Nachtgleichenbahnpunkte II und IV jeweils
in die zweiten Hälften der Lahnstücke und Ld/Lb zu liegen
kommen. Notwendigerweise müssen dann die beiden Sonnenwend-
bahnpunkte sich in den zweiten Hälften der Bahnstücke und
befinden.
vie Ableitung der Umwelteinflüsse zwingt also zu der Überzeugung,
datz wir in den beiden Nachtgleichenstellungen immer die größten
Veränderungen schon vollzogen, und in den beiden Sonnenwende­
stellungen die größte Ruhe schon eingetreten sehen müßten, eine Not­
wendigkeit, die, wie uns noch deutlich werden wird, mit den Be-
obachtungstatsachen übereinstimmt.
Es ist nötig, sich diese Einzelheiten klar zu machen, um alle
weiteren Ableitungen völlig durchschauen zu können. Wichtig ist
auch, sich zu vergegenwärtigen, wann die Nordhalbkugel Sommer
usf. und die Südhalbkugel Winter usf. hat.
Auch diese vinge sind klar aus unserer Abb. 31a zu ersehen, wir
bemerken dort, in der Aphelstellung, also in Sonnenferne, daß die
Nordhalbkugel infolge der schiefstehenden Drehachse der Sonne zu­
geneigt ist. Sie hat also hier Sommer, während die Südhalbkugel
Winter zeigt. Innerhalb des fünften Innenkreises sind deswegen die
Buchstaben 8W — Südwinter und X8 — Nordsommer angemerkt.
Nun sehen wir den Mars sich auf seiner Lahn nach IV zu weiterdrehen.
Dabei bleibt selbstverständlich seine Achse immer genau und dauernd
in der alten Richtung, bewegt sich also gewissermaßen parallel zu sich
selber, va nun in der der Aphelstellung entgegengesetzten perihel-
stellung die Nordhalbkugel der Sonne abgewendet steht, also Winter
haben muß, während die Südhalbkugel, jetzt der Sonne zugewendet,
96 Jahreszeiten der Mars.

ihren Sommer durchlebt, muß es notwendigerweise zwischen diesen


beiden Punkten einen solchen geben, bei dem aus dem Nordsommer
der Nordherbst und aus dem Südwinter der Südfrühling geworden ist.
Diesen Zustand sehen wir eingetreten bei IV und finden im Innen-
kreis die entsprechenden Bezeichnungen 8V — Südfrühling, 88 —
Nordherbst angemerkt. Dann gelangt der Mars in seine Perihel-
stellung, in welcher die im Aphel vorhandenen Zustände in ihr Gegen­
teil verkehrt sein müssen, wir finden dann 88 — Südsommer, 8IV —
Nordwinter, hieraus bewegt sich der Mars wieder der Anfangs-
(Aphel)-Stellung zu, während jetzt Südherbst (88) und Nordfrühling
(tM) bei 8 langsam in den Ausgangszustand des Südwinters und
Nordsommers zurückkehren.
Damit haben wir zwar schon einen recht eingehenden Überblick
über die Sahnverhältnisse unseres Nachbarsterns gewonnen. Aber
doch reichen unsere Kenntnisse nicht ganz aus. Sehen wir uns nämlich
den innersten der Innenkreise auf Abb. Zls an, so gewahren wir,
datz die beiden Jahreshälften nicht gleich sind, vie Angabe bezieht
sich auf irdische Erdentage, und man sieht, daß die Nordsommer-
Südwinterhälfte Z8l,Z, die Südsommer-Nordwinterhälfte aber nur
Z0S,1 Tage beträgt. Daß diese Verschiedenheit von der elliptischen
und ausschweifenden Bahn herzuleiten ist, dürfte klar sein. Aus dieser
Tatsache können wir nun neue und sehr wichtige Folgerungen ziehen.
Beginnen wir wieder bei der Aphelstellung. hier hat die Südseite
ihren Winter, hier bewegt sich der Mars in gleicher Zeiteinheit
auch langsamer als im perihel. hier also hat die Südhalbkugel
einen längeren und, weil in Sonnenferne eintretend, auch einen
strengeren Winter. In der Perihelstellung sind die Verhältnisse,
wie wir im einzelnen bereits abgeleitet haben, umgekehrt, hier Hai
die Südseite einen kürzeren und, weil in Sonnennähe vor sich
gehend, auch wärmeren Sommer, die Nordhalbkugel zeigt dem­
gemäß gerade die umgekehrten Verhältnisse: in Sonnenferne einen
langen und kühlen Sommer, in Sonnennähe einen kurzen
und wärmeren Winter. Vas ist sehr wichtig zu wissen, denn aus
diesen Erkenntnissen werden wir tiefgreifende Aufschlüsse über den
Zustand des Marseises erhalten.
Es ist nun weiterhin noch zu beachten, daß sich, wie auf dem letz­
ten Innenkreise der Abb. 3la angegeben, die beiden Jahreshälften
nicht in gleich lange Vierteljahre teilen, eben weil die Lahnpunkte
Unterschiede am Süd- und Nordpol. 97

der Sonnenwende nicht genau mit den Lahnpunkten des perihels


und Aphels zusammenfallen. Wir sehen da also, daß die Vierteljahre
181,7 und 145,6 und 160,1 und 199,6 Tage betragen. Es mag noch
angemerkt sein, datz wir bei den zugehörigen Oppositionen das Nacht-
gleichenbild 8FMR infolge der näheren Stellung besser sehen können
als die fernere Nachtgleiche 88M8. Ebenso ist zu erwarten, datz wir
den Südsommer viel besser beobachten können als den Nordsommer.
Auch diese Dinge muß man sich einprägen, um nun die nötigen
Zolgerungen selber ziehen zu können. Ist man den hier ausführlich
gehaltenen Darlegungen unter vergleichen mit der Abb. Zls, aufmerk­
sam gefolgt, so wird man sich jetzt folgendes sagen müssen: Wenn
die Südhalbkugel des Mars einen längeren und strengeren Winter
als die Nordhalbkugel besitzt, so muß das Eis der Südhalbkugel stärker
als das der Nordhalbkugel sein. §ür den Kali, datz es zu einem Bersten
des Lisozeans kommen sollte, so würden wir notwendigerweise auf
ein leichteres Jn-Bruch-gehen der Nordhalbkugel schließen müssen.
Ein Blick auf die Abb. 31a und 32 zeigt uns, datz in der Tat die
Nordhalbkugelgebiete in wesentlich kleinere und zahlreichere Stücke
zerspringen, als dies aus der Südhalbkugel der Kali ist. Es sei noch
bemerkt, datz in den Abb. 31a und 32 Norden jeweils oben und Süden
jeweils unten gezeichnet ist, entgegen den Umkehrenden Bildern,
welche die Zernrohre und damit auch die Photographien zeigen, bei
denen der Nordpol im Süden und der Südpol im Norden erscheint.
Überdies stimmen die Zahlenbezeichnungen in beiden Abbildungen
überein, so daß wir z. B. die grotzen Bilder der Abb. 32 etwa bei II
auch in Abb. 31a rechts am Rande wiederfinden und auch im Bahn-
Mars-Nreis die Stellung II dargestellt sehen.
Das alles war zu sagen nötig, um erst jetzt in die Lage zu kommen,
dem Marsrätsel selbst näherzutreten. wir wollen noch daran erinnern,
datz, während die Sonnen-Tagesflut auf Mars etwa nur der ir­
dischen sein dürfte, die Jahresflutwirkung dagegen aus Mars mit
dem mindestens 30fachen des irdischen Wertes anzusetzen ist. Der
Grund hierfür geht aus der Abb. 31a ganz deutlich hervor und ist im
einzelnen bereits besprochen.
Wir werden erwarten müssen, datz sich also die Marsozean­
eislinse in Sonnennähe jedesmal auf eine flachere, in
Sonnenferne jedesmal aus eine gewölbtere Linse immer
wieder von neuem beruhigen wird. Sollte, woran an sich eben
Llscher, ver Mars. 7
98 von den Polkappen.

infolge der außerordentlich starken Jahresflutkräfte nicht zu zweifeln


ist, das Marseis zum Bersten veranlaßt werden, so werden wir er­
warten dürfen, nein, erwarten müssen, daß die Bruchschollen bei der
Ruhe in Sonnennähe immer wieder von neuem sich zu der flacheren,
in Sonnenferne bei der noch ausgedehnteren Ruhe aber zur ge­
wölbteren Linse verschweißen müssen.
Beginnen wir also mit dieser höher aber flacher gewölbten wieder
verschweißten Linse am Bahnpunkt 3 der Abb. Zla, welche bei Zu be­
reits angefangen hat, ihren täglichen öahnflug zu beschleunigen, so ge­
langen wir allmählich zu der Südfrühjahr-Nordherbststellung IV, also
einer Zeit, um die Mars den täglichen öahnflug am meisten beschleunigt,
hier also müssen die Zlutkräfte am wirksamsten angreifen. Darum
baucht sich auch hier in der Tageinheit die Gzeankruste am meisten
aus, derart, daß sie infolge zu großer Beanspruchung bersten muß,
um zu versuchen, dem neuen Ausbauchungszustand sich mit den ge­
borstenen Ureistafeln immer wieder im neuen Gleichgewichtszustand
anzupassen. vie niederen, also äquatornahen Gebiete werden bei
diesem Vorgang zuerst rissig werden, weil nicht nur dort in den Lis-
tropen die Nruste am schwächsten ist, sondern weil dort auch der
Ausbauchdruck des Wassers seine größte Stärke erreicht, va bei diesem
Ausbauchen gewissermaßen eine Erweiterung des Tropengürtels,
also eine Dehnung stattfindet, wird man erwarten müssen, daß vor­
nehmlich hier Sprünge in der Richtung von Pol zu Pol, wenn auch
selbstverständlich nur in roher Annäherung, auftreten werden, während
dabei die beiden Polkappen selbst durch Verminderung des Poldurch­
messers gegeneinander als größeres Ganzes niedergeschleußt werden.
Dabei wäre zu erwarten, daß die stärkere der beiden Polkappen, als
welche wir infolge ihres härteren und längeren Winters die südliche
im Gegensatz zur nördlichen ansprechen müssen, daß also die südlichere
in größerem Umfange unzerborsten bleiben wird, als die schwächere
nördliche.
Alles, was wir eben, ohne uns um die Beobachtungsergebnisse
der Himmelsforschung zu kümmern, hier auf Grund der Umwelt­
einflüsse fordern mußten, wird von den Beobachtungstatsachen be­
stätigt. Ls brechen in der Tat in der fraglichen Gegend (IV) vor­
wiegend in der Richtung von Pol zu Pol verlaufende Sprünge auf,
zunächst in den Aquatorgebietcn, und es berstet ferner die Nordhalb­
kugel in weitgehenderem Nlaße als die Südhalbkugel.
von den Polkappen. yy

Doch wir sind mit unseren Schlüssen noch keineswegs am Ende,


wenn nämlich in der Lahnstellung IV bei 8VM8 die beiden Pol­
kappen infolge der Ausbauchung gegeneinander geschleußt werden,
wenn also die gewölbtere gphellinse jetzt bei IV in die flachere Perihel-
linse übergeht, wenn dazu die beiden Polkappen in unterschiedlichem
Maße unzerborsten bleiben, dann werden beide kappen für die jetzt
an den Polen flacher gekrümmte Linse zu stark gekrümmt sein. Man
wird dessen ganz deutlich inne, wenn man in Abb. 32 die stark ver­
gröberten Teilbilder 3, 3a, 4 und IV nacheinander betrachtet,
welche sich auch in Abb. 3la gleichnamig benummert als Randbildcr
finden. Da sehen wir, datz bei 3 die einzelnen Ureistafeln sich langsam
verschweißend, also zusammenfrierend, zu einer gewölbteren Linse
in Sonnenferne zurücksetzen, um bei 3a völlig verschweißt zu sein.
Jetzt aber beginnt deutlich der Ausbauchungsvorgang einzusetzen,
treibt die Schollen zum Bruch und zum Auseinanderstreben, während
die Nord- und Südkappen unzerborsten einander genähert werden.
Da sie aber unzerborsten bleiben, bringen sie ihre aus 3» herstammende
jetzt zu große Krümmung mit und werden deswegen mit ihren Rän­
dern in den flüssigen Nlarsozean eintauchen müssen,- mit anderen
Worten, ihre Randgebiete werden überflutet. Diese Überschwemmung
muß naturgemäß bei der starken, ausgedehnteren, südlichen kappe
weitgreifender auftreten, als bei der kleineren, daher weniger tauchen­
den Nordkappe, wir müßten also an beiden Polarkappenrändern
den flüssigen Gzean sich erheben und polwärts fließen sehen, dabei
wieder über die Südkappe in größerer Tiefe und mit größerer Kraft
als wie über die Nordkappe, bis sich auch da wieder ein neuer Gleich­
gewichtszustand einstellt. Sn Abb. 31s, IV, ist dieser Zustand sichtbar.
Diese gegen beide Pole vordringende kappenüberflutung ist es
nun, welche man in den meisten sonnennahen, also günstigen (perihel-)
Oppositionen als vermeintliche südliche „Zrühjahrs-Schneeschmelze"
deutet. Allerdings könnte man nach unserer Ableitung bei flüchtiger
Betrachtung meinen, daß man immer gleichzeitig auch auf der Nord­
seite eine Herbstschneeschmelze müßte beobachten können! daß dies
nicht der Zall ist, liegt an dem zeitweilig zu dünnen Eise der Nordkappe,
die bis aus einen kleinen Teil zerberstet, wie auf unserer Abb. 34
sichtbar gemacht.
Wir erkennen jetzt also, daß die kleinere und dünnere Nordkappe
sich gar nicht mehr gezwungen sieht, mit ihrem Rand zu tauchen, trotz
7'
100 Die „weiße Beule".

etwas zu kleinen Krümmungshalbmessers. Es ergibt sich vielmehr


jene Nordpolaransicht, wie sie uns Schiaparelli (Abb. 40) aus den
Zähren 1879/81 hinterlassen hat. Anstatt eines kleinen, ganz hell
bleibenden, von einer ausgedehnten dunklen (Überflutungs-)Kläche
umgebenen Polarfleckes sehen wir im Gegensatz zu der südseitigen
Erscheinung, hier nun auf der Nordseite nur ein Gewirr von Sprung-
randbeflutungen (vermeintliche Kanäle), das den übrig gebliebenen
kleinen Nordkappenteil umgibt und abgrenzt.
wir wollen hier noch anmerken, daß inmitten der Nordkappe
noch ein besonders Heller Teil sichtbar wird, der mit jenen bisher völlig
rätselhaften weißen Spiralstreifen zusammenzuhängen scheint, die eben­
falls auf der erwähnten Abb. 40 sichtbar sind und deren Ursache wir
noch aus dem Gesetz der natürlichen Notwendigkeiten ableiten werden.
Es ist nun gewiß dennoch die Möglichkeit gegeben, daß hier und
da die Nordkappe in etwas größerem Umfange bestehen bleibt, so
daß eine geringe Randüberflutung stattfinden kann. Diese Erscheinung
ist in Abb. 32, 4 und IV, dargestellt. Es dringen da also auf beiden
kappen die Überflutungen gegen die Pole vor und kommen endlich
derart zum Stillstand, daß südlich eine größere und nördlich eine kleinere
Beule unbeflutet bleibt.
Diese Beulen wurden bisher gar nicht beachtet. Doch scheint es
gar keine optische Täuschung zu sein, wenn wir bei Arrhenius zwei
Bilder finden (Abb. 36), in denen die hellere Südkappe als auffallende
„weiße Beule" erscheint,- insbesondere ist dies auf der retuschierten
Photographie des Mars von Lampland erkennbar.
Diese Abbildungen, welche Kernrohrphotographien ihre Ent­
stehung verdanken, zeigen demgemäß auch den Nordpol unten und
den Südpol oben. Es stimmt daher auch auf beiden Bildern, daß der
untere Nordpolarfleck der kleinere ist. Offenbar sind hier beide kappen
unzerborsten geblieben. Dabei ist selbstverständlich die untere nörd­
liche etwas kleiner. Leide sind auch nach Maßgabe ihrer Größe frisch
beflutet worden, so daß hier der Beobachter nicht mehr von einer süd­
lichen Krühjahrs- oder Sommeranfangsschneeschmelze (oben) sprechen
darf, weil er dann auch (unten) von einer nördlichen herbst- oder
Winteranfangsschneeschmelze sprechen müßte, eine Ansicht, die selbst­
redend ein Widersinn wäre.
Kür den Kenner der Welteislehre liegt in diesen Tatsachen aber
keineswegs ein Widerspruch, denn wir sind auf Grund der natürlichen
veutung der neuen Erscheinung. 101

Notwendigkeiten geradezu gezwungen, von einer südlichen Sommer-,


als auch von einer nördlichen Mnterpolkappenbeflutung gleichzeitig
zu sprechen, ohne uns eines Widersinnes schuldig zu machen.
Die Abb. 26a führt uns aber noch zu tieferen Aufschlüssen. Be-
denkt man nämlich, daß bei der südlichen starken und schnell vor-

a 6bb. 26. b
vie Helle Südpolkappe des Mars als auffallende weihe Beule; diese Erscheinung
wurde bisher niemals gedeutet (nach ttrrhenius).

eilenden Überflutung gerade der dunkle vorderste Rand der Ring­


welle am flachsten über der Eiskappe ausgedünnt sein muß, so wird
hier nicht nur ein schnelles Niedergefrieren bei vorhergegangener
starker Verdampfung, also einer Lissublimaterzeugung stattfinden,
sondern diese Zrischüberfrierung wird als dunkler Rand um den Pol
sichtbar sein; weiter rückwärts wird die Beflutung sich aber mit
Schwimmeis bedecken, schon zu einer Zeit, in welcher der vorderste Teil
der ausgedünnten Beflutung heftige Verdampfung zeigt. Dieser
Eisdampf wird sich über die rückwärtige Schwimmeisbedeckung legen,
welche dadurch aufgehellt wird, während die zum Stillstand gekommene
Spitzenflut notwendig am dunkelsten erscheinen müßte, weil nach der
Erstarrung hier kein Eisstaub mehr vorhanden ist, um auch diese
Gebiete weißlich zu färben. Ein Blick auf Abb. 26 a und b zeigt, daß
unsere Ableitung wiederum mit den Tatsachen übereinstimmt.
102 Lin neues Rätsel.

Bisher deutete man diese Erscheinung bekanntlich so, datz die süd-
seitige „Zrühjahrsschneeschmelze" gerade um den Pol herum gegen
das Helle Weih des vermeintlichen Polarschnees am grellsten absteche.
viesen Zustand erkennt man auch ganz deutlich auf Obb. 37, die eben­
falls von Arrhenius stammt, und zwar ganz klar rechts vomPolfleck:
links aber ist der Gegensatz nicht
so ausgeprägt, warum wohl?
vie bisherigen Anschauungen
werden hier vergeblich nach einer
Deutung suchen, ver Kenner des
Welteises sieht aber sofort, datz hier
naturnotwendig eine Aufhellung
eintreten mutzte. Wer aufmerksam
gelesen hat, wird bereits in der Lage
sein, des Rätsels Lösung zu finden,
das wir später noch gesondert geben
Obb. 37. werden.
Lin merkwürdiger Gegensatz zwi­ Wir können also zusammen­
schen der scharf abgesehten rechten fassend sagen, datz die weitzen polar­
Seite der Polkappe und der ver­
schwommenen linken Seite, eine beulen tatsächliche Erscheinungen
bisher ebenfalls völlig unbeachtete sind, wie sie in Abb. 31a und 32 for­
Erscheinung (nach Arrhenius). melhaft und übermäßig stark betont
abgeleitet wurden. Man lasse sich
ulso durch die notwendige Matzstabverzerrung nicht irremachen: Es
sollte nur sinnfällig werden, datz in den günstigeren Periheloppo-
sitionen die beiden polarflecken eigentlich als flache Beulen über den
allgemeinen Marsumritz herausragen.
Selbstredend ist diese Beulenwirkung in den Abb. 36a und b noch
ein wenig durch das dunkle Sichelstück, also durch den Selbstschatten
optisch vergröhert. Aber trotz dieser optisch möglichen „Täuschung" ist
die Ausbeulung der Hellen Polflecke Wirklichkeit. Es sei dies besonders
deswegen hervorgehoben, weil bei den sonnenfernen (Aphel-) Oppo­
sitionen sich eher eine gestufte Terrasse (Abb. 3la, 2 und II) darbieten
würde, wenn sich, was allerdings unwahrscheinlich ist, diese Erscheinung
der Beobachtung erschlichen liehe. Immerhin mühte sich die scharfe
Grenze zwischen der polumflutung und dem polarfleck anders dar­
stellen als in den Anblicken der günstigen Periheloppositionen. Diese
Tatsache muh man sich wieder an Hand der Abb. 32 ableiten.
Polkappen und Kanäle. 103

