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Hollitzer Verlag

Chapter Title: Sonderfall Mozart

Book Title: Musik am Dom zu Salzburg. Repertoire und liturgisch gebundene Praxis
zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult
Book Author(s): Eva Neumayr, Lars E. Laubhold and Ernst Hintermaier
Published by: Hollitzer Verlag. (2018)
Stable URL: https://www.jstor.org/stable/j.ctvb1hr7h.7

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am Dom zu Salzburg. Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen
hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult

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4 Sonderfall Mozart
Wolfgang Amadé Mozart, seine Musik, die Dokumen- betrachtet wurden – als seien die Mozarts die ob-
tation seines Lebens, aber auch die Rezeption sei- jektivsten Chronisten ihrer Zeit gewesen oder als sei
nes Werkes stellen in der Salzburger Musikgeschichte Mozarts Musik immer schon als Inbegriff und ‚Höhe-
einen Sonderfall dar. Der herausragende Status des punkt‘ Salzburger Musik wahrgenommen worden, die
Komponisten, zunächst als „Wunderkind“, später als das Musikleben der Stadt ähnlich hätte dominieren
Genie oder einfach als außergewöhnlicher Mensch, be- können, wie das heute der Fall ist.
wog schon Zeitgenossen dazu, ihm erhöhtes Interesse
Dass Kanonbildungen zu Verwerfungen in der Wahr-
entgegenzubringen. Diese erhöhte Aufmerksamkeit
nehmung von Geschichte und zu Missverhältnissen
der Mit- und Nachwelt zeitigte eine Vielzahl an Doku-
in deren Darstellung führen, ist ein bekanntes Phä-
menten, angefangen vom teilweise schon mit Blick auf
nomen. Jacques Handschin hatte „als Historiker ein
Zeitgenossen und Nachwelt verfassten Briefverkehr
schlechtes Gewissen“, weil er in seiner Musikgeschich-
der Familie Mozart1 über Erwähnungen in anderen
te im Überblick Johann Sebastian Bach „verhältnis-
Quellen2 , verschiedenen Tagebüchern (Schidenhofen3 ,
mäßig viel Raum gewidmet“6 hatte. Er artikulierte
Hagenauer4 etc.) und Zeitungen; sie ist auch die Ur-
damit ein Unbehagen ob der narrativen Überbelich-
sache dafür, dass diverse Mozart-Quellen und deren
tung einer Figur im historischen Prozess, das Carl
Derivate nicht nur reichlicher vorhanden sind, als dies
Dahlhaus mit seinem berühmten Diktum, man kön-
für andere Salzburger Musiker der Fall ist, sondern für
ne die „Musikgeschichte des 18. Jahrhunderts [. . . ]
die Wissenschaft zum größten Teil auch leicht zugäng-
ohne Bach oder an ihm vorbei schreiben [. . . ], die
lich sind. Sowohl Mozarts Werke als auch zahlreiche
des 19. Jahrhunderts nicht“7 , auf den Punkt brachte.
Quellen zu seiner Biographie und zur Rezeption sei-
Unabhängig von der Triftigkeit der Feststellung im
ner Musik sind in Editionen greifbar und haben eine
Detail erweist sich die Fruchtbarkeit dieses Gedan-
unübersehbare Zahl an exegetischer und kommentie-
kens umgehend, wenn man hiervon ausgehend die
render Literatur nach sich gezogen.
Frage nach Mozarts Stellung innerhalb der Salzbur-
Für die Musikgeschichtsschreibung, die sich mit ger Musikgeschichte stellt: Denn sie zwingt uns, ein
dem Salzburger Musikleben des 18. Jahrhunderts Salzburger Musikleben neben und ohne Mozart wahr-
beschäftigte, ist das ‚Phänomen Mozart‘ Segen und zunehmen, anhand dessen erst Mozarts Einfluss auf
Fluch zugleich: So ließen sich aus den gut erschlos- selbiges zu ermessen wäre. Wie wenig geläufig diese
senen Quellen zahlreiche Informationen und Hinter- scheinbar einfache Übung ist (und als wie entbehrlich
gründe zum Salzburger Musikleben gewinnen, die aber sie mitunter erscheint), erweist schlaglichtartig die
oftmals allzu leichtfertig durch die ‚Mozart-Brille‘5 praktisch komplette Nichtbesprechung Johann Ernst
1 Bauer/Deutsch: Eberlins und Luigi Gattis in der letzten großen Publi-
Mozart. Briefe und Aufzeichnungen.
2 Deutsch, Otto Erich: Mozart. Die Dokumente seines Le-
bens, Kassel: Bärenreiter 1961, (Wolfgang Amadeus Mozart.
Neue Ausgabe sämtlicher Werke, X/34); Eisen, Cliff: Mo-
zart. Die Dokumente seines Lebens. Addenda. Neue Folge, alles lacht, der ist ein theurer Organist. nach ieder Lytaney
Kassel: Bärenreiter 1991; u. a. sauft er ein Viertl wein: zu den übrigen diensten schickt
3 Angermüller/Angermüller/Bauer: Schidenhofen Tage- er den Lipp, und der will auch sauffen.“ Bauer/Deutsch:
buch. Mozart. Briefe und Aufzeichnungen, Bd. 2, S. 212, der ei-
4 Hahnl/Angermüller/Angermüller: Hagenauer. Tagebü- ne Alkoholsucht Johann Michael Haydns und Franz Ignaz
cher. Lipps andeutet, die in anderen relevanten Quellen nicht
5 Vgl. diverse Kommentare Leopold Mozarts zu Hofmusikern, bestätigt wird.
die manchmal unreflektiert Eingang in die Literatur fanden 6 Handschin, Jacques; Brenn, Franz (Hrsg.): Musikge-

und das Bild der Nachwelt entscheidend beeinflussten, z. B. schichte im Überblick, 2. Auflage, Luzern u. Stuttgart: Räber
sein Kommentar zur Bestellung Michael Haydns als Orga- 1964, S. 329.
nist der Dreifaltigkeitskirche: „Wer meinst du wohl ist orga- 7 Dahlhaus, Carl: Grundlagen der Musikgeschichte, Köln:

nist bey der hl. Dreyfaltigkeit geworden? –– H[err] Haydn! Gerig 1977, S. 248.

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kation zur Salzburger Musikgeschichte8 – immerhin danklicher Schritt, bereits mit dem Weggang Mozarts
jener zwei Musiker, die im Umfeld der Mozarts als nach Wien eine Art vorläufiges ‚Ende‘ der Salzbur-
Hofkapellmeister von Amts wegen das offizielle Mu- ger Musikgeschichte zu imaginieren und dem letz-
sikleben Salzburgs am nachhaltigsten prägten und ten Vierteljahrhundert höfisch geprägter Musikkultur
9
deren kirchenmusikalische Produktion für Salzburg als einem bloßen ‚Nachhall‘, quasi einem chronologi-
jene Mozarts um ein vielfaches übersteigt (→ Graphik schen Überhang nach dem Schluss der eigentlichen
S. 199). Geschichte, die Bedeutsamkeit abzusprechen, die ei-
Mozarts Fortgang aus Salzburg legt es nahe, seine ne eingehende wissenschaftliche Auseinandersetzung
Stellung in der Salzburger Musikgeschichte vor allem gerechtfertigt hätte. Mittlerweile gibt es Anzeichen,
hinsichtlich seines Herkommens aus der Salzachstadt dass dieser Mechanismus überwunden ist, und die
zu bestimmen. Gerade im kirchenmusikalischen Zu- Autoren des vorliegenden Bandes können für sich be-
sammenhang wurde er mit Vorliebe als Teil einer anspruchen, allein durch eine Fokussierung auf die
‚Salzburger Tradition‘ gesehen10 , womit einerseits ver- Zeit nach Mozart zu der Erkenntnis beigetragen zu
dienstvoll die Bezüge der Musik Mozarts zu der Musik haben: „Da geht Musik auf einem sehr hohen Niveau
seiner Salzburger Zeitgenossen aufgedeckt wurden, an- weiter. [. . . ] Und es geht weiter, als hätte Mozart in
dererseits aber auch suggeriert wurde, die Salzburger dieser Stadt nie gelebt.“13
Kirchenmusik habe in Mozarts Kirchenmusik ihren So wie die vermeintliche Zäsur des Jahres 1781 von
Höhepunkt und ihr Ziel gefunden. Die Musikgeschich- den Salzburger Zeitgenossen kaum als solche wahr-
te Salzburgs vor und nach Mozart wurde in der Folge genommen worden sein dürfte, kann auch die be-
gemeinhin ignoriert. hauptete Nicht-Rezeption des gesamten Mozart’schen
Insofern es lange Zeit schlüssig erschien, die Vor- Œuvres weder als Folge noch als Symptom eines ge-
stellung einer nach der Auflösung des Hofstaates 1806 nerellen politischen, wirtschaftlichen und geistigen
über die Stadt hereinbrechenden „kulturelle[n] Lethar- Verfalls im frühen 19. Jahrhundert in Anspruch ge-
gie“ an der „geistige[n] Entwurzelung des Gedächtnis- nommen werden, zumal der kulturelle Niedergang
11
ses an Mozart in seiner Heimatstadt“ festzumachen , während der napoleonischen Wirren nicht so total
war es – „im Vorgriff gewissermaßen auf den großen war, als dass er sich – wir sprechen hier nur für die
Zusammenbruch Salzburgs“12 – ein nur kleiner ge- Musikkultur – nicht durch genauere Forschungen ent-
8 Stenzl, Jürg/Ernst Hintermaier/Gerhard Walterskir- schieden relativieren ließe.14 Gerade die Dommusik
chen (Hrsg.): Salzburger Musikgeschichte. Vom Mittelalter war eine Institution, die in ihrer Funktion als musika-
bis ins 21. Jahrhundert, Salzburg u. München: Pustet 2005.
9 Nur diese ist aufgrund des Verlusts der primären Quellen lischer Teil der Metropolitanliturgie eine der wenigen
zur weltlichen Musik bei Hof für quantitative Vergleiche
geeignet.
Konstanten bildete, die epochenübergreifend zwischen
10 Vgl. Schmid, Manfred Hermann: Mozart und die Salzbur-
dem 18. und dem 19. Jahrhundert – zwischen Mozarts
ger Tradition, Tutzing: Schneider 1976, (Münchner Ver-
öffentlichungen zur Musikgeschichte, 24); Ebel, Beatri- Stadt und der Mozart-Stadt – vermittelte.15
ce: Die Salzburger Requiemtradition im 18. Jahrhundert:
Untersuchungen zu den Voraussetzungen von Mozarts Re- 13 Manfred Hermann Schmid anlässlich des Symposiums „Keine
quiem, Dissertation, Universität München 1997; Fellerer, Chance für Mozart“ zu Leben und Werk Luigi Gattis, vgl.
Karl Gustav: Die Kirchenmusik W. A. Mozarts, Laaber: ebd., S. 454.
Laaber 1985; Haspel: Mozarts Vespermusiken; Aringer- 14 Vgl. z. B. Laubhold/Neumayr: „. . . Was mein Bruder in

