Sie sind auf Seite 1von 22

Februar 2021

DIN SPEC 91432 D


ICS 27.010

Multikriterielle Bewertung von Energiesystemen


Multi-criteria assessment of energy systems
Évaluation multicritère des systèmes énergétiques

Gesamtumfang 22 Seiten

Dieses Dokument wurde durch die im Vorwort genannten Verfasser erarbeitet und verabschiedet.
DIN SPEC 91432:2021-02

Inhalt
Seite

Vorwort ...................................................................................................................................................................................... 3
1 Anwendungsbereich............................................................................................................................................... 5
2 Normative Verweisungen ..................................................................................................................................... 5
3 Begriffe ........................................................................................................................................................................ 5
4 Anforderungen ......................................................................................................................................................... 8
4.1 Multikriterielle Bewertung und Indikatorik................................................................................................. 8
4.2 Methodisches Vorgehen ...................................................................................................................................... 10
4.2.1 Bilanzgrenzen ......................................................................................................................................................... 10
4.2.2 Funktionelle Einheit ............................................................................................................................................. 10
4.2.3 Ökonomische Bewertung....................................................................................................................................12
4.2.4 Technische Bewertung und Versorgungssicherheit.................................................................................13
4.2.5 Ökologische Bewertung ...................................................................................................................................... 15
4.3 Dokumentation der Annahmen — Transparenz-Checkliste ................................................................. 18
Literaturhinweise................................................................................................................................................................. 21

2
DIN SPEC 91432:2021-02

Vorwort
Diese DIN SPEC wurde nach dem PAS-Verfahren erarbeitet. Die Erarbeitung von DIN SPEC nach dem PAS-
Verfahren erfolgt in DIN SPEC (PAS)-Konsortien und nicht zwingend unter Einbeziehung aller interessierten
Kreise.

Die vorliegende DIN SPEC (PAS) ging aus dem Projekt „WindNODE — das Schaufenster für intelligente
Energie aus dem Nordosten Deutschlands“ im Rahmen der vom Bundesministerium für Wirtschaft und
Energie (BMWi) geförderten Initiative „Schaufenster intelligente Energie — Digitale Agenda für die
Energiewende (SINTEG — Förderkennzeichen: 03SIN548)“ hervor.

Die Erarbeitung und Verabschiedung des Dokuments erfolgten durch die nachfolgend genannten
Initiator(en) und Verfasser1:

— Siemens AG
Jörn Hartung, Dr. Katrin Müller

— Technische Universität Berlin


Christopher Koch

— Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)


Tobias Junne, Jannik Haas

— Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung MBH


Ulrike Lehr

— Universität Kassel
Simon Kaiser

— IKEM – Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e. V.


Jonathan Metz

— Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg


Bastian Garnitz

— Controlling & Energiemanagement


Nathanael Harfst

Für dieses Thema bestehen derzeit keine Normen im Deutschen Normenwerk.

1 Die in diesem Dokument gewählte maskuline Form der geschlechtsbezogenen Begriffe gilt für Personen allen
Geschlechts. Lediglich aufgrund der besseren Verständlichkeit des Textes wurde einheitlich die maskuline Form
gewählt.

3
DIN SPEC 91432:2021-02

DIN SPEC (PAS) sind nicht Teil des Deutschen Normenwerks.

Für diese DIN SPEC (PAS) wurde kein Entwurf veröffentlicht.

Trotz großer Anstrengungen zur Sicherstellung der Korrektheit, Verlässlichkeit und Präzision technischer
und nicht-technischer Beschreibungen kann das DIN SPEC (PAS)-Konsortium weder eine explizite noch eine
implizite Gewährleistung für die Korrektheit des Dokuments übernehmen. Die Anwendung dieses
Dokuments geschieht in dem Bewusstsein, dass das DIN SPEC (PAS)-Konsortium für Schäden oder Verluste
jeglicher Art nicht haftbar gemacht werden kann. Die Anwendung der vorliegenden DIN SPEC (PAS)
entbindet den Nutzer nicht von der Verantwortung für eigenes Handeln und geschieht damit auf eigene
Gefahr.

Es wird auf die Möglichkeit hingewiesen, dass einige Elemente dieses Dokuments Patentrechte berühren
können. DIN ist nicht dafür verantwortlich, einige oder alle diesbezüglichen Patentrechte zu identifizieren.

Die kostenfreie Bereitstellung dieses Dokuments als PDF-Version über den Beuth WebShop wurde im
Vorfeld finanziert.

Aktuelle Informationen zu diesem Dokument können über die Internetseiten von DIN (www.din.de) durch
eine Suche nach der Dokumentennummer aufgerufen werden.

4
DIN SPEC 91432:2021-02

1 Anwendungsbereich
Dieses Dokument ist anzuwenden für die Erstellung von Energiesystembewertungen in der Forschung,
Planung, Implementierung und im Betrieb. Es kann z. B. für einen Vergleich von Entwicklungspfaden zur
Transformation des Energiesystems, aber auch für die Bewertung von Einzelentscheidungen, Quartiers-
konzepten und Städteplanungen herangezogen werden. Dadurch lassen sich Energiesysteme ab dem
Planungsstand hinsichtlich Klima- und Ressourcenschutz vergleichen sowie Aussagen zur
Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit treffen. Damit wird sichergestellt, dass
Investitionsentscheidungen auf einem umfassenden und spezifizierten Indikatoren-Set beruhen. Die
Anwendung des Dokuments bietet drüber hinaus die Möglichkeit, als eine Grundlage für öffentliche
Förderentscheidungen genutzt zu werden und die Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit zu fördern.

In diesem Dokument werden Anforderungen festgelegt und Anleitungen zur Verfügung gestellt, die die
Erstellung von Energiesystembewertungen erlauben, beschleunigen und deren Qualität hinsichtlich der
Dokumentationsanforderungen erhöhen, wodurch eine bessere Vergleichbarkeit sichergestellt wird. Die
Anforderungen umfassen sowohl Umwelt- als auch soziale Aspekte und darüber hinaus Kriterien bezüglich
Wirtschaftlichkeitsbewertung und Versorgungssicherheit.

Die DIN SPEC ist insbesondere anwendbar für die Energiewirtschaft, Akteure des Bereiches Umwelt sowie
Experten aus den Bereichen Energiesystemplanung und -auslegung, Quartiersmanagement, Wissenschaft
und Regulierung.

2 Normative Verweisungen
Die folgenden Dokumente werden im Text in solcher Weise in Bezug genommen, dass einige Teile davon
oder ihr gesamter Inhalt Anforderungen des vorliegenden Dokuments darstellen. Bei datierten
Verweisungen gilt nur die in Bezug genommene Ausgabe. Bei undatierten Verweisungen gilt die letzte
Ausgabe des in Bezug genommenen Dokuments (einschließlich aller Änderungen).

DIN EN ISO 14040:2009-11, Umweltmanagement — Ökobilanz — Grundsätze und Rahmenbedingungen


(ISO 14040:2006); Deutsche Fassung EN ISO 14040:2006

DIN EN ISO 14044:2018-05, Umweltmanagement — Ökobilanz — Anforderungen und Anleitungen


(ISO 14044:2006 + Amd 1:2017), Deutsche Fassung EN ISO 14044:2006 + A1:2018

3 Begriffe
Für die Anwendung dieses Dokuments gelten die folgenden Begriffe.

DIN und DKE stellen terminologische Datenbanken für die Verwendung in der Normung unter den folgenden
Adressen bereit:

— DIN-TERMinologieportal: verfügbar unter https://www.din.de/go/din-term

— DKE-IEV: verfügbar unter http://www.dke.de/DKE-IEV

3.1
Arbeitskoeffizient
Verhältnis der Einsatzmenge an Arbeitsleistung zu dem damit erzielten Produktionsergebnis

[QUELLE: Begriffsdefinition übernommen aus der Festlegung „Arbeitskoeffizient“ aus [1].]

5
DIN SPEC 91432:2021-02

3.2
Bilanzgrenze
physikalische oder Standortgrenze und/oder Organisationsgrenze, festgelegt für einen bestimmten Zweck

Anmerkung 1 zum Begriff: Die Bilanzgrenze wird in diesem Zusammenhang in 4.2.1 genauer beschrieben.

[QUELLE: DIN EN ISO/IEC 13273-1:2016-06, 3.3.2, modifiziert — Formulierung „Systemgrenze“ durch


„Bilanzgrenze“ ersetzt, „und/oder Organisationsgrenze“ in der Definition ergänzt, Anmerkung 1 zum Begriff
ersetzt, Beispiel wurde entfernt.]