In dem Bahnstück kbö/kbr, in welchem größte Ruhe herrscht und


in dem der Mars zur flacheren Linse wurde, können diese Einflüsse
natürlich nicht ohne Folgen bleiben. Es ist nämlich zu erwarten, daß
etwa bei Bahnpunkt 1 die immer weiter und tiefer tauchenden Pol­
kappen infolge der immer weiterschreitenden Verzerrung zur Linse
schließlich doch noch bersten, derart, daß sich die kappentafeln mit allen
übrigen Ureistafeln dem nun ganz ausgebauchten Gzean anpassen.
Diese Änderung ist in den Ranübildern der Abb. 31a bei 1 und in der
gleichen Nummer der Abb. 32 dargestellt, hier werden sich nun in dem
neuen, am meisten ausgebauchten Zustande infolge der bedeutsamen
Ruhe die Ureistafeln wieder frisch, wenn auch nicht bruchsicher ver­
schweißen, wie uns das der Schnitt 1a zeigt. Jetzt aber gelangt der
Mars auf seiner Reise um die Sonne in das Bahnstück Lb/Lb, in dem,
wie wir ja wissen, die Ausbauchung in die Einbauchung übergeht.
hier muß also der bei der Ausbauchung im Bahnstück XbAb stark er­
weiterte und in Bahnstückkb^/kde: in dieser erweiterten Form ver­
schweißte Tropengürtel allmählich dadurch enger geschnürt werden,
daß die flachere Linsenform sich wieder zur gewölbteren zurücksetzt.
Mit anderen Worten, in diesem Bahnstück werden die beiden einander
entgegengeschleußten Polkappen wieder voneinander entfernt; hier
also wächst der Poldurchmesser, während der Aquatordurchmesser
sich verkleinert.
Durch die verschweißung im Bahnstück kbr/Bbr haben die beiden
Polkappen jetzt einen zu großen Krümmungshalbmesser erhalten, wie
wir das in Abb. 32 bei 2 und II sehen, wenn also aus der flachen Linse
hier eine kugeligerewird, sowird zu erwarten sein, daß die beiden unzer-
borstenen Polkappen jetzt gewissermaßen mit ihren Rändern aus dem
Wasser emporragen, während sie, wie uns ein Lrinnerungsblick auf
Abb. 32/4 zeigt, gelegentlich der Ausbauchung einen zu kleinen Halb­
messer besaßen, der die Ränder zum Eintauchen zwang. Jetzt also in
2/II können nicht zwei sich verkleinernde Polarflecke, umgeben von
mehr oder weniger breiten Vunkel-Umflächen, sichtbar sein, sondern
es ist eher zu erwarten, daß, wie II zeigt, eine größere Südkappe und
eine kleinere Nordkappe sich herausstufen, derart, datz diese Umstufen
nur mit einem dunklen Ringstreifen („Kanal") besäumt erscheinen.
kosmotechnisch wird man hier noch weitere Folgerungen zu
ziehen vermögen. Betrachtet man Abb. 32/11 genauer, so wird man
sich sagen müssen, datz der größte Druck des empordringenden, sich zur
104 Inseln", „Seen" und „Meere".

gewölbteren Linse verformenden Wassers die Polkappen an deren


Mittelteilen erfassen muß. Es wird also wahrscheinlich hier eine Ab-
bröckelung der gewissermaßen über Wasser stehenden Ränder, also
ein negatives „kalben" stattfinden, bis eben jener Rest übrig bleibt,
der trotz zu großen Krümmungshalbmessers in sich fest genug ist, um
nicht mehr zu bersten.
hierbei muß man sich wieder der Tatsache erinnern, daß die Süd­
kappe wegen ihres strengeren und längeren Südwinters notwendig
die stärkere und größere bleiben wird, während die Nordkappe infolge
kürzeren und wärmeren Winters kleiner sein muß.
Schließlich wird aber im Lahnstück bei 3 die Last der
zu wenig schwimmgetragenen kappenränder doch zu groß werden,
so datz beide kappen in zwei bis fünf Stücke zerfallen, wie das in 3
gezeigt ist. In diesem Bahnstück stellt ja der Mars die gewölbteste Linse
seines gesamten Sonnenumlaufes dar und befindet sich auch hier in
einem Gebiete größter Ruhe, so daß die freischwimmenden Ureis-
schollen Gelegenheit finden, sich leichter in die gewölbtere Linsenform
zurückzusetzen und von neuem miteinander zu verfrieren. hier also
ist das Gebiet der größten Einbauchung, von der aus nun beim weiter­
kreisen im Bahnstück die Ausbauchung und somit der ganze
Vorgang der Sonnenjahresflut von neuem beginnt.
was in den vorstehenden Seiten vorwiegend an Hand der Abb. 3la
und 32 in lückenloser Gedankenfolge ohne jede Zwangsannahme und
unter Berücksichtigung aller mechanischen und technischen Einzelheiten
zwangsläufig abgeleitet wurde, bildet erstmalig eine zureichende
Grundlage, auf welcher das Marsrätsel in allen seinen Teilen gelöst
und aller seiner Geheimnisse entschleiert wird.
Marsjahr um Marsjahr müssen sich diese Vorgänge abspielen.
Und wenn es uns gelingt, fußend auf diesen von der Umwelt abhän­
gigen Zustandsänderungen, die dunklen Linien mit ihren Verdoppe­
lungen, die weißen Spiralstreifen und die Marswolken, die „Inseln,"
„Seen" und „Meere" als natürliche Notwendigkeiten aufzuzeigen,
dann dürfen wir in einem solchen mit den Beobachtungstatsachen über­
einstimmenden Ergebnis einen unwiderleglichen Beweis für
die Richtigkeit der Welteislehre erblicken.
Bisher hatte man sich damit begnügt, den Mars zu beobachten
oder ihn auf die Platte zu bannen, um auf diesem Wege zu einer Deu­
tung seiner merkwürdigen Erscheinungen zu gelangen. Bis zum Heu-
Übereinstimmungen.
105

tigenTage ist Einigkeit unter den Himmelsforschern, wie wir ja eingangs


gesehen haben, nicht zu erzielen gewesen.
Wenn wir aber nun von der Geburt unserer Sonneninsel aus-
gingen, den Mars auf Grund der Welteiseinsichten werden ließen,
dabei alle Umwelteinflüsse berücksichtigten und als Ergebnis zu einem
Bilde kommen, das in allen Einzelheiten mit den Leobachtungstat-
sachen sich deckt — darf man dann wohl daran zweifeln, daß der ein­
geschlagene weg richtig ist?
wenn ich heute in meinem Blumenglase eine Tulpe finde und
nun schließe, daß dieses Gebilde die Blüte einer Tulpenknolle ist, und
um das nachzuprüsen eine andere Tulpenknolle in ihre natürliche
Umgebung und unter natürliche Einflüsse bringe und wieder eine
Tulpenblüte erhalte, so wird doch wohl der Schluß nicht bezweifelt werden
können, daß auch die Blüte in meiner Vase eine Tulpe gewesen sei.
Und in der gleichen Lage befinden wir uns hier, wir sind zurück­
gegangen zu der Urgrundlage unserer Sonneninsel und damit auch
zu der Geburtsstunde des Mars, haben sein werden und wachsen
unter Berücksichtigung seiner natürlichen Umwelt und deren natür­
lichen Einflüsse beobachtet, und nun wollen wir uns anschicken, nach-
zuprüfen, ob das, was aus dem Stern weiter werden muß, auch wirk­
lich das ist, was uns als jener merkwürdige Mars in herrlichster Sicht­
barkeit während des August beobachtbar sein wird.
Noch einmal wollen wir hier eine kurze Rückschau halten. In
Sonnenferne ist der von einem uferlosen freischwimmenden Eisozean
überkrustete Mars den Sonnenflutkräften am wenigsten ausgesetzt,
hier verschweißen sich die Lruchschollen zu einer gewölbteren kugel-
ähnlichen Linse.
Anders werden die Verhältnisse, wenn der Mars sich dann auf
seinem Jahreswege wieder der Sonne nähert, dabei immer mehr sich
zu einer flacher werdenden Linse abplattet — ein Vorgang, der mit
dem immer wachsenden Ausbauchen der niederen Breiten Hand in
Hand geht — und zu einem Zerbersten der Eiskruste in Ureistafeln
führt. Mit dieser Erkenntnis sind wir bereits dem Rätsel der sog.
Marskanäle und dessen Lösung nahegekommen. „Sogenannt", weil
es auf dem Mars in Wirklichkeit weder Uanäle noch überhaupt Land
geben kann, in welches solche Nanäle gegraben sein könnten, was uns
als Nanäle erscheint, das sind nurSprüngein derlückenlos freischwimmen­
den Eiskugelkruste.
106 vie wahren Ursachen der Kanäle.

wie aber sollten uns solche Sprünge je sichtbar werden? Zu wei­


tem Klaffen, etwa wie in den stark übertreibenden Abb. 3ka und 32,
ist doch keine Möglichkeit. Nur das austretende, beide Seiten des Risses
benetzende Wasser ist es, das uns einen Kanal vortäuscht. Doch auch
diese Erklärung ist nicht einwandfrei; denn wir folgerten ja aus der
Gesamtumwelt, datz es infolge der fehlenden Lufthülle auf dem Mars
sehr kalt sein müsse. Dazu kommt der uns gleichfalls als überaus ge­
ring bekannte Luftdruck. Diese beiden Tatsachen bedingen eine Ab­
änderung der oben gegebenen Deutung.
Im Augenblick des Wasseraustrittes wird nämlich trotz null-
grädiger Temperatur wegen des fast drucklosen Umraumes durchschnitt­
lich etwa ein Siebentel des Wassers sofort verdampfen, da, wie jeder­
mann nachprüfen kann, Wasser im drucklosen Raume bereits bei Null
Grad kocht. Darum muh der wasserben^hte Zungritz im Augenblick des
Entstehens sich mit einem Nebelstreifen von gefrorenem Vamps über­
lagern und so dem Beobachter unsichtbar werden. Erst wenn der Lis-
staub sich langsam verzogen und fein verteilt niedergeschlagen hat,
sind die restlichen sechs Siebentel des ausgetretenen Gzeanwassers
zu einer dunklen Zrischüberfrierung des sonst hellweitzen Eises er­
starrt. Und erst diese Zrischüberfrierung täuscht uns den
Kanal vor.
Es wäre aber sonderbar, wenn feinsichtigen Beobachtern solche
Lisdampfnebel nie aufgefallen sein sollten. Doch schon Schiaparelli
hat sie entdeckt,- denn er berichtet, daß er beim plötzlichen Sichtbarwer­
den eines neuen Kanals vorher an derselben Stelle eine Art
sich verziehender Wolke gesehen habe, aus welcher heraus
sich der Kanal zu entwickeln schien. Derartige Wolken also sind
Eisdampf, welcher, sich niederschlagend, auf die bestäubten Gebiete
„bleichend" wirkt.
Mit dieser Einsicht sind wir nun leicht in der Lage, die oben er­
wähnte, in Abb. 37 aufgezeigte Erscheinung zu deuten, daß dort der
linksseitige Teil des Polarfleckes sich nicht so scharf wie der rechtsseitige
abhebt. Dort entstand nämlich nachträglich ein Sprung mit Tuer-
sprung, an deren Kreuzungsstelle ein „See" sichtbar ist. Diese Wasser­
austritte mußten nun infolge der Eisdampfbildung die linke Seite
der polfleckumdunkelung rasch ein wenig bestreuen und damit etwas
aufheilen. Eine zweifellos völlig ungezwungene Deutung dieser an
sich eigenartigen Erscheinung! Daß ein solcher „Kanal" also nicht dauernd
plötzliches Bleichen. 107

und für immer sichtbar bleiben kann, ist leicht einzusehen und folgt
überdies auch aus dem auch am Mars vorhandenen Sonnenfeineise,
das zu ihm zwar nur zu einem Fünftel dessen gelangt, was durchschnitt­
lich die Erde erhält, wo es als Feineisstaub dieirdischen Zirruswolken
bildet.
Derartige „Wolken" sind auf dem Mars aber unmöglich, vie
dünne wasserstoffhülle vermag die viel zu schweren, wenn auch win­
zigen Eiskristalle gar nicht zu tragen, vas Sonnenfeineis wird vielmehr
wie ein ewiger zarter Staubregen niedergehen und senkt sich in seiner
eisigen kosmischen Urform langsam auf das Marseis nieder. Die Sonne
beschneit den fernen Stern, und sie beschneit auch die dunklen Frisch-
überfrierungen, bleicht sie also langsam aus und färbt sie wieder weiß,
wie die Umgebung, so daß sie dem kluge des Beobachters mit der Zeit
entschwinden. Und diese zweite Art des Bleichens, bisher ebenfalls
niemals zureichend gedeutet, ergab sich uns wie alle bisherigen Er­
gebnisse. eigentlich ganz von selbst. Das Gesetz der natürlichen Not­
wendigkeiten ist in allen Fällen zwingend.
voch der Renner könnte hier noch einen Einwurs machen. Er
weiß nämlich, datz unter Umständen ein sehr plötzliches Nachbleichen
einsetzt. was wir hier folgerten, ist aber der allmähliche Vorgang.
Auch die plötzliche Lleichung ergibt sich uns von selbst.
Steht nämlich ein Sonnenfleck der Erde unmittelbar gegenüber,
werden wir also gewissermaßen unmittelbar angeblasen, so verursacht
eine derartig kräftige Feineisbestreichung auf Erden einen gewaltigen
Wettersturz, der sich mit Regen, Gewitter, barometrischen Depressionen,
magnetischen Gewittern, Nordlichterscheinungen, starken psychischen
Beeinflussungen zu erkennen gibt und bisher in seinen weittragenden
Werten weder erkannt noch gewürdigt werden konnte, hier können wir
auf diese fesselnden Fragen nicht näher eingehen, zumal ich sie ander
weitig bis zu ihren kulturbedingenden Folgerungen beschrieben Habens.
Eine solche unmittelbare Anblasung verstärkt also den üblichen
Feineiszuflutz in plötzlichem und sehr erheblichem Matze. Vie wesens­
gleiche, wenn auch schwächere Wirkung muh nun selbstredend auch
auf dem Mars eintreten, wenn dieser Stern eine unmittelbare An­
blasung erhält. Obwohl nur ein Fünftel so stark, ist das Geschehen doch
unerwartet und im vergleich zu den üblichen Erscheinungen plötzlick
und überragend. Der Beobachter sieht dann eben ein stark gesteigertes,
unerwartet schnelles Ausbleichen.
108 vom klaffen der Ureisschollen.

wir wissen jetzt also, daß nicht die 5prünge im Life selbst es
sind, die wir sehen, sondern nur dunkle Krischüberfrierungen des be­
reiften eisbestäubten, also weißen Alteises, bewirkt durch das aus
solchen Sprüngen Herausschwallende und längs der Sprünge sich aus­
breitende Wasser. Den Sprung selbst können wir niemals sehen, selbst
dann nicht, wenn er m hrere Meter oder mehrere hundert Meter
klaffen sollte. Um aber plötzlich die zu einer mehrere Kilometer breiten
Eisüberflutung nötigen Wassermassen emporschwallen zu lassen, be­
darf es nur eines klaffens von mehreren Dezimetern, va wir aber
schon wissen, daß solches Neuaufbrechen nicht völlig haltbar zugefrore­
ner alter Sprünge durch die gewaltigen Kräfte der Iahresslutwirkung
bedingt ist, daß also das Aufbrechen alter Sprünge durch einen Wasser­
druck erfolgt, durch ein Atmungsbestreben des ganzen Gzeans, so er­
kennen wir auch, daß solches Aufbrechen einem Zwange folgt, der eben­
sowohl den Sprung sofort klaffen macht, als auch sofort große Wasser­
massen empordrückt. Damit dürften auch die Zweifel behoben sein,
welche befürchten lassen, daß ein nur geringes klaffen nicht die ge­
nügenden Wassermassen für die späteren kilometerbreiten Krischüber­
frierungen zu liefern vermöge.
Man wird fragen, warum die bisherige Himmelskunde diese ein­
fachen Deutungen nicht längst allein gefunden hat. vie Antwort
lautet: vie Astronomie baute auf Voraussetzungen, die aller Wirklich­
keit und Erfahrung widersprechen. Varum mußte auch all das ver­
borgen bleiben, was wir nun bereits wissen; denn solange die Planeten­
beobachter auf dem Mars Kestländer, wüstenflächen, Moräste und
Kanäle sehen wollen, kann nie von einer Erkenntnis der wahren Zu­
stände gesprochen werden. —
hat der Mars sich also während der Zeit seiner Annäherung an
die Sonne ausgebaucht, so wird er sich, je weiter er nach Überwindung
der Sonnennähe sich von dem Taggestirn wieder entfernt, auch wieder
einbauchen müssen, um in Sonnenferne immer zur annähernden Kugel
zu werden. Es ist dies alles so selbstverständlich, daß es jedem einleuch­
ten muß, der auch nur ein geringes Raumvorstellungsvermögen und
wenig Übung in der Abschätzung kosmischer kräftewogen besitzt.
Betrachten wir nun nochmals die schon mehrfach erwähnte aus­
schweifende Bahn des Mars, va der sonnennächste Punkt des Mars­
weges fast mit dem Drte der südlichen Sommersonnenwende zusammen-
sällt, so kommt es, daß das südliche Sommerhalbjahr nur 305,7, das
Wiederholung. 109

zugehörige Winterhalbjahr aber 381,3 Erdentage währt. Dabei ist zu


beachten, datz diese Angaben sich auf die Marssüdhalbkugel beziehen,
eine Tatsache, die deswegen wichtig ist, weil dieser Stern nur bei
einer Perihelopposition, wie sie uns im August dieses Jahres bevorsteht,
genauer zu beobachten ist, und weil er uns gerade während dieser Zeit
den Südpol zuwendet (vgl. Abb. 30). Aus diesen Tatsachen lätzt sich
nun, um dies nochmals zu wiederholen, folgendes ableiten: Aus dem
kurzen, aber sonnennahen Sommer, welchen die Südhalbkugel auf-
weist, folgt dort also ein kurzer warmer Sommer und ein langer
kälterer, sonnenferner
Winter, während um­
gekehrt die Nordhalb­
kugel einen kurzen, re­
lativ wärmeren sonnen­
nahen Winter und einen
langen, relativ kälteren
sonnenfernen Sommer
zeigt. Das natürlich
immer tief unter Null
Grad 6 bleibendeTem-
peraturgefälle wäh­
rend der Jahres­
zeiten ist also auf der
Südhalbkugel bedeu­
tend grötzer als auf der
Nordhalbkugel; ebenso ist
auch die mittlere Jah­
restemperatur süd­
Abb. 38.
lich tiefer als nördlich,
Das Weltbild des Planeten Mars nach den Auf­
halten wir uns das nahmen Schiaparelli; aus den Jahren 1882
noch einmal vor Augen, bis 1888. Selbstredend hat der Beobachter alle
so ergibt sich daraus diese „Kanäle, Verdopplungen, Seen, Meeres-
naturnotw endig, datz untiefen, Sümpfe, Inseln" nicht auf einmal
gesehen, sondern erst im Laufe der Zeit, was
das Gis der Südhalbkugel er fand, trug er in die Karten ein «Zeich­
stärker sein mutz als das nung hörbigers).
der Nordhalbkugel.
wenn wir nun die eben abgeleiteten Folgerungen auf die Mög­
lichkeit der Kanalentstehung oder, wie wir deutlicher sagen dürfen,
110 verschweißen der Ureises

der Zerberstung des freischwimmenden Eisozeans in Ureisschollen


anwenden, so dürfen wir mit größter Sicherheit schließen, daß die Nord­
halbkugel viel leichter und öfter zerbrechen wird als die Südhalbkugel.
Ganz selbstverständlich ist sowohl aus Gründen der Verzerrung, welche
in den Lis-Tropen am meisten wirksam sein wird, außerdem aber auf
Grund der Tatsache, daß die Tropen eben auch relativ am wärmsten
sein werden, zu sehen, daß gerade in diesen Zonen ein besonders auf­
fälliges, unregelmäßiges und weitmaschiges Netzwerk von Sprüngen
vorhanden sein wird. Mir werden hier ein grobes Mosaik von großen,
meist genau gefügten Ureistafeln beobachten können.
fragen wir uns nun, an welchen Lahnpunkten die stärksten
Spannungen auftreten, so dürfen wir sagen, datz diese etwaim Süd-Früh-
lings- und Herbstpunkt der Bahn liegen, während im ersten Falle
die Ausbauchung stattfindet, und ihren Endpunkt am sonnennächsten
Punkt des Bahnweges erreicht, beginnt eben hier die Einbauchung, die
im Sonnenfernpunkt ihr Höchstmaß erreicht. Leim Einbauchen müssen
nun vorwiegend die dem Gürtel gleichlaufenden Stoßfugen durch Zug
aufgerissen, die zum Gürtel senkrechten aber durch Druck gepreßt
werden. Umgekehrt wird es sich bei der Ausbauchung verhalten.
Es mag hier in Erinnerung gebracht werden, datz die größte
Ruhe und Spannungslosigkeit im Gzeaneise des Mars dann herrschen
muß, wenn der Stern sich an seinem sonnennächsten und an seinem
sonnenfernsten Punkte befindet. Im ersten Falle schlägt nämlich die
Ausbauchung in die Einbauchung um und hat somit einen gewissen
Nullwert zu überwinden, während im letzten die Sonnenflutkräfte
den geringsten Wert auf dem ganzen Bahnweg überhaupt erreichen.
An diesen beiden Orten werden nun infolge der großen Nälte alle
Stoßfugen der Ureistafeln zur notwendigen Wiederverschweißung
gelangen.
Beginnt nun aber nach Überwindung des Sonnennahpunktes die
Einbauchung, so werden die schmalen, in den Fugen sich befindenden
und auch entsprechend dünnen Jungeisstreifen zum Teil wieder zer­
malmt, weil jetzt in den früheren Zugfugen Pressung, dafür in den
früheren vrucksugen Zerrung auftreten muß. Aus dieser dauernden
Unruhe ist zu ersehen, daß die einmal gebildeten Ureisschollen eigent­
lich nie mehr in ihrer ganzen Tiefe zu völligem Anein­
andergefrieren kommen können, wobei ganz außer acht gelassen
ist, daß der Wasservorrat des Mars durch vauereinfang von Plane­
Wann wir Kanäle entdecken. IN

toiden im kosmischen Sinne, also in Zwischenpausen von vielleicht


Jahrtausenden und Jahrzehntausenden wachsen muß. Sehen wir von
diesen noch später zu behandelnden Dingen ab, so ist schon jetzt ersicht­
lich, dah immer etwas von dem zermalmten Jungeisgeschiebe als eine
Art von Lötnaht oberseits zwischen die Ureisschollen gestiert.
Aus diesem Grunde werden also in dem einmal grob mosaikartig
zersprungenenUr ei s nur äußerst selten neue Sprünge entstehen können,
so groß auch die Spannung im Eise oder auch der innere Zlutkraft-
kvasserdruck jeweils sein möge: immer wieder werden mit Vorliebe
nur die alten Sprünge aufbrechen. So sieht der Marsbeobachter sich
vorwiegend auch immer die alten vermeintlichen Kanäle von neuem
mit Wasser füllen.
wir können an dieser Stelle wieder einmal zeigen, daß wir, ohne
vorerst die Beobachtungstatsachen zu kennen, leicht in der Lage sind,
die Frage zu beantworten, wann beim Aufbrechen der alten Sprünge
am meisten Wasser austreten und so die Sichtbarkeit der Kanäle ge­
steigert sein muh. Ls ist offenbar, 5ah das Wasser längs der
ganz gradlinigen Spalte emporschiehen und sich zu beiden
Seiten des Sprunges in breiten Streifen ergießen und
natürlich sofort wieder gefrieren muß, wenn das Wasser
nach oben drückt, also beim Ausbauchen. Notwendig wird nach
Eintritt der Ruhe in dem etwas klaffenden Sprunge der Wasserspiegel
auch wieder etwas gesunken sein, so dah naturgemäh der Jungeis-
streifen ein wenig nachsinken und darum tiefer liegen muh als die Ur-
eisflächen und deren Frischüberfrierungen.
Alle diese Erscheinungen decken sich vollauf mit den
Beobachtungstatsachen, wobei ins Auge fällt, daß die Kanäle
zwischen Süd-Frühlingspunkt und Sommersonnenwende gut sichtbar
und kurz nach dem Frühlingspunkt am deutlichsten erkennbar sind.
Nehmen wir das jetzt Gehörte zusammen, so können wir eine
weitere Folgerung ziehen: Wir wissen, daß einmal die nördliche halb­
kugel dünneres Eis aufweist als die südliche; dann aber auch, dah die
tropische und gemäßigte Eiszone sicherlich das allerüünnste Eis besitzt,
während von den beiden Polarkappen, die natürlich an sich schon
wesentlich tiefer gefroren sind als die ebengenannten Gebiete, wieder
die Südpolarkappe stärkeres Eis hat als die Nordkappe.
Wer sich an die Verzerrung der Marskugel zur flachen Linsensorm
richtig erinnert, wird sich sagen müssen, dah von allen Gebieten nur
112 Nochmals die Frühjahrs Überschwemmungen

die Polarkappen am wenigsten einem Zerbrechen ausgesetzt sind.