Grau, Ulrike: Marianische Antiphonen von Wolfgang seinen Chören“; Neumayr/Laubhold: „Quellen zur Rezep-
Amadeus Mozart, Johann Michael Haydn und ihren Salz- tion des Requiems“; Šedivý, Dominik (Hrsg.): Salzburgs
burger Zeitgenossen, Tutzing: Schneider 2002, (Münch- Musikgeschichte im Zeichen des Provinzialismus? Die ers-
ner Veröffentlichungen zur Musikgeschichte, 60); Neumayr: ten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts. Bericht einer Tagung
„Die Requiemkompositionen Luigi Gattis“. der Forschungsplattform „Salzburger Musikgeschichte“, 23.
11 „Die kulturelle Lethargie spricht aus der unbegreiflich erschei- bis 25. September 2012, Wien: Hollitzer 2014, (Veröffent-
nenden Tatsache, daß Mozarts Name oder Werk in Salzbur- lichungen der Forschungsplattform „Salzburger Musikge-
ger Tageszeitungen während der beiden ersten Jahrzehnte schichte“, 2).
des 19. Jahrhunderts kein einziges Mal erwähnt wurden. 15 Neumayr, Eva/Lars E. Laubhold: „Kirchenmusik am Salz-

Die geistige Entwurzelung des Gedächtnisses an Mozart in burger Dom in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhun-
seiner Heimatstadt mag als ein Symbol für seine historisch derts“, in: Dominik Šedivý (Hrsg.): Salzburgs Musikge-
bedingte Fremdheit gelten (die nicht mit der ‚Fremdheit des schichte im Zeichen des Provinzialismus? Die ersten Jahr-
Genies‘ als philosophisches Problem zu verwechseln ist).“ zehnte des 19. Jahrhunderts. Bericht einer Tagung der For-
Gruber, Gernot: Mozart und die Nachwelt, Salzburg u. schungsplattform „Salzburger Musikgeschichte“, 23. bis 25.
Wien: Residenz-Verlag 1985. September 2012, Wien: Hollitzer 2014, (Veröffentlichungen
12 Eichmann et al.: „Podiumsdiskussion“, S. 453. der Forschungsplattform „Salzburger Musikgeschichte“, 2),

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Wenn uns daher das Ausmaß der Salzburger Wolfgang Amadé Mozart war als Hofkonzertmeis-
Mozart-Rezeption im frühen 19. Jahrhundert (und ter von 14. November 1769 (zunächst unbesoldet, ab
wohl auch noch nach Errichtung des Mozart- 9. August 1772 besoldet) bis 1. September 1777 sowie
Denkmals) bescheiden erscheint, so wohl weniger, weil als Hoforganist von 17. Jänner 1779 bis 8. Juni 1781
Mozarts Musik im „kulturellen Niedergang“ an Bedeu- ungefähr 10 Jahre lang im Dienst der Salzburger Hof-
tung verloren hätte, sondern weil sie die Bedeutung, musikkapelle und damit auch als ausübender Musiker
die wir ihr in Rückprojektion heutiger Verhältnisse bei- mit der kirchenmusikalischen Praxis konfrontiert. Die
messen, im Salzburg des 18. Jahrhunderts nie besaß. für die Produktion der Mozart’schen Kirchenmusik
Die Qualität der Musik Mozarts und die zunehmende bedeutsamere Konstellation war allerdings, dass Leo-
Intensität ihrer Rezeption ab dem 19. Jahrhundert pold Mozart als Vizehofkapellmeister ab 1763 an der
sollten uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass Mo- Organisation der Musik an der Metropolitankirche
zarts Werke im 18. Jahrhundert einen verschwindend entscheidenden Anteil hatte.
geringen Teil der am Dom gepflegten Musik ausmach- Welche herausragende Rolle Leopold Mozart damit
ten. Andere Komponisten wie Matthias Siegmund über Jahrzehnte für die gesamte Organisation der Hof-
Biechteler, Karl Heinrich Biber, Johann Ernst Eber- musik zukam, ist erst durch jüngere Forschungen in
lin, Luigi Gatti oder Johann Michael Haydn – um nur ganzer Tragweite erkennbar geworden.16 Seine orga-
die wichtigsten zu nennen – trugen ungleich mehr zum nisatorischen Funktionen versah er zum Teil während
Musikrepertoire an der Salzburger Metropolitankirche der ausgedehnten Reisen, für die ihn Fürsterzbischof
bei. Bedenkt man weiter die Bedeutung des gregoria- Sigismund Christoph Graf Schrattenbach im Umfang
nischen Chorals oder die anhaltende Pflege mancher von insgesamt ca. sechs Jahren bei Fortzahlung seiner
schon im frühen 17. Jahrhundert in Chorbüchern ko- Bezüge freistellte und die der junge Mozart auch nach
difizierten Propriumsgesänge, so lässt sich ermessen, dem Regierungsantritt Fürsterzbischof Hieronymus
dass Mozarts Musik zu seinen Lebzeiten im Dom (wie Colloredos im März 1772 zunächst fortsetzte. Insbe-
in den zahlreichen anderen Kirchen der Stadt) kaum sondere diesen Reisen, später auch der Übersiedlung
je auch nur annähernd jene dominierende Präsenz von Leopolds Kindern nach Wien bzw. St. Gilgen
erlangen konnte, die sie im heutigen Musikleben oder verdanken sich die vielfältigen Korrespondenzen, die –
im musikhistorischen Diskurs innehat. wenn auch nicht vollständig erhalten – Einblicke in
Eine Darstellung von Mozarts Werk im Kontext lange unbeachtet gebliebene Aufgabenbereiche Leo-
der Salzburger Dommusik kann aufgrund der Sonder- pold Mozarts am Salzburger Hof gewähren und in
stellung Mozarts nicht anders, als entweder die Re- Teilbereichen durch neue Quellenfunde ergänzt wer-
lationen zwischen Gesamtgeschichte und exklusivem den.
Ausnahmefall gänzlich unverhältnismäßig wiederge- So war Leopold Mozart nicht nur wiederholt in die
ben oder in Bezug auf Mozart vorsätzlich weit hinter Anschaffung neuer Instrumente17 und Musikalien18
den aktuellen Kenntnisstand zurückfallen. Da Letz- für den Hof involviert, sondern er führte Gehaltslisten
teres ausgeschlossen ist und ersteres uns widerstrebt, über die Mitglieder der Hofmusik, die als direkte Vor-
erschien es uns ratsam, die Geschichte der Salzburger lagen für die Besoldungsbücher des Generaleinnehmer-
Dommusik vom 17. bis ins 19. Jahrhundert in den und Hofzahlamtes dienten.19 Ebenso war er beauf-
Blick zu nehmen, um im Anschluss Mozarts Wirken 16 Das Folgende nach Morgenstern, Anja: „Das Verhältnis
am Salzburger Dom separat darzustellen. von Leopold Mozart und Fürsterzbischof Hieronymus Col-
loredo. Neue Quellenfunde zu Mozarts Tätigkeiten als Vi-
S. 29–44; Laubhold, Lars E./Eva Neumayr: „Repertoire zekapellmeister“, in: Eva Neumayr/Lars E. Laubhold
und Repertoireentwicklung in der Musik am Salzburger (Hrsg.): Keine Chance für Mozart. Fürsterzbischof Hie-
Dom in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Beobachtun- ronymus Colloredo und sein letzter Hofkapellmeister Luigi
gen am Musikalienbestand Dommusikarchiv im Archiv der Gatti (1740–1817). Symposiumsbericht, Lucca: Libreria
Erzdiözese Salzburg“, in: Dominik Šedivý (Hrsg.): Salz- Musicale Italiana 2013, (Veröffentlichungen zur Salzbur-
burgs Musikgeschichte im Zeichen des Provinzialismus? ger Musikgeschichte, 10; zugl. Musicologica Transalpina, 2;
Die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts. Bericht ei- zugl. Schriftenreihe des Archivs der Erzdiözese Salzburg,
ner Tagung der Forschungsplattform „Salzburger Musikge- 12), S. 223–258.
schichte“, 23. bis 25. September 2012, Wien: Hollitzer 2014, 17 Ebd., S. 232–235.

(Veröffentlichungen der Forschungsplattform „Salzburger 18 Ebd., S. 236.

Musikgeschichte“, 2), S. 45–69. 19 Ebd., S. 236–239.

