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Aristoteles: Metaphysik 4. Buch Kapitel 3. – 6.

Der Satz vom Widerspruch

IDENTIFICAR TAMBIÉN LA FUNCIÓN DE CADA UNO DE LOS


CAPÍTULOS Y SECCIONES

Kapitel 3. Die logischen Axiome und das Seiende als Seiendes (bzw.
Wesenheit) als Gegenstand derselben Wissenschaft. Der Satz vom
Widerspruch als Grundaxiom
Worum geht es in dem Kapitel im Allgemeinen?
Struktur?
1. Es wird erklärt, dass die logischen Axiome für alles Seiende gelten und deren
Ermittlung derselben ersten Wissenschaft zukommt.
2. Präsentation des Satzes vom Widerspruch als Prinzip aller anderen Axiome
der Wissenschaft.

1. Die Axiome und das Seiende als Seiendes als Gegenstand einer Wissenschaft.
(a) Die logischen Axiome gelten für alles Seiende.
Weil die logischen Axiome für alles Seiende gelten…
→ Untersuchung der logischen Axiome der ersten Wissenschaft, also
der Philosophie zukommen
Warum?
Weil Philosophie nicht eine spezielle Gattung des Seienden als Thema ihrer
Untersuchung hat, sondern das Seiende in seiner Allgemeinheit
untersucht.

(b) Die Physik beansprucht zu Unrecht, die Erste Wissenschaft zu sein.


Aristoteles behauptet, dass die Physik nur eine Gattung des Seienden
untersucht, nämlich die Natur. Sie beobachtet also nicht das Seiende in
seiner Allgemeinheit und kann somit nicht den Anspruch darauf erheben, die
erste Wissenschaft zu sein.

(c) Falsche Meinungen über die Axiome.


Falsche Meinung: die Axiome sollen in den Spezialgebieten der Wissenschaft
gesucht werden.
Aristoteles wendet dagegen ein: Nicht möglich, weil Axiome in Spezialgebieten
bereits gebraucht, angewendet werden.
Die Axiome müssen also, schon vor ihrer Anwendung in Spezialgebieten
ermittelt und festgesetzt werden.
Die Analytik ist anscheinend die Methode, die diese Ermittlung ermöglicht.

(d) Ergebnis.
„Dass es also dem Philosophen und dem, der das Wesen aller
Wesenheit betrachtet, zukommt, auch die Prinzipien des Beweises
(syllogistiká) zu untersuchen, ist hiernach klar.“ (S. 103)
Damit es klar ist:
Der Satz vom Widerspruch kann nicht aus einem Syllogismus, also einem
deduktiven Argument entnommen werden, er ist auch keine Prämisse in einem
Argument oder eine Ableitungsregel, sondern vielmehr Voraussetzung und
Prinzip des Beweises.
Die Aufgabe, die dem Philosophen nun also zukommt, ist die, die Prinzipien zu
finden, die der Beweisführung sämtlicher Spezialwissenschaften ihr Fundament
liefern wird.
(Syllogism, in logic, a valid deductive argument having two premises and a conclusion.

Aristotle defines the syllogism as "a discourse in which certain (specific) things having been supposed,
something different from the things supposed results of necessity because these things are so.")

2. Der Satz vom Widerspruch als das sicherste und letzte Prinzip.
(a) Die Philosophie als Erste Wissenschaft muss die letzte Voraussetzung allen
Wissens bestimmen.
Wiederholung der Aufgabe der Philosophie (1. d)
Aufgabe der Philosophie als erste Wissenschaft: das sicherste Prinzip von
allen finden, “bei welchem Täuschung unmöglich ist”.

(b) 1. Formulierung des Satzes vom Widerspruch.


“Dass nämlich dasselbe demselben in derselben Beziehung (und
dazu mögen noch die anderen näheren Bestimmungen hinzugefügt
sein, mit denen wir logischen Einwürfen ausweichen) unmöglich
zugleich zukommen und nicht zukommen kann, das ist das sicherste
unter allen Prinzipien; denn es passt darauf die angegebene
Bestimmung, da es unmöglich ist, dass jemand annehme, dasselbe
sei und sei nicht.” (S. 104)
Deutung:
Mit den Ausdrücken “in derselben Beziehung” und “andere nähere
Bestimmungen“ ist gemeint, dass dasselbe, das demselben zukommt, sich auf
dieselbe Sache, und nicht nur auf denselben sprachlichen Ausdruck, welches
beim ersten Mal eine, beim zweiten Mal eine andere Bedeutung haben könnte,
beziehen muss.

2 weitere Bemerkungen:
1. Der Satz hat auch nur Geltung, wenn man dazu die Bestimmung der
Gleichzeitigkeit hinzufügt. Während es durchaus möglich ist, dass einem Ding
in dem aktuellen Moment x zukommt und später, also potenziell, eben dieses x
nicht zukommt, ist es unmöglich, dass diesem Ding zur selben Zeit x und ¬x
zukommt.
2. Zur Begründung (“denn es passt darauf die angegebene Bestimmung, da es
unmöglich ist, dass jemand annehme, dasselbe sei und sei nicht.”) lässt sich
noch sagen, dass Aristoteles wahrscheinlich nicht meint, dass es, rein
psychologisch, unmöglich ist inkonsistente, widersprüchliche Überzeugungen
zu haben, sondern, dass es unmöglich ist, widersprüchliche Überzeugungen zu
haben und dabei zugleich Anspruch auf Rationalität zu erheben.
→ Der Satz hat also einen normativen, nicht einen deskriptiven
Charakter.

