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3(>3, 8—364, 4 Sechzehntes Buch. Erstes Stück.

885

Niemand soll aus dieser Welt zum Licht emporsteigen,


nicht sollen sie emporsteigen und den Lichtort schauen.
Nicht sollen die Näsöräer emporsteigen,
die ein verkehrtes Gewand tragen.
Nicht sollen die Näsöräer emporsteigen, 5

die um
Geld und Gut ein Zeugnis ablegen.
Um Geld und Gut legen sie ein Zeugnis ab
und gedenken Namens Jäwars.
nicht des
Nicht gedenken sie des Namens Jäwars
und gewähren weder Lohn noch Almosen. lo

Weder Lohn noch Almosen gewähren sie


und heilen nicht ihre (der Leidenden) Schläge.
Nicht heilen sie ihre Schläge,
sondern geben (ihre Habe) hin für Unzucht, Ehebruch, Verderbnis
Sie geben sie für Verderbnis und Hurerei hin, [und Hurerei. i5

so werden sie denn mit sieben Schlägen geschlagen werden.


Mit sieben Schlägen werden geschlagen werden
sie
und in die Wachthäuser der sieben Sterne fallen.
Alle Seelen, die Böses tun,
werden dünn werden, wie ein Haar auf dem Kopfe. 20

Wer den Namen des Lebens verleugnet,


wird eines zweiten Todes sterben.
Eines zweiten Todes wird er sterben,
und seine Gestalt wird finster werden und nicht aufleuchten."

Als Rühä so sprach, 25

ging' der Glanz des reinen Helfers auf.


Des reinen Helfers Glanz ging auf,
und Rühä fiel von ihrem Throne herunter.
Von ihrem Throne fiel Rühä
herunter,
und er warf sie hin,schlug sie mit der Keule des Glanzes. 30
Er warf sie hin, schlug sie mit der Keule des Glanzes,
Rühä in ihre eigenen Schlingen.
er warf
Rühä [364] warf er in ihre eigenen Schlingen,
und sie richtete ihr Antlitz nach dem großen Süf-Meer.
[Nach dem großen Süf-Meer] richtete sie ihr Antlitz JD
und war der Rede nicht raächtie-.
'&•

Er mich mit sieben geheimen Worten,


ergriff
hob mich in die Höhe und richtete mich vor meinem Vater auf.
Er taufte mich mit seiner Taufe
und festigte mich durch sein Wort. 40
Durch sein Wort festigte er mich
und zeichnete mich mit dem reinen Zeichen.
Liclzbarsk i , Giiizu. 95
386 Rechter Teil. 3({4, 5—21 1

Er bekleidete mich mit einem Gewände des Glanzes,


wundersam und endlos.
Er setzte mir einen reinen Kranz auf,
dessen Blätter leuchten. '

5 Er bedeckte mich mit einem Turban,


der aus der Erde des Äthers geschaffen wurde.
Aus der Erde des Äthers wurde er geschaffen
und leuchtet in hohem Maße mehr als der Glanz der Sonne.
Sie ließen mich in ihren geheimen Skinäs Platz nehmen,
lo die von meinem Vater Jöhänä^) gegründet wurden,
als er aus der Welt schied.
Ich schaute die Gestalt des großen (Lebens),
die wundersam und hervorragend im Äther ist.

Ich schaute das große Licht,


15 schaute die teure Leuchte.
Ich schaute Hibil-Ziwä,
den Mann, der mich aus der Welt erlöst hat,
erlöst hat aus dem Häßlichen.
Er erlöste mich aus den Wachthäusern,
20 die die Sieben in dieser Welt geschaffen haben.
Er zeigte mir die Gestalt des großen (Lebens)
und belehrte mich über den wundersamen Weinstock.
Er belehrte mich über Sar, den großen Weinstock,
den das Leben in der Skinä des großen Jürä, des Schatzmeisters,
25 Er schuf mir eine Lichtwelt [einsetzte,
und gründete mir eine Skinä der seinigen gleich.
Er sprach:
„Alle Seelen, die von hier scheiden
und des Lichtortes wert und würdig sind,
30 alle Seelen, die abscheiden,
sollen in deiner Skmä Platz finden." —
Und das Leben ist siegreich.

Zweites Stück.

Ermahnungen eines Uthra an Adam. Der erste Teil des Stückes (bis p. ;-587, 36) steht
35 auch Joh. 245 f.

Im Namen des großen Lebens


sei verherrlicht das hehre Licht. —
^) Oder „für meinen Vater Jöhäna"?
;5({4,
21— 366, 16 Sechzehntes Buch. Zweites Stück. 387

Ein Uthra ruft von außen her


und belehrt Adam, den Mann.
Er spricht zu Adam:
„Schlummere^) nicht und schlafe nicht
und vergiß nicht, was dein Herr dir aufgetragen. 5

Sei nicht ein Sohn des (irdischen) Hauses


und werde nicht ein Frevler in der Tibil [365] genannt.
Liebe nicht wohlriechende Kränze
und finde kein Gefallen an einem lieblichen Weibe.
Liebe nicht Wohlgerüche lo

und vernachlässige nicht das Gebet der Nacht.


Liebe nicht täuschende Schatten,
nicht den Verkehr mit liebHchen Frauen.
Liebe nicht die Lust,
noch lügnerische Schattenbilder. 15

Trinke nicht und sei nicht unmäßig


und vergiß nicht deinen Herrn aus dem Sinne.
Bei deinem Eintritt und deinem Austritt '^)

siehe zu, daß du deinen Herrn nicht vergessest.


Bei deinem Gehen und deinem Kommen 30

siehe zu, daß du deinen Herrn nicht vergessest.


Bei deinem Sitzen und deinem Stehen
siehe zu, daß du deinen Herrn nicht vergessest.
Bei deinem Ruhen und deinem Liegen
siehe zu, daß du deinen Herrn nicht vergessest. 25

Sage nicht, ich bin ein erstgeborener Sohn,


der ich, was ich auch tun mag, ohne Torheit bleibe.
Adam, siehe die Welt an,
die
ganz Ding ohne Wesen ist*^).
ein
Ein Ding ohne Wesen ist sie, 30
auf die du kein Vertrauen haben darfst.

Aufgerichtet sitzt die Wage da,


und von tausend wählt sie einen aus.
Einen wählt sie von tausend aus,
und zwei wählt sie aus zehntausend. 35
Die duftenden Kränze vergehen,
und Frauenschönheit wird, als ob sie nie dagewesen.
Die Wohlgerüche vergehen,
^md die Lust der Nacht hört auf*).

') Siehe Joh.11, p. 225 nml NÖLDBKB, Zeitschr. für Assijriologia XXX (1916), p. 159.
'-)
Siehe auch oben, p. 19,19; 86,33; 182,20 und Deut. 6,7; 11,19.
=')
Dei- Ausdruck auch R. 300,11; L 106, 23f.; Pariser Diwan, ,S69f.. 1708.

*) Lies mb^v:?.
25*
388 Rechter Teil. 805, IG— 3(Ui, 7

Alle Werke vergehen,


nehmen ein Ende und werden, als ob sie nie dagewesen."

Als Adam dies hörte,


und weinte über
jammerte er sich selbst.
5 Er sprach zum Uthra des Lebens
folgendermaßen:
„Wenn ihr wisset, daß dem so ist,

1

warum habt ihr mich von meinem Orte weg in die Gefangenschaft
und
den stinkenden Körper geworfen?
in [gebracht
lo In den stinkenden Körper habt ihr mich geworfen,
in das verzehrende Feuer mich geschleudert.
Ihr habt mich in das verzehrende Feuer geschleudert,
daß täglich der Gestank in die Höhe steigt."

Darauf erwiderte er ihm:


15 „Schweig, schweig*), Adam,
du Haupt des ganzen Geschlechtes.
Die Welt, die werden soll,
können wir nicht unterdrücken").
Auf), [366] auf, bete das Große an und unterwirf dich,
20 damit das Leben dir zum Erlöser werde.
Das Leben sei dir ein Erlöser,
und -4u steig empor und schaue den Lichtort." —
Und das Leben ist siegreich.

Drittes Stück.

Ermahnungen Manclä ttHaije's an seine Freunde.


25

Die Stimme des Mandä dHaije ist es,


der ruft und alle seine Freunde belehrt.
Er spricht zu ihnen:
„Meine Auserwählten! Machet unterwürfig euer Herz;
30 erleichtert, reiniget und waschet,
beruhiget euren Sinn durch Kustä.
Liebet nicht das Geld,
das die Welten erbhckten und lieb gewannen.

aber vielleicht zu streiclicn.


li^büp kann inneres Objekt sein, ist
^)

2)
Die Wendung steht aucli L 62, 1 und entstellt Pariser Diwan, 1ÜS() f.

Zu Gin vgl. Nöld.. p. 204. doch ist walivscheinlicli


auch hier n"|p zu lesiMi.
'')
3(jO,
7 — 24 Sechzehntes Buch. Viertes Stück. 389

Die Welten erblickten es und gewannen es lieb,

gingen dann und liefen in der Dürre ^)


dahin.

Meine Auserwählten! Liebet Kustä und Almosenspende,


damit euch über das Meer ein Übergang gelegt sei^).
über das Meer sei euch ein Übergang gelegt, 5

an dessen Ufer tausend mal tausend stehen.


An dessen Ufer stehen tausend mal tausend,
und von hundert zählt er einen und führt ihn hinüber.
Hinübergeführt wird wer demütigen Herzens ist,

wahrhaft und gläubig. lo

Wehe den Bösen und Lügnern,


Almosen vergessen und es nicht gegeben haben.
die das

Vergessen haben sie das Almosen und es nicht gegeben,


nun übernachten sie und ")
am Übergange.
Sie übernachten am Übergange und 15

;

nicht steigen die Bösen zum Lichtort empor."


Das Leben wird hochgehalten und ist siegreich,
und siegreich ist der Mann, der hierher gegangen ist.

Viertes Stück.

Verkündigung des Lichtboten an die Gläuliigen.

Aus dem Lichtort bin ich hervorgegangen,


aus dir, lichter Wohnsitz.
Ich komme, um Herzen zu befühlen,
die
um alle Sinne zu messen und zu prüfen,
zu sehen, in wessen Herz ich weile,
in wessen Sinn ich ruhe.
Wer an mich denkt, an den denke ich,
wer meinen Namen nennt, dessen Namen nenne ich.
Wer mein Gebet von der Tibil her betet,
dessen Gebet bete ich vom Lichtort her.
Wer mein Gebet und meine Lobpreisung betet,
für den bete ich (ein Gebet) reich und groß.

\) Die Lesung t^3"l"iI£^D ist Avohl richtig, siehe die Varr. und Nöld., p. 107, 11. i^p"|i:2?D
Ijcid. ist eine Verschlimmbesserung.

-) Wohl l^iD^iiDI
KU lesen.

Der Sinn wiederholen" oder wieder tun''


") ,, ., paßt nicht. Vielloiclit ist
pJJ^m aus
i'^iN'niDl ..und sie seufzen" (zu i^;N\n:;, ruN^lSn};) entstellt.
390 Rechter Teil. 3(5«, 24-367, U
Ich kam und fand
die wahrhaften und gläubigen Herzen.
Als ich nicht unter ihnen weilte,
lag doch mein Name auf [367] ihrem Munde.
5 Ich nahm sie und führte sie zu den Uthras empor,
Jökabar geschaffen.
die
Ich sprach zu ihnen:
„Vollkommene! Angenehm ist euer Duft,
und Glanz ruht unter euch." —
lo
Gepriesen seiest du, mein Herr,
der du die Vollkommenen nicht verdammest. —
Und das Leben ist siegreich.

Fünftes Stück.

Seitdem der Gläubige das Leben lieb gewonnen, hat er zu nichts anderem Vertrauen.
15 Seitdem er seine Seele wiedergefunden, hat er nach nichts anderem Verlangen. Durch die

Gaben der Kustä wird er erleuchtet und findet den Weg zum Lichtort.

Vom Tage Leben lieb gewonnen,


an, da ich das
vom Tage mein Herz die Kustä lieb gewonnen,
an, da
vom Tage an, da ich das Leben lieb gewonnen,
20 habe ich zu nichts mehr Vertrauen in der Welt.
Zu Vater und Mutter
habe ich kein Vertrauen in der Welt.
Zu Brüdern und Schwestern
habe ich kein Vertrauen in der Welt.
25 Zu Weib und Kind
habe ich kein Vertrauen in der Welt.
Zu Geißel und Herrschermacht
habe ich kein Vertrauen in der Welt.
Zu Burgen und Bauten ,

30 habe ich kein Vertrauen in der Welt.


Zu prächtigen Gewändern und schönen Hüllen
habe ich kein Vertrauen in der Welt.
Zu Gemachtem und Geschaffenem
habe ich kein Vertrauen in der Welt.
35 Zur ganzen Welt und ihren Werken
habe ich kein Vertrauen in der Welt,
Nur nach meiner Seele gehe ich (suchend) umher,
die mir Generationen und Welten wert ist.
5Jfi7,
15— 368, 5 Sechzehntes Buch. Sechstes Stück. 391

Ich ging hin und fand meine Seele;


wozu sollen mir alle Welten?
Ich stieg zu den hohen Bergen empor
und zu den tiefen^) Tälern hinab.
stieg
Ich ging hin und fand Kustä, 5

[da freute sich?] mein Herz.


Ich ging hin und fand sie,
wie sie am Außenrande der Welten dasteht.
Sie steht da und drei ")

Hand.
hält sie in der lo

I
Eines nahm ich von ihr,
da wurden meine Augen des Lichtes voll.

Ich nahm das zweite,


da machte ich meine Seele hell und klar.
Ich nahm das dritte, i5

da stieg ich empor und schaute den Lichtort. —


Gepriesen seiest du, König des Lichtes,
der du voll Erbarmens mit uns wurdest. —
Und gepriesen sei das Leben.

Sechstes Stück. 20

Belehrung des Auserwählten, des Gesandten des Lehens, an die Söhne Adams: Nur
fromme Werke, nicht irdische Güter führen zum Heil.

Der Auserwählte predigt von jenseits her


und klärt die Söhne Adams auf.
[368] Er klärt die Söhne Adams auf, 25
diese Einfältigen, die nichts erkannt haben.
Er spricht zu ihnen:
„0 ihr einfältigen Leute,
worauf bauet ihr euer Vertrauen?
Wenn ihr am Süf-Meer ankommet, 30
womit wollet ihr das Süf-Meer überschreiten?
Wenn ihr am Finsterberge ankommet,
womit wollet ihr den Finsterberg überschreiten?
Wenn die Zeit eures Aufbruches da ist
und das Scheiden aus dem Körper kommt, 35

^)
Im Texte steht falsch „hohen"; man hat dafür etwa ^^^t^p^Di^ einzusetzen.
2) Ein Wort unsicherer Bedeutung, vielleicht eine Waffe, siehe Joh. II, p, 19**. Leid.
hat ^<1D^DJ^tt'.
392 Rechter Teil. 368, 6—22

was wird eure Zehrung,


was eure Wegzehrung sein?"

Darauf erwidern sie ihm:


„Wohlan, unser Gold und unser Silber
ist unsere
Wegzehrung.
Wohlan, unser Gut und unser Geld
ist uns eine Erlösung').

Wohlan, unsere Geißel und unsere Herrschermacht


ist uns ein Helfer.
lO
Wohlan, das Gemachte und das Geschaffene
ist uns eine Stütze auf unserem
Wege."

Der Auserwählte predigt von jenseits her


und klärt die Söhne Adams auf.
Er klärt die Söhne Adams auf,
diese Einfältigen, die nichts erkannt haben.
Er spricht zu ihnen:
„Nicht euer Gold, nicht euer Silber
ist euch eine Wegzehrung.
Nicht euer Gut, nicht euer Geld
ist euch eine Erlösung.

Nicht eure Geißel, nicht eure Herrschermacht


ist euch ein Helfer.
Nicht das Gemachte, nicht das Geschaffene
ist euch eine Stütze."

Die Welten und Generationen versammelten sich dann


und begaben sich vor den Gesandten des Lebens.
Sie sprechen zu ihm:
„Bei deinem Leben, bei deinem Leben, Gesandter des Lebens,
offenbare uns die Geheimnisse des Weges."
Da spricht er zu ihnen:
„Eure Hände sollen Almosen geben
und euer Herz im wahren Glauben stehn.
Unterwerfet euch und verehret den König des Lichtes,
damit er des Erbarmens mit euch voll werde.
Dies sei eure Zehrung,
dies eure Wegzehrung." —
Und gepriesen sei das Leben.