3.3
Emissionsfaktor
Ausstoß eines Stoffes oder Stoffgemisches bezogen auf eine geeignete Bezugsgröße

BEISPIEL CO2-Ausstoß pro Kilowattstunde (gCO2/kWh)

3.4
Energiesystem
Gesamtheit und Wechselwirkung der System-Komponenten zur Energieumwandlung, -nutzung, -speiche-
rung und -übertragung innerhalb der Bilanzgrenze

3.5
funktionelle Einheit
quantifizierter Nutzen eines Produktsystems für die Verwendung als Vergleichseinheit

Anmerkung 1 zum Begriff: Die funktionelle Einheit wird in diesem Zusammenhang in 4.2.2 genauer beschrieben.

[QUELLE: DIN EN ISO 14040:2009-11, 3.20, modifiziert — Anmerkung 1 zum Begriff ergänzt]

3.6
Kapazitätsoptimierung
an einer Zielfunktion ausgerichtetes mathematisches Berechnungsverfahren zur optimalen Auslegung der zu
installierenden Leistung der Komponenten eines Energiesystems

3.7
kritische Materialien
Rohstoffe, ohne nachhaltige Versorgung innerhalb des Untersuchungsgebiets

Anmerkung 1 zum Begriff: Kritische Materialien sind meist von hoher wirtschaftlicher Bedeutung.

Anmerkung 2 zum Begriff: Teilweise erschwerte Kritikalität durch geringe Substitutions- und Recycling-
möglichkeiten.

Anmerkung 3 zum Begriff: Die Kritikalität von Metallen wird meist über die Dimensionen „Versorgungsrisiko“,
„Strategische Bedeutung“ und „Ökologisches Schadenspotenzial“ bewertet. Diese Dimensionen sind in einer
prospektiven Bewertung schwer quantifizierbar.

3.8
Ökobilanz
Zusammenstellung und Beurteilung der Input- und Outputflüsse und der potentiellen Umweltwirkungen
eines Produktsystems im Verlauf seines Lebensweges

[QUELLE: DIN EN ISO 14040:2009-11, 3.2]

6
DIN SPEC 91432:2021-02

3.9
Primärenergie
Energie, die keinem Umwandlungs- oder Transformationsprozess unterzogen wurde

Anmerkung 1 zum Begriff: Primärenergie bezeichnet in der Energiewirtschaft die Energie, die durch ursprünglich
vorkommende Energieformen oder Energiequellen verfügbar ist. Hierzu zählen sowohl Brennstoffe wie Kohle oder
Erdgas, als auch Energieträger wie Sonnenstrahlung oder Wind.

Anmerkung 2 zum Begriff: Primärenergie wird durch Umwandlungsprozesse in Sekundärenergie umgewandelt.


Durch den Umwandlungsprozess entstehen Verluste.

[QUELLE: DIN EN ISO 52000-1:2018-03, 3.4.29, modifiziert — „unterlegen hat“ durch „unterzogen wurde“
ersetzt, Anmerkung 1 zum Begriff wurde ersetzt, Anmerkung 2 zum Begriff wurde hinzugefügt.]

3.10
Recyclingfähigkeit
Fähigkeit von Altmaterialien wieder zu Produkten, Materialien oder Substanzen aufbereitet zu werden, für
den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke

Anmerkung 1 zum Begriff: Eine Verwendung als Energieträger oder Versatz gilt nicht als Recycling.

[QUELLE: DIN EN 62542:2017-10, 6.9, modifiziert — Begriffsdefinition angelehnt an die Festlegung


„Recycling of waste“ aus [2], Anmerkung 1 zum Begriff wurde hinzugefügt.]

3.11
Sachbilanz
Bestandteil der Ökobilanz, der die Zusammenstellung und Quantifizierung von Inputs und Outputs eines
gegebenen Produktes im Verlauf seines Lebensweges umfasst

[QUELLE: DIN EN ISO 14040:2009-11, 3.3]

3.12
Umweltbelastungsindikator
Indikatorwert, der den relativen Schweregrad in einer Umweltwirkungskategorie ausdrückt

Anmerkung 1 zum Begriff: Es kann zwischen Midpoint- und Endpoint-Indikator differenziert werden.

Anmerkung 2 zum Begriff: Ein Midpoint-Indikator fasst die Umwelteinwirkungen einer Wirkungskategorie an einem
Punkt entlang der Wirkungskette zusammen, z. B. Aggregation der Klimawirkung sämtlicher innerhalb der
Bilanzgrenzen emittierten Treibhausgase in kg CO2-Äquivalenten.

Anmerkung 3 zum Begriff: Ein Endpoint-Indikator gibt die Gefährdung für ein Schutzgut, verursacht durch sämtliche
innerhalb der Bilanzgrenzen verursachten Umweltwirkungen, aus Sicht des Schutzgutes an, z. B. Gefährdung der
menschlichen Gesundheit durch den Klimawandel.

Anmerkung 4 zum Begriff: Die Wirkungskette beschreibt die kausalen Beziehungen zwischen einer Ursache (z. B.
Treibhausgas (THG)-Emissionen) und dem Wirkungsendpunkt (Gefährdung von Schutzgütern) einer Umwelt-
einwirkung. Als Schutzgüter gelten allgemein die Menschliche Gesundheit, die Natürlichen Ressourcen und die
Natürliche Umwelt.

7
DIN SPEC 91432:2021-02

4 Anforderungen

4.1 Multikriterielle Bewertung und Indikatorik

Bei einer multikriteriellen Bewertung von Energiesystemen müssen die drei Dimensionen des energie-
politischen Zieldreiecks — Ökonomie, Versorgungssicherheit und Ökologie — adressiert werden. Zusätzlich
muss die Analyse um soziale Aspekte erweitert werden.

Für die Ausdifferenzierung der Dimensionen müssen konkrete Indikatoren berechnet werden. Die
Anforderungen an einen Indikator lauten:

— Zielbezug: Der Indikator muss zu mindestens einer der genannten Zieldimensionen Bezug haben. Eine
Steigerung des Indikators muss stetig eine Verbesserung oder Verschlechterung des Zustands bezüglich
der Zielerreichung anzeigen.

— Verfügbarkeit der Datengrundlage: Die Daten sollten frei verfügbar oder für jeden zu erwerben sein,
um Ergebnisse nachprüfen zu können.

— Transparenz bei der Datenerhebung und Berechnung: Die detaillierten Anforderungen sind der
Transparenz-Checkliste (siehe 4.3) zu entnehmen.

Eine multikriterielle Bewertung kann nach der vorliegenden DIN SPEC in zwei Stufen durchgeführt werden:

— Stufe 1 umfasst Mindestanforderungen an Indikatoren, die in jeder Zieldimension erfüllt werden


müssen.

— Stufe 2 erweitert Stufe 1, um umfangreichere Aussagen aus den Ergebnissen ableiten zu können. Für
eine vollständige multikriterielle Bewertung der Stufe 2 müssen die Indikatoren in allen
Zieldimensionen die Anforderungen der Stufe 2 erfüllen.

Anwender können in den einzelnen Zieldimensionen zwischen diesen Stufen variieren und müssen dies in
ihrer Dokumentation kenntlich machen. Tabelle 1 fasst die obligatorischen Indikatoren für beide Stufen
zusammen. Zusätzlich werden dort Vorschläge für optionale Indikatoren unterbreitet. Methodische
Anforderungen und Details zur Bewertung der Ökonomie, Versorgungssicherheit und Ökologie sind in 4.2.3,
4.2.4 und 4.2.5 enthalten.

Die drei genannten Zieldimensionen des energiepolitischen Zieldreiecks bilden die Auswirkungen des
Energiesystems auf die Gesellschaft ab. Eine Bewertung der Sozialverträglichkeit eines Energiesystems kann
anhand der Auswertung dieser Indikatoren und ihrer Bedeutung für die Gesellschaft erfolgen. Mithilfe von
Stakeholdern kann eine individuelle Gewichtung der Indikatoren erarbeitet werden. Die transparente
Darstellung der eigenen Annahmen und Berechnungen hat einen indirekten Einfluss auf die
Sozialverträglichkeit, da dadurch das Verständnis geschaffen wird, gesellschaftlich ausgewogene
Entscheidungen zu treffen.

Aus diesem Grund muss in Stufe 1 eine Gesamtpunktzahl mithilfe der Transparenz-Checkliste (siehe 4.3)
erhoben werden.

