Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
001
Prof. Dr. C.-D. Wacker / Organische
Pharmatox / Chemie
Kap. 01 und Biochemie 1 / Kap. 01 / Einführung
/ Einführung
Liebe Studierende,
seien Sie zunächst zum Semesterbeginn sehr gegrüßt!
• Es wird das Bemühen der Fakultät Life Sciences sein, Ihnen eine interessante und spannende
Lehrveranstaltung „Organische Chemie und Biochemie 1“ zu bieten
• Gleichgültig, ob Sie während Ihrer Schulzeit einen Chemie-Leistungskurs besucht oder nur
„Schmalspur-Chemie“ erfahren haben:
Die kommende Vorlesung wird Ihnen zu einem soliden Grundlagenwissen im Bereich der
Organischen Chemie verhelfen
− Sie werden ein gutes Rüstzeug für nachfolgende Lehrveranstaltungen und für den späteren Beruf bekommen
− Das Ausbildungsziel entspricht in etwa dem, das Chemie-Nebenfächler (Physiker, Biologen u.a.) an einer wiss.
Universität erwerben
− An eingängigen Erklärungen und Begleitmaterial soll es nicht fehlen
Zum Bild rechts: Bildtext „You are Chemistry“ – Alles Leben ist Chemie
Die begehbare Zelle mit „Zellwald“. Vor der begehbaren Zelle befindet sich der „Zellwald“, in dem verschiedene Zelltypen
im Maßstab 20.000:1 dargestellt werden:
eine Fettzelle (gelb), hormonproduzierende Zellen aus der Hirnanhangsdrüse (orange), schleimproduzierende Zellen aus 009
dem Dünndarm (grünweiß) , Flimmerepithelzellen der Atemwege (violett), rote und weiße Blutkörperchen (rot und weiß),
und eine Nervenzelle (grün).
Frei zur Veröffentlichung mit dem Vermerk Foto: Deutsches Museum München
Ein paar Gedanken zur Entstehung des Lebens
• In grauer Vorzeit war unser Planet so heiß wie jetzt der Merkur oder die Venus;
die Oberflächentemperatur beträgt dort auf der Sonnenseite ca. 430 – 500°C
Bisherige
Krone(n) der
Schöpfung
011
Prof. Dr. C.-D. Wacker / Organische
Pharmatox / Chemie
Kap. 01 und Biochemie 1 / Kap. 01 / Einführung
/ Einführung
Von sehr einfachen Chemikalien zu komplexen
organischen Molekülen
• Ein Artikel in der Zeitschrift Science
(25.9.2020) berichtet über eine
Computer-Simulation, wie aus nur
6 einfachen Verbindungen über Zitronensäure Harnsäure
013
Prof. Dr. C.-D. Wacker / Organische
Pharmatox / Chemie
Kap. 01 und Biochemie 1 / Kap. 01 / Einführung
/ Einführung
Die Anfänge der Organischen Chemie
• Der Ausdruck „organisch“ weist auf die Herkunft der Stoffe hin:
Sie stammen aus dem Pflanzen- und Tierreich
• Substanzen, die nicht von lebenden Organismen her rühren,
organisch
wurden früher als „anorganisch“ (mineralisch) bezeichnet
016
Prof. Dr. C.-D. Wacker / Organische
Pharmatox / Chemie
Kap. 01 und Biochemie 1 / Kap. 01 / Einführung
/ Einführung
Prägung des Begriffs „Organische Chemie“
• Der schwedische Arzt und Chemiker Jöns Jacob Berzelius erkannte zwischen 1800
und 1810 viele gemeinsame Merkmale von organischen Stoffen,
z.B. ihre Brennbarkeit und ihre geringe Wärmebeständigkeit
• Er vermutete, dass den aus lebenden
Organismen stammenden Verbindungen
eine besondere Kraft, die „Vis Vitalis“,
innewohnte
• Er führte für die Gesamtheit solcher Ver-
bindungen den Begriff „Organische Chemie“
in die Wissenschaft ein Verkohlte
Brotscheibe
• Zuvor hatte Tobern Olaf Bergman diesen Jöns Jacob Berzelius
Arzt und Chemiker
Ausdruck schon 1784 verwendet,
1779 - 1848
er fand aber damals noch keine