(c) Der Satz vom Widerspruch als unhintergehbar letztes Axiom, auf das alle
Beweise zurückführen.
Die Leugnung des Satzes vom Widerspruch hat folgende Konsequenz:
Die, die nicht die Geltung des Satzes annehmen, können sich nie täuschen und
liegen nie falsch,
(Wenn jemand sagt, dass x zugleich F und ¬F zukommt, kann sein Satz
unmöglicherweise falsch sein.)
aber können sie aus ihrer Position auch keinen Beweis geben.
Der Satz des Widerspruch muss aber angenommen werden, wenn man eine
bestimmte Wahrheit beweisen will.
Er ist somit für die Beweisführung aller Sätze der Wissenschaften unentbehrlich
und Prinzip aller anderen Axiome.
Kapitel 4. Verteidigung des Satzes vom Widerspruch
Worum geht es?
Kapitel 4 ist eine Verteidigung des Satzes vom Widerspruch.
Es liefert indirekte Beweise für den Satz vom Widerspruch, die den
Standpunkt der Gegner des Satzes widerlegen sollen.
Der Ausgangspunkt für alle Beweise ist die Einsicht, dass der
Gegner, sobald er etwas sagt und verstanden werden will, selbst
seinen eigenen Standpunkt widerlegt.

0. Problemstellung
(a) Leugnungen des Satzes vom Widerspruch
Ausgangssituation:
Es gibt einige Leute, darunter einige Physiker, die den Satz des Widerspruchs
leugnen oder zumindest nicht für absolut notwendig halten.
Aristoteles geht von den Einsichten in Kapitel 3 aus und versucht diese Leute zu
widerlegen.

(b) Unmöglichkeit eines direkten Beweises für den Satz vom Widerspruch
Wenn die Leugner des Satzes vom Widerspruch einen Beweis für diesen
erfordern, antwortet Aristoteles darauf, dass eine solche Forderung
unberechtigt ist.
Warum?
Der Grund dafür ist, dass es nicht möglich ist für alles einen Beweis zu finden.
Würde man dies für den Satz vom Widerspruch versuchen, so würde “ein
Fortschritt ins Unendliche eintreten und auch so kein Beweis stattfinden”.
Aristoteles will einem unendlichen Regress ausweichen.

(c) Der Gegner wird widerlegbar, sobald er überhaupt etwas sagt.


Warum ist ein direkter Beweis nicht möglich?
Weiterer Grund: Weil bei dem Beweis das zu Erweisende (der Satz
vom Widerspruch) schon vorausgesetzt ist und bereits angewendet
wird.
Es besteht jedoch die Möglichkeit eines „widerlegende[n] Beweis[es] (elenktikôs
apodeîxai)“ (S. 106). Die „elenchische Widerlegung“ bedient sich der
sokratischen Methode.
Ziel der sokratischen Methode: Reductio ad absurdum der Überzeugung des
Redners. Man stellt dem Redner Fragen bis er sich selbst widerlegt und seine
ursprüngliche Überzeugung aufgeben muss.
→In diesem Fall soll man den Gesprächspartner nicht bei einem
Selbstwiderspruch erwischen (er glaubt ja nicht an S v W) sondern bei
mindestens einer Aussage, auf die er/sie sich festgelegt hat (die also
determiniert ist) und die nicht kontradiktorisch ist.
(umgekehrte Anwendung der sokratischen Methode)

“Although PNC is not subject to demonstration, it is subject to “elenctic refutation” according to Aristotle. The
“elenchus” refers to the Socratic method of argument. When Socrates uses the elenchus, he gets his opponent
to refute himself out of his own mouth. The opponent makes a proposal that is shown to conflict with
other claims to which he agrees. To be consistent, the opponent must give up one of these claims, and
he usually abandons the original proposal. This is the method of reductio ad absurdum familiar to ancient Greek
geometers and modern formal logicians and mathematicians.

The idea of using an elenchus is at first sight very puzzling. The person claiming to reject PNC is not being consistent
and apparently does not want to be. Aristotle is not trying to catch the opponent in a formal contradiction. The opponent
purportedly does not care about that, and it would be begging the question. Instead, Aristotle’s trick is to draw the
opponent into saying something, without making a complete statement, that shows that he does accept that x is F and is
not at the same time not F, in spite of the words he previously said. In other words, Aristotle needs to show that his
opponent is committed to at least one thing that is not contradictory. The Socratic method is turned on
its head.” (Aristotle on Non-contradiction (Stanford)).

