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Die Zukunft des Strafverfahrens –

Abschied vom Rechtsstaat?

Von Professor Dr. Lutz Meyer-Goßner, Landau

Wenn man die aktuelle politische Situation betrachtet, kann einem schon
etwas bang werden: Lauschangriff auf Privatwohnungen, heimliche on-line-
Durchsuchungen, Einschränkung der Unschuldsvermutung – gehört in
diese Horrorliste auch die Absprache im Strafverfahren, zu der ich Stellung
nehmen soll?
Würde man diese Frage den in der Praxis tätigen Staatsanwälten, Rich-
tern und Verteidigern stellen, würde man bei der übergroßen Mehrheit von
ihnen auf bares Unverständnis stoßen. Was sollte daran so schlimm sein, ein
Strafverfahren einverständlich und zügig zu beenden? Und dass man eine –
dem Willen aller Beteiligten entsprechende – Absprache nach Auffassung
des Großen Senats des BGH 1 nicht mit der Vereinbarung eines Rechtsmittel-
verzichts versehen dürfe, quittieren diese Praktiker nur mit Kopfschütteln.
Was wenig beachtet worden ist: Auch der Generalbundesanwalt hatte die
gestellten Vorlegungsfragen seinerzeit sämtlich anders als der Große Senat
des BGH dahingehend beantwortet, dass Rechtsmittelverzichtsvereinbarun-
gen zulässig seien und das Gericht sogar darauf hinwirken dürfe! Immerhin
dämmert inzwischen aber allmählich doch einsichtigen Verteidigern, dass
mit einer unkontrollierten Absprache die rechtsstaatlichen Sicherungen des
Strafverfahrens, nämlich dessen den Angeklagten schützende Formen, auf-
gegeben werden. Die gestellte Frage, ob die Zulässigkeit von Absprachen
den Rechtsstaat bedroht, ist daher berechtigt, wenn damit aber gleichzeitig
der „Abschied vom Rechtsstaat“ propagiert wird, wohl doch reichlich über-
zogen.
Bevor über die „Absprache im Strafverfahren“ lamentiert wird, ist es
allerdings dringend erforderlich, erst einmal zu klären, was darunter ver-
standen wird. Insofern besteht nicht einmal in der Bezeichnung, geschweige
denn in der Definition Einigkeit. Auch die Entscheidung des Großen Senats
des BGH krankt daran, dass dort die Gefahren der Absprache beschworen
und verfassungsrechtliche Bedenken geäußert werden, ohne dass zuvor ge-
klärt wird, welche Art von Absprachen denn bedenklich seien und welche
nicht.

1 BGHSt. 50, 40 = NJW 2005, 1440.

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Es geht schon mit der Bezeichnung los: In manchen Lehrbüchern zum


Strafverfahrensrecht wird die Absprache unter der Überschrift „Der Deal
im Strafverfahren“ erörtert 2. Das ist bedauerlich; denn mit dieser – auch
sonst für Absprachen häufig verwendeten – Bezeichnung, die aus dem Ge-
biet des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln übernommen
wurde, wird die Absprache sogleich abgewertet und erhält einen kriminellen
Anstrich. Die Bezeichnung deal kann natürlich gebraucht werden; aber sie
sollte nur für die nach wohl übereinstimmender Ansicht in Rechtsprechung
und Rechtslehre unzulässige Form einer Absprache verwendet werden, näm-
lich für die heimliche, außerhalb der Hauptverhandlung erfolgte – mit einem
Rechtsmittelverzichtsversprechen garnierte – Vereinbarung zwischen Staats-
anwaltschaft, Vorsitzendem des Gerichts und Verteidigung über die Verhän-
gung einer bestimmten Strafe bei Ablegung eines Geständnisses durch den
Angeklagten.
Ein solcher deal ist nicht nur strafverfahrens- sondern auch verfassungs-
widrig; er ist nicht gestattet und darf auch in Zukunft nicht erlaubt werden.
Insoweit sollte Einigkeit bestehen.
Von diesem verbotenen deal sind aber offene, in der Hauptverhandlung
erörterte und protokollierte Absprachen scharf zu unterscheiden. Auch da-
bei ist allerdings die Vereinbarung der Verhängung einer bestimmten Strafe
gegen Ablegung eines Geständnisses mit dem Gesetz nicht vereinbar. Der
BGH hat dazu jedoch den Weg (den Ausweg?) der Zusage einer Strafober-
grenze beschritten, die für den Fall der Ablegung eines Geständnisses er-
folgt. Auch das geht manchen Kritikern schon zu weit 3. Im Gegensatz zum
verbotenen deal sind zwar auch hier möglicherweise strafverfahrensrecht-
liche, aber doch wohl nicht durchschlagende verfassungsrechtliche Beden-
ken zu erheben.
Die an dieser Lösung geäußerte Kritik erscheint mir aber auch unberech-
tigt:
– Festzuhalten ist, dass es keine Absprachen über den Schuldvorwurf oder
gesetzlich vorgeschriebene Rechtsfolgen – wie z.B. die Anordnung der
Sicherungsverwahrung – geben darf.
– Dem Angeklagten für den Fall der Ablegung eines Geständnisses Straf-
milderung zuzusagen, ist hingegen seit jeher zu Recht als zulässig ange-
sehen worden; schon im 1. Band der amtlichen Sammlung der Entschei-

