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Mihály Nagy
DIE UNGARISCHE TIEFEBENE
NACH DEN MARKOMANNENKRIEGEN*
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SPECIMINA NOVA UNIVERSITATIS QUINQUEECCLESIENSIS XIII 2009
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Kultur, aber die eigene Nachlassenschaft Beginn des dritten Jahrhunderts, ließ sich
der einzelnen Teilstämme oder Gruppe eine gemischte vandalisch-alanische (also
wurden durch die Forschung nur teilweise germanisch-iranische) Volksgruppe, auf
gesondert. Laut István Bóna waren die dem nordöstlichen Teil der Ungarischen
obenerwähnten Lakringen die Tiefebene nieder, deren fundreiche Gräber
Führerschicht der Victovalen, und die aus Geszteréd, Hortobágy-Poroshát und
Brandgräber im Oberen Theißgebiet mit Herpály bekannt sind. Diese Gruppe
Schildbuckel, Lanzenspitzen, Knopfsporen besetzte schon beide Seiten der Grossen
und Schere sind die archäologischen Erdwallsystems. Die bezeichnendsten
Spuren dieses Volks.12 Über die Fundgattungen dieser Gruppe sind z.B. im
Knopfsporen, die auf dem Reichsgebiet, in Körpergrab von Geszteréd vorhanden, das
der Nahe der Auxiliarlager gefunden u.a. einen römischen bronzenen
wurden, schreibt Kurt Horedt, dass Schildbuckel, eiserne Sargklammem, eine
"Daraus lassen sich auch einige Eisentrense, einen silbernen
Folgerungen auf die Art der Ansiedler der Schwertscheidenbeschlag, ein Terra-
seit Mark Aurel in Dazien ansässig Sigillata- Nachahmung, und ein
werdenden Völkerschaften ziehen. Ihre bearbeitetes Bernsteinstück enthält.1616 Der
wichtigste Gegenleistung für die Schildbuckel und der Sporn, als
gewährten Wohnsitze und Hilfsmittel ist Grabbeigabe sind typisch germanisch, aber
die auch in den Quellen immer wieder die Beilegung der Trense ins Grab, ferner
betonte Verpflichtung, Heeresdienst zu die Sargklammem und der Grabhügel
leisten."1313 verweisen auf einen iranischen Einfluss
hin.17 Dieselbe Dualität ist im Grabhügel
Wie schon erwähnt wurde, hangt der von Herpály zu bemerken, dessen
Beginn der zweiten Periode der Schildbuckel typisch germanisch ist,
Sarmatenzeit auf der Ungarischen obwohl bestimmte pontische Einflüsse
Tiefebene, nach den Feststellungen von aufzeigt.18
Mihály Párducz mit der Einwanderung
einer, wahrscheinlich sarmatischen Nach dem Übersicht der archäologischen
Volksgruppe zusammen.14 Ebenfalls zu Funde der letzten Jahrzehnte des zweiten,
dieser Zeit, ließen sich germanische und ersten Jahrzente des dritten
Stämme nördlich von Dakien und am Jahrhunderts, möchte ich einige
Nordrand der Ungarischen Tiefebene Bemerkungen zur Datierung und Funktion
nieder, und man begegnet wirklich solche des Erdwallsystems ausführen. Wie schon
Gegenstände auf den, von den Sarmaten gesagt wurde, herrscht heute die Meinung,
bewohnten Gebieten, die auf die Kontakte dass dieses System um 322-332 n.Chr.
zwischen den Sarmaten und Germanen ausgebaut wurde.19 Die Datierung ist aber
hinweisen.15 In dieser zweiten Periode der nicht problemlos. In fünf der sechs
Sarmatenzeit, am Ende des zweiten und zu Durchschnitte der Wallstrecken in Ungran
wurden meistens solche Keramikfragmente
12
in der den Graben ausfüllenden Erde
BÓNA 1986, 61-63; Nagy 1993 157-172; vgl.