^)
t^^s die meisten Handscliriften liier uocli haben, ist eine irrtümliche VVieiler-
|J<"iniJ^l!
h.olung aus der vorhergehenden Zeile.
•}G8, 23—369, 14 Seclizclintes Jjucli. Achtes Stilcli:. 393

Siebentes Stück.

Der üthra bedauert, die Seele in den Körper geworfen zu halben, und verheißt, daß

die Stunde der Erlösung für die auf der Erde Beengten kommen werde.

Am Tore des Hauses des Lebens


verneigte sich der Uthra, setzte sich, hin und predigte. 5

Er sprach:
„Da ich der Oberste unter den Lehrern war,
war ich den Schriftgelehrten ein rechter Leiter.
[369] Da ich der Oberste unter den Weisen war,
wer hat mich betört, so daß ich ein Tor wurde? 10

Wer hat mich betört, so daß ich ein Tor wurde


und die Seele in den Körper warf?"
Ferner sprach er:
„Wann wird das Maß und die Zahl der Welt voll sein
und es den Beengten, denen enge ist, weit werden? 15

Es wird weit werden den Edlen,


die früher besaßen und nichts mehr haben.
Es wird weit werden den Edlen,
die Bedrängnis in der Tibil ertragen.
Sie ertragen Bedrängnis in der Tibil, 20

dann sollen sie aus der Gewalt der Sieben erlöst werden.
Es wird weit werden den Beengten, denen enge ist,

denn die Welt hat sie überlistet,


überlistet die Gottheit in ihr," —
Gepriesen seiest du, mein Herr, 25
der du die Vollkommenen nicht verdammest.

Achtes Stück.

Die Bösen versuchen, den herahgckommenen Erlöser zu verführen und abtrünnig zu

inachen, doch ohne Erfolg.

Wer, wessen Sohn ist dieser, 30


dessen Art so schön ist?

So schön ist seine Art,


und er sieht sich in der Welt vor.
Die Bösen sprechen von ihm:
„Laßt uns Begiei-de gegen ihn loslassen. 3:

Begierde wollen wir gegen ihn loslassen


und ihn bei uns in der Welt zurückhalten.
394 Rechter Teil. 369, 14—370, 4

Er werde abtrünnig, sein Herz ängstige sich,


und er vergesse, was sein Herr ihm befohlen.
Er vergesse die Ruhe,
und Auflehnung liege auf ihm.
5 Er vergesse den sanften Pfad^)
und komme mit den Sündern") hinter uns her."

Ich stehe mit der Kraft meines Herrn da,


mit der Lobpreisung des Mannes, meines Schöpfers'').
Ich hielt fest, mein Herz ängstigte sich nicht,
lo und ich vergaß nicht, was mein Herr mir befohlen.
Ich vergaß nicht die Ruhe,
und Auflehnung lag nicht auf mir.
Ich vergaß nicht die Hymnen und Gebetsordnungen
und sang keinen nichtigen Gesang.
15 Ich vergaß nicht die sanften Pfade
und ging nicht mit den Sündern hinter ihnen her.
Nein, ich sang Hymnen
und stürzte die Bösen dieser Welt nieder.
Ich sprach zu ihnen:
20 „Wisset ihr nicht, ihr Bösen,
daß ich in der Welt nicht verdammt werde?
Ich verehrte und pries meinen Herrn,
der mir ein Helfer sein wird." —
[370] Und gepriesen sei das Leben.

Neuntes Stück,
Gebet an die Kustä um Beistand hienieden und auf dem Wege zum Jenseits. Hinweis
auf die Vergänglichkeit alles Irdischen. Steht auch Joh. 178.

Kustä, dich bezeuge ich


als ein Mann, der nach Erkenntnis sucht.

Zu schauen meine Augen empor*),


dir
Auserwählte des Lebens, die hierher gegangen ist.

Wohlan, sage meinem Herzen, daß es ausruhe,


sage meinem Innern, daß es genese.

i^iT'i nach Leid.


-)
Wie richtig weiterhin.
')
Siehe Joh. II, p. 82*.

*^)
Nach Joh.: Zu dir lasse ich meine Augen emporsohauen.
370,4—18 Seclizelmtes Buch. Zehntes Stück. 395

Sage meinen Gedanken,


daß sie an ihrem Platze fest bleiben.

Sage dem, der Flüsse überbrücket,


daß er mir über die Flüsse eine Brücke baue.
Sage dem Wächter der Meere,
daß er mir im Meere einen Übergang bewahre.
Sage dem, der Berge ebnet,
daß er mir auf den Bergen einen Weg ebne.
Sage dem Bildner der Bilder und Bildwerke:
auf dein eigenes Haupt schlägt die Begierde. lO

Sage dem körperlichen Baumeister:


Bau auf.
führe eilends deinen
Eilends führe deinenBau auf,
denn gar bald mußt du ihn verlassen.
Die Welt vergeht, '5

und ihre Werke werden verlassen.


Verloren geht das geliebte Gold,
und das Silber wird gesucht und nicht gefunden.
Die Herzen der Freude erblinden^),
und ihr Gesang geht dahin und wird zu nichte. 20

Der König verläßt seine Krone,


und die Edelleute gehen in die Gefangenschaft.
Die Vollkommenen steigen zum Licht empor,
doch die Frevler werden hier zurückgehalten. —
Und das Leben ist siegreich. 25

Zehntes Stück.

Lobpreis des Lebens. Bitte an das Leben um Gewährung von Kraft, um auf Erden
standzuhalten und zum Lichtort zu gelangen. Die Bitte wird gewährt.

Von allen Stimmen, die ich gehöret,


antwortete mir^) deine Stimme, du Sohn des gewaltigen (Lebens) *). 30
Lieblich ist die Stimme seines*) Rufes,
süß die Stimme seiner Rede.

1)
Siehe p. (50,24; 366,5. .loh. hat NnpirT^D „werden ausgerissen ".
") Lies ]^^^iy.
•') Siehe Lit., p. 147 f.
') D. h. des Lebens. Man sollte erwarten, daß auch die folgenden Verse sicli auf den
Hohn des Lebens beziehen, aber diese Beziehung ist nicht möglich.
396 Rechter Teil. 5570,19—371,1(5

Wundersam ist der Ort, an dem es thronet,

unbegrenzt sein Lobpreis').


Leuchtend und groß ist es in seinen Ordnungen
und tut alles, was es wünschet.

5 Wie ich an meinem Orte stehe,


sprach ich eine große Bitte aus.
Ich sprach:
„Wer mag mir von seiner hohen Kraft gewähren,
daß sie mir in den Zeitaltern eine Stütze sei?
ro Wer mag mir von seiner sanften Herrschermacht gewähren
und mir in allen Zeitaltern (in wunderbarer Weise) dienen')?
Wer mag meinen Mund gleich der Mündung [371] des Fras-Ziwä
und meine Lippen gleich seinen beiden Ufern machen? [öffnen
Gleich dem Wasser, das in ihm läuft,
'5 fülle er mich mit Gebeten, Hymnen und Gebetsordnungen.
Wer mag mich zu dem Orte emporbringen, an dem es (das Leben) thront,
der wundersam, hell, leuchtend und erleuchtet über die Maßen ist?
Wer mag mich mit seinem (des Lebens) Glänze bekleiden,
wer mich mit seinem Lichte bedecken?
2o Wer mag mich zu ihm emporbringen,
wer meine Seele in seiner Skmä wohnen lassen?"

Wie an meinem Orte stehe,


ich

gewährte es mir die Bitte, die ich ausgesprochen.


Es gewährte mir von seiner hohen Kraft,
25 daß sie mir in den Zeitaltern eine Stütze sei.
Es gewährte mir von seiner Herrschermacht,
daß sie mir. in allen Zeitaltern <(in wundersamer Weise) diente").
Es öffnete meinen Mund gleich der Mündung des Fras-Ziwil
und machte meine Lippen seinen beiden Ufern gleich.
30 Gleich dem Wasser, das in ihm läuft,
mich mit Hymnen und Gebetsordnungen.
füllte es

Es brachte mich zu sich empor


und ließ meine Seele in der Skmä des Lebens wohnen.
Es zeigte ihr den Ort, an dem es thronet,
JD der wundersam, hell und erleuchtet über die Maßen ist.
Es bekleidete mich mit seinem Glänze
und bedeckte mich mit seinem Lichte.
Die Stätte, an der das große (Leben) thronet,
ist ein Ort, an dem die Guten ruhen.

')
Siolio oben, p. 55-,

'^) "i^iii^^ ist wohl zu streichen, obwohl es auch weiterhin stellt.

-') Statt riN^^S^l ist wohl JN^bniDl zu lesen.


?i>^!?n''in
371, 16—19 Sechzehntes Buch. Elftes Stück. 897

Die Stätte, an der das große (Leben) thronet,


ist ohne Mangel und Fehl.

Es ein Ort, dessen Sonne nicht untergeht


ist

und dessen Lichtlampen nicht dunkel werden ').



Und das Leben ist siegreich.

Elftes Stück.

Das Stück fehlt in den Pariser Handschj'ifton ;


es ist hier nach Cod. Leid, gegeben. —
Mandä dHaije ruft mahnend die Auserwählten, die jedocli seinen Ruf nicht hören wollen.

]*ibnt^pD n-^^n^b D^\^p iS^D^N nm^DD i^^D^^ mn^D^ D^\spi ^x^rn an^i^Di i^hi^p

pi i^^ij^p ^y iS^'^in ^j^iHN^DD t^^'i^n -iKöJ«^ i^nnj^D ]in^i<ii<^y ^^^b^) ni^ri^b ])b^')ü.pD lo
iXnNi^Dj;i N^^n=i 'j^nt^i^sj; a^yjiw n^idn^^i pj'Tip^Di^i pi^mv^öi nnp n^ip b^n^i

"iJDi j^nn^D iiDDT i^niD ]']2T2a. ])'3'^ir\m ]D't'nNVovi pi^m^j^Di nnp j^bpN\-i^D n'^^^ni
i<ini^b n:ivn^r\ ]ipD\n nld'^idI rai^iDi ^2ar^^ 11:10 iS^D"n"i N^^^n^ «"»D-in i^^^n^ N^Di??^i

Der Ruf Mandä dHaije's ist es,


der am Außenrande der Welten steht").
Am Außenrande der Welten steht er
und ruft nach seinen Auserwählten,
Nach seinen Auserwählten ruft er 20
und nimmt*) Zeugen gegen sie.
Er spricht:
„Leben, sei mir Zeuge
gegen die Gerufenen*), die ich aus der Tibil rief.
Ich rief sie, befahl ihnen und wollte sie herausholen,
doch sie tun nicht, [was ich ihnen befohlen]'*).
Sie verlassen die Werke des Lebens
und üben die Werke der Tibil.
Sie verlassen den Willen des Lebens
und üben den Willen der Körper,
Sie verlassen Lohnzahlung und Almosenspende
und straucheln über die Anstöße der Bösen.

')
Siehe Joh. 11, p. 51 ob.
-) Siehe oben, p. 391,8.
') Vielleiclit ist tD^JlNb"! zu lesen.
') N"i"'"lp by zu lesen? Unsicher.
') Hinter t^i"iDi<':'"l ist wohl ]13''ni"'p^Ö'^
™ h^stm. Dieses steckt vielleicht im vorluT-
goh(!nden ]i:^np"iOiSV
898 Rechter Teil.

Ich rief sieund befahl ihnen:


Tuet, was euer Herr euch befohlen.
Verrichtet^) das Gebet und bereitet das Pihtä
und verehret und preiset das gewaltige Leben.
Das gewaltige Leben verehret und preiset,
damit ihr auf dem Pfade der Kustä emporsteiget
und den Ort schauet, den unbegrenzten." -
Und gepriesen sei das Leben.

')
Lies pD .I^DN.
Siebzehntes Buch,

Erstes Stück.

Ein Stück bunten Inhaltes. Ein höheres Wesen spriclit von der Stellung, die es jen-

seits einnimmt, und von der Belehrung und Erleuchtung, die es unter den Skinäs imd IJthras

ausübt. Glanzwesen und Weinstöcke werden geschaffen, und von diesen sondern sich Aus- 5

erwählte aus, die über die Lichterde aufgeklärt werden. Nach einem jetzt nicht am richtigen
Platze stehenden Stücke sollen auch die Frommen unter den Söhnen Adams belehrt werden.

Das Leben fordert Hibil-Ziwä auf, die Auserwählten auf Erden über die verborgenen Dinge
zu belehren, namentlich über die Wolken, die den hehren Wesen als Sitz dienen. Es folgt
eine Aufzählung der von oben her stammenden Gebete, die hier zurückgelassen, d. h. den 10

Gläubigen nicht entzogen wurden. In dem Stücke wird als höchstes Wesen vorwiegend der
große, gewaltige Mänä genannt, doch daneben das große Leben und der Herr der Größe.

Im Namen des großen Lebens.


Jenseits, jenseits stehe ich da
mit den Worten des großen, gewaltigen Mänä, 15
aus dem sieben Leuchten entstanden.

Jenseits, jenseits stehe ich da,


ich und die Helfer, die mit mir entstanden sind.
Ich glänze im Gewände des großen (Lebens),
ich leuchte in der Macht des gewaltigen (Lebens) ^).
20

Jenseits, jenseits stehe ich da,


ich und die Wolke ^), die mit mir entstanden ist.

Jenseits, jenseits stehe ich da,


in der verborgenen Säule, die im bereiten") Äther aufgerichtet
Ich leuchte durch geheime Reden, -5
[ist.
ich spreche^) in trefflichen Gebetsordnungen.

')
Leid, hat i^^D~n"n. ^) D. h. seine Gattin.
•')
D. hehren, jenseitigen, siehe p. 152'.
h.

*) Oder „ich glänze" in Parallele zu .,ich leuchte"? Siehe Joh. 11, p. Uf.
400 Recliter Teil. ?)72. 21— 373, 7

Ich leuchte durch die geheime Rede,


die ich mit mir aus dem Lichtort gebracht habe.

Ich schuf großen Glanz,

zog sieben Jordan e hin und richtete in ihnen Sklnäs auf.


5 Ich belehrte sie über die Gemeinschaftlichkeit
und die Kustä, die von jeher war.
Ich belehrte sie über den Weg,
auf dem der große, gewaltige Mäna emporgestiegen ist.

Mit meiner Erleuchtung und meiner Lobpreisung


lo verehren und preisen die Uthras in vollkommener Weise.
Ich erleuchtete sie in ihren Skmäs
und stellte vor ihnen wundersame Leuchten auf.

Als Adam geschaffen wurde,


das Haupt des Zeitalters für seinen ganzen Stamm,
15 als Adam, das Haupt des Zeitalters, geschaffen wurde,
wurde ihm eine Gefährtschaft gebildet.
Sein Stamm
verbreitete sich von ihm,
und die Gemeinschaft des Lebens wurde mächtig.
Mächtig wurde des Lebens Gemeinschaft,
20 die jeglichen Ortes wundersam, glänzend und leuchtend ist.
Die Männer von erprobter Gerechtigkeit wurden geschaffen,
an denen Mischung oder Lüge ') [373] nicht ist.
Nicht war Mischung oder Lüge an ihnen,
nicht war an ihnen ein Gebilde der Finsternis,
nicht war an ihnen Haß, Eifersucht und Zwietracht.
Sie wurden ruhige Vollkommene genannt,
die aus Ruhigen") hervorgegangen sind.
Sie wurden mächtig durch ihre geheimen Reden,
und vor ihnen wurden Hüter geschaffen.
•;o Sie wohnten da, blühten auf und wurden mächtig,
und die Stirnlocken wurden ihnen auf dem Haupte gedreht.
Sie wurden über den großen Glanz aufgeklärt
und über das Licht, das am verborgenen Orte lohet,
Sie wurden über die Kraft und die Festigkeit und über die Erleuchtung
.35 des Jäwar Mandä dHaije, der hierher gegangen ist"), [aufgeklärt

')
B hat i^nivSD"! ;,der Lüge". Zu ^OliOl siehe Text 259, 3, zu J^DIts'DI 31.0, 9.

