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Boris Akunin

Boris Akunin (russisch Борис Акунин) ist das Pseudonym von


Grigori Schalwowitsch Tschchartischwili (georgisch გრიგოლ
შალვას ძე ჩხარტიშვილი, russisch Григо́рий Ша́лвович
Чхартишви́ли; * 20. Mai 1956 in Sestaponi), einem russischen
Japanologen, Literaturwissenschaftler und Übersetzer georgischer
Abstammung, der ab Ende der 1990er Jahre in Russland zum
populärsten Schriftsteller im Krimi-Fach wurde.

Inhaltsverzeichnis
Leben
Politisches Engagement
Werke
Serie Fandorin
Boris Akunin im Jahr 2012
Serie Schwester Pelagia
Serie Nicholas Fandorin (Enkel von Erast Fandorin)
Serie Der Tod der Brüderlichkeit
Diskographie
Verfilmungen
Auszeichnungen
Einzelnachweise
Weblinks

Leben
Grigori Tschchartischwilis Vater war ein Offizier der Sowjetarmee, seine Mutter Lehrerin. Die Familie
verließ die Georgische Sozialistische Sowjetrepublik, als Tschchartischwili noch ein Kleinkind war, zog
nach Kasachstan und schließlich nach Moskau. Dort studierte er an der Lomonossow-Universität
Geschichte und Japanologie. 15 Jahre arbeitete er als Redakteur der Moskauer Fachzeitschrift Ausländische
Literatur, die im Ausland erschienene Romane, Geschichten, Essays und Gedichte rezensierte.
Tschchartischwili verfasste wissenschaftliche Artikel und übersetzte japanische Romane ins Russische.

1998 veröffentlichte er – jetzt als Boris Akunin – mit Fandorin (Originaltitel: Asasel) seinen ersten
Kriminalroman, der in Russland ein Bestseller wurde und in Frankreich mit dem Prix Mystère de la critique
prämiert wurde. Zur Kriminalliteratur fand er, weil seine Frau und seine Mutter gerne Kriminal-
Groschenromane lasen, die damals an Moskaus Zeitungskiosken angeboten wurden. Tschchartischwili
entschloss sich, unter einem Pseudonym zu publizieren, weil es unter russischen Intellektuellen als anrüchig
galt, Kriminalromane zu schreiben. Er wählte sein Pseudonym als Anspielung auf das japanische Wort
akunin ( 悪人 ), das so viel wie böser Mensch bedeutet. Dies wurde jedoch erst im letzten Band der
Fandorin-Reihe enthüllt. Das Pseudonym, das sich, wenn man den Vornamen abkürzt, auch B. Akunin liest,
ist ebenfalls eine Anspielung auf den berühmten russischen Anarchisten Michail Bakunin. 1999 gab
Tschchartischwili den Redakteursberuf auf und widmete sich ganz der Kriminalliteratur.

Die Reihe spielt im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, in der politisch relativ stabilen Ära des Zaren
Alexander III. Der Hauptdarsteller „Erast Petrowitsch Fandorin“ ist eine Mischung aus Sherlock Holmes
und James Bond. Fandorin ist ein sehr gebildeter, positiver Held, der in Treue zu seinen humanistischen
Grundsätzen für Gerechtigkeit und Menschlichkeit kämpft, letztlich aber an korrupten Gegenspielern
verzweifelt. Analogien auf das heutige Russland liegen auf der Hand. Die tiefe Sehnsucht nach
Gerechtigkeit und Humanismus begründen wohl auch seinen sehr großen Erfolg in Russland.

Akunin hat nach Fandorin zwei neue Kriminalserien-Helden erfunden: Einen weiblichen, die Nonne
Pelagia, und einen zeitgenössischen, den englischen Historiker Nicholas Fandorin, der der Enkel des
berühmten Erast Fandorin ist und auf der Suche nach Spuren seiner Vorfahren nach Russland zurückkehrt.

Akunin lebt in London.[1]

Politisches Engagement
Akunin wurde nach den Dumawahlen in Russland 2011 zu einem der Wortführer der Bewegung für faire
Wahlen. Er kehrte vor der für den 10. Dezember 2011 angekündigten Großdemonstration auf dem
Bolotnaja-Platz in Moskau aus Frankreich nach Russland zurück, wurde Mitglied im Organisationskomitee
der Demo am 10. Dezember – und weiterer Kundgebungen – und trat als Redner vor mehr als
hunderttausend Demonstranten für faire Wahlen auf.