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tragt und befugt, bei personellen Abgängen aus der einfachend, am 4. September 1776 an Padre Martini
Hofmusik Vorkehrungen für die Neubesetzung der nach Bologna geschrieben. Der Salzburger Dom wur-
vakanten Stellen zu treffen bzw. für besondere höfi- de demgemäß jene Kirche, für die er den Großteil
sche Anlässe geeignete Musiker direkt zu engagieren, seiner kirchlichen Kompositionen schrieb, und es war
wobei es offenbar vorkam (wenn es auch nicht die Re- zweifellos die Salzburger Kompositions- und Musi-
gel war), dass Mozart die Gagen aus eigener Tasche zierpraxis, die ihn auf diesem Gebiet entscheidend
beglich und sich seine Aufwendungen im Nachhinein beeinflusste.23
20
refundieren ließ. Von einem heute verschollenen Stabat mater
Schließlich machte Mozart seinen Einfluss in Per- KV 33c und dem frühen „Scande coeli limina“ KV 34
sonalangelegenheiten mehrfach dahingehend geltend, bis zum Requiem hat die Komposition von geistlicher
dass er bedürftige Salzburger Musiker bei deren Ansu- Musik Wolfgang Amadé Mozart sein ganzes Leben
chen um musikalische Nebenverdienste unterstützte. lang beschäftigt. In der Salzburger Zeit war es immer
Derartige Hilfestellungen gingen in einzelnen Fällen wieder sein Vater, der ihn zur Beschäftigung mit dem
so weit, dass er ganze Gesuche (inklusive der ‚Unter- Kirchenstil anregte. Gemeint war damit jener „stile
schrift‘ des Antragstellers) eigenhändig schrieb. misto“ im Sinne von Johann Joseph Fux, der, kon-
Wie Anja Morgenstern anhand der Vorgänge um trapunktisch gebunden, historisch ältere Schichten
die von Colloredo verweigerte Bewilligung der Paris- wie etwa den zu Mozarts Zeiten an allen Salzbur-
Reise (1777) und den damit verbundenen Fortgang ger Kirchen noch selbstverständlich gepflegten gre-
Wolfgang Amadé Mozarts aus Salzburger Diensten gorianischen Choral, das Schreiben von Fugen und
(1781) plausibel macht, war Leopold Mozarts Ein- die Kompositionsweise in der Nachfolge Palestrinas,
fluss auf die Geschicke der Hofmusik so beträchtlich, mit modernen Elementen verknüpfte. Das Historisch-
dass Fürsterzbischof Hieronymus Colloredo trotz aller Konservative dieses Stils, die mit ihm verbundene
Spannungen, die das Verhältnis zu seinem Vizekapell- Hinwendung zur Geschichte zeigt sich, wenn Mozart
meister prägten, nur ungern auf dessen Dienste ver- ein „Cibavit eum“ des um 1600 in Salzburg wirkenden
zichten wollte und die im Herbst 1777 ausgesprochene Johann Stadlmayr (1575–1648) spartiert24 oder noch
Entlassung beider Mozarts zumindest im Hinblick 1776, also lange nach dem Ausklingen der Mehrchö-
auf den Vater nicht ernsthaft in Erwägung gezogen, rigkeit, nach dem Vorbild Matthias Siegmund Biech-
sondern als „Machtdemonstration“ und Druckmit- telers das letzte für den Salzburger Dom geschriebene
tel genutzt hat, um im Gegenteil Leopold Mozart doppelchörige Werk, das Offertorium „Venite populi“
in seinen Diensten zu halten.21 Nicht zuletzt dessen KV 26025 , komponiert. Im Jahr 1773, also mehr als
Zuverlässigkeit in der Abwicklung der laufenden musi- ein Jahrzehnt nach dem Tod Johann Ernst Eberlins,
kalischen Hofdienste dürfte für die lange Vakanz von fertigte Leopold Mozart für und mit seinem Sohn jenes
vier Jahren mitverantwortlich sein, die zwischen dem Heft Kirchenmusiken von verschiedenen Meistern 26
Ableben Giuseppe Lollis und dem Dienstantritt des an, in dem sich neben drei Kompositionen Michael
letzten Salzburger Hofkapellmeisters, Luigi Gatti, lag; Haydns nicht weniger als 16 Werke oder Werkaus-
Leopold Mozart versah die Alltagsgeschäfte gut, also
hatte es der Fürsterzbischof mit der Nachbesetzung voglio.“ Bauer/Deutsch: Mozart. Briefe und Aufzeichnun-
der Hofkapellmeisterstelle nicht eilig. gen, Bd. 3, S. 532.
23 Zu Mozarts Kirchenmusik vgl. Schmid, Manfred Hermann:

In kompositorischer Hinsicht erfüllte Wolfgang „Mozarts Kirchenmusik“, in: Peter Keller/Armin Kir-
cher (Hrsg.): Zwischen Himmel & Erde. Mozarts geistliche
Amadé Mozart alle Anforderungen: „Mein Vater ist Musik. Katalog mit Audio-CD zur 31. Sonderschau des
Kapellmeister am Dom, was mir Gelegenheit gibt, Dommuseums zu Salzburg, 8. April bis 5. November 2006,
Salzburg: Dommuseum zu Salzburg u. a. 2006, S. 9–23;
für die Kirche zu schreiben, soviel ich will“22 , hatte Schmid: Mozart und die Salzburger Tradition; Schmid/
Wolfgang Amadé Mozart, die Situation etwas ver- Eder: „L. Mozart – W. A. Mozart – M. Haydn“; u. a.
24 Hintermaier, Ernst: „Zur Urheberschaft des Introitus ‚Ci-
20 Morgenstern: „Leopold Mozart und Hieronymus Collore- bavit eos‘ KV 44 (73u): Mozarts mißglückter Transkripti-
do“, S. 240. onsversuch einer mensural notierten Musik“, in: Mozart-
21 Ebd., S. 227 f. Jahrbuch, 1991 (1992), S. 509–517.
22 „Il mio padre è Maestro della chiesa Metropolitana, che 25 Hochradner: „Fronleichnamsmotette“.

mi da l’occasione di scrivere per la chiesa, quanto che ne 26 London, British Library (GB-Lbl), Sign. Add. 41633.

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schnitte Johann Ernst Eberlins befinden. Das Ergeb- Schrattenbach-Requiem MH 155, als Kirchenkompo-
nis dieser Beschäftigung mit dem Kirchenstil waren nist empfohlen. Das heißt aber keineswegs, dass er
nicht nur Kompositionen wie das „Misericordias Do- sofort in größerem Ausmaß für die Komposition von
mini“ KV 222, in dem Wolfgang Amadé Mozart das Messen herangezogen wurde. Hofkapellmeister Giu-
Thema von Eberlins Offertorium „Benedixisti“ verar- seppe Lolli war bereits betagt, und deshalb wurde
beitete, sondern eine Vertrautheit mit dem „kirchen 1772 mit Domenico Fischietti (→ S. 60) ein neuer Ka-
Styl“, den er sich „vonn Jugend auf [. . . ] ganz eigen pellmeister verpflichtet, dessen Interessen allerdings
gemacht habe“, wie er noch 1790 in einem Entwurf mehr auf theatralischem als auf geistlichem Gebiet
zu einem Gesuch an Erzherzog Franz von Österreich lagen. Um die Domkirche mit Musik zu versorgen,
27
betont. standen nur mehr Anton Cajetan Adlgasser und Leo-
Seine ersten Messkompositionen KV 49 und KV 139 pold Mozart zur Verfügung, wobei Letzterer wohl in
schrieb Mozart, nachdem die Beschäftigung schon im diesen Jahren vor allem seinen Sohn dazu anhielt, in
Alter von 10 Jahren auf der großen Europareise begon- diesen Belangen tätig zu werden, und das Komponie-
28
nen hatte , während eines Aufenthalts der Familie in ren selbst ganz oder weitgehend eingestellt hatte.
Wien 1768/69, wobei KV 139, wie auch das Offertori- In diesen Jahren entstanden die Missa brevis in
um „Benedictus sit Deus“ KV 117, wahrscheinlich für G-Dur KV 140, die Trinitatis-Messe KV 167, eine
die Einweihung der Waisenhauskirche am Rennweg feierliche Messe ohne Vokalsolisten, aber die letzte
bestimmt war. In die Zeit nach seiner Ernennung zum Salzburger Messe mit großem Trompetenchor30 , viel-
fürstlichen Konzertmeister fallen dann die nächsten leicht für den Dreifaltigkeitssonntag 1773. Für diesen
beiden Messen KV 65 und 66, die bereits für Salz- Anlass könnte auch das Te Deum KV 141 geschrie-
burg entstanden, letztere für die Primiz seines älteren ben worden sein, weil man an diesem Sonntag im-
Jugendfreundes Dominikus Hagenauer in St. Peter. mer nach dem Hochamt „wegen der im Jahre 1697
Erstere ist noch auf Wiener Papier geschrieben und von Gott abgewendeten Feuersgefahr“31 diesen Hym-
könnte mit der Bemerkung Leopold Mozarts in sei- nus anstimmte. Auf zwei Missae breves KV 192 in
nem Gesuch um Auszahlung seines wegen einer Reise F und KV 194 in D folgte die berühmte Spatzen-
nach Wien zurückbehaltenen Gehalts vom 8. März messe KV 220. Eine Missa solemnis in C KV 257
1769 in Verbindung stehen, dass „sowohl ich als mein entstand für die Weihe von Ignaz von Spaur als Koad-
Sohn verschiedenes für die Kiche, sonderheitlich zum jutor des Fürstbistums Brixen im Jahr 1776.32 Drei
29
Gebrauch der Hochf: Domkirche, verfertiget haben“ . Messen in C (KV 258, KV 259 und KV 262) sowie
Die nächsten zehn Messen entstanden dann zwischen eine – nicht sicher datierbare – Missa brevis in B
1773, nach seiner Ernennung zum besoldeten Hofkon- KV 275 beschlossen diese fruchtbare Phase in Mo-
zertmeister nach der zweiten Italienreise, und 1777, zarts Messenschaffen. Daneben entstanden die zwei
der vorläufigen Entlassung aus der Hofmusikkapelle Sakramentslitaneien KV 125 und KV 243, eine Lau-
und dem Beginn der Reise nach Mannheim und Paris. retanische Litanei KV 195, zwei Regina coeli KV 108
Der Großteil von Wolfgang Amadé Mozarts Werken und KV 127, als erste Auseinandersetzung mit der
für die Salzburger Metropolitankirche wurde in einer Vesperkomposition Dixit und Magnificat KV 193 und
Übergangszeit geschaffen: Ende 1771 war Fürsterzbi- verschiedene andere kleinere Kirchenkompositionen.
schof Schrattenbach gestorben, und Johann Michael Damit avancierte Wolfgang Amadé Mozart in den
Haydn hatte sich mit einem ersten großen Werk, dem 1770er-Jahren überraschenderweise zum Hauptliefe-
ranten von Kirchenmusik für den Salzburger Dom: Im
27 Bauer/Deutsch: Mozart. Briefe und Aufzeichnungen, Bd. 4, Vergleich dazu sind von Leopold Mozart und Giusep-
S. 107.
28 Kyrie-Fragment KV 33, vgl. Massenkeil, Günther: „Mes-
sen“, in: Thomas Hochradner/Günther Massenkeil 30 Laubhold: „Gatti, Colloredo und die Salzburger Trompe-
(Hrsg.): Mozarts Kirchenmusik, Lieder und Chormusik, tenmusik“, S. 132.
Laaber: Laaber 2006, (Das Mozart-Handbuch, 4), S. 58– 31 Vgl. Gottesdienstordnung, S. 25, Übertragung → S. 30.

123, hier: S. 58. 32 Hermann-Schneider, Hildegard: „Die ‚Missa Solemnis‘


29 Bauer/Deutsch: Mozart. Briefe und Aufzeichnungen, Bd. 2, KV 257 im Diözesanarchiv Brixen: Das Notenmaterial der
S. 291. Es existiert eine Abschrift für die Salzburger Dom- Uraufführung von Mozarts ‚Spaur-Messe‘“, in: Mozart-
kirche (D-Ahk, H.K. 1), vgl. weiter unten. Studien, 18 (2009), S. 23–47.