-) Wohl JO"i^N^ P zu lesen. Der Sinn „plötzlicli'-, den tirb^'^l^


p sonst hat, paßt
hier nicht.

•')
Dieses ytück von denFrommen unter den Söhnen Adams unterbricht den Zusammen-
hang, liier wird zunächst von den himmlischen Wesen gesprochen, und der folgende Vers
schließt sich an Vers 12 an. .Es hatte wohl ursprünglich seinen Platz hinter p. 401,12 und
hatte seine Fortsetzung in dem dort folgenden Stücke.
373,7—374,4 Siebzehntes Buch. Erstes Stück. 401

Wohlan, es freuten sich die Uthras ihrer Rede,


die Vollkommenen
ihres glänzenden Schatzes.
Am Tore des Hauses des Lebens
wurde dem Obersten der Glanzwesen ein Thron aufgestellt^).
Vor den ruhigen Glanzwesen 5

wurde ein Jordan in vollkommener Weise hingezogen.


Drei Skinäs wurden gegründet
und sieben Weinstöcke geschaffen.
Sieben Weinstöcke wurden geschaffen,
die von Jökabar-Ziwä herkamen. lo

Sie glänzen in ihren Gewändern


und leuchten im Glänze, der von jenseits herkam.
Glanz, Licht und Leuchten kamen vom großen, ersten Mänä her,
und er gewährte allen Welten Kraft.
Die Auserwählten, die aus allen wohlduftenden Weinstöcken hervor- 15
sonderten sich von ihnen ab. [gegangen sind,
Sie stiegen vor das gewaltige Leben empor,
und dieses ließ sie in ihren Skinäs wohnen.
Wie sie in ihren Skinäs dasitzen,
wurden sie über die Erde des Lichtes aufgeklärt. 20
Sie wurden über die Kraft und die Festigkeit und über die Erleuchtung
des Ja war Mandä dHaije, der hierher gegangen ist. [aufgeklärt

Das große Leben hub an


und redete zu Hibil-Ziwä.
Es sprach zu ihm: 25
„Gehe, belehre die Auserwählten,
die in der wüsten Einöde weilen.
Belehre sie über die verborgenen Wolken
und über den Glanz, der an jeglicher Stätte hingezogen wurde.
Belehre sie über die Zeltdächer ^o
und über die Skinäs und Jordane, die jeglichen Ortes geschaffen
Belehre über die großen, inneren, verborgenen Eier*),
sie [wurden.
dem Herrn der Größe entstanden sind.
die vor
Sie sind [374] vor dem Herrn der Größe entstanden
und als Uthras") hierher gegangen. 35
Belehre über Nhür-Haije-Anänä (die Wolke),
sie*)
in der der Herr der Größe verborgen sitzt.
Belehre sie über Kimsath-Anänä,
in der der kleine Pirün verborgen sitzt.

') Siehe oben, p. 94, 23.


2) Leid, hat iN^"iD''3l.

=•)
Man erwartet J^nniV IDV
*) Auch hier und im Folgenden ist
]"li'iti'i"lDi^
zu lesen.
Lidzbarskj, Ginzä. 26
402 Rechter Teil. 374, 4—375, 5

Belehre sie über die Wolke Jungfrau,


in der Hibil-Ziwä wohnet.
Sie sollen über Sahrath *)-Ebdath-Ukisratli-Anänä (die Wolke Wachte,
[Machte und Vollbrachte) belehrt werden,
5
in der der große, gewaltige Mänä und seine Nituftä sitzen.
Sie sollen über Jasmus-Anänä belehrt werden,
in der Sarrath, der große, verborgene, erste Wein stock,
verborgen ist.
Sie sollen über Sidar-Kasiä-Anänä (die Wolke, die verborgene Gebets-
[ordnung) belehrt werden,
lo in der der große Jürä, der Schatzmeister, verborgen ist.
Sie sollen über Tatagraur-Anänä belehrt werden,
die dem erstgeborenen Sohne
des Jösaram gegeben wurde.
Sie sollen über Pihtath-Unihrath (sie öffnete und leuchtete auf) und
Nifqath-men-gau-maijä (sie ging aus dem Wasser heraus) belehrt werden,
15
die beiden Wolken, die sie Nsab und Anan-Nsab gaben.
Sie sollen über Bärath (sie leuchtete) und Ethrauribath (sie wurde

[überragend), die beiden Wolken, belehrt werden,


in denen Sar und Sarwän wohnen.
Sie sollen über Nhar (er leuchtete) und Kbar (er wurdegroß), die
20 [beiden Wolken, belehrt werden,
in denen Silmai und Nidbai wohnen.
Sie sollen über Kbar-Ananä belehrt werden,
die seiner reinen Rechten gegeben wurde.
Sie sollen über die Wolke „der kleine Knabe" ") belehrt werden,
deren Name Saskel-Anänä ist.
25
Sie sollen über Masqlel-Anänä belehrt werden,
die geschaffen und Ptahil gegeben wurde.
Sie sollen über die Mengen, Mengen Gebete belehrt werden,
die im Sinne der Männer von erprobter Gerechtigkeit [ruhen]."

30
Von dieser Welt ") steigt Kraft, Festigkeit und Rede an ihren Ort empor,
und in der Tibil bleibt nur Trübung zurück.
Von den Gebeten*) des Hauses des Räm-Zlwä haben sie elf zurück-
gelassen. Von den Gebeten des Anan, des Mannes Anan, haben sie vierund-
zwanzig [375] zurückgelassen. Von den Gebeten des Hauses des Jäwar-Ziwä
35 haben sie vierundvierzig zurückgelassen. Von den Gebeten des Jäwar-Ziwä
haben sie sechsunddreißig zurückgelassen. Von den Gebeten „Das Haupt
der Kraft und des Wissens" *******. Sie hoben ihr Geheimnis in die Höhe°)
und die Kraft der ganzen Erde, alles Gemurmel, das die Uthras in dieser
Welt murmelten.

')
Leid, hat riN'irT'li', Sihrath; R 322,3 hat flt^li^lJ', siehe auch p. 326,41.

") Wohl „des kleinen Knaben", siehe oben, p. 235.


•') Möglich, daß die Worte t^'übi^ ]'^Ti^ni Hi^D der Rest eines ausgefallenen Satzes sind.
') Das Prosastück schließt sich wohl an Z. 29 an.
'')
Auch Leid, hat
iS^lpDi^,
siehe auch Text, Z. 9.
375, 5—22 Siebzehntes Buch. Erstes Stück. 403

Von den Gebeten „Wenn das gewaltige, erste Leben in seiner l§kma
haben sie dreißig zurückgelassen. Von den Gebeten „Das große My-
sitzt"
sterium und der Spruch, die an den Wassersprudeln ruhen", haben sie (einige)
verdeckt. Von den Gebeten „Als Hibil-Ziwä wollte", „Als er hinging und
zum Hause des Abathur kam" haben sie (einige) von der Welt empor- 5

gehoben. Von den Gebeten „Oben auf dem Äther" ^) haben sie zwei
zurückgelassen. Von den Gebeten des Hauses des Bihrära haben sie (einige)
abgetrennt und den Helfern überlassen. Von den Gebeten „Über die
Tannäs" ^) haben sie sieben zurückgelassen.
Denn sie wußten, daß unter den Männern von erprobter Gerechtigkeit lo

sich Lüge in der Welt bilden werde").


Von diesen trüben Sprößlingen der Finsternis
ist die Gestalt blind und leuchtet nicht.

Diese Näsoräer, die eine Weisheit der Lüge aus ihrem Innern hervor-
und trübe Reden in die Welt [hinaussenden], [holen 15

jene Näsöräer der Lüge


werden am großen Tage des Endes ein Ende nehmen.
Ihr Name
wird aus dem Hause des Lebens ausgerottet werden,
und ihre Augen werden das Licht nicht schauen. —
Das Leben wird hochgehalten und ist siegreich, 20
und siegreich ist der Mann, der hierher gegangen ist.

Zweites Stück.
Ein „Wesen" des Lebens kommt mit reichem Glanz zur Welt und bringt den Grläubigen

geheimes Wissen und Lehren mit. In loser Anknüpfung an die Nennung Adams wird eine
Bede Adams angefügt über die Versuchungen, welche Eühä und die Planeten unter die
Gläubigen bringen, und über die Strafen, denen die Abtrünnigen verfallen. Mahnung an die
Gläubigen, des Tages eingedenk zu sein, an dem sie ausgefragt und zur Rechenschaft gezogen
werden. Eindringliche Warnung vor der Benutzung farbigen Zeuges. Der Lohn der Frommen.

Im Namen des großen Lebens.


Gekommen das Wesen*) des Lebens
ist

und richtete uns die Leuchte des Lebens auf.

1)
Siehe Lit., p. 228, LIX.
-) by leitet vielleicht nur das Objekt ein, also ,,Die Tannäs".
^) Man hat wohl J<"i15^n is'pTT zu lesen, und der Vers ist so aufzufassen.
J^'^liilD^l
Schwerlich ist zu lesen, so daß dieses Subjekt zu
^pTI ^^il^TlÜ ]Vi^l^ wäre. ^*p^"lT {^''ITID
steht parallel i<5iii^'n"|i{^i, imd auf sie bezieht sich i^ißrii^n ^^''^PD'^l!^
p^N".
') J^Tiy, J^'in"'^ findet sich an einigen Stellen als Bezeichnung für höhere Wesen:
Lit.,
p. 134,7; 138,3; Cod. Par. 15, fol. 28a (Cod. 25, f. 34b, «"»DJ^l i^'^nV)- Es soll wohl heißen
das wirklich Seiende im Gegensatz zum Vergänglichen, Irdischen. Siehe auch Zeiischr.
für SemitwHk I (1922), p. 1.

2B*
404 Rechter Teil. 375, 22—376, U
Es kam mit reichem Glanz,
wundersam und endlos.
Es brachte uns^) geheime Sprüche,
damit wir*) durch sie in dieser Welt aufgeklärt werden.
Wir sollen durch sie in dieser Welt aufgeklärt werden
und den Mann, unseren Schöpfer preisen. '^j,

Wir sollen das große Leben preisen,


denn das Leben pflanzte uns eine Pflanzung.
Es pflanzte uns eine Pflanzung des Lebens
[376] und gewährte uns Helfer.
lO

Es gewährte uns verborgene Vollkommene,


die uns von allem Häßlichen befreien.
Es belehrte uns über die Gebete,
die Adam in dieser Welt verrichtete.
15 Es belehrte uns über den Äther- Weinstock,
über die Rede des Lichtes, aus der er Erkenntnis holte,
und über die Gnade*), die Hibil-Ziwä
dem Adam in dieser Welt brachte.

Adam, das Haupt des ganzen Stammes, sprach:


20 „Ich bin Adam,
mir war Hibil-Ziwä ein Helfer^).
Hibil war mir ein Helfer
und erlöste mich aus der Welt,
von der Bangigkeit der sieben Sterne,
25 die sie gegen die Seelen loslassen,
von der Verfolgung der zwölf Sterne,
aus denen jede häßliche Gestalt hervorgegangen ist,

von der Wut°) und der Glut,


die sie gegen ihre Körper loslassen.
30 Sie verfolgen die Seelen,
die des Lichtortes wert und würdig sind.
Sie bringen Leid
über die wahrhaften, gläubigen Männer.
Sie bringen Verfolgung und Seufzen
35 über die Seelen, die das Leben bezeugen.
Sie bringen die Näsoräer zum Straucheln,
so daß sie des Lichtortes unwürdig sind.

1) Lies jJ^b^n^N und


IDtS^i^^DJ^n^il.
'^)
Lies jj^DÜi^i; Leid, hat ^J^DÜi^i.

") Wohl so aufzufassen. „Gewürz" heißt i^flDi^tS hier kaum, obwohl dieses in den
apokryphen Adamsgeschichten eine Rolle spielt, siehe besonders die syrische „Schatzhöhle".
*) Siehe Joh. II, p. 60 o.

'^) ^^'^^D scheint hier diesen Sinn zu haben, vgl. Nöld., p. 105, 9. Siehe auch oben, p. 259'.
376.14—377,8 Siebzehntes Buch. Zweites Stück. 405
i
Die Finsternis bedrückt sie,
und sie straucheln weg vom Lichte.
Vom Lichte weg straucheln sie,
und Rühä ruht auf ihnen.
Auf ihnen ruht Rühä 5

und hält sie in den Wohnsitzen der Schwelgerei in Musik gefangen.


Über diejenigen, die auf Zechgelagen zechen und singen,
wird schwerer Zorn kommen.
Sie werden eines zweiten Todes sterben,
und ihre Augen werden das Licht nicht schauen. lo

Nicht werden ihre Augen schauen das Licht,


nicht werden ihre Füße Festigkeit finden.
Über denjenigen, der auf ein Lager von Polstern *) tritt,
wird schwerer Zorn ^) kommen.
Wehe den Näsoräern, is

die die Sieben in dieser Welt zum Straucheln gebracht haben.


Sie verfielen in die Trunkenheit der Planeten,
-1^ sollen sie in das verzehrende Meer fallen").

[In verzehrende Meer] sollen sie fallen


nd mit einer Feuergeißel gepeitscht werden." ^o

Euch rufe ich zu und erkläre ich,


ihr Seelen, die ihr das Leben [377] bezeuget:
Bleibet fest in dieser Welt,
bis euer Maß*) voll ist.

Euch sage und erkläre ich, 25


ihr Seelen, die ihr im hinfälligen Hause wohnet:
Wenn ihr aus eurem Körper scheidet,
welchen Bescheid werdet ihr dem großen Leben geben?
Was werdet ihr dem Boten sagen,
der euch aus der Welt erlöset? 30
Was werdet ihr den Wachthäuslern
und dem Gefangenenaufseher^) sagen, die dort wohnen?
Was werdet ihr Anos-Üthra sagen,
wenn ihr vor ihm zur Rechenschaft gezogen werdet?
Was werdet ihr Abathur-Uthra sagen 35
über das Gewand der Finsternis, das ihr in dieser Welt traget,

1) Leid, hat wie D iS"i-nD=i.

'-')
Leid, hat J^tDTi:i.

») Siehe p. 38. 4.

*) Lies pD^J^^Dl.

^) Ein Genius der Unterwelt, der auch in Palmyra verehrt wurde und dessen Tempel
in der Einleitung zu dem dort gefundenen Zolltarif
genannt wird, siehe Sitzungsberichte
der Berliner Akademie 1916, p. 1218.
406 Rechter Teil. 377, 8—378, 3

über die sieben ^),

die aus der Nase Urs, des Herrn der Finsternis, herausgekommen
über die zwölf farbigen Zeuge, [sind,
die aus der unteren Finsternis herausgekommen sind?

5 Meine Auserwählten! Ich sage euch über die weißen Gewänder.


Wer in
jenem gefärbten Zeug getauft wird").
Ein jeder, der darin getauft wird und sich damit bekleidet,
wird zur Natur des finsteren Ortes hinabstürzen").
Wer sich darin einwickelt und darin schläft,
lo wird in der unteren Gehenna lodern.
Wenn er aus dem Körper scheidet,
wird er in den Nebelwolken der Finsternis verdeckt werden.
In den Nebelwolken der Finsternis wird er verdeckt werden
und wird den Sieben als Anteil anheimfallen.
15 Ein jeder, der sich von ihnen freimacht
und vor ihnen allen auf der Hut ist,
wird befreit werden von ihrem Schwerte, ihren Schlingen, ihren Banden")
[und ihren Ketten,
sowie vom Schwerte und der Bosheit, die Christus in dieser Welt
20 Ein jeder, der sich von ihnen freimacht, [ausgesät hat.
wird emporsteigen und das gewaltige Leben in seiner Skmä schauen.
Er wird Säm, den reinen Weinstock, schauen
und den Baum Astarwän'*), aus dem er hervorgegangen ist.
Er wird Sar, den Weinstock, schauen,
25 er wird in seinen Zweigen, Sprossen und Blättern Platz finden.
Er wird ein Gewand gleich dem Gewände des Bihräm-Uthra tragen
und emporsteigen und den Lichtort schauen.
Den Lichtort wird er schauen,
wird schauen [378] den lichten Wohnsitz.
30 Er wird suchen und finden
für die Seelen, die im hinfälligen Hause wohnen. —
Du warst siegreich Man da dHaije
und führtest alle deine Freunde zum Siege.

