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Die Besonderheiten im Gebrauch von sekundären

Präpositionen

Von VEDAD SMAILAGIĆ

Abstract
In diesem Text geht der Autor auf die Besonderheiten im Gebrauch von sekundären Präpositionen
im Deutschen ein und erklärt zunächst den Unterschied im Gebrauch und in der Rektion zwischen
den primären und sekundären Präpositionen, wobei er für den wichtigsten Unterschied den
Unterschied in der klaren Semantik von sekundären Präpositionen hält. Ihre klare Semantik hält
der Autor für die Ursache für jeden weiteren Unterschied und alle weiteren Eigenschaften von
sekundären Präpositionen. Die Beschreibung ihrer Besonderheiten ist eine korpusbasierte und
betrifft ihre Rektion, die Bedeutung des regierten Nomens, die Bedeutung von Bezugswörtern und
den Unterschied im Gebrauch dieser Präpositionen und ihrer Konkurrenzformen.

In the given text the author addresses the issue of the peculiarities in the usage of secondary
prepositions in the German language. He begins by explaining the difference in the usage and
government of primary and secondary prepositions, whereby he considers the most important
difference to be the clear semantics of secondary prepositions. Their clear semantics is considered
by the author to be the cause of all further differences and all other characteristics of secondary
prepositions. The description of their peculiarities is corpus-based and concerns their government,
the meaning of the governed noun, the meaning of the antecedents, and the difference in the
usage of these prepositions and their concurrent forms.

1 Einleitung
Wörter wie angesichts, danke, bezüglich, zufolge usw. werden in der germanistischen Li-
teratur als sekundäre Präpositionen betrachtet. In der bisherigen Literatur unterscheidet man
diese Präpositionen von den sog. primären aufgrund ihrer Herkunft, Form und Semantik.
Die sekundären Präpositionen sind viel jünger, sie sind morphologisch komplexer, sie ste-
hen nie im syntaktischen Programm von Verben, Nomina und Adjektiven und können somit
nicht in den Präpositionalobjekten vorkommen. Der wichtigste Unterschied ist jedoch, dass
sie semantisch immer noch recht transparent sind – eine Eigenschaft, aus der wohl alle
anderen folgen. In diesem Text möchte ich an einigen ausgewählten sekundären Präpositi-
onen die Besonderheiten in ihrem Gebrauch beschreiben, die in der einschlägigen Literatur
bisher nur unzureichend beschrieben worden sind, die eigentlich aber eine Folge der klaren
Semantik dieser Präpositionen sind. Die Untersuchung basiert auf einem Korpus, das aus
Belegen mit diesen Präpositionen erstellt ist, die dem Mannheimer Morgen (COSMAS II)
und der Süddeutschen Zeitung (beide Jahrgang 2003) entnommen worden sind.
Die Präposition ist eine Wortart, deren wichtigsten Eigenschaften ihre Rektion und die
Herstellung einer Relation zwischen zwei Nominalphrasen oder einer Verbal- (VP) und
einer Nominalphrase (NP) sind. Erben beschriebt ihren Gebrauch als Gebrauch a) zwischen
Größen, b) zwischen Größen und einem Geschehen und c) zwischen Geschehnissen (Erben
1972: 189). Den Gebrauch von sekundären Präposition möchte ich hier beschreiben, indem
ich auf folgende vier Aspekte eingehe:
1. ihre Rektion,
2. die Bedeutung des regierten Nomens,

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3. die Bedeutung von Bezugswörtern,
4. Unterschiede im Vergleich zum Gebrauch ihrer Konkurrenzformen.
Zunächst kann leicht festgestellt werden, dass die sekundären Präpositionen deutlich
seltener vorkommen als die primären. Die Präposition mit, die eine doch etwas engere Ge-
brauchsweise als z. B. in hat und damit seltener vorkommt, kommt trotzdem über 15.000
Mal vor, allein in den Januarausgaben des Mannheimer Morgens im Jahr 2003. Im Ver-
gleich dazu sind die sekundären Präpositionen in der gleichen Zeitung sehr rar. In der ge-
samten Jahresausgabe des Mannheimer Morgens 2003 kommt z. B. zeit nur 22 Mal vor,
zwecks, bezüglich, abseits, mangels usw. weniger als 200 Male und z. B. angesichts und
laut mehr als 2000 Mal. Das hat sicherlich etwas damit zu tun, dass diese Präpositionen
aufgrund ihrer Semantik nicht so einsetzbar sind wie die primären, aber auch weil man-
che von ihnen vielmehr fach- oder amtssprachlich gebraucht werden. So beschreibt z. B.
Schröder die Präposition zwecks als selten und typisch für offizielle Texte (Schröder 1986:
239). Insgesamt werden die meisten sekundären Präpositionen als typisch für den Stil des
öffentlichen Verkehrs betrachtet.