NAGY 1996, Karte I, die die bedeutendsten gefunden, die für eine präzise Datierung
vandalischen Funden am Ende des 2. und zu
16
Beginn des 3. Jahrhunderts im Karpatenbecken, NAGY 1996 Karte II und Abb. 2-3
17
aufgrund den Forschungen von Kurt Horedt und BÓNA 1986 vgl. BÓNA 1980 (Anm. 2 oben).
18
István Bóna zeigt. Die Funden greifen nicht über FETTICH 1930, 221-262; BÓNA 1986, 65; vgl.
die Linie der Erdwälle hinüber. BÓNA 1980 (Anm. 2 oben) 490.
13 19
HOREDT 1958, 45. S. Soproni in GARAM – PATAY – SOPRONI 1983;
14
S. Anm. 2 oben. anders BÓNA 1993, 101-102: das innere
15
VADAY 1980, 91-100; M. NAGY 1996 Karte II: Schanzwerk wurde unter Diocletian und/oder
die Funde erscheinen schon auch innerhalb der Galerius, die äussere Linie unter Konstantin der
Großen Erdwälle. Große gebaut.
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ungeeignet sind, und in die 1-3. wurden, aber „konnten sie auch später
Jahrhunderte datiert wurden. Das einzige noch die ihnen für das 4. Jh.
gut datierte Terra-Sigillata-Fragment zugeschriebene Funktion erfüllen.“22
stammt aus dem Zeitalter des Antoninus Einige Funde aus der zweiten Periode
Pius oder Marcus Aurelius,20 und das kamen unmittelbar in der Nähe der
bedeutet, dass die Verschüttung der Schanzen – nur einige Meter weit entfernt
Graben hätte schon zu dieser Zeit beginnen davon – ans Tageslicht, z.B. die Gräber
können. Im sechsten Durchschnitt fand von Füzesabony-Kettőshalom und
man ein Grab unter der ehemaligen Tamaméra-Urak dűlője, aber leider wir
Schanze. Nach Éva Garam kann das kennen nichts über den stratigraphischen
Fundmaterial „auf das 3. Jahrhundert Verhältnisse zwischen den Schanzen und
datiert werden.“21 Auf der rumänischen Gräber.23
Strecke des Erdwallsystems hatte Kurt
Horedt eine Ausgrabung nördlich des Was die Datierung und Funktion der
Marosflusses durchgeführt. "Der Erdwälle betrifft, sind wir noch weit von
Wall...bedeckt... eine Lage von Scherben, einer endgültigen Lösung. Doch ich
die zu dakischen Gefäßen gehören und möchte die Aufmerksamkeit auf einige
demnach älter sind als der Wall. In der charakteristische Merkmale lenken. Ich
Füllerde der ersten vier Graben wurden 79 habe einige Landstraßen auf die Karten 2
kleinere spätere Gefäßbruchstücke und das und 4 gezeichnet, die die archäologische
Steinfragment einer Handmühle Literatur schon seit langer Zeit postuliert.
gefunden.".. die etwa in das 3-4. Jh. datiert Nach Dénes Gabler läuft eine Landstraße
werden kann. Nach Horedt, gibt es am Nordrand der Tiefebene, von
mehrere Möglichkeiten für die Aquincum ausgehend nach Norden durch
Interpretation der in der Füllerde das Hemádtal.24 Die Straßenstation von
gefundenen Scherben. Er behauptet, dass Hatvan-Gombosbuszta aus dem 4.
alle "bisher bekannten Grabungsbefunden Jahrhundert liegt auf dieser Straße, aber die
noch keine absolute Beweiskraft für die Straße selbst wurde schon lange davor
Zeitstellung der Wälle im allgemeinen benutzt. Diese Straße wahrscheinlich
zugestehen können." Er akzeptiert nicht die identisch ist mit der mittelalterlichen
Datierung der Erdwälle in das 4. Straße, die Nagyút (Grosse Landstraße)
Jahrhundert nicht, und meint, dass die genannt wurde.25 Nach Jenő Fitz führt eine
Wälle wahrscheinlich wahrend des 1. andere Straße aus Aquincum durch
Jahrhunderts gegen die Daker gebaut Jászberény in der Richtung der Theiß.26
Wie auf der Karte ersichtlich ist, laufen
20
É. Garam in GARAM – PATAY – SOPRONI 1983, beide Straßenlinien, und noch eine dritte
49: Jászfényszaru-Sóstó, Nr. 3 auf Karte 3 und 4;
im Süden zwischen Lederata und Berzobis,
51: Kötegyán-Weg nach Sarkad: "Aus der
Ausfüllerde kam ein Fragment einer terra sigillata parallel mit dem Wallsystem.27 Daraus
mit Eierstab zum Vorschein, das ein Bruchstück
22
eines zwischen 160-190 in der Werkstätte HOREDT 1974, 209-210.