^) Siehe oben, p. 93'^. ^)


Die Verse sind lückenhaft.
3) Leid, hat lies i^"lD''i vgl. Text 80, 10.
i^pDi^:^,
*) Siehe oben, p. 104», 382 ^ Leid, hat
p:i'ip-i^^D"l,
was die Lesung pil-ü^DI gegen
]')TVD)
BD stützt.

'5)
Ein mir sonst unbelcannter Baum. Nach Andreas ist es wahrscheinlich persisch
„Sternbaum".

I M >0<:i
Achtzehntes Buch.
Eine Weltgeschichte, freilich eine mandäische. Ptahil schaift Himmel und Erde, alles
auf der Erde, auch das erste Menschenpaar. Als Weltdauer werden 480000 Jahre bestimmt.
Die Zeit wird unter die Planeten und die Tierkreisbilder verteilt. Zahlenangaben über die
Dauer der Weltperioden bis zur Sintflut; Noah und die Sintflut. Nach dem Zeitalter Sems 5

wird Jerusalem von Adönai-Jörabbcä gegründet. Abraham zieht nach Ägypten, später verlassen

die Juden unter Jörabbäs Führung Ägypten, ziehen durch das Meer, dann durch die Wüste
und lassen sich in Jerusalem nieder. Vierhundert Jahre hernach wird Jesus geboren. Auf-

zählung der altiranischen und sasanidischen Könige. Die Ereignisse in der Welt vom Jahre
791 bis zum Jahre 803 der Fische und dann noch über das Jahr 850. Auf die Herrschaft 10

der Perser folgt die böse Zeit der Araber. Daran schließen sich noch apokalyptische Ent-

hüllungen über die Endzeit.


Dieser Traktat ist der einzige, dessen Abfassungszeit sich enger begrenzen läßt
Seite 414 wird die Dauer der Araberherrschaft mit 71 Jahren angesetzt, was nach den ersten
Jahren des 8. Jahrhunderts nicht gesagt sein kann. Die Annahme einer so kurzen Dauer des 15

Araberreiches, für welche die neben den Zahlen 70 und 72 beliebte Zahl 71 angenommen

wird, ist aber wahrscheinlicher für die ersten Jahre des Islams, so daß der Traktat etwa um
die Mitte des 7. Jahrhunderts redigiert sein dürfte. Der Verfasser hat aber älteres Material

verwertet. Die „Könige der Araber" werden vor dem Sturze der Sasaniden-Herrschaft an-

gesetzt. Es sind wohldie arabischen Könige von Hira, auf deren Gebiet ein Teil der Mandäer 20

wohnte. Neben den islamischen Herrschern haben ja auch Könige von Babel, mit denen nur
die Perserkönige gemeint sein können, keinen Platz. Ja die Art, wie stellenweise von den
Göttern und Tempeln gesprochen wird, zeigt, daß auch noch Material heidnischer Herkunft
verarbeitet ist. Der Traktat bedarf für die Einzelheiten einer eingehenden Untersuchung i).

Im Namen des großen Lebens. 25


Am ersten Tage, am ersten Orte, in der ersten Stunde, als (Abathur

und) ^)
Ptahil kam, den Himmel ausspannte, die Erde dichtete, das Firmament
ausspannte, die Meere die Berge ausschnitt, die Fische in den
spaltete,
Meeren, die gefiederten Vögel und das Viehgetier jeglicher Art bildete, Frucht,

^)
Ich habe das Manuskript des Traktates wegen der astrologischen und apokalyptischen
Partien an Franz BOLL mit der Bitte gesandt, ihn daraufhin durchzusehen, ob er Bekanntes
enthielte. Das Manuskript kam in Heidelberg am Todestage BOLL's an.

')
Dies ist eingeschoben; die Verba stehen auch hier und weiterhin im Singular.
408 Rechter Teil. 878, 32—380, 7

Traube und Baum als Speise für Adam und als Getränk für Adam, Hawwä
und seinen ganzen Stamm bildete, wohlriechende Pflanzen, Sämereien,
Blumen, Blätter und Heilkräuter schuf, alsdann überlegte (Abathur und)
Ptahil, betrachtete sich, sah seine Gestalt, schuf Adam, den Mann, und schuf
5 ihm Hawwä, das Weib, von denen das Geschlecht sich in der Welt ver-
breitete.
Alsdann wurden Maß und Zahl dieser Welt verliehen. Vpn dem Tage,
da Adam geschaffen wurde, bis zum Ende der Welten sind es 480000 Jahre.
Alsdann wurden Maß und Zahl [379] den sieben Planeten und den
lo zwölf Lenkern verliehen. Das Maß wurde in sieben untereinander gleiche
Teile geteilt, so daß keiner zu viel, keiner zu wenig hat. Einem jeden
Manne fielen als Anteil zu 68571 Jahre, 5 Monate, 4 Tage, 6V2 Stunde,
4 Süsse und 1
Va Augenblicke. Die 12 Zodiakalzeichen dauern neben den
sieben Planeten, und die sieben Planeten dauern neben den zwölf Zodiakal-
15 zeichen. Dem Maße
des Bei entnehmen die zwölf Zodiakalzeichen, wenn dem
Bei noch 9000 Jahre übrig bleiben. Die zwölf Zodiakalzeichen empfangen
von ihm, dann dauern 9000 Jahre zusammen mit Bei und 69[000 Jahre]
sie

zusammen mit Nerig. Von


diesen 78000 Jahren, die die zwölf Zodiakal-
zeichen dauern, teilten sie dem Widder 12000 Jahre als Anteil zu^), dem
jo Stier 11000
Jahre, den Zwillingen 10000 Jahre, dem Krebs 9000 Jahre, dem
Löwen 8000 Jahre, der Ähre 7000 Jahre, der Wage 6000 Jahre, dem
Skorpion 5000 Jahre, dem Schützen 4000 Jahre, dem Steinbock 3000 Jahre,
dem Wassermann 2000 Jahre, den Fischen 1000 Jahre.
Alsdann, von dem Tage, da Adam geschaffen wurde, bis daß die Welt
'S durch Schwert und Pest hingerafft wurde ^), sind es 216000 Jahre. In den
Jahren des Sternes Sin (des Mondes) gingen 10000 Jahre von den Jahren
des Sin hin, bis daß die Welt durch Schwert und Pest hingerafft wurde.
Aus ihnen wurden zwei Menschen zum Leben erweckt ein Mann Namens
'^),

Räm und ein Weib Namens Rüd, von denen die Welt zum Leben erweckt
o wurde.

Bis daß die Welt durch Feuer hingerafft wurde, [380] sind es

156000*) Jahre. Als 29000 Jahre vom Anteil des Bei dahingegangen waren,
wurde die Welt durch Feuer hingerafft. Es verzehrte die ganze Welt, es
^) Staub
verzehrte zwölf auf der Erde.
5 Alsdann wurden von ihnen zwei Menschen zum Leben erweckt"), ein
Mann Namens Surbai und ein Weib Namens Sarhabel, von denen die Welt
zum Leben erweckt wurde. Von dem Tage, da die Welt durch Feuer
hingerafft wurde, bis daß sie durch Wasser hingerafft wurde, waren es
100000 Jahre.

1) Siehe p. 138.

2) Siehe oben, p. 27.


")
Man erwartet „blieben übrig", siehe p. 27, 23, 30.
*) So muß es heißen; der Text hat falsch 150000.
ö) Siehe oben, p. 83 ».
380, 8—381, 3 Achtzehntes Buch. 409

als noch 8000 Jahre von den Jahren [des Nerig] ^) übrig blieben,
Alsdann,
erging ein Ruf an den Archen-Noah und sprach zu ihm: „Baue eine Arche."
Alsdann brachte Noah entsprechend dem Befehle Zimmerleute herbei, fällte
Zedern vom Amanus^) und weibliche Zedern^) vom Libanon und baute
dreihundert Jahre lang. Er fügte die Arche zusammen im Längenmaße von 5

300 Ellen, in der Breite von 50 Ellen, in der Höhe von 30 Ellen. Dann
nahm Noah von jeder Gattung je zwei, Männlein und Weiblein, und brachte
sie in die Arche hinauf. Dann kamen durch 42 Tage und 42 Nächte die
oberen Wasserquellen vom Himmel und die unteren Wasserquellen von der
Erde, überschwemmten die Berge und überschwemmten die Höhen. Da lo

wurde die ganze Welt durch Wasser dahingerafft.


Die Arche schwamm auf dem Wasser elf Monate dahin. Nach den
elf Monaten ward Ruhe, und die Arche senkte sich und blieb auf dem Berge

Qardün*) sitzen. Da erkannte Noah in seiner Seele, daß Ruhe in der Welt
war. Noah sandte dann den Raben aus und sprach zu ihm: „Geh hin, 15

siehe, ob Ruhe in der Welt ward." Der Rabe ging hin und fand einen
Leichnam. Er aß von ihm und vergaß was Noah [381] ihm befohlen. Als-
dann schickte Noah die Taube hinter ihm her und sprach zu ihr: „Geh,
siehe, ob Ruhe in der Welt ward. Wo ist der Rabe, den ich vor dir aus-
gesandt habe?" 20

') Dies ist zu ergänzen. Es


Avird hier eine Reihenfolge der Planeten vorausgesetzt,

Avie sie oben, p. gegelben ist, von der die pp. 115, 124if., 176, 347 ab-
28, 192; 46, 126
weichen. Über die Planetenfolgen bei den Babyloniern siehe ZIMMERN in Keilinschriften
und Altes Testament^, p. 622 f. Die Reclmung hier ist folgende: Die erste Periode, von der
Weltschöpfung bis zur Katastrophe durch Schwert und Pest, dauerte die Zeit von Sonne,
Venus, Merkur und 10000 Jahre von der Zeit des Mondes, also 3x68571 +
10000, das sind
215713 Jahre. Für die zweite Periode bleiben dann noch von der Zeit des Mondes 58571 Jahre,
dazu kommt die Zeit des Saturn mit 68571 Jahren und 29000 Jahre von der Zeit des Jupiter,
das macht 156142 Jahre. Für die dritte Periode bleiben 39571 Jahre des Jupiter, dazu
kommen 60571 Jahre des Mars, das macht 100142 Jahre. -Die Zahlen sind also abgerundet.
Die oben, 27 f., 45 f. nach Menschenzeitaltern gegebene Dauer der Perioden ist viel kürzer.
p.
Statt lese ich
jJ^DJ^n.
Die Kenntnis der Zedern des Amanus geht wohl, wenn
"-) |J<"li^n
auch indirekt, auf babylonische bzw. assyrische Quellen zurück, in denen öfter von ihnen die
Rede ist. Ebenso hat weiterhin das Motiv, daß der yow Noah ausgesandte Rabe eine Leiche
fand, von ihr aß und deshalb nicht zurückkehrte, das sich im Alten Testament nicht findet,
letzten Endes seine Quelle im Gilgames-Epos. Hier heißt es Taf. XI, 155, daß der ausgesandte
Rabe „fraß nicht umkehrte". Das Motiv lebte mündlich oder literarisch in Babylonien
fort und wurde weiter ausgeschmückt. So ist es denn auch in die vorliegende Erzählung
gelangt, wie auch in das syrische, jüdische und arabische Schrifttum (siehe M. GrÜNBAüM,
Neue Beiträge sur semitischen Sagenkunde, p. 82 f.). Nach dem arabischen Targüm bei
Lagarde, Materialien sur Kritik und Geschichte des Pentateuchs II, p. 79 findet sicli
der Zug bereits bei Ephräm. Im Bienenluch des Salomon von Basra (ed. BUDGE, p. 32)
wird in diesem Zusammenhange auf ein Sprichwort hingewiesen, in dem von Noahs Raben
die Rede ist; um so leichter konnte sich das Motiv erhalten.

») Siehe Joh. II, p. 157 ^

^) Das Gebirge der Kordyäer (Gebel Güdi) nach Berossus (JOSEPHUS, Arch. I, 93),

dann von Juden, Christen und Muslims übernommen (Onkelos und Psittä zu Gen. 8, 4; Tabari,
Annales I, p. 197).
410 Eechter Teil. 381,3—382,11

Da ging die Taube hin und fand den Raben, wie er über einem
Leichnam saß und von ihm aß. Sie sah den Ölbaum, der auf dem Berge
Qardün stand und dessen Blätter aus dem Wasser herausragten. Die Taube
pflückte von ihm und brachte es Noah, damit er in seiner Seele erkenne, daß
5 Kühe eingetreten sei. Da verfluchte er den Raben und segnete die Taube ^).
Alsdann wurde das Zeitalter dem Sum (Sem), Sohn des Noah, und
seiner Gattin Nhüraitä^) bewahrt, von denen die Welt wieder erweckt wurde.
Es vergingen dann 6000 Jahre, und 2000 Jahre blieben übrig. Da über-
legte Jörabbä, den die Juden Adönai nennen, er, seine Genossin Rühä und
lo die sieben Planeten. Sie planten, eine Partei zu gründen. Auf Befehl des
Adönai bauten sie eine Stadt, die man Ort Jerusalem nennt. Sechzig Meilen
mißt sie in der Breite. Tausend Jahre sollte sie in Blüte, tausend Jahre in
Verwüstung dastehn, und die ganze Tibil sollte dann verwüstet werden.
Alsdann wurde Abraham, der Vater der Juden, geschaffen. Er und
15 sein ganzer Stamm zogen") nach dem Lande der Ägypter, deren König den
Namen König Pharao führte. Die Juden mußten viel Böses von den Ägyptern
und König Pharao erdulden*). Alsdann führte sie Jörabbä, Rühä und der
Gott, den sie verehren, aus dem Lande der Ägypter heraus. Die Juden
beeilten sich, als ihr Gott sie herausführte, und an einem Tage zogen sie
20 durch das Meer"^). Er spaltete ihnen [das Meer], und das Wasser des Meeres
erhob sich zu zwei Wällen, zwei Bergen gleich, so daß alle Juden hindurch-
zogen. [382] Sie wanderten dann durch die wüste Einöde. Dann zogen
sie in Jerusalem ein und ließen sich da nieder"). Dann kam König Pharao
hinter ihnen her, er und sein ganzes Heer. Siebzig Myriaden'), 770000
2S Ägypter waren mit König Pharao. Er sieht das Meer ohne Schiff, Floß
und Furt. Dann sieht Pharao einen Weg auf dem Grunde des Meeres,
während das Wasser des Meeres sich zu zwei Bergen zusammengezogen
hat. Dann stieg die ganze Phalanx des Königs Pharao hinter den Juden
hinab, da legte sich das Meer ®) um die Phalanx des Königs Pharao. Nur König
30 Pharao mit seinen Freunden und Helfern in den Verfehlungen entkamen.
Dann, bis daß vierhundert Jahre in Jerusalem vergingen, wurde Jesus,
Sohn der Mirjam, nicht in Jerusalem geboren. Alsdann wurde Jesus, das

1) Vgl. Grünbaum, a. a. 0., p. 82.


Die Worte sind, wie aus dem folgenden Eelativsatz zu ersehen ist, so aufzufassen,
-)

nicht „Sohn des Noah und dessen Gattin Nhüraitä", obwohl oben, p. 46, 4 Nüraitä die Gattin
Noahs ist, siehe auch Joh. II, p. 58.

=')
Statt ti'''1Il muß ein Verb dieses oder ähnlichen Sinnes dagestanden haben.

'')
Statt iS\nil2'''DD (auch Leid, so) ist mit CD i^DWD zu lesen und ])'3'^i^ hat den
gewöhnlichen Sinn ,,sie fanden". NüLDEKE's Auifassung Gram., p. 104' ist mir unwahr-
scheinlich. Ein Verb iD^}^ im Sinne „klagen" findet sich im Mandäischen nicht.
^)
Der Text ist hier stark verderbt. Schon nbitTli^in ^nJ^^vSI neben j^DIli ist auf-

fällig. Leid, hat Jn^^^priiSIl mühi<), was nicht besser ist.


i^D^ND Hli^D p
")
Die letzten beiden Sätze gehören an das Ende dieses Absatzes.
')
Ist wohl zu streichen, denn es deckt sich mit NiD^t^ i<D"'Dt^K' im Folgenden.