In Stufe 2 müssen zusätzlich Analysen von Akzeptanzaspekten durchgeführt werden. Dies kann
beispielsweise über multikriterielle Bewertungsverfahren erfolgen. Dazu müssen Stakeholder zur
Gewichtung der Indikatoren oder direkt zur Bewertung der berechneten Szenarien befragt werden. Ob
weitere soziale Aspekte, wie beispielsweise der Zugang zu Energie oder der Anteil der Ausgaben eines
Haushaltes für Energie bewertet werden müssen, sollte im individuellen Einzelfall geprüft und dokumentiert
werden. Hierzu zählen ebenfalls Auswirkungen auf die Beschäftigung, die ggf. modelliert werden sollten.
Dabei kann die Qualifikation der Arbeitskräfte berücksichtigt, zwischen direkten und indirekten
Beschäftigten sowie lokalen und globalen Auswirkungen unterschieden werden (siehe 4.2.3).

8
DIN SPEC 91432:2021-02

Tabelle 1 — Übersicht obligatorischer und optionaler Indikatoren


Ziel- Obligatorische Indikatoren Obligatorische Indikatoren Optionale Indikatorena
dimension (Stufe 1) (Stufe 2)
Ökonomie — Investitionen (CAPEX, en: Capital — Gestehungskosten für — Entsorgungskosten
Expenditure), Wartungs- und Energie (LCOE, en: — Nettobeschäftigung,
Betriebskosten (OPEX, en: Levelized Costs of Energy)b Beschäftigung durch
Operation Expenditure) — Zeitliche Entwicklung Entsorgung
— Spezifische CAPEX und OPEX spezifischer CAPEX und — Bruttoinlandsprodukt (BIP)
Energiebezugs- und OPEX
— — CO2-Vermeidungskostenc
Emissionspreise — Zeitliche Entwicklung
— Zusätzlicher Nutzen:
Energiebezugs- und
Marketingeffekte usw.
Emissionspreise
— Vergütung, steuerlicher
Vorteil
— Steuereinnahmen
— Fördermittel
— Bruttobeschäftigung
— Umsatz
Versorgungs- — Nachweis der Bedarfsdeckung — Nachweis der — Weitere Diversitäts-
sicherheit Bedarfsdeckung in hoher Indikatoren
zeitlicher Auflösung — Erweiterte Betrachtung der
— Diversität der Bedarfsdeckung (z. B. durch
Versorgungsstruktur SAIDI (en: System Average
Interruption Duration Index),
LoLE (en: Loss of Load
Expectation), EEnS (en:
Expected Energy not Served))
— Netzspezifische Kennzahlen
(Auslastung,
Übertragungsbedarf)
Ökologie — Direkte CO2-Emissionen — Direkte und indirekte THG- — Gesamtrohstoffproduktivitäth
— Qualitative Aussagen zur Emissionen (Scope 1 bis — Berücksichtigung des Ent-
direkten Emission von NOx, Scope 3) sorgungsaufwandes unter
Feinstaub und weiteren — Global Warming Impact Neuberechnung der
Emissionen sowie zur direkten — Diverse Midpoint- Indikatoren
Verwendung von als toxisch oder Indikatorene — Primärenergiebedarf
radioaktiv eingestuften
— Bedarf an natürlichen — Anteil erneuerbarer Energien
Betriebsmitteln
Ressourcenf am Primärenergiebedarf
— Qualitative Aussagen zum Bedarf
— Materialfußabdruckg — Kritikalität
kritischer Materialiend
— Qualitative Aussage zum — Wasserfußabdruck
Wasserstress im Bilanz-
raum
— Aussage zur Recycling-
fähigkeit der eingesetzten
Rohstoffe und Materialien
— Materialspezifische
Quantifizierung des Bedarfs
an kritischen Materialien

9
DIN SPEC 91432:2021-02

Ziel- Obligatorische Indikatoren Obligatorische Indikatoren Optionale Indikatorena


dimension (Stufe 1) (Stufe 2)
Sozialverträg- — Gesamtpunktzahl auf Basis der — Analyse von Aspekten der — Beschäftigung
lichkeit Transparenz-Checkliste Akzeptanz z. B. über — Akzeptanz
multikriterielle
— Zugang zu Energie
Bewertungsverfahren,
Conjoint-Analyse — Anteil der Ausgaben für
Energie von Haushalten mit
geringem Einkommen
a Die Liste der optionalen Indikatoren ist nicht abschließend und kann um weitere Indikatoren ergänzt werden.
b LCOE Berechnungsmethode nach [3].
c Berechnet in Form der Differenz der LCOE zu einem Referenzsystem mit vergleichbarem Nutzen geteilt durch die
entsprechende Differenz der direkten CO2-Emissionen (Scope 1).
d Aussagen darüber, welche kritischen Materialien bei den verwendeten Technologien genutzt werden. Entsprechende
Kritikalitätslisten werden zum Beispiel von der EU, der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und der
Deutschen Rohstoffagentur (DERA) bereitgestellt.
e Für detaillierte Auflistung siehe 4.2.5.
f Natürliche Ressourcen umfassen Wasser, Fläche und metallische, mineralische sowie biotische Rohstoffe. Die Ressource Luft
muss an dieser Stelle nicht explizit betrachtet werden.
g Berechnung nach Mostert [4].
h Nach Ressourceneffizienzprogramm Progress II (BMU) [5] und Bringezu [6].

4.2 Methodisches Vorgehen

4.2.1 Bilanzgrenzen

Bilanzgrenzen setzen den Untersuchungsrahmen für eine multikriterielle Bewertung von Energiesystemen.
Es wird festgelegt, welche Komponenten oder welche Lebensphasen der Komponenten, wie z. B. die
Herstellungs- und Nutzungsphase, in die Analyse einbezogen und welche Inhalte ausgeschlossen werden
(z. B. die Entsorgung). Der Betrachtungszeitraum der Studie (z. B. ein Jahr) muss für eine eindeutige
Interpretation der Bewertungsergebnisse angegeben werden.

Die Auswahl der Bilanzgrenze muss mit dem Ziel der Studie übereinstimmen. Die zur Festlegung der
Bilanzgrenze angewendeten Kriterien müssen beschrieben und erläutert werden.2

4.2.2 Funktionelle Einheit

Die Wahl einer funktionellen Einheit (fE) muss für jede Bewertung erfolgen. Eine funktionelle Einheit
spiegelt den quantifizierten Nutzen eines Produktsystems wider und dient als Vergleichseinheit.

Der Untersuchungsrahmen einer multikriteriellen Bewertung von Energiesystemen muss die Funktionen
des untersuchten Systems eindeutig festlegen. Die funktionelle Einheit muss dem Ziel und dem
Untersuchungsrahmen der Studie entsprechen. Eine funktionelle Einheit stellt eine Bezugsgröße dar, auf die
Input- und Outputdaten normiert werden. Deshalb muss die funktionelle Einheit eindeutig definiert und
messbar sein. Für den Fall, dass ein Energiesystem mehr als eine Leistung bereitstellt (z. B. Strom und
Wärme), muss jede Leistung in Form einer eigenen bzw. durch eine gemeinsame funktionelle Einheit
berücksichtigt werden. Alternativ können In- und Outputdaten des Systems entsprechend der Allokations-
regeln nach DIN EN ISO 14040:2009-11, 5.3.4 auf die unterschiedlichen Leistungen allokiert werden.

Für den Vergleich unterschiedlicher Systeme sollten alle Systeme mit Hilfe einer identischen funktionellen
Einheit verglichen sowie alle Systemleistungen berücksichtigt werden. Neben der Festlegung der funktio-

2 In Anlehnung an: DIN EN ISO 14044:2018-05, 4.2.3.3.1, modifiziert — Systemgrenze durch Bilanzgrenze ersetzt.

10
DIN SPEC 91432:2021-02

nellen Einheit muss ebenfalls der räumliche und zeitliche Rahmen der Nutzenerbringung eindeutig
festgelegt werden.

In Tabelle 2 sind Beispiele funktioneller Einheiten für den grundsätzlichen Nutzen von Energiesystemen für
unterschiedliche Skalenebenen aufgeführt. Bei den Skalenebenen kann es sich z. B. um einzelne
Produktionseinheiten, Gebäude oder Quartiere handeln. Es sind aber auch Betrachtungen auf regionaler,
nationaler oder internationaler Ebene möglich. Beispiele für funktionelle Einheiten für die unterschiedlichen
Skalenebenen sind:

BEISPIEL 1 Ein Gebäude oder ein Quartier wird vom Energiesystem mit Energie, z. B. Strom oder Wärme versorgt.
Der grundsätzliche Nutzen besteht in der Bereitstellung von Wohn- oder Nutzfläche. Die funktionelle Einheit kann z. B.
die versorgte Wohn- oder Nutzfläche in Quadratmeter sein. Dabei muss eindeutig und transparent festgelegt werden, ab
welchem Energieinput ein Quadratmeter als versorgt anzusehen ist.