Würden aber dennoch außergewöhnlich starke Aus- und Linbauchungs-
vorgänge einsetzen, und sollte dabei eine von beiden Polkappen zer­
bersten, die andere aber ganz bleiben, so wird ohne Zweifel die nörd­
liche Rappe infolge geringerer Lisdicke eher zerbrechen als die südliche.
wiederholen wir hier also noch einmal, was wir schon erwähnten,
daß infolge dünneren Eises die gesamte Nordhalbkugel einem Zer­
springen leichter ausgesetzt ist, so werden wir uns nicht zu wundern
brauchen, daß sich diese Dinge völlig mit den Beobachtungstatsachen
decken. In der Tat hat uns Schiaparelli auch nur von der Nordpol-
kappe des Mars eine Ansicht hinterlassen, auf welcher auch Ranäle
außer den bisher undeutbaren „Trainees blanches", den weißen
Spiralstreifen, sichtbar sind, während von der Südkappe von den Mars­
kennern immer nur halbjährliche Zrühjahrsüberschwemmungen ge­
meldet werden, während uns die Sprünge in der Nordkappe bereits
einigermaßen klar sind, bedarf es doch einigen Nachdenkens, um die
vermeintlichen Zrühjahrsüberschwemmungen der Südseite zu deuten.
Erinnern wir uns, daß die südliche Rappe in Sonnennähe, die
nördliche in Sonnenferne Sommer hat. Es ist daher ganz erklärlich,
daß man auf der Nordkappe vermeintlich deshalb noch keine so aus­
gesprochene Sommerschneeschmelze sah, wie südseits; denn der nörd­
liche Sommer vollzieht sich ja im sonnenfernsten Lahnstück und ist der
Beobachtung minder günstig, als die sonnennahe Stellung für die
Südsommerbeobachtungen — so meint man mit scheinbar gutem Recht.
wir aber können nach dem, was wir bisher erarbeiteten, ganz
leicht verstehen, daß auf der Nordseite im Nordfrühling und Nord­
sommer auch wirklich keine so weitgehenden, die Schneeschmelze vor­
täuschenden Vunkelverfärbungen vorkommen können, wie auf der
Südseite im Südfrühling und Sommer. Dies geschieht eben deswegen,
weil unmittelbar nach dem südfrühjährlichen Ausbauchungsbersten not­
wendig die ungeborstene Südpolarkappe ein wenig Unters Wasser taucht,
während die Nordpolarkappe ein halbes Jahr später nach dem nord-
frühjährlichen Einbauchungsbersten dies nicht tun kann, am aller­
wenigsten, wenn sie sich als die schwächere auch mit einigen wieder
aufgebrochenen alten Sprüngen durchsetzt hat. Bleibt aber die Nord­
kappe doch einmal in geringerem Nlaße unzerborsten, wie wir das in
Abb. 36a beobachten konnten, dann ist die widersinnige herbst- und
Winterschneeschmelze für uns eine Selbstverständlichkeit.
Polkappen — Ausbauchung. 113

Dies sollte noch einmal wiederholt werden, um nun einen weiteren


Grund für dieses verschiedene Verhalten beider Polarkappen zu erörtern.
wir wissen zunächst schon, datz mit dem Ausbauchen ein Wasser­
überdruck unterm Lise einhergeht. Ls muß also bei jedem Sprung
viel Wasser emporschwallen. Beim Linbauchen besteht dagegen ein
Wasserunterdruck unterm Aquatorgürtel, so datz das Lis gewissermaßen
hohl aus dem Wasser, zumindest nicht ganz schwimmgetragen liegt.
Ls tritt also jetzt weniger Wasser aus, und zwar vornehmlich nur durch
das Niederbrechen des Lisgewölbes, um über dessen Ureistafelränder
hinwegzufliehen. vas Allerwichtigste bei diesen Vorgängen ist, datz
der Krümmungsradius der Südhalbkugel im Augenblicke des südfrüh-
jährlichen Gürtelberstens etwas zu klein, derjenige der Nordpolkappe
dagegen im Moment des nordfrühjährlichen Gürtelberstens eher etwas
zu groß für das Gleichgewichtsverhältnis des entsprechend verzerrten
flüssigen Marsozeans ist.
Wie ist das zu verstehen? Bekanntlich wird sich auch heute noch
jede der beiden Polarkappen vornehmlich nur in ihrem jeweiligen
hochwinter weiter verdicken und der augenblicklichen Form des
flüssigen Marsozeans angepatzt und gegebenenfalls gefestigt haben.
Nun ist aber heute im Nordwinter, also um die Zeit, wo das Ausbauchen
ins Linbauchen übergeht, die Marsgestalt mehr linsenförmig, im
Südwinter aber mehr kugelförmig. Daher ist dann dreiviertel Jahre
später die mehr linsenförmige Nordkappe für die mittlerweile gebildete
Kugelform zu flach, die Südpolkappe aber ein wenig zu kugelig, denn
die letztere wurde ja in Sonnenferne gebildet. Lben diese kugelige
Gestalt ist es, welche die anfangs ziemlich tiefe, alsbald aber mehr flache
Überflutung der mittleren und höheren Südkappenbreiten nach dem
Losbersten des schwächeren Tropengürteleises um so mehr bedingt,
als wir ja wissen, dah gerade die aus dickstem Lise bestehende Südkappe
auch in größerem Umfange unzerbrochen bleiben mutz. Sie wird
aber nicht nur deshalb tauchen, weil ihre zackigen Bruchränder der
augenblicklichen Form des uferlosen Gzeans gegenüber zu sehr ge­
wölbt herniedergebogen sind, sondern weil im Augenblicke des Berstens
die Südkappe deswegen inmitten gleichsam hohl liegen, zum mindest
nicht ganz schwimmtragend am Gzean aufliegen muh, weil das Wasser
infolge des Gürtelausbauchens unter der kappe heraus verlagert
werden mutz.
Aus einfachen mechanischen Gründen wird also das Wasser über
Lisch er, ver Mais. g
114 weißer polarfleck.

die südlichen Rappenbruchränder emporsteigen und rasch gegen den


Südpol vordringen, ohne diesen ganz zu erreichen oder gar ganz
überfluten zu können, hierbei kann es nun allerdings vorkommen,
daß die losgeborstenen Ureistafeln des Linsengürtels, die an sich nicht
überflutet werden können, sondern einfach schwimmend emporgehoben
werden, manchmal einzeln über die Rappenränder auf die Rappe selbst
geschwemmt, dort auf dem Ureisboden sich festsetzen und festgefrieren
müssen. Spätere Beflutungen werden die scharfen Ranten abnagen
und so entsteht aus dem steilen mit der Zeit ein flaches Ufer. Derartige
meist abgerundet daliegende Großschollen können dann in den nächsten
Zähren natürlich nicht mehr weitergeschwemmt und auch nicht mehr
überflutet werden. Sie bleiben inmitten des vermeintlichen Schnee­
schmelzwassers als „Inseln" liegen, die, nach Schiaparelli als Hellas,
Noachis, Arggre, Arggre II, Thgle I, Thgle II benannt, natürlich alles
andere als wirkliche Inseln sind. Es ist indessen keineswegs nötig, alle
diese „Inseln" als verschwemmte Schollen zu deuten. Sehr wohl
können es zum Teil auch Eisbeulen sein, die nach der ersten Über­
flutung wieder wasserfrei wurden, von neuem eisbestäubt, dann etwas
Heller erscheinen.
Lei der tiefen Temperatur der Rappenfläche wird auch, teils durch
die starke Verdunstung der nullgrädigen §lut veranlaßt, ein Auffrieren
weiterer lvassermassen stattfinden. Nur am rasch oordringenden vor­
dersten Zlutrand ist die Überschwemmung eisfrei, abgesehen von etwa
doch unterwegs aufgehobenem und mitgeschwemmtem Lisgeschiebe,
das an der Vorderseite abgelagert werden muh ynd dem schon von früher
dort liegenden, den Pol unregelmäßig umgrenzenden Lisgeschiebe-
resten hinzugefügt wird. Um den Pol also liegt ein verbogener
Rranz von wallartig geschichteten Eisstücken, und dieser
wall ist es, der nun bei jeder neuen Rappenüberflutung
die vordersten Wassermassen aufhält und deswegen den
grellweiß leuchtenden polarfleck so scharf sich gegen die
ihn umgebenden dunklen Zrischumfrierungen abheben läßt.
Bedenkt man, daß selbst am INarsäquator sibirische Winterkälte herrscht,
so wird man erfühlen können, daß an den Polen mit Rältegraden zu
rechnen ist, welche die eben geschilderten Erscheinungen als einfache
Notwendigkeiten bedingen.
warum die Nordkappe sich anders verhält, ist bereits auseinander­
gesetzt und bedarf keiner nochmaligen Wiederholung.
heutiger Zustand.
115

Wir wissen, datz ein ähnlich weitgehendes Überfluten, wie wir es


vom Südpol her kennen, ausgeschlossen ist, und dennoch beobachten
wir auch am Nordpol einen vermeintlichen Polarschneefleck
und mühten schliehen, datz sich auch hier Eisgeschiebe befindet. Aber
wie hätte er ohne ausgedehnte Rappenbeflutung bis in die Nähe des
Pols gelangen können?
Sind wir aber mit unserer Deutung auf dem richtigen Wege, so
mühten wir in der Lage sein, auch hier ein ringförmig zusammen­
geschwemmtes Lisgeschiebe glaubhaft machen zu können.
vas scheint zunächst völlig unmöglich, da wir ja sahen, datz die
Nordkappe keinesfalls im selben Matze wie die Südkappe überschwemmt
werden kann, sondern meistens sogar in Einzelschollen zerfällt.
Wir haben aber eine Tatsache bisher auher acht gelassen. Wir
setzten voraus, datz die Sommersonnenwende der südlichen halbkugel
etwa mit der Sonnennähe des Mars, die Sommersonnenwende der
nördlichen mit der Sonnenferne ungefähr zusammensalle. vas ist
ohne Zweifel der heutige Zustand. Aber er ist nicht ewig, denn auch
auf dem Mars gibt es genau wie bei der Erde ein langsames kreisel-
artiges Wanken der Drehachse auf der Bahnebene, wenn heute der
Mars in Sonnennähe derartig schief gestellt ist, daß die Südhalbkugel
dort Sommer, während die Nordhalbkugel Winter hat, so würde es
zweifellos ehedem allerdings in tiefer kosmologischer Vergangenheit
wiederholt Zeiten gegeben haben, in denen die umgekehrte Stellung
der heutigen Achsenlage vorhanden war. Damals also wird in Sonnen­
nähe die Nordhalbkugel Sommer und die Südhalbkugel Winter gehabt
haben. Selbstverständlich mutzten alle Erscheinungen, die wir für das
Verhalten der Rappen beim Ein- und Ausbersten eben abgeleitet
haben, gleichfalls umgekehrt verlaufen. Auf die Nordkappe ange­
wendet, würde das nichts anderes heihen, als daß die dort befindlichen
Geschiebe aus einer Zeit stammen, während der die Nordhalbkugel in
Sonnennähe Sommer hatte.
Diese Erscheinung müssen wir etwas näher betrachten und kehren
deswegen erst einmal zur Erde zurück, wir wissen, daß die Erdachse,
also jene gedachte Linie, um welche sich die Erde innerhalb 24 Stunden
einmal herumdreht, gegenwärtig rund 23,5 Grad zur Bahnsenkrechten
geneigt ist. Diese Erdachse nun führt ein langsames kreiselartiges
Wanken in der Weise aus, daß sie in 26000 Zähren einen ganzen
Regel, wie das in der Abb. 39 an dem präzessionskegel BL zu sehen ist,
*
8
116 Ehemaliger Zustand.

um den Pol der Erdbahnebene LL beschreibt, und zwar entgegen der


Planetenumlaufsrichtung. Zugleich aber dreht sich auch die große
Achse der Erdbahn in 21000 Jahren einmal nach vorwärts herum.
Denken wir uns nämlich die Bahn der Erde um die 5onne als eine sicht-

Kbb. 39.
vas Kreiselwanken der Erdachse als vergleich zu der grundsätzlich ähnlichen
Erscheinung beim Mars (nach valier).

bar gestreckte Ellipse und verbinden wir die beiden fernsten Punkte
der Lllipsenbahn miteinander, so erhalten wir die fragliche große Achse,
die man wissenschaftlich mit Apsidenlinie bezeichnet. Die Zolge von
beiden Erscheinungen ist nun, daß sich der Zrühlingspunkt und der
Nach 5800 Jahren. 117

sonnennächste Punkt der Erdbahn (Perihelpunkt) rund alle 11600


Jahre begegnen.
Wenn wir also gegenwärtig am 2. Januar den Sonnennahpunkt
unserer Erdbahn erreichen, d. h. wenn heute in Sonnennähe die irdische
Nordhälfte Winter und
die Südhälfte Sommer
hat, so wird das in
5800 Jahren gerade
umgekehrt sein, wie wir
wissen, haben wir Nord­
seiter heute den kürzeren
und milderen Winter,
weil wir die Sonnennähe
in unserem Winter mit
größter Geschwindigkeit
durcheilen. Nach 5800
Jahren werden wir
Nordseiter dagegen den
längeren und strengeren
Winter haben, weil wir
dann in unserem Winter
die Sonnenferne lang­
samer durcheilen.Gegen- Nbb. 40.
wärtig haben die Süd­ Die Nordpolaransicht des Mars mit ihren
seiter den längeren und „Kanälen", ihrem mit weißen Vorbauten I,
II, III, IV, V, VI, VId, Vie versehenen
strengen Winter, aber sie
weißen „Schneefleck" und den zu diesen Vor­
fühlen ihn heute nur bauten hinführenden passatartig gebogenen
deshalb nicht so sehr, weißen Streifen lTrainöes blanches). Der un-
weil dort die Kultur­ geborstene Teil der Polkappe ist ziemlich groß
völker keine so hohen und mißt im Durchmesser etwa 80 Grad. Er
erscheint nur deswegen so klein, weil das Grad­
Breiten als Wohnplätze netz verzerrt. Deutlich ist, daß die Nordkappe
beziehen können wie im ringsum von Sprüngen begrenzt wird. Dort, wo
Norden. die Sprünge die weißen Spiralstreifen kreuzen,
Im wesentlichen fin­ hat hörbiger seinen Erkenntnissen gemäß die
Uberquerungen verschmälert gezeichnet (nach
det nun auf Mars ganz hörbiger).
Ähnliches statt, nur sind
dort, wie wir schon mehrfach gehört haben, die Unterschiede viel
krasser, weil die Bahnausschweifung 6mal größer als bei der Erde
118 Weiße Lpiralstreifen.

ist und auch die Achse um 1,5 Grad mehr zur Bahnsenkrechten geneigt
ist. Dazu erhält Mars nur 0,431 der Sonnenstrahlungskraft und besitzt
eine derartig dünne lvasserstoffhülle, daß die mittlere Sonnenwärme
am Marsäquator unter — 30" 6 liegen muß.
Nun beträgt die Rückumschlichzeit des Mars-Periheliums rund
19200 Erdenjahre, vie Zeit eines Nreiselumwankens mag ähnlich
lang sein. Man kann also den Zeitabschnitt, in dem auf der Süd- und
Nordseite der lange strenge mit dem kurzen milden Winter abwechselt,
aus Mars mit rund 10000 Erdenjahren ansehen, wobei es an sich nichts
ausmacht, ob diese Angabe um 5 oder 10"/<> irrig ist, denn wir brauchen
grundsätzlich nur diesen Begriff des von halbkugel zu halbkugel sich
bewegenden Winterstrengewechsels auf Mars zur Erklärung des so
unscheinbaren und nächst den Nanalverdopplungen dennoch größten
Rätsels der auf Abb. 40 ersichtlichen weißen Spiralstreifen, die ihr
Entdecker Schiaparelli mit „Trainses blanches" bezeichnet hat.
Ihre Niederzeichnung stammt aus den Jahren 1879 und 1881.
Zlammarion, der sich eingehend mit dem nach seiner Anschauung
bewohnten Mars beschäftigt hat, sagt darüber: „Auf der nördlichen
halbkugel hat man Helle spiralförmige Banden, vom Pol ausgehend,
gesehen, welche atmosphärische Strömungen andeuten, die von der
Drehbewegung des Mars beeinflußt werden." vas ist alles, was er
über diese höchst merkwürdige Erscheinung zu verkünden hat. Und das
ist wenig! Und dieses Wenige ist, wie wir uns jetzt schon sagen können,
unrichtig; denn daß es sich bei der dünnen Marsgashülle nicht um
„atmosphärische Strömungen" handeln kann, ist ebenso klar, als wie,
daß diese Erscheinung mit der Drehung des Mars deswegen zusammen-
hängt, weil sie passatartig verläuft.
Wollen wir also einer Deutung näherkommen, so werden wir bei
einigem Nachdenken eine Möglichkeit dann finden, wenn wir zu jener
Zeit zurückkehren, in welcher die Marsnordhalbkugel im Gegensatz
zur Gegenwart den längeren und strengeren Winter hatte und damit
auch im vergleich zur Südhalbkugel eine dickere Eiskruste besaß. Um
aber keine auch noch so geringe uns erkennbare und denkbare Be­
einflussung durch die Umwelt außer acht zu lassen, wollen wir auch
der Tatsache gedenken, die sich aus den Bahngrundlagen der Pla­
neten ergibt, nämlich, daß die Bahnausschweifung der Merkur- und
Marsbahn heute im Zunehmen begriffen ist, und zwar bei Merkur
um 20 und bei Mars um 95 Einheiten der zehnten Dezimale in lO Zah-
Passatwirkung. 119

ren, während sich diese Bahneigenheit bei Venus um 54 und bei der
Lrde um 42 Einheiten der zehnten Dezimale in 10 Jahren vermindert.
Unter allen vier inneren Planeten nimmt also die Ausschweifung der
Marsbahn am weitaus raschesten zu. Sie mußte daher vor rund
5000 Jahren, zur Zeit also da die Nordkappe den längeren und
strengeren Winter hatte, um etwa 95 x 500 — 47 500 Einheiten der
zehnten Dezimale kleiner, also etwa 0,0953040 gewesen sein, anstatt
der heutigen 0,0933088. vas gibt natürlich nicht viel aus, darf aber
doch nicht unerwähnt bleiben, da es in unserem Sinne vermindernd auf
die Jahresslutkräfte wirkt.
wichtiger selbstverständlich ist die Tatsache, daß vor denselben
5000 Jahren die Nordkappe den längeren und strengeren Winter
hatte. Sie scheint damals als größere, dickere, stärkere und auch tiefer-
tauchende Rappe bestanden zu haben und sogar manchmal auch bis
näher an den Äquator heran ungeborsten geblieben zu sein.
Aber auch dann hatte sie sich gewiß nicht in einem dem Äquator
gleichlaufenden Riß abgelöst, sondern stellte eine schartig losgebrochene
Rappe dar, mit einem an Einbuchtungen reichen und wahrscheinlich
zuweilen stark ausgezackten Rande. Taucht nun eine dermaßen
schartig losgeborstene Rappe nur mäßig, so wird das Wasser nicht
ringsum in entsprechender Menge über den Rappenrand empor-
schwallen, sondern mehr an den Einkerbungen des schartigen Randes,
da ja die Zacken sich mäßig über dem Meeresspiegel erheben. Line
derartig einbrechende Leflutung kann selbstredend nicht in geschlossener
Ringflutwelle zum Pol vordringen, sondern nur in den einzelnen von
den Reiben ausgehenden Strömen. Und diese Ströme können auch
nicht geradeswegs zum Pol fließen, sondern müssen passatartig nach
Gsten ausgebogen sein. Wir brauchen uns dabei nur vorzustellen,
daß jeder Teil des Äquators innerhalb von 24^4 Stunden an seinen
Ausgangspunkt zurückkehrt, dabei aber den weg eben um den ganzen
Äquator herummacht. Sn Polnähe aber wird innerhalb der gleichen
Zeit bei einer Umdrehung ein viel geringerer weg zurückgelegt, würde
man also einen mit Äquatorschwungkraft versehenen Rörper eilig nach
Norden bewegen, also in Gebiete, die sich relativ zum Äquator langsamer
drehen, so würde er nach Gsten in der Richtung der Sterndrehung vor­
aneilen müssen, denn er besitzt eben die Schwungkraft des Äquator­
gebietes, also des größten Rreises, und würde in einen kleineren Rreis
versetzt eben schneller laufen müssen als die Eigenteile dieses Gebietes,
120 Entstehung der Streifen.