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pe Lolli keine Messen aus dieser Zeit überliefert, von Als Wolfgang Amadé Mozart am 15. Jänner 1779
Johann Michael Haydn und Anton Cajetan Adlgas- endlich in Salzburg eintraf, waren alle Vorkehrungen
ser je zwei, und Domenico Fischietti hatte lediglich getroffen: Das undatierte Ansuchen um Dekretierung
seine aus Dresden mitgebrachte Probemesse 33 vor- als Hoforganist war von Leopold selbst verfasst und ei-
zuweisen. Vor diesem Hintergrund wird jener etwas genhändig mit dem Namen seines Sohnes gezeichnet.
aufsässige Ton verständlicher, den Mozart bei seinem Das fürsterzbischöfliche Anstellungsdekret erfolgte
34
Entlassungsgesuch im August 1777 gegenüber dem prompt zwei Tage später am 17. Jänner 1779 und
Erzbischof anschlägt. definiert erstmals die Aufgaben des Hoforganisten
Nach der erfolglos verlaufenen und vom Tod der sehr konkret: Mozart hat gleich den „aufhabende[n]
Mutter überschatteten Paris-Reise war es einmal mehr Verrichtungen“ wie sein Vorgänger Adlgasser im Dom,
Leopold Mozart, der zu bewirken vermochte, dass der bei Hof und im Kapellhaus mit „embsigen Fleis ohn-
Fürsterzbischof seinen widerstrebenden Sohn 1779 klagbar“37 zu versehen.
wieder in Hofdienste aufnahm. Nachdem kein Fürs- Die Aufgaben bei Hof umfassten das Accompagne-
tenhof, dem Mozart in Begleitung seiner Mutter auf ment, wo es für Kammermusik und musikdramatische
seiner Reise nach Paris seine Aufwartung gemacht Darbietungen erforderlich war, und beschränkten sich
hatte, auch nicht der kurfürstliche Hof zu München, im Dom auf die Liturgie in Festis pallii, die eine quali-
Anstalten gemacht hatte, Mozart in Dienst zu nehmen, tätsvolle Ausführung des Basso continuo verlangte.38
konnte Leopold im Brief vom 29. Juni 1778 seinem Im Brief von 3. September 1778 an seinen Sohn in
Sohn berichten, dass sich verschiedene einflussreiche Paris konkretisiert Leopold die Verpflichtungen, die
Personen wie die Schwester des Erzbischofs, Gräfin Wolfgang in Salzburg erwarten würden:
Maria Franziska Wallis, oder Domherr Franz Joseph „Kurz! du bist hier in der Nähe: unsere
Graf Starhemberg für ihn beim Fürsterzbischof ein- Einkünften sind so, wie ich dirs geschrie-
setzen würden.35 Am 31. August 1778 teilte er ihm ben habe; – durch deine hiesige Lebensarth
mit: wirst du an deinem studieren und Speculie-
ren nicht gehindert; du darfst nicht Violin-
„Allein durch mein tapferes aushalten, ha- spielen bey hofe, sondern hast beym Clavier
be ich nicht nur allein durchgedrungen, der alle Gewalt der Direction, so wie mir die
Erzb: hat nicht nur alles accordiert, für mich ganze Musik – alle des Fürsten Musikalien,
und für dich, du hast 500 f, sondern er hat und die Inspection des Capellhauses itzt ist
sich noch entschuldigt, daß er dich itzt ohn- übergeben worden.“39
möglich zum Capellmeister machen könnte,
In kompositorischer Hinsicht erfüllte Mozart sei-
du solltest aber, wenn es mir zu mühesam
nen Auftrag mit vier seiner letzten großen liturgi-
wäre oder wenn ich ausserstande wäre, in
schen Kompositionen, die ausschließlich für den Got-
meine Stelle unterdessen einrücken; er hätte
tesdienst am Salzburger Dom bestimmt waren: die
immer dir eine Bessere Besoldung zugedacht
Missa in C KV 317 für das Pontifikalamt am Oster-
etc: mit einem Wort, zu meinem Erstau-
sonntag 1779 – bekannt geworden unter der falschen
nen, die höflichsten Entschuldigungen. noch 37 Deutsch: Mozart. Die Dokumente, S. 163.
mehr! dem Paris hat er 5 f addition geben, 38 Hinweise dafür, dass Mozart den Verpflichtungen als Lehrer
damit er die mehrsten dienste verrichten am Kapellhaus auch selbst nachgekommen wäre, lassen
sich jedoch nicht bestätigen. Weder in der Familienkorre-
muß und du wirst als Concertmeister wie spondenz noch in den Tagebüchern Maria Annas und in
Wolfgang Amadé Mozarts Nachträgen finden sich Nachrich-
vorhero decretiert werden.“36 ten dazu; deshalb muss angenommen werden, dass Mozart
als Hoforganist nur über die Klavierlehrenden am Kapell-
33 A-Sd, A 1131. haus die Inspection auszuüben hatte. Auch Leopold Mozart
34 „mit der schmeichelhaftesten Hofnung Euer Hochf: Gna- hatte nach eigener Aussage, obwohl er für die Violininstruk-
den in meinen mannbarn Jahren mit mehrerem Beyfahl tion bereits seit November 1756 dekretiert war, diese ab
dienen zu können“ (Bauer/Deutsch: Mozart. Briefe und seiner ersten Wien-Reise 1762 an Wenzel Hebelt abgegeben.
Aufzeichnungen, Bd. 2, S. 4 f.). Vgl. Bauer/Deutsch: Mozart. Briefe und Aufzeichnungen,
35 Ebd., Bd. 2, S. 380. Bd. 1, S. 15 f.
36 Ebd., Bd. 2, S. 460. 39 Ebd., Bd. 2, S. 464 f.

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4.1 Die Salzburger Quellen der geistlichen Werke Wolfgang Amadé Mozarts

Zuschreibung für die Wallfahrtskirche Maria Plain als einer Autorschaft der Mozarts betrachtet werden kön-
Krönungs-Messe zu Ehren der Krönung des Gnaden- nen.42 Dabei handelt es sich in der Hauptsache um
bildnisses –, für den Ostersonntag 1780 die Missa in C Maximilian Raab, Joseph Richard Estlinger und Felix
KV 337 sowie für die Vespern im Osterfestkreis im Jah- Hofstätter, die zugleich und in erster Linie die Haupt-
re 1779 KV 321 und im Jahre 1780 KV 339. Mit diesen kopisten des Salzburger Dombestandes in der zweiten
Werken ‚verabschiedete‘ sich Mozart als Kirchenkom- Hälfte des 18. Jahrhunderts waren.
ponist von Salzburg und seinem geistlich-weltlichen Ein Teil dieser authentischen Abschriften des Salz-
Dienstgeber. Der ehrenvolle Kompositionsauftrag des burger Doms, die Leopold Mozart offensichtlich da-
bayerischen Kurfürsten für Idomeneo KV 366 nahm heim aufbewahrt hatte, wurden nach seinem Tod dem
ihn vermutlich ab Sommer, spätestens jedoch ab Okto- Kloster Heilig Kreuz in Augsburg zum Geschenk ge-
ber 1780 bis Jänner 1781 in Anspruch. Von München macht (→ S. 187).43 Dass es sich bei diesen Quellen
führte am 12. März 1781 schließlich Mozarts Weg zweifellos um „Hofcopiaturen“ handelt, die aus dem
nach Wien – für ihn „[. . . ] ein Herrlicher ort [. . . ] – Etat des Hofes bezahlt wurden, hat schon Ernst Hin-
40
und für [sein] Metier der beste ort von der Welt.“ termaier festgestellt.44
Die These, die nach Augsburg gesendeten Abschrif-

4.1 Die Salzburger Quellen der ten seien private Kopien der Familie Mozart gewesen,
die gelegentlich vertreten wird45 , wird manchmal mit
geistlichen Werke Wolfgang dem Argument untermauert, dass diese nicht von Est-
linger, der den Catalogus Musicalis bis 1791 führte,
Amadé Mozarts41
in den alten Katalogen eingetragen worden wären.
Das Archiv der Salzburger Dommusik besitzt eine Das ist korrekt: Im Catalogus Musicalis wurden nur
Sammlung von Abschriften geistlicher Werke Mozarts, jene Werke nachgetragen, die nach 1787 durch neue
die in Mozarts unmittelbarem Umfeld entstanden sind. Abschriften ersetzt wurden.46 Warum nicht alle am
Ein Großteil der Abschriften ist authentisch, d. h. von Dom vorhandenen Werke Wolfgang Amadé Mozarts
Wolfgang Amadé Mozart oder Leopold Mozart korri- 42 Eisen, Cliff: „The Mozarts’ Salzburg Copyists: Aspects
giert und autorisiert und von Kopisten geschrieben, of Attribution, Chronology, Text, Style, and Performance
die nachweislich eng mit den Mozarts zusammengear- Practice“, in: Cliff Eisen (Hrsg.): Mozart Studies, Oxford:
Clarendon Press 1991, S. 253–299 nebst unpaginiertem
beitet haben. Darunter sind auch Kopien von Werken, Anhang, hier: S. 257–273.
43 Das Augustiner-Chorherrnstift wurde 1932 von den Domi-
die nicht primär für den Salzburger Dom entstanden nikanern übernommen. Im zweiten Weltkrieg wurde das
sind, wie etwa eine Abschrift des der Überlieferung Klostergebäude, in dem sich das Archiv befand, zerbombt,
die Quellen waren aber kurz vorher von Ernst Fritz Schmid
nach für das Benediktinerkloster Seeon (Oberbayern) in das Augsburger Stadtarchiv (D-Asa) ausgelagert worden
komponierten Offertoriums „Inter natos mulierum“ und entgingen so der Vernichtung. Heute befinden sie sich
als Depositum (D-Ahk) in der Staats- und Stadtbibliothek
KV 72, was vermuten lässt, dass Leopold Mozart auch Augsburg (D-As). Allerdings gingen einzelne Musikalien
schon im 19. Jahrhundert an das Gymnasium St. Stephan
für andere Aufführungsorte entstandene Werke seines
und von dort (aber auch aus dem Bestand des Klosters
Sohnes selbstverständlich für die liturgische Musik Heilig Kreuz) an Privatpersonen, sodass zum gegenwärti-
gen Zeitpunkt nicht alle Quellen nachweisbar sind. Wir
am Salzburger Dom verwendete. danken unserem Kollegen Christoph Großpietsch für die
Cliff Eisen hat die zunächst von Walter Senn in Klarstellung der Besitzverhältnisse.
44 Keller/Kircher: Zwischen Himmel und Erde, S. 145.
der Musikaliensammlung des Stiftes Heilig Kreuz in 45 Vgl. z. B. Walter Senn im Vorwort zu Senn, Walter (Hrsg.):

Augsburg und dann von Manfred Hermann Schmid Wolfgang Amadeus Mozart. Geistliche Gesangswerke, Werk-
gruppe I: Messen und Requiem, Abt. Messen, Bd. 2, Kassel
in der Musikaliensammlung der Erzabtei St. Peter u. a.: Bärenreiter 1975, (Wolfgang Amadeus Mozart. Neue
Ausgabe sämtlicher Werke, I/1/Abt. 1/2), S. XVI.
gefundenen und von Ernst Hintermaier identifizier- 46 Vgl. Großpietsch, Christoph: „Mozart aus Gattis Hän-

ten Kopisten besprochen, die als verlässliche Zeugen den? Geplante Frühdrucke nach Salzburger Quellen“, in:
Eva Neumayr/Lars E. Laubhold (Hrsg.): Keine Chance
40 Wolfgang Amadé Mozart am 04. April 1781 an seinen Vater für Mozart. Fürsterzbischof Hieronymus Colloredo und sein
in Salzburg. Ebd., Bd. 3, S. 102. letzter Hofkapellmeister Luigi Gatti (1740–1817). Symposi-
41 Für die Recherchen zu diesem Kapitel stellte uns Ulrich umsbericht, Lucca: Libreria Musicale Italiana 2013, (Veröf-
Leisinger die entsprechenden Abschnitte des noch nicht fentlichungen zur Salzburger Musikgeschichte, 10; zugl. Mu-
fertigen, aber umso neueren Köchel-Verzeichnisses zur Ver- sicologica Transalpina, 2; zugl. Schriftenreihe des Archivs
fügung, wofür wir ihm herzlich danken. der Erzdiözese Salzburg, 12), S. 297–341, hier: S. 311–317.