BEISPIEL 2 Beim Transport von Personen oder Gütern können z. B. durch das Energiesystem bereitgestellte
Personenkilometer oder Tonnenkilometer als funktionelle Einheit verwendet werden. Dies adressiert die Skalenebene
von Personen oder Betrieben.

BEISPIEL 3 Auf der Skalenebene der Betriebe und Produktionseinheiten liegt der Nutzen des Energiesystems in
der Energieversorgung von technischen Anlagen oder Standorten. Die funktionelle Einheit kann hier z. B. eine durch das
Energiesystem ermöglichte Produktionsmenge, eine Stückzahl, der Umsatz oder die Wertschöpfung sein.

BEISPIEL 4 Auf der Skalenebene der (inter-)nationalen Regionen liegt der Nutzen des Energiesystems in der
Energieversorgung der Einwohner und der Produktion. Als funktionelle Einheit bietet sich z. B. die Anzahl der
versorgten Einwohner an. Als Ergänzung kann die gesellschaftliche Entwicklung, z. B. mithilfe des Human Development
Index (HDI), berücksichtigt werden, um Energiesysteme unterschiedlicher Regionen oder Zeiten vergleichen zu können.
Für die Produktion eignen sich z. B. das BIP oder der Nationale Wohlfahrtsindex (NWI) als funktionale Einheiten.

BEISPIEL 5 Ein Energiesystem kann auch eine einzelne, betrachtete Lieferung von Energie leisten, ohne dass dabei
die Anwendung genauer betrachtet wird. Somit liegt der Fokus allein auf der Umwandlung und ggf. dem Transport der
Energie. Mögliche (Effizienz-)Maßnahmen auf der Energieanwendungsseite werden nicht betrachtet. Für einen
Vergleich von Energiesystemen auf Basis der gelieferten Energie muss diese in identischer Form (z. B. Elektrizität)
vorliegen oder durch ein geeignetes Verfahren bewertet werden, z. B. nach dem Exergiegehalt, sodass ein Vergleich
möglich ist.

Tabelle 2 — Beispiele für funktionelle Einheiten von Energiesystemen


Skalenebene Nutzen des Energiesystems Funktionelle Einheit
Gebäude oder — Energieversorgung von Wohn- und — Versorgte Wohn- oder Nutzfläche (m²)
Quartier Nutzfläche
Person oder Betrieb — Fahrleistung für den Transport von — Bereitgestellte Tonnen- (tkm) oder
Gütern oder Personen Personenkilometer (Pkm)
Betrieb oder — Energieversorgung von technischen — Stückzahl, Produktionsmenge (t), Umsatz oder
Produktionseinheit Anlagen oder Standorten Wertschöpfung (€)
Kommunal, regional, — Energieversorgung für Einwohner oder — Versorgung von Einwohnern
national, international Produktion — ggf. unter Berücksichtigung des Index der
menschlichen Entwicklung (HDI) [versorgte
Einwohner × HDI]
— Wirtschaftsleistung (z. B. BIP, NWI) [€]
Energiebereitstellung — Lieferung von einer oder mehreren — Energieeinheit, z. B. kWh
bestimmten Energieform(en) für eine
nicht näher betrachtete Anwendung

11
DIN SPEC 91432:2021-02

4.2.3 Ökonomische Bewertung

Die ökonomische Bewertung stellt die Verbindung zu den Kosten-, Investitions-, Wachstums- und Beschäfti-
gungsindikatoren sowie zum internationalen Handel her. Die ökonomischen Bewertungskomponenten
unterscheiden sich mit der Skalenebene des bewerteten Systems (siehe Skalenebene in Tabelle 2). Die
Berechnungs-Spezifikationen sind in Tabelle 3 und die Kriterien sind in Tabelle 4 zusammengefasst.

Eine Produktionseinheit muss in Stufe 1 mithilfe der Kosten bewerten werden, die sich aus den Investitionen
(CAPEX) und den Betriebs- und Wartungskosten (OPEX) zusammensetzen. Diese Werte beruhen auf Preis-
informationen der Komponenten und den spezifischen Ausgaben für Betrieb und Wartung. Beides basiert
auf der herangezogenen funktionellen Einheit, sowie den Preisinformationen der eingesetzten Energie-
träger.

Stufe 2 greift bei den Kosten den dynamischen Aspekt auf. Hierfür muss die Kostenentwicklung der
Vergangenheit und die erwartete Kostenentwicklung berücksichtigt werden. Dies kann beispielsweise
anhand der Abschätzung einer Lernkurve erfolgen, welche alle Kosteninformationen und deren zeitliche
Entwicklung über die Lebenszeit (LCOE, en: Levelized Costs of Energy) abschätzt. Mit dem Energiesystem
verbundene Einnahmen müssen in Stufe 2 berücksichtigt werden. Stufe 2 umfasst ferner die zeitliche
Entwicklung von Energiebezugs- und Emissionspreisen. Weitere Elemente aus Tabelle 4, wie die Beschäfti-
gung, die Wertschöpfung oder das BIP müssen auf der Skalenebene der Einzelanlagen nicht berücksichtigt
werden.

Kommunale oder regionale Systeme lassen sich auf Stufe 1 anhand der Kosten und der dazugehörigen
Preiskomponenten bewerten. Auf Stufe 2 müssen zusätzlich Einnahmen wie z. B. Steuereinnahmen bewertet
werden. Die Beschäftigung kann auf Stufe 2 z. B. durch Befragung von Unternehmen ermitteln werden.
Alternativ kann die Beschäftigung durch den Arbeitskoeffizienten berechnet werden, der als Vollzeit-
äquivalent 3 je Megawatt angegeben wird. Durch Multiplikation mit der installierten Leistung wird die
Beschäftigung ermittelt. Eine weitere Möglichkeit zur Ermittlung der Beschäftigung ist die Verwendung von
Personenjahren. Auf Stufe 2 müssen zusätzlich Beschäftigungseffekte abgeschätzt werden, die entlang der
Vorkette entstehen. Methoden hierfür sind z. B. literaturgestützte Multiplikatoren oder eine Input-Output-
Analyse. Auf der Skalenebene kommunaler oder regionaler Systeme müssen auf Stufe 2 kommunale Ein-
nahmen z. B. durch Gewerbesteuer und die Umsätze lokaler/regionaler Unternehmen abgeschätzt werden.

Auf nationaler Ebene kann zur Einschätzung der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen ein geeigneter
Indikator zusätzlich zur Kostenrechnung und der Berechnung der Bruttobeschäftigung berechnet werden.
Als Wohlfahrtsindikator kann das BIP zur Abbildung der wirtschaftlichen Leistung einer Volkswirtschaft und
als international vergleichbare statistische Kenngröße herangezogen werden, aber auch erweiterte
Wohlfahrtsindikatoren, wie der vom Umweltbundesamt eingeführte NWI [7] oder von der EU im Rahmen
der Debatte um Indikatoren jenseits des BIP vorgeschlagene Indikatoren. Hierzu zählen auch Indikatoren
wie der Indikator echten Fortschritts (GPI, en: Genuine Progress Indicator). Zur Ermittlung kann auf
gesamtwirtschaftliche Modellrechnungen zurückgegriffen werden. Alternativ können allgemeine
Gleichgewichtsmodelle oder ökonometrische Input-Output-Modelle aus [8] verwendet werden. Die
Modellwahl muss transparent gemacht werden.

3 Ein Vollzeitäquivalent bewertet den Arbeitsumfang mit 40 h je Woche. Die tatsächliche Anzahl der arbeitenden
Personen liegt aufgrund von Teilzeitbeschäftigten oft höher.

12
DIN SPEC 91432:2021-02

Tabelle 3 — Berechnungs-Spezifikationen der ökonomischen Bewertung


Stufe 1 Stufe 2 Optional
Methodik — Kostenrechnung — Arbeitskoeffizienten, — Einsatz gesamtwirt-
Abschätzung indirekter schaftlicher Modelle
Effekte mit einfachen
Multiplikatoren, Ab-
schätzung von Einnahmen
Bilanzgrenzen — Energiesystem — Energiesystem und vor- — Wirtschaftssystem
gelagerte Produktions-
schritte (Vorkette)
Lebensphase — Installation und Betrieb — Herstellung, Installation und — Herstellung, Installation,
Betrieb Betrieb und Entsorgung

Tabelle 4 — Kriterien der ökonomischen Bewertung


Stufe 1 Stufe 2 Optional

Kosten — CAPEX und OPEX — LCOE — zusätzlich


Entsorgungskosten
Preisinformationen der — Spezifische Investi- — Zeitliche Entwicklung — zusätzlich
Komponenten tionen, Wartungs- und spezifische Investitionen, Entsorgungskosten
Betriebskosten (CAPEX Wartungs- und Betriebs-
und OPEX) kosten (CAPEX und OPEX)
Preisinformationen der — Energiebezugs- und — Zeitliche Entwicklung — CO2-Vermeidungskosten
Energieträger Emissionspreise Energiebezugs- und
Emissionspreise
Einnahmen — Vergütung, steuerlicher
Vorteil
– –
— Steuereinnahmen
— Fördermittel
Beschäftigung — Bruttobeschäftigung — Nettobeschäftigung,
– Beschäftigung durch
Entsorgung
Wertschöpfung – — Umsatz — BIP

4.2.4 Technische Bewertung und Versorgungssicherheit

Die technische Bewertung von Energiesystemen ist sowohl für die Beurteilung der Versorgungssicherheit als
auch für die transparente Aufbereitung der Parametrisierung technologischer Komponenten notwendig. Die
Berechnungs-Spezifikationen sind in Tabelle 5 und die Kriterien sind in Tabelle 6 zusammengefasst.

