Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Aufmerksamkeit der Sprachwissenschaftler auf sich gezogen und ist mit den unterschiedlichen
Fragestellungen, methodischen Vorgehensweisen und theoretischen Konzepten untersucht worden. Der
jährliche Anstieg der ohnehin nur noch schwer überschaubaren Fülle sprachwissenschaftlicher Literatur,
die sich mit diesem Phänomen beschäftigt, ist ein Indiz dafür, dass das Thema „Passiv“ noch nicht
erschöpft und die Diskussion um eine adäquate Beschreibung seiner syntaktischen, semantischen und
funktionalen Eigenschaften keineswegs abgeschlossen ist. Darüber hinaus werden mit dem Terminus
„Passiv“ unterschiedliche Strukturtypen in einer Vielzahl von Sprachen bezeichnet, die im Hinblick auf
Wortstellung, Kasusmarkierung, Verbmorphologie einschließlich der Verwendung von Hilfsverben, den
oberflächenstrukturellen Status der Agensphrase und des grammatischen Subjekts sowie hinsichtlich
der jeweiligen Restriktionen in Bezug auf Tempus, Aspekt, Modus, Transitivität und Verbklasse, der
Auftretenshäufigkeit und der pragmatischen Funktionen erhebliche Differenzen aufweisen. Während in
den traditionellen Grammatiken des Deutschen neben der syntaktischen Beschreibung auch die Frage
nach der Bedeutung und Funktion von Passivkonstruktionen aufgeworfen wurde, hat sich die
strukturalistische und die generativ-transformationelle Sprachwissenschaft weitgehend auf die
Untersuchung der syntaktischen Charakteristika des Passivs sowie der formalen Beziehung zwischen
Aktiv- und Passivsätzen beschränkt. Erst als sich Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre in der
Sprachwissenschaft die Einsicht durchzusetzen begann, dass durch die fast ausschließliche
Untersuchung des Sprachsystems wesentliche Eigenschaften von Sprache, wie beispielsweise ihr sozialer
Charakter, ihre Einbindung in Kommunikationssituationen, ihre Zweckgebundenheit und ihre
Zielgerichtetheit, unberücksichtigt geblieben waren, hat sich das Forschungsinteresse auf die
funktionalen und textuellen Eigenschaften des Passivs gerichtet. Trotz Differenzen hinsichtlich des
Analyseinstrumentariums und der Auswahl der Textkorpora zeichnen sich text- und fachtextlinguistische
Arbeiten zum Passiv 67 dadurch aus, dass sie versuchen, aus einer satzgrenzenüberschreitenden
Sichtweise heraus das Auftreten von Passivsätzen in konkreten Texten zu erklären. In meiner
Dissertation beschränke ich mich auf dieUntersuchung des Passivs und seiner konkurrierenden
grammatischen Konstruktionen in juristischen Texten zum Umweltrecht. Wer sich als Leser mit
juristischen Fachtexten auseinandergesetzt hat, wird auf ihren besonderen sprachlichen Charakter
aufmerksam geworden sein. Dabei sind sich aber nur wenige darüber im klaren, worin der Unterschied
gegenüber nicht-fachsprachlichen Texten besteht. Der sogenannte Fachstil lässt sich zwar nicht so leicht
abgrenzen, aber es gibt immerhin syntaktische Strukturen, die in Fachtexten besonders beliebt sind.
Diese Strukturen werden bewusst gewählt, immer wieder verwendet und werden dadurch zu
Charakteristika des Fachstils. Beispiele dieser Charakteristika ist eine hohe Frequenz der
Passivkonstruktionen und seiner Konkurrenzformen.
Auch die intransitiven Verben (Verben, die kein Akkusativ - Objekt bei sich haben) stehen in dieser
Form:
Das Agens, also der Träger, der Urheber oder die Ursache des Geschehens bilden hier den
Ausgangspunkt. Der Sachverhalt wird sonach „täter“- oder „agensbezogen“ wiedergegeben.
