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Ziel des vorliegenden Werkes ist es, die Grundlagen für eine explikativ-
definitionale Theorie der Wahrheit zu erarbeiten. Zu diesen Grundlagen
gehört insbesondere die Klärung der Begriffe „Explikation" und „Defini-
tion". Wie sich zeigen wird, ist diese Aufgabe eines der zentralen Desiderata
der Theorie der Wahrheit. Der hier zu unternehmende Versuch einer Klärung
wird zur Einführung und Charakterisierung des Begriffs bzw. des Verfahrens
der rational-systematischen Rekonstruktion führen. Doch zunächst muß auf das
Problem und auf die heutige Diskussionslage eingegangen werden.
Als Ausgangspunkt für die Erörterungen dieses Kapitels bietet sich ein
berühmt gewordenes Problem an, das unter dem Titel „Paradox der Analyse"
von C. H. Langford im Jahre 1942 so formuliert wurde:
„Let us call what is to be analyzed the analysandum, and let us call that
which does the analyzing the analysans. The analysis then states an appro-
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64 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
Beispiele der Form (2), also der Form a = a und a = b, werden normaler-
weise nicht unter dem hier interessierenden Gesichtspunkt, sondern eher im
Hinblick auf die Probleme, die das mit der Identität erlaubte Verfahren der
Substitutivität aufwirft, behandelt. Dieses Problem ist heute bekannt unter
dem Titel „Freges Rätsel". 2 Mit Recht weist A. Churcb allerdings darauf
hin, daß es sich hier nicht nur um eine Analogie handelt; vielmehr ist das
„Paradox der Analyse" als ein spezieller Fall des Fregeschen Rätsels zu
sehen; denn Freges Rätsel entsteht aus dem Umstand, daß a = b ein infor-
mativer Satz ist, in dem, wenn er wahr ist, ,b' durch ,a' ersetzt werden kann,
woraus sich zu ergeben scheint, daß a = a und a = b dieselbe „Bedeutung"
haben. Freges Lösung des Rätsels bestand in der Einführung der Unter-
scheidung zwischen „Sinn" und „Bedeutung": a = a und a = b haben nicht
denselben Sinn, wohl aber dieselbe Bedeutung (das Wort .Bedeutung' hier
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2.1 Was ist eine explikativ-definitionale Theorie? 65
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66 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
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2.1 Was ist eine explikativ-definitionale Theorie? 67
[1] Als erstes erweist es sich als zwingend, die fraglichen Ausdrücke solange
zu vermeiden, bis sie als einigermaßen geklärt gelten können. Zu diesem
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68 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
Zweck sei eine neue Terminologie eingeführt. Teile dieser Terminologie und
einige damit verbundene Grundeinsichten und -thesen werden von jener
semantischen Richtung übernommen, die oft Theorie der direkten Referenz
genannt und mit den Namen D. Kaplan, S. Kripke, S. Soames, N. Salmon,
Η. Weitstein u. a. verknüpft wird. Doch muß gleich betont werden, daß
andere Thesen, die für diese Richtung zentral und unaufgebbar sind, in
dieser Arbeit explizit abgelehnt werden. Dazu gehört vor allem eine der
Hauptthesen dieser Richtung, nämlich die These von der direkten Referentia-
lität der Namen (singulären Terme) und der indexikalischen Ausdrücke,
insofern unter .direkter Referentialität' insbesondere der nicht-deskriptive
(oder nicht-begriffliche) semantische Status dieser Ausdrücke verstanden wird. 6
Hier wird im Sinne der gemachten Einschränkung insbesondere an
N. Salmon und S. Soames angeknüpft.
Der semantische Grundbegriff lautet: „semantischer Wert". Damit ist jenes
X gemeint, auf welches ein Sprachzeichen abgebildet wird, wenn das sprach-
liche Zeichen „verstanden" oder in „signifikanter Weise" verwendet wird;
anders gesagt: die minimale Bedingung, die erfüllt sein muß, damit von
einer „semantischen Tätigkeit" oder von einem „semantischen Phänomen"
u. dgl. gesprochen werden kann, ist, daß mit dem verwendeten Ausdruck
ein „semantischer Wert" verknüpft wird bzw. gegeben ist. Damit sind noch
(fast) alle semantisch-theoretischen Wege offen.
Eine zentrale These der hier zu vertretenden semantischen Konzeption
betrifft eine fundamentale Unterscheidung zwischen zwei unverzichtbaren
Arten des semantischen Wertes sprachlicher Ausdrücke: die erste Art kann
man den semantisch-informationalen Wert, die zweite den semantisch-funktionalen
Wert nennen. Die Begriffe „Information" und „Funktion" (im strengen
mathematisch-philosophischen Sinne, wie zu zeigen sein wird) sind für die
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2.1 Was ist eine explikativ-definitionak Theorie? 69
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70 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
Schaft (im Falle eines 1-stelligen Prädikats) und die n-stellige Relation (im
Falle des n-stelligen Prädikats). Nach der Theorie der direkten Referenz ist
der semantische Informationswert des singulären Terms einfach der Referent
des Terms. Ein logisches Satzkonnektiv (Junktor) wird in Analogie zum
Prädikatsmodell erklärt: der semantisch-informationale Wert eines Konnek-
tivs ist ein Attribut, nicht aber ein Attribut eines Individuums (wie „Sokra-
tes"), sondern das Attribut eines (des zentralen) Informationsgehalts, nämlich
der Proposition. Beispielsweise ist der Informationswert des Konnektivs
„dann und nur dann, wenn" mit der binären Äquivalenzrelation zwischen
Propositionen identisch, die denselben Wahrheitswert besitzen. Der Infor-
mationswert eines (objektual verstandenen) Quantors in einer Sprache erster
Stufe kann mit einer Eigenschaft von Eigenschaften von Individuen iden-
tifiziert werden; der Allquantor „alle" wäre demnach die Eigenschaft (zweiter
Stufe) „eine universale Eigenschaft (erster Stufe)", d. h. die Eigenschaft
„eine von allen (im Bereich des Quantors situierten) Individuen besessene
Eigenschaft". Entsprechendes ist von den anderen Operatoren bzw. den
anderen Ausdrücken der Sprache zu sagen.
[2] Wollte man die Semantizität der Sprache, also den semantischen Wert
sprachlicher Ausdrücke, nur auf den Informationswert (im erläuterten Sinne)
reduzieren, so würde man der Sprache, wie sie real vorhanden ist und
gehandhabt wird, nicht gerecht. Die „reale" Sprache enthält semantische
Werte, die mit den Informationswerten nicht identifiziert werden können.
Diese Behauptung läßt sich leicht erhärten. „Konkrete" sprachliche Aus-
drücke werden, zumindest oft, indexikalisch verwendet und sie kommen
prinzipiell immer in bestimmten Kontexten der Äußerung vor. Nur eine
abstrakte (sozusagen völlig objektivierte oder, um einen Ausdruck Quines
zu gebrauchen, „eternalisierte") Sprache ist kontext- und indikatorenfrei.
Werden nun sprachliche Ausdrücke kontextuell (und indexikalisch) verwen-
det, so ist nicht (immer) klar bzw. gegeben, welchen semantisch-informatio-
nalen Wert sie haben.
Zu dieser ersten Feststellung kommt eine ^weite, nicht minder wichtige
hinzu: Es ist ein Faktum, daß auch ohne eindeutige Zuordnung semantisch-
informationaler Werte zu sprachlichen Ausdrücken, diese (doch) verstanden
werden (können). Und was verstanden wird (werden kann) hat gemäß den
oben getroffenen Feststellungen und Festlegungen einen semantischen Wert.
Dieser kann also im hier besprochenen Fall nicht einfach der semantisch-
informationale Wert sein. Man muß einen anderen semantischen Wert aner-
kennen und herausarbeiten. Ein Beispiel mag diese Zusammenhänge illu-
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2.1 Was ist eine explikativ-definitionale Theorie? 71
strieren. Wenn der Satz ,Ich sitze am Computer' geäußert wird, so daß ein
Hörer des Satzes die mit ,Ich' gemeinte Person nicht identifizieren kann, so
„versteht" der Hörer dennoch den Satz, genauer und vorsichtiger formuliert:
der genannte Umstand schließt nicht aus, daß im Hörer ein (gewisses)
Verständnis des Satzes vorhanden ist. Der Hörer — von dem vorausgesetzt
sei, daß er des Deutschen mächtig ist, — weiß nämlich mit dem Satz vieles
anzufangen: er kann bestätigen, daß der Satz grammatikalisch korrekt ist;
er kann annehmen, daß entsprechend den Regeln und der Semantik der
deutschen Sprache der Satz von einer Person geäußert wurde; er kann mit
dem Satz bestimmte Schlüsse formulieren usw. Das alles zeigt, daß der Satz
einen semantischen Wert hat, obwohl der semantisch-informationale Wert
nicht eindeutig (bzw. nicht bekannt bzw. nicht gegeben) ist. Wie ist dieser
andere semantische Wert zu bestimmen?