Ergebnisse und Annahmen in Bezug auf die eingesetzten Energieumwandlungs-, Speicher- und
Einspartechnologien müssen transparent und nachvollziehbar gemacht werden. In Stufe 1 müssen Angaben
zur Leistung und zur jährlichen Arbeit aller verwendeten Komponenten gemacht und jährliche
Energiebilanzen angegeben werden. In Stufe 2 muss zudem der Einsatz der Komponenten und die
Energiebilanz in der Auflösung des Modells ausgewiesen werden. Zusätzlich muss der Verbrauch der
Primärenergieträger den einzelnen Technologien zugeordnet werden.

Zusätzlich müssen technische Details der Komponenten dokumentiert werden. Dazu zählt in Stufe 1 der
Wirkungsgrad aller im Energiesystem verwendeten Energieumwandlungs-, Speicher- und Einspartechnologien.
In Stufe 2 sind darüber hinaus Angaben zur minimalen Leistung und zu Teillastwirkungsgraden erforderlich.

13
DIN SPEC 91432:2021-02

Optional können weitere Informationen zu gewählten Effizienzsteigerungen oder Angaben zur Flexibilität,
wie z. B. Leistungsänderungsgeschwindigkeiten, bereitgestellt werden. Weiterhin können Umweltinforma-
tionen der Komponenten (z. B. Emissionsfaktoren oder Materialbilanzen), die aus deren Bau und Betrieb
entstehen, angegeben werden.

Bei den Indikatoren muss zunächst belegt werden, dass das betrachtete Energiesystem in der Lage ist, den
an ihn gestellten Bedarf an Strom, thermischer Energie oder Mobilität zu decken. Für eine Bewertung nach
Stufe 1 muss mindestens ein einfacher Nachweis über eine jährliche Energiebilanz und die Fähigkeit zur
Deckung der Leistungsspitze erbracht werden. In Stufe 2 muss eine höhere Auflösung (z. B. untertägig oder
stündlich) berücksichtigt werden. Zusätzlich muss eine Optimierung der eingesetzten Kapazitäten
durchgeführt werden, die beispielsweise anhand einer Minimierung der Gesamtkosten erfolgen kann.
Optional können bei der Systemauslegung auch Nebenbedingungen, wie Netzengpässe oder Restriktionen
des Ausstoßes an Kohlenstoffdioxid oder Luftschadstoffen berücksichtigt werden. Zur Abbildung der
Netzbelastungen können auch netzspezifische Indikatoren bzgl. des Übertragungsbedarfs und auftretender
Engpässe erhoben werden.

Der genannte Nachweis der Bedarfsdeckung muss zumindest für eine Ausprägung der Eingangsdaten erfüllt
sein. Diese umfassen die Ausfallwahrscheinlichkeiten der technischen Anlagen, die berücksichtigten Im- und
Exporte, die Einspeisung aus erneuerbaren Energien und den Energiebedarf. Optional kann diese
Betrachtungsweise durch Sensitivitätsanalysen erweitert werden, beispielsweise indem verschiedene
Wetterjahre einbezogen werden.

BEISPIEL 1 Statistische Methoden ermöglichen zusätzlich eine Modellierung der Anzahl an Stunden eines Jahres, zu
denen eine Lastdeckung nicht sichergestellt werden kann (LoLE, en: Loss of Load Expectation). Hierbei wird für jedes
Zeitintervall der Optimierung die Wahrscheinlichkeit bestimmt, mit der die Last nicht gedeckt werden kann (LoLP, en:
Loss of Load Probability). Eine Summierung der einzelnen LoLP für ein Jahr ergibt den LoLE.

BEISPIEL 2 Als ein weiterer optionaler Indikator kann die während dieser Zeit nicht gedeckte Energienachfrage
(EEnS, en: Expected Energy not Served) erhoben werden. 4

BEISPIEL 3 Für bestehende Energiesysteme können nachträglich die durchschnittliche Unterbrechungsdauer pro
Jahr und die Letztverbraucher (SAIDI, en: System Average Interruption Duration Index,) berechnet werden.

Ein weiterer Aspekt der Versorgungssicherheit umfasst die Diversität der Versorgungsstruktur. So kann in
einigen Bereichen eine Verteilung des Gesamtrisikos auf mehrere, möglichst nicht positiv korrelierende
Einzelrisiken zu einem resilienteren System führen. Dies betrifft zum einen die Variation der eingesetzten
Technologien zur Bedarfsdeckung, die für eine Versorgungssicherheitsbewertung der Stufe 2 ausgewiesen
werden muss. Eine mögliche Berechnungsmethode hierfür ist der Herfindahl-Hirschmann-Index. Dieser
berechnet die Marktkonzentration der Technologien als Summe der quadrierten Anteile an der
Grundgesamtheit (in diesem Fall die gesamte Energiemenge des Systems) 5. Auch der ähnlich aufgebaute
Shannon-Wiener-Index kann verwendet werden. Zum anderen können optional weitere Diversitäts-
Indikatoren, z. B. in Bezug auf die verwendeten Ressourcen und die damit einhergehende Importverteilung,
ermittelt werden. Hierbei sollten jedoch neben der grundlegenden Importverteilung auch die Exportländer
selbst im Hinblick auf ihre politische Stabilität und wirtschaftliche Abhängigkeit von den Exporten
betrachtet werden.

4 Eine detaillierte Beschreibung probabilistischer Ansätze zur Bewertung der Versorgungssicherheit kann
beispielsweise aus [9] entnommen werden.
5 Eine beispielhafte Anwendung des Indikators auf Energiesysteme findet sich in [10].

14
DIN SPEC 91432:2021-02

Tabelle 5 — Berechnungs-Spezifikationen der technischen Bewertung und Versorgungssicherheit


Stufe 1 Stufe 2 Optional

Leistung und — Leistung und jährliche Arbeit — Einsatz der Komponenten


Einsatz der aller Komponenten und Energiebilanz (Energie-
Komponenten
— Jährliche Energiebilanz import und -export) in
(Energieimport und -export) entsprechender Auflösung
des Modells –
— Technologiespezifische
Allokation der
Primärenergieträger
Weitere — Wirkungsgrad aller — Zusätzliche Angabe der — Flexibilitätsinformationen
technische Energieumwandlungs-, minimalen Leistung und z. B. Leistungsänderungs-
Details der
Speicher- und Angabe von Teillast- geschwindigkeit
Komponenten
Einspartechnologien wirkungsgraden — Effizienzentwicklungspfade
— Umweltinformationen
(z. B. Emissionsfaktoren
oder Materialbilanzen)

Tabelle 6 — Kriterien der technischen Bewertung und Versorgungssicherheit


Stufe 1 Stufe 2 Optional

Bedarfsdeckung — Nachweis der — Nachweis der Bedarfsdeckung — Sensitivitätsanalysen (z. B. unter


Bedarfsdeckung z. B. in hoher zeitlicher Auflösung Verwendung unterschiedlicher
über jährliche — Anwendung einer Wetterjahre)
Energiebilanz und Kapazitätsoptimierung, z. B. — Berechnung LoLE/EEnS mithilfe
Deckung der durch Minimierung der probabilistischer Ansätze
Leistungsspitze Gesamtkosten — Nebenbedingungen, z. B. CO2-
Restriktionen oder Netzengpässe
Diversität — Betrachtung der Diversität der — Betrachtung der Rohstoffimport-
Versorgungsstruktur, z. B. über abhängigkeit

Herfindahl-Index oder Shannon-
Wiener-Index

4.2.5 Ökologische Bewertung

Die ökologische Dimension des energiewirtschaftlichen Zieldreiecks betrachtet die Umweltwirkungen von
Energiesystemen. Die Vernetzung zwischen Umwelt und Energiesystem entsteht durch die in allen
Lebensphasen auftretenden Stoff- und Energieflüsse zwischen dem Energiesystem und seiner Umwelt.
Daher muss die Herstellung der Komponenten und deren Installation als auch der Betrieb des Systems und
deren Einsatz von natürlichen Ressourcen und Energie bewertet werden. Je nach verwendetem Energie-
träger werden ebenfalls verschiedene Gase (z. B. Treibhausgase) und Stoffe (z. B. Feinstaub oder Asche) in
die Umwelt emittiert was sich in der Vielzahl der Indikatoren wiederspiegelt. Zusätzlich müssen nach Ende
der Lebensdauer die installierten Komponenten und ggf. Betriebsstoffe entsorgt werden, daher ist diese
Lebensphase in die Bewertung miteinzubeziehen. Die Berechnungs-Spezifikationen sind in Tabelle 7 und die
Kriterien sind in Tabelle 8 zusammengefasst.