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4 Sonderfall Mozart

im Catalogus Musicalis eingetragen sind, ist leicht den, Raitenhaslach und Braunau verwendet, da-
erklärt: Joseph Richard Estlinger bekam den Auf- nach italienische Papiere, vor allem aus der Re-
trag, Inventare zu erstellen, ganz sicher erst nach gion Toscolano am Gardasee (→ S. 222).
dem Dienstantritt Luigi Gattis am 14. Februar 1783
Wenn nun im Falle Mozarts Joseph Richard Est-
(→ S. 63) und hätte dann bis 1787, dem Zeitpunkt, als
linger, Maximilian Raab oder Felix Hofstätter am
Maria Anna Mozart einen Teil der Abschriften nach
Kopieren beteiligt waren und noch andere der oben
Augsburg schickte, Zeit gehabt, die Mozart’schen Wer-
erwähnten Merkmale dazukommen, ist die Annahme,
ke zu inventarisieren. Da Leopold Mozart aber nicht
die Abschrift sei für die kirchenmusikalischen Akti-
der einzige war, der Musikalien bei sich zu Hause
vitäten der Salzburger Hofmusikkapelle entstanden,
aufbewahrte (→ S. 188), dürfte Estlinger zunächst
gerechtfertigt. Überdies sind sowohl die im Dommu-
die in den Domkästen verwahrten Musikalien, dar-
sikarchiv als auch im Bestand des Klosters Heilig
unter auch einige Mozart’sche Werke, aufgenommen
Kreuz verwahrten Abschriften der Posaunenstimmen
haben. Zu den bei Angehörigen der Hofmusikkapelle
des öfteren mit den Initialen der Thurnergesellen ver-
verstreuten Beständen kam er vor seinem Tod 1791
sehen47 , eine Tatsache, die eine Aufführung im Dom
nicht mehr.
nachgerade beweist.
Argument für eine Zugehörigkeit der Augsburger
Das Kopieren von Musik war im 18. Jahrhundert
Quellen zum Bestand der Salzburger Hofmusik ist vor
sehr oft mit dem Handel mit Musikalien verbunden:
allem, dass Leopold Mozart wohl kaum, hätte er die
Professionelle Kopisten machten häufig doppelte Ko-
Noten privat abschreiben lassen, alle Stimmen, wie sie
pien und verkauften diese im Falle von Kirchenmusik
für den Salzburger Dom üblich waren, hätte schreiben
an umliegende Klöster. Von den für Mozart wichtigen
lassen (3 Posaunen-, 2 Orgelstimmen, transponieren-
Kopisten waren es vor allem Estlinger und Hofstät-
de Oboen), die ja an anderen Aufführungsorten gar
ter48 , die mit Noten handelten.49 Auch Leopold Mo-
keinen Sinn gehabt hätten.
zart schlug aus dem Talent seines Sohnes Kapital, in-
Abschriften für den Salzburger Dom zeigen über
dem er sorgfältig korrigierte, damit also authentische
die Schreiber hinaus gewisse Merkmale, die es möglich
Abschriften u. a. an die Benediktinerabtei Lambach
machen, sie eindeutig zu identifizieren:
lieferte: Diese befinden sich heute teilweise dort, teil-
1. Die bauliche Beschaffenheit des Domes und die weise aber – als Leihgabe des Stadtarchivs Augsburg
Aufstellung der Musiker an verschiedenen Orten (D-Asa) – in der Staats- und Stadtbibliothek Augs-
machte es notwendig, mindestens zwei Orgelstim- burg (D-As).50 Auch an die Erzabtei St. Peter gingen
men zu kopieren, dazu kam eine Direktionsstim- gelegentlich solche Kopien, wenn nicht die Werke, wie
me für den Kapellmeister, die gewöhnlich als im Falle der Dominicus-Messe KV 66 und des Of-
„Battuta“ bezeichnet ist. fertoriums „Sancta Maria, mater dei“ zu vermuten
47 Vgl. z. B. D-Ahk, Hl. Kr. 1 KV 65 und Hl. Kr. 8 KV 275.
2. Drei Posaunenstimmen für die zwar die Ripienis- 48 Mozart wusste das und war entsprechend vorsichtig: „– wegen
ten im Presbyterium verstärkenden, aber vom der Sinfonie bin ich nicht heicklich, allein die 4 concerte
bitte ich /:bey sich im hause abschreiben zu lassen:/ denn
Prinzipal-Chor aus agierenden Thurner sind in es ist den kopisten in Salzburg so wenig zu trauen, als den
fast allen Stimmenkonvoluten vorhanden. in Wienn; – ich weis ganz zuverlässig, daß Hofstetter des
Haydn Musique dopelt copiert – ich habe seine Neuesten 3
Sinfonien wirklich.“ Bauer/Deutsch: Mozart. Briefe und
3. Stimmen für Oboen, bei großen Besetzungen gele- Aufzeichnungen, Bd. 3, S. 313, 15. Mai 1784.
49 Bezüglich Hofstätter vgl. z. B. Abschriften der Gradualien
gentlich auch solche für zusätzliche Fagotte, sind von Johann Michael Haydn in St. Peter und in Einsie-
öfters transponierend notiert, und zwar immer deln (Neumayr/Laubhold: „Die Quellen der Salzburger
Dommusik“); bezüglich Estlingers Abschriften für die Bene-
dann, wenn im Dom die im Kammerton gestimm- diktinerabtei Seeon vgl. Münster, Robert: „Mozart und
ten Instrumente des Hofes mitverwendet wurden Seeon“, in: ‚Ich bin hier sehr beliebt‘. Mozart und das kur-
fürstliche Bayern, Tutzing: Schneider 1993, S. 210–215,
(→ S. 165). hier: S. 213 f.
50 Die Quellen aus Lambach waren ab 1941 teilweise bereits als

Leihgaben in Augsburg und wurden in den 1950er-Jahren


4. Bis Mitte der 70er-Jahre wurde für die Abschrif-
von der Stadt Augsburg angekauft. Wir danken unserem
ten häufig Papier aus der Papiermühle Lengfel- Kollegen Christoph Großpietsch für diese Informationen.

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4.1 Die Salzburger Quellen der geistlichen Werke Wolfgang Amadé Mozarts

ist, ohnehin für St. Peter entstanden waren.51 Der für die Hofkapelle zu kopieren56 , und so entstanden,
Großteil der authentischen Quellen in St. Peter kam noch vor 1791, Abschriften Estlingers von KV 257 (A-
aber über den Nachlass Maria Anna von Berchtold zu Sd, A 1150) und KV 259 (A-Sd, A 1151) und später,
Sonnenburgs in das Musikalienarchiv des Klosters.52 unter Hofstätters Beteiligung, Kopien von KV 125
Neben den in Salzburg und Augsburg aufbewahr- (A-Sd, A 1127), KV 140 (A-Sd, A 1130), KV 258 (A-
ten authentischen Abschriften von Werken W. A. Mo- Sd, A 1149), KV 259 (A-Sd, A 1152). Ob Gatti auch
zarts für den Salzburger Dom gibt es noch andere für die Kurzfassungen von KV 257 (A-Sd, A 1150)
Handschriften, die man als wichtige Quellen im Auge und KV 260 (A-Sd, A 1122; „Venite populi“) verant-
behalten sollte, weil sie vielleicht ebenfalls der musika- wortlich zeichnete, ist unsicher. Nachweislich war er
lischen Praxis der Hofmusikkapelle entstammen. Vor jedoch an den ersten Aufführungen des Mozart’schen
allem die zweite Fassung der Motette „Exsultate, jubi- Requiems in Salzburg aktiv beteiligt: Im Stimmen-
late“ KV 165 (D-WS, 1163) für die Dreifaltigkeitskir- satz, der sich spätestens 1802 im Dommusikarchiv
che, aber auch die in Graz aufbewahrten Abschriften nachweisen lässt, hat sich eine Flötenstimme von sei-
Estlingers des „Veni Sancte Spiritus“ KV 47 (A-Gd, ner Hand erhalten57 , und in seinem eigenen, zwischen
Mariazell 333) oder des Offertoriums „Benedictus sit 1803 und 1807 entstandenen Requiem in C zitierte
Deus“ KV 117 (A-Gd, Mariazell 332) kommen dafür er bei „qua resurget ex favilla“ Mozarts Umsetzung
in Frage, vor allem, weil bei diesen Werken andere dieser Textstelle in harmonisch veränderter Form, was
primäre Abschriften fehlen. 53 durchaus als Hommage verstanden werden darf.58
Nach 1787 fehlten die nach Augsburg gesendeten Wenn Wolfgang Amadé Mozart Kirchenmusik
Abschriften im Bestand der Hofmusikkapelle. Luigi schrieb, so tat er dies in der überwiegenden Zahl der
Gatti, Salzburger Hofkapellmeister seit 1782, war an Fälle für den Salzburger Dom in dessen Eigenschaft als
der Musik Mozarts offensichtlich interessiert, hatte er Metropolitankirche und für die Kirchenmusikpraxis
sich doch bereits 1770, als er die Mozarts in Mantua der Hofmusikkapelle. Deshalb sind Überlegungen im
54
traf, eine Messe abgeschrieben. Auch als Salzburger Zusammenhang mit den kirchenmusikalischen Refor-
Hofkapellmeister setzte er sich für Aufführungen Mo- men Colloredos, wie sie in manchen Publikationen59
zart’scher Kirchenmusik ein, und so findet man seine angestellt werden, überflüssig, wenn nicht sogar irre-
Schriftspuren in knapp einem Drittel der Abschrif- führend, weil diese für Mozarts Kirchenmusik, auch
55
ten. Er dürfte die Anweisung gegeben haben, die nach seinem Weggang 1781 nach Wien, niemals galten.
fehlenden Werke zwischen 1787 und 1817 nochmals Diese Reformen bezogen sich ausschließlich auf jene
51 Cliff
Kirchen des „Fürstlichen Erzstiftes, wo kein ordentli-
Eisen hat in diesem Zusammenhang auf die Wichtigkeit
des Sbg. Schreibers 3 als einem mit den Mozarts zusammen- cher Chor gehalten“ wurde60 , galten also nicht für die
arbeitenden Kopisten hingewiesen. Eisen: „The Mozarts’ Metropolitankirche. Überdies wurden im Hirtenbrief
Salzburg Copyists“, S. 271–273; dieser Schreiber kommt im
Dommusikarchiv, Reihe A, nur zweimal vor (A-Sd, A 1555 zwar die Kirchengebäude (Pfarrkirchen) erwähnt, die
und A 378), dürfte also in der Regel nicht für die kirchlichen
Aktivitäten der Hofmusikkapelle herangezogen worden sein.
Verordnung scheint aber eigentlich die musikalischen
52 Schmid, Manfred Hermann: „Musikalien des Mozartschen
Institutionen betroffen zu haben – deshalb konnte der
Familienarchivs im Stift St. Peter“, in: Petrus Eder/
Gerhard Walterskirchen (Redaktion): Das Benedikti- Salzburger Domchor samt Hofkapelle auch weiterhin
nerstift St. Peter in Salzburg zur Zeit Mozarts. Musik und in allen Kirchen Salzburgs die gewohnte Kirchenmusik
Musiker – Kunst und Kultur, Salzburg: Verlag St. Peter
1991, S. 173–185. mit lateinischem Text aufführen, während die Stadt-
53 Die beiden in Graz aufbewahrten Abschriften Estlingers
pfarrmusikanten verpflichtet waren, am Dom und an
zeigen allerdings nur eine Orgelstimme und sind daher sicher
nicht für den Salzburger Dom entstanden, während solche allen anderen Kirchen die deutschen Kirchengesänge,
Stimmen im Falle von KV 165 für die Dreifaltigkeitskirche
natürlich ebenfalls nicht nötig waren.
und eine Zeit lang nur diese, zu singen.
54 Vgl. Bauer/Deutsch: Mozart. Briefe und Aufzeichnungen,