2 Sekundäre Präpositionen und ihre Rektion


Aufgrund ihrer Rektionseigenschaften werden Präpositionen in Akkusativpräpositionen,
Dativpräpositionen, Wechselpräpositionen, die Dativ und Akkusativ regieren, Genitivprä-
positionen und sogar in Nominativpräpositionen (vgl. Di Meola 2000: 50; Engel 2004;
Smailagić 2010) eingeteilt. Bei den primären ist es auf jeden Fall so, dass sie in ihrer
Rektion keine Schwankungen zeigen. So regieren von, bei, mit usw. immer Dativ, für, um,
ohne usw. immer Akkusativ, während die Wechselpräpositionen in adverbialen Präpositio-
nalphrasen (PP) in situativer Bedeutung den Dativ und in direktiver Bedeutung den Akku-
sativ regieren. Ist die PP ein Teil des syntaktischen Programms eines Verbs, Nomens oder
Adjektivs, wie in Präpositionalobjekten, dann ist auch der Kasus bei den Wechselpräpositi-
onen ebenfalls ein Teil dieses Programms. So regiert die Präposition an beim Verb denken
im Beispiel Er denkt an seine Frau den Akkusativ nicht aufgrund der Bedeutung der PP,
sondern weil es so im syntaktischen Programm des Verbs denken steht.
Von der Genitivrektion spricht man lediglich bei den sekundären Präpositionen wie z. B.
anlässlich, angesichts, kraft, zeit u. Ä. Hier könnte man schon von einem ersten wesent-
lichen Unterschied zwischen den primären und sekundären Präpositionen sprechen, ob-
wohl es auch Präpositionen gibt, die man als »Übergang« zwischen diesen zwei Gruppen
betrachten kann, die also morphologisch etwas komplexer sind, aber semantisch nicht mehr
transparent. Ein Beispiel dafür ist die wohl häufigste Genitivpräposition wegen, die heute
immer seltener mit Genitiv und immer häufiger mit Dativ gebraucht wird, was im Großen
Wörterbuch von Duden (DGW) als nicht standardsprachlich bezeichnet wird. Dabei ist
diese Präposition mit ihrer Kasusschwankung gar nicht allein und bildet zusammen mit den
meisten sekundären Präpositionen eine andere Gruppe von Wechselpräpositionen. Diese
Präpositionen sind z. B. : trotz, dank, (an)statt, einschließlich, entlang, laut, während, zu-
folge u. Ä. Elter hat ihre Rektion im Zeitungsdeutsch untersucht und festgestellt, dass der
Dativ eigentlich sehr selten gebraucht wird, und wenn, dann meist in den Rubriken »Sport«
und »Lokal« (Elter 2005). Aber bei all diesen Präpositionen beeinflusst die Kasuswahl auf
keine Weise die Bedeutung der Präpositionalphrasen und des ganzen Satzes – völlig anders
als bei den primären Wechselpräpositionen. Die Unterschiede spielen lediglich eine stilis-

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tische oder soziolinguistische Rolle und sind überhaupt nicht durch die Sprache sondern
durch den Sprachgebrauch motiviert. Man kann jedoch bei jeder von einem »Primärkasus«
sprechen, der öfter, und einem »Sekundärkasus«, der seltener gebraucht wird. Gleichzeitig
gibt es kaum eine Präposition unter den sekundären, die Akkusativ regiert.
Da die Kasuswahl die Bedeutung der PP nicht mitbestimmt, sollte zunächst geklärt wer-
den, warum das so ist.
Die primären Präpositionen allgemein gehören zu den sog. Synsemantika, die erst im
Kontext eine Bedeutung bekommen. Es ist auch nicht möglich die Bedeutung von in zu
beschreiben, weshalb man dabei gezwungen ist, unterschiedliche Sätze zu bilden, um auf
unterschiedliche Bedeutungen dieser Präposition hinzuweisen:
Er macht es in Sarajevo.
Er macht es in zwei Tagen.
Er macht es in Eile.
Der Präposition in in diesen drei Beispielen werden abhängig vom Kontext oder besser
gesagt vom regierten Nomen lokale, temporale und modale Bedeutungen bzw. Verwen-
dungsweisen zugesprochen, obwohl sie intuitiv als eine lokale Präposition verstanden wird.
In allen drei Beispielen steht die NP im Dativ und kann auf keinen Fall im Akkusativ ge-
braucht werden. Offenbar ist es hier so, dass in diesen Beispielen sowohl das Nomen als
auch der Dativ als Kasus die Bedeutung der PP mitbestimmen und dadurch der Präposition
in eine Bedeutung verleihen oder ihre ursprünglich abstrakte Bedeutung konkretisieren.
Bei den sekundären Präpositionen ist die Bedeutung viel konkreter; bei vielen genauso
konkret wie die Bedeutung von Autosemantika, aus denen sie abgeleitet worden sind. So
ist es oft der Fall, dass allein die Bedeutung der Präposition die Bedeutung der ganzen PP
determiniert:
Er macht es abseits des Weges.
Er hat zeit seines Lebens immer viel gelesen.
Die abseits-Phrase ist lokal, eben weil abseits an sich eine lokale Bedeutung hat und
die zeit-Phrase ist temporal, weil zeit an sich etwas Temporales bedeutet. Natürlich gibt es
unter den sekundären Präpositionen auch solche, deren Bedeutung nicht so leicht zu inter-
pretieren ist. Damit sind in erster Linie die kausalen Präpositionen gemeint wie angesichts,
dank, mangels, anlässlich usw. Aber die Schwierigkeit bei der kausalen Interpretation die-
ser Phrasen ist eher die Folge davon, dass die Kausalität an sich schwieriger zu dekodieren
ist, als die Situationalität und Temporalität. Bis auf angesichts, das sehr komplexe, jedoch
nicht unbedingt abstrakte Bedeutung hat (vgl. Smailagić 2011), ist es bei den anderen drei
hier genannten Präposition schon aufgrund ihrer Bedeutung klar, dass da etwas ein Anlass
für etwas ist, dass etwas fehlt oder dass irgendjemand irgendjemandem für etwas dankbar
sein soll. Der Kasus spielt bei der Bedeutung überhaupt keine Rolle und ist deshalb so un-
wichtig, dass wir ihn oft frei wählen können und manchmal nicht einmal markieren müssen
wie z. B. bei laut.
Gerade an der Präposition laut kann nämlich gezeigt werden, wie unterschiedlich die
Grammatiken sein können, und gleichzeitig, wie sich die Beschreibung in den Gramma-
tiken von der empirischen Untersuchung unterscheiden kann. So hält die Grammatik von
Helbig/Buscha laut für eine Präposition mit dem Genitiv als Primärkasus und dem Dativ