Systemgrenzen und Bilanzraum sind bei der ökologischen Bewertung identisch mit denen der technischen
und ökonomischen Analyse zu wählen, wodurch ein umfassender Vergleich der drei Zieldimensionen
ermöglicht werden soll.

15
DIN SPEC 91432:2021-02

Die Emissionen von Treibhausgasen (nach dem Kyotoprotokoll) werden nach des Greenhouse Gas Protocols
[11] [12] in drei Scopes eingeteilt:

— Scope 1 Emissionen: Direkte Emissionen des Energiesystems, welche bei der Produktion der
funktionellen Einheit innerhalb der Systemgrenzen des Energiesystems entstehen.

— Scope 2 Emissionen: Indirekte Emissionen, die durch den Bezug von Energie (Elektrizität, Dampf,
Wärme, Kühlung) außerhalb des Energiesystems durch die erzeugende Anlage verursacht werden.

— Scope 3 Emissionen: Sämtliche weiteren, indirekten Emissionen aus allen Lebensphasen, die
außerhalb der Systemgrenzen des Energiesystems entstehen.

Für die Berechnung der Umweltwirkungen kann in Stufe 1 die Untersuchung auf die gewählten
Bilanzgrenzen des Energiesystems begrenzt werden. Als Lebensphase muss für die Quantifizierung von
Umweltwirkungen nur der Betrieb betrachtet werden, zusätzlich müssen qualitative Aussagen über die
Verwendung von kritischen Materialien in der Herstellungsphase erbracht werden. Die entsprechenden
Umweltwirkungen sollen mit Hilfe empirisch bestimmter technologiespezifischer Emissionsfaktoren,
abhängig vom Kohlenstoffgehalt und Heizwert der Brennstoffe, abgeschätzt werden.

In Stufe 2 muss eine vollständige Ökobilanz nach DIN EN ISO 14040 für das Energiesystem erfolgen, um die
lebenszyklusweiten Umweltwirkungen zu quantifizieren und bewerten zu können. In einem weiteren Schritt
muss bei Verwendung von kritischen Materialien deren Bedarf mit Hilfe von Materialflussanalysen (siehe
beispielsweise Månberger and Stenqvist [13]) quantifiziert werden. Die Bilanzgrenzen umfassen das
Energiesystem inklusive aller Vorketten für die Lebensphasen Herstellung und Betrieb, sowie qualitative
Aussagen zur Recyclingfähigkeit. Sollten spezifische Metalle nicht in den Sachbilanz- oder Ökobilanz-
Datenbanken vorhanden sein, kann auch eine Quantifizierung des direkten Bedarfs (in der Technologie
verbaut, ohne Verluste in der Vorkette) erfolgen.

Optional kann der Entsorgungsaufwand für das Energiesystem durch eine Erweiterung der Ökobilanz
quantifiziert werden. Zur Erhöhung des Informationsgehalts der Analyse kann die Ökobilanz zusätzlich
regionalisiert werden.

Um die Kritikalität der eingesetzten Materialien abzuschätzen, muss in Stufe 1 eine qualitative Aussage
darüber getroffen werden, ob als kritisch gelistete Materialien im Energiesystem unmittelbar zum Einsatz
kommen. In Stufe 2 ist es notwendig, den Bedarf an kritischen Materialien über den gesamten Lebenszyklus
zu quantifizieren. Sollte dies nicht möglich sein, sollte eine Bewertung auf Basis des direkten Material-
einsatzes erfolgen (ohne Berücksichtigung der Vorketten). Zur weiteren Bewertung potenzieller Kritikalität
können optional sowohl die Dynamik der Materialnachfrage in Energieszenarien als auch der Gesamt-
materialbedarf als Maße herangezogen werden. Die Dynamik der Materialnachfrage berechnet sich aus dem
Verhältnis des Materialbedarfs in einem bestimmten Jahr in der Zukunft in Relation zur aktuellen
Gesamtproduktion. Der Indikator zum Gesamtmaterialbedarf bestimmt sich aus dem Verhältnis des
kumulierten Materialbedarfs über den Betrachtungszeitraum in Relation zu den Reserven. Für den Fall, dass
der geographische Untersuchungsraum nicht global ist, kann für die Referenzgrößen jährliche Produktion
und Reserven eine Budgetierung für das Untersuchungsgebiet (beispielsweise nach Bevölkerung) erfolgen
(siehe beispielsweise Viebahn [14]). Basierend auf der Analyse der eingesetzten kritischen Materialien kann
optional eine Aussage zur Anfälligkeit des Systems für Versorgungsengpässe getätigt werden (z. B. in
Anlehnung an Graedel [15]). Inwieweit sich weitere Kritikalitätsindikatoren neben der zu bestimmenden
„Dynamik der Materialnachfrage“ für die Zukunft bestimmen lassen, ist im Einzelfall zu prüfen.

16
DIN SPEC 91432:2021-02

Tabelle 7 — Berechnungs-Spezifikationen zur ökologischen Bewertung


Stufe 1 Stufe 2 Optional
Methodik — Technologiespezifische — Ökobilanz nach DIN EN ISO 14040 und — Regionalisierte Ökobilanz
Emissionsfaktoren DIN EN ISO 14044, Materialflussanalysen
Bilanz- — Energiesystem — Energiesystem inkl. Vorketten — Erweiterte Bilanzgrenzen
grenzen durch Hybridansätze
(Kopplung von Input-
Output-Tabellen mit LCI
(en: Life Cycle Inventory)-
Datenbanken)
Lebens- — Betrieb und ggf. — Herstellung und Betrieb (en: Cradle to — Herstellung, Betrieb und
phasen Herstellung (siehe Gate) Entsorgung (en: Cradle to
Kritikalität, Tabelle 8) Grave/Cradle to Cradle)

Tabelle 8 — Kriterien der ökologischen Bewertung


Stufe 1 Stufe 2 Optional
Emissionen — Direkte CO2-Emissionen — Lebenszyklusweite THG-
(Scope 1) Emissionen (Scope 1 bis
Scope 3)

— Global Warming Impact
Luftreinheit — Aussagen zur direkten — Midpoint-Indikatoren zu
und Emission von NOx, Fein- Eutrophierung, Feinstaub,
Toxizität
staub und weiteren Emis- Versauerung, Human-
sionen sowie zur direkten toxizität, Ökotoxizität und –
Verwendung von als toxisch Ionisierende Strahlung
oder radioaktiv eingestuften
Betriebsmitteln
Ressourcen- — Bedarf an natürlichen — Gesamtrohstoffproduktivitätc
bedarf Ressourcena — Wasserfußabdruck
– — Materialfußabdruckb — Primärenergiebedarf
— Qualitative Aussage zum — Anteil erneuerbarer Energien am
Wasserstress im Bilanzraum Primärenergiebedarf
Recycling- — Aussage zur Recycling- — Quantifizierung des Entsorgungs-
fähigkeit fähigkeit der eingesetzten aufwandes durch Erweiterung der
Rohstoffe, und Materialien betrachteten Lebensphasen (en:

Cradle-to-Grave) unter Anpassung
der in Stufe 2 berechneten
Indikatorwerte
Kritikalität — Qualitative Aussagen über — Quantifizierung des Bedarfs — Aussagen/Quantifizierung zur
mögliche Knappheit der im an kritischen Materialien Materialkritikalität über die Dimen-
Energiesystem verwendeten unter Nutzung von sionen „Versorgungsrisiko“, „Strate-
Metalle Materialflussanalysen gische Bedeutung“ und wahlweise
(Materialbedarf mit und „Ökologisches Schadenspotenzial“
ohne Recycling, kumuliert — Anfälligkeit des Systems bei
oder auf jährlicher Basis). Engpässen
— Berechnung der Verhältnisse
Rohstoffbedarf im Jahr der
maximalen Nachfrage zu aktueller
Gesamtproduktion und kumulierter
Rohstoffbedarf über den
Betrachtungszeitraum zu Reserven.