>*)
Ich lese mit D i^Di^V Londd. und Leid, haben J^DN'^I ^^">D, Oxf. J^iDl i<Di^\
382, 11—384, 4 Achtzehntes Buch. 41 1

Haupt der Christen, geboren. Er schuf sich eine Kirche und wählte sich
eine Gemeinde.
Nun sage ich, daß für die Könige, die von den Wasserfluten bis jetzt
und bis daß die Jahre der Könige vollendet werden, (leben), die Jahre, die
ein jeder König regiert, ausgesprochen sind. 5

Der König ^) Arudan Gaimurat war am Anfange aller Könige. Er


regierte (dauerte) 900 Jahre. Nach ihm war König Zardanaiata Tahmurat.
Er regierte 600 Jahre. Nach ihm war König Lifrius-Zisag. Er regierte
750 Jahre. Nach jenem König war hundert Jahre lang kein König in der
Welt. Hernach war Asdahag, Sohn des Asfag, den man König Bahrän lo

nennt. Er regierte 300 Jahre. Nach ihm war König Faridün, Sohn des
Tibian. Er regierte 450 Jahre. Nach ihm war Pasm Nariman, den man
den Fesseler des Karküm nennt. Er regierte 500 Jahre. Nach ihm war
Fraarase [383] von Turän. Er regierte 60 Jahre. Nach ihm war König
Kaikobas. Er regierte 503 Jahre. Nach ihm war Kai-Kosrau, Sohn des 15

Seiawisan. Er regierte 60 Jahre. Nach ihm war König Egab^), Sohn des
Königs Burzin. Er regierte 300 Jahre. Nach ihm war König Lohräsp. Er
regierte 365 Jahre. Nach ihm war König Gustäsp, Sohn des Lohräsp. Er
regierte 14 Jahre. Nach ihm war Ardsir, Sohn des Asfindiär. Er regierte
112 Jahre. Nach ihm war Nuraitas Horizdän, den man König Samidai nennt. 20
Er regierte 80 Jahre. Nach ihm war König Asgan. Er regierte 470 Jahre.
Nach ihm war König Dsamsid, den man König Salomon, Sohn des David,
nennt. Er regierte 1000 Jahre; 900 Jahre auf der Erde und 100 im Himmel").
Nach ihm war König ßruq den man Sandar (Alexander) den Griechen
,

nennt. Er regierte 14 Jahre. Nach ihm war Asaq, Sohn des Asqan. Er 25

regierte 465 Jahre. Nach ihm war Alzur und Listar Kosrau und Abas
(Wabas?) Jasdis Tibian, den man König Ardbän nennt. Er regierte 14 Jahre.
Nach ihm waren persische Könige^). Sie regierten 382 Jahre. An der
Spitze der persischen Könige war Ardsir Pabugän. Er regierte 14 Jahre.
Nach ihm war König Sabür, Sohn des Königs Ardsir. Er regierte 62 Jahre. 30
Nach ihm war König Baläs Ghurnig^), Sohn des Königs Säbür. Er regierte
50 Jahre. Nach ihm war König Bahrän, [384] Sohn des Königs Säbür. Er
regierte 12 Jahre. Nach ihm war Jazdigar, Sohn des Königs Bahrän. Er
regierte 12 Jahre. Nach ihm war König Säbür, Sohn des Jazdigar. Er
"li^DiD ist wolil entstellt; es gehört kaum zum Namen. Auch ~)i^DkXD D gibt keinen
^)

Sinn, Zur folgenden Aufzählung der altiranischen Könige, der ältesten, die vorliegt, siehe
Louis H. Gray, Zeitschr. für Assyriologie XIX (1906), p. 272 ff.
2) Leid, hat JlNDj;.

'^)
So nach BCD und Leid, (hier Nn'^p'ID), während A „auf dem Weltmeer" hat. Vielleicht
Legende wieder, daß Salomo vorübergehend durch einen Dämon vom
spiegelt sich hier die
Throne verdrängt war und währenddessen in armseligem Zustande in der Ferne umherziehen
mußte, siehe GRÜNBAüM, a. a. 0., p. 221 ff., auch hier p. 28,21; 46,16. Der Dämon soll
"'HD^J^ (Asmodaeus, Tobit) gewesen sein; der Name liegt vielleicht im vorhergehenden
Samidai (\^~I"iDi^t2^) vor.

*) Im Folgenden werden die sasanidischen Könige aufgezählt. ^) Leid, hat :iiD"l'in.


412 Eecliter Teil. 384, 4—385, IB

regierte Nach ihm war König Peröz, Sohn des Jazdigar. Er


10 Jahre.
regierte 40 Jahre. Nach ihm war König Bihdäd. Er regierte 3 Jahre. Nach
ihm war König Kabäd, Sohn des Königs Peröz. Er regierte 41 Jahre. Nach
ihm war Kosrau, Sohn des Kabäd. Er regierte 48 Jahre. Nach ihm war
5 König Hormis, Sohn des Kosrau. Er regierte 12 Jahre, Nach ihm war der
König der Könige Kosrau, Sohn des Kosrau, Sohnes des Hormis. Er regierte
38 Jahre. Im 38sten Jahre zeigte die Sonne Zeichen. Da ging Kosrau,
und Seröe^) trat die Herrschaft an'').
Also, von dem Tage, da Jerusalem zerstört wurde, bis daß König
lo
Jazdigar, Sohn des Bahrän, von den Persern die Herrschaft antrat, vergehen
von diesem letzten Tausend 594 Jahre Von diesem letzten Tausend der
'*).

Epische, wenn die Welt im 701. Jahre der Fische steht, teilt sie. 89 weitere
Jahre wird sie im Glücke und 210 Jahre im Unglücke dasitzen*). Über
die(se) Jahre ist gesagt: Wenn die^Welt im 790. Jahre steht, wird das Wasser
15 von jetzt ab ausbleiben, die ganze Welt wird Trockenheit treffen. Die
Götter und Könige werden in (allen) Jahren und Monaten unter dei-
'^)

Menschheit allerhand Zeichen zeigen. Diesen Ort ") bis zur ganzen Welt
wird Trockenheit treffen.

angezeigt: Wenn die Fische im 791. Jahre stehen, [385] wird


Ferner ist

20 das Wasser ausbleiben, und Gott wird mit jedem und jeghchem Wind den
Nord(wind) loslassen.
Wenn die Fische im 792. Jahre stehen, ist darüber angezeigt, daß die
Araber sich aus jedem Landbezirk erheben werden, eine schwarze Wolke
aufsteigen und kommen und dem König von Babel das Vieh entfliehen wird.
25 Wenn die Fische im darüber angezeigt, daß der
793. Jahre stehen, ist

König der Araber sterben wird, die Araber übereinander herfallen und im
Lande Babel unter Vieh und Menschen eine Verheerung stattfinden wird.
Wenn die Fische im 794. Jahre stehen, ist darüber angezeigt, daß die
Erde dreimal am Tage beben, des Nachts einmal in der mittleren Schlafzeit
30 in der ganzen Welt ein Licht erscheinen wird, der Stern Bei (Jupiter) mehr
als die Sonne strahlen, am Himmel strahlen wird.

Wenn die Welt im 795. Jahre steht, ist darüber angezeigt, daß der Wolf
vom Lande aufsteigen und kommen'') und Verheerung unter die Menschen

Londd. und Leid, haben ITi^.


1)

Die Regierungsdauer des Seröe wird nicht angegeben, und seine Nachfolger werden
^)
. nicht genannt. Die Liste scheint daher aus der Zeit des Seröe zu stammen (628).
") Jezdegerd
II trat 438 die Regierung an. Jerusalem soll am Anfange des letzten
Jahrtausends zerstört worden sein (siehe auch p. 28, 15), danach stimmt die Rechnung nicht.
*) Unsicher. Vielleicht ist ^^nW"i3n"l i^DDi^"' NTlDt^tOD zu lesen. Es ist schwerlich
aufzufassen: „89 weitere Jahre wird sie im Glück und im Unglück dasitzen. Über die

(bleibenden) 210 Jahre ist gesagt:"


<*)
Damit sind natürlich keine irdischen Könige, sondern himmlische Wesen gemeint,
siehe p. 6" zu i^iD'Pi^D in diesem Sinne, doch hat wahrscheinlich ursprünglich ^iDi«5^>^D
,, Engel" dagestanden. ") Wohl so;
im Texte steht „jenen".
'')
Leid, hat schlecht i^^n^i i^pli^ p ÜT^iCniä.
385,14—386,20 Achtzehntes J3uch. 41 B

loslassen wird, verschiedene Könige sterben, die Araber in den Jahren jenes
ganzen Welt werden. Die Falschheit wird
Wolfes Herren
die der die

Gradheit 'j.
Im Monat Februar, im Wassermann der Mesenier'), am
'

MittwocH wird die Falschheit die Sonne Ferner ist darüber angezeigt,
daß der König von Babel nach Babel kommen und das Vieh von Babel 5

nach Babel kommen werde und in Turän(?) die Barbaren zur Herrschaft
gelangen werden.
WennWelt im 796. Jahre steht, ist darüber angezeigt, daß jeglichen
die
Ortes ^) Wahrzeichen erscheinen, unter den Pferden und Männern der Welt
und in den Städten Mangel herrschen, das Getreide ziemlich fehlen, Frevel, lo

Ertrinken (?) und Hagel kommen, unter den vierfüßigen Tieren und unter
der Blitz Schaden'*) anrichten wird.
Wenndie Welt im 797. Jahre steht, [386] ist darüber angezeigt, daß
zwei Herrscher einander verhöhnen werden; mit Rossen und Männern werden
sie (einander) verhöhnen. '5

Wenn Welt im 798. Jahre steht, ist darüber angezeigt, daß einer
die
von den Herrschern sterben und nur einer in der ganzen Welt sein wird.
Wenn die Welt im 799. Jahre steht, ist darüber angezeigt, daß eine
Stimme an die Menschen gelangen wird, ^)
wird an sie kommen.
Wenn die Welt im 800. Jahre steht, ist darüber angezeigt, daß Pferde 20

und Männer in der ganzen Welt, von Groß bis Klein, auf das Feld und an
einen Ort [kommen werden], daß in der ganzen Welt ").
Alsdann
sucht sie sie sehr, und weißer Kampf) wird sein. Im Monat Juni, den
Zwillingen der Mesenier, am ersten Tage des Monats, in der 272- Stunde
wird weißer Kampf sein. Von je 1700 Männern, die hinausziehen, werden 25
drei übrig bleiben.
Wenn die Weltim 802. Jahre steht, ist darüber angezeigt, daß wenige
Männer für die Frauen da sein werden **:;-.=;=** eine Sache wird viel sein.
Es ist darüber angezeigt, daß sieben Frauen am Gange ^) sitzen und sagen
werden: Wir warten, bis daß ein Mann in den Straßen vorbeigeht. Sie 30
werden am Tore stehen, hinausgehen und einen Mann suchen, ohne ihn
zu finden. Sie werden dem Manne um den Hals fallen und ihn tausendmal
küssen. Denn es werden Männer zu finden sein.
in der W^elt wenige
Ferner ist darüber angezeigt: Wenn
kommt, wird es viel Streit
jene Zeit
geben, und nur wenige Männer werden davonkommen. Sieben, acht Frauen 35

li'^i^:! hat sonst die Bedeutung „erreichen-' od. ähnl, siehe Joh. 11, p. 148*, doch
paßt diese hier nicht. Man erwartet eher etwas wie „unterdrücken".
2)
Der Bewohner der Landschaft Maisän, Mesene in Südbabylonien, siehe zn dieser
SCHAEDER, Islam XIV (1924), p. 11 ff.
») Leid, hat -|{^r)i>? li^Df^Dl.
') i^Il^ii^T ist hier wie R
389, 16 pers. »ijän.
'*) i<''''i^1Di< hndet sich nur hier und ist unsicheren Sinnes, kaum „Stauhgeborene".

") ND^i^tD
ist doch wohl „Schale". Stand da, daß eine Schale so und so viel
kosten werde? Dahinter ist eine Lücke, in der das Jahr 801 genannt war.
')
Es ist mir unklar, was der Ausdruck bedeuten soll.

**) Unsicher, doch kaum J^liJID^DD „an der Moschee".


414 Rechter Teil. 386, 20—387, 20

werden einem Manne als Anteil zufallen, und der Mann wird sich wegen
der Frauen Böses anwünschen.
Es ist angezeigt: wenn die Welt vom 803. Jahre der Fische ausgeht,
so frage gar nicht nach den Plagen der Welt, (die) von jener Zeit an (sein
5 werden). Es ist darüber gesagt, daß, wenn Kewän (Saturn) im Skorpion
steht und er dann aus dem Skorpion heraustritt und in den Löwen eingeht,
der große Euphrat sich über den Tigris [387] ergießen wird, das Land
Babel fünfzig Jahre vor (gegenüber) dem Lande Gaukai ^) verwüstet daliegen
werde und im Lande Gaukai ein Kafiz Samen um fünf Statere gesucht
lo und nicht gefunden werden wird. Es ist darüber angezeigt, daß ein Lügen-
messias kommen, Herr über die ganze Welt werden, auf einem großen
Throne sitzen und auf ihm richten werde, während er die anderen Richter
entfernt. Vom Osten nach Westen wird er an einem Tage kommen, bis
daß der Ziegel aus der Wand für ihn zeugt ^).
15 Wenn die Welt im 850. Jahre der Fische ist, wird große Pest ein-
treten ").

Alsdann, nach den persischen Königen, werden arabische Könige sein.


Sie werden 71 Jahre regieren. In den Jahren jener arabischen Könige wird
die Welt lügnerisch sein. Die Rosse der Erde, die Kameele, die Freien,
20 die Diener und Mägde, die kleinen Knaben und Mädchen, die Frauen und
die Freien werden keine Festigkeit und Ruhe finden. In den Jahren jener

Könige wird der Vater über den Sohn, die Mutter über die Tochter keine
Gewalt haben, der Herr wird über den Diener keine Gewalt haben. Jene
Könige ziehen den Menschen die Haut ab gleich Gazellen und Wildeseln.
30 In den Jahren jener Könige wird, wer viele Söhne hatte, sie bis auf einen
Sohn [verlieren?]. Dann wünschen sie: Heil dem, der einen Sohn hätte ^).
Gold und Silber, Pferde und Kameele, Stiere, Esel und Schafe werden in
(beschränkter) Zahl da sein. Die Fische werden vom Meere auffliegen. Die

^)
Ein selir fruchtbares Gebiet östlich von Tigris in der Gegend von Seleukia. POGNON
faßt richtig DKTlp in örtlichem Sinne auf {Inscr. inanda'ites, p. 9).
") Bis
daß selbst die Steine für ihn schreien, siehe zu dieser Stelle POGNON, a. a. 0.,

p. 10 und Brandt, Die Mandäer (1915), p. 12.


•')
Mit der Überschwemmung ist wohl die folgenschwere Überflutung des Euphrats und
des Tigris gemeint, die kurz vor dem Zusammenbruch des Perserreiches im Winter 627 628 —
stattfand und durch die ein großer Teil Babyloniens für die Dauer verwüstet und versumpft

Avurde, vgl. p. 225; JACüT I. p. 668f.


Mas'ÜDI, Les prairies d'orJ, Dazu paßt das gleich-
zeitige Auftreten eines Lügenmessias, d. h. des Propheten Mohammed. Freilich paßt dazu
die Angabe nicht, daß in diesem Jahre Saturn aus dem Krebs (so muß es statt Skorpion

heißen) in den Löwen eingegangen sei. Wie Herr Geheimrat MEYERMANN von der Göttinger
Sternwarte mir mitteilt, fand diese Konstellation im Laufe des 7. Jahrhunderts im März 622,
dann in den Jahren 651 und 681 statt. Aber mit der Sternkunde des Verfassers Avar es an-

scheinend, wie die Verwechslung zeigt, nicht weit her. Die anschließend, freilich für ein
späteres Jahr, genannte Pest ist Aäelleicht die „Pest des Seröe" vom Jahre 628, die jener
ÜberscliAvemmung folgte und nicht minder verhängnisvoll Avar, vgl. TABARI, Annales I,
p. 1061, 9; JACüT II, p. 143,141
*) Leid,
liat i^i^i^in^^':'!, wohl für n^iSini^'pn: ,,der überhaupt keinen Sohn hatte".
387,21—389,4 Achtzehntes Buch 415

Wildesel werden auf den Bergen ^)


zu ihm kommen. Alles Geschaffene,

überhaupt jegliches Ding wird verkehrt sein. Der Reiche wird arm, der
Arme wird reich sein. Die Häuser werden zu ebenen Feldern, die ebenen
Felder zu Häusern werden. Die Hervorragenden") werden zu Taubsturamen,
die Taubstummen zu Hervorragenden werden. Der Herr [388] wird zum 5

Diener, der Diener zum Edlen werden ^), Hinterlist und Täuschung

werden unter den Menschen herrschen. Die Tempel werden zerstört, die
Gotteshäuser zerstört werden. Der Himmel [wird sich verdunkeln?]*),
die Gerechten werden zu Betrügern und gierig nach Besitz werden. Eine
Täuschung wird von der Erde, eine vom Himmel ausgehen. Beide werden lo

sich miteinander vermischen und sich über die Menschen legen. Vom
Himmel wird kein Regen fallen, und die Erde wird keine Früchte zur rechten
Zeit hervorbringen. Nichts wird zur rechten Zeit geschehen, und Frevel
wird auf die Erde herabsteigen. Dann wird eine Zeit des Todes, des Siech-
tums und der Krankheit sein. Feuer wird zu jeder Zeit ausbrechen, und 15

Schnee wird in Übermaß fallen. Von einer Stadt zur anderen, von einer
Ortschaft zur anderen können nicht zwei oder drei zusammen gehen Der ^').