Der eigentliche Ausgangspunkt für die Widerlegung der Leugner des Satzes:
(d) Die Tatsache, dass der Redende etwas zu verstehen gibt
Wenn der Redende in seiner Rede, die Dinge für sich so bezeichnet wie für
einen anderen, dann ist schon etwas fest bestimmt, und man kann ihm die
Wahrheit des ersten Axioms zeigen.
In anderen Worten:
Kommunikation ist nur möglich, weil der Redende mir etwas zu
verstehen gibt, und zwar etwas Bestimmtes. Gäbe er mir zugleich eines und
sein Gegenteil zu verstehen, wäre Kommunikation sinnlos und unmöglich. Da
aber Kommunikation funktioniert und mir der Gesprächspartner Bestimmtes
mitteilt, kann dies als indirekter Beweis für den Satz vom Widerspruch
angenommen werden.
→Die Geltung des Satzes vom Widerspruch wird hier zur Bedingung
der Möglichkeit von sinnvoller und verständlicher Rede.
(Elenchische Widerlegung funktioniert also wie ein transzendentales
Argument).

Die Beweise (7 Beweise), die weiterhin gegeben werden, sollen diese letzte
Einsicht von 0. d) weiter ausführen und vertiefen.
1. Beweis (in vier Abschnitte gegliedert)
1. Beweis (a) Die Wörter “sein” und “nicht sein” haben eine bestimmte
Bedeutung, so dass sich nicht alles so und nicht so verhalten kann.

1. Beweis (b) Wörter wie “Mensch” bezeichnen ein bestimmtes Eines. (Vergleich
0. c. und d.)
Aristoteles vertritt die Ansicht:
Das Wesen des Menschen muss in einem Namen oder in einer begrenzten
Vielheit von Namen (wegen der Mehrdeutigkeit des Namens Mensch) enthalten
sein. Wäre dies nicht so, und bezeichne das Wort “Mensch” unendlich vieles,
dann wäre “gar keine Rede möglich, den nicht ein Bestimmtes bezeichnen
ist dasselbe wie nichts bezeichnen”.
Weitere Begründung:
“Bezeichnen aber die Worte nichts, so ist die Möglichkeit der Unterredung mit
andern aufgehoben, in Wahrheit auch die Möglichkeit der Unterredung mit sich
selbst. Denn man kann nichts denken, wenn man nicht Eins denkt; ist
dies aber der Fall, so würde man auch für diese Sache einen Namen setzen
können.”
Man kommt zu dem Schluss:
→ Das Wort (jedes Wort) bezeichnet somit etwas bestimmtes und es bezeichnet
Eines.

1. Beweis (c) Das Menschsein kann nicht dasselbe bezeichnen wie das Nicht-
Mensch-sein.
Warum?
“Dann ist es nicht möglich, dass Mensch-sein dasselbe bezeichne wie Nicht-
Mensch-sein, sofern nämlich das Wort Mensch Eines bezeichnet nicht
bloss als Prädikat von Einem, sondern als selbst Eins. (Denn nicht so
wollen wir das Eins-bezeichnen verstanden wissen, dass etwas Prädikat von
Einem sei; denn in diesem Sinne würde auch gebildet und weiss und Mensch
Eins bezeichnen, und alles würde Eins sein, weil alles gleichbedeutend
sein würde.)”

Erklärung:
→ Wenn Mensch-sein und Nicht-Mensch-sein Prädikate von Einem, einer
Ganzheit, sein würden, würden sie die gleiche Referenz teilen und ihre
Bedeutungen würden zusammenfallen. Dies ist aber nicht der Fall, denn
Menschsein und Nicht-Mensch-sein bezeichnen Verschiedenes und schliessen
einander aus. Sie müssen also selbst Eins sein und nicht beide Attribute
derselben Einheit. (Sie müssen Wesenheiten, nicht Akzidentien sein. Sie
müssen Subjekte, nicht Prädikate sein.)

1. Beweis (d) Analoge Überlegung ausgehend vom Nicht-Menschsein;


Unterscheidung zwischen dem, was etwas ist, und seinen Akzidentien.
i) Anwendung des vorherigen Arguments auf das Nicht-Menschsein.
ii) Man könnte meinen, dass Menschsein, Nicht-Menschsein und weiß-
sein nicht voneinander verschieden sind und in Einem zusammenfallen.
Stellt man aber die Frage was ein Mensch ist, so kann man bei der
Antwort nicht unendlich viele Prädikate (auch in sich kontradiktorische)
aufzählen, denn man würde somit die Frage nicht beantworten und nicht
mehr Rede halten.

iii) Die, welche behaupten, dass Wörter unendlich Vieles bedeuten und
dass alle Wörter Prädikate von Einem sind, heben damit die Wesenheit
auf und glauben nur an Akzidentien.

Definition der Wesenheit:


“Etwas als Wesenheit eines Dinges bezeichnen heißt aussagen,
dass es sein eigentümliches Sein in nichts anderem habe.”

Grund weshalb die Existenz der Wesenheit notwendig ist:


iv) „Wird aber alles nur in akzidentellem Sinne ausgesagt, so gäbe es ja
gar nichts Erstes, wovon ausgesagt würde, sofern ja das Akzidens immer
das Prädikat eines Substrates (hypokeímenon) ist. Es müsste also ins
Unendliche fortgehen. Das ist aber nicht möglich, da nicht mehr als zwei
miteinander verbunden werden; denn das Akzidens ist nicht Akzidens
eines Akzidens, ausser insofern beide Akzidenzien an demselbigen sind.“

Es gibt also nur zwei Möglichkeiten:


1. Ein Akzidens bzw. ein Prädikat wird von einer Wesenheit, einem
Subjekt, ausgesagt.
2. Zwei Akzidenzien verbinden sich und sind an einem Dritten, das die
Wesenheit ist.