Als im Zusammenhang mit der Amtseinführung Putins am 6. Mai 2012 spontane Volksproteste in Moskau
stattfanden, rief Akunin am 9. Mai 2012 zu einem „Kontroll-Spaziergang“ durch Moskau am Sonntag, dem
13. Mai, auf. Damit sollte abgeklärt werden, ob die Bürger Moskaus das Recht hätten, – ohne politische
Losungen und Plakate – durch ihre eigene Stadt zu spazieren. Der Aufruf zum Kontroll-Spaziergang von
Schriftstellern wurde von den Schriftstellern, Poeten, Journalisten und Singer-Songwritern Boris Akunin,
Dmitri Bykow, Leonid Sorin, Alexei Kortnew, Lew Rubinstein, Ljudmila Ulizkaja und anderen
unterzeichnet.[2] Zum Spaziergang am 13. Mai versammelten sich unerwarteterweise mehr als 10.000
Demonstranten.

Akunin sprach sich deutlich gegen die russische Annexion der Krim im März 2014 aus.[3] Ab April 2014
wurde er als angeblicher Volksfeind denunziert. Die Hetze geschah sowohl mit überdimensionierten
Plakaten in Moskau[4] als auch in langen Fernsehsendungen zu Personen, die die offizielle Dämonisierung
der Ukraine nicht teilten ("13 Freunde der Junta").[5] Er verließ daraufhin Russland und ging ins Exil nach
London. Im Jahr 2016 äußerte er, dass er die aktuellen politischen Machthaber in Russland als Feinde
ansehe, weil sie sein Heimatland in den Untergang führen würden. Zwischen 2011 und 2013 habe er sich
gesellschaftlich engagiert im Glauben an eine russische Zivilgesellschaft. Aber die Entscheidungen Putins
könne man nicht rückgängig machen, womit Russland isoliert sei und verdammt zu einem Regieren Putins
auf Lebenszeit. „Dies ist jetzt ein völlig anderer Staat“.[6]

2022 erwartete er wegen seiner Kritik am russischen Überfall auf die Ukraine das komplette Verbot seines
Werks.[7] Seine Bücher wurden im selben Jahr aus dem Angebot russischer Buchhandlungen genommen
und aus den Katalogen von Bibliotheken entfernt.[8] In einem Twitter-Post bezeichnete er Präsident Putin
als „psychisch gestörten Diktator“.[3]
Am 12. Januar 2024 erklärte die russische Regierung den weiter im Exil lebenden Akunin zum
„ausländischen Agenten“.[3]

Werke
Boris Akunin/Grigori Tschchartischwili Schöner als der
Tod – Friedhofsgeschichten Goldmann Verlag, August
2007 (ISBN 978-3-442-31160-6)