Mit anderen Worten: weil die Umdrehungsgeschwindigkeit der


niederen Breiten größer ist als die der höheren, so muß das vorwärts­
strömende Wasser auch nach Gsten ausweichen. Eine derartige teil­
weise und stromartige Rappenüberflutung muß sich daher auch auf
passatartigem Spiralwege dem Pol nähern.
wir brauchen nun nur unsere Abbildung anzusehen, um zu er­
kennen, datz auch hier wieder die abgeleiteten Notwendigkeiten mit
den Beobachtungstatsachen vollauf übereinstimmen, denn die „Trai­
ners blanches" sind eben nichts anderes als die von einem etwas
erhöhten Eisrand eingefatzten und mit Eisgeschiebe auch etwas er­
höhten Lisbetten solcher Spiralströme. Auch das am Pol befindliche
Eisgeschiebe, welches der Strömung halt gebot, ist auf der Abbildung
sichtbar.
Daß die Ströme an den Seiten dammartig eingefatzt sind, liegt
daran, datz sie selbstredend nicht in der ganzen Breite, solange sie
flüssig waren, gleich tief blieben, sondern sich an den Ufern aus-
dünnen mußten. An diesen seichten Stellen wurde das Wasser rasch
niedergefroren, so datz ein solcher §lutz sich bald seine eigenen Dämme
schuf, zwischen denen er dann in mehr gleichmäßiger Tiefe dem Pole ;u-
strömte. Es kann aber nicht ausbleiben, daß auch die Zlußbetten
sich während des ruhigeren Strömens in der ganzen Breite überkrusten
und so eine Art Lisstoß dem Pol zubringen mußten, hier wurde er
dann eben als das uns sichtbare Eisgeschiebe abgelagert, ver ganze
Vorgang währte aber nur begrenzte Zeit und mußte allmählich ins
Stocken geraten und erstarren. So blieben einige spiralförmige, etwas
erhöhte Streifen von Lisgeschiebe über die Polarkappe hingelagert,
welche bei der nächsten, vielleicht mehr allgemeinen Rappenüberflutung
trocken lagen und nun als die sog. „Trainses blanches", also als weiße,
Helle Spiralstreifen, auch dann noch aus dem Dunkel hervorleuchteten,
als die allgemeine Überflutung schon längst wieder erstarrt und zu
einer zusammenhängenden vunkelüberfrierung geworden war.
heute wären diese Ströme nicht mehr möglich, denn heute zer­
bersten die niederen Breiten, bevor solche Spiralpassatströme in Gang
kommen. Und auf einer geborstenen Rappe sind solche Wasserströme
schlechterdings undenkbar. Und bersten muß ja jetzt die Nordkappe,
weil sie jetzt die dünnere ist. Aber als sie vor 5000 Jahren den längeren
und strengeren Winter hatte und überdies die Marsbahnausschweifung
eine Spur kleiner war, da barst die Nordkappe eben nicht, sondern blieb
vammstreisen. 121

bis in niedrigere Breiten hinab ein Stück, so daß damals solche Passat­
spiralströme möglich waren, wer gegen diese Deutung etwas ein-
zuwenden hat, der möge es nur dann tun, wenn seine Erklärung der
weihen Streifen als Glied einer weltenschöpferischen Gedankenkette
gelten kann.
wenn Schiaparelli diese weihen Streifen bis zum Äquator
hinab und sogar auch darüber hinaus andeutet, so ist hier vielleicht
ein wenig Lrgänzungsbestreben schuld. Es bietet sich aber in dieser
Hinsicht dem Beobachter Gelegenheit, die Angaben Schiaparellis
nachzuprüfen.
Sollten später Vorgänge eingesetzt haben, welche die bereits mit
den Spiralströmen versehene Rappe zum Zerbersten brächte, so mühten
die sog. Ranäle an den Stellen, wo sie die vammstreisen durchqueren,
nur als sehr feine Striche sichtbar sein; denn wir wissen ja, dah die gute
Sichtbarkeit der Ranäle von dem emporschwallenden Gzeanwasser
erzeugt wird, das sich zu beiden Seiten der Risse die Ureisschollen be­
netzend ausbreitet. Eine solche Ausbreitung ist aber auf den erhöhten
vammteilen ausgeschlossen.
vie Beobachtung bestätigt vollauf die hier gegebene Ableitung,
ver einfache Augenschein darf also als ein Beweis dafür gelten, dah
die Tranees blanches ein etwas erhöhtes Eisgeschiebe auf ebener Eis­
fläche darstellen, da der Ranal in schön gleichmäßiger Breite von beiden
Seiten an den weihen Streifen herankommt, über die Streifenbreite
hinweg aber zu einer schmalen, kaum sichtbaren dunklen Linie zu-
sammenschrumpft. ver Sprung durchsetzt also wohl ungehindert auch
den Geschiebestreifen, während die Überflutung zu beiden Seiten der
Sprungränder sich im Bereiche des Geschiebes nicht so weit auszu-
breiten vermochte, wie auf der ebenen Eisfläche.
ver in unserer Abb. 41 sichtbare, von Ranälen durchbrochene
weihe Streifen hat allerdings nicht das Aussehen der Spiralstrom­
betten aus Abb. 40. Es kann da aber auch eine Verzeichnung vorliegen.
Immerhin könnte es sehr wohl jener Spiralstreifen sein, der von drei
dunklen Streifen durchsetzt auf VIo in Abb. 40 zugeht. Sollte der weihe
Streifen in Abb. 41 aber etwas anderes sein, als das geschilderte Spiral­
strombett, so bleibt dennoch nur die Überzeugung übrig, daß es sich
notwendigerweise um eine geringe Erhöhung des Lisgeländes handelt.
Es könnte vielleicht eine in sanft geneigter Bahn anlangende grohe
Lissternschnuppe oder ein kleiner Marsmond gewesen sein, der seinen
122 Umfang der welteislehre.

Baustoff so hingelagert hat. Aber auch Beflutungseis könnte da einen


Zaltenrücken angeschoben haben.
wir haben damit wohl das allergrößte Marsrätsel abgeleitet,
ohne auch nur wie in den gesamten vorhergehenden Vorlegungen
einer einzigen Zwangsannahme zu bedürfen. Eins hat sich aus dem
anderen mit einer derartigen
Zwangsläufigkeit ergeben, datz man
schon diese vinge als einen völlig
hinreichenden Beweis für die Rich­
tigkeit der Welteislehre betrachten
kann, wir haben es aber nicht
nötig, uns auf einen einzigen sol­
chen Beweis zu versteifen, sondern
wir dürfen behaupten, datz es ganz
gleichgültig ist, welches Gebiet wir
herausgreifen, ob wir die Sonnen-
flecken, den Saturnring, die Neuen
Sterne, die Spiralnebel, ob wir
Abb. 41. die Entstehung der kohle, des Erd­
weißer Streifen von „Kanälen" öles oder des Salzes, ob wir die
durchbrochen oder „Kanäle" von Ursachen des Wetters, der Hagel­
einem weißen Streifen überlagert.
schläge oder Zyklone, der tropischen
Regenzeiten, ob wir die Entstehung
der Arten, den Artentod oder die Versteinerungen, ob wir die klima-
schwankungen oder die Ursachen der Kulturen, ob wir die Verteilung der
Pflanzen und Tiere über die Erde, ob wir Fragen der Lebensgestaltung,
der schöpferischen Kraft oder der Seelenstimmungen auf Grund der
Welteislehre betrachten — es bleibt sich gleich, überall auf Grund des
einzigen Gedankens, datz das Weltgeschehen durch den Gegensatz von
Glutstoff und Eis in Gang gehalten wird, überall erschlicht sich uns
das Sein und seine Umwelt in gleich zwangsläufiger Weise, wie sich
uns die bisher so dunklen Rätsel des Mars geradezu als Selbstverständ­
lichkeiten enthüllt haben.
vas Leben selbst ist es, das unserer Weltanschauung recht gibt,
und das Leben selbst wird es sein, das die Welteislehre zum Siege
führt, denn niemand wird es sich entgehen lassen, die Gesetze seines
eigenen Lebens kennen zu lernen, die Gesetze, welche annoch so
dunkel und rätselreich sind, daß es wie eine Träumerei klingt, sagen
vie Uferlosigkeit der Gzeanr. 123

zu dürfen: Wir wissen, was wir tun müssen, um zur Vollendung zu


gelangen ^).
Ich weiß wohl, daß ich hier ein Gebiet anschneide, dessen Sinn
noch tief verborgen ist und das doch den Inbegriff dessen ausmacht,
was jedes wahren Menschen Ziel bedeutet, das Hochziel, wirklich und
wahrhaft Mensch zu sein. Und ich weih, daß man ungläubig den Kopf
schütteln und glauben wird, ich redete hier von wolkenkuckucksheimen.
Aber ich spreche von Tatsachen; von Tatsachen, die so überwältigend
sind, datz sie wie eine Offenbarung klingen und doch im tiefsten ver­
stände klar und kühl beurteilt nur eines sind: natürliche Notwendig­
keiten. Ihre Gesetze sind heute erschlossen. Nirgends sind sie geheimnis­
voll, so wie sie auch nicht geheimnisvoll waren, als wir daran gingen,
die Erscheinungen des Mars abzuleiten, und wie sie auch nicht geheim­
nisvoller werden, wenn wir nun daran gehen, die bisher ganz unfaß­
bare Erscheinung der Marskanalverdoppelungen aufzuklären.
Gegen die verhältnismäßig schwierige Deutung der Trainees
blanches ist die für den gebildeten Laien gewiß überaus fesselnde und
bisher kaum verständliche kanaloerdoppelung nur mehr ein Kinder­
spiel. Um sie zu verstehen, müssen wir allerdings um lange Zeiträume
in jene Zrühvergangenheit des Sternes zurückgehen, da er sich, soweit
es seinen Gzean anbetrifft, erst zu entwickeln begann, wir erinnern
uns aber, daß das uferlose Meer des rot leuchtenden Sternes durch
Einfang von Hunderttausenden kleiner Eisplanetoiden ganz allmählich
entstanden ist, die vielleicht 5—20 und mehr Kilometer Durchmesser
besaßen, viele Zahrmillionen mögen vergangen sein, während so das
uferlose Meer gleichsam von innen heraus aufgepumpt wurde.
Vie völlige Vereisung, d. h. die Uferlosigkeit des Marsozeans
liegt gewiß bereits Hunderte von Zahrmillionen zurück. Sie konnte aber
nur deswegen eintreten, weil etwa dann, als die Tiefe des Wassers
3—4 irrn besaß, die Wärme des Marskerns aufgezehrt sein mußte;
eine Zersetzung des Wassers konnte nicht mehr stattfinden. Damit
aber war, wie wir schon früher gesehen haben, die Entstehung
einer weiteren Lufthülle unterbunden, und nurmehr der
aus dem Weltraum stammende, um den Mars infolge seiner
Schwerwirkung verdichtete Wasserstoff war in der Lage,
eine nur äußerst dünne Gashülle zu bilden. Diese leichte
und der Weltraumkälte kaum einen Widerstand entgegen­
setzende Schicht vermochte an keinem Punkte des Mars,
124 Einsturz eines Planetoiden

auch in den sogenannten Tropen nicht, die Vereisungzu


unterbinden. So mußte unser Nachbar allmählich auch am
Äquator sich mit einer dicken Eiskruste überdecken.
Wenn wir dies vorausschicken, so schließt diese Nngabe keinesfalls
die Tatsache aus, daß der Marsozean von innen her ausgepumpt
wurde. Wir wollen auch hier wieder von außen die Geschehnisse
wirken lassen und zuschauen, was sich notwendigerweise ergeben muß;
denn gerade die von außen kommenden Erscheinungen haben uns ja
gelehrt, daß der Zeineis- und der Grobeiszufluß die beiden inneren
Wandelsterne Merkur und Venus in Verbindung mit ihrer Sonnen­
nähe haben vereisen lassen. Nuch die Erde hat diesen doppelten Zu­
fluß, da die Lisschnuppen als Roheis und die Zirruswolken als Zeineis
den Wasserhaushalt unseres Heimatsterns regeln und das Leben er­
möglichen. Würden beim Mars nur diese Verhältnisse vorhanden sein,
so würde er, wie wir schon wissen, infolge seiner weiten Entfernung
von der Sonne nur so wenig unmittelbaren Grobeis- und Zeineis-
zufluß erhalten, daß er der weitaus wasserärmste Wandelstern der
ganzen Sonnenwelt sein müßte. Erst als Grenzwächter der
inneren Planetenwelt wird er eben durch den Einfang der
außerhalb seiner Lahn kreisenden Eisplanetoiden mit
Wasser so reich versehen, daß er an Dzeantiefe alle seine
inneren Geschwister übertrifft.
Sehen wir uns nun einmal den Einsturz eines solchen Eisplane­
toiden aus dem Mars an. Man darf nicht denken, daß ein solcher,
wenn auch verhältnismäßig winziger Körper etwa nun aus dem
Weltraum unmittelbar senkrecht auf den Mars einstürzen würde. Er
muß vielmehr, ist er groß genug, zum Monde des Mars werden oder
bei entsprechender Kleinheit als Sternschnuppe sein Mittengestirn
mehrmals umschwingen, bis er mit immer noch außerordentlich hoher
Endgeschwindigkeit in der Äquatornähe in sanft geneigter Bahn ein-
schietzt, um hier die im Verhältnis zu der Gewalt des auftreffenden
Körpers dünne Gürtelkruste meist scharf zu durchschlagen. Selbstredend
ist auch der §all leicht denkbar, daß die vurchstoßung mißlingt und eine
teilweise infolge des Stoßes und der dadurch entstehenden Wärme
eintretende Verflüssigung stattfindet, die durch baldiges Wieder­
erstarren eine zwar örtliche, wenn auch etwas länglich geformte Mehr­
belastung der dünnen Gürteleisgebiete darstellt. Diese örtliche Ver­
größerung des Gewichtes wird im Laufe der Zeit dadurch ausgeglichen,
klufpumpung des Dzeans. 125

datz der entstandene Eishügel derart auf die unterste Eisschicht drückt,
daß diese langsam tiefer sinkt. Daraus würde eine in das Gzeanwasser
hineinragende Eisnase folgen, die nun aber sofort bei Entstehen ab­
geschmolzen werden müßte, so datz die für jene Breiten notwendige
und entsprechende Eisdicke immer wiederhergestellt bleibt. Dieser
Vorgang, der sich also im Laufe vieler Zahrmillionen zahlreiche Male
wiederholt hat, lätzt es nun verständlich werden, warum wir die Ver­
stärkung des Marsozeans eine voninnenaufpumpung nannten.
Denken wir uns also die Zeit, als der erstmalig völlig überkruftete
Marsozean die weiteren tausend oder zehntausend Eisplanetoiden ver­
schluckt hatte. Dann wird, wie wir sahen, die Tiefe des uferlosen Meeres
zugenommen haben. Inzwischen mußte aber das Marseis auf seinem
Wege um die Sonne nicht nur in Ureistafeln zertrümmert, sondern es
mußten auch die Vruchränder der in jedem Marsjahr zweimal bei der
Ausbauchung und Einbauchung neu gerichteten Ureistafeln ein wenig
auseinandergerückt werden. Zwischen die Ureistafeln bauten sich die
schon beschriebenen Zungeisstreifen.
Da der Einfang der Eisplanetoiden
aber ein Dauervorgang blieb, so
wurden die Zungeisstreifen allmählich
immer breiter und breiter. Im Laufe
Hunderter von Zahrmillionen, in denen
es nie an Liseinfang mangelte, wuchs
der Vzeaninhalt des Mars also immer
weiter. Trotzdem sind die Ureistafeln
bei nur etwas größerer Krümmung
an Zlächengröße und Zorm fast immer
dieselben geblieben, während nur die übb. 42.
Breite der dazwischengefrorenen Zung- Formelhafte versinnlichung des
eisstreifen dauernd sich vergrößert hat. Zahrmillionen langen Gzean-
Es ist also sehr leicht einzusehen, anstieges in 4 zeitlich durch
große Zwischenräume getrennten
daß es endlich soweit kommen mußte,
Zuständen I—IV zur Erklärung
daß einzelne alte Bruchländer nun der so geheimnisvollen Kanal­
bis auf 10, 20, 30 und mehr Kilo- verdopplungen.
meter auseinander gewichen sind.
Un diesen Notwendigkeiten läßt sich nicht rütteln, wir wollen
aber der Sache dennoch eine ausführlichere Betrachtung widmen, um
in allen Einzelheiten auch völlig verstanden zu werden, vor allem des­
126 Kanalverdoppelungen.

wegen, weil uns hier noch einmal die Formänderung der Marskugel
je nach ihrer Stellung zur Sonne beschäftigt.
Denken wir uns den Mars einmal von rund 6700 Irrn Durchmesser
und seinen aus Fixsternbaustoff bestehenden Kern schön gerundet von
etwa 5900 Kur Durchmesser, so bleibt eine Gzeantiefe von 400 km. Vie
Oberfläche dieses uferlosen Meeres wäre dann seit der beginnenden
ersten Vereisung des Kerns um rund 30000000 Quadratkilometer
vergrößert worden, wenn wir nun die erste, vorhin beschriebene frei-
schwimmende Eiskugelkruste uns ganz regelmäßig zersägt vorstellen,
so wie das unsere Abb. 42 zeigt, so beobachten wir ein grundsätzlich
immer gleiches und immer zunehmendes wachsen der Jungeisstreifen,
da ja die Ureistafeln infolge des Wasserzuwachses immer weiter aus­
einander weichen müssen. Durch diese formelhafte Aufteilung des
Eisozeans in Sprünge, die parallel zum Äquator laufen, und solche,
die senkrecht auf ihm stehen, gewinnen wir nun auch eine erleich­
terte Vorstellung dessen, was wir früher mit Stoßfugen bezeichneten.
Seim Ausbauchen um die Zeit des Marsfrühlings muß, wie wir wissen,
der Marsgürtel zu enge werden. Es werden also vorwiegend in den
Tropengegenden die auf dem Äquator senkrecht stehenden Risse auf-
brechen müssen. Ein halbes Marsjahr später, im herbst, wenn das
Einbauchen beginnt, wenn also die beiden Polkappen auseinander­
streben, ihre Entfernung also vergrößern, müssen in erster Linie die
dem Äquator gleichlaufenden Stoßfugen ringsum bersten. Dieses
Ereignis tritt ja nun dauernd auf bei dauerndem Zuwachs des tvzean-
wassers, dauerndem Auseinanderrücken der Ureisschollen und dauern­
dem Wachsen der zwischen sie gebauten Zungeisstreifen. Allmählich
kommen wir dann zu einem so weiten Auseinanderstehen der Ureis­
schollen, wie sie unsere Abbildung bei IV zeigt.
Reißen nun im Zolle der Ein- oder Ausbauchung die Zungeis-
streifen nur einerseits von den Ureistafeln los, so werden die früher
schon erörterten Wasseraustritte längs der Sprünge und die daraus
folgenden dunklen Frischüberfrierungen im Fernrohr als feine dunkle
Linien sichtbar. Das aber geschieht erst dann, wenn der durch die
Verdampfung entstandene Eisnebel verschwunden ist. was wir sehen,
sind dann die uns bereits vertrauten „Kanäle".
Ganz anders aber wird das Bild, wenn einzelne der Zungeisstreifen-
stücke sich beiderseits von den Ureistafeln ablösen. Dann erblicken
wir notwendig zwei wie Eisenbahnschienen nebeneinander laufende
Lösung der Kanalverdoppelungen. 127

parallele, dunkle Linien. Und nun drängt sich uns ganz von selbst
eine Erklärung auf, denn was wir eben beschrieben, ist nichts anderes
als das von den bisherigen Marsforschern niemals ent­
schleierte Rätsel der Ranalverdopplung.
Nun bieten aber auch diese Ranalverdopplungen an sich mancher-

klbb. 43.
vas Wesen der sog. „Marskanal "Verdopplungen im Sinne der welteislehre.
Die 4 Lckbilder I, II, III und IV sollen die nach vielen Jahrmillionen zu be-
messende Tiefenzunahme des Marsozeans durch den Eisplanetoideneinfang
versmnlichen. Deren in regelmäßige „Eirtafeln" aufgeteute weiße Flächen
dagegen stellen je einen Bruchteil der freischwimmenden Glazialsphäre des
Mars dar,- ihre schematiche aradnetzartige Zerteilung soll als vereinfachende
Voraussetzung die Erklärung der im mittleren Figurenteile im größeren Maß­
stabe dargestellten „Kanalverdopplungen" erleichtern (Zeichnung hörbigers).

lei Sonderbares und es erscheint darum nötig, nun nach vurchschauung


der sie verursachenden Gründe doch noch etwas näher auf sie einzu-
gehen. wie in Abb. 42, so zeigen in Abb. 42 die vier Lckbilder I, II,
III, IV die nach vielen Jahrhundertmillionen zu bemessende Tiefen-
zunahme des Marsozeans durch den mehrfach beschriebenen Lis-
128 Breite der Ranalverdoppelungen.