23
Rheinzabern gefertigten Gefässes ist.", Nr. 13 auf KŐHEGYI 1982, 304-306 Nr. 1 und Abb. 8-10: an
Karte 3; 51: Mezőkövesd, Nr. 10 auf Karte 3 und 4; der nördlichen Seite der Schanze, F9 auf den
51-52: Oszlár: in der Grube "F" die genau unter Karten 3 und 4; 323-326 Nr. 10 und Abb. 16-17: an
dem einstigen Walldamm lag, wurde ein terra der südlichen Seite der Schanze.
24
sigillata Randbruchstück gefunden (genaue GABLER 1968, 212 und Abb. 16 auf S. 231;
Datierung bei GABLER – VADAY 1992, 122, Nr. 66: GABLER 1975, 87-90; und GABLER – VADAY 1992,
"letztes Drittel des 2. Jh. – 1. Drittel des 3. Jh.) ohne 87-89. Vgl. LOVÁSZ 1987-1989, 40.
25
Nummer auf Karte 4 NÖ von der Fundstelle M16. NAGY 1996 Karte III; vgl. GYÖRFFY 1987, 56.
21 26
É. Garam in GARAM – PATAY – SOPRONI 1983, FITZ 1963-1964, 81.
27
50-51: Tarnazsadány-Sándorrésze: "Die obere Über den Straßenresten siehe Tabula Imperii
Grenze (der Datierung) für die Bestattung dürfte die Romani L 34 (Budapest, 1968) 121: Vračev Gaj;
Wende des 3-4. Jahrhunderts sein." Nr. 7 auf 50: Crvena Crkva; 65: Iam; 30: Arcidava; 45:
Karten 3 und 4. Centum Putea; 36: Berzobis.
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können wir schließen, dass wenigstens die Straßenlinien und der Schanzen schwankt
nördlichen und südöstlichen Strecken des zwischen etwa 5,5 km30 und ungefähr 9 km
Wallsystems zum Zweck dienten, (6 m.p.)31,
spätestens während der und manchmal läuft die Schanze
Markomannenkriege die wichtigsten unmittelbar an der Südseite der Straße. Die
Landstraßen oder Routen umzugrenzen, Schanzen bildeten keine
und gleichzeitig die Wohngebieten Verteidigungslinien: wir kennen kein
gewisser Völkerschaften (wahrscheinlich einziges Lager oder Wachtturm entlang der
der Osi und Cotini am Nordrand der Erdwälle und gibt es keine Berma
Tiefebene und Provinz Dazien im Südosten zwischen den Schanzen und Graben, die
und Unterpannonien im Süden) mit einer für die römische Bauten kennzeichnend
Grenzzone vom jazygischen Gebiet zu sind.32 Das ganze System „weist eine
trennen. Als die südöstliche Strecke primitive Bautechnik auf, so dass die
parallel mit der Straße zwischen Lederata Vermutung besteht, dass sie von Barbaren
und Berzobis läuft, sollten die Schanzen angelegt worden war.“33
vor der Aufgabe von Dakien, also vor 271 Höchstwahrscheinlich steht die Erbauung
n.Chr. ausgebaut werden. In dieser des ganzen Erdwallsystems mit den
Hinsicht sehr wichtig sind die Friedensabschlüsse der Jahren 175 und 180
Forschungsergebnisse von Sándor Nagy, n.Chr. im Zusammenhang.