Hier muß der Umstand beachtet werden, daß zwar auch ein anderer
semantischer Wert als der semantisch-informationale anzuerkennen ist, daß
er aber auf den letzten, den semantisch-informationalen, „hingeordnet" ist,
und zwar in dem genauen Sinne, daß er ihn voraussetzt, um sich selbst zu
bestimmen. Daraus folgt, daß der semantisch-informationale Wert der fun-
damentalere) ist. Der neue Wert kann sich nämlich nur funktional im Hinblick
auf den fundamentalen semantischen Wert definieren. In der Tat wird er aus
diesem Grunde am besten semantisch-funktionaler Wert genannt. Man könnte
ihn auch als den linguistischen Wert sprachlicher Ausdrücke bezeichnen. Und
man kann hinzufügen, daß dieser semantische Wert im allgemeinen oder
hauptsächlich gemeint ist, wenn gewöhnlich von .Bedeutung' die Rede ist.
Dieser zweite semantische Wert ist genauer als eine Funktion zu charak-
terisieren, die für jeden (möglichen) Kontext k (der Äußerung) eines Ausdrucks
den semantisch-informationalen Wert bestimmt, der dem Ausdruck in k zugeordnet
wird. Oder anders: der semantisch-funktionale Wert ist eine Funktion von
Kontexten k (der Äußerung) sprachlicher Ausdrücke in semantisch-infor-
mationale Werte, die diesen Ausdrücken in k zugeordnet werden. Das oben
angeführte Beispiel ,Ich sitze am Computer' läßt sich jetzt so deuten: dieser
Satz hat einen semantisch-funktionalen Wert im Sinne einer Funktion, die
dem Ausdruck ,Ich' im Kontext k einen semantisch-informationalen Wert
zuordnet, etwa das Individuum L. B. P., und entsprechend für das Prädikat
,sitze am Computer' ebenfalls einen bestimmten semantisch-informationalen
Wert festlegt, nämlich das auf das genannte Individuum „zutreffende" At-
tribut, das mit dem Prädikat,...sitze am Computer' assoziiert ist.
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72 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
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2.1 Was ist eine explikativ-definitionale Theotie? 73
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74 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
tischer Wert' [= Extension]) werden hier zum ersten Mal eingeführt. Aber
der hier zu entwickelnde Ansatz unterscheidet sich grundlegend von der
Konzeption, deren Einzelaspekte von den in diesem Abschnitt genannten
Autoren allmählich ausgearbeitet wird, hinsichtlich der näheren Bestimmung
der Proposition, der Intension und damit des Wahrheitswertes. Dies ausführlich
zu zeigen, wird die Aufgabe und der Inhalt des Kapitels 3 sein. Für die
Zielsetzung des vorliegenden Kapitels dürfte die kurze Beschreibung des
allgemeinen semantischen Grundrahmens ausreichend sein.
Zur allgemeinen Orientierung sei der entscheidende Unterschied kurz
charakterisiert. Die oben genannten Verfechter der Theorie der direkten Refe-
renz vertreten eine kompositional orientierte Semantik, d. h. eine Semantik,
die sich vom Kompositionalitätsprin^ip leiten läßt. Dieses Prinzip besagt, daß
der semantische (informationale) Wert eines komplexen sprachlichen Aus-
drucks (besonders des Satzes) vom semantischen (informationalen) Wert der
einzelnen Komponenten des Ausdrucks (besonders des Satzes) funktional
abhängig ist. Der semantische Wert des Satzes baut sich demnach aus den
semantischen Werten der einzelnen Satzkomponenten auf. Damit ist vor-
ausgesetzt, daß der semantische Wert der einzelnen Komponenten des Satzes
gegenüber dem semantischen Wert des Satzes primär ist. Dieses Prinzip
beherrscht fast die ganze semantische Tradition seit Frege. Dem Komposi-
tionalitätsprinzip diametral entgegengesetzt ist das Kontextprinqip, das Frege
(allerdings nur in den Grundlagen der Arithmetik) folgendermaßen formuliert
hat:
„Nur im Zusammenhange eines Satzes bedeuten die Wörter etwas."15
Aber gerade dieses Kontextprinzip, und zwar gemäß einer starken Version,
bildet den semantisch-ontologischen Grundansatz für die in diesem Buch zu
entwickelnde Konzeption. Mit dem Kontextprinzip befaßt sich der ganze
Abschnitt 3.3.
Ungeachtet des Umstands, daß nur einige zentrale Aspekte eines semanti-
schen Grundrahmens skizziert werden konnten, dürfte es doch möglich sein,
einige fundamentale begrifflich-prozedurale und begrifflich-sachliche Fragen
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2.1 Was ist eine explikativ-definitionale Theorie? 75
16
Hier wird der Ausdruck .Bedeutung' in einem umfassenderen Sinne gebraucht als
oben im Haupttext, wo die Bemerkung gemacht wurde, daß unter .Bedeutung'
gewöhnlich der funktional-linguistische semantische Wert eines Ausdrucks ver-
standen wird.
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76 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
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2.1 Was ist eine explikativ-definitionaU Theorie? 77
[1] Die eine extreme Position minimalisiert oder ignoriert gar die Seite der
Sprache. Analyse/Explikation/Definition (im folgenden abgekürzt als: A/E/
D) wird als eine Operation oder als ein Zusammenhang ausschließlich
zwischen „Begriffen" verstanden, wobei „Begriff" irgendwie als etwas Ob-
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78 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
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2.1 Was ist eine explikativ-definitionale Theorie? 79
Diese Feststellung wird, wie sich zeigen wird, eine zentrale Rolle in der hier
zu entwickelnden Konzeption spielen.
Quine merkt an, daß das „Paradox der Analyse" deswegen entstehen konnte,
weil man den obskuren Begriff der Synonymität in das Verfahren der Analyse
hineinbrachte. Tut man das nicht, so taucht ein solches Paradox Quine
zufolge gar nicht auf.
Was vernünftigerweise unter „Analyse"/„Explikation" positiv verstanden
werden kann bzw. muß, wird von Quine in einigen wenigen markanten
Sätzen formuliert:
20 Quine [1960] bes. § 53. Zum folgenden vgl. auch Quine [1953] S. 24 £f.
21 Quine [I960] S. 445 f.
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80 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
22 A. a. O. S. 448.
23 A. a. O. S. 450.
24 A. a. O. S. 444.
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2.1 Was ist eine explikativ-definitionale Theorie? 81
25 Es muß allerdings angefügt werden, daß Quine die Rolle der Definition im Rahmen
formaler Systeme anders charakterisiert. Vgl. dazu bes. Quine [1953] S. 26 f.
26 Fumerton [1983] konstatiert richtig, daß es aufs Ganze gesehen zwei Typen von
philosophischer Analyse gibt (bzw. gegeben hat): „Bedeutungsanalyse" (linguisti-
sche Analyse) und „ontologische Analyse" (a. a. O. S. 182). Er selbst will unter
.Analyse' nur den ersten Typus verstehen, allerdings kommt er selbst zu folgendem
Ergebnis:
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82 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
that), a state which if complex should be broken down in thought into its ultimate
categorical constituents (ontological analysis)" (a. a. O. S. 491).
Diese Ausführungen decken sich — global gesehen — weitgehend mit einigen im
Haupttext dargelegten Thesen. Allerdings trägt Fumerton der herauszuarbeitenden
Differenz von Sprachebenen und den damit gegebenen Problemen und Aufgaben
nicht (genug) Rechnung. Seine Charakterisierung der philosophischen Analyse
lautet:
discovering a correct analysis is essentially becoming explicitly conscious of a
different-level meaning rule" (S. 491).
Fumerton unterscheidet zwischen zwei Typen von Bedeutungsregeln: „same-level
and different-level meaning rules". Der erste Regeltypus regelt das Verhältnis von
sprachlichen zu sprachlichen Ausdrücken, der zweite regelt das Verhältnis der
Sprache zu nicht-sprachlichen Entitäten. Es ist klar, daß diese Charakterisierung
dem Umstand nicht Rechnung trägt, daß die Analyse einen Unterschied zwischen
Sprachebenen voraussetzt.
27 Vgl. bes. 3.6.3.
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2.1 Was ist eine explikativ-definitionale Theorie? 83
Ausdrucks durch einen anderen. A/E/D wird als ein solcher rein sprachlicher
Vorgang aufgefaßt. Auf die unüberwindlichen Probleme, denen eine solche
Konzeption begegnet, ist schon mehrmals hingewiesen worden. Kurz gesagt:
diese Konzeption verstößt gegen die nicht aufgebbare These von der un-
zertrennlichen Einheit von Sprache und semantischem Wert.