Planetoideneinfang. Denken wir uns also die Eisdecke wie gezeichnet


im Sinne des Gradnetzes eines breiten Gürtels in einzelne große
trapezförmige Tafeln zersägt. Jeder eingesangene Eisplanetoide
muß nach Durchlebung einer längeren Bkarsmondzeit die Eiskruste
durchschlagen, so datz wir uns den Gzean von innen heraus geradezu
millimeterweise aufgepumpt denken dürfen. Im Mittelbilde ist diese
Tiefenzunahme des bekrusteten Marsozeans nochmals vergrößert
dargestellt, wir sehen da diese zersägten Ureistafeln nach Maßgabe
des Gzeananstieges auseinanderweichen und Jungeisstreifen da­
zwischen sich einbauen. Diese Streifen aber können am Rande niemals
die Dicke des Ureises erlangen, sondern müssen bei auftretenden Span­
nungen sich immer wieder einerseits oder beiderseits loslösen. Man
mißverstehe da nicht: Es sind dies Huerschnitte senkrecht zu den
Sprüngen, wie mit a b und o ä in den vier Eckbildern gekennzeichnet.
Es ist klar, daß solche Jungeisstreifen etwas tiefer liegen müssen als
die Ureistafeln, da jede Tafel nur mit einem Zehntel ihrer Stärke aus
dem Wasser emporragen kann.
vie Anschauung, daß, wie man bisher sagte, Ranalverdopplungen
oder, wie wir jetzt erkennen, das beiderseitige Losbrechen eines Jung-
eisstreifens, nur dann sichtbar werden könnte, wenn die Breite solcher
Linien mindstens 30 km betrüge, scheint uns eine optische Übertreibung
zu sein, da die Färbung der Linien zweifellos recht dunkel ist; da ferner
die Begrenzung scharf und der Gegensatz zu den Hellen Ureistafeln
grell ist, werden wir die praktische Erfahrung sprechen lassen dürfen,
daß allerfeinste schwarze Linien auf weißem Papier um so besser noch
immer sichtbar bleiben, je länger sie sind. Ein kurzer, seiner Strich
kann übersetzen werden, aber eine lange seine Linie fällt uns auch auf
größere Entfernungen noch immer auf. So glauben wir, daß man tief­
schwarze lange Wasseraustritte bzw. Überfrierungen längs der auf­
gebrochenen Sprünge auf hell bereiftem Eisgrunde mit den heutigen
Rohren auch dann noch sehen wird, wenn sie etwa 15,10 oder gar nur
5 kni breit sind. Nicht, daß wir etwa eine 30 km breite Beflutung nicht
für denkbar hielten — aber es wird nicht nötig sein, immer mindestens
so breite Leflutungen anzunehmen, um sie erkennen zu können, wenn
z. B. ein Streifen 60 km Breite hat, so ist anzunehmen, daß dies eben
die ganze Breite des Jungeisstreifens ist, der von beiden Seiten
aufgebrochen von den beiderseitigen Wasseraustritten völlig über­
flutet wurde
verschiedene Breite. 129

Diese Hinweise mögen hier gegeben sein, weil wir sie später noch
bei der Tiefenberechnung des Marsozeans benötigen werden. Aus
unserer Abb. 43 IV sind die Jungeisstreisen etwa 120—140 Kur breit.
Es ist doch anzunehmen, daß die beiden Linien noch sichtbar sein
müssen, wenn sie ein Zehntel dieser Jungeisstreifen, also etwa 12,
15 oder 20 Kur breit sind.
An sich sind zwar diese Überlegungen nicht von so grundlegender
Wichtigkeit. Aus Gründen der Vollständigkeit durften sie aber hier
nicht unerwähnt bleiben.
Doch kehren wir zu den Verdopplungen selber zurück.
Bisher gab es kein Mittel, auch nur im entferntesten sich eine
Vorstellung darüber zu machen, wie ganz plötzlich zwei gleichlaufende
Kanäle von Hunderten von Kilometern Länge sichtbar werden konnten.
Es geschieht dies nämlich in so kurzer Zeit, datz auch diejenigen wie
vor einem Wunder stehen, welche auf dem Mars wirkliche Kanäle
zu erblicken glauben; denn auch das Zlietzen von Wasser braucht einige
Zeit. Da mützten wohl auch die glanzvollsten Ingenieurgedanken vor
der Sprödigkeit des Stoffes auch dann zurückschrecken, wenn es sich
um die Meisterung von Wasserbewegungen handelt. Aller Schleusen-
bau würde uns niemals sagen können, warum zu einem heute vor­
handenen Kanal von wie gesagt Hunderten von Kilometern Länge
morgen ein zweiter gleichlaufender vorhanden wäre. Erst die Welt­
eislehre gestattet uns da eine klare und alle Erscheinungen deutende
Einsicht in die Verhältnisse und steht mit ihren Ableitungen im vollen
Einklang mit den Beobachtungstatsachen.
Mit den Einsichten über die wirklichen Ursachen der Kanalver­
dopplung sind wir aber auf einen weg gelangt, der noch mancherlei
andere Dinge klärt. Aus unserer Abb. 43 sehen wir deutlich nicht nur
das Breiten-, sondern auch das Tiefenwachstum der zwischen den
Ureistafeln sich einbauenden Iungeisstreifen. Es ist nun bekannt,
datz Eis auf dem Wasser schwimmt. Dabei tauchen neun Zehntel in
die Flüssigkeit ein, während ein Zehntel aus dem Wasser emporragt.
würden wir also die Dicke des Marseises an irgendeiner Stelle mit
10 km annehmen, so würden zwei dort befindliche Ureistafeln 9 kva
tief im Wasser liegen und 1 krn in die dünne Wasserstoffatmosphäre
des Mars emporragen. Diese Tatsache würde in dem Augenblick
sichtbar werden, sobald die Schollen bei der Ausbauchung etwas aus­
einanderweichen. Stände in diesem Augenblick ein Beobachter am
Stichen, Der Mars. g
130 verschiedene Breite.

Rande einer solchen Bruchspalte und wäre er in der Lage, bis auf das
Seewasser hinabzublicken und die Tiefe zu messen, so würde er, sofern

Rbb. 44.
Vier verschiedene Möglichkeiten der einfachen und doppelten „Ranalbildung"
auf Mars in formelhafter Darstellung. Oben vertikaler Schnitt durch das frei-
schwimmende Ureis mit Querschnitten durch verschiedene, weit auseinander­
gewichene alte Sprungränder und dazwischengebaute Jungeisstreifen. Unten
Draufsicht auf die Oberfläche des Ureises nebst Darstellung der Sprungrand­
überflutungen durch Ouerbeschraffung. I — ein noch wenig erweiterter
Sprung im Ureise mit schmalem Jungeisstreifen. Seim wiederaufbruch
findet das aufsteigende Wasser erst eine kleine Senke vor, die es sofort erfüllt,
und überlausend beflutet es die Sprungränder in durchaus gleicher Breite
und gefriert sofort als einfache, von der Erde aus sichtbare dunkle Linie
nieder. 2 ----- derselbe Vorgang bei viel weiter auseinandergewichenen Sprung-
rändern. Da; austretende Wasser erfüllt jetzt wohl auch noch die ganze Breite
der durch den Jungeisstreifen gebildeten Niederung, ohne sie überborden zu
können. Das Ergebnis ist ein von der Erde aus besonders gut sichtbarer
breiter, scharf begrenzter Dunkelstreifen. 3 --- derselbe Vorgang wie in
2 bei noch weiter auseinandergewichenen Sprungrändern. Das beiderseits
austretende Wasser vermag nicht nur die geringe Senkung nicht mehr zu er­
füllen, sondern es fliehen die beiderseitigen Leflutungswellen auch schon nicht
mehr ineinander. Es ergeben sichzweifeinere parallele Linien, die natür­
lich auch dann noch sichtbar bleiben, wenn die Überflutung nieder- und
die Berstung wieder zu gefroren ist. 4-----ähnlicher Vorgang bei sehr weit
aureinandergewichenen Rändern eines sehr alten Ureissprunges. Der
Jungeisstreifen mag schon die Dicke des Ureises erlangt haben und seine Ober­
fläche bildet daher auch keine Senkung in der Lisoberfläche mehr. Das austre­
tende Wasser ergießt sich zu beiden Seiten beider Sprungränder, und nach seinem
Niedergefrieren bleibt eine sehr breitgeleisige Doppellinie gut sichtbar.
Manchmal bricht in 3 und 4 der Jungeisstreifen nur einerseits vom Ureise
los, um eine einfache Dunkellinie zu erzeugen (Zeichnung hörbigers).
Zwölf Arten der Doppelung. 131

die Zlutwirkung, also das Emporschwallen von Wasser ausgeschaltet


bliebe, den Seespiegel erst in einer Tiefe von l stm unter sich erblicken.
Gefriert also nun zwischen den voneinander gerissenen Ureisschollen
das ausströmende Wasser bei der Ausbauchung zu einem Zungeis-
streifen, so wird dieser bei der beginnenden Einbauchung herabgebogen
werden, denn unter dem Jungeisstreifen befindet sich gewissermaßen
ein Unterdrück, von Jahr zu Jahr werden selbstverständlich diese
Zungeisstreifen sowohl an Breite wie auch an Dicke wachsen, aber nur

Abb. 45.
Zwölf verschiedene Vorgänge der einfachen und doppelten „Ranal"bildung
auf Mars in formelhafter Querschnitt- und Grundritzdarstellung (nach hör­
biger).

die allerältesten Zungeisstreifen werden die Dicke der Ureistafeln


besitzen und deswegen mit ihrer Oberfläche in gleicher Höhe des Ureis-
spiegels liegen. Lricht im letzten Zalle ein solcher Jungeisstreisen von
-er Ureistafel los, so kann der Wasseraustritt natürlich zu beiden Seiten
-es Sprunges erfolgen.
Liegt aber die Oberfläche des Zungeisstreifens tiefer als das
Ureis, so wird bei einseitigem Losbrechen das ausgetretene Wasser
nur das Zungeis in entsprechender Breite benetzen können, während
die wesentlich höher gelegene Ureisscholle als Eishochebene nach ihrer
9*
132 Gegend der Sonnenseer.

Seite hin keinerlei Wasser fließen lassen kann. Sofern nun der Jung-
eisstreifen sich beiderseits von den Ureisschollen löst, ist bei entspre­
chender Breite und entsprechender Wasseremporschwallung sehr wohl
der Zall möglich, daß beide Wasseraustritte einander erreichen. Dann
bietet sich der Jungeisstreifen in seiner ganzen Breite dem Beschauer
als frischüberfroren, also dunkelgefärbt dar. Derartige sehr breite
„Uanäle" sind den Beobachtern wohl vertraut.

Abb. 46.
vie Gegend des Sonnenseer auf dem Mars nach einer am 8. 10. 18S4 von
vouglas unter besonders günstigen Sichtbarkeitsverhältnissen gewonnenen
Aufnahme, hier handelt es sich nur um Nleinoerbruch ohne Verdopplungen.
Jüngere bis ältere Sprungrandüberflutungen und Ganzüberflutungen sind
deutlich zu erkennen, vorurteilsfrei betrachtet ist hier das Tafeleis geradezu
mit Händen zu greifen, vr. M. wilh. Meger als Verteidiger der Marsinge-
nieure sagt hierzu folgendes: „vas Bild zeigt ein kompliziert angeordnetes
Kanalsgstem und in ganz besonders auffälliger Weise die Fortsetzung der
dunklen Kanallinien über das Land hinaus bis in die dunklen Gebiete der sog.
Meere, in deren Innern hier ein ebensolches kompliziertes Kanalsgstem auf-
tritt, wie in den Landgebieten. Ls ist schlechterdings unmöglich, sich
solche parallelsgsteme, welche auf der Erde nur die vollendetste
Zeldmetzkunst hervorzubringen vermag, allein durchun; bekannte
Naturkräfte entstanden zu denken."
wissenschaftliche Träumereien. 13Z

wir sind jetzt auf Mars gewissermaßen schon ganz „zu Hause".
Daher dürfte es reizvoll sein, an die Klärung einer der berühm­
testen Marsgegenden zu gehen, deren nähere Gberflächengestaltung
uns Schiaparelli vermittelte. Sie ist unter dem „kanalschleusen-
rätsel Hydraotes-Nilus" bekannt geworden (Abb. 47).
vas Bild ist deshalb lehrreich, weil die beiden Aufnahmen aus
den Jahren 1882 und 1886 vielfach dazu benutzt wurden, um das
Vorhandensein von Wasserbauingenieuren auf dem Mars zu „be­
weisen". Es dürfte ganz kurzweilig sein, diesen Ingenieurnachweis
aus dem Buche von Gtto Droh, „Mars, eine Welt im Kampf ums
Dasein", wenigstens auszugsweise kennenzulernen. „Ein äußerst
lehrreiches Beispiel," so schreibt Droh, „für die offenbare Beherr­
schung des hydraulischen Riesenwerkes liefern uns die Beobachtungen,
welche Schiaparelli während der Jahre 1882 und 1886 an dem Kanal-
system Hydraotes-Nilus gemacht hat. Auf den ersten Blick sieht man
aus Schiaparellis Zeichnungen, daß im Jahre 1882 das Kanalsystem
reicher ist als im Jahre 1886, da drei Kanäle sich verdoppelt haben
und zwei einfache Wasserläufe, sowie zwei Wasserbecken neu hinzu­
gekommen sind, während ein drittes seine Gestalt geändert hat. Zu­
gleich bemerken wir aber auch, daß der Wasserreichtum der Gegend
im früheren Jahre ein größerer war als im letzteren r denn die Neben-
läufe von Jamuna, Ganges, Nilokeras ... (usw. usw.) verdanken un­
mittelbar oder mittelbar ihr Dasein bzw. ihren Größenzuwachs dem
höheren Wassergehalte der beiden Meerbusen. — Bei oberflächlicher Ve­
rachtung könnte man allerdings das Gegenteil annehmen usw. usw....
— wir wollen uns an dieser Stelle nur folgende Zragen vorlegen:
Erstens: Ist es ohne die Annahme einer willkürlichen Beherr­
schung des Kanalsystems zu erklären, wie das zwischen Margaritifer
Sinus und Jamuna liegende Teilstück des Hydraotes-Nilus einfach
verschwinden und das homologe Stück des Nebenkanals von der
Jamuna an im vergleich zu dem übrigen Kanalteil sich bedeutend
oerschmälern kann? Wir müssen mit.Nein' antworten, ob wir nun
annehmen, daß die Regulierung von dem Margaritifer Sinus, Lunae
Lacus oder der Jamuna ausgeht. Zweitens: Weshalb zeigen die
Bestandteile des Lacus Lunae trotz der bedeutenden Wasserzufuhr
gerade jetzt ein so regelmäßiges, trapezartiges Aussehen? Die Ant­
wort kann nur lauten: weil sie bis jetzt bis an ihre Bewehrungen
gefüllt sind und ihr normales Aussehen verraten. Drittens: Ist
134 Das Schleusenrätsel.

die Begrenzung des Lacus Lunae bis zum Ganges, ferner die der
Teilstrecken des Hgdraotes-Nilus bis zur Jamuna eine von Natur
oder Runst so scharf geschaffene, wie wir dies auf der 1886er Zeich­
nung wahrnehmen? Eine ungezwungene Erklärung im ernsteren

Das
Marskanal-„Schleusen-" Rätsel
„Hydraotes-Nilus"
u. seine Lösung imSinne derwLL
Nach L. Schiaparellis Aufnahmen in
den Dppositions-Jahren 1882 u. 1886

— Iungeir-Streifkn M — Jungeis-Nisle
vr --- Ureis-Taseln M «. UI — und u-
Seflutung

iösuog

Abb. 47.
vie beiden linken Bilder zeigen Schiaparellis Aufnahme dieser Nilusgegend
aus den Zähren 1882 und 1886 mit scheinbar ganz verschiedenen Schleusen-
stellungen der vermeintlichen voppelkanäle. vas rechte Bild bringt die Lösung
im Sinne der welteislehre ^Zeichnung hörbigers).

Sinne möchte schwer zu finden sein, viertens: Rus welchem Grunde


sind Lacus Niliacus und Lunae Lacus im Zähre 1882 trotz des größeren
Wasserreichtums des Systems schärfer begrenzt als im Jahre 1886?
weil zur Zeit, da Schiaparelli diese Zeichnung entwarf, die Vegetation
in dieser Gegend entweder noch nicht erwacht war oder in diesem
Marssommer hier überhaupt nicht hervorgerufen wurde, denn es
Marrkulturingenieure. 135

wäre ein großer Irrtum, anzunehmen, daß diese Äquatorialgegenden


und Gebiete der heißen Zone erst warten müßten, bis von irgend­
einer Polarkappe die Schmelzwässer zu ihnen gelangten, um ihren
pflanzenwuchs hervorzubringen. Dieselben kämen stets xosd kestuw.
Denn bevor die Schmelzwässer einen weg von rund 4500 Icm gemacht
und durch das weitverzweigte Kanalnetz sich verteilt hätten, wäre
für diese Gegenden die Zeit des Vegetationellen Antriebs längst vor­
über. Auch tritt die Verdoppelung der meisten Kanäle so frühzeitig,
ja fast gleichzeitig mit dem Eintritt der Sonne in den Zrühlingspunkt
auf" — für die Südhemisphäre Marsort im Schützen —, „daß eine
unmittelbare Verbindung jenes Vorganges mit der Schneeschmelze
des gleichen Zrühlings ausgeschlossen erscheint, vazu dienen ja große
und kleine Staubecken mit, deshalb sind die Kanäle, die stets Wasser
halten, so breit, deshalb muß es in der Hand der Marsbewohner liegen,
ihre Wasserwerke nach ihrem willen zu benutzen—und das ist ja eben
ein Hauptzweck des gewaltigen Kanalwerks, daß sie früher als die
Schmelzwasser zu den kulturfähigsten Gebieten gelangen können, und
diese sind gerade die Tropenländer, daß sie die Bewässerung in Gang
setzen können, veshalbkannauchkeineholtzhegscheununterbrochene
Verbindung zwischen Nord- und Südpol bestehen, denn ein solch immer­
währender Kreislauf wäre das Schlimmste, was den Marsbewohnern
zustoßen könnte. Dieser Eventualität scheint auch von den Wasserbau­
verwaltungen des Mars mit Absicht vorgebeugt zu sein, denn Trivium
Lharontis und andere Becken, vor allem aber der breite Isthmus
zwischen Lacus Niliacus und Mare Acidalium sowie seine schnelle
Wiederherstellung nach der vammbruchkatastrophe machen durchaus
den Eindruck, als ob die beiderseitigen kanalsgsteme nur bis hierher
ungehinderten Gang hätten nehmen sollen." — Soweit der Verfechter
der Marskulturingenieure!
Ver aufmerksame Leser wird sich leicht das folgende aus den
drei Bildern der Abb. 47 ablesen können: vom Hgdaspes-Iungeis-
streifen barsten im Zähre 1882 beide Seiten m und n, und die beiden
Wasseraustritte flössen ineinander, während im Jahre 1886 bloß die
rechte Seite in barst, vom Jungeisstreifen Jamuna barst 1882 erst
die rechte Seite 1!, dann erst später auch die linke Seite ä cl; dazwischen-
hinein barst die untere Seite lc des Nilusstreifens, so daß sich der Sprung
nicht über diese Iamunaberstungl hinaus fortsetzen konnte. Dagegen
barsten 1886 vom Nilus sofort beide Seiten a und x, vom Jamuna-
136 Weltbild der Erde.

gl>b. 48.
Rohe versinnlichung eines teleskopischen Weltbildes der Erde unter Voraus­
setzung völliger Durchsichtigkeit und wolkenlosigkeit der Lufthülle zum ver­
gleich mit den Weltbildern des Mars und der Luna in Abbildung 49 und 50
desselben Maßstabes. Man vergleiche hier die reichgegliederten und zerrissenen
Uferlinien der irdischen Landflächen mit den geraden Linien und langge­
schwungenen kurven auf Mars! — 5elbst wenn wir wissen, daß die Erde
auch in höhenrichtung ein reichgegliedertes Relief aufwcist, auf Mars aber
vermeintlich nur ebene Landflächen bestehen sollen, ist dieser krasse Unterschied
in den Linien auf Erde und Mars durch wirkliche Marslandschaften nicht zu
erklären lnach hörbig er).
Mars und Mond. 137

streifen überhaupt nur die rechte Seite und vom hgdaspesstreifen


auch nur die rechte Seite m. vom Ganges-Nilokerasstreifen barsten
1882 beide Seiten, 1886 aber oben nur die linke und am Nilokeras nur
die obere Seite. Alles weitere
herauszusinden dürste jeder­
mann leicht werden, da sich
keinerlei Schwierigkeiten bie-

Abb. 49.
Ein teleskopischer Anblick des Mars
nach Pros. I. hussegs Aufnahme
vom 17.—20. August 18S2 zum ver­
gleich mit den Weltbildern der Erde
und desErdmondes in Abb.48 und SO
desselben Maßstabes, vas Bild zeigt
nur das gleichzeitig sichtbarGewesene
dieser einen Beobachtung im Gegen­
satz zu denBildern des Schiaparelli
<Übb. 38 und 40), der alle Beob­
achtungen aus mehreren Oppo­
sitionen zusammengezogen hat.

ten, die Erklärung für sämtliche Einzeloorgänge zu finden.