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als Sekundärkasus (Helbig/Buscha 1998: 408), während in der Fachsprache auch Nomina
ohne erkennbaren Kasus mit laut in Verbindung treten können (Helbig/Buscha 1998: 411).
Ähnlich ist es auch in der IDS-Grammatik (Zifonun et al. 1997: 2081). Allein Schröder
(Schröder 1986: 143) und die Duden-Grammatik (2005: 619) halten den Dativ für Primär-
kasus und den Genitiv für den sekundären Kasus. Meine Korpsuanalyse hat ergeben, dass
90 % aller Beispiele mit der Präposition laut ohne erkennbaren Kasus sind, bei 9 % sind die
Nomina im Dativ und nur bei 1 % im Genitiv.
Die hier vertretene These, dass die Bedeutung von PP mit sekundären Präpositionen nicht
vom Kasus selbst mitbestimmt wird, folgt der These von Brinkmann, der sagt, dass es
heute im Deutschen einen neuen Typus von Präpositionen gibt, der mit einem Nomen ohne
erkennbaren Kasus verbunden werden kann (Brinkmann 1962: 158), woraus dann Hackel
schlussfolgert, dass die Kasus im Gegensatz zu Präpositionen immer mehr an Bedeutung
und Selbständigkeit verlieren, so dass heute die Präpositionen ohne erkennbaren Kasus ein
Bestandteil des Deutschen sind (Hackel 1968: 328). Auch in der Grammatik von Helbig/
Buscha spricht man von Präpositionen ohne Kasus (Helbig/Buscha 1998: 410 f.). Heute ist
diese Kasusschwankung bei den sekundären deutschen Präpositionen typisch selbst für die
Genitivpräpositionen wie angesichts, die zwar in meinem Korpus immer mit dem Genitiv
vorkommt, während es aber im Internet genügend Beispiele mit dem Dativ gibt:
(1) Gemäß neokonservativer Einschätzung müssen die USA angesichts wachsendem
Islamismus, gefährlicher Instabilität im ölreichen Nahen Osten sowie der Bedrohung
Israels eine Politik der Offensive und Stärke verfolgen.1
(2) Denn wie so oft in den Räumlichkeiten der Bella-Vista-Film (Hanauer Landstraße 139),
wo Florian Koch seit fünf Jahren vorwiegend junge Künstler aller Medien vorstellt,
zeigt sich das Fremde subtilerweise angesichts dem Anschein nach vertrauter Motive
und Inszenierungen.2
Die Google-Recherche ergibt zahlreiche ähnliche Beispiele.

3 Sekundäre Präpositionen und das regierte Nomen


Die nächste Besonderheit im Gebrauch von sekundären Präpositionen ist die Restriktion
in der Bedeutung der regierten NP. Bei diesem Typ der Einschränkung im Gebrauch von
sekundären Präpositionen geht es darum, dass die Präposition nur Nomina aus einem se-
mantischen Feld regieren kann. Das extremste Beispiel ist die Präposition zeit, die nur in
Verbindungen mit dem Nomen Leben und dem Possessivum vorkommt wie:
(3) Hut ab vor diesem Vorortpolitiker, der zeit seines Lebens wider den Stachel gelöckt hat.
(MM 05.12.)
Und evtl. mit einem Adjektiv dazwischen:
(4) Zeit seines politischen Lebens hat es Arafat verstanden, als unumschränkte Autorität
zu herrschen. Innerhalb der Autonomiebehörde installierte er zwölf konkurrierende
Sicherheitsdienste, deren Kompetenzen unübersichtlich sind. (SZ 24.04.)

1
http://www.naumburger-tageblatt.de (25.09.2010, 11:00).
2
http://www.faz.net/s/ (25.09.2010, 11:08).

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Ähnlich ist es bei der Präposition namens, die den Nominativ regiert3, in der Bedeutung
mit dem Namen wie in folgenden Beispielen:
(5) Ein Künstler namens Bauhus signierte das Bild (MM 27.09.)
(6) Der E-Mail-Wurm namens »MiMail.C« nutzt eine Sicherheitslücke im Mailprogramm
Outlook Express von Microsoft aus (MM 03.11.)
Mit dieser Präposition namens kommen ausschließlich Eigennamen vor, während mit
der anderen Präposition namens in der Bedeutung im Namen, die den Genitiv regiert, aus-
schließlich Institutionen oder Gruppe von Menschen und selten einzelne Personen genannt
werden, die jedoch alle als Auftraggeber zu interpretieren sind. Diese Präposition kommt
sehr selten im untersuchten Korpus vor, insgesamt 22 Mal, und die Nomina aus diesen
Phrasen sind Nomina wie: der Unterstützerkreis, die politische Gemeinde, der Schulförder-
verein, der Kreistag, die Organisatoren, die Gäste, das Bildungswerks. Nur einmal wird
eine einzelne Person, nämlich Bürgermeisterin erwähnt.
(7) Namens des Schulfördervereins hatte die Vorsitzende Sabine Weidner den beiden
Lehrkräften ein »kleines Kuvert« als Anerkennung für ihre Unterstützung und
Mitarbeit überreicht. (MM 03.05.)
(8) Auch Lothar Ritter vom Gemeindevorstand würdigte namens der verhinderten
Bürgermeisterin, Dr. Hildegard Cornelius-Gaus, die ehrenamtlichen Verdienste
Gansmanns mit einer Urkunde und einem Präsent. (MM 24.03.)
Eine andere Einschränkung liegt bei der Präposition zwecks vor. Sie regiert in der Regel
deverbale Nomina actionis, wovon die meisten die Nomina auf -ung sind:
(9) Diese hatte Anfang April zwecks Standortoptimierung damit begonnen, in bundesweit
9000 Kommunen Briefkästen abzumontieren. (MM 06.06.)
(10) Und am Schluss wird Seraphin Henri, den Kollegen aus Frankreich treffen – zwecks
Warenübergabe. (SZ 03.06.)
(11) Rückblende in die 90-er Jahre: Vor fast 10 Jahren hatten etliche Kunden der
damaligen Sparkasse Mannheim Kredite aufgenommen, um sich mit dem Geld zwecks
Steuerersparnis an Immobilienfonds zu beteiligen (MM 15.02.)
(12) Der Organist hat mich gebeten, bei Ihnen anzufragen, ob Sie zwecks Probe einen
Tag früher kommen können. Vielleicht können Sie schon am Donnerstag ein Flugzeug
nehmen? (MM 17.06.)
(13) Nach Überzeugung des Gerichts hatte Dirk S. am Computer »Falsifikate beachtlicher
Qualität« (so Richter Schmetzer) hergestellt und zwecks Verkauf an den Mitangeklagten
Alfonso d. A. weitergereicht. (MM 20.06.)
Das erklärt sich einfach aus der Bedeutung der zwecks-Phrase, die eine finale Bedeutung
hat bzw. die Absicht ausdrückt, was unbedingt mit einer Handlung verbunden ist. Nur aus-
nahmsweise kommen andere Nomina vor wie z. B.:
(14) Willi ist ein rüstiger Senior und leidenschaftlicher Sammler, der jedem, der höflich
fragt, gerne erklärt, wie man am besten an die begehrten Unterschriften kommt:

3
Mehr dazu vgl. Smailagić 2010.

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»Zeitung lesen, besonders die Klatschseiten, die verraten, wo die Promis absteigen
und speisen, und den einen oder anderen Portier bzw. Türsteher zwecks Tipps
kennen.« (MM 10.02.)
(15) Sollten die Gletscher bei andauernder Hitze weiter schmelzen, könnte man die Alpen
zwecks zusätzlichen Wohnraums flugs aufstocken und Wolkenkratzer auf den Spitzen
errichten. (SZ 08.08.)
Auch in diesen Belegen geht es um eine Handlung, für die es jedoch kein entsprechendes
Lexem in der Phrase gibt, das sich jedoch leicht rekonstruieren lässt:
(14a) [...] und den einen oder anderen Portier bzw. Türsteher kennen, um Tipps zu
bekommen.
(15a) [...] könnte man die Alpen flugs aufstocken und Wolkenkratzer auf den Spitzen
errichten um zusätzlichen Wohrazum zu schaffen.
Die Präpositionen laut, gemäß und zufolge bilden i. d. R. Präpositionalphrasen mit Nomi-
na, die explizit oder implizit auf andere Texte referieren und dienen somit als präpositionale
Quellenangaben für Zitate und Paraphrasen aus anderen Texten. In diesen Phrasen werden
entweder metatextuelle Nomina wie (16, 17) genannt, oder Personen, Publikationsorgane
oder Institutionen als Textproduzenten wie in (18, 19):
(16) Beide Arten gelten gemäß Vogelschutzrichtlinie als besonders geschützt. (SZ 02.01.)
(17) Laut Vorschrift mussten alle Tiere getötet werden, insgesamt 116. Viehhändler hatten
ein paar von ihnen ins Ausland verkauft, ein paar in den Hochsauerlandkreis, 27
standen noch in Klüters Stall, dazu kam das Kalb einer dieser Kühe. (SZ 15.01.)
(18) 2002 am Lido schreibt – laut Tobias Kniebe – ein anonymer Zuschauer als Kommentar
zu Dörries »Nackt« einen verheerenden Satz. (SZ 02.01.)
(19) Dem Institut zufolge haben nämlich weniger die drohende Arbeitslosigkeit als vielmehr
die hohen Investitionen der Betriebe in Arbeitsplatzsicherheit und Arbeitsschutz in
den letzten Jahren für weniger Krankmeldungen gesorgt. (SZ 03.01.)
Ein etwas anderer Typ der Gebrauchseinschränkung liegt bei der Präposition angesichts
vor. Die Besonderheit der regierten NP bei angesichts besteht darin, dass sie meistens mit
dem bestimmten Artikel, Demonstrativum oder Possessivum vorkommt – zu 75 % (vgl.
Smailagić 2011). Das bedeutet, dass die angesichts-Phrasen in den Texten auf bekannte
Sachverhalte referieren:
(20) Die Anleger sind angesichts der Einbrüche an den weltweiten Aktienmärkten in
Immobilienfonds geflüchtet. (MM 29.01.)
Doch diese Bekanntheit resultiert nicht unbedingt nur aus dem Gebrauch des bestimmten
Artikels, Demonstrativums oder Possessivums sondern auch aus dem erwarteten Allge-
meinwissen. So nennt Smailagić auch Beispiele aus dem Korpus mit dem Nullartikel oder
unbestimmten Artikel, in denen der Autor den in der angesichts-Phrase genannten Sachver-
halt später im Text als allgemein bekannt bewertet
(21) Der Beweis: Allen Ernstes und ohne auf ein die Republik erschütterndes Gelächter zu
stoßen, fordert die Gewerkschaft der öffentlich Bediensteten angesichts einer desolaten
Lage der Staatsfinanzen drei Prozent mehr Lohn, ihr Führer droht unverhohlen mit

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Streiks. Dabei ist von Flensburg bis Berchtesgaden, von Saarbrücken bis Frankfurt
an der Oder bekannt, dass in Bund, Ländern und Gemeinden die Haushalte krachen
und es nicht mehr allzu lange dauern kann, bis sie uns in Stücken um die Ohren
fliegen. (SZ 03.01.)
und zu dem Schluss kommt: »Mit den angesichts-Phrasen werden in der Regel bekannte
Sachverhalte präsentiert, die dann als Prämissen für neue Informationen dienen [...] Aber
auch die angesichts-Phrasen mit Nomen und unbestimmtem bzw. Nullartikel tendieren
zum thematischen Bereich, vor allem dann, wenn sie in der realen Welt schon bekannte
oder offensichtliche Sachverhalte benennen.« (Smailagić 2011).