Die %weite Konzeption erklärt Am/As bzw. Em/Es bzw. Dm/Ds als jeweils
zwei verschiedene sprachliche Ausdrücke, denen jeweils zwei von einander
völlig verschiedene semantische Werte (nicht-linguistische Entitäten) zuge-
ordnet werden. Also: der semantische Wert des Am (bzw. Em bzw. Dm)
und der semantische Wert des As (bzw. Es bzw. Ds) sind (völlig) verschieden;
„Analyse" („Explikation"...) wird als ein „Über-gang" von einer Sprach-
ebene-mit-ihrem-spezifischen-semantischen-Wert zu einer ganz anderen
Sprachebene-mit-ihrem-spezifischen-seman tischen-Wert aufgefaßt. Der
Über-gang wird genauer als „Ablösungsvorgang" verstanden. Gegen eine
solche Konzeption spricht vor allem der Umstand, daß sie dem intuitiven
Verständnis von A/E/D nicht gerecht wird.
Wenn man daran festhält, daß A/E/D eine Prozedur ist, die linguistische-
nichtlinguistische komplexe Entitäten betrifft, so könnte der Gedanke auf-
kommen, daß sie als eine Art „Transformation" des einen Komplexes in den
(oder einen) anderen Komplex zu erklären ist. Auf der rein sprachlichen
Seite könnte man vielleicht mit dem Gedanken der „Transformation" etwas
anfangen. Aber wie wäre „Transformation" auf der nichtlinguistischen Seite
des betreffenden Komplexes zu konzipieren? Was hieße es, daß eine nicht-
linguistische Entität sich in eine andere nichtlinguistische Entität „transfor-
miert"? Dieser Gedanke scheint nicht nachvollziehbar zu sein.
Nachdem mehrere Möglichkeiten der Erklärung jenes durch A/E/D an-
gezeigten „Verhältnisses" sich als nicht akzeptabel herausgestellt haben, ist
zu fragen, ob überhaupt noch eine Erklärungsmöglichkeit besteht. Die Frage
ist zu bejahen.
[3] Alle Schwierigkeiten und Probleme, die bis jetzt dargestellt und erörtert
wurden, scheinen eine gemeinsame Wurzel zu haben, die Voraussetzung
nämlich, daß es sich bei den mit einem semantischen Status versehenen
sprachlichen Ausdrücken Am/Em/Dm um wohlbestimmte linguistische-nicht-
linguistische Entitäten handelt. D. h.: es wird wie selbstverständlich ange-
nommen, daß Am/Em/Dm Ausdrücke/Entitäten sind, denen mit Eindeutig-
keit Relationen zugeschrieben und/oder mit denen logische Operationen
vorgenommen werden können, die (sofort) semantisch interpretiert werden
(„dieselbe Bedeutung", „semantisch äquivalent", „synonym"). Solche mit so
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84 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
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2.1 Was ist eine explikativ-definitionale Theorie? 85
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86 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
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2.1 Was ist eine explikatw-definitionale Theorie? 87
haupt aufkommen kann, wenn eine andere Sprachebene schon, wenn nicht
verfügbar, so doch zumindest anvisierbar ist. Das „Bedürfnis" bzw. das
Problem der A/E/D ist in dieser Hinsicht nichts anderes als die Anzeige des
Umstands, daß das Sprachganze nicht auf das eingeschränkt wird, was oben
(eine) Sprachebene genannt wurde.
[5] Wie ist die Bestimmungsrelation zwischen sprachlichen, mit einem se-
mantischen Status versehenen Ausdrücken, die zu zwei verschiedenen
Sprachebenen gehören, näher zu bestimmen? Man könnte zunächst versu-
chen, eines von %wei bekannten Verfahren für diesen Zweck in Anspruch zu
nehmen.
(i) Das erste Verfahren besteht in der Einführung metasprachlicher Namen
für semantisch qualifizierte Ausdrücke der Objektsprache. Als Illustration
sei auf Tarskis „allgemeines Schema" (der Wahrheit) hingewiesen:
(Τ) χ ist eine wahre Aussage dann und nur dann, wenn p.28
Dieses Schema ist so zu verstehen, daß an die Stelle von ,x' der individuelle
Name für einen Satz und an die Stelle von ,p' dieser Satz selbst gesetzt
werden kann. Tarski erwähnt zwei Möglichkeiten, solche Namen zu kon-
struieren. Die erste rekurriert auf Anfuhrungszeichen und das Ergebnis sind
„Anführungsnamen". Ein Beispiel für die Ersetzung von ,x' durch einen so
gebildeten Namen in (T) ist folgender Satz:
(Ta) ,Es schneit' ist eine wahre Aussage dann und nur dann, wenn es schneit.
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88 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
die Metasprache anzusehen, für den ein (an die Stelle von ,x' einsetzbarer)
Anführungsname oder ein deskriptiv-struktureller Name gebildet wurde?
Wenn festgelegt ist, daß die Metasprache die Objektsprache enthält, so ist
die Antwort positiv.30 Es ist aber anzumerken, daß damit nur eine notwen-
dige, noch nicht eine hinreichende Bedingung für die Rede von Übersetzung
semantisch qualifizierter Ausdrücke der Objektsprache in solche der Meta-
sprache genannt wird. Noch weniger ist damit schon gesagt, wie die Über-
setzung genau zu verstehen ist. Aber auch wenn dies gesagt werden könnte,
wäre damit nicht das erreicht, was das Verfahren der A/E/D intendiert; denn
eine „Übersetzung" objekt-sprachlicher Ausdrücke in solche der Metaspra-
che tangiert nicht das Problem der (teilweisen) Unbestimmtheit der ersten;
die im Rahmen dieses Verfahrens gemeinte „Übersetzung" setzt nämlich
schon voraus, daß beide Arten von Ausdrücken semantisch eindeutig be-
stimmt sind.
(ii) Das zweite Verfahren besteht in der Einführung einer Metasprache mit
substitutionellem Quantor und substitutioneilen Variablen.31 Aber auch dieses
Verfahren kann nicht dazu dienen, die Bestimmungsrelation zwischen Am/
As bzw. Em/Es bzw. Dm/Ds zu erklären; denn auch dieses Verfahren setzt
voraus, daß die Substitutionsklasse der Ausdrücke der Objektsprache se-
mantisch eindeutig ist. Man könnte auch sagen: mit dem Problem der
Unbestimmtheit sprachlich-semantischer Ausdrücke befaßt sich dieses Ver-
fahren nicht.
[6] Im folgenden soll versucht werden, die Relation zwischen Am/As bzw.
Em/Es bzw. Dm/Ds auf der Basis des Begriffs der semantiscben Strukturiertbeit
der entsprechenden Ausdrücke zu erklären. Der Ausdruck ,semantische
Strukturiertheit' wird in Ermangelung eines besseren gewählt und soll hier
ausschließlich gemäß folgender Charakterisierung verwendet werden: Die
semantische Strukturiertheit eines Ausdrucks bemißt sich (i) an der Eindeu-
tigkeit des Gegebenseins des semantischen Wertes, (ii) an der Anzahl der
semantischen „Teil-Werte" (Arten von semantischen Werten), (iii) an der
Aufeinanderabgestimmtheit (Kohärender einzelnen semantischen „Teil-Werte".
Alle drei Faktoren lassen Grade zu, da man von einer geringen, größeren
oder totalen Eindeutigkeit, von einer kleineren oder größeren oder voll-
30 Tarski nimmt das an (vgl. seine Formulierung der „Konvention W" in Tarski
[1935] S. 476 f.).
31 Vgl. dazu ζ. B. Kripke [1976].
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2.1 Was ist eine explikativ-definitionak Theorie? 89
ständigen (An)Zahl und von einer schwächeren oder stärkeren oder totalen
Aufeinanderabgestimmtheit (Kohärenz) sprechen kann. Dementsprechend
ist es angebracht, von einer geringen oder größeren (stärkeren) oder totalen
semantischen Strukturiertheit zu sprechen.
Die drei genannten Faktoren dürften für die hier verfolgte Zielsetzung
als ausreichend klar angesehen werden. Dies dürfte insbesondere für den
zweiten und dritten Faktor gelten. Was den ersten Faktor anbelangt, sei eine
kurze Präzisierung angefügt. Als negatives Kriterium für ein nicht total
eindeutiges Gegebensein des semantischen Wertes eines sprachlichen Ausdrucks
kann man den Umstand betrachten, daß hinsichtlich des betreffenden Aus-
drucks vernünftige Fragen wie „Was heißt (der Ausdruck) A?" auftauchen.
Solche Fragen können allerdings in einer bestimmten Hinsicht auch die
beiden anderen Faktoren betreffen.
Die Bestimmungsrelation Β kann jetzt so präzisiert werden: Ein Ausdruck
ei B-bestimmt einen Ausdruck e2 dann und nur dann, wenn ei hinsichtlich
e2 eine stärkere semantische Strukturiertbeit als e2 aufweist. Damit ist auch
möglich, die Begriffe bzw. Verfahren der Analyse/ Explikation/Definition zu
präzisieren. Ein Ausdruck, der als Analysans/Explicans32 verstanden wird,
ist ein solcher, der einen anderen Ausdruck, ein Analysandum/Explicandum,
in dem Sinne bestimmt, daß er hinsichtlich des letzteren eine stärkere seman-
tische Strukturiertheit als letzterer aufweist. Entsprechendes ist von den
Ausdrücken zu sagen, die als Definiendum bzw. Definiens bezeichnet wer-
den.
