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Author(s): H. Grassmann
Source: Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete der
Indogermanischen Sprachen , 1877, 23. Bd., 6. H. (1877), pp. 559-579
Published by: Vandenhoeck & Ruprecht (GmbH & Co. KG)
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Indogermanischen Sprachen
Ursprung
der präpositionen im Indogermanischen.
Einleitung.
Es ist unmöglich, über die präpositionen zu schreiben, ohne
zugleich auf manigfache weise in das übrige gebiet der formellen
sprachtheile, zu denen die präpositionen gehören, hinüber zu
streifen; ja, es ist der wesentliche zweck dieses aufsatzes, an
dem beispiel der präpositionen womöglich einen einblick zu er-
öffnen in dies in so vieler hinsieht räthselhafte gebiet. Aber
der erforschung auf diesem gebiete tritt überall die von den
Griechen und Römern ererbte terminologie hemmend entgegen.
Die namen: präpositionen, pronomen, konjunktionen und der
Sammelname partikeln, so unpassend sie an sich sind, könnte
man sich wohl gefallen lassen, wenn sie nicht zusammengehörige
begriffe zerrissen und ganz verschiedenartige zusammenwürfen.
Es bleibt mir daher nichts übrig, als hier in kurzem überblick
diejenige eintheilung dieses gebietes anzugeben, welche mir als
die naturgemässe erscheint. Nämlich die beziehungen, welche
durch diese formellen elemente ausgedrückt werden, sind ent-
weder subjective beziehungen auf den redenden und hörenden
oder objective beziehungen zwischen den begriffen. Beide klassen
zerfallen wieder in zwei Unterklassen. Nämlich die beziehung
auf den redenden und hörenden kann so ausgeprägt werden,
dass die gegenstände nicht ihrem begriffe nach benannt, sondern
als jenen beiden bekannt oder von ihnen in frage gestellt nur
so weit angedeutet werden, dass sie beide dasselbe darunter
verstehen. Die Wörter, durch die das geschieht, hat man in
neuerer zeit mit dem sehr treffenden namen der deute-
wörter oder deuter benannt. Nach der alten benennung ge-
hören dazu die pronomen und die adverbialen partikeln (da,
wo u. s. w.). Zweitens kann die subjective beziehung darin
bestehen, dass die logische Verbindung, in welche die darge-
stellten gedanken von dem hörenden gestellt werden sollen,
hervorgehoben wird. Die Wörter, durch welche die art dieser
logischen gedankenverknüpfung ausgedrückt wird, und die man
wohl Bindewörter (Binder) genannt hat, haben mit den
übrigen konjunktiven, weder ihrem wesentlichen bev riffe noch
37*
§ 2. Die präpositionselemente.
Es sollen die präpositionselemente
sonanten geordnet aufgestellt und ihre
werden. Auf ihre bedeutung wird er
1) ha, gotisch mit unregelmässiger
regelmässige Verschiebung ha findet s
ßaivco bei Alkman ist, wie die bedeutung zeigt, aus xará,
xa% verkürzt. Daraus entspringt vermittelst der in § 2 ver-
zeichneten elemente.
a. mit 3: xa-xá (abwärts gehende bewegung, daher ab-
stract Schädigung, Vernichtung);
b. mit 18: lat. co-wi (zusammen, mit)*
2) a-Jei, gr. ix (aus, heraus).
Daraus
a. mit 25 ohne bedeutungsänderung : e£, lat. ex.
3) ku-tn, gr. %vv, wo £ aus älterem x entsprungen scheint.
t
3) ana-, zd. ana-, an-, a-, sk. an-, a-, gr. âva-, àv-, à-, osk.,
ir. an-, lat. in-, germ, un-, überall verneinend. Die form ohne
anlautendes a, was auch hier als demonstrativstamm (wegen
der beziehung auf den gegenstand) zu deuten ist, bildet die
negirende partikel.
4) ni, sk. ni (nieder, herab, zurück). Gegen die entstehung
aus *ani durch abweichung des a zeugt die bedeutung von ni
und noch entschiedener die form und bedeutung der hieraus
entsprossenen germanischen bildungen. Hieraus
a. mit 3: ags. ni-dhe-, nidh- (nieder), davon weiter mit
20: ags. nidhe-r = ahd. nida-r (vergi, nida-na) = nhd. nieder.
b. mit 9: sl. ni-zu (nieder).
c. mit 24: sk. ni-s (heraus).