17
DIN SPEC 91432:2021-02

Stufe 1 Stufe 2 Optional


a Natürliche Ressourcen umfassen metallische, mineralische und biotische Rohstoffe, Wasser und Fläche. Die Ressource Luft
muss an dieser Stelle nicht explizit betrachtet werden.
b Berechnung nach [4].
c Nach Ressourceneffizienzprogramm Progress II (BMU)[5] und Bringezu [6].

4.3 Dokumentation der Annahmen — Transparenz-Checkliste

Die Transparenz der Modellierung hat einen indirekten Einfluss auf die Sozialverträglichkeit. Das Verständ-
nis des Modells und der Ergebnisse ist Voraussetzung, um gesellschaftlich ausgewogene Entscheidungen
mithilfe der Modellierung zu treffen. Für die Nachvollziehbarkeit und Reproduzierbarkeit der Ergebnisse
sollte die Modellierung des Energiesystems und der Indikatorik transparent erfolgen.

Diese DIN SPEC umfasst eine Transparenz-Checkliste, welche sowohl eine Anleitung ist als auch
Anforderungen an Energiesystembewertungen enthält. Die Checkliste umfasst 6 Kategorien mit insgesamt
14 Punkten, die im Folgenden beschrieben und in Tabelle 9 aufgelistet sind. Die einzelnen Punkte werden in
Tabelle 9 mit Beispielen für das Energiesystemmodell (E) und die Indikatorik (I) verdeutlicht.

Da in den einzelnen Zieldimensionen zwischen Stufe 1 und Stufe 2 variiert werden kann, muss die
Dokumentation entsprechend für die gewählte Stufe erfolgen und kenntlich gemacht werden. Informationen,
die mit einem „x“ markiert sind, sind verpflichtend zu dokumentieren. Ein „(x)“ bedeutet, dass die Angaben
optional sind.

Zu den Kategorien der Checkliste gehören:

a) Generelle Informationen

1) Es müssen allgemeine Informationen zu den Autoren, den beteiligten Institutionen, der Zielstellung
sowie zu Finanzierungsquellen angegeben werden. Außerdem muss die Stufenzuordnung der Ziel-
dimensionen (Ökonomie, Versorgungssicherheit, Ökologie und Sozialverträglichkeit) ausgewiesen
werden. Sofern benötigt, sollte ein Glossar erstellt werden.

b) Empirische Daten

2) Quellenangaben müssen für jeden verwendeten Datensatz einzeln ausgewiesen werden. Sie ermög-
lichen die Nachverfolgung extern bezogener Daten sowie die Einholung von Metainformationen.

3) Bei einer Datenvorverarbeitung müssen betroffene Daten und das gewählte Vorgehen dokumen-
tiert werden. Dazu zählt beispielsweise die Schließung von Datenlücken bei unvollständigen
Zeitreihen im Energiesystemmodell. Außerdem müssen Indikatoren- und Energiesystemmodell
insofern harmonisiert werden, dass die Technologien konsistent parametrisiert sind (z. B.
Wirkungsgrade). Getroffene Annahmen müssen festgehalten und begründet werden.

c) Umgang mit Unsicherheiten

4) Da in Energiesystemmodellierungen und in der Indikatorik unsichere Größen auftreten, müssen


diese benannt werden. Dies trifft z. B. auf die Entwicklung des Bevölkerungswachstums oder von
Kosten und technischen Eigenschaften zu.

5) Aufbauend auf Punkt 4 sollte der quantitative Umgang mit Unsicherheiten festgelegt werden. Dazu
zählt z. B. auch die Berücksichtigung von Unsicherheitsverteilungen von Parametern, sowie die
Variation einzelner spezifischer Parameter.

18
DIN SPEC 91432:2021-02

d) Modellierung

6) Die Modelldokumentation muss die modellspezifischen Eigenschaften beschreiben. Für Energie-


systemmodelle sind z. B. die räumliche und die zeitliche Auflösung zu dokumentieren. Für das
Indikatorenmodell ist die technologische Auflösung, also wie granular die Technologien
beispielsweise im Rahmen der ökologischen Analyse abgebildet werden, anzugeben. Die
Berechnung der dargestellten Indikatoren muss ebenfalls beschrieben werden.

7) Die Modell-Interaktion, also das Zusammenwirken einzelner, miteinander in Austausch stehender


Modelle, sollte beschrieben werden. Ein Beispiel hierfür sind Preiszeitreihen aus der Kapazitäts-
optimierung, die für die Berechnung ökonomischer Indikatoren in die entsprechende Modell-
umgebung überführt werden müssen.

8) Die Verfügbarkeit von Ergebnissen sollte für die Weiterverwendung und aus Gründen der Nachvoll-
ziehbarkeit sichergestellt werden. So sollten Model-Output Daten zur Verfügung gestellt werden.

9) Eine Modellvalidierung sollte zur Absicherung der Modellergebnisse bei veränderten Rahmen-
bedingungen durchgeführt werden. Dies kann z. B. durch eine Evaluierung des historischen
Verhaltens des Systems (en: Backtesting) erfolgen.

e) Ergebnisse

10) Es muss dokumentiert werden, ob die präsentierten Ergebnisse direkt aus dem Modell entnommen
oder weiterverarbeitet wurden. Ein Beispiel hierfür ist die Summierung von Daten, die im Modell
auf regionaler Ebene erhoben werden, um Fragen auf nationaler Ebene zu beantworten.

11) Sensitivitätsanalysen können durchgeführt werden um darzustellen, wie stark die unter Punkt 5
erwähnten Unsicherheitsfaktoren die Ergebnisse beeinflussen. Auswirkungen auf das Gesamt-
ergebnis oder auf die verwendeten Technologien sollten dargestellt werden.

12) Robustheitsanalysen können zur Ergebnisüberprüfung durchgeführt werden. Dazu können die
eigenen Resultate mit denen anderer verfügbarer Modelle hinsichtlich Ergebnisraum und Schlüssig-
keit verglichen werden. Dies kann z. B. für die Entwicklung des Kraftwerkzubaus und der Markt-
preise geschehen.

f) Schlussfolgerungen und Handlungsanweisungen

13) Eine Beschreibung der Ergebnis-Empfehlungs-Beziehung muss durchgeführt werden. Sie dient
dazu, aus den Modellergebnissen allgemeinverständliche und zielgerichtete Empfehlungen für die
Leser abzuleiten. Einschränkungen bei der Interpretation der Ergebnisse müssen angegeben und
Grenzen der Modellbetrachtung kenntlich gemacht werden.

14) Unsicherheiten, die aus Annahmen und Modelllimitierungen resultieren, müssen kommuniziert
werden, um der Leserschaft den Einfluss von Unsicherheiten auf abgeleitete Empfehlungen
aufzuzeigen. Beispielsweise muss betont werden, dass Modellergebnisse nur eine mögliche künftige
Entwicklung abbilden. Diese kann von Faktoren, die außerhalb des Modellrahmens liegen,
beeinflusst werden.

Wesentliche Punkte der Transparenz-Checkliste sind aus Cao [16] entnommen. Dort befinden sich weitere
Ergänzungen.

Die Bestimmung der Gesamtpunkzahl ergibt sich aus der Summe der erfüllten Kriterien der Transparenz-
Checkliste. Die maximal erreichbare Punktezahl sind 100 Punkte. Auf Basis der obligatorischen Kriterien
muss die Summe mindestens 70 Punkte betragen.