Sohn bekämpft seinen Vater und treibt ihn bei Lebzeiten aus dem Hause.
Die Mutter treibt vor der Zeit ihre Tochter heraus und fordert von ihr
lägliche Gebühr. Die Magier und Schriftgelehrten verdrehen durch Eide 20

das Nask ") und das Buch. Bei Nacht ziehen die Diebe aus machen die ,

Wege unsicher und holen den Besitz heraus. Die Fische gehen im Ozean
und den (sonstigen) Meeren aus. Von Zeit zu Zeit kommt das Meer und
das Wasser in Menge heran, richtet viel Unheil an und vernichtet Frucht,
Traube und Baum. Die Ferne wird zur Nähe, die Nähe wird zur Ferne. 25
Niemand hält es aufrichtig mit seinen eigenen Leuten, doch mit fremden
verkehrt man nach Recht. Wohlbestellte Leute stellen sich zum Truge und
zu trügerischem Zeugnis hin. Eide verlangt man den Leuten ab, wie ein
Hund, der nach Brot verlangt. Der Freund hält es nicht schön mit seinem
Freunde, sondern sie gehen in Eifersucht hinter einander her. Betrügerische 3°
Männer geben Frauengabe, und die Jungfrau wird ihnen
leere Worte als

zur Genossin. [389] Die Frauen senden nach Männern zum Ehebruch aus,
die Frauen verlassen ihre Ehegatten und fordern sie vor das Gericht. Die
Menschen werden betrügerisch und böse und bekämpfen ihren Vater und
ihre Mutter. Der Bruder verkehrt betrügerisch mit seinem Bruder, der Sohn 35

1)
Das dunkle Wort J'^j:ii<"I findet sich nur an dieser Stelle.

-)
D. h. die geistig Hervorragenden; hier steht wieder das Wort i^^^iii^li^^ilD, siehe

oben, p. 215 ^
")
Das Wort i^ITT^D findet sich nur an dieser Stelle. Es scheint persisch zu sein und
muß etwas wie „List" bedeuten,
*) Vielleicht ist auch Jv^^Il^I^T mit D zu streichen ;
es könnte unter Einfluß der folgenden
Zeile hierher geraten sein.

") id iO'^'b wie Text 391, 2 -3.


") Londd. und Oxf. haben ^^pDi^l Dies könnte nach ANDREAS das persische nask
(1. h. ,. Sammlung heiliger Schriften" sein, siehe BarthOLOMAE, Altiran. Wrtb., col. lOGO.
416 Rechter Teil. 389,4—390,10

mit seinem Vater, der Knecht mit seinem Herrn, die Magd mit ihrer Herrin ^),
die Frau ermordet ihren Gatten und schHeßt sich einem Andern an. So
wird denn Lug und Schlechtigkeit unter den Menschen herrschen. Die
Dämonen, Unholde, Ekurs und Altargeister machen die Menschen stumpf,
i so daß die Menschen der Welt ohne Verstand sind und geschunden werden.
Die Götter werden über die Menschen erbittert und berauben sie des ihnen
zukommenden Anteiles °). Gar bald zeigt sich bei ihnen Altersschwäche ') und
ein versagender Körper, und ihnen wird ein kurzes Maß zuteil. Täuschung
und Trug verbreiten sich. Ins Gesicht sagen sie sich schöne Worte, und
lo hinter dem Rücken sagen sie sich häßliche Worte. Wegen dieser Falsch-
heit, die sie treiben, Weinertrag und sonst alles in ge-
findet sich Gerste,

ringer Menge. und


Sie säen reichlich
erreichen wenig. Sie erwerben reichen
Besitz und werden nicht satt. Wenn sie essen, werden sie nicht satt. Zu
jeder Zeit trifft sie Unheil und Übel. An Gräsern und Gerste bleibt die
'5 Erde ohne Wachstum. Frucht, Traube und Baum vertrocknen. Eine lüg-
nerische Unreinheit * * * * =i=.

Hernach erheben sich die Zungen und kämpfen miteinander. Die


Menschen, die in den Wüsten leben, ziehen gegen die Menschen, die in den
Häusern wohnen, und nehmen die Städte ein. Die Perser, Parther, Rho-
2o mäer, Sigistanier und die sonstigen Zungen kämpfen miteinander. Dann
siegen die Wüstenbewohner und bringen Elend über die, welche in Häusern
wohnen. In den 71 Jahren, die sie herrschen *=!=:!= ** und bringen Gutes, h< :i= =!=

und Gutes * * * * * * Die Söhne versammeln sich zusammen mit ihren


=;: h= h=

Eltern, [390] die Frauen zusammen mit ihren Männern, die Brüder zusammen
25 mit ihren Brüdern nach einem Orte. Mit eigener Hand tötet dann einer
den anderen.
Dann bleibt das Uferland von Gaukai fünfzig Jahre in Blüte. Her-
nach wird das Uferland von Babel, indem die Verwüstung dieses Uferlandes
von Babel eintritt, sich verändern *). Die arabischen Könige von Kardus ^)
30 empören sich. Die vier Winde kommen heraus. Der burdäische König
und der simräische König ") kommen, empören -sich gegeneinander und plün-
dern dieses Uferland von Babel von Westen nach Osten. Von diesem Ufer-
'

lande von Gaukai werden 12000 ausgeplündert'). Dann bleiben 50 Jahre,

Die Herleitung der Worte i^niJ^lDiyt^ und i^DDi^") ist unsicher, aber ihr Sinn ergibt
')

f<ich dem Zusammenhang. ^^^"^^<!D^^5 könnte nach ANDREAS aus mittelpers. (h)asäkert
aus
ineupers. sägird) „Lehrling", dann „Diener" aramaisiert sein. i<5n!Di^"l ist vielleicht aus

riNDN"! oder i^HDi^"! verderbt.


'•*)
Siehe zu «pb^H Joh. II, p. 117«. «) Lies
NHl^^^i^p?
*) {^*ii{<ti^"ii wohl — i^i'Ü^n^"'!). Sollte es „Zeichen" bedeuten, so müßte hier eine Lücke
sein, wie R 391, 24.
*"')
Hiermit sind schwerlich die Kurden, KapSoüxoi gemeint.
") Ein burdäischer König ist sonst unbekannt. Die Simräer werden L 17, 5 zusammen
mit den Turaniern genannt, siehe Brandt, Sehr., p. 218; MarQUART, Eränsahr, p. 26 ^

') Nicht,
woran man leicht denkt: werden geraubt, als Gefangene fortgeführt. Vgl.
R 220,20, wo DIJ neben ilOV steht.
390,10—391,23 Achtzehntes Buch. 417

daß das Uferland von Gaukai in Blüte steht. Wenn 25 Jahre von den
50 Jahren vergehen, erhebt sich ein Goldberg in Dast-Misaq ^), sieben Land-
striche und sieben Könige kommen auf ihm zusammen und halten eine Ver-

sammlung Die Könige erheben sich und ernennen einen König der
ab.

Könige. Sie sprechen zum König der Könige Wir wollen die Verabredung : 5

treffen, daß der Große nicht mehr in Ehren stehen soll als der Sklave.
Nachdem sie die Verabredung getroffen, kam
König vom Firmament
ein
herunter und flüsterte dem König der Könige Der König der Könige
zu.
sieht ihn nicht, während alle Leute ihn sehen. Da sprechen sie zum König
der Könige: „Was hat dieser Mann, der vom Firmament heruntergestiegen 10

ist und dir ins Ohr


geflüstert hat, gesagt?" dir Da spricht er zu ihnen:
„Ihr lüget." Da
sprechen die Könige zum König der Könige: „Dann ist
die Verabredung, die wir getroffen, Lug." Dann sprechen die Könige zum

König der Könige: „Auf, wir wollen uns ins Gesicht schauen"^). Sie
springen dann auf und fallen übereinander her. Da kommt jener König, 15

läßt sein Pferd los, und [391] über sie bis zum Sattel in
dieses schreitet

Blut, und der Wirbel des Blutes gelangt bis an seine Nasenflügel. Einer
den anderen, und jeder einzelne, der übrig bleibt, läuft hinter einem
lier, den er tötet, dabei spricht er zu ihm „Ich töte aber warum bleibe
:
,

ich zurück?" Darauf fassen sich die Frauen beim Saum ihres Gewandes, 20

suchen nach dem und Bilde eines Mannes und finden keines. Da
nehmen sie ihr Gold und Silber und werfen es auf die Misthaufen.
Hernach kommt der König Mzarz "). Er herrscht 12 Jahre. Erschafft
Vertrauen zu den Göttern, und Gott ist ihm ein Beistand. Die in den
Wüsten und die an ihrem Orte sitzen, kommen heran.
sitzen, stößt er ab, 25
Der Stadt wird Gutes zuteil, und die Menschen gehen in Glück einher.
Hernach steigt das Wasser aus dem Ozean empor und bringt viel Unheil.
Hernach tritt etwas Schweres *) in der Welt ein. Die hervorragenden
Männer sowie die Taubstummen ") ziehen in den Kampf, und von ihnen bleiben
nur wenige Menschen vom Kampfe heil. 30
Hernach erhebt sich ein anderer König, dessen Name Sarqid, Sohn
des Warzigar, ist. Er regiert sieben Jahre. Dann erhebt sich ein anderer
König, dessen Name Seräsp ist. Er regiert sieben und zwanzig Jahre.
In den Jahren jener Könige wird den Menschen keine Bosheit anhaften.
Sie werden keinen Streit erregen, nicht nach Besitz suchen und nicht über- 35

mäßig essen. Jeder einzelne wird in seinem eigenen Hause sitzen, und
Streit, Quälerei und Kampf wird unter ihnen nicht sein. Niemand wird
Täuschung und Betrug gegen seinen Nächsten ausüben können. Wenn er

^) Oder Emisaq. Der Ort ist sonst unbekannt. Hli'^l gehört mit zum Namen; das
Appellativ „Ebene'' ist t^flti'i".
2) Vgl. II Kön. 14, 8.

'')
Oder Mzaraz. Dies heißt „Gerüstet".
*) Im Texte steht dahinter „Kampf,
i^DJ^Ip das mir eine Glosse zu sein scheint,
siehe das Folgende. ''')
Siehe oben, p. 415, 4.

Lidzbarski, Ginzä. 27
418 Rechter Teil. 391,23—393,7

Täuschung ausübt, wird er in Stücke zerrissen. Wenn diese Rede ^)

und Zeichen ******. [392] Ein leuchtender Stern leuchtet auf, er steigt
bis zur Erde herunter und bleibt sieben Tage und sieben Nächte.
Nach ihm erhebt sich der König Wazan. Er regiert fünf Jahre. In
5 den Jahren jenes Königs wird alles gut stehn. Die Götter werden geehrt
werden^). Alle Städte und Gotteshäuser werden in Blüte stehn, die Grad-
heit wird zur Geltung kommen, und die Menschen werden nicht gierig nach
Geld sein. In jener Zeit wird in einem Maße Wein soviel Wein sein, daß
dreißig Menschen sich von ihm satttrinken, und in einem Ardeb von Gersten-
lo körnern wird soviel sein, daß fünfzig Menschen sich davon sättigen. Jeg-
liches Ding wird gut stehn, und für die Menschen wird es kein Maß geben ').
Dann wird dieses Zeichen eintreten, daß vom Himmel ein Stern herunter-
stürzt undden Ozean fällt. In den sieben Meeren *) wird rotes Wasser
in
dahinfließen. Eine Frau, die von jenem Wasser trinkt, wird unfruchtbar
15 und verliert den Verstand. Sie schickt nach Männern aus und spricht zu
ihnen: „Ihr da, leget euch zu mir."
Dann treten andere Zeichen ein. Ein Sturmwind °) erhebt sich mit ,

ihm kommt Staub und überdeckt die Pforten der Menschen. Darauf ver-
anstaltet der König eine Versammlung, fragt die Leute und spricht zu ihnen:
20 „Habt etwas, wie es jetzt eingetreten ist, gesehen oder gehört?"
ihr je
Doch Leute wissen nichts, was sie ihm sagen sollen "). Nach ihnen be-
die

fragt König Wazan die Geister der Toten, ob es niedergeschrieben sei, daß
dieses Ereignis am Ende der Welt eintreten solle, das früher niemals ein-
getreten Darauf sprechen zu ihm die Geister der Toten „Du weißt
ist '). :

25 nicht, daß, ein leuchtender Stern vom Himmel herunterstürzt, ein


wenn
Sturmwind sich erhebt. Staub mit ihm kommt und die Häuser der Menschen
überdeckt —
du mußt [393] wissen, daß das Wort, das über das Ende der
Welt niedergeschrieben ist ®), zur Erfüllung gelangt ist. Doch du, König,
hast schön gegen Gott gehandelt, darum brauchst du dich um dieses Wort
30 nicht zu kümmern. Ja, wenn du stirbst, werden deine Totengeister sich
so gut nähren, gleichwie da du am Leben bist."
Hernach erhebt sich der König Parasai Sifa, Sohn des Königs Burzan
(Burzin). Seine Herrschaft dauert bis an das Ende der Welten. In den
Jahren jenes Königs wird viel Wohlsein und Rechtlichkeit herrschen. Es
35 wird keinen Winter geben.

^) „Wird gebilclet", wie Nöld., p. 252, 9 annimmt, paßt schlecht.

-)
C hat gut N"'-lpi^^n''D.
") Sie werden keines brauchen, der Überfülle wegen.

1) Die es nach verbreiteter Vorstellung gibt, vgl. ZDMG XLVIII (1894), p. 667 unt.
^) ii2ii,0 gibt keinen Sinn. Sollte i<"lJ^D zu lesen sein und zu hebr. 1);ti' gehören?
") Lies n'7n''D''il nach CD.

')
Ich vermute, daß zu lesen sei: p=\ «^IH^d'? D^HD mbi^l iSDJ^D i^i:i'^D ]^T«ni
r)ti,)nid ÜD^TÖ anp siehe weiterhin.

8) Man hat wohl kX">"iniD^ ^^TlD z" ergänzen.