Vie bewegenden Rräfte und die Änderungen verursachenden
Einzelheiten sind uns ja nun
völlig vertraut.
Derartige Kehlschlüsse aber,
wie sie von den Üanalgläubigen
gemacht wurden, konnten allein zu
dem befremdenden Vorschläge
führen, mit den Martiern in Ge-

Abb. 50.
Vas Weltbild des Erdmondes nach
einer in fortschreitender Phase ge­
zeichneten Mondkarte Vpelts zum
vergleich mit den beiden Weltbildern
der Erde und des Erdmondes vom
selben Maßstabe in Abb. 48 und 49.

dankenaustausch zu treten. Unser Erdbild Abb. 48 benutzten wir


deswegen zugleich, um den Plan der Marsmenschenschwärmer zu
138 vor der Entscheidung.

versinnlichen, durch grüne Waldpflanzung in der gelblich-grauen Sahara


den pythagoreischen Lehrsatz den fernrohrbewassneten Marsmathe­
matikern ersichtlich zu machen und ihnen zu bedeuten, wie weit doch
auch wir es schon in der euklidischen Geometrie gebracht haben.
Unsere Astronomen hoffen auf diese Weise auch die Marsinge­
nieure zu veranlassen, uns ein mathematisches Zeichen ihrer hohen
Bildung zu geben. Heuer bei der günstigsten Opposition des Jahr­
hunderts muh es sich also entscheiden, ob die Erdenastronomen
vor allem die eigenen Ingenieure zu verstehen und ernst
zu nehmen wissen werden, oder ob sie sich und ihremJahr-
zehnt vor der Nachwelt in alle Ewigkeit hinein ein heiteres
Andenken sichern wollen ...
Doch die Ranalverdopplungen leiten uns zu noch anderen Er­
kenntnissen.
wir erinnern uns, gehört zu haben, dah unter den gegenwärtigen
Bedingungen gewisse Inseln, wieB. Hellas, hingeschwemmten Eis­
tafeln entsprechen, die unterwegs durch das Bersten und Stoßen ab­
gerundet wurden, vie Hellastafel stammt aus tieferen Gürtelbreiten
und ihr Zehlen in dem ehemaligen Gürteleise gestattete in der Hoch­
zeit der Ausbauchung den übrigen Ureistafeln, sich etwas weiter
auseinander zu bewegen und sich auch ein wenig gegeneinander zu
verdrehen. So konnte es kommen, dah ein an sich keilförmiger und
mäßig gebogener Jungeisstreifen in eine größere Jungeisfläche
„münden" konnte, vaß eine derartige bucht- oder flußmündungsartige
Jungeisfläche, wenn sie nicht gar zu alt ist, tiefer als die sie um­
gebenden Ureistafeln liegt, ist nach den eben geschilderten Erschei­
nungen so selbstverständlich, daß es überflüssig erscheint, auf die
immer wieder leichte Überflutbarkeit hinzuweisen, wir hätten dann
die Entstehungsgeschichte der sog. Nilosgrtis und ähnlicher „Buchten"
und „Seen" kennengelernt.
Aber gerade bei den Seen spielt noch eine andere Erscheinung
ihre leicht durchschaubare Rolle, wir beobachten nämlich, datz dort,
wo sich zwei oder mehrere Ranäle kreuzen, ebenfalls solche Seen ent­
stehen. Sie sind nichts anderes als frischgefrorene Wasserkleckse, ähn­
lich denen, die wir erhalten, wenn wir etwa auf Papier mit breiter
Reißfeder durch einen Punkt mehrere dicke Striche ziehen. Diese lausen
dann ebenfalls klecksartig im Schneidungspunkie ineinander.
So sehen wir, wie einfach sich die Dinge klären, wenn man auf
Tiefenberechnung. 129

dem Boden der Welteislehre den weg der natürlichen Notwendigkeiten


verfolgt. Es gibt kaum eine Erscheinung, bei der sich nicht sofort auch
schon die zwangsläufige Deutung von selbst aufdrängte.
handelte es sich hier um verhältnismäßig leicht überschaubare
Dinge, so werden wir nun sehen, daß sich auch fragen klären lassen,
die scheinbar weit ab von der natürlichen Entstehungsgeschichte der
doppelten Kanäle liegen.
Während wir keinerlei Schwierigkeiten haben, die einfachen
Kanäle mit einem mäßigen, etwa 10—20 kni messenden Gzean bet
sehr dünner Gashülle zu erklären, so fordern die kanaloerdopplungen
einen außerordentlich tiefen Gzean, denn es ist selbstverständlich, daß
bei wenigen Kilometern Tiefe die Ureistafeln auch nur wenig aus­
einander zu rücken vermögen. Erst wenn der Gzean Hunderte von
Kilometern tief ist, erscheint ein Nuseinanderweichen in den uns vom
Mars bekannten Entfernungen denkbar. Ich will hier nicht mit
Rechnungen langweilen, sondern nur darauf Hinweisen, daß, wenn wir
die Länge aller Kanäle zusammen mit 1,5 Millionen Kilometern veran­
schlagen und die mittlere verdopplungsbreite der Kanäle mit nur 321cm
in Rechnung stellen, datz wir dann zu einem etwa 6001cm tiefen Meere
kommen. Dieser Wert aber geht doch über das hinaus, was wir aus
einsichtigen Gründen zuzugeben vermögen,- denn wenn wir den uns
bekannten Durchmesser des Mars mit 6700 icm ansetzen und nun einen
6001cm tiefen Gzean annehmen wollten, so müßte das Eigengewicht
des Marskerns annähernd 6,5 betragen. Nur so würde aus Gzean
und Kern die bekannte Mischdichte von rund 4,0 herauskommen.
Nus der Baugeschichte unserer Weltinsel, die wir eingangs aus­
führlicher kennengelernt haben, wäre aber zu folgern, daß die der
Sonne näher stehende Erde dann eine Mischdichte besäße, die größer
ist als 6,5. In der Tat finden wir aber bei der Erde ein Eigengewicht
von 5,56. wir sind also gezwungen, die Marskerndichte geringer als
die der Erde anzunehmen; denn wir erfuhren, daß in der Glutfluß-
linse, wenn wir vom vrehmittelpunkt, also den schwersten, später die
Sonne bildenden Stoffballungen nach außen gingen, wir aus immer
leichtere Körper stoßen mußten, vie Dichte nimmt also vom vreh­
mittelpunkt der Linse stetig nach außen zu ab. würden wir nun selbst
für den Marskern eine chemisch genaue Gleichartigkeit mit der Erde
voraussetzen, so müßte doch unser rund zehnmal massigerer Heimat­
stern eben infolge seiner Größe und des von den oberen Erdschichten
140 Widersprüche.

auf den Erdkern ausgeübten Druckes etwas dichter sein als der kleinere,
nur von Wassermassen und Eis überlagerte Marskern. hier kann
man also gewissermatzen schon rein gefühlsmäßig zu einem verläß­
lichen Urteil kommen und sagen, daß die Mischdichte des Marskerns
nicht gut über 5,55 und nicht gut unter 5,50 betragen darf. Im ersteren'
Falle wäre die Tiefe des Marsozeans etwa 441 Irm, im letzten rund
430 lau. wir werden also den tatsächlichen Verhältnissen sehr nahe
kommen, wenn wir von einer Dzeantiefe von rund 400 lau sprechen.
Über auch diese Zahl führt uns noch zu Widersprüchen, denn die
vorhin angenommene durchschnittliche Summenlänge aller Kanäle
mit 1,5 Millionen Kilometern dürfte jedenfalls zu gering bemessen sein.
Zudem finden wir bei Kanalverdopplungen Zungeisstreifenbreiten,
die 40, 50 und mehr Kilometer betragen. Lei einem nur 400 lau
tiefen Meere, das zeigt die eingehende Rechnung deutlich, könnten
aber nur Breiten von rund 32 lau auftreten. Wir sind da scheinbar
in eine Sackgasse geraten. Über nur scheinbar! Denn den Ausweg
zeigen uns die bereits früher mehrfach erwähnten Inseln. Diese sind
ja aus dem Tafelmosaik des Gürtelureises bis hinauf über die Kappen
geschwemmt worden und haben es eben den Ureistafeln gestattet,
weiter sich voneinander zu entfernen, als es nach der Rechnung die
eigentliche Tiefe des Ozeans gestattet, wir sehen also, daß die Ureis-
tafeln viel mehr auseinandergewichen sind, als es die Oberflächen-
vergrößerung durch reinen Gzeananstieg zulassen würde.
halten wir einen kurzen Rückblick, so müssen wir uns sagen, daß
es drei unbestreitbare Gründe gibt, die einen sehr tiefen Marsozean
fordern. Einmal sahen wir den Mars als Grenzwächter zwischen
inneren und äußeren Planeten kreisen und als solcher dem Andrängen
-er außerhalb seiner Bahn um die Sonne ziehenden Eisplanetoiden
ausgeseht. Diese gehen auf ihm nieder und mästen unaufhörlich seinen
wasseroorrat, vergrößern also dauernd seine Oberfläche. Zum anderen
sind wir uns klar darüber geworden, daß die in ziemlicher Breite auf­
tretenden Verdopplungen der Kanäle nur durch Lisberstungen bei sehr
tiefem Ozean möglich sind. Und zum letzten sind wir gezwungen, aus
-er von den Himmelsforschern errechneten Dichte des Mars von
rund 4 mit großer Wahrscheinlichkeit auf einen etwa 430—440 Irrn
liefen Ozean zu schließen.
wir stehen am Ende unserer Schilderungen der Marswelt. Ls
war gewiß kein aufregender weg, den wir gegangen, und alle die
Übersicht.
141

mußten wir enttäuschen, welche hofften, in die geheimnisvolle Kultur


eines der Erde an Alter überlegenen Sternes einzudringen. Wir sahen
nur ein Geschwisterschicksal und doch ein Schicksal, das einzig dasteht
im gegenwärtigen Zustand unserer Weltinsel; ein Schicksal, das sich
mit logischem Zwange entwickeln mußte und das nichts ist und nichts
anderes sein kann als alles das, was wir im Kosmos sehen, nichts
anderes, als die Zolge natürlicher Notwendigkeiten.
Eine kühle Welt war es, durch die wir wanderten, vereist und tot;
ein Stern, dessen Los einst zum Verhängnis des irdischen Lebens
werden muß, werden wird, wenn der Mars infolge seiner Kleinheit,
die ihn zwingt, schneller zur Sonne sich heranzuwinden als die Lrde,
einst in die Zangarme unseres Muttersterns geraten und zu unserem
Monde wird, dann, wenn Luna, unser heutiges Nachtgestirn, längst
sich aufgelöst und aus die Erde niedergegangen ist. vielleicht wird die
Erinnerung an unseren guten Mond in jenen fernen Zeiten gleicher­
maßen in unseren Nachfahren erloschen sein, wie das wissen in uns
erloschen war über den Vorgänger unseres heutigen Mondes; jene
überwältigende Erinnerung, die in zahllosen Sagen und Überliefe­
rungen auf uns gekommen als Vichtertraum und Mgthe geweitet
wurde, bis die Welteislehre erlaubte, aus mancherlei verschönendem
Rankwerk die wahren Berichte vom Untergang unseres Mondvor-
gängers herauszuschälen und die erschütternden Erlebnisse jener Ur-
tage nachfuhlbar zu machen, durch die unter Grausen, Not, Entbehrun­
gen, unter Ü)ual und mitleidloser Vernichtung Völker hindurchgingen,
deren nur beste und stärkste Teile in eine neue Zeit auf eine neue Erde
das hinüberretteten, was an fast unverständlichen Kulturüberliefe­
rungen dunkel und geheimnisvoll in den Erinnerungen der heutigen
Menschheit noch sachte lebt.
Eine neue Weltwende wird der Niederdruck; unseres heutigen
Mondes zeitigen. Auch sie wird von einzelnen in fernen Zahl-millionen
überlebt werden. Aber Zahrhundertmillionen werden vergehen, bis
der Mars als größter Mond der Erde einer fernen Menschheit leuchten
wird, und Zahrhundertmillionen lang wird er seine Kreise ziehen, bis
auch ihn das Schicksal ereilt, bis auch er sich mit unvorstellbaren Hagel­
wettern, Wolkenbrüchen, Schlammregen und Gesteinshagel der Erde
angliedert. Dann aber gießt er seine riesenhaften Wassermassen über
unseren Stern, die höchsten Berge unserer Erde werden zu winzigen
Erhebungen des zukünftigen Meeresbodens werden; nur was im
142 Perspektivische Bilder vom Mars.

Wasser zu leben vermag, wird noch einige Zeit fortdauern können,


um dennoch mit der Zeit auszusterben.
weiter läuft die Erde um die Sonne, wird wie heute Venus und
Merkur zu ihrem vereisten Monde werden, um endlich im Glutschoß
der Sonne ihr Grab zu finden. Und damit ist auch alles das, was dem
Mars angehörte, in den Geschwisterstern, in die Sonne versenkt, und
die großen Rätsel des roten wandersterns, welche uns hier beschäftig­
ten, sind nur ihrem weiteren Müssen gefolgt und haben ihre natür­
lichen Notwendigkeiten erfüllt.

Abb. 51.
Mars in den perspektivischen Bildgrößen seiner verschiedenen Stellungen zur
Erde, von links nach rechts: a) Im größten klbstand von uns; b) im gün­
stigsten Geviertschein (Guaoratur); o) m ungünstigster Gemeinstellung (Aphel-
Gpposition); a) in bestmöglicher Stellung (Perihel-Vpposition), wie sie am
22. klugust 1924, und zwar nur einmal in diesem Jahrhundert, eintreten wird
(nach valier).

wenn wir aber nun noch einmal zu der Verdopplung der dunklen
Linien auf dem Mars zurückkehren, so hat uns ihre Entschleierung doch
mit jeder nur wünschenswerten Sicherheit darauf hingewiesen, daß
die äußeren Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun nebst
ihren Monden, ihren Nometenfamilien und den Planetoiden aus
Wasser und Eis vorwiegend bestehen müssen und datz ferner, wenn wir
diese unumgängliche Zolgerung anerkennen, auch der doppelte Lis-
zuflutz zur Erde eine unabweisbare und unbedingte Notwendigkeit
ist; denn von dem vorderen Teile der Eismilchstratze, deren Entstehungs­
geschichte uns die Lis- und Wassernatur der äußeren Planeten sicher­
vom Grobeis. 143

stellt, muß Eis in die Sonne


gelangen,- Grobeis, das auch
von der Erde eingefangen wird,
während in der Sonne selbst
die einstürzenden Grobeis-
brocken zu Feineis umgewan-
delt werden, das auch auf
die Erde gelangt.
Und weiter können wir
folgern: wenn ein einziger,
großer, mit orkanartigem
Sturm einhergehender Hagel­
schlag, also ein Grobeisein-
schuß, die Erde trifft, wie es
etwa am 17. Juli 1788 der
Fall war, also ein solches Un­ gbb. 52.
wetter von den Pyrenäen bis ver weg, den das zweigleisige Hagel­
über Holland hinaus alle be­ wetter vom 12. Juli l788 in Frankreich
troffenen Kulturen in zwei von den Pyrenäen bis durch Belgien und
Holland nahm. Dieses denkwürdige Hagel­
verhältnismäßig schmalen und wetter hatte eine Breite von ungefähr
ganz geraden parallelen Strei­ 49 Lw, wenn man den 22 Icw breiten
fen verwüstet, so ist das grund­ Begenstreifen mitrechnet, der das Hagel­
sätzlich nichts anderes, als der wetter in zwei parallele Linien teilt«, vie
zurückgelegte Wegstrecke beträgt über
Einsturz eines Großeisbrockens 1000 kw. Hagelstücke drangen durch die
auf dem Mars, der in diesem Strohdächer in Ställe, größere Tiere auf
Falle planetoide heißt und den Feldern rannten verwundet und toll
auf einem großen Umweg gemacht umher, Schafe wurden zu Tau­
senden erschlagen und als der Hagel
Ursache wird zur Marskanal­
endlich weggeschmolzen war, blieben die
verdopplung. Beide Erschei­ von ihm verheerten Felder von er­
nungen äußern sich zwar in schlagenem wilde und getöteten Vögeln
völlig verschiedener Form, aber bedeckt, ver lange schmale Weg dieses
Wetters kennzeichnet besser als alles an­
beide haben doch ein und die­
dere, daß es sich um die Bahn eines
selbe kosmologische Ursache, kosmischen Eindringlings handelt. Ähn­
denn sie sind nichts als die lich kann aus Mars eine flach einschie­
Folgen der Sauerstoffaus- bende Eisgroßschnuppe einen Liswulst
hauchung und der weltraum- liefern, der die Erscheinung in Abbildung
41 dann deuten würde, falls dort nicht
wasserstoff-Unsaugung durch ein alter Spiralstreifen dargestellt sein
das drehende Glutflußkreisel sollte <nach hörbiger).
144 vom Feineir.

und die hieraus entstehenden Eisgewölkballungen der Eismilchstraße.


Und wenn wir den Mars in rötlichem Lichte sehen und daneben die
Terra rossa der kalkigen karstdolinen zusammen mit dem roten Tief­
seeschlamm der irdischen Weltmeere betrachten, so sind das wohl drei
völlig voneinander verschiedene Erscheinungen, und doch entstammen
sie alle den aus den Sonnenfleckenschlünden herausgestoßenen Dampf-
Essen, die eisenhaltigen Sonnenschlackenstaub ins Weltall mitreiben.
Wie ein ewiger feiner Regen geht er auch auf der Erde nieder,
wird vom Regen herabgespült und sammelt sich vorwiegend in den
Tiefseegebieten, von denen er später zur Zeit der geologischen Ge-
birgsbautätigkeit zum Bestände der Festländer wird oder, infolge seiner
starken Färbekraft im Eisbeflutungswasser auf dem Mars gelöst, das
zartrosa weiß der helleren Marsflächen verursacht.
Die übrigen beim Mars sich ergebenden Karden zeigt jeder Eis-
stotz eines gefrorenen Flusses, den man von hoher Brücke aus betrachtet.
Aber das Rostgelbrötliche der Marsfarbe ist nur durch den gleichen
Vorgang deutbar, der auch den Tiefseeschlamm unserer Meere so
wahrnehmbar färbt.
Ruch dann, wenn wir das Bleichen auf dem seltsamen Sterne
beobachten, so scheint es völlig verschieden von dem Auftreten irdischer
Zirruswolken zu sein, besonders dort, wo über barometrischen Tief­
gebieten diese Zirren nach allen Seiten strahlig auseinanderströmen.
Wir wissen, daß ihre Ursache in einer kräftigen, von der Sonne zu uns
gestoßenen Feineisanblasung zu suchen ist, und dieser Zeineisstrom
und nichts anderes ist es auch, der in einem taktmäßig schwankenden
Rhgthmus bis zum Mars gelangt und hier als Sonnenschnee die Flächen
überstäubt, um die vordem sichtbaren Kanäle verschwinden zu lassen.
Auf Grund der Welteiseinsichten läßt sich erwarten, daß in
der Zeit der diesmaligen besten Sichtbarkeit teilweise die „Kanäle"
deswegen nur schwer oder gar nicht erkennbar sein werden, weil
wir mit dem Auftreten bedeutender Sonnenflecke zu rechnen haben,
die einerseits der Erde reichlich Feuchtigkeit, dem Mars aber reich­
lich bleichendes Feineis bringen müssen.
Jene also, welche auf Grund der Schwersichtbarkeit daran gehen
möchten, die „Kanäle" auf dem Mars zu leugnen, seien beizeiten
auf die Unzulässigkeit dieses Schlusses hingewiesen. Irdischer Regen
und die Unsichtbarkeit der „Kanäle" sind einheitliche Folgen des­
selben Sonnenaktes.
Einfluß der Grohplaneten. 145

Und dieser Rhythmus, dessen Ursache in dem schwankenden Roh-


eiszuflusse zur Sonne zu suchen ist, eröffnet wieder neue Wege, denn
es bedarf einer nur geringen Überlegung, um einzusehen, datz die
Stellung des riesigen Jupiter und seine gewaltigen Schwerkräfte auf
den Grobeisstrom zur Sonne Einfluß dann haben müssen, wenn dieser
Stern sich auf der Zustromseite in Sonnennähe befindet. Er wird nicht
nur einen großen Teil der Grobeisstücke zu sich heranlenken, also der
Sonne völlig entziehen, sondern auch einen wesentlichen Teil derart
von ihrer Lahn ablenken, daß sie nur auf Umwegen zum Tagesgestirn
gelangen. In ähnlichem Maße, wenn auch in schwächerer Wirkung,
wird auch der Einfluß des Saturns zu spüren sein.
Aus der Stellung der Großplaneten zur Sonne folgt also der
Rhgthmus des Zeineiszuflusses sowohl zum Mars als auch zur Erde.
Ist das alles, was uns der schweigsame Mars erzählt, oder raunt
nicht sein Antlitz, künden nicht seine geheimnisvollen Runen etwas vom
Sinne der Welt? Gder wollen wir stehenbleiben bei dem, was uns
der uferlose Gzean und sein seltsames Eismosaik so leicht verständlich
erzählt? wird nicht in seinem Geschehen, in seinem Werden, das
nichts ist als ein Teil des Lebensweges unserer Sonneninsel, wird
nicht schier eine Hand hinter der Welt sichtbar, die wissend den Anstoß
gab zu einem Geschehen, das in so hinreißender Größe und so durch­
sichtig sich abspielt, daß es ist, als gäbe sich der Sinn des Seins zu erkennen?
wir wollen uns nicht in Gedankentiefen verlieren. Aber stand nicht
überall das große Müssen aufgerichtet und war nicht überall seine Er­
füllung zu spüren? Line Erfüllung, die an sich nicht für sich besteht,
sondern in einem ewigen Rreise dem Allgeschehen verschwistert ist,
so daß keine Erscheinung ein Sein haben könnte, wären nicht alle
anderen vinge ebenfalls vorhanden. Ghne die Sonne keine Ver­
zerrung der Marseisfläche, kein Zerbersten, keine Ranäle, keine Ver­
dopplungen, keine verschwemmungen,. keine Rappenüberflutung;
ohne die Sonne und das in sie aus der Milchstraße ewig und unauf­
hörlich im Welteisstrome stürzende Eis kein Zeineis, das die erst
dunklen Zrischüberfrierungen bleicht,- und wieder ohne die Milchstraße
und ohne den Weltraumwasserstofs, den auch die Sonne aushaucht,
keine Möglichkeit des Vorhandenseins von Eisplanetoiden; und ohne
diese Lisplanetoiden wieder kein Gzeansanstieg auf dem Mars und keine
Ranäle und keine jener zahlreichen Zeichen, die zuerst eine irregehende
Forschung als Schöpfungen des Lebens deutete.
LNcher, ver Mars. p)
146 Bewohnte Welten.