Beispiele Aristoteles:
Für Fall 1: „Sokrates ist gebildet“
Für Fall 2: „das Weiße ist gebildet und das Gebildete weiß, weil beides
Akzidenzien des Menschen sind“
Achtung Fehler: Aristoteles nennt das Beispiel „Sokrates ist gebildet“ und
bezieht sich später auf das Akzidens „weiß“.

Ergebnis:
• Nicht alles kann als Akzidens ausgesagt werden.
• Es muss einen Namen geben, welcher die Wesenheit bezeichnet.
• Damit ist die gleichzeitige Prädizierung von Widersprüchichem
von der Wesenheit ausgeschlossen und die Geltung des Satzes vom
Widerspruch sichergestellt.

Anhand dieses letzten Arguments wird klar, dass die Akzeptanz von der
Substanzlehre Aristoteles und die Akzeptanz des Satzes vom
Widerspruch Hand in Hand gehen.
→ Wenn man die Substanzlehre annimmt, dann auch den Satz vom
Widerspruch.

2. Beweis. Wenn alle Widersprüche vereinbar sind, wären alle Dinge eins.
„[W]enn zugleich alle Widersprüche (antipháseis) über denselben Gegenstand
wahr sind, so müßte offenbar alles Eins sein. Denn es würde dasselbe Schiff und
Mauer und Mensch sein, wenn man von jedem Dinge etwas bejahend oder
verneinend prädizieren kann, wie diejenigen notwedig zugeben müssen, welche
der Lehre des Protagoras beistimmen.“
Aus diesem Denken folgt, „dass nichts in Wahrheit existiert“ (wie bei dem
Allzusammen (apeiron) des Anaxagoras).
Aristoteles wendet gegen Protagoras ein/stellt den Vorwurf:
Protagoras, Anaxagoras und ihre Nachfolger reden über das Bestimmte,
beziehen sich aber unwillentlich auf das Unbestimmte und damit auf das Nicht-
Seiende.
Begründung: „denn was nur dem Vermögen (dynámei), nicht der Wirklichkeit
nach (entelecheía) ist, das ist das Unbestimmte.“ (S. 110)
→ Die beiden Begriffe werden im weiteren Verlauf nochmals auftauchen.

(“Sie müssen nun aber von jedem Dinge jede Verneinung oder
Bejahung aussprechen; denn es wäre unstatthaft, wenn einem jeden seine
eigene Verneinung zwar zukommen sollte, die Verneinung eines andern aber,
das ihm nicht zukommt, nicht zukommen sollte. Ich meine z.B., wenn es wahr
ist, vom Menschen zu sagen, dass er nicht Mensch ist, so ist es offenbar auch
wahr, dass er nicht Schiff ist.”)
3. Beweis. Wer den Satz vom Widerspruch leugnet, muss auch den
Satz vom ausgeschlossenen Dritten leugnen.
„Wenn es wahr ist, dass der Mensch zugleich nicht Mensch ist, so müsste er
offenbar auch weder Mensch noch nicht Mensch sein.“
Erklärung:
Im Normalfall (unter Geltung des Satzes vom Widerspruch) ist der Mensch
entweder Mensch oder nicht Mensch, Sätze wie „Der Mensch ist zugleich nicht
Mensch“ können nicht wahr sein. Unter diesen Bedingungen ist eine dritte
Möglichkeit „Der Mensch ist weder Mensch noch nicht Mensch“
ausgeschlossen. Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten gilt.
Nun, aber, indem man den Satz des Widerspruchs leugnet und
widersprüchliche Aussagen wie „Der Mensch ist zugleich nicht Mensch“ zulässt
und für wahr hält, gilt der Satz vom ausgeschlossenen Dritten nicht mehr und
der Mensch kann „weder Mensch noch nicht Mensch sein“.

Begründung:
„Denn jene zwei Aussagen haben zwei Verneinungen, oder wenn man dieselbe
als eine einzige aus beiden gebildet ansieht , so würde auch diese als eine einzige
entgegengesetzt sein.“ (S. 110)

Jene zwei Aussagen sind:


1. Der Mensch ist zugleich nicht Mensch.
Verneinung: Es ist nicht der Fall, dass der Mensch zugleich nicht Mensch ist.
Oder: Der Mensch nicht zugleich nicht Mensch.
2. Der Mensch ist weder Mensch noch nicht Mensch.
Verneinung: Es ist nicht der Fall, dass der Mensch weder Mensch noch nicht
Mensch ist.

Erklärung:
„Denn jene zwei Aussagen haben zwei Verneinungen“:
1. Der Mensch ist Mensch. Verneinung: Der Mensch ist nicht Mensch.
2. Der Mensch ist nicht Mensch. Verneinung: Der Mensch ist Mensch.
„Oder wenn man dieselbe als eine einzige aus beiden gebildet ansieht“:
Der Mensch ist zugleich nicht Mensch.

„so würde auch diese als eine einzige entgegengesetzt sein.“:


Der Mensch ist weder Mensch noch nicht Mensch.