Serie Fandorin
1. Азазель (1876) Fandorin. Aufbau Taschenbuch, Berlin
2001 (ISBN 3-7466-1760-X)
2. Турецкий гамбит (1877) Türkisches Gambit. Fandorin
Akunin bei einer Lesung im Jahr
ermittelt. Aufbau Taschenbuch, Berlin 2001 (ISBN 3-7466-
2011
1761-8)
3. Левиафан (1878) Mord auf der Leviathan. Fandorin
ermittelt. Aufbau Taschenbuch, Berlin 2002 (ISBN 3-7466-1762-6)
4. Смерть Ахиллеса (1882) Der Tod des Achill. Fandorin ermittelt. Aufbau Taschenbuch,
Berlin 2002 (ISBN 3-7466-1763-4)
5. Пиковый валет (1886) Russisches Poker. Fandorin ermittelt. Aufbau Taschenbuch, Berlin
2003 (ISBN 3-7466-1764-2)
6. Декоратор (1889) Die Schönheit der toten Mädchen. Fandorin ermittelt. Aufbau, Berlin 2003
(ISBN 3-7466-1765-0) In Russland erschienen Russisches Poker und Die Schönheit der toten
Mädchen in einem Band mit dem Titel Особые поручения (buchst. dt. Übersetzung:
Besondere Aufträge). In Deutsch wurden die beiden Erzählungen getrennt veröffentlicht.
7. Статский советник (1891) Der Tote im Salonwagen. Fandorin ermittelt. Aufbau
Taschenbuch, Berlin 2004 (ISBN 3-7466-1766-9)
8. Коронация, или Последний из Романов (1896) Die Entführung des Großfürsten. Fandorin
ermittelt. Aufbau Taschenbuch, Berlin 2004 (ISBN 3-7466-1767-7)
9. Любовница смерти (1900) Der Magier von Moskau. Fandorin ermittelt. Aufbau
Taschenbuch, Berlin 2005 (ISBN 3-7466-1768-5)
10. Любовник смерти (1900) Die Liebhaber des Todes. Fandorin ermittelt. Aufbau
Taschenbuch, Berlin 2005 (ISBN 3-7466-1769-3)
11. Алмазная колесница (1878, 1905) Die diamantene Kutsche. Fandorin ermittelt. Aufbau
Taschenbuch, Berlin 2006 (ISBN 3-7466-2270-0)
12. Нефритовые чётки (1881—1900) Das Geheimnis der Jadekette. Fandorin ermittelt. Aufbau
Taschenbuch, Berlin 2008 (ISBN 3-7466-2421-5) sowie Das Halsband des Leoparden. Fandorin
ermittelt. Aufbau Taschenbuch, Berlin 2009 (ISBN 3-7466-2472-X) (das Buch wurde für den
deutschen Markt auf zwei Bücher aufgeteilt).
13. Инь и Ян (1882) – (deutsch buchstäblich: "Yin und Yang") experimentelles Theaterstück in
zwei Varianten, nicht auf Deutsch erschienen.
14. Весь мир театр (1911) Die Moskauer Diva. Fandorin ermittelt. Aufbau Taschenbuch, Berlin
2011 (ISBN 3-7466-2698-6)
15. Черный город (1914) Schwarze Stadt
16. Планета Вода (1902—1912) Planet Wasser
17. Не прощаюсь (1917–1918) Kein Lebewohl

Serie Schwester Pelagia


1. Пелагия и белый бульдог Pelagia und die weißen Hunde Goldmann Verlag, Oktober 2003
(ISBN 3-442-45479-4)
2. Пелагия и черный монах Pelagia und der schwarze Mönch Goldmann Verlag, März 2004
(ISBN 3-442-45500-6)
3. Пелагия и красный петух Pelagia und der Rote Hahn Goldmann Verlag, Oktober 2004
(ISBN 3-442-45501-4)

Serie Nicholas Fandorin (Enkel von Erast Fandorin)


1. Алтын-толобас Die Bibliothek des Zaren Goldmann Verlag, März 2005 (ISBN 3-442-45802-1)
2. Внеклассное чтение Der Favorit der Zarin Goldmann Verlag, September 2006 (ISBN 3-442-
45803-X)
3. Ф.М. F.M.
4. Сокол и Ласточка Der Falke und die Schwalbe

Serie Der Tod der Brüderlichkeit


1. Младенец и чёрт (1914) Das Baby und der Teufel
2. Мука разбитого сердца (1914) Das Leiden ein gebrochenes Herz
3. Летающий слон (1915) Fliegende Elefant
4. Дети Луны (1915) Mond Kinder
5. Странный человек (1916) Ungerade der Mensch
6. Гром победы, раздавайся! (1916) Siegesdonner, erklinge!
7. "Мария, Мария... (1916) "Maria", Maria...
8. Ничего святого (1916) Nichts heilig
9. Операция "Транзит" (1917) Operation "Transit"
10. Батальон ангелов (1917) Ein Bataillon der Engel

Diskographie
Boris Akunin, Johannes Steck: Fandorin: Lesung mit Musik. AUDIOBUCH Verlag, Freiburg i.
Br. 2004 (ISBN 3-89964-066-7)
Boris Akunin, Johannes Steck: Der Tote im Salonwagen: Gekürzte Lesung. AUDIOBUCH
Verlag, Freiburg i. Br. 2004 (ISBN 3-89964-079-9)
Boris Akunin, Johannes Steck: Mord auf der Leviathan: Lesung mit Musik. AUDIOBUCH
Verlag, Freiburg i. Br. 2005 (ISBN 3-89964-107-8)
Boris Akunin, Johannes Steck: Türkisches Gambit: Lesung mit Musik. AUDIOBUCH Verlag,
Freiburg i. Br. 2005 (ISBN 3-89964-106-X)
Boris Akunin, Johannes Steck: Russisches Poker: Lesung mit Musik. AUDIOBUCH Verlag,
Freiburg i. Br. 2005 (ISBN 3-89964-127-2)
Boris Akunin, Knut Müller: Der Magier von Moskau: Fandorin ermittelt. RADIOROPA
Hörbuch 2008 (ISBN 3-8368-0304-6; ISBN 978-3-8368-0304-5)
Boris Akunin, Knut Müller: Die Liebhaber des Todes: Fandorin ermittelt. RADIOROPA
Hörbuch 2008 (ISBN 3-8368-0303-8, ISBN 978-3-8368-0303-8)
Boris Akunin, Knut Müller: Das Geheimnis der Jadekette: Fandorin ermittelt. RADIOROPA
Hörbuch 2009 (ISBN 3-8368-0305-4, ISBN 978-3-8368-0305-2)