Es gibt nichts außer dem Ganzen. Und dieses Ganze ist es, was
aufgehellt werden muß, wenn die Naturforschung ihre Ausgabe er­
füllen will, Grundlagen zu einem Weltbild zu geben und den weg
zu richtiger und naturgemäßer Lebensgestaltung zu vermitteln.
Diese höchste Aufgabe der Naturwissenschast ist in der Zersplitte­
rung der Londerforschung völlig untergegangen, vor lauter wissen
ist die Erkenntnis bisher unentdeckt geblieben. Zahllose Einzelheiten
wurden erarbeitet; aber die Londerforschung brächte es soweit, zu
behaupten, es sei nicht Aufgabe der Wissenschaft, ein Weltbild zu
geben, sondern es genüge, den Zustand der Dinge exakt zu betrachten
und messend und rechnerisch aus diesen Betrachtungen die rein
geistigen Ergebnisse zu ziehen, vie Wissenschaft ist in eine Sack-
gasse geraten, sie hat den Blick für das Ganze nicht aufzu-
bringen vermocht. Aber dieser Blick ist eben notwendig,
um zu wissen, wie die Welt ist, damit wir aus diesem Welt­
bild erkennen können, wie wir unser Leben zur höchsten,
edelsten Korm, zur harmonischen Vollendung zu bringen
vermögen.
Denn nur wahres, unbewußtes Wissen vermag zu schauen!
Diese Aufgabe zu lösen ist der Welteislehre vorbehalten, die nicht
nur in sich das Weltbild als solches umschließt, sondern auch den großen
Pulsschlag der Welt enthüllt, um zu sittlicher Lebensentfaltung hin­
zuleiten.
Uns galt es hier mehr einiges über das Weltgeschehen zu er­
fahren, in dessen endloser Nette auch der Mars nur ein einziges und
seinen natürlichen Notwendigkeiten gemäßes Glied bildet. Nlar bis
ins einzelne greifend, werden und vergehen umspannend, die Gesetze
des Seins erfassend, wird nun das Weltgeschehen erlebbar; und dieses
lückenlose, zwangsläufige Sichändern bedingt eben überall grundsätz­
liche Verknüpfungen, deren eine Beweis für die Notwendigkeit aller
anderen ist.
Aber gerade diese Notwendigkeiten zerstörten uns gar manchen
holden Traum, vom Mars mußten wir heimkehren, enttäuscht, die
unbekannten Brüder vergeblich gesucht zu haben. Zur Erde zurück
mußten wir und zu den Wirklichkeiten der Tatsachen.
Damit uns die Erde leicht werde ...
hier Hausen wir Menschen als einzige denkende Bewohner zwischen
der Glut der Sonne und den Eiswüsten aller übrigen Planeten, wir
wir sind allein. 147

sind allein; allein auf unserer ganzen Sonneninsel. Und wenn wir
unseren Blick hinaus in die endlosen weiten der Welt schweifen lassen,
dann bleibt er vielleicht am Ringnebel in der Leger hängen, wo eine
ähnliche Eismilchstraße die Möglichkeit zum Bestehen eines erdähnlichen
Sternes gibt; oder am Andromedanebel, der, heute noch sicherlich eine
viel jüngere Weltinsel als die unsere,
später einmal Leben tragen könnte.
vas sind die bisher bekannten
beiden einzigen anderen Grotzgebilde
der uns zugänglichen Welt, in denen
wir Leben vermuten oder erhoffen
können. Und wenn wir annehmen,
datz jede von ihnen rund tausend Licht­
jahre von uns entfernt ist, so um-
schlietzt diese grausige Uluft eineRaum-
kugel von fast viereinviertel Milliarden
Rubiklichtjahren, in deren Mitte wir
Erdenbewohner einsam durch den
Raum ziehen wie auf verlorenem
Schiffe im uferlosen Gzean der Zeit. Abb. 53.
Es könnte einem schwindeln ob Ringnebel in der Leger. Außer­
dieser Erkenntnis, und ein kühles halb unseres Lonnenreiches
Grausen greift an die Seele, wir scheint der Ringnebel in der
sind allein. Und doch können wir Leger die einzige mit unseren
gegenwärtigen Fernrohren er­
klar und fest diesem überwältigenden kennbare Weltinsel zu sein,
wissen ins Auge sehen; wir, die wir welche ebenfalls Leben tragen
mit dem Lichte der Welteislehre bis könnte.
in die dunkelsten Lcken und Winkel
nicht nur im Geschehen unserer Sonnenwelt hineinzuleuchten ver­
mögen, sondern die wir auch die Gesetze des Lebensablaufes in
Händen halten, ver Traum von der Vielheit der bewohnten
Welten ist ausgeträumt, aber ein neues Morgenrot steigt
empor: vas wissen um die geheimsten Verknüpfungen,
die den Uosmos und alles Leben auf der Welt aufs aller-
engste und innigste verbinden.
ver nämliche Takt, der den bleichenden Schleier über die Tis-
gefilde des Mars breitet, der nämliche Takt, der die seinen Zeder­
wolken, die Zirren, in die hochschichten der irdischen Lufthülle bläst,

*
148 vie Sprache der Natur.

derselbe Takt ist es, dem auch das Leben und alle seine Äußerungen
unterworfen sind.
ver Ärzt von heute, besonders der Seelenarzt, weiß um diese
vinge, und er ahnt, daß Sonnentakt und Lebensrhgthmus von­
einander abhängen. Aber noch kennt er nicht die Zusammen­
hänge, die uns die Welteislehre enthüllt. Um sie wissen,
aber heißt, auch den weg kennen, der den Menschen davor bewahrt,
dem großen Takte, dem Pulsschlag der Welt zuwiderzuhandeln. Erst
dort, wo der Pulsschlag der Welt als urgegebene Notwendigkeit vom
Menschen beachtet und zur Grundlage seines Tuns, zum Wegweiser,
zur Erfüllung natürlicher Notwendigkeiten gemacht, reines Schauen
wird, nur dort kann der Wirrwarr unserer Zeit, kann der Nieder-
bruch der Kultur, können die Hemmungen und Reibungen, die Er­
folglosigkeit und die Unzufriedenheit überwunden, kann eine Zeit
heraufgeführt werden, bewußten Lebens, bewußter Lebensgestaltung,
bewußter Kultur.
hier leuchtet das Morgenrot auf, das Morgenrot einer neuen
Zeit, vas Morgenrot einer Spanne, die ihre Weisheiten nicht er­
denkt, sondern die hingeht, um hingebend und einfältig von der Natur
als der Mutter des Lebens zu lernen,- einer Zeit, die wissen wird, daß
es gleich bleibt, ob sie sich in die schmucklose Blüte am Wegrain, in die
Sprache der Berge, in das erhabene Kauschen des Waldes, ob sie sich
in die Unendlichkeit des Raumes oder aus einen Stern flüchtet, der
wie der Mars die licht- und kraftspendende Sonne umkreist — überall
wird sie zu lernen vermögen, daß nur im großen Khgthmus und seiner
Befolgung der weg zur Vollendung liegt.
von überall, wo immer es sei, in jeder Stunde wird sie die
Sprache der Natur vernehmen, die beschwörend ist und segnend zu­
gleich:
Und schreite kühnen Schritts durch Weltenweiten,
Schwing deinen Geist in immer höhre Lahn,
von allen Kernen heimwärts lenkt ein Kahn,
Und will zum Licht der letzten Wahrheit leiten ...
-Anmerkungen.
(Zu Leite 24J von den Astronomen ist bei der Berechnung der Saturn-
dichte fraglos «in Hehler gemacht worden, hier sei nur so viel gesagt, daß
es dem praktisch erfahrenen Mathematiker nicht gestattet ist, die Saturnkugel,
dichte aus der Umlaufsgeschwindigkeit der innersten Saturnmonde in der­
selben sorglosen Weise ;u berechnen, wie dies bei Jupiter statthaft ist. wir
können also sagen: Das Eigengewicht der äußeren Planeten ist einheitlich,
nämlich bei Jupiter um 1,25, bei Saturn um 1,20—1,20, bei Uranus um
1,27 und bei Neptun um 1,22 herum. Damit ergibt sich auf Grund der Welt­
eislehre, dah die scheinbar abweichende Dichte des Saturns nur auf einen
Rechenfehler der Astronomen zurückgeführt werden muh.
2. (Zu Seite 22.) vergleiche das Werk von Max valier, „ver Sterne
Bahn und Wesen". Gemeinverständliche Einführung in die Himmelskunde. Mit
6 Tafeln auf Kunstdruckpapier und SO Abbildungen im Text. 22 Bogen. 8°.
Koehler L Amelang, Leipzig.
2. (Zu Seite 22.) vgl. hannr Zisch er, „Rhythmus des kosmischen
Lebens". Das Luch vom vulsschlag der Welt. Mit zahlreichen Abbildungen.
Etwa 160 Seiten 8". Koehler L Amelang, Leipzig.
4. (Zu Seite 44.) Es ist hier zu beachten, dah es der massige Jupiter,
in der Zeichnung als innerster Ncptoidenbahnkreis gekennzeichnet, ist, der die
Bahnebenen des Saturn, Uranus und Neptun zum Mithalten zwingt, die an
sick das Bestreben haben, bei der Aufrichtung zurückzubleiben. Zu gleicher
Zeit zügelt Jupiter die Bahnebenen Mars, Erde, Venus und Merkur, die das
Bestreben haben, im selben Krciselwankcn vorzueilen. Aus dieser Tatsache er­
gibt sich die fast einheitliche Bahnebene von Merkur bis Neptun, und das trotz­
dem um 7 Grad weitergediehene Wanken der Merkurbahn wird erklärlich.
Es reicht aber dieser Ekliptik anschmiegende Einfluß Jupiters nur bis zur Nep­
tunbahn, so daß man sich den Außenrand der transneptunischen Neptoiden-
zone noch fast ganz, den Jnnenrand Rll etwas weniger gut, der Eismilchstraßen-
parallelebene RI> angeschmiegt denken muß. Bei genauem Hinsehen merkt
man, daß eine heranlchrumpfende Bahn eines äußeren Neptoiden die Neptun­
bahn nur in den beiden Gegenden von SO und 270 Grad ekliptikaler Länge
annähern kann, wird ein solcher Neptoide dann eingckangen, also zum Monde
gemacht, so ist schon zu erkennen, daß eine solche Mondbahncbene nur ziemlich
steil zur Ekliptik stehen kann, so daß dann dem widerstand des Weltraumwasser­
stoffes nicht mehr viel zu tun übrig bleibt, um diese neue Mondbahnebene
vollends senkrecht zur Sonnenflugbahn 8L aufzustellen, wie es bei der Triton­
ebene tatsächlich zutrisft. Auch hier wird also ein bisher von der Astronomie
vergeblich bearbeitetes Rätsel mit Hilfe der welteislchre mühelos gelöst. Ich
habe diese wichtige Tatsache m meinem Buche „Rhythmus der kosmischen Lebens"
näher behandelt. — Nun kann es aber geschehen, daß ein solcher Neptunmond­
einfang mißlingt. Dann wird der durchgefallene Mondkandidat in ebenso
steiler Bahnebene zur Sonne hingeworfen, und aus dem transneptunischen
150 Anmerkungen.

)lanetoiden ist auf diese Weise ein Komet von ungefähr 65 bis 85 Zähren
lmlaufszeit geworden (;. 8. halleg, Brorsen, Bibers, Pons, westphal),
ofern der Kometenwurf nicht etwa so gut zur Sonne gezielt war, dah der
Lomet bei seiner Wiederkehr weit über die Neptunbahn hinaurschwingt und
die Sonnenschweregrenze Lob überschreitend, nicht mehr zur Sonne zurück-
kehrt, sondern mit einem gewissen gleichbleibenden Geschwindigkeitsrest
geradlinig das Weite gewinnt. Solche Kometen sind gewiß sehr viele beob­
achtet und irrig berechnet worden, vie Berechnung muß deswegen fehlgehen,
weil ihr die irrige Annahme zugrunde liegt, daß die Sonnenschwere in ganz
große Raumestiefen hinaus niemals Null werden kann. Alle berechneten
Kometenumlaufszeiten über 90 oder 100 Jahre müssen aber ebenso falsch
sein wie Umlaufszeiten von 5000 und mehr Jahren, vie meisten solcher Ko­
meten müßten infolge der Störungsorte bei 90 und 270 Grad im groben
Durchschnitt die Eigentümlichkeit zeigen, daß sich ihre großen Achsen der
Richtung 90 Grad nach 270 Grad ekliptikaler Länge und umgekehrt anschmiegen,
was, wie zu erwarten, tatsächlich zutrifft. Man hat gezwungenermaßen bis­
her diese Eigentümlichkeit damit zu erklären versucht, daß gerade die Kometen
mit solcher Bahnachsenlage am leichtesten entdeckt werden können, vie WLL
gibt aber hierfür die erste zwingende und einwandfreie himmelsmechanische
Erklärung, zwangsläufig abgeleitet aus dem vordem erörterten Geburtsakt
unserer Sonnenwelt.
5. (Zu Seite 48.) ver eben abgeleitete ideale Trichter könnte natürlich
nur dann in solcher glatten Einfachheit bestehen, wenn das Milchstraßeneis
noch viel inniger in einem dünnen Ring zusammengerafft wäre und außerdem
außerhalb der Erdbahn sonst keine Planeten den Eisschleiertrichter stören wür­
den. va aber diese Voraussetzungen nicht zutreffen, sondern da geradezu
das Gegenteil der Fall ist, so wird der Eisschleiertrichter sehr verschieden dick­
wandig und gestört aussehen. vie gestörten Ankömmlinge in Ekliptiknähe
werden die Erdbahn mit ihren sonnennächsten Bahnteilen in den mit Geaen-
abstieg und Gegenaufstieg bezeichneten Gegenden beschwärmen und ihr dort
Gelegenheit zum Roheiseinfang geben. Daraus leiten fich die Februarstürme
der Südhälfte und dar Avrilwetter der nördlichen Lrdhälste her. Mit ihrem
Septemberort unterfährt die Erdbahn den Eisschleiertrichter. Daher beobach­
ten wir im September das sekundäre Septemberminimum der Sternschnuppen
und den sog. sonnigen Altweibersommer. Die weiteren Schlußfolgerungen
aus Abb. 17, die hier nur den weg des Roheises zur Sonne zu vermitteln
sucht, müssen als ins Gebiet der Wetterkunde fallend besonderen Werken
vorbehalten werden. Eine zusammenhängende gemeinverständliche Über­
sicht vermittelt mein „Rhgthmüs des kosmischen Lebens". Eine eingehende Be­
handlung der gesamten Wetterkunde wird später erscheinen.
6. (Zu Seite 53.) Den Besitzern meines Buches „Rätsel der Tiefe",
1. Auflage 1923, sei empfohlen, die ersten 6 Zeilen der Unterschrift zu Abb. 2
auf Seit« 28 im Sinne des vorstehenden Wortlautes abzuändern.
7. (Zu Seite 59.) ver Professor der Geologie an der Universität
Gießen, vr. k. Hummel, hat in feiner in heft 2b der „Umschau" 1924 ver­
öffentlichten Ablehnung der weltersgeologie den Sah ausgesprochen, daß ein
solcher Mondniedergang nach seiner Anschauung ausgeschlossen sei und „hör-
Anmerkungen. 1KI

biger und seine Anhänger sich die Massenverhältnisse offenbar nie ganz klar
gemacht haben". Es ist immer ganz erfreulich, wenn ein Theoretiker den Prak­
tiker zu belehren versucht, nur gilt als stille Voraussetzung, daß der Theoretiker
die notwendigen Einsichten besitzt, um die Sachlage zu überschauen. Diese
Kenntnisse fehlen aber Hummel, wie aus jedem seiner Abschnitte unzweideu­
tig hervorgeht. Hummel „berechnet" nämlich, daß unser heutiger Mond,
sofern er sich über der Erde auflöst, die Erde mit einer-45 üm dicken Schicht dann
bedecken mußte, wenn er gleichmäßig über unseren Erdball verteilt würde,-
also, so folgert Hummel, ist die Annahme hörbigers ein Unding, daß sich
nämlich frühere Monde auf der Erde aufgelöst haben könnten, da ihre Schichten
auch dann, wenn die Monde kleiner als der heutige waren, sehr viel stärker
sein müßten. Ein derartiger Einwurf kann selbstverständlich nur von Laien
ernst genommen werden, da Pros. Hummel nicht beachtet, daß die Erde
gegen Ende jeder Mondzeit durch die immer näher umrasende Mondmasse
stark verlinst (abgeplattet) wird. Sei auch die heutige Abplattung der Erde
nur mehr teils durch Zurücksetzung der tettiärmondzeitlichen Erdenlinse,
teils durch Ausfüllung der höheren und polarbreiten mit dem sintflutlrch
abgeschwemmten Mondlösungsmaterial, so kann man die unmittelbar vor­
sintflutliche Erdabplattung doch mindestens 6—8 mal so stark annehmen,
wie sie heute ist. Wie denn auch die Abplattung des Saturn (--- r/i») trotz
langsamerer Rotation zufolge nahe umrasender großer Ringmasse größer ist,
als die des schneller rotierenden Jupiter (-- Vi»)- Lei einer Erdenverlinsung
von etwa r/n hat sich notwendig der größere Teil des damaligen Erdozean;
in den Tropen zu einer Gürtelflut zusammengezogen. Nach der sich rasch
vollziehenden Mondauflösung nimmt also diese Gürtelhochflut auch noch die
Schmelzwassermassen des Mondeises samt Lösungsschlamm auf, — und diese
Schlammflut empfindet nun die höheren und polarbreiten als zwei flache
Rugelschalen, in welche sie sich in Form von zwei ungeheuren Ringflutwellen
hinabwalzen: vie „Große Flut" der naturvölkerlichen Überlieferung.
8. (Zu Seite 59). Näheres über Mondeinfang und Mondauflösunq siehe
hanns Fischer, „vie Sintflut". 6. Auflage. Rochier 8c Amelang, Leipzig.
Leipzig 1924. hier sind die Rätsel der Sintflut, der Gsterinsel, des Atlantis­
unterganges, der Rassenentstehung und vieles mehr eingehend behandelt.
Ferner hanns Fischer, „In mondloser Zeit". 2. Auflage. Zungborn Verlag,
Lad Harzburg.
S. (Zu Seite 62.) über die Gesetze des Mondeinfanges gibt Aufschluß
das grundlegende Luch von Philipp Fauth, „Mondesschicksal. wie er ward
und untergeht". Roehler 8c Amelang, Leipzig.
1V. (Zu Seite 64.) Näheres über den Grob- und Feineiszufluß zur Lrde
siehe hanns Fischer, „Rhythmus des kosmischen Lebens", vas Luch vom
Pulsschlag der Welt. Rochier 8c Amelang, Leipzig. Sn diesem Luche versuchte ich
den Nachweis zu führen, daß alles Leben genau so wie etwa die Großwetter­
lage der Lrde unmittelbar vom Sonnentakte abhängig ist. Meine Ableitungen
führten auch zur Begründung der h e l io b io l o g i e, der auch die Seelenforschung
eingeordnet werden muß. vie irdische Umwelt in ihrer stofflichen und in
ihrer geistigen Natur (Suggestion im Sinne LouSs) und die Erbanlagen allein
reichen zur Erfassung der psychologischen Gesetze nicht aus. Erst die Erfassung
152 Anmerkungen.

der fonnenbedingten Abhängigkeiten führen zur Aufhellung bisher völlig


dunkler Zusammenhänge. Man darf also heute den Satz wagen: Alles Sein im
Kosmos ist sonnenbedingt und schwingt mit im Pulsschlag unseres Taggestirns.
Es bedarf keines gesonderten Hinweises, dah diese Erkenntnisse nicht ohne
Folgen auf Medizin, Soziologie, Politik, Recht, Erziehung, Lebensgestaltung
usw. bleiben können. Bisher habe ich in dieser Richtung folgende Bücher ver­
öffentlicht: „Aberglaube oder volksweisheit?" — „Ver weg ins Unbetretene"
— „Ver Herrgottswinkel" — „Das kosmische Schicksal der Germanen" — „vas
Antlitz der Stunde", viese im Verlage Dr. h. Eschenhagen, Breslau/Dhlau.
11. (Zu Seite 66.) vgl. das in knm. 2 angeführte Werk von Max
Datier und vr. e. N. Doiat, „Eis ein wsltenbaustoff , mit einem Atlas,
koehler k Amelang, Leipzig, hier ist besonders im Atlas die Baugeschichte des
Ringer sehr ausführlich gegeben.
l2. (Zu Seite 69.) Ausführlich behandelt in hanns Fischer, „Rhyth­
mus des kosmischen Lebens", vas Buch vom Pulsschlag der Welt.
13. (Zu Seite 72.) Dgl. das in Anm. S erwähnte Buch von Philipp
Fauth und das in Anm. 2 angeführte Werk von Max Datier. — vie Herren
Gegner gehen nämlich von der leicht widerlegbaren und völlig unzureichenden
Grund Überzeugung aus, dah Verdampfung immer dann eintritt, wenn der
Belastungsoruck unter die der jeweiligen Wassertemperatur entsprechende
Dampfspannung sinkt, ver kältemaschinenbaucr hanns hörbiger beweist
der Wissenschaft, dah sie sich irrt.
14. (Zu Seite 73.) Es muh hier aber betont werden, dah es nicht ge­
nügt, bei der Prüfung ein Gebiet für sich Herauszugreifen, da die WLL das
kosmische Geschehen eben im Zusammenhang deutet. Es geht also nicht an,
wie das in Nr. 26 der „Umschau", 1924, der Giehner Professor Hummel
unternommen hat, die WLL-Geologie „für sich" zu betrachten. Hummel,
der die WGL geradezu „kindisch" findet, von „unglaublicher Unkenntnis", von
Ahnungslosigkeit", „Unwissenheit", von einer „von Sachkenntnis ungetrübten
Großzügigkeit", von „Hirngespinsten", „unwissenschaftlichem Unfug", von
„krasser Unkenntnis" spricht, eben dieser Universitätsprofessor fällt dieses
wissenschaftliche Gutachten, ohne — wie er selbst gesteht — das Haupt­
werk überhaupt in der Hand gehabt zu haben! Man weih in der Tat
nicht recht, was man mehr bewundern soll: hummels Kühnheit oder seine
Ahnungslosigkeit hinsichtlich der Pflichten eines Gutachters oder die Genüg­
samkeit seiner wissenschaftlichen Ansprüche. Restlos bewundern darf man aber
dar Register seiner „ehrenden" Beiworts, von denen ich eine kleine Auswahl
oben gegeben habe.
15. (Zu Seite'85.) hierzu gehört die auf Seite 84 befindliche Abb. 31.
vie beiden mit *8 ---- L,: bezeichneten Kurven versinnlichen uns die Ab­
nahme der Sonnenschwere 8 nach außen, in unserem Falle also nach den
beiden extremen Bahnorten (perihel und Aphel) hin. Zn diesem Ausdruck
8---k,: R? bedeutet 8j°-Sonnenschwere der Masseneinheit, k, — die
Sonnenschwere (Kraft) dieser Masseneinheit in der Lntfernungseinheit R,
von der Sonne und * R — der Abstand der Masseneinheit von der Sonne aus-
gedrückt in solchen Entfernungseinheiten R.; also 8_ dieselbe Schwere im
Kbstande R,.
Anmerkungen. 153

vie beiden nach außen hin ansteigenden, mit R» ----- VV2 R» bezeichneten
Geraden oersinnlichen uns die Zunahme der Sonnenfliehkraft l? nach außen,
in unserem Falle also nach den beiden extremen Lahnorten (perihel und Aphel)
hin. — Zm Ausdruck R — ^V2 R bedeutet L --- Fliehkraft der Masseneinheit
in der Lntfernungseinheit bei der Winkelgeschwindigkeit IV und kx dieselbe
Fliehkraft am Radius R».
Soll der Schwerpunkt w des Planeten in der Marsbahn laufen, so muh
in jedem Augenblick t? — 8, also die Fliehkraft Rm des Massenschwerpunkts,
gleich der Sonnenschwere 8m sein. Es ist also