Tertium non datur, ein Drittes ist nicht vorhanden, lautet der Grundsatz vom
ausgeschlossenen Dritten (Principium exclusi tertii seu medii inter duo contradictoria), nach
welchem Urteile, die bei gleichem Subjekte kontradiktorisch einander entgegengesetzte
Prädikate haben (z.B. A = B, A ist nicht = B), nicht beide falsch sein können und nicht die
Wahrheit eines dritten Urteils zulassen, so daß eins von beiden wahr sein muß. Aus der
Falschheit des einen folgt daher die Wahrheit des anderen. Denn die Falschheit der Bejahung
ist gleichbedeutend mit der Abweichung der Vorstellungskombination von der Wirklichkeit,
folglich mit der Wahrheit der Verneinung. Der obige Satz gilt übrigens nur von
kontradiktorischen, nicht von konträren Prädikaten gleicher Subjekte; diese können beide
falsch oder beide richtig sein.

4. Beweis. Unsinnige Folgen der vollständigen und der teilweisen Leugnung des
Satzes vom Widerspruch.
Der vierte Beweis versucht zu zeigen, dass aus der vollständigen oder teilweisen
Leugnung des Satzes Unsinniges folgt.
Vollständige Leugnung: der Satz vom Widerspruch trifft auf alle Dinge.
Teilweise Leugnung: der Satz vom Widerspruch trifft nur auf einige Dinge.

(a) Was aus der teilweisen Leugnung erfolgt:


Die Dinge, von denen nicht Widersprüchliches ausgesagt werden kann, müssten
bekannt und bestimmt sein.
(Was sie aber nicht sind)

(b) Folgen der vollständigen Leugnung werden von Aristoteles folgendermassen


beschrieben:
„Verhält es sich dagegen bei allen so, so wird wiederum entweder bei allen, bei
welchen die Bejahung stattfindet, auch die Verneinung, und bei denen die
Verneinung, auch die Bejahung stattfinden, oder es wird zwar, bei denen die
Bejahung stattfindet, auch die Verneinung, aber nicht umgekehrt bei allen,
bei denen die Verneinung, auch die Bejahung stattfinden.“
Das was zuletzt gesagt wird ist das Entscheidende:
→ Wenn man sagt was etwas nicht ist, sagt man damit nicht unbedingt was
etwas ist. Man sagt nichts Positives über es aus. Das Positive bleibt auf diese
Weise unbenannt und unbestimmt. (Beispiel: Gott bei der negativen Theologie)

Folgen der vollständigen Leugnung:


(i) Dass es Nicht-Seiendes gibt, wäre sicher und damit auch, dass es Seiendes
gibt.
(Wenn das Nicht-Seiende für sie erkennbar wird, dann muss das Seiende noch
viel erkennbarer sein.)
(ii) Man redet immer notwendig die Wahrheit „entweder indem man trennt […]
oder indem man nicht trennt“.
„Kann man nun die Wahrheit nicht aussagen, indem man trennt, so sagt man
dies [diesen Satz, dass das Entgegengesetzte zugleich wahr sein solle] gar nicht
aus, und es ist überhaupt nichts.“ (S. 111)
Erklärung: Wenn es aber auch nicht möglich ist, die Wahrheit
trennend zu sagen, dann kann aus dieser Position auch gar nicht der
Satz vom Widerspruch relativiert oder widerlegt werden, da man dazu
noch sprechen können müsste und Bestimmtes vermitteln können müsste.

5. Beweis. Genau genommen kein Beweis, sondern erneute Behauptung des


Axioms.
Man kann nicht dasselbe zugleich mit Wahrheit bejahen und verneinen. (Ein
Satz kann nicht zugleich wahr und falsch sein.)
Dies halten aber die Anhänger von Heraklit, Protagoras und Anaxagoras als eine
Annahme des zu Beweisenden (der Satz vom Widerspruch)

6. Beweis. Ist es unrichtig zu sagen, dass etwas sich so verhält oder sich nicht so
verhält, und richtig, beides zugleich anzunehmen?
Der sechste Beweis gibt die auch unsinnigen Folgen an, die die Leugnung des
Satzes bei der Suche nach dem Wesens der Natur oder des Seienden mit sich
bringen würde.

Folgen:
(a) Aussagen über die Natur oder die Beschaffenheit des Seienden
werden sinnlos.
Aristoteles stellt eine rhetorische Frage um den Unsinn zu
verdeutlichen/offenzulegen:
“Ist der letztere in der Wahrheit, was ist denn dann damit gemeint, wenn man
sagt, die Natur des Seienden sei so beschaffen?”
Aristoteles will mit dieser Frage darauf aufmerksam machen, dass die, die den
Satz des Widerspruchs nicht anerkennen, gar keine Behauptung über die Natur
des Seienden aussprechen können. Weil sie damit zeigen würden, dass doch
eine Bestimmung zu treffen, möglich ist. Damit würden sie ihrer eigenen Lehre
widersprechen.

(b) Wenn es nicht der Fall ist, dann ist die Natur des Seienden in dieser Hinsicht
bestimmt, und der Satz vom Widerspruch wäre wahr und nicht zugleich falsch.

(c) Wenn Irrtum und Wahrheit überall zusammenfallen, kann man nichts
aussagen.