4 Sekundäre Präpositionen und ihre Bezugswörter


Die Besonderheiten im Gebrauch von sekundären Präpositionen, die auf der Bedeutung
ihrer Bezugswörter beruhen, kann unter zwei Aspekten betrachten werden: ihrem syntak-
tischen Status und der Bedeutung ihrer Bezugsverben bzw. Bezugsnomen.
Bezüglich ihres syntaktischen Status sei zunächst festgestellt, dass die meisten PP mit
sekundären Präpositionen in der adverbialen Funktion stehen. Es gibt jedoch einige Aus-
nahmen wie z. B. die Präposition namens mit dem Nominativ in der Bedeutung mit dem
Namen. Diese Phrasen fungieren nur als Präpositionalattribute:
(22) »Auf den Karren? Wozu? Wohin sollen wir ihn bringen?« fragte der Mann namens
Stephen abrupt. (MM 10.01.)
(23) Wie sinnvoll ist also jenes technische Wunderwerk namens UMTS, (MM 31.01.)
Die Präposition bezüglich stellt einen interessanten Sonderfall dar, denn, wie ich zeigen
werde, sind die meisten bezüglich-Phrasen adnominal, aber oft von ihrem Bezugssubstan-
tiv getrennt und topikalisiert. Außerdem kommen diese Phrasen auch adverbal vor, jedoch
etwas seltener. Zunächst möchte ich die Beispiele nennen, in denen die bezüglich-Phrasen
zum Bezugssubstantiv stehen:
(25) Seit Monaten machen sich daher die Fachleute beim Amt für Straßen- und
Verkehrswesen Bensheim (ASV), der Polizeistation Bensheim und dem städtischen
Team Straßenverkehr und Hilfspolizei Gedanken bezüglich der Verkehrsführung.
(MM 20.12.)
(26) Eine Revision bezüglich der zu hohen Strafen verurteilten Brüder prüft die
Staatsanwaltschaft noch. (SZ 25.10.)
Diese bezüglich-Phrasen interpretiere ich als Transformanten von Relativsätzen mit dem
Verb beziehen:
(25a) Seit Monaten machen sich daher die Fachleute beim Amt für Straßen- und
Verkehrswesen Bensheim (ASV), der Polizeistation Bensheim und dem städtischen
Team Straßenverkehr und Hilfspolizei Gedanken, die sich auf die Verkehrsführung
beziehen.
(26a) Eine Revision, die sich auf die zu hohen Strafen verurteilten Brüder bezieht, prüft
die Staatsanwaltschaft noch.

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Eine ganze andere, syntaktische jedoch sehr ähnliche Gruppe von Belegen mit bezüglich-
Phrasen stellen folgende dar:
(27) Bezüglich der Mitte vergangenen Jahres geänderten Regelung zur Kostgeldermäßi-
gung konnte Teamleiterin der Sparte Kindertagesstätten Anett Lämmle eine positive
Bilanz ziehen. (MM 27.01.)
(28) Keinen Hinweis auf ein Gewaltverbrechen hat die Polizei bezüglich der stark skelet-
tierten Leiche, die am Donnerstag in einem Gebüsch an der Heinigstraße nahe der
Auffahrt zur A 650 gefunden wurde. (MM 22.12.)
Diese bezüglich-Phrasen haben nur scheinbar einen Satzgliedstatus, denn ihre Transfor-
mation in einen Relativsatz zum eingerahmten Nomen scheint die beste Transformations-
möglichkeit zu sein:
(27a) Teamleiterin der Sparte Kindertagesstätten Anett Lämmle konnte eine positive
Bilanz ziehen, die sich auf die Mitte vergangenen Jahres geänderten Regelung zur
Kostgeldermäßigung bezieht.
(28a) Keinen Hinweis auf ein Gewaltverbrechen, der sich auf die stark skelettierte Leiche
bezieht, die am Donnerstag in einem Gebüsch an der Heinigstraße nahe der Auffahrt
zur A 650 gefunden wurde, hat die Polizei.
Das funktioniert auch dann gut, wenn die bezüglich-Phrase im Vorfeld steht, also völlig
getrennt von einem Nomen im Satz:
(29) Bezüglich der Planung weiterer Fotovoltaik-Anlagen wurden erste Gespräche mit
Baudezernent Martin Ringhof geführt, der dieser Angelegenheit positiv gegenübersteht,
erläuterte Ansgar John. (MM 19.02.)
(29a) Es wurden erste Gespräche, die sich auf die Planung weiterer Fotovoltaik-Anlagen
beziehen, mit Baudezernent Martin Ringhof geführt, der dieser Angelegenheit positiv
gegenübersteht, erläuterte Ansgar John.
Daraus schließe ich, dass es sich bei diesen bezüglich-Phrasen um Konkurrenzformen
zu Relativsätzen mit dem Verb beziehen handelt, die aber im Unterschied – und das ist ihr
Vorteil gegenüber den Relativsätzen – eine freie Stellung im Satz haben und somit auch
topikalisiert, ins Vorfeld gerückt werden können. Diese Möglichkeit wird vom Autor oft
genutzt, wenn die Information aus einer bezüglich-Phrase bekannte Informationen bein-
haltet, die dann als PP sehr leicht in den Themabereich platziert werden können und so als
Konnexionsmittel zum Vortext benutzt werden. Das ist der Fall im nächsten Beispiel, wo
im Vortext schon über Therapieplätze für Sexualstraftäter geschrieben wird, während im
Textrest erst eine neue Information über eine vehemente gesellschaftliche Debatte präsen-
tiert wird, die sich dann darauf bezieht:
(30) [...] Nach den Berechnungen von Jäkel haben aktuell etwa 300 von 19000 Strafgefangene
in NRW einen entsprechenden Therapieanspruch. Allerdings existierten bislang
lediglich 121 Plätze. Würde die Soll-Zahl von 300 Therapieplätzen für Triebtäter
erreicht, müsste das Land laut Jäkel etwa 100 zusätzliche Sozialarbeiter, Vollzugsbeamte
und Psychologen einstellen. Dafür sei allerdings im aktuellen Sparhaushalt des
Justizministeriums »keine einzige Mark« vorgesehen. Andere Bundesländer seien
»sehr viel weiter«, kritisierte Jäkel. So habe Hamburg als kleiner Stadtstaat bereits
im vergangenen Jahr 140 neue Therapieplätze für Sexualstraftäter geschaffen.