2 So etwa Beulke, Strafprozessrecht, 9. Aufl. 2006, Rdn. 394 ff.


3 Vgl. Duttge, Festschrift für Böttcher, 2007, S. 52, 73.

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dungen des BGH 4 ist dargelegt, dass der Hinweis auf Strafmilderung bei
Ablegung eines Geständnisses nicht gegen § 136a StPO verstößt.
– Eine verbindliche Zusage der Strafmilderung in diesem Fall ist unabding-
bar; denn eine unverbindliche Inaussichtstellung ist für den Angeklagten
wertlos.
– Vorgespräche von Staatsanwaltschaft und Verteidiger mit dem Vorsitzen-
den vor der Hauptverhandlung kann man nicht verbieten und muss man
auch nicht verbieten, weil diese Gespräche unverbindlich sind und nur
das für das Urteil zählt, was in der Hauptverhandlung erklärt und proto-
kolliertworden ist.
Bei den gestatteten Absprachen sind nun aber wiederum zwei Varianten
deutlich zu unterscheiden:
Nach der Entscheidung des 4. Strafsenats des BGH 5 macht das Gericht
diese Zusage; die Entscheidung verbleibt allein beim Gericht. Sie ist nicht
von der Zustimmung der Staatsanwaltschaft und schon gar nicht von der
Zustimmung des Angeklagten abhängig. Sie ist also auch wirksam, wenn die
Staatsanwaltschaft mit dieser Obergrenze nicht einverstanden ist, und es
bleibt dem Angeklagten unbenommen, ob er daraufhin ein Geständnis ab-
legt oder nicht. Demgegenüber ist in einer Entscheidung des 5. Strafsenats
des BGH 6 verlangt worden, dass die Staatsanwaltschaft ihre Zustimmung
erteilen müsse.
Der Große Senat des BGH hat die Frage der Zustimmungspflichtigkeit
der Absprache durch die Staatsanwaltschaft offen gelassen.
Schaut man sich zu dieser Frage die vorliegenden Gesetzesentwürfe an,
nämlich die der Bundesrechtsanwaltskammer und das auf einen Vorschlag
des Landes Niedersachsen zurückgehende Gesetzesvorhaben des Bundes-
rats sowie den Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums, so stellt
man fest, dass diese sämtlich – und in verstärktem Maße – das Erfordernis
solcher Zustimmungen herausstellen. Sie verlangen darüber hinaus zum Teil
sogar, dass die Initiative zur Vornahme einer Absprache von Staatsanwalt-
schaft und Verteidigung ausgehen und generell von deren Zustimmung ab-
hängig sein soll; sie drängen damit das Gericht an den Rand des Geschehens.
Weit über dem, was der BGH erlaubt hat, liegt es auch, wenn nach den
Entwürfen sogar prozessuale Vorgänge – also beispielsweise der Verzicht auf

4 BGHSt 1, 387.
5 BGHSt 43, 195.
6 StV 2003, 481.

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die Stellung eines Beweisantrages – mit einer Strafmilderung honoriert wer-


den sollen.
Damit korrespondiert es, dass in den Entwürfen nicht nur die Festset-
zung einer Strafobergrenze, sondern auch die Angabe einer Strafuntergrenze
verlangt wird – die natürlich nur für die Staatsanwaltschaft und nicht für den
Angeklagten von Interesse ist. Das lässt die an die Stelle der Entscheidung
des Gerichts tretende Vereinbarung zwischen Verteidigung und Staatsan-
waltschaft deutlich werden.
Solche Vereinbarungen sind aber verfassungsrechtlich bedenklich; denn
die Entscheidung, ob und wie der Angeklagte zu verurteilen ist, von wel-
chem Strafrahmen dabei auszugehen ist, wird damit dem Gericht teilweise
aus der Hand genommen; das dürfte Art. 92 und Art. 97 Abs. 1 GG wider-
sprechen 7.
Das gilt erst recht, wenn man hier – wie es von Widmaier 8 schon einmal
angesprochen worden ist – das Gericht ganz ausschalten und die gerichtliche
Entscheidung durch eine Vereinbarung von Staatsanwaltschaft und Verteidi-
gung ersetzen möchte.
Von diesen drei Fällen
– unzulässiger deal,
– Zusage einer Strafobergrenze durch das Gericht und
– einverständliche Festlegung des Strafrahmens durch Gericht, Staatsan-
waltschaft und Angeklagten
ist nun noch ein gänzlich anderes Modell zu unterscheiden:
Es ist die – auch von Altenhain 9 kürzlich wieder ins Gespräch gebrachte –
so genannte große Lösung. Darunter ist zu verstehen, dass davon abgesehen
wird, eine Abspracheregelung in unser jetziges Verfahrenssystem zu inte-
grieren und statt dessen vorgeschlagen wird, ein eigenständiges Verfahren
zu schaffen, in dem sich der Angeklagte dem Schuldvorwurf der Anklage
unterwirft oder – vielleicht besser ausgedrückt – ihn anerkennt. Dafür wird
ihm dann eine Strafmilderung zugesagt. Hier bleibt die Entscheidung – im
Gegensatz zu dem zuvor erörterten Fall und damit verfassungsrechtlich un-
bedenklich – beim Gericht.
Welche Lösung bietet sich an, ohne unseren Rechtsstaat zu gefährden?