(d) Die Vertreter dieser Lehre widersprechen dieser Lehre durch ihre eigene
Praxis.
Alle nehmen an, dass sich etwas auf eine bestimmte Weise verhält, weil sie in
ihrem Handeln und in ihrer Suche nach Dingen, die ihre Bedürfnisse
befriedigen sollen, nicht alles für gleich halten und durchaus zwischen Dingen
unterscheiden. Menschen unterscheiden zwischen Dingen, die sich besser oder
schlechter für ihre Zwecke eignen.

Kritik an Aristoteles:
Dieses Handeln, das Aristoteles beobachtet, ist unabhängig von den
Beschreibungen und den Theorien, die man über dieses Handeln erstellt. Dieses
Handeln muss nicht mit der Idee, die Aristoteles von diesem Handeln hat,
übereinstimmen.
Man kann so handeln, als ob man bestimmte Überzeugungen hätte, ohne, dass
man sie wirklich hat.

MIRA STANFORD PUNTO 6.

7. Beweis. Auch wenn alles sowohl so und nicht so ist, gibt es Grade des Irrtums,
folglich eine Wahrheit, der man näher oder ferner ist.
Beispiel Aristoteles: “den nicht in gleicher Weise würden wir die Zwei ungerade
nennen und die Drei, und nicht in gleichem Irrtum befindet sich, wer vier für
fünf hält, und wer tausend dafür ansieht.”
“Irren also diese nicht gleich sehr, so irrt der eine weniger und hat daher mehr
Wahrheit.”

MIRA STANFORD PUNTO 7.

5. Widerlegung der Argumente gegen den Satz vom Widerspruch


und für die Behauptung, dass alle Erscheinungen wahr sind
Im fünften Kapitel finden sich Widerlegungen der Argumente von Demokrit,
Empedokles, Anaxagoras, Heraklit, die den Satz des Widerspruchs dadurch
leugnen wollen, dass sie sich auf die ständige Veränderung der sinnlichen
Wahrnehmung berufen.
Auch Widerlungen, gegen die (Protagoras), die den Satz dadurch relativieren,
dass sie von der Wahrheit aller Erscheinungen ausgehen und überzeugt sind.

0. Die verschiedenen Positionen der Gegner des Satzes vom


Widerspruch.
Aristoteles unterscheidet zwischen zwei Typen von Gegnern:
1. die, „welche so reden, nur um so zu reden“ (Sophisten)
2. die, „welche vom Zweifel aus zu dieser Annahme gelangten“ (Vorsokratiker,
die falsch, doch ernst gedacht haben)
→ Da auf die ersten nur Gewalt anwendbar ist, wendet er sich dem zweiten Typ
von Denkern zu und gibt Gründe an, die sie von der Geltung des Satzes
überzeugen sollen.

Auseinandersetzung mit:
1. Denjenigen, die aufgrund der sinnlichen Wahrnehmung an der
Gültigkeit des Satzes zweifeln.
(a) Erläuterung der Position.
„Einmal nämlich, dass die Widersprüche und Gegensätze zugleich existierten,
glaubte man darum, weil man aus demselben das Entgegengesetzte
werden sah; wenn es nun nicht möglich ist, dass etwas war ohne zu sein, so
war schon vorher die Sache beides.“ (S. 114)
(Dies ist die Lehre von Anaxagoras und Demokrit)
(b) Kritik
Die, welche so denken, erkennen nicht, dass das Seiende in zwei Bedeutungen
gebraucht wird:
1. Etwas, dass aus dem Nicht-seienden werden kann. (dem Vermögen nach)
2. Etwas, dass aus dem Nicht-seienden nicht werden kann. (der Wirklichkeit
nach)
Dies ist die entscheidende Unterscheidung, die den Vorsokratikern fehlte.
Sie verstanden deswegen folgendes nicht:
„[D]em Vermögen nach (dynámei) kann dasselbe zugleich Entgegengesetztes
sein, der Wirklichkeit nach (entelecheía) aber nicht.“ (S. 114)
→Die Unterscheidung zwischen Aktuellem (der Wirklichkeit nach) und
Potenziellem (dem Vermögen nach) ermöglicht es Aristoteles das Problem von
Anaxagoras und Demokrit aufzulösen. Ein Ding kann potenziell F und nicht F
sein, aber nicht aktuell, zur selben Zeit.

Auseinandersetzung mit
2. Denjenigen, die meinen, dass das Erscheinende das Wahre ist.
(a) Darstellung der Position
Aristoteles präsentiert ihr Argument:
1. Prämisse: Es gibt drei Fälle, bei denen es zu widersprüchlichen
Erscheinungen kommt:
a. Dinge erscheinen verschiedenen Menschen anders.
Aristoteles zieht das Beispiel heran, dass „dasselbe einigen beim Kosten
süß scheine, anderen bitter“ (S. 115).
b. Dinge erscheinen Individuen unterschiedlicher Spezies anders
(Vergleich zwischen der Wahrnehmung von Menschen und Tieren)
c. Dinge erscheinen selbst der Sinneswahrnehmung desselben
Individuums nicht immer gleich.