Demgegenüber drückt die Passivform des Verbs eine Handlung aus, bei 45 der nicht das Agens das
grammatische Subjekt ist, sondern ein anderes Satzglied:
Das Agens steht in diesem Fall nicht im Mittelpunkt. Es muss sogar nicht genannt werden. Der
Sachverhalt wird hier also „nicht agensbezogen“ wiedergegeben.
Die Bestimmung des Passivs als Leideform im Deutschen war bei den älteren Sprachforschern noch
bis in die 20er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts üblich. Dieser Terminus wurde von dem Begriff
„pathos“ für das griechische und „passio“ für das lateinische Passiv ins Deutsche übertragen. Die
Gegenüberstellung der Aktiv- und Passivdiathesen geht auf die Kategorienlehre von Aristoteles zurück,
nach der die Kategorien „wirken“ und „leiden“ zu nennen sind. Die Interpretation erklärt sich auch im
wesentlichen aus der Gegenüberstellung von Paradigmen wie:
(8) Er ruft.
Das Verstehen von Passiv als Leideform erscheint heute längst überholt. Mit Recht hat Ammann
(1961,96) festgestellt, dass fast in allen Untersuchungen das Passiv nicht als Leideform verstanden wird.
Das Passiv hätte nichts mit „leiden“ zu tun. Die Übersetzung von Aktiv und Passiv mit „Tatform“ und
„Leideform“ kann zu vielen falschen Assoziationen führen. Ein Argument dafür ist, dass ein transitives
Verb mit „positiver“ lexikalischer Bedeutung in Passivform angeführt werden kann, z. B.:
(11) Die Frau wurde von ihrem Mann mit Blumen beschenkt.
Auch im Aktivsatz kann das Subjekt gegebenenfalls vom Sinne her ein Patiens sein ,z.B.:
Für eine klare Bestimmung des Sinngehaltes des Passivs kann also die Umschreibung „Leideform“
nicht gelten. Anders hingegen, wenn man ein ganz weitgefasstes Verständnis des Wortes „Leiden“ zu
Grunde legt, und Leiden mit der Bestimmung „Objekt einer Handlung sein“ gleichsetzt, dann spricht
man vom Passiv als Ausdruck des Betroffenwerdens einer Person oder Sache, von der Handlung eines
Trägers oder von einer am Patiens sich vollziehenden Tätigkeit des Agens Diese Kennzeichnung passt
aber für das unpersönliche Passiv nicht.
Demgegenüber wird die Präposition durch in der Regel dann angewendet, wenn das Agens als die
Ursache oder Mittel bezeichnet wird:
Wo die Präposition durch nur das Mittel der Handlung ist, kann anstelle von durch auch die
Präposition mit auftreten:
In einigen Fällen kann ein Agens oder eine Ursache durch weitere Präpositionen angeschlossen
werden, z.B. bei, aus, zwischen, seitens, usw. :
(20) Dieser Aspekt wird bei Kant besonders hervorgehoben.
Bei den Konkurrenzformen des Passivs dominiert die das Mittel bzw. die Ursache bezeichnende
Angabe durch. Im Gegensatz zum Gebrauch der Präpositionen beim eigentlichen Passiv kommt die den
Urheber kennzeichnende Präposition von bei diesen passivischen Ausdrücken faktisch nicht vor. Der
Verzicht auf die Agensangabe bei Konkurrenzformen des Passivs ist auch viel häufiger als bei
Passivkonstruktionen.
Versus: Die Qualität der Ware wird von dem Kontrolleur geprüft.
Diese Intention kann noch dadurch verstärkt werden, dass die Agensangabe als Rhema durch
Ausklammerung (Endstellung) gekennzeichnet wird:
Insgesamt bleibt festzustellen, dass die Thema -Rhema -Struktur sowohl für die Betonung eines
Satzgliedes als auch für den logischen Satzbau sehr wichtig ist, und zwar besonders auch in
Textzusammenhängen.
Das sein -Passiv bezeichnet im Gegensatz dazu einen Zustand als Ergebnis eines Vorgangs.
Entsprechend bezeichnet man das sein -Passiv als Zustandspassiv.