Zeitschrift für vergi. Sprachf. N. F. III, 6. 38
p.
a. mit 20: pu-ra, got. faura (vor, vorher), faur (vor, voran,
vorüber, ver), ahd. fora = nhd. vor. Hieraus wieder durch
25: sk. purá-s (vor, vorne).
b. mit 21: pu-ri, ahd. furi = altn. fyri = nhd. für.
3) apa, sk. apa, ano, lat. ab, got. a/*, ahd. afea, ab, nhd.
a&, sämmtlich mit der bedeutung der abtrennung oder ent-
fernung von dem gegenstande. Daraus
a. mit 3: got. af-ta, ags. eft (zurück, wieder) und daraus
weiter mit 20: got. aft-ra (zurück, wieder), ahd. aftar (zu-
rück, nach).
b. mit 20: apa-ra, got. afa-r (nach, hinter einem andern
her), altn. afar- (überaus, sehr). Im hochd. ist aber adverb
(= wieder) und bindewort.
c. mit 25: lat. ab-s = ab.
m.
1) va. Daraus
a. mit 9, 10 unter Verwandlung des dh in h : lat. velie-, vë-
(s. o.). Es scheint mit dem sk. vahi-s oder bahi-s »aussen be-
findlich« in Verbindung zu stehen.
2) vi, sk. vi (auseinander, nach verschiedenen richtungen).
Die vielfach angenommene entstehung aus dem zahlwort ävi
wird durch die daraus entsprungenen formen widerlegt, nämlich
a. mit 3: ags. vidh (wider, zurück) als präposition »mit«
und hieraus weiter durch 20: got. viih-ra, ags. vidhe-r, ahd.
wida-r, nhd. iviäer, überall mit der bedeutung »wider, gegen«.
3) ava, sk. áva »ab, herab«, vergleiche die bedeutung von
dpa. Ob es im griechischen repräsentirt ist, ist sehr zweifel-
haft, am meisten Wahrscheinlichkeit hat noch das von Pott
hierhergezogene ôfiÓQyrviAi, verglichen mit sk. avamärjana (das
abgewischte, abgestreifte) ; im lateinischen scheint au in au-fero
u. s. w. hierher zu gehören ; denn áva ist nur eine umwandlungs-
form von ápa mit nahe gleicher bedeutung. - Vergi, pron. avá.
4) avi, zd. avi (an, ab, er-, zer-). Vielleicht gehört hier-
her got. avi-litid gnade (ursprünglich erlass?)
s.
Schlussbemerkung.
Es ist nach der obigen darstellung keinem zweifei unter-
worfen, dass die ächten präpositionen (abgesehen von den schon
in § 1, 1 erwähnten analogiebil düngen) lange vor der sprach-
trennung, ja vor der Casusbildung entstanden sind und in ihren
noch deutlich erkennbaren elementen in die früheste sprach-
periode zurückgreifen. Hiermit steht in Übereinstimmung, dass,
wie ich in meinem aufsatze über casusbildung (zeitschr. 12,
241 ff.) glaube dargethan zu haben, die casus mit ausnähme
des nom. (voe.) und acc. durch anfügung von richtungswörtern
entstanden sind, so der genetiv durch anfügung von as in der
bedeutung des Ursprungs (vergi, s-reihe no. 4 und 5), der loc.
durch anfügung von in, der instr. sing, im sanskrit u. s. w.
durch anfügung von ana (hier mit kausalem nebenbegriff), der
instr. sing, des litauischen u. s. w., so wie der instr. plur. des
sanskrit u. s. w. durch anfügung von bhi (im plural mit dem
pluralen s) entsprechend dem griechischen -<pi, -tpiv, wobei das
got. hi (mit dat.) die kausale bedeutung »durch, wegen, gemäss«
aufweist, der dat. durch anfügung von -abhi oder (mit Umsetzung
des deutestammes a wie im gr. ôiá) -bhja (sk. tú-bhya) und (mit
anfügung des pluralen s) -bhjas gebildet sind. Für den abl.
sing, ist wohl richtiger ad als at anzusetzen, dem aber hier die
bedeutung des irischen di, de (lat. dê) beiwohnen musste.
Stettin, den 31. Januar 1877. H. Grassmann.