Bd. 2, S. 373; ob es sich dabei um KV 65 oder KV 66


handelte, ist unsicher. 56 Nach welchen Vorlagen dabei gearbeitet wurde, bedürfte
55 Dabei war er vor allem als Schreiber von Titeln, Einzel- noch der Klärung.
stimmen oder Instrumentenangaben aktiv, es finden sich 57 Neumayr: „Die Requiemkompositionen Luigi Gattis“, S. 410.

aber auch Eintragungen in die Stimmen, was alles darauf 58 Ebd., S. 413.

hinweist, dass diese auch zu Gattis Zeiten weiterhin in 59 Vgl. z. B. Fellerer: Die Kirchenmusik W. A. Mozarts.

Verwendung waren. 60 Colloredo von Waldsee-Mels: Hirtenbrief , S. 62.

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4 Sonderfall Mozart

Direkte Berührungspunkte zwischen Wolfgang ten.62 Auf eine weitere Quelle aus dem Salzburger
Amadé Mozart und den Salzburger Stadtpfarrmu- Umfeld hat Hildegard Hermann-Schneider hingewie-
sikanten sind bisher nicht bekannt, indirekte sehr sen:63 Im Archiv des Salzburger Franziskanerklosters
wohl, war doch Franz Jakob Freystädtler (1761–1841), hat sich unter der Signatur A-Sfr 73 eine Abschrift
der Sohn des langjährigen Stadtpfarrsängers und von KV 142 und KV 197 erhalten, auf deren Ti-
-chorregenten Johann Jakob Freystädtler (um 1720– telblatt sich der Schreiber verewigt hat: „Holl“ ist
1787) sein Freund und später in Wien auch sein Schü- links unten zu lesen, und rechts unten deuten Noti-
ler. Mit dessen Nachfolger als Stadtpfarrchorregent, zen über die Zahl der verwendeten Bögen darauf hin,
Franz de Paula Joseph Weindl (1743–1812), steht ei- dass der Schreiber wohl gegen Bezahlung kopierte.64
ne heute im Archiv des Kollegiatstiftes Tittmoning Hermann-Schneider hat mit großer Sorgfalt versucht,
aufbewahrte Abschrift der Trinitatis-Messe KV 167 diesen „Holl“ zu identifizieren65 – ein Name kommt
in Zusammenhang , von der Walter Senn vermutet, aber in ihrer Aufzählung nicht vor, und das ist der
sie gehe auf „eine wohl von Mozart oder dessen Vater Hoftrompeter und Hofpauker Franz Xaver Holl (1757–
61
durchgesehene Primärquelle zurück“ . Warum im 1799)66 . Dieser wurde im Juli 1787 in der Hofmusik-
Fall der Trinitatis-Messe jegliche authentischen Ab- kapelle angestellt, kann also weder Wolfgang Amadé
schriften fehlen, ist rätselhaft, denn der Anlass für die noch Leopold Mozart persönlich getroffen haben. Wie
Komposition der Messe war wohl der Dreifaltigkeits- die beiden Weindls kann er folglich nur von einer
sonntag, der an der Metropolitankirche als Festum damals noch vorhandenen, eventuell authentischen
Pallii – worauf auch die Besetzung mit Trompeten Quelle abgeschrieben haben. Als er 1799 starb, ging
hinweist – begangen wurde. Möglich wäre, dass die seine „Sammlung von H: Michael Haydns Gradua-
primäre Quelle nach Augsburg geschickt wurde und len, Messen und anderen Werken, dann mehrere[n]
dort, wie einige andere Werke auch, im Privatbesitz Mozartischen Messen“67 zunächst an Judith Brunetti
verschollen ist. Da Johann Baptist Weindl ab 1782 (geb. Lipp); nach deren bereits am 1. Jänner 1800
als Stadtpfarrsänger angestellt war, wäre es durchaus erfolgtem Tod wurde die Sammlung von Hofmusik-
denkbar, dass er diese Quelle bei Leopold Mozart kapellmeister Luigi Gatti in Verwahrung genommen.
noch eingesehen hat. Holl kommt als Schreiber unter den Musikalien des
Auch von den beiden Tantum ergo-Kompositionen Dommusikarchivs nicht vor, wurde daher vermutlich
KV 142 und KV 197 wurden bisher keine authenti- nicht für Kopiaturen für den Salzburger Dom heran-
schen Abschriften nachgewiesen, was umso bedauerli- gezogen, als Mitglied der Hofmusikkapelle hatte er
cher ist, da autographe Quellen hierfür fehlen. In der aber – wie übrigens Franz und Johann Baptist Weindl
Sammlung Dommusikarchiv existiert lediglich eine auch, die neben ihrer Tätigkeit für die Stadtpfarre
Abschrift von Franz Weindl und seinem Sohn Jo- auch als Domchoralisten aktiv waren – Zugang zu den
hann Baptist Weindl. Da beide gemeinsam kopierten Musikalien der Metropolitankirche. Die Möglichkeit,
und Johann Baptist Weindl 1796 als Fünfzehnjähri- dass sich eine Kopie von seiner Hand erhalten haben
ger probeweise bei der Stadtpfarre als Sänger ange-
62 Vgl. Münster, Robert: „Mozarts ‚Tantum ergerl‘ KV 142
stellt wurde, ist nicht anzunehmen, dass die Stimmen und KV 197“, in: ‚Ich bin hier sehr beliebt‘. Mozart und das
vor diesem Zeitpunkt kopiert wurden. Den spätest- kurfürstliche Bayern, Tutzing: Schneider 1993, S. 247–254;
Münster, Robert: „Das Tantum ergo KV 142 – eine Bear-
möglichen Entstehungszeitpunkt markiert mit 1812 beitung nach Johann Zach?“ in: ‚Ich bin hier sehr beliebt‘.
Mozart und das kurfürstliche Bayern, Tutzing: Schneider
das Todesjahr Franz Weindls.
1993, S. 255–261.
63 Hermann-Schneider, Hildegard: „KV 142 und 197 oder
Bereits 1963 entdeckte Robert Münster in den er- Anh. C 3.04 und C 3.05? Zu Mozarts Autorschaft auf-
haltenen Beständen der ehemaligen Benediktinerabtei grund einer Handschrift im Franziskanerkloster Salzburg“,
in: Mozart-Studien, 18 (2009), S. 87–100.
St. Veit bei Neumarkt an der Rott Stimmen, die aus 64 Vgl. ebd., S. 89.
65 Ebd., S. 90, Anm. 12.
der Entstehungszeit der Komposition stammen dürf- 66 Hintermaier: Die Salzburger Hofkapelle, S. 487.
67 Salzburger Landesarchiv, Hofratstestamente B/23 und Ver-

lassakt Nr. 430, zit. bei ebd., S. 53-54; vermutlich handelte


61 Senn,Walter: Kritischer Bericht zu Senn: NMA/Messen, es sich um die übriggebliebenen Bestände seiner Kopisten-
Bd. 2, S. 7. tätigkeit.