[7] Man kann jetzt die Frage stellen, ob es sich im Falle der beiden Aus-
drücke Analysandum/Analysans bzw. Explicandum/Explicans und Definien-
dum/Definiens nicht vielleicht doch um eine Identität des semantischen
Wertes handelt. Dazu ist zu sagen, daß die Ausdrücke .Identität', .Äquiva-
lenz' u. ä. völlig ungeeignet sind, um das hier obwaltende Verhältnis zu
charakterisieren. Der semantische Wert des Analysandum bzw. Explicandum
bzw. Definiendum ist keineswegs identisch oder äquivalent mit dem seman-
tischen Wert des Analysans bzw. Explicans bzw. Definiens, wenn man Identität
und Äquivalent im strengen Sinne nimmt. Das Verhältnis ist anders charak-
terisiert. Man kann auch nicht sagen, daß der stärker strukturierte seman-
tische Wert etwa des Explicans aus dem Explicandum sozusagen „heraus-
geschält" wird, was voraussetzen würde, daß er im Explicandum sozusagen
32 Diese beiden Ausdrücke werden als synonyme Ausdrücke genommen, wie sich
aus den weiteren Ausführungen ergeben wird.
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90 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
„verborgen" enthalten war. Solche Bilder sind völlig ungeeignet und daher
irreführend. Was beim „Übergang" etwa vom Explicandum zum Explicans
wirklich geschieht, läßt sich negativ bestimmen, indem man falsche und
inadäquate Vorstellungen abweist. Versucht man, dieses Verhältnis positiv
zu bestimmen, so dürfte es kaum möglich sein, mehr zu sagen, als oben
ausgeführt wurde.
Entgegen der Auffassung Quints wird jetzt auch klar, daß die das Verfahren
bzw. den Begriff der Analyse/Explikation bzw. der Definition charakterisie-
rende B-Relation · keineswegs eine rein verbale Angelegenheit ist — wenn
auch betont werden muß, daß sie dies auch ist.
[8] An dieser Stelle ist ein Hinweis auf das oben dargelegte Paradox der
Analyse am Platz. Man betrachte die Sätze
(a) (Der Begriff) Bruder = (der Begriff) Bruder
(a') (Der Begriff) Bruder = (der Begriff) männliches Geschwister.
Haben (a) und (a') dieselbe „Bedeutung"? Drücken sie dieselbe „Proposition"
aus? Im Lichte der dargelegten Konzeption ist die Frage so zu stellen: Haben
(a) und (a') denselben semantischen Wert/Status? Darauf kann jetzt eine
differenzierte und fundierte Antwort gegeben werden. Es wurde schon
vermerkt, daß die Antworten, die bisher auf diese Fragen gegeben wurden,
dem Umstand nicht Rechnung tragen, daß zwar (a) ohne (a'), nicht aber
relativ oder in Verbindung mit (a') als bestimmt aufgefaßt werden kann, (a)
und (a') gehören zu verschiedenen Sprachebenen, so daß einfache Aussagen
über Bestimmtheit, Identität, Äquivalenz u. ä. nicht möglich sind. Schon
aus diesem Grund ist zu sagen, daß sie verschiedene Propositionen ausdrücken.
Der Hinweis darauf, daß nur (a') informativ ist, ist korrekt, aber dies zeigt,
daß (a') zu einer anderen Sprachebene als (a) gehört.
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2.1 Was ist eine explikatw-dtfinitionale Theorie? 91
Skala charakterisiert worden; was hat es damit auf sich? Das Verfahren des
Bestimmens bzw. des Bestimmtwerdens ist so etwas wie ein kontinuierlicher
Prozeß von einem gegebenen Ausgangspunkt bis zu einem bestimmten
Endpunkt. Man kann im Prinzip einen solchen Prozeß in verschiedene
diskrete Einheiten durch „Setzung" einteilen. Hinsichtlich des Prozesses des
B-Bestimmens eines Analysandum/Explicandum/Definiendum ist der An-
fang dadurch gegeben, daß die entsprechenden Ausdrücke uns von der
natürlichen Sprache, die wir sprechen und gebrauchen, eben vor-gegeben
ist. Hat aber der B-Bestimmungsprozeß ein Ende? Dies kann wohl gesagt
werden: Das Ende ist dort gesetzt, wo es nur noch zwei semantische
Möglichkeiten gibt: die positive und die negative Bestimmtheit. Beispiels-
weise ist eine Definition eines Prädikatausdrucks dann in dem genannten
Sinne das Ende eines (B-Bestimmungs-)Prozesses, wenn das Definiens nur
noch zwei „Fälle" kennt oder zuläßt: die positiven und die negativen; d. h.:
im Hinblick auf jedes Objekt überhaupt besagt das Definiens im strengen
Sinne, daß jedes Objekt unter das so definierte Prädikat „fällt" (positive
Bestimmtheit) oder „nicht fällt" (negative Bestimmtheit).
Wie soll man aber die Einteilung des Prozesses in einzelne diskrete
Einheiten zwischen dem „natürlich-sprachlichen" Ausgangspunkt und dem
„vollbestimmten" Endpunkt im erläuterten Sinne konzipieren? Soll man den
„semantischen Raum" zwischen dem so aufgefaßten Ausgangspunkt und
dem vollbestimmten Endpunkt ignorieren? Dies würde bedeuten, daß man
auf der einen Seite nur Ausdrücke der weitgehend unpräzisen und unbe-
stimmten natürlichen Sprache und auf der anderen Seite nur Ausdrücke einer
(oder der) absolut bestimmten, d. h. — im strengen soeben erläuterten Sinne
— woh\definterten (wissenschaftlichen) Sprache hätte. Ist dies empfehlenswert
und realisierbar? Dies ist schon deswegen zu verneinen, weil man dann einen
erheblichen, ja den größten Teil der wissenschaftlichen (und philosophi-
schen) Arbeiten gar nicht mehr anerkennen könnte, denn die allermeisten
wissenschaftlichen und philosophischen Konzeptionen sind dadurch charak-
terisiert, daß sie weder nur naiv-natürliche noch nur schlechthin total defi-
nierte Ausdrücke verwenden. Will man diesem Gesichtspunkt Rechnung
tragen, so muß man Festlegungen treffen, d. h. hier: den genannten (B-
Bestimmungs-)Prozeß sozusagen in bestimmte Abschnitte einteilen. Eine
solche Einteilung beinhaltet einen wesentlich normativen Aspekt. Dies ist die
Grundmotivation und der Grundgedanke der rational-systematischen Rekon-
struktion (= RSR).
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92 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
ER = Ε (J D.
[3] Um den Begriff bzw. das Verfahren der RSR näher zu charakterisieren,
ist vom Begriff des semantischen Status eines sprachlichen Ausdrucks auszu-
gehen. Wie aus den obigen Ausführungen ersichtlich ist, besteht der seman-
tische Status eines Ausdrucks darin, daß dem Ausdruck der oben (Abschnitt
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2.1 Was ist eine explikativ-defimtionaU Theorie? 93
p,+ υ Ρ, U P? = Dr.
Um den allgemeinen semantischen Status eines Ausdrucks zu bestimmen, muß
man freilich nicht nur den extensionalen Teil-Wert, sondern auch die beiden
anderen Teil-Werte, den direkt informationalen und den funktionalen, be-
rücksichtigen, d. h.: man muß eine den drei semantischen Teil-Werten ent-
sprechende dreifache Interpretationsfunktion einführen. Wie dies technisch zu
bewerkstelligen ist, kann in diesem Buch weder gezeigt noch durchgeführt
werden.
Auf der Basis des allgemeinen semantischen Status läßt sich ein dreifacher
spezifischer semantischer Status unterscheiden:
— der vorsystematische
— der programmatisch-systematische
— der bestimmt-systematische.
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94 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
weisen des Ausdrucks im Prinzip (wenn auch nicht immer — vielleicht auch
nicht meistens — in der Praxis) eine semantische Interpretation zuläßt, die
nicht nur die positive, die negative und die unbestimmte „Angabe" (oder Ge-
gebenheit) des (dreifachen) semantischen Werts, sondern auch „Mischfor-
men" oder „Kombinationen" dieser drei Hinsichten beinhaltet. M. a. W.: im
Falle eines Ausdrucks der natürlichen Sprache mit einem vorsystematischen
semantischen Status sind Verwendungsweisen (des Ausdrucks) zumindest im
Prinzip nicht ausgeschlossen, die einen positiv-negativen (d. h. inkonsistenten),
einen positiv-unbestimmten und einen negativ-unbestimmten semantischen
Status haben. Dies läßt sich im Falle des extensionalen semantischen Teil-
Werts eines Prädikats Ρ so präzisieren: Für den vorsystematischen (extensio-
nalen) semantischen Status von Ρ gilt nicht (im Prinzip):
p+ η Fx = p,+ η p? = ρ, η p ? = 0.