Akzeptanz unter den chemischen
Kollegen 017
Prof. Dr. C.-D. Wacker / Organische
Pharmatox / Chemie
Kap. 01 und Biochemie 1 / Kap. 01 / Einführung
/ Einführung
Zusammensetzung organischer Verbindungen
• Pionierarbeiten von Antoine Laurent Lavoisier (1774) und Justus von Liebig (1831)
ermöglichten die Elementaranalyse organischer Stoffe
• Dabei wurden die Stoffe verbrannt und ihre Verbrennungsprodukte
charakterisiert
• Man fand heraus, dass organische Verbindungen immer nur aus
wenigen Elementen zusammengesetzt sind
• Die Massenverhältnisse, in denen diese Elemente vorhanden sind,
sind allerdings oft recht komplex
• Aus den Elementaranalysen lassen sich Brutto-
formeln für organische Verbindungen aufstellen, Justus von Liebig
z.B. C6H12O6 für Traubenzucker Arzt und Chemiker
1803 - 1873
Bild rechts: „Fünfkugelapparatur“
von Justus von Liebig
Aus dem Liebig-Museum in Gießen
018
Prof. Dr. C.-D. Wacker / Organische
Pharmatox / Chemie
Kap. 01 und Biochemie 1 / Kap. 01 / Einführung
/ Einführung
Zentrale Rolle des Kohlenstoffs
• Mitte des 19. Jahrhundert wusste man:
• Offenbar ist die Anwesenheit von Kohlenstoff essentiell für eine organische Substanz
1 O2
2
N C H + H C N N C C N + H2O Friedrich Wöhler
Blausäure (Cyanwasserstoff) Dicyan Chemiker u. Mediziner
1800 - 1882
+ 4 H2O
N C C N HOOC COOH
2 NH3
Dicyan Oxalsäure
021
Prof. Dr. C.-D. Wacker / Organische
Pharmatox / Chemie
Kap. 01 und Biochemie 1 / Kap. 01 / Einführung
/ Einführung
Beginn der modernen organischen Chemie (2)
• Vier Jahre später (1828) konnte Wöhler zeigen, dass sich das anorganische Salz
Ammoniumcyanat durch Erhitzen in Harnstoff umwandeln lässt:
O
Erhitzen
NH4 O C N C
H2N NH 2
Ammoniumcyanat
Harnstoff
H
O
C 2 H 4O2
H C C
Essigsäure
• 1865 postulierte er eine dreifach H
OH
1829 - 1896
sein könnten ("Oszillationstheorie")
024
Prof. Dr. C.-D. Wacker / Organische
Pharmatox / Chemie
Kap. 01 und Biochemie 1 / Kap. 01 / Einführung
/ Einführung
Beginn der modernen organischen Chemie (4)
• Sowohl van‘t Hoff als auch Le Bel begründeten 1874 unabhängig voneinander die
organische Stereochemie
• Erkenntnis: Die Valenzrichtungen des Kohlenstoffs liegen nicht in einer Ebene,
sondern sind räumlich angeordnet 025
Prof. Dr. C.-D. Wacker / Organische
Pharmatox / Chemie
Kap. 01 und Biochemie 1 / Kap. 01 / Einführung
/ Einführung
Der Rote Faden in der Organischen Chemie
• Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Vielfalt organischer Verbindungen,
Reaktionsmöglichkeiten und industrieller Prozesse zu ordnen
• Die meisten Hochschul-Lehrbücher stellen die Stoffchemie in den
Vordergrund
• Sie beginnen beim Kohlenstoffatom und dem Element Kohlenstoff, arbeiten sich dann
(vereinfacht gesprochen) von den Kohlenwasserstoffen über Alkohole und Aldehyde zu
den Carbonsäuren vor
• Man benutzt also die Oxidationszahl (oder Oxidationsstufe) des Kohlenstoffs als
Ordnungsprinzip
• Theoretische Fragestellungen (z.B. der Begriff der Aromatizität) werden bei den relevanten
Stoffklassen behandelt, ggfs. auch im Vorwege erläutert oder als Zwischenkapitel eingeschoben
• Ein analoger Weg wird auch in dieser Lehrveranstaltung beschritten
• Hat man bei einem ersten Durchgang den Kohlenstoff in all seinen Oxidationsstufen
erlebt, kann man sich komplexeren (z.B. bioorganischen) Verbindungen zuwenden