2. Prämisse: Es ist unklar was wahr und was falsch ist, denn jede
Sinneswahrnehmung von jedem Individuum besitzt dieselbe Geltung.

3. Schlussfolgerungen:
a. Nichts ist wahr. (Demokrit)
b. Wenn es etwas wahres gibt, bleibt es uns verborgen. (Demokrit)
c. Alles ist genauso wahr wie alles andere. (Alles was der
Sinneswahrnehmung erscheint ist wahr.)

(b) Erklärung
Demokrit, Empedokles, Heraklit halten nur das Sinnliche für die Wahrheit des
Seienden. Da sich in der Natur alles ständig verändert, ziehen sie den Schluss,
dass es keine wahren Aussagen über die Natur geben kann.

(c) Kritik
i) „Das Werdende, indem es eine Eigenschaft eben verliert, hat noch etwas von
dem, was es verliert, und muss schon etwas von dem sein, was es wird. Und
überhaupt: soll etwas untergehen, so muss es als ein Seiendes vorhanden sein,
und wenn dagegen etwas entsteht, so muss etwas sein, woraus und wodurch es
erzeugt wird, und dies kann nicht ins Unendliche gehen.“ (S. 116)
ii) Dinge mögen sich in der Quantität verändern, aber nicht in der Qualität.
Da wir aber die Dinge nach ihrer Form (eîdos), also nach ihrer Qualität,
erkennen, stellt die Veränderung der Quantität kein Problem für die Erkenntnis
des Seienden dar.
iii) Nur die sinnlichen Dinge verändern sich ständig. Sie machen aber nur einen
oder keinen Teil des Weltalls aus, denn das Weltall besteht eigentlich aus
unbewegten Dingen.
iv) Es gibt neben der sinnlichen Welt, eine unbewegte Wesenheit (akínetos
phýsis)

3. Kritik an dem Standpunkt des Protagoras (Alles Erscheinende ist wahr)


Gründe, weshalb nicht alles Erscheinende wahr ist:
(a) Unterschied zwischen Wahrnehmung und Vorstellung
Sinneswahrnehmung ist nur in dem ihr eigentümlichen Gebiet frei
von Irrtum. (Die Sicht kann nur über Gesehenes, nicht über Gehörtes
urteilen.)
Die Vorstellung unterscheidet sich von der Sinneswahrnehmung.

(b) Er stellt eine Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis heraus.


Leute haben in der Praxis keine Probleme damit, falsche von wahren
Erscheinungen zu unterscheiden.
Aristoteles nennt mehrere Beispiele dafür. Man wird beispielsweise nicht etwa
glauben, dass sich die reale Grösse einer Sache verändert hat, nur weil man ihr
näher gekommen oder sich von ihr entfernt hat.

(c) Vorzug von Experten – gegenüber Laienvoraussagen.


Wenn man mit einem Phänomen konfrontiert ist, der einem fremd ist, wird
man in der Praxis immer eher den Meinungen von Experten als denen von
Laien vertrauen. (Beispiel Arzt)

(d) Keine Aussage einer Sinneswahrnehmung verletzt den Satz vom


Widerspruch
„Keiner aber von diesen Sinnen erklärt zu gleicher Zeit über dasselbe, dass es
sich so verhalte und auch nicht so verhalte.“ (S. 118)
z.B.: Der Wein kann, in dem Moment in dem ich es koste, nur ausschliesslich
süss oder nur ausschliesslich nicht süss schmecken.

Der letzte und wichtigste Grund:


(e) Die Existenz des Wahrnehmenden setzt die Existenz von Lebewesen voraus.
„Überhaupt aber würde, wenn nur das Sinnlich-wahrnehmbare ist, nichts sein,
wofern die beseelten Wesen nicht wären; denn es gäbe dann keine
Sinneswahrnehmung.“ (S. 118)

Die Substrate, die die Wahrnehmung hervorbringen, gehen der Wahrnehmung


notwendigerweise voraus. Deswegen gehen auch wahrnehmende Lebewesen der
Wahrnehmung voraus. Sie sind die Bedingung der Möglichkeit von
Wahrnehmung. (Transzendentales Argument)
Da Aristoteles Realist ist, bleibt das Substrat von der Wahrnehmung
unabhängig. Er kann sich nicht vorstellen, dass Wahrnehmung, Wahrnehmung
ihrer selbst ist. Sie ist Wahrnehmung eines Anderen, von ihr Unabhängigen und
Verschiedenen, und hängt von diesem Anderen auch ab.

Kapitel 6. Die grundsätzlichen Fehler in der relativistischen


Position. Erneute Bekräftigung des Satzes vom Widerspruch

Aristoteles analysiert die relativistische Position des Protagoras,


zieht Konsequenzen daraus
und er schlägt eine veränderte Version der Lehre des Protagoras vor, die nicht
gegen den S v W verstösst.
Schliesslich, verteidigt er noch den Satz vom Widerspruch.