393,7—394,14 Achtzehntes Buch. 419

Dann wird das lebende Wasser abgeschnitten werden, es wird nicht


kommen und nicht aufsteigen. Grünes Wasser wird aus dem Ozean kommen,
und die Seelen, die den Duft jenes Wassers einatmen, scheiden aus ihrem
Körper.
Dann holen sie den Stern Bei aus der Mitte seiner Brüder, bekleiden 5

ihn mit dem Gewände des Ptahil und bedecken ihn mit der Hülle des Ptahil,
legen ihm den Kranz des Ptahil auf das Haupt und setzen ihn auf den Thron
des Ptahil. Zweiund vierzig Jahre (sitzt er) in der wüsten Einöde. Alsdann
sprechen sie zu ihm: „Auf, leg ab dein Gewand, deine Hülle und deinen
Kranz. Sie gehören dem Ptahil, und wir wollen sie emporheben^) zum 10

Glänze der Sonne, zur Helligkeit des Mondes, zum Schimmer der Sterne,
zur Kraft des Wassers, zur Kraft des Windes, zum Schein des Feuers und
zur Dichtigkeit der Erde."
Darauf spricht Bei zu ihnen „Erst gestern abend setzte ich mich auf
:

diesen Thron, und (schon) jet^t saget ihr: „Auf, leg ab!" "Dann heben sie 15

das Gewand, die Hülle und den Kranz des Ptahil zu ihrem Ort empor.
Alsdann wird der große alte Leviathan von seinen Fesseln befreit.
,

Die Dicke der Lippe seines Mundes beträgt 144000 Meilen. Er öffnet den
Mund, verschlingt die Erde Tibil und verschlingt die sieben Planeten mit
ihren zwölf Königen und fünf Lenkern "), [394] sowie alle Hmurthäs, Ekurs 20

und Altargeister, die Dämonen, Dews, Liliths und alle Seelen, die im Ge-
richtshofe schuldig befunden wurden, die das erste Leben verleugneten; sie
werden in der Finsternis abgeschnitten. Dann preßt er seinen Mund zu-
sammen, worauf alle in seinem Leibe sterben und sein Gestank von der
Tibil in die Höhe steigt**). 25
Alsdann kommen
Uthras der Lichterde, stellen sich an den Rand
alle

dieser Welt und sprechen: „So steige auf der Gestink eines jeden*), der daran
denkt, eine Welt zu schaffen gleich dieser Welt, die Ptahil schuf. Hin-
gegen diese Welt ^) soll tausend mal tausend Myriaden Jahre dauern. Diese
Welt wird Glanz und Licht genannt. Alle Seelen der vortrefflichen Männer, 30
die das erste Leben bekannt haben "), werden im Gerichtshof nicht schuldig
befunden und sterben nicht eines zweiten Todes. Ihre Seelen wohnen hier
im Leben."
Leben unseren Wissenden, Leben unseren Verstehenden '), Leben den
Männern, die uns unterweisen. Das Leben ist siegreich über alle Werke 35
in alle Ewigkeit.

') So aufzufassen, siehe weiterhin, nicht „denn Ptahil wollen wir emporhehen''.
2) Vgl. p. 13, 27. «) Siehe p. 189.

') Lies ]iiü 'PIDI. ") D. h. die Lichtwelt.

«) Wohl ])'])a,l zu lesen, siehe Te.vt Z. 2. ') Lies ]K"IN^"i^, |N"lDiSD'?, siehe p. 177, 6.

CZDI

27*
I

Linker Teil.
Erstes Buch*
Während der rechte Teil des Ginzä vorwiegend einen belehrenden Charakter trägt, sich

mit kosmogonischen und kosmologischen Dingen befaßt, das Verhältnis der guten und der
bösen Mächte zur Welt und zum Menschen zeigen und den Gläubigen über seine Pflichten
belehren will, handelt der linke Teil fast ausschließlich vom Schicksal der Seele, besonders 5

ihrem Abscheiden. Dieser Teil wurde mit Recht das Totenbuch der Mandäer genannt.

Betrachtungen über den linken Teil bietet Reitzenstein, Das iranische Erlösungsmysterium,
p. 43 if. — Das erste Buch ist, wie vorwiegend der rechte Teil, in Prosa gehalten; es erzählt
und ermahnt. Die ersten beiden Stücke schildern Adams Verhalten beim Abscheiden, sein

Hängen an der Welt und am Leben, das dritte Hawwäs Klage um den abgeschiedenen 10
Gatten. Dem Gläubigen soll die Wichtigkeit und Verwerflichkeit dieses Tuns dargelegt
werden. Das vierte Stück bietet eine neue Schilderung der Wachthäuser.

Gepriesen sei mein Herr lauteren Herzens.


Im Namen des großen, fremden Lebens, des erhabenen, das über allen
Werken steht, leuchte dein Gewand und werde geehrt deine Gestalt bei 15

deinem Vater dort, dem Herrn der Größe ^).

Erstes Stück.

Preis des Lebens, der Frommen und der Brüder Hibil, Sitil und Anös. — Das Leben
beschließt, den Tod über Adam, der tausend Jahre alt ist, zu verhängen. Es schickt den
Todesengel Saurel zu ihm, um seine Seele zu holen. Adam weint und jammert und bittet, 20
daß statt seiner Situs Seele geholt werde: erst werde das Grünkorn und dann die Ähren

gegessen. Saurel teilt es dem ersten Leben mit, dieses ist damit einverstanden, daß Situs
Seele geholt werde, und sendet Saurel zu ihm. Sitil schickt den Todesengel erst zu Adam

zurück, läßt sich aber dann von ihm überreden und streift den Körper ab. Er schaut die

Lichtwelt, und auf sein Gebet werden auch Adam die Augen und die anderen Sinne geöifnet. 25
Nun will auch Adam nach jener Welt gehen, wird jedoch von Sitil abgewiesen. Sitil wird
dann in die Höhe gehoben und vom Leben und den Uthras willkommen geheißen.

')
Sonst sind diese Benediktionen in der ersten Person gehalten. Hier spricht wohl
der bezahlte Abschreiber zum Auftraggeber.
424 Linker Teil 1, 5—2, 4

Wer sind die Berge, die nicht wanken,


und die Wasserhöhen ^), die sich nicht verändern,
die nicht bebten, nicht erbebten,
und deren Körper nicht in seinem Gewände erbebte?

5 Das große Leben ist Berge, die nicht wanken,


und Wasserhöhen, die sich nicht verändern,
das nicht bebte, nicht erhebte,
und dessen Körper nicht in seinem Gewände erbebte.

Es sind unsere Brüder, die reichlich Lohnspende und Almosen dar-


lo brachten, die den Bau^) erleuchteten, die auf der Erde Tibil, die reich an
Anstößen und durchweg Mangel ist, einhergingen, dabei nicht bebten, nicht
erbebten und deren Körper nicht in ihrem Gewände vor den Stürmen,
Blitzen und Wolken erbebte, die nicht vor den Bösen und Zornerregern
der Tibi] zitterten und erzitterten.

5 Es sind unsere Brüder Hibil, Sitil und Anos, die Näsöräer, die Voll-
kommenen, die von erprobter Gerechtigkeit, die Lohnspende und Almosen
nicht vergaßen^), die den Bau erleuchteten, die auf der Erde Tibil, die reich
an Anstößen und durchweg Mangel ist, einhergingen, dabei nicht bebten,
nicht erbebten und deren Körper nicht in ihrem Gewände vor den Stürmen,
2o Blitzen und Wolken erbebte, die nicht vor den Bösen und Zornerregern der
Tibil zitterten und erzitterten*).
Das Leben sann nach und klärte sich auf. Das Leben saß in seinem
eigenen großen Glänze da und sprach: „Wohlan, wir wollen die Strafe des
Todes über jene Welt der Bösen und jene Wohnung, die reich an Anstößen
25 und durchweg Mangel ist, verhängen. Denn Adam ist jetzt tausend Jahre
alt °). Nun soll man ihn aus dem Körper rufen und holen, bevor er greisen-

haft, bevor er [2] altersschwach wird, bevor seine kleinen Kinder sich er-
heben und viele Torheiten an ihm üben."
Darauf rief, beauftragte, rüstete °) und sandte das große, erste Leben
30 den Löser Saurel— Qmamir-Ziwäi ') der die' Geister und Seelen aus dem
,

^)
Mit „Wasser" ist lebendes Wasser gemeint. Wie es Olivenstäbe und andere Dingo
lebenden Wassers gibt (siehe p. 79,9; Lit., p. 21^), so gibt es auch Höhen dieser Art.
2) D.
h. die Welt. Entweder i^"iVt:?"'i^t^bl oder t?*i"n"il li^iDil zu lesen.
«)

'*)
Für Hibil, Sitil weder die Bezeichnung „unsere Brüder" noch Näsöräer.
und Anö.s paßt

Sie können neben dem großen Leben genannt sein, aber in diesem Absatz ist wohl, wie im
vorhergehenden, von den Frommen die Rede, obwohl es dann eine störende Wiederholung ist.
Es scheint, daß die Aufzählung ursprünglich anders gruppiert war.
5) Siehe oben, p. 27,
26. «) Siehe p. 295'.

')
Saurel ist der Todesengel, der Löser der Seele vom Körper, und somit der Erlöser,
siehe Joh. II, p. 119". Wahrscheinlich sekundär ist ihm hier noch Qmamir-Ziwä als zweites
Wesen beigefügt. Im Texte steht „der Löser Saurel und Qmamir-Ziwä". Dieser wird außer
in einem schlecht passenden Zusammenhange Joh. II, p. 214, 13 nur hier genannt. Die
Pronomina und Verba, die sich auf Saurel beziehen, standen wohl alle ursprünglich im Singular,
jetzt stehen sie teilweise
im Plural.
2, 4—3, 19 Erstes Buch. Erstes Stück. 425

Körper löst und fortführt. „Tod" wird er in der Welt genannt, doch Kustä
von den Wissenden, die um ihn wissen. Ein jeder, der den Anstoß begeht,
dem Tode zu fluchen, häuft vor sich Sechsundsechzig Anstöße. Denn er
istgerufen, er ist beauftragt, er ist ausgesandt. Er nimmt keine Bestechung
an, empfängt kein Geschenk und tauscht niemand gegen einen andern ein. 5

Da sprach das große Leben zum Löser Saurel— Qmamir-Ziwä: „Steiget


hinab, gehet zu jenerWelt der Bösen und jener Wohnung, die reich an An-
stößen und durchweg Mangel ist, rufet Adam einen Ruf zu und belehret
ihn mit trefflichem Wissen. Sprechet zu ihm: ,0 Adam, erster Mann,
Stummer, Törichter, Tauber, Verhüllter ') Auf, verlasse die Tibil, die reich
!
lo

an Anstößen und durchweg Mangel ist —


denn du bist tausend Jahre alt — ,

bevor du greisenhaft, bevor du altersschwach wirst, bevor deine kleinen


Kinder sich erheben und viele Torheiten an dir üben."
Darauf stieg der Löser Saurel— Qmamir-Ziwä hinab und kam zu jener
Welt der Bösen und jener Wohnung, die reich an Anstößen und durchweg 15

Mangel ist. Sie riefen Adam einen Ruf zu und belehrten ihn mit trefflichem
Wissen. Sie sprachen zu ihm: „0 Adam, erster Mann, Stummer, Törichter,
Tauber, Verhüllter! Auf, verlasse die Erde Tibil, die reich an Anstößen
und durchweg Mangel ist —
denn du bist tausend Jahre alt bevor du — ,

greisenhaft, [3] bevor du altersschwach wirst, bevor deine kleinen Kinder 20


sich erheben und viele Torheiten an dir üben."
Da zürnte Adam, er kleidete sich in Zorn, bekleidete sich mit Zorn
und <Süßen, nicht) ^) bitteren Speichel spritzte und
hüllte sich in Zorn.
warf er auf die Erde. Er krümmte sich zusammen und dehnte sich nicht"),
und Herz füllte sich mit Wehleid. In sein Auge fiel eine Träne, ei'
sein 25
schrie und jammerte, heulte und weinte. Er warf sich hin und streckte sich
auf den Boden. Er ballte die Fäuste, schlug sie gegen die Vorhöfe seiner
Brust*) und rief: „0 du Stimme, die du mir zurufest, du treffliches Wissen,
das mir gelehrt wurde! Ich bin nun tausend Jahre alt. In dieser Welt, in
der ich lebe, werden erst die Blütenrispen vor den Datteln gegessen, und 30
dann werden die Datteln gegessen. Erst wird das Grünkorn vor den
Ähren gegessen, und dann werden die Ähren gegessen. Ferner werden in
dieser Welt, in der ich lebe, erst die zarten Gemüse vor den kräftigen ge-

gessen, und dann werden die kräftigen gegessen." Dann sprach er zu ihnen:
„Laßt uns zurMündung des Fras-Ziwä, zum Ufer des großen Jordans des 35
Lebens und zum großen Bau unserer Väter emporsteigen und in den Wohn-
sitzen nachsehen, ob zarte Gemüse zum Essen da sind oder kräftige."
— Qmamir-Ziwä empor, trat vor das große,
Darauf stieg der Löser Saurel
erste Leben und sprach zum großen, ersten Leben: „Du weißt und dir ist

^)
Dessen Verstand umschleiert und unlrlar ist.
-)
Die Worte i^^D ^?''^^^^ sind wolil zu streichen. Daß der Sinn sei „er schluckte den
süßen Speichel lierunter und spritzte bitteren aus'' (t^lili^Dl), ist unwahrscheinlich.

") D^Dmj;N''?1
ist zu streichen.

1) Siehe p. 106 ob.


426 Linker Teil 3, 19—5, 10

offenbar, mein Vater; die geheimen Dinge sind vor dir offenbart. Du be-
darfst keiner Belehrung und brauchst nicht zu fragen. Was Adam betrifft,
so haben wir mit ihm gesprochen, doch er liebt die Gesellschaft und Lust

jener Welt und will sie nicht verlassen."


5 Da rief und beauftragte das große, erste Leben den Löser Saurel —
Qmamir-Ziwä und sprach zu ihm: „Steiget hinab, gehet [4] zu jener Welt
der Bösen und jener Wohnung, die reich an Anstößen und durchweg Mangel
ist. Rufet Adam einen Ruf zu und belehret ihn mit trefflichem Wissen.
Sprechet zu ihm: ,0 Adam! Sollte niemand da sein, der, weiser als du,
lo dasitzt, dir gute Lehren beibringt und zu dir spricht: Nein! Steh auf, ver-
lasse die Erde Tibil, die reich an Anstößen und durchweg Mangel ist, bevor
du greisenhaft, bevor du altersschwach wirst, bevor deine Ideinen Kinder
sich erheben und viele Torheiten an dir üben?' Sprechet zu ihm: ,0 Adam,

auf, stirb, als ob du nie gewesen, und vergehe, als ob du nie geschaffen
15 wärest. Denn deine Seele wird für den Urbehälter (der Seelen), für das
große, erste Vaterhaus^) und für die Stätte, an der sie früher weilte, verlangt."
Darauf stiegen hinab und kamen der Löser Saurel— Qmamir-Ziwä zu
dieser Welt der Bösen, dieser Wohnung, die reich an Anstößen und durch-
weg Mangel ist. Sie riefen Adam einen Ruf zu und belehrten ihn mit treff-
20 lichem Wissen. Sie sprachen zu ihm: „0 Adam! Sollte niemand da sein,
der, weiser als du, dasitzt, dir gute Lehren beibringt und zu dir spricht :

Nein! Steh auf, verlasse die Erde Tibil, die reich an Anstößen und durch-
weg Mangel ist, bevor du greisenhaft, bevor du altersschwach wirst, be-
vor deine kleinen Kinder sich erheben und viele Torheiten an dir üben?"
25 Ferner sprachen sie zu ihm: „0 Adam, auf, stirb, als ob du nie gewesen,
und vergehe, als ob du nie geschaffen wärest. Denn deine Seele wird für
den Urbehälter, für das große, erste Vaterhaus und für die Stätte, an der sie

früher weilte, verlangt."


Darauf sprach er zu ihnen: „0 du Rufer, der du mir zuriefest, du
30 treffhches Wissen, das mir gelehrt wurde '^)! [5] Ich bin tausend Jahre alt
und möchte noch weitere tausend Jahre leben. Doch gehet zu meinem
Sohne Sitil und rufet ihn; er ist es, der für jene Welt gebraucht wird. Er
ist jünger als ich, zarter als ich. Er ist in dieser Welt achtzig Jahre alt").
Er hat noch nicht auf den Saum eines Weibes getreten''), und ihm wurden
35 noch keine großen Früchte zuteil. Er hat noch kein Schwert gezogen und
in den Wohnsitzen noch kein Blut vergossen. Er ist es, der für jene Welt
gebraucht wird."

Da kam der Löser Saurel Qmamir-Ziwä vor das große, erste Leben
und sprach zu ihm; „Leben, mein Vater! Du weißt und dir ist offenbar;
40 die offenbaren und die geheimen Dinge sind vor dir offenbart. Du bedarfst

') Vgl. p. 3031. Ich lese nach Text 3,8 J^^'piS'NnDi^Ö.


-)

«)
Zur Lesung und Beziehung von ]imn ü.'obü.^ siehe Text Z. 15 und p. 6, 12, 15.