7 Vgl. Duttge (Anm. 3), S. 63.


8 NJW 2005, 1985.
9 NStZ 2007, 71, 78.

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Wer jetzt nicht nur den deal, sondern auch sämtliche andere Formen von
Absprachen verbieten will, so wie es z. B. die Generalbundesanwältin Harms
vor kurzem gefordert hat 10, schüttet das Kind mit dem Bade aus:
Ganz abgesehen davon, dass dies nach 30 Jahren praktizierter Verständi-
gungen unmöglich erscheint, weil es nur dazu führen würde, das heimliche
dealen zu neuer Blüte zu bringen – es ist doch durchaus vernünftig, wenn
versucht wird, dem Angeklagten bei kooperativem Verhalten eine Straf-
milderung zu gewähren und ihm dabei ein ihn regelmäßig sehr belastendes,
Nerven kostendes und zeitaufwändiges Verfahren zu erleichtern. Es ist aber
auch in Anbetracht der knappen Ressourcen der Justiz erstrebenswert,
Strafverfahren schnell und ohne großen Aufwand zu Ende zu bringen –
vorausgesetzt, die rechtsstaatlichen Grundsätze werden dabei gewahrt.
Dass sich Verteidiger nicht mehr auf den unverbindlichen Hinweis des
Gerichts, ein Geständnis werde – natürlich – erheblich strafmildernd ge-
wertet werden, verlassen wollen, ist in Anbetracht dessen, dass dabei offen
bleibt, wie hoch die Milderung ausfallen wird und hier vielfach höchst
unterschiedliche Vorstellungen zwischen dem Gericht und der Verteidigung
bestehen können, nur allzu verständlich; schließlich haben sich die heim-
lichen deals ja gerade deswegen entwickelt, weil die Verteidiger den unver-
bindlichen Zusagen der Gerichte über eine Strafmilderung bei Ablegung
eines Geständnisses nicht getraut haben bzw. ihnen diese eben zu unsicher
oder sie von dem geringen Umfang der Strafmilderung enttäuscht waren.
So hat sich demgegenüber auch Schünemann gerade nicht darauf be-
schränkt, den Stab über das Abspracheverfahren zu brechen, sondern nach
anderen Lösungen gesucht. Er hat vorgeschlagen11 – und dabei Zustimmung
gefunden12 –, dass das Gericht zunächst – etwa im Wege eines Strafbescheids –
einen Strafvorschlag macht, dazu sodann einen gerichtlicher Verhandlungs-
termin angesetzt und nach Erörterung mit dem Angeklagten eine einver-
ständliche Erledigung versucht wird; im Falle des Scheiterns einer Vereinba-
rung solle eine – streitige – Verhandlung vor einem anders besetzten Gericht
stattfinden. Ein ähnlicher Vorschlag ist auch kürzlich von Altenhain ge-
macht worden13.
Solche Vorschläge haben aber keine Chance auf Verwirklichung: Alles,
was das Verfahren verkompliziert und dazu noch einen höheren Einsatz von