42 Muttersprache 1/2011 Vedad Smailagić


Ralph Neubauer, Sprecher des NRW-Justizministeriums, wies die Kritik Jäkels zurück.
Die Gefängnisse seien mit Therapieplätzen »bedarfsgerecht ausgestaltet«, sagte
Neubauer. Aktuell gebe es in Aachen, Gelsenkirchen, Siegburg und Euskirchen 121
Plätze, die im Laufe des Jahres um weitere 84 aufgestockt würden. Dafür würden etwa
40 Stellen von Vollzugsbediensteten und Psychologen, die wegfallen sollten, verlängert.
Bezüglich der Therapie von Sexualstraftätern hatte es in der Vergangenheit eine
vehemente gesellschaftliche Debatte gegeben. [...] (SZ 20.01.)
Diese Eigenschaft von bezüglich-Phrasen hängt direkt mit dem Bezugsnomen zusam-
men. Die Korpusanalyse hat ergeben, dass sie ausschließlich von Nomina abhängen, die
im Kontext zusätzlich semantisch näher determiniert werden müssen: Bilanz, Versäumnis,
Hinweis, Gespräch, Dank, Auskunft, Debatte, Angebot, Klarheit, Problem usw. Sprechen
wir z. B. über Bilanz, müssen wir auch sagen, um was für eine Bilanz es sich handelt usw.
In seiner Einteilung von adnominalen Ergänzungen unterscheidet Teubert unter ande-
rem auch Themaergänzungen und Explikativergänzungen (Teubert 1979). Mit Themaer-
gänzung meint er »das Thema, den Gegenstand oder den Inhalt, das/der einer mentalen
oder kommunikativen Handlung, einem solchen Vorgang oder dem Ergebnis einer solchen
Handlung zugeordnet werden kann« (Teubert 1979: 118–123) und zählt dazu Nomina wie:
Entscheidung, Eindruck, Angst oder Frage. Explikativergänzungen sind solche, die als
»Sachen, Sachverhalte, Personen oder Institutionen, die durch Kategorialbezeichnungen
klassifiziert, gewertet oder zusammengefaßt werden« (Teubert 1979: 109), z. B. Gesamt-
heit, Gebiet, Problem, Theorie, Chance, Gegend, Klassen, Verband, Region, Tugend, La-
ster, Eigenschaft, Besonderheit, Tatsache, Risiko, Glück, Pech, Idee, Postulat itd. (vgl: Teu-
bert 1979: 109–112). Alle Nomina, auf die sich bezüglich-Phrasen beziehen, lassen sich in
die eine oder andere Gruppe einordnen. Die meisten adnominalen bezüglich-Phrasen sind
Themaergänzungen und seltener Explikativergänzungen.
Die bezüglich-Phrasen als Ergänzungen kommen auch vor bei Nomina und Verben, die
sonst eine andere Präposition fordern, so z. B. das Nomen Dank in:
(31) Schon jetzt ein Dankeschön für alle Bemühungen und unser ganz besonderer Dank
gilt unseren Leihgebern und Gönnern bezüglich der Verfügungsstellung von
Ausstellungsgegenständen. Ohne ihre Bereitschaft wäre eine derartige Ausstellung
schwer zu bewerkstelligen. (MM 30.04.)
Hier kann die bezüglich-Phrase durch eine für-Phrase ersetzt werden:
(31a) [...] unser ganz besonderer Dank gilt unseren Leihgebern und Gönnern für die
Verfügungsstellung von Ausstellungsgegenständen.
Oder zu den Verben wie fehlen, ermitteln oder ansprechen:
(32) »Es fehlt in den Geschäften, und das nicht nur bezüglich der Beleuchtung.« (MM
05.02.)
(33) Die Polizei ermittelt bezüglich einer Unfallflucht, die sich in der Nacht auf Samstag
in der Leutershausener Straße ereignet hat. (MM 17.01.)
(34) »Wir werden den Oberbürgermeister noch ansprechen bezüglich der Verkaufspläne«,
ließ Scharfenberger wissen. (MM 03.12.)
(32a) »Es fehlt in den Geschäften, und das nicht nur an Beleuchtung.«

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(33a) Die Polizei ermittelt in einer Unfallflucht, [...]
(34a) »Wir werden den Oberbürgermeister nach ansprechen auf die Verkaufspläne, [...]«
In diesen Beispielen ersetzt die Präposition bezüglich praktisch andere primäre Präposi-
tionen an, in, auf, die sonst von diesen Verben regiert werden.
Es gibt jedoch auch adverbale bezüglich-Phrasen, die sich nicht in einen Relativsatz
transformieren lassen:
(37) Die Ware ist [...]bezüglich der Treibstoffart, nicht aber hinsichtlich der Menge
konkret bezeichnet, sondern nur durch die Wertangabe begrenzt. (MM 29.03.)
(38) Bezüglich der Jugendarbeit wies er darauf hin, dass es im Jahr 2002 wieder gelungen
sei, ein Anfängerorchester ins Leben zu rufen.(MM 19.04.)
Diese Phrasen verstehe ich als restriktive Präpositionalphrasen, die nur so zu verstehen
sind:
(37a) Was die Treibstoffart betrifft, ist die Ware konkret bezeichnet und was die Menge
betrifft nicht, sondern nur durch die Wertangabe begrenzt.
(38a) Was die Jugendarbeit betrifft, wies er darauf hin, dass es im Jahr 2002 wieder
gelungen sei, ein Anfängerorchester ins Leben zu rufen.
Unabhängig davon, ob bezüglich-Phrasen adnominal oder adverbal sind, sind sie immer
restriktiv.
Die Präposition namens mit dem Genitiv in der Bedeutung im Namen von kommt im
untersuchten Korpus mit den Verben der verbalen Kommunikation vor wie: appellieren,
grüßen, danken, erklären, deutlich machen, willkommen heißen, gratulieren, einladen, sa-
gen usw.
(39) »Wir sind inzwischen Freunde geworden!«, sagte namens der Gäste Jehuda Nizan, der
nun nach Jerusalem zurückkehrt, in seinem betont herzlichen Dank an Verwaltung,
Betreuer und an alle beteiligten Organisationen. (MM 08.07.)
Dazu kommen noch die Verben wie überreichen oder sich stark machen, die zwar keine
Verben der verbalen Kommunikation sind, jedoch Handlungen bezeichnen, die von der
verbalen Kommunikation begleitet oder zusammen mit der verbalen Kommunikation voll-
zogen werden:
(40) Ernst Potzler, Präsident des TSV Milbertshofen, machte sich namens der
Milbertshofener Musikvereine für eine faltbare Trennwand zwischen den
Gruppenräumen stark. (SZ 21.02.)
(41) Namens des Schulfördervereins hatte die Vorsitzende Sabine Weidner den beiden
Lehrkräften ein »kleines Kuvert« als Anerkennung für ihre Unterstützung und
Mitarbeit überreicht. (MM 03.05.)