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2.1 Was ist eine explikativ-dtfinitionale Theorie? 95
p j η ρ , = p j η ρ ; = p„ η ρ ; = 0.
Aber nach Blau ist die Auffassung, daß zwischen dem Positiv-, dem Negativ-
und dem Neutralbereich im Falle einer natürlichen Sprache wie des Gegen-
wartdeutschen scharfe Grenzen bestehen, völlig unplausibel; demnach sind
Mischformen wie die oben genannten in einer solchen Sprache nicht aus-
zuschließen. Im Gegensatz zu der im folgenden darzustellenden Konzeption,
dergemäß im Fall einer in bezug auf Vagheit „geläuterten" Sprache nur
noch der Positiv- und der Negativbereich gegeben sind, bleibt Blau allerdings
dabei, daß der Neutralbereich auch für einen allwissenden36 (vollkommen
rationalen, idealisierten) Sprecher nicht ausschaltbar ist.
Es ist hier nicht der Ort, in eine Auseinandersetzung mit letzterer Kon-
zeption einzutreten. Es sei nur vermerkt, daß man ohne die Annahme der
erwähnten Mischformen das ganze Unternehmen der Erklärung, d. h. der
Explikation und Definition, der (Bedeutung der) Ausdrücke der natürlichen
Sprache, schwerlich genau bestimmen und in den Griff bekommen kann.
daß man auch im gemeinen Leben denselben Begriff damit verbinde, für welchen
es die Philosophie gebraucht, denn das gemeine Leben hat keine Begriffe, sondern
Vorstellungen, und es ist die Philosophie selbst, den Begriff dessen zu erkennen,
was sonst blosse Vorstellung ist. Es muß daher genügen, wenn der Vorstellung
bey ihren Ausdrücken, die für philosophische Bestimmungen gebraucht werden,
so etwas ungefähres von ihrem Unterschiede vorschwebt...".
35
Vgl. Blau [1985] S. 372.
36
Vgl. a. a. O. S. 371.
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96 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
[7] Jetzt können auch die Begriffe bzw. Verfahren der Explikation und der
Definition genauer charakterisiert werden. Explikation ist die B-Bestimmung
eines Ausdrucks mit vorsystematischem semantischem Status durch die
Einführung eines Ausdrucks mit programmatisch-systematischem Status.
Definition ist jenes Verfahren, durch welches ein Ausdruck mit program-
matisch-systematischem Status durch einen Ausdruck mit bestimmt-syste-
matischem Status bestimmt wird.
Drei Bemerkungen sind hier am Platze.
[i] Die oben vorgelegte Charakterisierung der Definition ist nicht dahinge-
hend zu verstehen, daß damit die Definition in jeder — ζ. B. in formaler —
Hinsicht genau bestimmt worden ist. Die obige Charakterisierung erfolgte
nur in einer Hinsicht, nämlich insofern die Definition eine (die zweite) Stufe
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2.1 Was ist eine explikativ-definitionale Theorie? 97
im Rahmen des Verfahrens der RSR darstellt. Nichts wurde gesagt über andere
(formale) Merkmale der Definition, besonders über die bekannten zwei
Grundmerkmale der Nicht-Kreativität und der Elimiiiierbarkeit (des Defi-
niendum). Darauf einzugehen ist nicht Aufgabe des vorliegenden Werkes.
Es sei nur angemerkt, daß die im Sinne der zwei genannten Merkmale
aufgefaßte Definition den semantischen Status des Definiendum nur insofern
thematisiert, als eine (definitorische) Identitätsrelation zwischen ihm und
einem anderen Ausdruck eingeführt bzw. artikuliert wird. Diese Identitäts-
relation wird ihrerseits nur durch die genannten Merkmale näher bestimmt.
Die so aufgefaßte Definition macht die Voraussetzung, daß jener Ausdruck,
der den Status eines Definiendum hat, semantisch vollständig bestimmt ist,
denn genau dies soll ja das Definiens „zum Ausdruck bringen". Im Lichte
der hier vertretenen Konzeption ist diese Voraussetzung weder falsch noch
willkürlich; vielmehr ist sie so zu deuten: die Definition im hier gemeinten
„formalen" Sinne betrachtet einen Ausdruck, das „Definiendum", nur im
Hinblick, auf seine einen positiven und einen negativen semantischen Status beinhaltenden
Verwendungsweisen. Vollkommen außer Betracht bleibt dabei die Frage, ob
dieser Ausdruck auch Verwendungsweisen hat, die nicht nur einen positiven
bzw. negativen semantischen Status beinhalten; m. a. W.: nicht thematisiert
wird dabei der Umstand, daß er in der natürlichen (oder Bildungs-)Sprache
vorgegeben ist. Gerade diese Thematik versucht die Charakterisierung der
Definition als der ^weiten Stufe des Verfahrens der rational-systematischen
Rekonstruktion zu klären.
[ii] Das Verfahren der RSR ist ein idealisiertes Verfahren. In der Praxis wird
es selten vorkommen, daß die beiden Stufen der Explikation und der
Definition gemäß der vorgelegten (teilweise normativ bestimmten) Deutung
und in der angegebenen Reihenfolge berücksichtigt werden. RSR ist so
etwas wie ein regulativer Grundrahmen, dessen Zweck darin besteht, daß er
grundsätzliche und programmatische Klarheit über das verwickelte Unter-
nehmen der Erklärung schafft: bzw. ermöglicht. Welche Schritte man im
gegebenen Fall tatsächlich unternimmt oder unternehmen soll, hängt von
konkreten (und oft sehr kontingenten) Faktoren ab. So ist es oft unbedenk-
lich, ja empfehlenswert, die Zwischenstufe Explikation einfach zu übersprin-
gen und gleich eine Definition (der Bedeutung) eines in der natürlichen
Sprache vorkommenden Ausdrucks vorzulegen. Dies ist dann der Fall, wenn
sich etwa zeigt, daß der fragliche Ausdruck in der natürlichen Sprache etwa
von Inkonsistenzen gänzlich und von Unbestimmtheiten weitgehend frei
ist, und/oder daß seine Explicantia/Explikate (im hier erläuterten Sinne) in
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98 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
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2.2 Zum Verhältnis von Theorie der Wahrheit und Sprache 99
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100 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
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2.2 Zum Verhältnis von Theorie der Wahrheit und Sprache 101
1 Vgl. dazu: Boman [1952], Müller [1964], bes. Teil C, Kap. IV und V (vgl. speziell
S. 228 ff.).
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102 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
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2.2 Zum Verhältnis von Theorie der Wahrheit und Sprache 103
2.2.3 Für welche Sprache(n) wird die Theorie der Wahrheit entwickelt?
[2] Eine erste Frage lautet: Für welche Sprache und aufgrund welcher
Kriterien soll sich der Wahrheitstheoretiker entscheiden? Wenn Quine bei-
spielsweise für eine Quantorensprache erster Stufe („kanonische No-
tation"4) plädiert und sie mit äußerster Konsequenz anwendet, so macht er
vor allem zwei Kriterien geltend: erstens leiste diese Sprache alles, was zu
leisten ist; zweitens sei sie äußerst einfach und daher zu empfehlen. Freilich
ist sich Quine des Umstands bewußt, daß die Annahme und Anwendung
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104 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
[3] An ^weiter Stelle ist zu fragen, wie die Sprache, für die die Theorie der
Wahrheit entwickelt wird, sich zur sog. natürlichen oder Umgangssprache
verhält. Diese Frage betrifft besonders drei Aspekte, nämlich: erstens die
logisch-semantische Klarheit und Präzision, zweitens den kategorial-ontolo-
gischen Status, drittens die Problematik der semantischen Geschlossenheit,
d. h. der Selbstreferentialität. Darauf ist nun im einzelnen einzugehen.
[i] Der an erster Stelle genannte Faktor macht sofort deutlich, daß die
Sprache, für die in diesem Buch eine Theorie der Wahrheit entwickelt werden
soll, nicht einfach mit der natürlichen oder Umgangssprache identisch ist.