Diese Differenz von Vorgangs- und Zustandspassiv hat bei der Untersuchung der Passivsynonyme
unmittelbare Bedeutung. Finite Passivsynonyme sind fast ausschließlich die Varianten des
Vorgangspassivs. Ob es sich bei einer Fügung um ein Passivsynonym handelt, ist deshalb auf dem Wege
der werden- Paraphrasierung zu ermitteln und nachzuweisen, z.B.:
(31) Die Mutt3. Quasi-reflexive Verben mit inaktivischer bzw. medialer Bedeutung (Das Kleid wäscht
sich gut; Die Situation verbesserte sich schneller.) 4. Wortbildungselemente mit passivischer Semantik
(z.B. –bar in tragbar, lösbar u.dgl.). Der bis jetzt angeführte Überblick über die Konstruktionen des Passiv
-Feldes deutet an, dass es sehr kompliziert ist, eine einheitliche Beschreibung der Einheiten mit
passivischer Bedeutung im Deutschen zu finden.er lobt die Tochter.
Mit Recht weist Schoenthal (1976,93) daraufhin, dass bei Passivbildung es sich im Grunde
genommen um die Verben handelt, die in die Gruppe der „Handlungsverben“ oder „Tätigkeitsverben“
einzuordnen sind. Daraus folgt, dass das Vorgangspassiv als die prototypische Form des Passivs
betrachtet werden soll, indem das Zustandspassiv als die nachgeordnete Form des Passivs einzuordnen
ist. Man soll auch die Tatsache berücksichtigen, dass ein Zustandspassiv von den Verben gebildet
werden kann, die ein Vorgangspassiv bilden, während nicht alle Verben mit Vorgangspassiv die Bildung
des Zustandspassivs erlauben. Daraus folgt, dass zur Bildung der Passivsynonyme sich auch die Verben
eignen, die kein Zustandspassiv bilden. Ausgeschlossen bleiben nur die Verben, die grundsätzlich nicht
passivfähig sind.
1. Konkurrenzformen des Passivs ohne Modalfaktor: bekommen/ erhalten/ kriegen + Partizip II,
bekommen/ erfahren/ erhalten/ finden/ gehen/ gelangen/ kommen u. a. + Nomen actionis, einige
reflexive Formen, Aktivformen mit reduzierter Valenz,.
2. Konkurrenzformen des Passivs mit Modalfaktor: sein + zu + Infinitiv, sein + Adjektiv (auf -bar, -lich
, -fähig), es gibt + zu + Infinitiv, bleiben + zu + Infinitiv, u. a.
Der Duden (1998: 180ff) vertritt im Grunde die gleiche Auffassung wie Helbig, Buscha,
unterscheidet sich jedoch in einer Hinsicht: die Synonyme des Passivs werden nicht als
Konkurrenzformen des Passivs schlechthin, sondern als Konkurrenzformen des Vorgangspassivs
bezeichnet.
Diese Feststellung scheint mir adäquat zu sein, denn nur das Vorgangspassiv, nicht jedoch
Man muss darauf hinweisen, dass sowohl den Passivformen als auch den Passivsynonymen der
Bedeutungsmerkmal der „Nichtagensbezogenheit“ gemeinsam ist. Helbig, Buscha (1980, 154) ordnen
die unbestimmt-persönliche Konstruktion mit „man“ den Passivsynonymen zu:
1. Strukturen, die syntaktisch und semantisch als Varianten des werden-Passivs verstanden werden
können, z. B. die Konstruktion bekommen + Partizip II, sein + zu + Infinitiv, lassen + sich + Infinitiv, u.a.;
2. Strukturen, die in einer dem Passiv in gewissem Maß vergleichbaren syntaktischen Opposition
zum Aktiv stehen, die doch vom werden- und sein-Passiv streng zu unterscheiden sind, z. B.
