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Übersetzung: Marcel Stirner

Lektorat: Angelika Lueckert Leon

¿Hablas español? Parlez-vous français?


你会说中文吗?

Wenn du mit "Sí", "Oui"


oder "是的" antwortest

und dieses Video auf Englisch schaust,

gehörst du möglicherweise zur Mehrheit


der zwei- oder mehrsprachigen Bevölkerung.

Du kannst nicht nur einfacher reisen

oder Filme ohne Untertitel schauen,

durch Kenntnis von


zwei oder mehr Sprachen

arbeitet dein Gehirn womöglich anders


als das deiner einsprachigen Freunde.

Also was bedeutet es nun,


eine Sprache zu beherrschen?

Zur Sprachkompetenz gehören generell


zwei aktive Teile, Sprechen und Schreiben,

und zwei passive, Lesen und Verstehen.

Während ausgewogen Bilinguale

zwei Sprachen auf nahezu


gleichem Niveau beherrschen,

sprechen und benutzen


die meisten ihre Sprachen

in unterschiedlichem Umfang.

Und je nach Lebensumständen


und Art des Spracherwerbs

kann man drei Arten


von Bilingualismus unterscheiden.

Sehen wir uns zum Beispiel Gabriela an.

Mit 2 wanderte sie mit ihrer Familie


aus Peru in die USA ein.

Gabriela ist kombiniert zweisprachig,

entwickelt also simultan


zwei Sprachkodes und verbindet diese

mit einem einzigen Set an Konzepten.


Sie lernt sowohl Englisch
als auch Spanisch,

während sie anfängt,


die Welt um sich herum zu verstehen.

Ihr großer Bruder hingegen ist wohl


koordiniert zweisprachig,

arbeitet also mit zwei Sets von Konzepten.

Während er Englisch in der Schule lernt,

spricht er daheim und mit Freunden


weiterhin Spanisch.

Gabrielas Eltern sind wahrscheinlich


subordiniert zweisprachig,

lernen also eine Zweitsprache

durch den Filter ihrer Hauptsprache.

Da alle Arten von Bilingualen


eine Sprache meistern können,

und zwar unabhängig


von Akzent oder Aussprache,

sind die Unterschiede


vielleicht nicht sofort erkennbar.

Aber dank neuester Entwicklungen


in der Bildgebung des Gehirns

haben Neurolinguisten
einen Einblick bekommen,

wie bestimmte Aspekte des Spracherwerbs


das bilinguale Gehirn beeinflussen.

Zwar ist die linke Gehirnhälfte


dominanter und analytischer,

was logische Prozesse betrifft,

und die rechte aktiver an emotionalen


und sozialen Prozessen beteiligt,

es handelt sich aber nicht


um eine strikte Trennung.

Die Tatsache, dass Sprache


beide Gehirnhälften beansprucht,

während ihre Lateralisation


erst später einsetzt,
führte zur Hypothese
der kritischen Periode.

Dieser Theorie zufolge

lernen Kinder Sprachen leichter,

weil die Plastizität ihrer


sich entwickelnden Gehirne

es ihnen ermöglicht, beide Gehirnhälften


zum Spracherwerb einzusetzen,

während bei Erwachsenen die Sprache


auf eine Gehirnhälfte lateralisiert ist,

meistens die linke.

Wenn das stimmt, könnte


der frühe Spracherwerb

jemanden dazu befähigen, die sozialen


und emotionalen Komponenten

einer Sprache besser zu verstehen.

Im Gegenzug dazu gibt es Hinweise,

dass Erwachsene,
die eine Sprache neu erlernen,

sich weniger von Gefühlen


beeinflussen lassen

und Probleme in dieser Sprache


rationaler angehen

als in ihrer Muttersprache.

Aber unabhängig davon,


wann man neue Sprachen erlernt,

birgt Mehrsprachigkeit bemerkenswerte


Vorteile für das Gehirn.

Einige sind sogar sichtbar,

zum Beispiel die höhere Dichte


in der grauen Substanz,

die den Großteil der Neuronen


und Synapsen im Gehirn enthält,

oder eine erhöhte Aktivität in einigen


Regionen beim Benutzen der Zweitsprache.

Das Training, das ein bilinguales Gehirn


im Laufe seines Lebens bekommt,
kann auch helfen, Erkrankungen
an Alzheimer oder Demenz

um bis zu fünf Jahre hinauszuzögern.

Dass Bilingualismus viele


kognitive Vorteile hat,

liegt heutzutage auf der Hand,

wäre aber bis vor einigen Jahrzehnten


noch überraschend gewesen.

Vor den 60ern hielt man Bilingualismus


noch für ein Handicap,

das die Entwicklung des Kindes stört,

da es zu viel Zeit aufbringen muss,


um die Sprachen auseinander zu halten;

eine Sicht, die größtenteils


auf fehlerhaften Studien basierte.

Auch wenn eine Studie kürzlich zeigte,

dass einige zweisprachige Studenten


in sprachübergreifenden Tests

mehr Zeit brauchen


und öfter Fehler machen,

zeigte sie auch, dass der Aufwand,

den ein Sprachwechsel erfordert,


mehr Aktivität

im dorsolateralen präfrontalen Cortex


auslöst und ihn sogar stärken kann.

Dieser Teil des Gehirns


spielt eine große Rolle darin,

Aufgaben auszuführen, zwischen ihnen


hin- und herzuschalten, Probleme zu lösen

und sich zu konzentrieren, während man


unwichtige Informationen herausfiltert.

Man ist also nicht unbedingt schlauer,


wenn man zwei Sprachen spricht,

das Gehirn bleibt dadurch aber


gesünder, komplex und aktiv.

Und auch wenn man nicht das Glück hatte,

als Kind eine zweite Sprache zu lernen,


ist es nie zu spät,
sich einen Gefallen zu tun

und den linguistischen Sprung


von einem "Hallo"

zu "Hola," "Bonjour" oder "您好’" zu wagen.

Denn wenn es um unser Gehirn geht,


kann ein bisschen Übung Welten bewegen.

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