Verfilmungen
Türkisches Gambit: 1877 – Die Schlacht am Bosporus unter Regisseur Dschanik Fajsijew
mit Egor Beroev in der Rolle des Erast Fandorin.[9]

Auszeichnungen
2002: Prix Mystère de la critique für Fandorin
2004: Finnischer Krimipreis für die Erast-Fandorin-Reihe

Einzelnachweise
1. Boris Akunin. (https://literaturfestival.com/authors/boris-akunin/) Abgerufen am 18. Dezember
2023 (deutsch).
2. Boris Akunin: Внимание: смертельный аттракцион "Контрольная прогулка"! (http://w
ww.echo.msk.ru/blog/b_akunin/886824-echo/) In: Radio Echo Moskwy. 9. Mai 2012
3. Russland erklärt bekannten Schriftsteller zu "ausländischem Agenten". (https://www.zeit.de/p
olitik/ausland/2024-01/boris-akunin-schriftsteller-russland-auslaendischer-agent) In: Zeit
Online. 12. Januar 2024, abgerufen am 21. Januar 2024.
4. Putins treue Denunzianten (https://www.zeit.de/2014/38/kuenstler-russland-kritik-waldimir-pu
tin)
5. Der russische Staat als Krebsgeschwür (https://www.nzz.ch/feuilleton/der-russische-staat-als
-krebsgeschwuer-ld.737598), NZZ, 6. September 2014
6. Boris Akunin: "Russland wird wie von einem Khan regiert" (https://www.dw.com/de/boris-aku
nin-russland-wird-wie-von-einem-khan-regiert/a-19249198), DW, 11. Mai 2016
7. Bestsellerautor Boris Akunin im Interview: „Dieser Krieg ist Putins Schöpfung“ (https://plus.ta
gesspiegel.de/kultur/der-bestsellerautor-boris-akunin-dieser-krieg-ist-putins-schopfung-4788
90.html), Tagesspiegel, 13. Mai 2022
8. Kerstin Holm, Die Taliban im Kreml (https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/russlands
-kulturszene-stellt-sich-gegen-den-ukraine-krieg-18211897.html) faz.net, 1. August 2022.
9. gambit-movie.ru (https://web.archive.org/web/20150801172003/http://gambit-movie.ru/)
(Memento des Originals (https://redirecter.toolforge.org/?url=http%3A%2F%2Fgambit-movie.
ru%2F) vom 1. August 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch
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Hinweis.

Weblinks
Commons: Boris Akunin (https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Boris_Akunin?uselang
=de) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Literatur von und über Boris Akunin (https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&
query=123240956) im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Boris Akunin (https://www.perlentaucher.de/
autor/boris-akunin.html) bei Perlentaucher
Offizielle Webpräsenz Boris Akunins (http://www.akunin.ru/) (russisch)
Akunin.net (https://web.archive.org/web/20130504152035/http://www.akunin.net/index_de.ht
ml) (Memento vom 4. Mai 2013 im Internet Archive) Boris Akunin
Rezension über Akunins "Die Bibliothek des Zaren" mit einer Leseprobe. (http://www.russlan
djournal.de/buecher/krimis/boris-akunin.html)
Kommentierte Ausschnitte aus Interviews mit Boris Akunin (aus dem Russischen mit
Autotranslater übersetzt) (https://web.archive.org/web/20071212220953/http://chrisse.wordpr
ess.com/2006/09/06/boris-akunin-im-gesprach/) (Memento vom 12. Dezember 2007 im
Internet Archive)

Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Boris_Akunin&oldid=241559760“

Diese Seite wurde zuletzt am 26. Januar 2024 um 11:07 Uhr bearbeitet.

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