Denn letztere Sprache ist alles andere als klar und präzis, wie dies im
Rahmen der Ausführungen über den Begriff und das Verfahren der rational-
systematischen Rekonstruktion gezeigt wurde. Vielmehr muß es sich um
eine, wenn man will, zur Klarheit und Präzision „geläuterte" natürliche
Sprache handeln, also nicht um die Sprache, wie sie tatsächlich verwendet
wird, sondern um die Sprache, wie sie unter Anwendung der genannten
Kriterien verwendet werden sollte. Wie man nun diese Sprache bezeichnet,
ist eine sekundäre Frage. Wichtig ist, daß man die beiden folgenden Ge-
sichtspunkte nicht aus dem Auge verliert: erstens knüpft die „neue" Sprache
an die natürliche Sprache an und in dieser Hinsicht kann sie als eine
Extension dieser Sprache betrachtet werden: zweitens beinhaltet die „neue"
Sprache eine — teilweise sehr einschneidende — Korrektur der natürlichen
Sprache und in dieser Hinsicht stellt sie doch eine Art Bruch gegenüber der
natürlichen Sprache dar. In jedem Fall wird in diesem Buch nicht versucht,
eine Theorie der Wahrheit für die natürliche Sprache ut jacet zu entwickeln,
wie dies einige Autoren zu intendieren scheinen, so z. B. D. Davidson. In
einer anderen Hinsicht kann man das Charakteristikum der hier anvisierten
Sprache dadurch angeben, daß man sie als zur Konzeption des späten
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2.2 Zum Verhältnis von Theorie der Wahrheit und Sprache 105
Was findet man aber, wenn man auf die „alltägliche Verwendung" der
sprachlichen Ausdrücke zurückkehrt? Hat man irgend etwas erklärt? Der
Hinweis auf „Sprachspiel" und „Lebensform" beseitigt nicht, sondern ver-
schärft das Bedürfnis nach einer Erklärung.
[ii] Jede Sprache ist Ausdruck einer bestimmten Ontologie; so entspricht
der natürlichen Sprache eine natürliche Ontologie. Dies kommt darin zum
Vorschein, daß die Sprache einen bestimmten begrifflich-kategorialen Rah-
men beinhaltet, von welchem alle ontologisch relevanten Aussagen der
betreffenden Sprache bestimmt werden. Diese „natürliche" Ontologie kann
beschrieben werden und sie wurde und wird oft und von vielen Philosophen
in vielerlei Weisen beschrieben.6 Welchen Status hat sie? Ist sie akzeptierbar
oder gar unaufgebbar? Die Antwort darauf hängt davon ab, ob es gelingt,
eine andere oder zumindest eine geläuterte und korrigierte Sprache zu
entwickeln, der dann eine andere Ontologie entsprechen würde. Was sind
hier die Kriterien, auf die man sich berufen kann, wenn man versucht, das
eine oder das andere zu tun? Wie im Abschnitt 2.3 und im Kapitel 3 zu
zeigen sein wird, gibt es letzten Endes ein einziges wirklich überzeugendes
Kriterium, nämlich: die Frage, ob die „natürliche" Sprache bzw. Ontologie
wirklich unser „Intelligibilitätspotential" erfüllt oder befriedigt oder ob
dieses Potential nicht über die natürliche Sprache/Ontologie hinausführt. Es
ist letzten Endes aussichtslos, Intelligibilitätsfragen verbieten oder in ir-
gendeiner Weise disqualifizieren zu wollen. Die Philosophie und die Wis-
senschaft stützen sich ja auf das Intelligibilitätspotential. Wenn ζ. B. die
natürliche Ontologie, die in vielen Varianten auch der gegenwärtigen Phi-
losophie weiterwirkt, uns sagt, daß es eine Welt gibt und daß diese Welt
aus Objekten besteht, die Eigenschaften haben und in Relationen zueinander
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106 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
[4] Der dritte Aspekt betrifft einen Faktor, der in der Geschichte der
wahrheitstheoretischen Diskussionen eine bedeutende und explizite Rolle
gespielt hat und spielt. Es handelt sich um die Problematik der Selbstreferen-
tialität der Sprache. Tarski hielt die Aufgabe, einen Wahrheitsbegriff für die
natürliche Sprache zu entwickeln, aus dem Grunde fur undurchführbar; weil
die natürliche Sprache eine „semantisch geschlossene", d. h. eine selbstre-
ferentielle Sprache ist. Damit ist der Umstand gemeint, daß diese Sprache
auch über sich selbst sprechen kann, was dazu führt, daß etwa die Antinomie
des Lügners in dieser Sprache konstruiert werden kann. Tarski sah die
Hauptursache für den antinomischen Charakter der natürlichen Sprache in
deren Universalität.7 So entwickelte er eine Definition des Wahrheitsbegriffs
nur für formalisierte Sprachen, die nach ihm nicht universal (im angegebenen
Sinne) und daher auch nicht selbstreferentiell sind bzw. sein können. Konkret
entwickelt er eine Definition des Wahrheitsbegriffs für die Sprache des
Klassenkalküls. Eines der wichtigsten Strukturmerkmale der Tarskischen
Wahrheitsdefinition ist seine klar getroffene und strikt eingehaltene Unter-
scheidung von Objektsprache und Metasprache.
Es kann in der Tat nicht im Ernst bestritten werden, daß die natürliche
Sprache selbstreferentiellen Charakter hat. Heißt das nun, daß die „andere"
Sprache, für die in diesem Buch ein Wahrheitsbegriff zu entwickeln ist, sich
auch in dieser Hinsiebt von der natürlichen Sprache unterscheiden muß?
M. a. W.: Schließt jede Sprache mit selbstreferentiellem Charakter eine Theo-
rie der Wahrheit aus? Es wird in diesem Buch die These vertreten, daß diese
Frage zu verneinen ist. Diese Thematik, wie unter 1.1 gezeigt, bildet den
Gegenstand des dritten Teils der umfassenden Theorie der Wahrheit. In der
hier interessierenden Perspektive sei dazu an dieser Stelle nur soviel gesagt:
Gegenüber der geschilderten grundlegenden These Tarskis haben sich in
der nachtarskischen Zeit zwei Tendenzen herausgebildet: die eine rekurriert
explizit auf die Hauptaspekte der Tarskischen Wahrheitsdefinition und wen-
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2.2 Zum Verhältnis von Theorie der Wahrheit und Sprache 107
det sie auf die Erklärung ausgerechnet der natürlichen Sprache an, ohne
sich explizit um das von Tarski aufgezeigte Antinomienproblem zu küm-
mern; Hauptrepräsentant dieser Tendenz ist zweifelsohne D. Davidson.8 Die
andere Tendenz sucht intensiv nach einer Lösung der Wahrheitsparadoxie.
Der allergrößte Teil der wirklich wichtigen wahrheitstheoretischen Arbeiten,
die etwa in den letzten fünfzehn Jahren publiziert wurden, beschäftigt sich
mit dem, was in diesem Buch die evalmtiv-extensionale (Sub-) Theorie der
Wahrheit genannt wird. Dabei ist es wichtig zu sehen, daß eine positive
Lösung fur die Wahrheitsparadoxie sowohl im Bereich der natürlichen
Sprache als auch im Bereich anderer (formaler) selbstreferentieller Sprachen
gesucht wird. Angesichts dieser immensen Bemühungen, auf die im nach-
folgenden Exkurs teilweise eingegangen wird, kann man heute kaum be-
gründeterweise behaupten, daß jede selbstreferentielle Sprache inkonsistent
ist und daß es daher sinnlos sei, einen Wahrheitsbegriff für eine solche
Sprache zu entwickeln. An dieser Stelle wird also die Annahme gemacht,
daß die Sprache, für die hier eine Theorie der Wahrheit anvisiert wird,
Selbstreferentialität nicht ausschließt.
Damit sind einige, besonders negativ orientierte, Bestimmungen der Spra-
che genannt worden, für die hier der Wahrheitsbegriff zu explizieren/defi-
nieren ist. Natürlich ist dies sehr wenig; aber es ist darauf aufmerksam zu
machen, daß es sich in diesem Buch zunächst (nur) darum handelt, die
Grundlagen für die Entwicklung einer Theorie der Wahrheit zu erarbeiten.
Es muß einem weiteren Werk vorbehalten bleiben, die Einzelheiten einer
solchen Theorie zur Darstellung zu bringen.