5 Sekundäre Präpositionen und ihre Konkurrenzformen


Ihre Semantik ist die Ursache für einen weiteren Unterschied von sekundären Präpositi-
onen gegenüber den primären. Sie haben nämlich Konkurrenzformen, d. h. man kann sie
durch eine andere Phrase ersetzen. Wir können uns nicht vorstellen, dass es ein Wort, eine

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Phrase oder gar einen Satz gibt, der irgendwie als Konkurrenzform einer Präposition wie
in, an, mit usw. betrachtet werden kann, wohingegen die Phrase mit dem Namen durchaus
eine Konkurrenzform der Präposition namens mit dem Nominativ ist. Auch andere von mir
analysierte Präpositionen haben so etwas wie eine oder mehrere Konkurrenzformen z. B.
mangels = aus Mangel an/in Ermangelung, bezüglich und in Bezug auf, angesichts und im
Angesicht, namens mit Genitiv und im Namen von, zwecks und zum Zweck, anlässlich und
aus Anlass u. Ä.
Abgesehen vom wohl auffälligsten Unterschied, dass die Präpositionen immer morpho-
syntaktisch einfacher sind als die entsprechenden Präpositionalphrasen, können noch ande-
re Unterschiede festgestellt werden, die ich an einigen Präpositionen zeige.
Der Präposition namens mit dem Genitiv entspricht die Präpositionalphrasen im Namen,
die in unserem Korpus mit fast 500 Belegen viel frequenter ist als die Präposition namens.
Sehr oft kann man diese Phrasen durch die Präposition namens einfach ersetzen und um-
gekehrt:
(42) Namens des Schulfördervereins hatte die Vorsitzende Sabine Weidner den beiden
Lehrkräften ein »kleines Kuvert« als Anerkennung für ihre Unterstützung und
Mitarbeit überreicht. (MM 03.05.)
(42a) Im Namen des Schulfördervereins hatte die Vorsitzende Sabine Weidner den
beiden Lehrkräften ein »kleines Kuvert« als Anerkennung für ihre Unterstützung und
Mitarbeit überreicht.
Es gibt jedoch Belege mit im Namen, die nicht durch die Präposition namens ersetzt
werden können. Es handelt sich um Beispiele, bei denen die Nominalphrase z. B. mit einer
Zahl beginnt, wo dann anstatt Genitiv eine von-Phrase notwendig ist, weil der Genitiv for-
mal nicht markiert werden kann:
(43) Die Beschwerde wurde im Namen von elf Hinterbliebenen eingereicht (MM 05.06.)
(43a) Die Beschwerde wurde *namens (von) elf Hinterbliebenen eingereicht.
Die Präpositionalphrase im Namen hat manchmal eine andere, also keine stellvertretende
Bedeutung, sondern eher eine finale Bedeutung, und dann kann sie auch nicht durch na-
mens ersetzt werden. Das ist der Fall, wenn mit diesen Phrasen Abstrakta, Gottheiten oder
höhere Ziele (Vorsehung, Gerechtigkeit, Moral, Volksempfinden, Glaube, Theorie) benannt
werden:
(44) Es sind junge Augen, Augen von Frauen, die eigentlich noch ihr ganzes Leben vor
sich hätten. Trotzdem gehen sie angeblich im Namen Allahs in den Tod. (MM 15.08.)
(45) Rund 500 Frauen und Männer haben gestern buchstäblich ihre nackte Haut zu Markte
getragen und im Namen der geduldigen Kunst ein großes Londoner Kaufhaus
bevölkert. (MM 28.04)
(44a) Es sind junge Augen, Augen von Frauen, die eigentlich noch ihr ganzes Leben vor
sich hätten. Trotzdem gehen sie angeblich *namens Allahs in den Tod.
(45a) Rund 500 Frauen und Männer haben gestern buchstäblich ihre nackte Haut zu
Markte getragen und *namens der geduldigen Kunst ein großes Londoner Kaufhaus
bevölkert.

Sekundäre Präpositionen Muttersprache 1/2011 45


Die Präposition ist auch mit einem Personal- oder Demonstrativpronomen nicht kompa-
tibel und kann so im Vergleich zu ihrer Konkurrenzform nicht gebraucht werden:
(46) Deshalb sei es traurig zu sehen, wie sie in der Welt wahrgenommen würden und
welches Unrecht in ihrem Namen geschehe. (MM 21.11.)
(46a) Deshalb sei es traurig zu sehen, wie sie in der Welt wahrgenommen würden und
welches Unrecht *namens ihrer geschehe.
Ähnlich wie diese Präposition namens ist auch namens in der Bedeutung mit dem Namen
inkompatibel mit den Pronomen:
(47) Aber es ist sehr mutig für einen Mann mit seinem Namen, sich auf diesem Hang nach
zwei Jahren der Konkurrenz zu stellen. (SZ 15.01.)
(47a) Aber es ist sehr mutig für einen Mann *namens seiner, sich auf diesem Hang nach
zwei Jahren der Konkurrenz zu stellen.
Ein zweite Restriktion von namens gegenüber dem Gebrauch von mit dem Namen betrifft
die Verwendung, wenn der Name selbst bewertet wird. In dieser Verwendung ist eine Sub-
stitution durch namens nicht möglich:
(48) Das Debüt mit dem kryptischen Namen »Du und wie viel von deinen Freunden«
wurde teils hymnisch gefeiert, (MM 16.01.)
(49) Der neue Reformentwurf mit dem sperrigen Namen Steuervergünstigungsabbaugesetz
enthält eine entsprechende Vorschrift. (MM 10.01.)
Aus dem gleichen Grund ist auch der Gebrauch von zwecks gegenüber seinen Konkur-
renzformen mit dem Zweck oder zum Zweck eingeschränkt. Diese Bewertung kann entwe-
der durch Adjektive oder Relativsätze erfolgen:
(50) Natürlich werden die Kupferdrähte nur zum guten Zweck verwendet, etwa um
Freunde auf dem Land zu vernetzen. (SZ 09.08.)
(51) Und wo würde man kompetenter Antwort erhalten können als hier, im Potsdam-Institut
für Klimafolgenforschung, kurz PIK genannt, das vor gut einem Jahrzehnt eigens zu
dem Zweck gegründet worden war, die Zukunft auszuloten? Fragen wir also am
besten gleich Herrn Stock. (SZ 31.12.)
Das Gleiche gilt ebenso für die Präposition mangels und ihre Konkurrenzformen: aus
Mangel, in Ermangelung:
(52) In momentaner Ermangelung göttlicher deutscher Spieler sähen wir es nur äußerst
ungern, künftig auf die Bewunderung von Beckham verzichten zu müssen. (MM
27.06.2000)
(53) Gespannt sein durfte man auch auf das für historische Aufführungspraxis spezialisierte
Münchner Barockorchester »L‘arpa festante«, das – in beklagenswerter Ermangelung
vergleichbarer Klangkörper in unserer Region – nach einer Heidelberger h-moll-
Messe am Nachmittag mit der »Matthäuspassion« am Abend in Mannheim noch eins
draufsetzte. (MM 13.04.2004)
(54) Auch sei über zwei Jahre hinweg in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule ein
spezieller Sprachkurs für ausländische Kindergartenmütter angeboten worden, der