^pm — ^pm " ^pm - ^pm seiner

Für alle übrigen Punkte des Marsvolumens, insbesondere des Marsozeans


trifft dies aber nicht zu. Man betrachtet da am besten die beiden Extrempunkte
L und n <Zenit- und Nadirpunkt) des Sonnenortes und sieht dann, dah in -
jeweils die Sonnenschwere 8 über die Fliehkraft R und in u umgekehrt die Flieh­
kraft ? über die Sonnenschwere 8 überwiegt. Diese Rraftdifferenzen stellen
dann die eigentlichen Flütkräfte (oder Hubkräfte) dar. Diese Subtraktion
erscheint nun in Abb. Zl graphisch dadurch ausgeführt, dah man für die
Langen I (Lilänge) und ck (Linsendurchmesser) die Oiagrammflächen von
8 und R entwickelt, aufeinanderlegt und die so sichtbar werdenden Flächenüber-
schüsse durch vertikalschraffen heroorhebt. Die Schraffenlinien stellen dann
auch die Hubkräfte für jeden Punkt der Längen I und <1 dar. hieraus lassen
sich dann konstruktiv auch die Hubkräfte nicht nur für den ganzen Meridian
bzw. Marsoberfläche, sondern für jede weitere Rugelschale bestimmen. Richtung
und Größe dieser hubkräste der gesamten Gberfläche lassen sich aus den ein­
gezeichneten Rräftepfeilen roh ermessen. Es wirken diese Hubkräste also nicht
nur dehnend auf l und 6, sondern zum Teil auch tangential auswalzend und
im Flutgürtel auch würgend.
Ls ist also klar, daß ein nicht rotierender Marrozean zu einem sanften
Li verformt würde, das im perihel etwas schlanker und im Kphel etwas ge­
drungener sein müßte, wir betrachten absichtlich erst einen nicht rotierenden
Marsozean, weil dann alle hubkräste Zeit finden, sich voll auszuwirken, somit
auch der Marrozean sicher zu nur langsam sich verformenden Gleichgewichts-
niveauflächen gelangen kann.
wenn wir erst die alljährliche Verformung dieser hypothetischen Marr-
eies, sein Schlankerwerden (Lidehnung) vom Marsjuli bis Marsnovember
(VII—XI) und sein Gedrungenerwerdcn (Eistauchung) vom Marsjanuar bis
Marsmai gut verstehen, wird uns auch das Ausbauchen und Einbauchen der
uferlosen Liskugelkruste eines rotierenden Mars in denselben Marsmonaten
bequem durchsichtig werden.
Daß für den rotierenden Mars die Hubkräfte d kleiner sind als die mit
L bezeichneten des nicht rotierenden Mars, geht aus den Rrästediagrammen
hervor. Ls ist ja leicht einzusehen, daß beim nicht rotierenden Marsei der
Nadirpunkt u die größere Fliehkraft entwickeln muß als der Zenitpunkt r, in­
dem ja n den etwas größeren Nreis um die Sonne beschreibt. Ls ist aber nicht
154 Anmerkungen.

so leicht einzusehen, daß beim rotierenden Mars alle Massenpunkte des Mars­
volumens relativ gleich große kreise um die Sonne beschreiben, also im jeweili­
gen Lahnpunkt auch alle Massenpunkte die gleiche Fliehkraft entwickeln müssen.
In den vertikal schraffierten hubkräftediagrammen kommt dies dadurch
zum Ausdruck, daß beim „Marsei" die Fliehkraftlinie nach außen ansteigt^
bei der Mars„linse" aber horizontal verläuft. Man muß sich eben vorstellen,
datz der rotierende Marsozean erst eine geringe verlinsung durch die Zentri­
fugalkraft erfährt, und datz dann diese vrehlinse mit zu sich selbst parallel verblei­
bender Drehachse so um die Sonne läuft, daß diese Achse stets nach denselben
beiden Punkten des Weltraumes weist. Und diese Linse wird dann erst durch
die Iahresflutkräfte (vgl. Krästediagramme der perihel- und Aphellinse) noch
weiter, und zwar rund 25° schief zur Drehachse verlinst.—wir müssen es hör-
biger überlassen, dies in einem von ihm geplanten Buch über Tages- und
Zahresfluten im Planetensystem noch genauer auszuführen.
vorläufig genügt vielleicht die folgende Hilfsvorstellung: Bei Schnellzugs­
lokomotiven sehen unr meist drei grohe Triebräoerpaare durch Kuppelstangen
verbunden und nur ein Bäderpaar davon mittels Triebstange angetrieben.
Ts ist leicht vorzustellen, datz alle Massenpunkte dieser Kuppelstange genau
gleich grotze kreise beschreiben, von denen jeder seinen eigenen Mittelpunkt
hat. von den drei Kurbelzapfen selbst aber, welche durch diese Kuppelstange
untereinander verbunden sind, beschreibt jeder Massenpunkt (eines bestimmten
Radius) einen anderen kreis, jedoch um den gemeinsamen Mittelpunkt des
zugehörigen Triebrades.
Es umläuft also unser hypothetisches Marsei den Sonnenmittelpunkt
genau so, wie der Kurbelzapfen des Lokomotivrades das Radmittel umläuft:
es beschreiben die beiden Punkte r und n zwei verschieden große kreise um
den gemeinsamen Sonnenschwerpunkt.
vie rotierende Marslinse aber müssen wir uns erst durch die Rotation
linsenförmig verformt und sie dann mit zum Weltraum fixer Achse so um die
Sonne laufend denken, als wäre diese Achse an einer großen Lokomotiokuppel-
stange unter 25° Neigung zur Radachse befestigt: Es beschreiben dann alle
Massenpunkte des gesamten Marsvolumens gleich große kreise, von denen
jeder seinen besonderen Mittelpunkt im Innern der Sonne hat.
Es ist also leicht einzusehen, daß die Eiform nur beim nicht rotierenden
Mars sich voll ausbilden kann, weil dann die Massenträgheit es nicht hindert,
daß jeder Massenpunkt den auf ihn wirkenden Resultierenden aus Marsschwere,
Sonnenschwere und Sonnenfliehkrast zu folgen Zeit findet. — Beim rotieren­
den Mars verhindert es die Massenträgheit, daß jeder Massenpunkt nebst der
Rotationsverformung auch den Resultierenden aus Sonnenschwere und Um­
lauffliehkraft im vollen Matze folge. Denn es müßte ja während eines Mars­
tages der Marsozean rasch nacheinander nach jedem Aquatordurchmesser
zu einem neuen Ei verformt werden, was natürlich nicht möglich ist. Es
bildet sich daher gleichsam ein Mittelding zwischen Kugel und jener Abplattung
heraus, die entstünde, wenn in jedem Sahnpunkte die Marslinse jenen Äquator-
durchmesser hätte, der gleich lang mit der diesem Bahnpunkte entsprechenden
Eiachsenlänge ru ist.
Anmerkungen. 185

wir sehen also in Abb. 32» zunächst unten die Ableitung der Hubkräfte
für alle Punkte x der Lilänge l bzw. Linsendurchmesser <i in einem größeren
Viagrammaßstab übersichtlich gemacht. Aus diesen Viagrammen erscheinen
dann oben die reinen Jahrerhubkraftdiagramme sowohl für Perihel und Aphel
als auch für Marsei und Marslinse in V, des Grdinaten-Maßstabes heraus­
gehoben und in den darüber gezeichneten Gzeanverformungen diese Jahres­
flutkräfte für je lO Punkte eines Meridians sowohl nach Richtung als auch
relativer Größe angedeutet. Man kann sich diese Kräfte in Grammen für
jeden Kubikmeter Wasser nicht nur eines jeden Mendians, sondern für
jeden Kubikmeter einer meterdicken Kugelschale bestimmt denken, so daß es
sich also nicht bloß um ein slächenhaftes, sondern um ein rotationskörper-
haftes ZlutkraftMem der ganzen äußeren Ei- oder Linsenschale handelt.
Denkt man sich nun den ganzen Marsozean zwiebelschalenartig in lauter
meterdicke Eischalen bzw. Linsenschalen zerlegt und auf jede solche Schale das
seinem Mittelabstand entsprechende Zlutkraftsystem für jeden Kubikmeter
Wasser wirkend, wie es da in allen 4 Verformungen für einen Meridian der
äußersten Schale lückenhaft angedeutet erscheint, so läßt sich gefühlsmäßig
schon ermessen, wie aus dem nicht rotierenden Marsei eine doppelt abgeplattete
Kugel (sanfte Linse) entstehen muß, wenn dieser über 400 kw tiefe Mars­
ozean rotiert: Es kommt zu der fixen Vrehabplattung nach schiefer Linsenachse
noch die wechselnde Jahresflutabplattung nach einer zur Sahnebene senkrecht
zu Senkenden Linsenachse hinzu.
Betrachten wir nun das Linsenflutkraftsgstem und denken wir uns das­
selbe körperhaft (ringsum r n als Symmetrieachse) wirkend, so sehen wir, daß
zwar die beiläufig zum Radiusvektor parallelen Aquatordurchmesser wohl ge­
dehnt werden, daß aber die dazu etwa senkrechten Aquatordurchmesser mit
beiläufig halb so großen Zlutkräften (negativen Hubkräften) gestaucht werden.
Nimmt man nun die wasserträgheit der rotierenden Tropenzone des Mars-
ozeans hinzu, so wird sich da ein Mittelding zwischen Dehnung und Stauchung
der Tropendurchmesser herausstellen. In Richtung des Polardurchmessers
aber bleiben die durchmesserktauchenden Zlutkräfte dauernd in Wirksamkeit.
Es kann also nur eine sehr gedrungene Linse das Resultat sein, die ein Tages-
flutatmen kaum erkennen läßt. Den geringen vsrformungsbestrebungen der
Tagesflutkräfte ist die geringe Elastizität der Linseneiskruste allemal gewachsen,
nicht aber den großen Unterschieden der perihel- und Aphelflutkräfte, wenngleich
dieselben für die wirkliche Marslinse kleiner sind (vgl. hubkräfte b- und du)
als für das hypothetische MarSei (vgl. S- und 8»).
wenn wir uns nun eine tabellarische Übersicht über die im Perihel und
Aphel an den extremen Punkten 2 und u angre,senden hubkräfte schaffen
wollen, so wären es die folgenden Kräfte:
hubkräfte 8 an den Punkten 2 und n des Marseies:
im perihelium bei pr und pu:
Np- -- -- Ni/R-r-N-

Hpn -- — K,/R^
18b Anmerkungen.

im Aphelium bei »2 und an:


--- 8^ — -- X,/R^— ^2

-- - «,/k-

hubkräfte b an den Punkten 2 und n der Marslinse:


im Perihelium bei xr und pn:

^p° *'pr> — 8pu -- Rpo — X,/k^,

im Aphelium bei »2 und sn:


l'«- -- -- X,M2- __ ^2

t>°n - k'-n - ^V-

Zur weiteren Berechnung sei hierzu nur folgendes noch bemerkt: 1 ebw
Wasser fühlt in der Erdbahn (mittlerer Sonnenabstand) 600, 655, also rund
600 x Sonnenschwere. In der Marsbahn (mittlerer Sonnenabstand) ist das 0,431
dessen, also rund 258,88 oder rund 260 x Sonnenschwere des odm Wasser.
An der kugelig gedachten Marsoberfläche wiegt 1 okrn Wasser 370000 x,
auf Erden 1000000 x. Man kann also mit obigen Formeln nach Einsetzung
der nummerischen Werte berechnen, um wieviel 1 vbm Wasser bei 2 und n
in allen 4 Fällen durch diese hubkräste ö und b leichter und an den Polen
schwerer ist als im mittleren Niveau ohne Sonnenflutkräfte.
15». (Zu Seite 86.) vom Aphel bis perihel zustrebend, bringen die
schwerer berstenden Polkappen den zu kleinen, hingegen vom perihel dem
Aphel zustrebend, den zu großen Krümmungshalbmesser mit. wegen der
aus Abbildung 31s ablesbaren großen jahreszeitlichen Unterschiede zwischen
Nord- und Südkrustenhälfte ist heute notwendig die Lüdpolkappe die stärkere
und die nördliche die schwächere. Nach dem Tropenbersten wird somit die
nördliche Polkappe bis zu kleinerem Umfang abkalben, so datz die südliche
Polkappe stets die größere bleiben wird. Es wird also beim Aurbauchen
(Bahnstück Hb—^b) die südliche Polkappe mit breiterem — die nördliche
mit schmälerem Rand oder auch gar nicht tauchen. Daher sieht man vor
den günstigen Peribeloppositionen (südliches Frühjahr und Sommer, Mars­
monate Lept.-Vkt.-November) gerade die Südseite mehr und die Nordseite
weniger „überschwemmt", was aber im WLL-Sinne nur als „frisch Lber-
froren" zu verstehen ist. Infolge zarter Bestreuung mit sonnenflüchtigem
Feineis bleichen diese vunkelfärbungen bald wieder nach, besonders dann
rasch, wenn Mars von einem kräftigen Koronastrahl bestrichen wird.
16. (Zu 5eite 107.) vgl. die in Anm. 10 genannten Bücher von hanns
Fischer.
17. (Zu Seite 123.) Näheres über alle diese Folgerungen ist zu finden
in hanns Fischer, „Rhythmus des kosmischen Lebens", vas Buch vom Puls­
schlag der Welt, koehler Lc Amelang, Leipzig.
Inhalt.
vie Ziffern beziehen sich auf die Zeilenzahlen.
Vorwort 1. — ver Sprung in; kill 8. — von brennender Sehnsucht 9. —
Schulerinnerungen 10. — Träumereien 11. — Unbekannte Brüder 12. —
Laplace am Ende 13. — vie wüste des Wissens 14. — Brunner und paulsen 15.
— Adrian Baumann 16. — Mars-Ingenieure 17. — Unzureichende Deutun­
gen 18. — Deutungen „an sich" 19. — Erde, Mond und Mars 20. — Unsere
Sonnenwelt 21. — Spaziergang im Sonnenreich 22. — Gröhenverhältnis der
Wandelsterne 23. — vom lngengewicht 24. — ver geheimnisvolle Gasball 25.
— Sternmutter und Einfängling 26. — Lternenhochzeit 27. — Sternbefruch­
tung 28. — vom Siedeverzug 29. — Neue Sterne 50. — Geburt unserer
Weltinsel 31. — 6n der wiege unserer Sonnenwelt 32. — Geburt der Lis-
Milchstrahe 33. — Mörserschuh und Mutterstern 34. — vas Glutfluhkreisel 35.
— Dom Lhaos zur Zorm 36. — Entwicklung des Kreisels 37. — weiteres
Wachstum 38. — Ursonne und Planeten 39. — Eisplaneten 40. — Trans­
neptunische Planetoiden 41. — Kreiselwanken 42. — vom fliegenden Reifen 43.
— heutige Sonnenwelt 44. — Gefalle und Spannung 45. — vom neuen Welt­
bild 46. — Geheimnisse der Eismilchstratze 47. — vom Grschleiertrichter 48. —
von den wasservlaneten 49. — werden eines Grotzwandelsterns 50. —
Eine Handvoll Lrde 51. — vas Ei; in der Sonne 52. — von Sonnenflecken 53.
— Lichtdruck und Zeineis 54. — Schwerkraft und Lichtdruck 55. — Wasserstoff
und Sternenweg 56. — vor 13500 Jahren 57. — vie Erde zur Kambriumzeit
59. — Vie Sahnschrumpfung 60. — vormondzeit und Erdende 61. — Mars­
schicksal 62. — Rückschau 63. — Merkur und Venus 64. — Asteroiden 65. —
vom Saturnring 66. — vie beiden Planetoidenzonen 67. — vie Duellen des
Marsmeeres 68. — Thüringische Sintflut 69. — Wasserarmut der Lrde 70. —
Ver wasserreichste innere planet 71. —Revolution der Naturwissenschaft 72.—
vom scheinbar Unmöglichen 73. — Vas Gesetz der natürlichen Notwendigkeiten
74. — ver schweigsame Mars 75. — Entstehung der Lufthülle 76. — vie Gas­
hülle des Mars 77. — ver Eisozean des Mars 78. — Tiefe des Marsozeans 79.
— Erde, Mars und seine Monde 80. — vie Umwelt des Mars 81. — vie
Dpposition am 23. August 1924 82. — Mars und seine Monde 83. — vas
Marsrätsel 84. —Zlutwirkung der Sonne 87. — vie Lösung des Rätsels 88.—
vas Atmen der Eiskruste 89. — Vas erste Keplersche Gesetz 90. — Vom vor­
gestellten Marsei 91. — Lisverformung 92. — Linsenversormung 93. —
Ausbauchen und Linbauchen 94. — „Tod" und „Leben" 95. — Jahreszeiten
des Mars 96. — Unterschiede am Süd- und Nordpol 97. — von den Polkappen
98. — Vie „weihe Beule" 100. — Deutung der neuen Erscheinung 101. —
Ein neues Rätsel 102. — Polkappen und Kanäle 103. — „Inseln", „Seen"
und „Meere" 104. — Übereinstimmungen 105. — vie wahren Ursachen der
Kanäle 106. — plötzliches Bleichen 107. — vom Klaffen der Ureisschollen 108.
— Wiederholung 109. — verschweißen des Ureises 110. — wann wir Kanäle
entdecken 111. — Nochmals die Zrühjahrsüberschwemmungen 112. — Pol­
kappen — Ausbauchung 113. — Weiher polarfleck 114. — heutiger Zustand
115. — Ehemaliger Zustand 116. — Nach 5800 Jahren 117. — Weihe Spiral­
streifen 118. — Passatwirkung 119. — Entstehung der Streifen 120. — Damm­
158 Inhalt.

streifen 121. — Umfang der welteirlehre 122. — vie Uferlosigkeit der Dzean«
123. — Einsturz eines Planetoiden 124. — Aufpumpung des Dzeans 128. —
Kanalverdoppelungen 126. — Lösung der Kanalverdopplungen 127. —
Breite der Kanaloerdopplungen 128. — verschiedene Breite 129. — Zwölf
Arten der Doppelung 131. — Gegend des Sonnensees 132. — wissenschaft­
liche Träumereien 133. — vas Schleusenrätsel 134. — Marskulturingenieure
135. — Weltbild der Erde 136. — Mars und Mond 137. — vor der Ent­
scheidung 138. — Tiefenberechnung 139. — Widersprüche 140. — Übersicht
141. — Perspektivische Bilder vom Mars 142. — vom Grobeis 143. — vom
Zeineis 144. — Einfluß der Grotzplaneten 145. — Bewohnte Welten 146. —
wir sind allein 147. — Vie Sprache der Natur 148. — Anmerkungen 149.
Drei Romane auS sagenumwobener Vorzeit

Edmund Riß, der Dichter der Atlantis

AuS ferner Urzeit deS Menschen, von der uns keine Kunde blieb in
Pergament oder Stein, raunt die Sage von der stolzen KönlgSburg
Atlantis und der unvergleichlich hohen Kultur ihrer Bewohner. Der
Untergang deS AtlanttS-ReicheS ist ebenso märchenhaft wie seine Blüte:
lm Verlaufe eines schlimmen TageS und einer schlimmen Nacht, so er­
zählt plato, sank die Insel inS Meer... WaS sich damals zugetragen,
wie die Atlanter durch kluge Gesetze Ihre Rasse schützten und ihr Reich
allen Ländern Segen brächte, wie selbst im fernen Westen, auf dem
Hochland von Bolivien, eine atlantische Kolonie weit vor der Inkazeit
prächtige Kunstwerke schuf und mächtige Bauten türmte — merkwürdig
unvollendet, als seien ihre Meister mitten im Schaffen von einer un­
geheuren Katastrophe überrascht worden — und wie, in noch fernerer
Vergangenheit, die erdumfangende Sintflut unvorstellbare Umwäl­
zungen auf der Erde hervorrief — all daS hat Edmund Klß mit dichte­
rischer Kraft anschaulich gestaltet und künstlerisch bewältigt in seinen
Romanen:

Frühling in Atlantis
Au« der Blütezeit des Reiche«

Die letzte Lönigin von Atlantis

Das gläserne Meer


Roman au« Uriagen

Jeder Vand in Ganzleinen 4.80 LM

Koehler L Amelang / Verlag / Leipzig


XElLUll/
/
*
X
Frühling in Atlantis
Roman au« der Blü««r«lt de« Reiche« Atlantl«

Das alte Lled von Baldur und Loki und von aufopfernder Treue ge­
winnt hier neue Gestalt, auS der Zelt, da dle arische Nasse ihre erste
Blüte erreicht und den Adel höchsten Menschentums errungen hat.
Mit platonS Atlanttsbertcht

Die letzte RSntgin von Atlantis


Roman au« der Jett um irkXX) ». The.

Die Geschichte der großen erfüllten und doch tragischen Liebe des Stern-
weisen von Tihuanaku zu einer Fürstentochter, der letzten, nie gekrönten
Königin deS untergehenden atlantischen Weltreiches

Das gläserne Meer


Ttn Roman au« Urtagen

DaS gewaltigste Ereignis der Erdgeschichte, das Erleben der Menschen


in der Sintflut, anschaulich und mit echtek Dlchterkraft gestaltet

Drei Romane von eigenem Reiz und besonderer Schönheit, in denen


nordischer Seelrnadel heroische und doch auch anmutige Darstellung
findet. Die frohe Gesinnung, dle Klß seinen Helden gibt, dle Abge-
klärthelt der Lebensauffassung und dann wieder die heiße Leidenschaft
zu schöner sonniger Liebe - aber auch die packenden Schilderungen deS
«rgewaltkgen Naturgeschehens unserer alten Erde machen diese Bücher
für alle Leser von Geschmack zu einem ganz besonderen Erlebnis

gedrr Vand in Ganzleinen 4.80 LM

Koehler ä Amelang / Verlag / Lekpztg

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