[1] Wie oben dargelegt, war Tarski in seinem berühmten Werk Der Wahr-
heitsbegriff in den formalisierten Sprachen der Auffassung, daß die natürliche
8 Vgl. bes. „Wahrheit und Bedeutung" in Davidson [1984] S. 40—67 (vgl. bes.
S. 55 ff.).
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108 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
Sprache inkonsistent ist und daß daher ein Wahrheitsbegriff für diese Sprache
nicht entwickelt werden kann. 1939 bewies Tarski in dem Aufsatz „On
Undecidable Statements in Enlarged Systems of Logic and the Concept of
Truth"9 u. a. jenes Theorem, das als „Theorem der Undefinierbarkeit der
Wahrheit" bekannt wurde. Etwas genauer sollte es heißen: Theorem der
(syntaktischen) Nichtausdrückbarkeit (der Extension) der Wahrheit. Dieses
Theorem ist in einer bestimmten Hinsicht nur eine andere Formulierung
der These, daß eine semantisch geschlossene Sprache zu Inkonsistenzen
führt. In der eher allgemein verständlich ausgerichteten Schrift aus dem
Jahre 1944 „Die semantische Konzeption der Sprache und die Grundlagen
der Semantik"10 legt Tarski in äußerst konziser Form eine Argumentation
vor, als deren Ergebnis man das genannte Theorem bezeichnen kann:
„Das [die Konstruktion der Antinomie des Lügners in der natürlichen
Sprache, L. B. P.] kann grob in folgender Weise geschehen. S sei eine
Aussage, die mit den Wörtern Jede Aussage' beginnt. Wir bringen mit S
die neue Aussage S* in Wechselbeziehung, indem wir S den folgenden
beiden Modifikationen unterwerfen: wir ersetzen in S das erste Wort Jede'
durch ,Die' und fugen an das zweite Wort ,Aussage' die ganze Aussage S
in Anführungszeichen. Wir wollen vereinbaren, die Aussage S ,(auf sich
selbst) anwendbar' oder .nicht (auf sich selbst) anwendbar' zu nennen, und
zwar in Abhängigkeit davon, ob die in Wechselbeziehung zu ihr stehende
Aussage S* wahr oder falsch ist. Betrachten wir nun die Aussage: Jede
Aussage ist nichtanwendbar'. Es kann leicht gezeigt werden, daß die eben
aufgestellte Aussage anwendbar und nichtanwendbar sein muß, also eine
Kontradiktion." 11
Was Tarski hier nur andeutet, sei im folgenden nach %wei Darstellungsver-
fahren gezeigt. Das erstefindetsich bei R. Gramfy12. In äußerst vereinfachter
Form läßt es sich folgendermaßen wiedergeben: Es geht um den Versuch
einer Formalisierung einer Wahrheitsdefinition für eine Theorie oder ein
System Η im Rahmen einer Sprache der Quantorenlogik erster Stufe Q. Die
Definition eines Prädikates W (für ,wahr') für Η kann nicht in der Weise
durchgeführt werden, daß eine Liste (Aufzählung) aller wahren Sätze von
Η angefertigt wird, da feststeht, daß die Klasse der wahren Sätze der Sprache
der Quantorenlogik erster Stufe Q nicht rekursiv aufzählbar ist, so daß
Wahrheit auf diese Weise in keiner effektiv gegebenen Extension von Q
9 Tarski [1939],
10 Tarski [1944],
" Tarski [1944] S. 66 Anm. 13.
12 Grandy [1977] Kap. IX.
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2.2 Zum Verhältnis von Theorie der Wahrheit und Sprache 109
Der von Grandy in äußerster Kürze skizzierte Beweis entspricht der Be-
weisskizze im obigen Zitat von Tarski: Man nehme an, es gäbe eine Theorie
der Wahrheit(sdefinition), die Tarskis Bedingung erfüllt; d. h. man nehme
an, es gäbe einen Prädikatausdruck W mit einer freien Variablen, so daß
W(,A') <-• Α für jedes Α in der Sprache beweisbar ist. Sei nun ν die freie
Variable von W; mit ihr bilde man einen neuen Ausdruck, indem man ν in
W durch den Funktionsausdruck Subst(v, ,ν',ν) ersetzt und indem man den
daraus resultierenden Ausdruck negiert; es ergibt sich also die Formel
~ W(Subst(v, ,ν',ν)). Diese Formel werde repräsentiert durch einen Term t.
Nun betrachte man die Formel ~W(Subst(,t', ,v', ,t')), die durch Ersetzung
von ν durch ,t' entsteht. Diese Formel werde repräsentiert durch einen Term
s. Nun ist aber die Formel s das Ergebnis der Ersetzung von ν in der
Formel t durch den Term, der ,t' repräsentiert, so daß gilt:
I- s = Subst(,t', ,v', ,t'). Da die Annahme gemacht wurde, daß die Theorie
Tarskis Bedingung erfüllt, ergibt sich: h W(s) ~ W(Subst(,t', ,v', ,t') und
damit I— W(s) <-• ~ W(s), also eine (syntaktische) Inkonsistenz.13 Damit ist
bewiesen, daß die genannte Sprache eine Definition ihres eigenen Wahr-
heitsprädikats nicht leisten kann.
W. Stegmüller und M. Varga von Ktbed haben eine äußerst einfache Dar-
stellung des Tarskischen Theorems vorgelegt, ohne allerdings auch nur ein
13 Bei Grandy ist dieses letzte Ergebnis (vermutlich infolge eines Druckfehlers) falsch
angegeben: h T(s) T(s) (wobei er ,T für ,W' verwendet) (vgl. a. a. O. S. 87).
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110 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
einziges Mal Tarski selbst zu zitieren.14 Dabei wenden sie nicht das von
Tarski benutzte und in der obigen Darstellung angewandte Verfahren der
Diagonalisierung15 an; vielmehr rekurrieren sie auf das ingeniöse Verfahren
der Normbildung, das R. Smullyan entwickelt hat. 16 Auf die Einzelheiten
kann hier nicht eingegangen werden.
Stegmüller/Varga konstruieren im Anschluß an Smullyan mehrere Mini-
malsysteme mit zunehmender syntaktischer und semantischer Stärke. Das
System S' P ist ein äußerst einfaches semantisches System mit Ρ als semanti-
schem Korrelat des einzigen deskriptiven Zeichens ,Φ', eines 1-stelligen
Prädikatzeichens, des Systems; ein Satz in diesem System entsteht aus der
Konkatenation von ,Φ' mit einem S'-Namen. Die Miniaturform des Theorems
von Tarski wird so formuliert:
(UW'T) Die Menge der wahren Sätze von S'p ist nicht in S'P definierbar.17
[2] Es ist nun die Frage zu stellen, worin die eigentliche Bedeutung, der
Stellenwert und die Tragweite dieses Theorems zu sehen sind.
Man muß richtig verstehen, was „Undefinierbarkeit der Wahrheit" gemäß
dem genannten Theorem genau besagt. Es handelt sich um rein extensionale
Systeme und um eine rein extensional verstandene „Definition" der Wahr-
heit, d. h. es handelt sich darum, daß die Menge der wahren Sätze eines
Systems nicht in diesem System „definierbar" ist.
Nach der in diesem Buch vertretenen Konzeption ist Explikation/Defi-
nition mehr als nur die Angabe der Extension. Explikation/Definition ist die
Bestimmung des semantischen Wertes eines sprachlichen Ausdrucks, wobei
der vollständige semantische Wert sowohl einen semantisch-informationalen
als auch einen semantisch-funktionalen Wert einschließt. Die Extension ist
ein semantischer Teilwert.18 Daraus folgt, daß die Unmöglichkeit der Angabe
(d. h. der Beweisbarkeit) der Extensionalität des Wahrheitsbegriffs fur (das
genannte) System in diesem System selbst eine Beschneidung des ganzen
14
Vgl. Stegmüller/Varga [1984] Kap. 13.
15
Unter der Diagonalisierung eines Ausdrucks Ε ist das Ergebnis der Einsetzung
(Substitution) der Anführung von Ε für alle Vorkommnisse einer Variablen der
Umgangssprache ,ζ' in Ε zu verstehen (vgl. Stegmüller/Varga [1984] S. 399).
16
Vgl. Smullyan [1957]. Nonnbildung ist die Operation der Verkettung oder Kon-
katenation zweier Ausdrücke, d. h. das Hintercinanderschreiben dieser Ausdrücke,
die dann als tin Ausdruck gelesen werden.
17
Vgl. a. a. O. S. 386.
18
Vgl. dazu Abschnitt 2.1.2.
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2.2 Zum Verhältnis von Theorie der Wahrheit und Sprache 111
[3] Es drängt sich jetzt die Frage auf: Um welche Systeme handelt es sich
genau, wenn das Theorem der Undefinierbarkeit der Wahrheit angenommen
wird bzw. gelten soll? Man kann die Frage so präzisieren: Ist durch das
Theorem von Tarski wirklich bewiesen, daß für keine selbstreferentielle
(semantisch geschlossene) Sprache ein Wahrheitsbegriff im angegebenen
Sinne — also auch extensional — definiert werden kann? Es scheint, daß
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112 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
wobei ,Wr' die Klasse aller wahren Sätze der Objektsprache anzeigt und die
Definition von ,Wr' in der Metasprache erfolgt. Nach Fitch ist das so
formulierte Kriterium unnötigerweise restriktiv und sollte durch das schwä-
chere Kriterium
(TK') (x e Wr) C ρ
ersetzt werden, wobei ,C' ein dem Konditional ähnliches Satzkonnektiv ist,
das reflexiv, symmetrisch und transitiv ist und das eine Regel ähnlich wie
modus ponens erfüllt, nämlich die Regel: für alle Sätze Si und s2, wenn s, und
Sj C S2 beweisbar sind in der Metasprache MS, so ist auch s 2 beweisbar. Fitch
entwickelt ein System, das sein eigenes Wahrheitsprädikat in Entsprechung
zu (TK'), nicht aber zu (TK), definieren kann. Es handelt sich um das
System CA. 2 2 Da in diesem System aus der Äquivalenz einer Proposition
mit ihrer Negation nicht auf beliebige Sätze geschlossen werden kann, ist
es möglich zu sagen, daß einige Propositionen in CA mit ihren Negationen
äquivalent sind, ohne daß dieses Ergebnis zu einem Widerspruch fuhrt.