Reflexivkonstruktionen mit nicht-agentivem Subjekt(36), Konstruktionen mit reduzierter Valenz (37) :
Brinker erwähnt auch isolierte Konstruktionen, die sich weder dem Aktiv noch dem Passiv zuordnen
lassen ,z. B. Geschehensverben, die nur in der dritten Person mit nicht-agentiven Subjekten auftreten
können (z. B. geschehen, gelingen, misslingen, eintreten) oder die sog. Impersonalien (z. B.
Witterungsimpersonalien, z. B.: Es regnet, Es blitzt). Eroms unterscheidet grammatikalisierte,
syntaktische Konversen (Verbindungen verbaler Partizipien mit Hilfsverben) und weitere Konversen, die
bis zum gewissen Grade ähnliche oder analoge Leistungen wie Passivformen erbringen. Nach Auffassung
von Zifonun, Hoffmann und Strecker ist das werden-Passiv als zentrale Passivkonstruktion einzuordnen.
Sein- und bekommen-Passiv sind weniger zentrale Passivkonstruktionen. Die drei Passivkonstruktionen
werden auch als Vorgangs-, Zustands- und Rezipienten-Passiv bezeichnet. Daneben werden alle anderen
Konstruktionen nicht mehr zum Passiv gezählt, sondern sie werden als sogenannte grammatische
Konversen bezeichnet. Die oben erwähnten Forscher unterscheiden folgende grammatische Konversen:
die modale Partizipialkonverse mit gehören (38), die modale Infinitivkonverse mit sein (39), die
Zustandsformen mit Partizip II (40) und die Reflexivkonversen mit (41) und ohne lassen (42):
Mehrere Grammatikforscher, die sich mit „Aktivität“ und „Passivität“ befassen, bevorzugen die
Konzeption der funktional-semantischen bzw. grammatisch-semantischen Felder .Diese Theorie basiert
auf der Gegenüberstellung von Kern und Peripherie eines funktional-semantischen bzw. grammatisch-
semantischen (grammatisch-lexikalischen) Feldes. Den Kern bildet eine morphologische Kategorie, zu
der Peripherie des Feldes werden andere syntaktische Konstruktionen, bzw. lexikalische Einheiten
gezählt. Nach dieser Konzeption kann man in der Struktur des Genus- Feldes zwei Gruppen
unterscheiden: Aktiv und Passiv. Den Kern des Passiv- Feldes bildet die morphologische Passivform
werden + Partizip II. Der Peripherie werden andere syntaktische und lexikalische Einheiten zugeordnet.
Bei Kotin (1998, 24) wird die Struktur des Genus-Feldes folgendermaßen dargestellt:
Kern
1. morphologische Aktivform
Peripherie
1. Fügung sein + Partizip II mit inaktiver ,z. T. medialer Bedeutung (Das Tor ist geöffnet.)
a) haben ... zu + Inf. (Ich habe die Aufgabe zu lösen) vs. sein + zu + Inf. (Die Aufgabe ist zu lösen);
b) Aktivische und passivische erweiterte Attribute mit Partizip I bzw. Partizip II (Der prüfende
Professor vs. Der geprüfte Student);
c) Fügung sich + lassen + Inf. mit inaktiver Bedeutung (Diese Aufgabe lässt sich leicht lösen);
d) Fügungen glauben ... zu + Inf. (aktivische Bedeutung) (Er glaubt ihn zu kennen) vs. scheinen ... zu
+ Inf. (passivische Bedeutung) (Er scheint alles vergessen zu haben);
e) Sonstige syntaktische Fügungen mit inaktiver Semantik: bleiben + PP (Das Geschäft bleibt heute
geschlossen); gehören + PP (Dieser Agitator gehört eingesperrt); bekommen + PP (Ich habe es geschenkt
bekommen).
3. Quasi-reflexive Verben mit inaktivischer bzw. medialer Bedeutung (Das Kleid wäscht sich gut; Die
Situation verbesserte sich schneller.)
Der bis jetzt angeführte Überblick über die Konstruktionen des Passiv -Feldes deutet an, dass es sehr
kompliziert ist, eine einheitliche Beschreibung der Einheiten mit passivischer Bedeutung im Deutschen
zu finden.