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4.1 Die Salzburger Quellen der geistlichen Werke Wolfgang Amadé Mozarts

könnte, wäre ein weiterer Hinweis auf die Existenz pold Mozarts und vielleicht auch die seines Sohnes zu
einer älteren, heute verlorenen Abschrift im Bestand finden gewesen waren. Die Sonaten 11 und 12 müs-
der Domkirche. sen als unbekannte Werke Mozarts gelten; die 1827
Auf die Tatsache, dass Quellen zu immerhin zwölf noch vorhandenen Salzburger Abschriften von zwölf
der Kirchensonaten Wolfgang Amadé Mozarts nach Kirchensonaten sind leider vollständig verschollen.
1827 ebenfalls in Salzburg vorhanden gewesen sein Bei den Abschriften Mozart’scher kirchenmusikali-
müssen, und zwar im Besitz Anton Jähndls, hat Chri- scher Werke kann man aus den dargestellten Gründen
stoph Großpietsch hingewiesen.68 Nach einem Brief im Salzburger Kontext verschiedene Grade der Au-
von Johann Heinrich Feuerstein an Anton Jähndl vom thentizität unterscheiden:
23. Jänner 1827 war Anton Jähndl im Besitz eini-
1. Abschriften, die von Leopold oder Wolfgang Ama-
ger hier nicht näher bestimmter „Kirchensÿmphonien
dé Mozart korrigiert wurden und für den Salz-
Mozarts“, von denen er offenbar einige als „theure
burger Dom entstanden.
Reliquien“ Feuerstein überlassen wollte.
Ein Verzeichnis von zwölf Kirchensonaten Mozarts 2. Abschriften, die von Kopisten für den Salzburger
von der Hand Anton Jähndls, das sich in den soge- Dom geschrieben wurden, die nachweislich mit
nannten Nissen-Collectaneen in der Internationalen den Mozarts in Kontakt standen, aber nicht von
Stiftung Mozarteum gefunden hat69 , bestätigt diese Wolfgang Amadé oder Leopold Mozart korrigiert
Annahme. Dieses Verzeichnis listet zwölf Kirchenso- wurden.
naten Mozarts auf, von denen, wie Ulrich Leisinger 3. Abschriften, die zwar nach 1781, also nach Wolf-
festgestellt hat, alle bis auf die Nummern 11 und 12 gang Amadé Mozarts Übersiedlung nach Wien,
identifiziert werden können.70 Der Eintrag der beiden aber im Mozart-nahen Salzburger Umfeld ent-
fraglichen Sonaten lautet „No 11. et 12. | D e Gdur | standen sind, also etwa unter Hofkapellmeister
Due Sonate di chiesa a 2 V[iolini] e B[assi] | Del Sgre Luigi Gatti für die Musik der Metropolitankirche
Cavaliere Amadeo Wolfgango Mozart Maestro | di oder unter den Stadtpfarrchorregenten Franz de
Concerti [!] di S. A. Ra di Salisburgo 1771“ und ist mit Paula Joseph und Johann Baptist Weindl, die
der Bemerkung Jähndls „Titel und die Bezeichnung vielleicht nach (heute verschollenen) authenti-
der einzelnen Stimmen sind von des Vaters Hand- schen Vorlagen kopiert wurden.
schrift“ versehen. Bei anderen Listeneinträgen gibt es
In der Folge wird eine Zusammenstellung der Quel-
ähnliche Vermerke, z. B. „Del Sig[no]re Caval. Ama-
len Mozart’scher Kirchenmusik, die für den Salzbur-
deo | Wolfgango Mozart[gestrichen:]o“, die vermutlich
ger Dom und sein Umfeld entstanden sind, versucht,
von Umschlagtiteln abgeschrieben wurden, aber nicht
wobei die Quellen nach den oben genannten drei Au-
den gleichen Wortlaut wie vergleichbare Vermerke auf
thentizitätsgraden eingeteilt sind.
den Autographen haben. Das macht deutlich, dass
Authentische Stimmenabschriften, die für den Salz-
Jähndl nicht im Besitz der autographen Partituren
burger Dom entstanden sind, sind fett gedruckt. Wenn
gewesen sein kann71 , umso mehr, als er ja von „Stim-
keine authentische Quelle vorhanden ist, werden Quel-
men“ spricht. Es ist folglich höchst wahrscheinlich,
len angeführt, die Merkmale zeigen, die auf den Salz-
dass Jähndl in den Besitz jener Stimmenabschriften
burger Dom deuten könnten. Auch Stimmenkonvolute
gekommen war, die ursprünglich Teil des Hofkapel-
aus dem Bestand der Salzburger Stadtpfarrmusikan-
lenarchivs gewesen und in denen die Korrekturen Leo-
ten sind in solchen Fällen in die Liste aufgenommen.
68 Großpietsch: „Mozart aus Gattis Händen?“, S. 336. Wir
danken Ulrich Leisinger für den Hinweis auf diese Stelle
Bei Werken, die nicht für den Salzburger Dom ent-
und auch für weitere Informationen. standen sind, sondern für eine andere Salzburger Kir-
69 A-Sm, DocNC 26e.
70 No 1: KV 278, No 2: KV 263, No 3: KV 225, No 4: KV 274 che, sind jeweils die ältesten Quellen aufgeführt. Ge-
od. KV 241, No 5: KV 328 od. KV 336, No 6: KV 145, No listet sind auch solche, die nach Wolfgang Amadé
7: KV 244, No 8: KV 68, No 9: KV 328 od. KV 336, No 10:
KV 212. Mozarts Übersiedlung nach Wien und nach Leopold
71 Diese waren ja meist im Besitz Wolfgang Amadé Mozarts
Mozarts Tod entstanden, um die nach Augsburg ge-
verblieben und gingen nach seinem Tod in vielen Fällen an
Johann Anton André. schickten Stimmenabschriften zu ersetzen.

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4 Sonderfall Mozart

Für die Augsburger Bestände des Klosters Heilig


Kreuz wird das Siglum „D-Ahk“ verwendet, weil sie
unter diesem Sigel im RISM-Opac aufzufinden sind.
Aufbewahrungsort dieses Bestandes ist, das sei noch-
mals betont, die Staats- und Stadtbibliothek Augs-
burg (D-As).

116

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Tabelle 4.1: Quellen Mozart’scher Kirchenmusik im Salzburger Kontext.

KV Titel Autograph 1. 2. 3. Cat. Gatti


33c Stabat mater mater fehlt fehlt fehlt fehlt fehlt
34 Offertorium für das Fest fehlt fehlt fehlt D-AÖhk, zw. 1767 u. 1772 fehlt
des hl. Benedict „Scande (Münster, Robert:
coeli limina“ „Persönliche Beziehungen der
Mozarts zu Klöstern in
Bayern und frühe
Handschriften Mozartscher
Kirchenwerke in bayerischem
Kloster- und Kirchenbesitz“,
in: Friedrich Wilhelm
Riedel (Hrsg.): Mozart und
die geistliche Musik in
Süddeutschland Sinzig: Studio
Verlag 2010,
(Kirchenmusikalische
Studien, 12), S. 55–67,
hier: S. 62)
47 „Veni Sancte Spiritus“ fehlt fehlt A-Gd: 15 St. v. Estlinger A-Ssp: 15 St. v. Schr. 2, 1776
Antiphon in C für das
Pfingstfest
47b Offertorium (für die fehlt fehlt fehlt fehlt fehlt
Waisenhauskirche am
Rennweg in Wien 1768)
49 Missa brevis in G D-B, 1768 fehlt fehlt fehlt fehlt
65 Missa brevis in d D-B, 1769 D-Ahk: H.K. 1: 24 St. von Raab, fehlt fehlt fehlt

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Monogramme in trb
66 Missa solemnis in C D-B, 1769 A-Ssp: Moz 80.1: St. von Estlinger, D-LAm: 2. Fassung, 17 St. v. fehlt fehlt
Dominicus-Messe 1769; Moz 80.2: 5 St. von LM u. WAM Estlinger, ob trasp. (vgl.
Münster, „Persönliche
Beziehungen“, S. 65.)

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72 Offertorium pro Festo fehlt A-Sd, A 1123: St. v. Raab u. fehlt fehlt 141/2 (Estlinger)
Sti Joannis Baptistae Estlinger (Korr. v. LM/WAM)
„Inter natos mulierum“

117
4.1 Die Salzburger Quellen der geistlichen Werke Wolfgang Amadé Mozarts
KV Titel Autograph 1. 2. 3. Cat. Gatti

118
108 Regina coeli in C D-B, 1771 fehlt fehlt fehlt
109 Litaniae de B.M.V D-B, 1771 A-Sd, A 1124: St. v. Raab (Korr. fehlt fehlt 139/1 (Estlinger)
(Lauretanae) v. WAM) u. Estlinger
117 Offertorium in C D-B, [1769?] fehlt A-Gd, St. v. Estlinger; A-Ssp, 14 St. v. Schr. 2
„Benedictus sit Deus“ D-LAm: St. von Estlinger
(vgl. Münster, „Persönliche
4 Sonderfall Mozart

Beziehungen“, S. 65.)
125 Litaniae de venerabili D-B, 1772 A-Sd, A 1127: St. v. Estlinger, fehlt A-Sd, A 1127: St. v. 139/2 (Estlinger)
altaris sacramento Raab (korr. v. LM/WAM) Hofstätter, Gatti, Schr. 67
127 Regina coeli D-B, 1772 A-Sd, A 1512: 23 St. v. Raab u. D-Ahk, H.K. 12: Orig. fehlt fehlt
Estlinger (korr. v. WAM/LM) Umschlag v LM „Del Sgr:
[Prov. Augsburg, Heilig Kreuz] Caval: Amadeo
Wolfgango
Mozart/Accademico di
Bologna e di Verona.“
139 Missa solemnis in c D-B [1768] fehlt fehlt fehlt fehlt
Waisenhaus-Messe
140 Missa brevis in G fehlt D-Ahk, H.K. 11: 13 St. v. fehlt A-Sd, A 1130: St. v. L. Gatti, 143/9 (Gatti)
Hofstätter (korr. v. WAM/LM) Schr. 17, J. B. Weindl (1828)
141 Te Deum fehlt A-Sd, A 1126: 21 St. v. Raab fehlt fehlt 145/0 (Estlinger)
(korr. v. LM)
142 Tantum ergo fehlt fehlt fehlt A-Sd, A 1129: St. von fehlt
F. Weindl u. J. B. Weindl;
A-Sfr 73: St. von Holl

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165 Motette in F (oder G) PL-Kj, 1773 D-WS, 1163: (2. Fassung) 10 St. v. fehlt fehlt fehlt
für Sopran und Estlinger m. Titel von LM (Aufführung
Orchester „Exsultate, in der Dreifaltigkeitskirche durch
jubilate“ Mitglieder der Hofkapelle [WAM,
F. Ceccarelli])