Auf die Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden. Hervorzuheben
ist der Umstand, daß Fitch zwischen Satv^ und Proposition streng unterscheidet
und zeigt, daß in CA die Klasse der wahren Propositionen leicht definierbar
ist; auf dieser Basis ist auch die Klasse der wahren Sät^e ebenfalls definierbar.
[ii] In seiner außerordentlich wichtigen Abhandlung „Truth and Paradox"23
kommentiert A. Gupta die oben zitierte Stelle aus Tarskis Schrift „Die
semantische Konzeption der Wahrheit" und speziell Tarskis Behauptung,
daß semantisch geschlossene Sprachen, für welche die Gesetze der klassi-
schen Logik beansprucht werden, inkonsistent sind, mit den Worten:
„This is a surprising result because the syntactic resources necessary for a
language to qualify as semantically closed are minimal. The only requirement
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2.2 Zum Verhältnis von Theorie der Wahrheit und Sprache 113
is that it have names for its own expressions. It is not at all obvious that
such names allow us to construct the sort of selfreference that is responsible
for the Liar paradox."24
Gupta zufolge findet Tarskis Argument nur auf Sprachen Anwendung, die
genug Ausdrucksmittel haben, um die syntaktische Funktion ,*' (vgl. oben
Satz ,S*' bei Tarski) auszudrücken; es sei nicht bewiesen worden, daß diese
Funktion in allen semantisch geschlossenen Sprachen ausdrückbar ist. Gupta
selbst legt dann einen formalen Beweis dafür vor, daß semantisch geschlos-
sene Sprachen (in einem abgeschwächten Sinne), für welche die klassische
Logik gilt, konsistent sein können.25 Der Leser sei darauf verwiesen.
[iii] In den letzten Jahren wurden viele Versuche unternommen, das Problem
der Selbstreferentialität der Sprache und der Antinomien zu lösen. Eine
Sammlung einiger der wichtigsten Arbeiten findet sich in dem schon zitierten
Band Recent Essays on Truth and the Liar Paradox,26 Hingewiesen sei besonders
auf die in dem genannten Band nicht berücksichtigten Arbeiten von Ulrich
Blau27, Gary R. Mar28, J. Barwisej J. Etchemendy29 und M. Varga von Kibed30.
Die Bedeutung der Arbeit von Barwise/Etchemendy besteht u. a. darin, daß
sie zeigt, daß durch den Rekurs auf Propositionen das Problem der Wahr-
heitsparadoxie nicht automatisch gelöst wird, da Propositionen so zu mo-
dellieren sind, daß sich zirkuläre Propositionen ergeben, was zur Konsequenz
hat, daß die Wahrheitsparadoxie auf der Ebene der Propositionen wieder
auftaucht.
Vielleicht wurde der umfassendste und ehrgeizigste Versuch in diesem
Bereich von M. Varga von Kibed in seiner oben genannten Habilitations-
schrift unternommen. Varga von Kibed entwickelt ein System MRL (für:
Minimale Reflexionslogik), das auf der Reflexionslogik von U. Blau und
dem selbstreferentiellen System SELF von R. Smullyan aufbaut. Dieses
System stellt einen nichtpräventiven Lösungsansatz in dem Sinne dar, daß
die syntaktische Repräsentierbarkeit selbstreferentieller Ausdrücke und
Strukturen nicht eingeschränkt wird (bzw. werden muß).
24 A. a. O. S. 183.
25 Vgl. a. a. O. S. 184 ff.
26 Martin [1984].
27 Blau [1985].
28 Mar [1985],
29 Barwise/Etchemendy [1987].
30 Varga [1987],
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114 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
Es dürfte klar geworden sein, daß die Sprache, für welche ein umfassender
philosophisch relevanter Wahrheitsbegriff entwickelt wird, eine selbstrefe-
rentielle Sprache ist. Damit ist auch eine prinzipielle Antwort auf die Frage
gegeben, in welcher Sprache die Theorie der Wahrheit dargestellt werden
soll. Es ist „dieselbe" Sprache, aus der auch ,,Wahr(heit)" entnommen wird
bzw. zu der ,,Wahr(heit)" gehört. Damit ist nicht nur nicht ausgeschlossen,
sondern eingeschlossen, daß diese Sprache „Ebenen" hat, wie aus den
bisherigen Ausführungen schon klar geworden sein dürfte. Auf weitere
Aspekte dieses Gesamtzusammenhangs wird an den geeigneten Stellen ein-
gegangen.
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2.3 Zwei methodische Leitprinzipien 115
zipien nur im Rahmen eines Werkes, das sich mit dieser hochkomplexen
Thematik ausschließlich und systematisch befaßt, möglich ist. Diese Fest-
stellungen werfen ein großes Problem für diejenigen philosophischen Ar-
beiten auf, die sich einerseits mit einer begrenzten Thematik beschäftigen
und sich andererseits nicht den — implizit angenommenen oder explizit
ausgearbeiteten — methodischen Prinzipien und Standards einer der be-
kannten großen Denktraditionen zuordnen lassen wollen: Entweder lassen
solche Arbeiten die sie leitenden methodischen Prinzipien unexpliziert mit
der Konsequenz, daß sie methodische Klarheit und Begründetheit vermissen
lassen; oder sie thematisieren ihre methodischen Grundlagen, wobei sie sich
dann zu regelrechten Traktaten über die (eigene) Methode entwickeln und
kaum zu einer angemessenen Behandlung der anvisierten speziellen The-
matik gelangen können. Was kann in dieser Situation getan werden?
Was das vorliegende Werk anbelangt, so thematisiert es auch einige me-
thodische Grundlagen, was besonders — aber nicht ausschließlich — in den
beiden ersten Abschnitten des vorliegenden Kapitels deutlich wird. Die
Klärung methodisch-begrifflicher Grundlagen der Theorie der Wahrheit
stellt ja eine der zentralen Aufgaben der vorliegenden Arbeit dar. Freilich
handelt es sich um spezielle, d. h. eine besondere Thematik betreffende
methodische Grundlagen, wenn auch zu betonen ist, daß ihnen eine weit-
gehend universale Bedeutung für die Philosophie als ganze nicht abgespro-
chen werden kann. Was aber jene methodischen Leitprinzipien, die einen
noch prinzipielleren und allgemeineren Stellenwert haben, anbelangt, so soll
ein Mittelweg eingeschlagen werden: In diesem Abschnitt sollen zwei solche
Leitprinzipien eingeführt und erläutert werden: ein methodisches Grund-
prinzip und ein methodisches Begründungsprinzip.
[2] Zumindest in einer Hinsicht ist das wichtigste methodische Prinzip, von
dem sich die Überlegungen und Argumentationen dieses Buches im Hinblick
auf die aufgestellten zentralen Thesen leiten lassen, das Prinzip der maximalen
Intelligibility (PMI). Bevor es explizit formuliert wird, müssen einige Erläu-
terungen gegeben werden. Das Prinzip basiert auf der Annahme, daß wir
Menschen ein Intelligibilitätspotential besitzen, dessen genaue Leistungsfä-
higkeit, Modalitäten, Reichweite und Grenzen wir nicht von vornherein
kennen. Die konkrete und sichtbare Weise, in der es sich äußert, sind
vorwiegend die Begriffssysteme oder -paradigmata. Diese ihrerseits sind in
den Intuitionen enthalten, die jeder expliziten diskursiven Arbeit zugrunde
liegen, und zwar in der Weise, wie Fragen gestellt, in den Kriterien, die für
eine philosophisch vertretbare Konzeption geltend gemacht werden, und in
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116 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
1 Vielleicht kann man sagen, daß der radikalste Versuch einer Systematisierung der
Grundgestalten dessen, was hier das Intelligibilitätspotential genannt wird, von
Hegel in seiner Wissenschaft der Logik unternommen wurde. Dieses Werk unter-
nimmt es ja, alle „Denkbestimmungen" zu erfassen und in ein geschlossenes
System einzuordnen. Wäre dieses Unternehmen geglückt, so müßte man sagen,
daß alle philosophischen Fragen in einer grundsätzlichen Hinsicht als geklärt zu
betrachten wären. Doch Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander. Vgl.
dazu Puntel [1982].
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2.3 Zwei methodische Leitprinzipien 117
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118 2 Begrifflich-methodische Grundlagen
Axiome und logische Regeln einführt und so Theoreme ableitet. Die Frage
ist vielmehr, mit welcher Begründung man überhaupt zu Axiomen gelangt.
Eine Berufung auf irgendwelche unmittelbaren Evidenzen (Fundamentalis-
mus) dürfte ausgeschlossen sein; solche Evidenzen sind einfach nicht gege-
ben. Was bleibt übrig? Die hier vertretene Alternative ist das methodische
Prinzip der holistischen Kohärenξ (PHK).
(PHK) Eine philosophische Theorie gilt als argumentativ abgesichert oder begrün-
det nur dann, wenn sie das Merkmal der holistischen Kohärenz aufweist.
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2.3 Zwei methodische Leitprinzipien 119
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