10 Festschrift für Nehm, 2006, S. 289.


11 Gutachten zum 58. DJT, B 160 ff.
12 Nestler, Symposium für Bernd Schünemann, 2005, S. 15, 23.
13 Anm. 9.

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Richtern erfordert, ist politisch nicht durchsetzbar. Aber solche Vorschalt-


verfahren sind nicht nur nicht durchsetzbar, sie sind auch nicht nötig:
Wir haben in unserer StPO ja bereits diese verlangte Zwischenentschei-
dung:
Mit Erlass des Eröffnungsbeschlusses erklärt das Gericht, dass der An-
geklagte der angeklagten Straftat hinreichend verdächtig ist. Dass diese Ent-
scheidung zutreffend ist, wird durch die äußerst geringe Freispruchsquote
von unter 4 % bestätigt. Dass die Chancen auf einen Freispruch nach Eröff-
nung des Hauptverfahrens äußerst gering sind, ist daher jedem Angeklagten
klar.
Es bietet sich somit an, für den Angeklagten die Möglichkeit zu schaffen,
den Anklagevorwurf anzuerkennen oder – anders ausgedrückt – sich ihm zu
unterwerfen. Damit würde eine Art „Schuldinterlokut“ eingeführt, mit der
Folge, dass eine Beweisaufnahme zum Schuldvorwurf nicht mehr stattfin-
det. Dies muss, um es für den Angeklagten attraktiv zu machen, durch eine
nicht unerhebliche Strafrahmenreduzierung belohnt werden – ich denke an
eine Halbierung des gesetzlichen Strafrahmens. Die Strafmilderung setzt da-
mit das Gesetz und nicht mehr das Gericht fest.
Im Wesentlichen passiert hierbei nichts anderes als beim Strafbefehls-
verfahren, nur dass der Angeklagte dort Schuldspruch und Strafe ohne Ver-
handlung akzeptiert, während er hier lediglich den Schuldvorwurf aner-
kennt, die Strafe aber auf Grund einer Hauptverhandlung – in der der
Angeklagte durchaus auch noch ein auf Reue und Einsicht beruhendes und
daher strafmilderndes Geständnis ablegen kann – festgesetzt wird.
Die Vorteile eines solchen Verfahrens mit gesetzlich vorgeschriebener
Strafmilderung liegen auf der Hand:
– Es entfällt jedes „Verhandeln“ über eine Strafe oder Strafobergrenze;
– es gibt kein Hin- und Her zwischen unstreitiger und streitiger Verhand-
lung, wobei sich insbesondere die Problematik nicht mehr stellt, was aus
einem im Vertrauen auf die Absprache abgelegten Geständnis wird, wenn
das Gericht seine Zusage später wieder zurücknimmt;
– das Verfahren wird bei allen Gerichten angewendet, nicht nur beim
Landgericht in schwierigen, insbesondere Wirtschaftsstrafverfahren, wo-
mit der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Angeklagten gewahrt bleibt;
– es ist bei erheblich ins Gewicht fallender Strafmilderung eine hohe Ak-
zeptanz dieses Verfahrens zu vermuten, so dass der erwünschte Effekt
der Entlastung der Justiz eintritt;
– der Anreiz für verbotene deals entfällt.

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944 Lutz Meyer-Goßner

Ich fasse thesenartig zusammen:


1. Ein deal – d.h. das heimliche Aushandeln der Strafe durch das Gericht
und die Verfahrensbeteiligten – ist unzulässig und darf auch in Zukunft
nicht erlaubt werden.
2. Gegen die von der Rechtsprechung gefundene Lösung der Zusage einer
Strafobergrenze durch das Gericht für den Fall, dass der Angeklagte ein
Geständnis ablegt, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, falls
diese Zusage nicht von der Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des
Angeklagten abhängig gemacht wird.
3. Vereinbarungen zwischen Staatsanwaltschaft und Angeklagtem über die
zu verhängende Strafe sind verfassungsrechtlich bedenklich, weil sie die
freie Entscheidungsbefugnis des Gerichts einschränken. Sie sind umso
bedenklicher, wenn sie die Höhe der Strafe oder die Verhängung sonsti-
ger Rechtsfolgen auch vom prozessualen Wohlverhalten des Angeklagten
– sprich: Verzicht auf die Stellung von Anträgen, speziell von Beweis-
anträgen – abhängig machen wollen.
4. Vorzuziehen ist die Schaffung der gesetzlichen Möglichkeit der Anerkenn-
ung des Schuldvorwurfs der zugelassenen Anklage durch den Angeklag-
ten mit der Folge, dass die Beweisaufnahme zum Schuldvorwurf entfällt
und der Angeklagte hierfür eine gesetzlich bestimmte Strafmilderung be-
kommt.
Abschied vom Rechtsstaat? Nur, wenn wir deals erlauben und nicht be-
kämpfen oder wenn wir die Entscheidung des Gerichts durch ein „freies
Spiel der Kräfte“ in der Hauptverhandlung ersetzen. Vernünftige, verfas-
sungsrechtlich unbedenkliche Abspracheregelungen wie von der Rechtspre-
chung des BGH gestattet oder besser, wie sie vom Gesetzgeber durch die
Möglichkeit einer Anerkennung des Schuldvorwurfs gegen gesetzlich ge-
regelte Strafmilderung geschaffen werden könnten, gefährden den Rechts-
staat hingegen nicht.

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