der die Erbauungszeit der Kleinen
Schanzen in der Batschka auf die Wahrend des Friedensabschlusses im Jahre
Zeitspanne zwischen der Regierungszeit 180 n. Chr., „Commodus erlaubte seinen
von Antoninus Pius und der Aufgabe von Partnern auch nicht, sich häufig oder an
Dakien datierte.28 vielen Orten ihres Landes zu versammeln;
Die Entfernung zwischen der südöstlichen nur einmal im Monat und an einem
äußersten Linie jenseits der Theiß und der einzigen Platz sollte ihnen das gestattet
Straßenstrecke Arcidava-Berzobis beträgt sein, und auch dann lediglich in
13-14 km (8,7-9,5 milia passuum = 72,5 - Anwesenheit eines römischen Centurio.
79 Stadien). Die Kleine Schanze im Sie durften schließlich weder mit den
Vorfeld der Kaiserresidenz Sirmium Jazygen noch den Buren oder Vandalen
annähert die Reichsgrenze nur bei der Krieg führen. Unter den genannten
Ausbuchtung von Cusum, wo die Bedingungen schloß Commodus Frieden
Entfernung auch etwa 76 Stadien beträgt. mit den Barbaren und zog dann sämtliche
Einige Berichte des Cassius Dio scheinen Besatzungen in ihrem Lande, die jenseits
unsere Interpretation der Erdwälle als der abgetrennten Grenzzone lagen,
sichtbare Grenzlinien unterzustützen. Ende zurück.“34 Auch die oben erwähnte Völker
173 n.Chr. hatten die Jazygen auf dem Eis wurden vielleicht durch eine, mindestens
der Donau die Grenze überschritten. Kaiser fünf Meilen weiten Sicherheitszone
Marcus Aurelius sollte seinen Aufenthalt
30
beenden und nach Sirmium übersiedeln. Siehe z. B. die Strecke zwischen Hatvan und
Der Kaiser hat die Jazygen auf dem Eis der Füzesabony: GARAM – PATAY – SOPRONI 1983, Nr.
31 und F8 auf Karte 4.
Donau besiegt, aber der Krieg endete erst 31
Z.B. zwischen K und Nr. 35 auf der unteren Linie
im Jahre 175 n.Chr. Im Sinne des auf Karte 4. in GARAM – PATAY – SOPRONI 1983.
Friedensabschlusses mussten die Jazygen 32
Vgl. z.B. mit der Struktur der römischen
einen 76 Stadien breiten Land räumen.29 Militäranlagen in Schottland: ROBERTSON 1990, 7-
Im Norden, zwischen der Donau und 12. Vielleicht auch die gründlich ausgebauten
Antonine Wall und Hadrian's Wall fungierten nur
Theiß, der Abstand zwischen den als sichtbare Grenzen: MANN 1990, 51-54; BÓNA
1993, 101 hält die Schanzen auf der Ungarischen
28
NAGY 1966, 1014-1015; vgl. SEKEREŠ 1984, Tiefebene auch für sichtbare Grenzen.
33
144-152, 215. NAGY 1966, 1014.
29 34
MÓCSY (Anm. 10) 559:35-68; 560:1-24. Cass. Dio 73, 2 (4) (Anm. 11) 281.
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Cass. Dio 73,3 (2) (Anm. 11) 282: [Commodus]
"Schließlich konnte er auch noch die anderen zu der
eidlichen Zusage zwingen, eine Fünfmeilenzone
ihres Landes an der Grenze von Dakien weder zu
bewohnen noch als Viehweide zu nutzen."
36
P. PATAY, Allgemeine Kennzeichen der Wälle.
In: GARAM – PATAY – SOPRONI 1983, 16;
und SEKEREŠ 1984, 152.
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Karte 4. Fundorte der Periode II der Sarmatenzeit. 1 = Perlen, Fibeln, Gefässe; 2 = Goldfunde;
3 = Sarmatische Schnallen, Anhänger; 4 = Kurzschwerter mit ringförmigem oder knopfförmigem Knauf,
bzw. ohne Knauf; gestrichelte Linien: wichtigere Straßenlinien durch das Barbaricum; starke Linien:
Schanzen; grosse Nummer: Durchschnitte durch die Schanzen (Zeichnung nach Patay 1966)