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167 Missa solemnis in C D-B, 1773 fehlt fehlt D-TIT, o. Sign.: 11 St. v.
Trinitatis-Messe F. Weindl
192 Missa brevis in F Kleine A-Wn, 1774 A-Sd, A 1147: St. v. Raab, fehlt fehlt 143/3 (Estlinger)
Credomesse Hofstätter (korr. v. WAM/LM);
Titel von L. Gatti
193 Dixit und Magnificat A-Wn, 1774 A-Sd, A 1125: 11 St. v. Estlinger, fehlt fehlt 147/1 (Estlinger)
Raab, Hofstätter (Korr.
LM/WAM)
KV Titel Autograph 1. 2. 3. Cat. Gatti
194 Missa brevis in D A-Wn, 1774 A-Sd, A 710: 12 St. v. Raab, fehlt fehlt 143/2 (Estlinger)
Hofstätter (korr. v. LM/WAM);
Rückentitel von L. Gatti
195 Litaniae Lauretanae D-B, 1774 D-Ahk, H.K. 13: St. v. Raab, fehlt fehlt
Estlinger u. Hofstätter (korr. v.
LM/WAM)
197 Tantum ergo fehlt fehlt fehlt A-Sd, A 1129: 9 St. v. F. u. fehlt
J. B. Weindl, Schr. 307; A-Sfr:
St. v. Holl
220 Missa brevis in C fehlt A-Sd, A 709: St. v. Estlinger, fehlt fehlt 143/1 (Estlinger)
Spatzenmesse Raab, Schr. 27, Schr. 138 (korr. v.
WAM)
222 Offertorium de Tempore fehlt D-Ahk, H.K. 20: St. v. Raab, fehlt fehlt fehlt
„Misericordias“ Estlinger, Hofstätter (korr. v.
WAM/LM)
243 Litaniae de venerabili D-B, 1776 fehlt; zuletzt nachgewiesen als Quelle B fehlt fehlt
altaris sacramento in Es der NMA: Privatbesitz: St. v. Estlinger,
Hofstätter, Raab (mit Korr. v.
LM/WAM)
257 Missa solemnis in C D-B, [1776] I-BREd, DKA 319: St. v. Raab u. A-Sd, A 1150: 29 St. v. fehlt 143/6 (Gatti)
Credomesse/Spaur- Hofstätter, 1776 (korr. v. Estlinger (gekürzte Fassung),
Messe WAM/LM); D-Ahk, H.K. 6: 29 Titel von Gatti
St. v. Raab, Estlinger u.
Hofstätter (korr. v. LM/WAM)
258 Missa brevis in C [früher D-B, [1775] D-Ahk, H.K. 7: 24 St. v. Estlinger fehlt A-Sd, A 1149: St. v. Schr. 322, 143/10 (Gatti)
bekannt als u. Schr. 27 (korr. v. WAM); ob 1, Schr. 132, Hofstätter, Schr. 5,
Spaur-Messe] 2 v. WAM Schr. 324 u. F. Weindl

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259 Missa brevis in C D-B, [1775 D-Ahk, H.K. 12,1: Umschlag A-Sd, A 1151: 28 St. v. A-Sd, A 1152: St. von 143/4
Orgelsolo-Messe od. 1776] Estlinger Hofstätter, J. B. Weindl
(1825), B. Hacker.
260 Offertorium de A-Wn, 1776 A-Sd, A 1122: St. v. M. Raab A-Sd, A 1122: St. v. fehlt 141/3 (Fuetsch)
venerabili sacramento (korr. v. WAM/LM) Hofstätter (gekürzte Fassung)

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„Venite populi“
262 Missa solemnis in C PL-Kj, [1775 D-Ahk, H.K. 5: timp v. WAM, fehlt fehlt
Missa longa od. 1776] St. v. Raab, Hofstätter (korr. v.
WAM/LM)

119
4.1 Die Salzburger Quellen der geistlichen Werke Wolfgang Amadé Mozarts
KV Titel Autograph 1. 2. 3. Cat. Gatti

120
273 „Sancta Maria, mater D-B, 1777 A-Ssp, Moz 195.1: St. v. Estlinger, 1777, fehlt fehlt fehlt
Dei“ Graduale in F v. LM „Di Amadeo Wolfgango Mozart“
[vl 1]
275 Missa brevis in B fehlt D-Ahk, H.K. 8: 24 St. v. Raab u. fehlt A-Sd: St. v. Arthofer, Gatti, 143/7 (140)
Hofstätter (korr. v. WAM), Sbg. Schr. 132, 89 u. J. B.
Schr. 27 Weindl
4 Sonderfall Mozart

276 Regina coeli in C fehlt A-Sd, A 1538: St. v. Raab, fehlt fehlt fehlt
Estlinger (korr. v. WAM) [Prov.
Augsburg, Heilig Kreuz]
277 Offertorium de B.M.V. fehlt A-Sd, A 1121: St. v. Raab, fehlt fehlt 141/1 (Estlinger)
„Alma Dei creatoris“ Estlinger (korr. v. LM)
317 Missa solemnis in C PL-Kj, 1779 fehlt fehlt A-Ssp: St. v. M. Kracher sen.
Krönungsmesse 1825
321 Vesperae de Dominica F-Pn, 1779 D-Ahk, H.K. 15: Dixit u. fehlt A-Sd, A 1128: St. v. 162, L. 147/2 (?); 147/6
Magnificat: St. v. Raab u. Gatti, B. Hacker, (Fuetsch)
Estlinger (korr. v. WAM); F. Hofstätter, J. J. Fuetsch u.
H.K. 16: Confitebor, Beatus vir, Schr. 51
Laudate pueri, Laudate Dominum v.
Hofstätter (korr. v. WAM)
337 Missa solemnis in C A-Wn, 1780 D-Ahk, H.K. 9: St. v. Estlinger, vl fehlt fehlt fehlt
1 v. Hofstätter (korr. v.
LM/WAM)
339 Vesperae solennes de PL-Kj, 1780 D-Ahk, H.K. 17 u. 18: St. v. fehlt fehlt fehlt
confessore Estlinger u. Hofstätter (korr. v.

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WAM)
427 Missa in c D-B, 1782/83 D-Ahk, H.K. 10: org v. Estlinger, fehlt fehlt fehlt
(korr. v. WAM); trb 1, 2, 3 v.
Hofstätter (Aufführung in St. Peter
unter Beteiligung der Hofkapelle)

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4.1 Die Salzburger Quellen der geistlichen Werke Wolfgang Amadé Mozarts

Mit obiger Liste wird klar, dass für einen Groß- em eine Woche nach dem Begräbnis Michael Haydns
teil der kirchenmusikalischen Werke Mozarts zeitnah in der Kollegienkirche aufgeführt wurde – beteiligt
zur Entstehungszeit Abschriften für den Salzburger war.75 Eine – am Salzburger Dom sehr seltene – Kon-
Dom hergestellt wurden. Es fehlen lediglich einige trafaktur nach Thamos, König in Ägypten KV 336a
frühe Werke (KV 33, 47, 47b und 49) und einige ist der Chor „Veni, lux aeterna“ (A-Sd, A 1294), der
der Werke, die für andere Aufführungsorte entstan- vermutlich Anfang des 19. Jahrhunderts angekauft
den, wie z. B. das für Seeon entstandene KV 34, die wurde.
Dominicus-Messe KV 66 und das Graduale „Sancta Eine Erweiterung erfuhr der Quellenbestand danach
Maria, mater Dei“ KV 273; die letzten beiden sind erst wieder ab 1841, als im Rahmen des Dommusik-
im Musikalienarchiv der Erzabtei St. Peter überlie- verein und Mozarteums die Kirchenmusik in Salzburg
fert. Sehr wahrscheinlich am Salzburger Dom vorhan- neu organisiert wurde. Dass die oben beschriebenen
den waren auch Stimmenabschriften des Regina coeli Mozart-Quellen durchgehend bis ins 20. Jahrhundert
KV 108, der Trinitatis-Messe KV 167 und der Krö- für die Kirchenmusik am Dom benutzt wurden, zeigen
nungsmesse KV 317. Sie müssen heute als verschollen Eintragungen, u. a. jene, mit denen Domkapellmeister
gelten. Hermann Spies nach der Alten Mozart-Ausgabe die
Dass im Augsburger Kontext durchaus noch Quel- Stimmen revidierte (→ A-Sd, A 709) und damit unwis-
lenfunde möglich sind, zeigt der Fall der authenti- sentlich Eintragungen Wolfgang Amadé und Leopold
schen Stimmenabschriften von Mozarts Regina coe- Mozarts unkenntlich machte.
li-Kompositionen KV 127 und KV 276, die im Mai Die Kompositionen Wolfgang Amadé Mozarts ge-
1992 dem Archiv der Erzdiözese zum Kauf angeboten rieten in seiner Heimatstadt und an der Kirche, für
wurden und in der Folge für die Sammlung Dommu- die sie komponiert wurden, niemals in Vergessenheit.
sikarchiv (wieder) erworben werden konnten. 72 Heute sind sie jene Werke, die auf der ganzen Welt als
Abgesehen von den erwähnten Werken Wolfgang Salzburger – oder auch als österreichische – Kirchen-
Amadé Mozarts sind im Dommusikarchiv, Reihe A, musik schlechthin rezipiert werden. Dass sie nur einen
noch eine Stimmenabschrift des Requiems KV 626 kleinen Ausschnitt aus dem Repertoire des Salzburger
(A-Sd, A 1349) vorhanden, die spätestens 1802 nach- Doms darstellen und dass es zahlreiche andere Kompo-
gewiesen werden kann, da sie auf einer von Felix Hof- nisten gab, die im Zusammenhang mit der Salzburger
stätter geschriebenen und von Luigi Gatti korrigier- Musikgeschichte und Kirchenmusik wirkten, sollte
ten datierten Liste mit kirchenmusikalischen Werken dennoch nicht in Vergessenheit geraten.
Mozarts verzeichnet ist, die sich in den sogenannten
Nissen-Collectaneen der Stiftung Mozarteum73 gefun-
den hat74 und die auf der Rückseite mit „15. März
1802“ datiert ist. Diese Stimmenabschrift erfolgte be-
reits nach der im Juni 1800 bei Breitkopf & Härtel
erschienenen Erstausgabe der Partitur und dürfte für
eine der frühen Requiem-Aufführungen in Salzburg
entstanden sein, an denen die Hofmusikkapelle – zwi-
schen 14. November 1801, der ersten Aufführung in
der Stiftskirche St. Peter und 1806, als das Requi-

72 Hintermaier, Ernst: „Zwei authentische Stimmenabschrif-


ten von Mozarts ‚Regina coeli‘-Kompositionen KV 127
und 276“, in: Ann-Katrin Zimmermann/Klaus Aringer
(Hrsg.): Mozart im Zentrum. Festschrift für Manfred Her-
mann Schmid zum 60. Geburtstag, Tutzing: Schneider 2010,
S. 111–140.
73 A-Sm, DocNC28c.
74 Christoph Großpietsch nennt diese den Catalogo-Zettel. Vgl. 75 Zu den näheren Umständen der frühen Aufführungen des
Abb. bei Großpietsch: „Mozart aus Gattis Händen?“, Mozart’schen Requiems vgl. Neumayr/Laubhold: „Quellen
S. 315. zur Rezeption des Requiems“, passim.

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