46 Muttersprache 1/2011 Vedad Smailagić


allerdings aus wachsendem Mangel an Zuspruch im Februar dieses Jahres wieder
eingestellt worden sei. (MM 04.11.2006)

6 Fazit
In diesem Text konnten einige Besonderheiten im Gebrauch von ausgewählten sekundär-
en Präpositionen gezeigt und beschrieben werden. Diese Besonderheiten betreffen in er-
ster Linie den Unterschied zwischen den sekundären und primären Präpositionen und sind
eine Folge der klaren Semantik von sekundären Präpositionen. So ist die schwankende
Rektion bei relativ vielen sekundären Präpositionen eine Folge davon, dass die Bedeutung
dieser Phrasen schon aufgrund der Bedeutung der Präpositionen bestimmt wird und dass
der Kasus dabei keine Rolle spielt. Einige dieser Präpositionen (zeit) haben einen so ein-
geschränkten Gebrauch, dass sie nur ein einziges Nomen (Leben) regieren können, und
andere nur bestimmte Gruppen von Nomina, seien es nomina actionis (zwecks), seien es
Texte oder Textproduzenten (laut, gemäß, zufolge) oder seien es Eigennamen (namens mit
dem Nominativ). Die Präposition angesichts regiert Nominalphrasen, die eigentlich immer
etwas Bekanntes bezeichnen, das also vom Autor als schon bekannt präsentiert wird.
Es ist nicht nur so, dass ihr Gebrauch durch die Semantik des regierten Nomens einge-
schränkt wird, ihr Gebrauch wird auch durch die Semantik anderer Bezugswörter einge-
schränkt.
Eine Folge der klaren Semantik von sekundären Präpositionen ist darüber hinaus, dass sie
Konkurrenzformen haben. Diese Formen sind meist komplexer und enthalten das Lexem,
das auch in der Präpositionen enthalten ist: mangels – aus Mangel, bezüglich – in Bezug
u. Ä. Auch hier ergab die Korpusanalyse, dass die Präpositionen einigen Einschränkungen
unterliegen, aber auch, dass sie oft frequenter sind als ihre Konkurrenzformen.

7 Literatur
Brinkmann, Hennig. (1962): Die deutsche Sprache. Düsseldorf.
Di Meola, Claudio (2000): Die Grammatikalisierung deutscher Präpositionen. Tübingen. (=
Studien zur deutschen Grammatik 62).
Duden (2000): Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. Mannheim. [CD-ROM] (= DGW).
Duden (2007): Synonymwörterbuch. Mannheim. [CD-ROM]
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statt und dank in der aktuellen Zeitungssprache.« In: Schwitalla, Johannes/Wegstein, Werner (Hgg):
Korpuslinguistik deutsch: synchron – diachron – kontrastiv. Tübingen. S. 125–136.
Engel, Ulrich (2004): Deutsche Grammatik – Neubearbeitung. München.
Erben, Johannes (197211): Deutsche Grammatik. Ein Abriss. Berlin.
Hackel, Werner (1968): »Präpositionen ohne erkennbaren Kasus.« In: Deutsch als Fremdsprache
5. S. 325–329.
Helbig, Gerhard/Buscha, Joachim (199818): Deutsche Grammatik. Ein Handbuch für den
Ausländerunterricht. Leipzig/Berlin/München.
Kempcke, Günter (2000): Wörterbuch Deutsch als Fremdsprache. Berlin.
Nübling, Damaris (2009): »Die nicht flektierbaren Wortarten.« In: Die Grammatik. Mannheim. (=
Der Duden in zwölf Bänden) S.570–633.
Schröder, Jochen (1986): Lexikon deutscher Präpositionen. Leipzig.

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Smailagić, Vedad (2010): »Ein Rosshändler namens Michael Kohlhaas.... Was ist namens?« In:
Sprachreport 2/2010. S. 6–9.
Smailagić, Vedad (2011): »Die Präposition angesichts.« In: Deutsche Sprache 1/2011. (im Druck)
Teubert, Wolfgang (1979): Valenz des Substantivs. Düsseldorf (= Sprache der Gegenwart 49).
Zifonun, Gisela et al. (1997): Grammatik der deutschen Sprache. Berlin.
_________________________
Dr. Vedad Smailagić
Germanistische Abteilung
Philosophische Fakultät
Universität Sarajevo
Franje Račkog 1
71 000 Sarajevo
Bosnien-Herzegowina
vedad.smailagic@ff.unsa.ba

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