026
Prof. Dr. C.-D. Wacker / Organische
Pharmatox / Chemie
Kap. 01 und Biochemie 1 / Kap. 01 / Einführung
/ Einführung
Energie-Inhalt
H
Organisch
-4 (++++ energiereich)
H C H energie-
reich
anorganischer H
Methan
und organischer H
-2
Organisch
(+++ energiereich)
H C OH
Kohlenstoff- H
Methanol
verbindungen OH
O
Organisch
(++ energiereich)
H C
0
OH H
0
C Gang der
H H Vorlesung
Methanal (Formaldehyd)
Organische
Kohlenstoff- OH
O Organisch
+2 (+ energiereich)
Verbindungen H C
+2
OH H C
OH OH
Ameisensäure
Anorganisch
(- energiearm)
Anorganische OH O
energie-
027
+4
Kohlenstoff- HO C OH
+4C
O
+4
C O arm
Verbindungen OH
HO OH
Kohlensäure Kohlendioxid
Übersicht über die zu behandelnden Stoffklassen
• „Gruppe 0“: Kohlenwasserstoffe; an ein C-Atom sind nur H-Atome oder andere C-Atome
gebunden
→ Alkane, Alkene, Alkine, Aromaten
• „Gruppe 1“: An einem C-Atom befindet sich ein einwertiger Substituent wie z.B. -Cl, -OH,
-SH oder -NH2
→ Halogenalkane, Alkohole, Ether, Thiole, Disulfide, Amine
• „Gruppe 2“: An einem C-Atom befinden sich zwei einwertige Substituenten oder ein
zweiwertiger Substituent
→ Dichlormethan, Aldehyde, Ketone
• „Gruppe 3“: An einem C-Atom befinden sich drei einwertige Substituenten oder ein
zweiwertiger plus ein einwertiger Substituent oder ein dreiwertiger Substituent
→ Trichlormethan, Carbonsäuren, Nitrile
• „Gruppe 4“: An einem C-Atom befinden sich vier einwertige Substituenten oder ein drei-
wertiger + ein einwertiger Subst. oder zwei zweiwertige Subst. oder ein
zweiwertiger + zwei einwertige Substituenten
→ Tetrachlormethan, H2CO3, CO2, CS2, Harnstoff 028
Prof. Dr. C.-D. Wacker / Organische
Pharmatox / Chemie
Kap. 01 und Biochemie 1 / Kap. 01 / Einführung
/ Einführung
Hinweis zu den vorgenannten „Gruppen“
• Die Einteilung der Kohlenstoffverbindungen nach „Gruppen“ ist ein didaktisches Hilfsmittel
unserer Lehrveranstaltung
• Auch wenn die meisten Lehrbücher nach diesem Ordnungsprinzip vorgehen, tauchen dort
nirgendwo Überschriften wie „Gruppe 0“, „Gruppe 1“ usw. auf
• Man möge daher das Prinzip verinnerlichen, aber nicht erwarten, dass man außerhalb des
Campus mit anderen Personen über „Verbindungen der Gruppe 0“ usw. kommunizieren kann
029
Prof. Dr. C.-D. Wacker / Organische
Pharmatox / Chemie
Kap. 01 und Biochemie 1 / Kap. 01 / Einführung
/ Einführung
Von der organischen Chemie zur Biochemie
• Aus dem urzeitlich entstandenen Pool organischer Substanzen hat die
Natur bestimmte Verbindungsklassen ausgewählt
• Diese spielen bis heute in lebenden Organismen eine zentrale Rolle
• Es handelt sich vorwiegend um
• Kohlenhydrate
Ribose / Desoxyribose → RNA / DNA Glucose →
Energieträger
• Aminosäuren
Stanley Miller konnte 1953 in seinem
→ Verknüpfung zu Peptiden / Proteinen → Funktion als berühmten „Ursuppenexperiment“
Biokatalysatoren, Hormone, Rezeptoren u.v.m. nachweisen, dass in einer
Wasserstoff-Methan-Ammoniak –
• Heterocyclische Verbindungen Atmosphäre in Gegenwart von
Adenin, Guanin, Cytosin, Thymin → Bestandteile der Wasser bei Energiezufuhr durch
Erbsubstanz / Hämoglobin → Sauerstofftransport elektrische Entladungen
organische Moleküle
Chlorophyll → Photosynthese entstehen
030
Prof. Dr. C.-D. Wacker / Organische
Pharmatox / Chemie
Kap. 01 und Biochemie 1 / Kap. 01 / Einführung
/ Einführung