1. Grundsätzliche Zurückweisung der relativistischen Position.


(a) Sinnlosigkeit der Suche nach einem Beweis des Prinzips aller Beweise.
Auf den Einwand des Relativisten, man solle den Satz beweisen,
antwortet Aristoteles:
1. Die, die ein Beweis fordern, zeigen durch ihre Handlungen, dass sie nicht
wirklich davon überzeugt sind, und
2. Das Prinzip des Beweises kann nicht selbst Beweis sein.
(b) Selbstwidersprüchlichkeit der Position.
“Die dagegen in Worten gezwungen sein wollen, verlangen etwas Unmögliches;
sie fordern, man solle das Entgegengesetzte beweisen, während sie doch selbst
schon Entgegengesetztes aussprechen.”
Erklärung:
Sie fordern einen Beweis für den Satz vom Widerspruch, wobei sie selbst ihren
eigenen Standpunkt ohne weiteren Beweis schon vertreten und im Grunde
genommen auch gleichzeitig keinen Beweis fordern (weil sie stets zugleich eines
als auch sein Gegenteil sagen).

2. Konsequenzen der Zurückweisung der relativistischen Position:


(a) Nicht alles Erscheinende ist einfachhin wahr.
Nicht alle Erscheinungen sind wahr und können gleich relativiert
werden, denn es wurde gezeigt, dass es Dinge gibt, die nicht relativ
sind, sondern an und für sich existieren (die Substrate, das Lebewesen,
dass die Sinneswahrnehmung hat). Diese bilden die objektive Bedingung, dafür,
dass es überhaupt zu Erscheinungen kommen kann.
„Wer also alles Erscheinende für wahr erklärt, der macht alles Seiende zu bloss
Relativem.”

(b) Die den Satz vom Widerspruch mit Worten bestreiten, geraten in
Widersprüche, wenn sie sagen, dass das Erscheinende ist.
Sie können nicht einfach allgemeinernd sagen, dass das Erscheinende (wahr)
ist, sondern sie müssen noch ergänzen dass, „das Erscheinende für den ist,
dem es erscheint, und wann und inwiefern und wie es erscheint.“ (S.
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→Sie müssen also nähere Bestimmungen hinzufügen, damit sie nicht in
Widersprüche geraten.
→ Diese Modifizierung der Aussage erlaubt es ihnen, nicht mehr
gegen den Satz vom Widerspruch zu verstossen.
(Worin besteht der Widerspruch? Na ja, sie müssten dann
konsequent nicht nur sagen, dass das Erscheinende ist, sondern dass
es auch nicht ist.)

(c) Denen, die wirklich denken, dass etwas zugleich wahr und falsch sein kann,
kann man erklären, dass dies nicht für dieselbe Person zum selben Zeitpunkt
usw. gilt.
Weitere notwendige Bestimmungen: Demselben Sinne in derselben Beziehung,
derselben Weise und derselben Zeit.

(d) Die Gegner unter (b) müssten die Konsequenz ziehen, dass alles
Erscheinende wahr für jemanden ist, womit wiederum jedes nur in Beziehung
auf etwas ist.
Das Erscheinende ist “wahr für diesen, dem es erscheint”. Damit wird alles als
relativ erklärt. Alles existiert nur relativ in “seiner Beziehung auf Meinung und
Sinneswahrnehmung” jedes einzelnen Individuums.

3. Unsinnige Implikationen der relativen Form aller Behauptungen:


(a) Nichts kann werden ohne vorhergehende Meinung.
“Ist es dagegen wahr, dass etwas geworden ist und sein wird, so ist es offenbar
nicht wahr, dass alles nur durch die Beziehung auf das Meinen existiere.”

(b) Zwei absurde Folgen der Annahme, dass alles, was eins ist, eins ist mit
Bezug auf etwas.
i) “Wenn nun dem Meinenden gegenüber Mensch und Gemeintes dasselbe ist,
so kann dann das Meinende nicht Mensch sein, da vielmehr das Gemeinte
Mensch ist.”
→ D.h. dass die Substrate mit der Wahrnehmung und der Vorstellung der Substrate im
Denken des Menschen zusammenfallen würden, was nicht sein kann, da das erste die
notwendige Bedingung des zweiten ist.

ii) “Und wenn jedes durch seine Beziehung zum Meinenden ist, so müsste das
Meinende zu der Art nach unendlich vielen Dingen in Beziehung stehen.”
Warum ist das ein Problem?

4. Zusammenfassende Bestätigung des Satzes vom Widerspruch.


+ Wenn widersprüchliche Aussagen über denselben Gegenstand
ausgeschlossen sind, dann auch konträre Aussagen.
Textstelle:
“Da nun aber unmöglich der Widerspruch zugleich von demselben Gegenstande
mit Wahrheit ausgesagt werden kann, so kann offenbar auch das Konträre nicht
demselben Gegenstande zugleich zukommen. Denn von den beiden Gliedern
eines konträren Gegensatzes ist das eine nicht minder Privation, Privation
der Wesenheit.”

Beispiel:
Kontradiktorische Aussagen: “Alle Hunde sind lieb” und “Alle Hunde sind nicht
lieb”/ “Einige Hunde sind nicht lieb.”
Konträre Aussagen: “Alle Hunde sind lieb.” und “Kein Hund ist lieb.”
(Mit Privation der Wesenheit ist gemeint: “Kein Hund”.)
Weil im konträren Gegensatz bei einem Glied die Wesenheit verschwindet, kann
auch das Konträre nicht demselben Gegenstand zugleich zukommen.
→ Siehe Quadrat der Syllogistik

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