19
DIN SPEC 91432:2021-02

Tabelle 9 — Transparenz-Checkliste: Kriterien für die Dokumentation


Obligatorisch/
Nr. Kriterium Beispiel Punkte
(Optional)

Generelle Informationen

1 Allgemeine Informationen (Autoren,


Institutionen, Zielstellung und
Finanzierungsquelle, Glossar,
– x 5
Stufenzuordnung je Zieldimension)

Empirische Daten

2 Quellenangaben Quellenangaben müssen datensatzspezifisch sein x 5


3 Datenvorverarbeitung und eigene Harmonisierung von Energiesystem- und Indika-
Annahmen torenmodell, z. B. über Anpassung von Wirkungs-
x 10
graden (I), Schließung von Datenlücken, z. B.
fehlende Zeitschritte im Originaldatensatz (E)

Umgang mit Unsicherheiten

4 Benennung von unsicheren Größen Entwicklung von Materialeffizienzen der


Technologien (I), Bevölkerungswachstum oder x 10
BIP bzw. NWI (E, I)
5 Quantitativer Umgang mit Berücksichtigung von Unsicherheitsverteilungen
Unsicherheiten von Parametern (E, I), Variation einzelner (x) 5
spezifischer Parameter (E, I)

Modellierung

6 Modelldokumentation (z. B. Modell- Räumliche Auflösung, zeitliche Auflösung (E)


Factsheet oder modellspezifische Indikatorenberechnung, technologische x 10
Eigenschaften) Auflösung (I)
7 Modell-Interaktion Integration von Preiszeitreihen in ökonomische
(x) 5
Indikatorenmodelle
8 Zugriff auf Output-Daten Ablegen von Ergebnisdaten, sodass Dritte diese
(x) 5
einsehen können (E, I)
9 Modellvalidierung Backtesting des historischen Verhaltens des
(x) 5
Systems
Ergebnisse

10 Post-Processing Beschreibung der Weiterverarbeitung von


x 10
Modellergebnissen und Aggregationsstufen (E, I)
11 Sensitivitätsanalysen Darstellung des Einflusses der in Punkt 5
(x) 5
erwähnten Unsicherheiten auf das Ergebnis (E, I)
12 Robustheitsanalysen Validierung des Kraftwerkzubaus und der
Marktpreise durch Vergleich mit Ergebnissen (x) 5
anderer Modelle (E)

Schlussfolgerungen und Handlungsanweisungen

13 Beschreibung der Ergebnis- Einhaltung der Klimaziele möglich, wenn sich


x 10
Empfehlungs-Beziehung Zertifikatspreise erhöhen
14 Kommunikation der Unsicherheiten Abhängigkeit der Empfehlungen von Faktoren,
die außerhalb des Modellrahmens liegen (z. B.
x 10
politische Entscheidungen oder Entwicklung von
Rohstoffpreisen)

20
DIN SPEC 91432:2021-02

Literaturhinweise

[1] [Zugriff am 2020-06-23]. Verfügbar unter:


https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/arbeitskoeffizient-27879/version-251521

[2] Glossary, Eurostat, 2014 [online, Zugriff am 2020-07-20]. Verfügbar unter:


https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Glossary:Recycling_of_waste

[3] NISSEN, Ulrich; HARFST, Nathanael. Shortcomings of the traditional “levelized cost of energy”[LCOE]
for the determination of grid parity [online]. Mönchengladbach: Energy, März 2019, 171. Jg.,
S. 1009-1016. [Zugriff am 2020-07-20]. Verfügbar unter: DOI: 10.1016/j.energy.2019.01.093

[4] MOSTERT, Clemens; BRINGEZU, Stefan. Measuring Product Material Footprint as New Life Cycle
Impact Assessment Method: Indicators and Abiotic Characterization Factors [online]. Kassel:
Resources, April 2019, 8. Jg., Nr. 2, S. 61. [Zugriff am 2020-07-20]. Verfügbar unter: DOI:
10.3390/resources8020061

[5] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). Deutsches
Ressourceneffizienzprogramm II. Programm zur nachhaltigen Nutzung und zum Schutz der natür-
lichen Ressourcen [online]. Berlin: BMUB. November 2016 [Zugriff am 2020-07-20]. Verfügbar unter:
https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/progress_ii_broschuere_bf.pdf

[6] BRINGEZU, Stefan, et al. Bestimmung des Materialfußabdrucks mit ökobilanziellen Methoden und
Softwarelösungen — Generelle Vorgehensweise und beispielhafte Anwendung für Prozesse der
CO2-Nutzung [online]. Kassel: Center for Environmental Systems Research, Mai 2019 [Zugriff am
2020-07-20]. Verfügbar unter: DOI: 10.17170/kobra-202003241101

[7] [Zugriff am 2020-10-12]. Verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/indikator-nationaler-


wohlfahrtsindex#welche-bedeutung-hat-der-indikator

[8] MÁÑEZ COSTA, et al. Synthesis of existing regional and sectoral economic modelling and its possible
integration with regional earth system models in the context of climate modelling [online]. Hamburg:
Climate Service Center Germany, August 2016, Report 27 [Zugriff am 2020-07-20]. Verfügbar unter:
https://www.climate-service-center.de/imperia/md/content/csc/report27.pdf

[9] NOLTING, L.; PRAKTIKNJO, A. Can we phase-out all of them? Probabilistic assessments of security of
electricity supply for the German case [online]. Aachen: Applied Energy, April 2020, 263. Jg.,
S. 114704. [Zugriff am 2020-07-20]. Verfügbar unter: DOI: 10.1016/j.apenergy.2020.114704

[10] RUBIO-VARAS, M.; MUNOZ-DELGADO, B. The Energy Mix Concentration Index (EMCI):
Methodological considerations for implementation [online]. Navarra: MethodsX, 2019, 6. Jg., S. 1228-
1237 [Zugriff am 2020-07-20]. Verfügbar unter: DOI: 10.1016/j.mex.2019.05.023

[11] World Resource Institute/World Business Council for Sustainable Development. The Greenhouse Gas
Protocol — A Corporate Accounting and Reporting Standard (Revised Edition).
Washington/Conches-Geneva, 2004, ISBN: 1-55973-568-9

[12] World Resource Institute/World Business Council for Sustainable Development. GHG Protocol
Scope 2 Guidance — An amendment to the GHG Protocol. Washington/Conches-Geneva, 2015, ISBN:
978-1-56973-850-4

21
DIN SPEC 91432:2021-02

[13] MÅNBERGER, A.; STENQVIST, B. Global metal flows in the renewable energy transition: Exploring the
effects of substitutes, technological mix and development [online]. Lund: Energy Policy, August 2018,
119. Jg., S. 226-241 [Zugriff am 2020-07-20]. Verfügbar unter: DOI: 10.1016/j.enpol.2018.04.056

[14] VIEBAHN, P., et al. Assessing the need for critical minerals to shift the German energy system towards
a high proportion of renewables [online]. Wuppertal: Renewable and Sustainable Energy Reviews,
September 2015, 49. Jg., S. 655-671 [Zugriff am 2020-07-20]. Verfügbar unter: DOI:
10.1016/j.rser.2015.04.070

[15] GRAEDEL, T. E., et al. Criticality of metals and metalloids [online]. Tempe: Proceedings of the National
Academy of Sciences, April 2015, 112. Jg., Nr. 14, S. 4257-4262 [Zugriff am 2020-07-20]. Verfügbar
unter: DOI: 10.1073/pnas.1500415112

[16] CAO, Karl-Kiên, et al. Raising awareness in model-based energy scenario studies—a transparency
checklist [online]. Energy, Sustainability and Society, September 2016, 6. Jg., Nr. 1, S. 28 [Zugriff am
2020-07-20]. Verfügbar unter: DOI: 10.1186/s13705-016-0090-z

DIN EN 62542 (VDE 0042-3):2017-10, Umweltschutznormung für elektrische und elektronische Produkte und
Systeme — Sammlung von Begriffen (IEC 62542:2013); Deutsche Fassung EN 62542:2013

DIN EN ISO 52000-1:2018-03, Energieeffizienz von Gebäuden — Festlegungen zur Bewertung der
Energieeffizienz von Gebäuden — Teil 1: Allgemeiner Rahmen und Verfahren (ISO 52000-1:2017), Deutsche
Fassung EN ISO 52000-1:2017

DIN EN ISO/IEC 13273-1:2016-06, Energieeffizienz und erneuerbare Energiequellen — Gemeinsame


internationale Terminologie — Teil 1: Energieeffizienz (ISO/IEC 13273-1:2015); Deutsche Fassung
EN ISO/IEC 13273-1:2016

Anwendungsbeispiele

[Zugriff am 2020-09-23]. Verfügbar unter: https://new.siemens.com/global/de/unternehmen/messen-


events/futurespaceenergy.html.html 6

[Zugriff am 2020-09-23]. Verfügbar unter: https://www.windnode.de/arbeitspakete/marktdesign-und-


regulierung/6

[Zugriff am 2020-09-23]. Verfügbar unter: https://www.windnode.de/ergebnisse/windnode-jahrbuch/6

[Zugriff am 2020-09-23]. Verfügbar unter: https://www.fz-juelich.de/iek/iek-ste/DE/Forschung/Projekte/


ES2050_Nachhaltigkeitsbewertung/ES2050_Nachhaltigkeitsbewertung_node.html6

[Zugriff am 2020-09-23]. Verfügbar unter: https://www.innosys-projekt.de/de6

[Zugriff am 2020-09-23]. Verfügbar unter: https://www.windnode.de/ergebnisse/publikationen/6

6 Diese Angabe dient nur zur Unterrichtung der Anwender*innen dieses Dokuments und bedeutet keine
Anerkennung dieses Projektes durch DIN.

22

Das könnte Ihnen auch gefallen