*) J<^*lD''ti' bedeutet auch die Aveibliche Scham, und "jTl „treten" hat auch sonst im
Aramäischen den Sinn „begatten".
5, 10— 7,: 3 Erstes Buch. Erstes Stück. 427

keiner Belehrung. Was Adam betrifft, so sprachen wir mit ihm, und er
schickte uns zu seinem Sohne Sitil, indem er sprabh: ,Ich bin tausend Jahre
alt und möchte noch weitere tausend Jahre leben. Gehet', sagte er, ,zu
meinem Sohne Sitil, der jünger als ich, zarter als ich ist. Er ist in dieser
Welt achtzig Jahre alt. Er hat noch nicht auf den Saum eines Weibes ge- 5

treten, und ihm wurden noch keine großen Früchte zuteil. Er hat noch
kein Schwert gezogen und in der Tibil noch kein Blut vergossen. Er ist
es, der für jene Welt gebraucht wird."
Darauf rief, rüstete und sandte das große, erste Leben den Löser
aurel — Qmamir-Ziwä und sprach zu ihm: „Steiget hinab, gehet zu jener 10

Welt der Bösen und jener Wohnung, die reich an Anstößen und durchweg
Mangel ist. Rufet Sitil, dem Sohne Adams, zu und belehret ihn mit treff-
lichem Wissen. Sprechet zu ihm: ,0 Sitil, Sohn Adams, auf, stirb, als ob
du nie gewesen, und vergehe, als ob du nie geschaffen wärest. [6] Denn
deine Seele wird für den Urbehälter, [für das große, erste Vaterhaus] und 15

für die Stätte, an der sie früher weilte, verlangt."


Dastiegen hinab und kamen der Löser Saurel— Qmamir-Ziwä nach
dieser Welt der Bösen, dieser Wohnung, die reich an Anstößen und durch-
weg Mangel ist. Sie riefen Sitil, dem Sohne Adams, einen Ruf zu und be-
iehrten ihn mit trefflichem Wissen. Sie sprachen zu ihm: „0 Sitil, Sohn 20

Adams! Auf, stirb, als ob du nie gewesen, und vergehe, als ob du nie ge-
schaffen wärest. Denn deine Seele wird für den Urbehälter, für das große,
erste Vaterhaus und für die Stätte, an der sie früher weilte, verlangt."
Darauf sprach Sitil, der Sohn Adams: „0 du Rufer, der du mir zu-
rufest, o du treffliches Wissen, das mir offenbart wurde! Ich bin in dieser 25
Welt achtzig Jahre alt. Ich habe noch nicht auf den Saum eines Weibes
getreten, und mir wurden noch keine großen Früchte zuteil. Ich habe noch
kein Schwert gezogen und in der Tibil noch kein Blut vergossen. Gehet
zu meinem Vater Adam. Er ist in dieser Welt tausend Jahre alt. (Er
sterbe), bevor er greisenhaft, bevor er altersschwach wird und bevor seine 30
kleinen Kinder sich erheben und viele Torheiten an ihm üben."
Da sprachen sie zu ihm: „0 Sitil, Sohn Adams! Bevor wir diesen Ruf
dir zugerufen haben, riefen wir ihn Adam zu und sprachen mit ihm, doch
dein Vater Adam *)
schickte uns zu dir."
Da
sagte sich Sitil, der Sohn Adams, in seinem Sinne: „Ich fürchte mich 35
zu sagen, daß ich meinen Körper nicht verlassen wolle, sonst zürnt mir noch
das große Leben am eigenen großen Orte."
Darauf erhob sich Sitil, der Sohn Adams, und verrichtete ein großes,
nicht kleines Gebet. Dann legte er den Rumpf von Fleisch und Blut ab
und legte ein Gewand
[7] von Glanz und einen vorzügHchen, reinen Turban 40
von Licht 990000 Myriaden mal leuchtete sein Licht mehr als das
an.
Licht der Sonne, und 990000 Myriaden mal war seine Helligkeit heller als

')
Lies üt<li<l
428 Linker Teil. 7, 3—8, o

die Helligkeit des Mondes. Tausend mal tausend und zehntausend mal zehn-
tausend führten ihn an der Rechten und an der Linken. Winde, Winde
holten Sitil, den Sohn Adams, hin, Stürme, Stürme führten ihn hin, hoben
ihn empor und stellten ihn in eine große Licht wölke ^). Er verrichtete ein
5 Gebet, das sehr groß, nicht klein war. Sitil, der Sohn Adams, sprach: „An
euch richte ich eine Bitte, an das erste Leben, das zweite Leben, das dritte
Leben, an Jöfin-Jöfafin, an Säm, den wohlbewahrten Mänä, an den Wein-
stock,. der ganz Leben, und den großen Baum, der ganz Heilungen ist°),
daß man**) meinem Vater Adam die Blendung von den Augen, die Stöpsel
lo aus den Ohren und das Fleischstück vom Herzen nehme*), damit er diese
Welt schaue, zu der ich gehe."
Da stieg das Weinen, die Klage und die Unterwürfigkeit des Sitil, des
Sohnes Adams, vor das große, erste Leben auf, und es nahm (Adam) die
Blendung von den Augen, die Stöpsel aus den Qhren und das Fleischstück
15 vom Herzen. Er schaute jene Welt, die Sitil sah, und sprach zu ihm:
„Mein Sohn! Komme, komme! Ich will nach jener Welt gehen, nach der
ich verlangt werde." Darauf erwiderte er ihm: „Gehe, Greis, der ohne
Weisheit, und großer Maribä*^), der ohne Verstand ist. Gibt es jemand, der
Speichel aus dem Munde gespien und ihn wieder verschluckt hätte? Gibt
20 es jemand, der aus dem Mutterleib herausgetreten wäre und den man wieder
in den früheren Ort eingeführt hätte")? Nein! Wie ich aus dieser Welt vor
den Jahren scheiden mußte komme der Fötus aus dem Mutterleibe hin,
,

gleich einem Eidotter aussehend^ kommen die kleinen ') Kindlein hin, wäh-
rend ihr Mund ihnen noch voll Milch ist, kommen die verschlossenen Briefe,
25 die Jungfrauen, hin, kommen [8] die Bräute hin, während das Öl ihnen noch
vom Kranze trieft, kommen die Knäblein durch und die Mägdelein,
indem ihr Mund in dieser Welt ^). Der Hausherr *) hingegen
wird den Tod wünschen, und dieser wird sich ihm nicht nähern, bis sie ihn
verachten^") und sich (seiner) schämen. Ein jeder, der sagt, dieses Knäblein

') Siehe oben, p. 208ff. -) Siehe p. 191 ob.; 196,11.


') Oder „sie". Ein Wechsel in der Person Avie sonst nicht selten, siehe p. 14^.

^) Siehe p. 237, 11.


•')
Das Wort wird auch Joh. 120, 12 verächtlich von einem Greise gehraucht. Es ist

anscheinend entstellt, siehe Joh. II, p. 117 ^ «) Vgl. Joh. II, p. 122f.

'')
Dies muß etwa der Sinn von i^i^ij sein, das sich nur noch L 17, 19 findet.
Die Schwierigkeit liegt in dem zweimal vorkommenden J<i~|"ip. Dieses bedeutet
«)

„Zufall (der jemand trifft), Unglücksfall", dann „Auflehnung, Streit" und findet sich besonders
in den Jösamln-Stücken des Johannesbuches (21,6; 26,11; 29,11; 34,6), siehe auch Nöld.,

p. 195 unt. Ich weiß mit diesen Bedeutungen hier nichts anzufangen. Vielleicht ist 13
unter Einwirkung von Text 7, 23 hierher geraten.
]"iii^D1D
")
Der begüterte Grundbesitzer.
10) NÖLDEKE nimmt das sich nur in GL findet (hier; Text 44,4; 62,15;
für btD"lt5,

63, 9), dieBedeutung „hinwerfen" an nach ^ts'ptO (Gram., p. 55, 2). In 44, 4 könnte es diesen
Sinn haben, doch paßt er nicht an den anderen Stellen. Da scheint es „verachten" oder
„verächtlich machen" zu bedeuten. Dieser Sinn könnte sich allerdings aus der Bedeutung
,, wegwerfen" entwickelt haben.
8, 5—9, 5 Erstes Buch. Zweites Stück. 429

bleibe hierund dieser Alte gehe hin, wird am großen Orte, im Hause der
^
Großen, zur Rechenschaft gezogen werden."
Winde, Winde holten Sitil, den Sohn Adams, hin. Stürme, Stürme
führten ihn hin, hoben ihn empor und stellten ihn an das Wachthaus Sil-
raais, des Schatzmeisters, der die Pflöcke des Glanzes in der Hand hält und 5

die Schlüssel der Kustä auf beiden Armen trägt. Sie öffneten ihm das Toi-
des Schatzhauses, hoben vor ihm den großen Vorhang der Sicherheit in die
Höhe führten ihn ein und zeigtön ihm jenen Weinstock
,
dessen Inneres ,

Glanz, dessen Seiten Licht, dessen Fersen Wasser, dessen Zweige Uthras,
dessen Blätter Leuchten des Lichtes^), dessen Same der große Behälter der 10

Seelen ist. Sie essen, was nicht verwerflich, und trinken, was nicht Wein
Ajar-Zlwä, der Sohn des großen, ersten Lebens :=****
ist''). Sie essen, =1= =:= -i^.

und die Wonnigkeit des Lebens kommt und legt sich über sie. Sie winden
Kränze der Wonnigkeit und legen sie sich aufs Haupt. Sie lachen, hüpfen,
frohlocken und jubeln über die herrliche Pracht. Sie prangen in der Herr- 1
5

lichkeit, die auf ihnen ruht.


Sitil, der Sohn Adams, sprach :
„Auf diesem Wege, Pfad und Aufstieg,
auf' dem ich emporgestiegen bin, sollen auch die wahrhaften, gläubigen,
trefflichen und vollkommenen Männer emporsteigen und kommen, wenn sie

aus ihrem Körper scheiden." 20


Darauf reichte das Leben, die Uthras und Könige der Lichterde und
des lichten Wohnsitzes die Kustä, sie reichten [9] die Hand der Kustä Sitil,

dem Sohne Adams.


Das Leben stützte das Leben,
das Leben fand das Seinige. 25
Das Seinige fand das Leben,
und meine Seele fand, was sie erhoffte ").

Leben unseren Wissenden, Leben unseren Verstehenden, Leben den


xAJännern, die uns unterweisen. Saget Das Leben steht fest in seiner Skinä,
:

das Leben ist siegreich. 30

Zweites Stück.

Das große Leben schickt einen Boten, um Aclam(s Seele) aus dem Körper zu holen
und von der irdischen Fessel zu befreien. Der Bote kommt zu Adam und fordert ihn auf.
den Körper abzustreifen. Adam weint und heult und weist in langer Rede auf seine llnent-
behrlichkeit in dieser Welt hin. Der Bote hebt die Schlechtigkeit dieser Welt hervor und 35
fordert Adam nochmals auf, diese Welt zu verlassen. Adam schmerzt es, seinen Körper

1)
Siehe Lit., p. 72 unt.
•^)
Siehe Joh. II, p. 130. 4.

-'} Vgl. Lit., p. 11.41.


430 Linker Teil. 9, 6—10, 9

unbewacht und unversorgt zurüclrzulasse]!, und er Avünscht ihn mitzunehmen. Wie dies abgelehnt

wird, wünscht er, daß Frau und Kind ihn auf dem Wege geleiten. Der Bote weist auf die
Wertlosigkeit alles irdischen Besitzes und die Schwierigkeit des Weges hin. Adam klagt
wieder, den Körper verlassen zu müssen, der neben seinen Mängeln auch seine Vorzüge habe.
5 Eine von vier Uthras geleitete Wolke kommt ihm entgegen, und er Avird von den Uthras

aufgefordert, in sie einzusteigen. Noch immer sträubt er sich und bittet wieder, Hawv/a
mitnehmen zu dürfen. Er wird belehrt, daß Hawwä nach ihm aufsteigen Averde, dann über-

haupt sein ganzer Stamm. Die Leiden der Endzeit werden geschildert; danach sollte es ihm
lieb sein, die Welt vorher zu verlassen. Adam bittet das Leben, die Welt vor Verwüstung
lo zu bewahren. Das Leben verheißt ihm und seinem Stamme ewiges Heil.

Im Namen des Lebens.


Als der Plan vom Hause des großen Lebens ausging, schickte es den
Boten zu Adam, ihn zu (er)lösen und herauszuholen aus dem Körper, aus
dieser Welt, aus dem Fußblock, der Fessel, den Stricken und den Schlingen,
15 ihn wegzuholen von der Erde, die Ptahil und die sieben Planeten gebaut, in
die sie ihndann einführten und ihn darin haben wohnen und sitzen lassen, ihn
zu erlösen und herauszuholen aus dem schmutzigen, stinkenden, verzehrenden,
verderblichen Körper, dem reißenden Löwen, dem lodernden, verderblichen
Feuer, dem zerrinnenden, auseinanderfließenden (Körper), dem Meere, das
20 nicht
ergründet, und dem Spalte^), der nicht verstopft werden kann, dem
Drachen, der die Welt umkreist, dessen Kraft niemand gewachsen ist.

Alsdann überlegte die Seele im Körper Adams, sie überlegt und fühlt
sich zu kurz "), um einen Zoll fühlt sie sich im Körper zu kurz. Die Seele
sitzt da und spricht mit dem Geist und dem stinkenden Körper ''): „Warum

25 sitzen wir da, warum liegen wir da, wo wir uns nicht mit Reisezehrung
für unseren Weg versehen haben? Gar bald mag der (Er)löser zu uns
kommen und uns aus dieser Welt holen."
Einmal sprach die Seele mit dem Geist und dem stinkenden Körper,
doch der Geist und der stinkende Körper gaben ihr keine Antwort. Während
30 die Seele dasteht und mit dem Geist und dem stinkenden Körper spricht,
kam der Erlöser heran. Heran kam [10] der Erlöser, es langte an. der Bote.
Er kam heran, trat an den Pfühl Adams, an den Pfühl Adams trat er
und weckte ihn aus dem Schlafe. Er sprach zu ihm: „Steh auf, steh auf,
Adam, leg ab deinen stinkenden Körper, den Lehmrock, in dem du weiltest.
35 Leg ab den körperlichen Rock, den verwesenden Körper, in dem du weiltest.
Leg ab das körperliche Gewand, in dem du weiltest, und schlag es den
Sieben und den Zwölf, den Männern, die es geschaffen, um den Kopf. Laß
den Körper sogleich in der Welt zurück, denn deine Zeit ist gekommen,
dein Maß ist voll, aus dieser Welt zu scheiden*). Das Leben hat mich zu

')
Der vom großen Grundwasser zur Oberfläche der Erde führt, siehe auch p. 208".

-)
im Körper beengt.
Sie fühlt sich

^)
Der Mensch besteht aus Seele, Geist imd Körper, siehe Lit., p. 12 •.

') Lies ni^D pi<D:i^üb D^^t:' '{iSv'D).


10,9—11,15 Erstes Buch. Zweites Stück. 431

dir gesandt, denn es verlangt nach


dir. Dein Gang sei nach dem Orte des
Lebens, nach dem Orte, an dem du früher weiltes't, nach der Wohnung, in
der dein Vater sitzet."
Als Adam dies hörte, jammerte er über sich und weinte. Er jammerte
und weinte, und in seinem Auge löste sich eine Träne. Adam öffnete den 5

Mund und sprach zu dem Boten, der zu ihm gekommen war: „Vater! Wenn
ich mit dir komme, wer wird in dieser so weiten Tibil Hüter sein? Wer
wird diesem meinem Weibe Hawwä Gesellschaft leisten? Wer wird diesen
Pflanzen, die ich gepflanzet, den Zeitaltern^) eine Stütze sein? Wer
in
wird ihnen eine Stütze sein? Wer wird in diesem Hause wohnen, in dem 10

ich gewohnet; wer soll darin ^) sein? Wenn die Palme Früchte trägt,
wenn der Christdorn Blüten trägt, wer wird ihr Hüter sein? Wenn der
Euphrat und der Tigris herankommen, wer soll ^)
mit der Hand er-

greifen und das Wasser zu den Pflanzen leiten? Wenn die Gebärerin ge-

bieret,wer soll ihnen*) beistehen? Wer soll die Rinder vor den Pflügt) 15

spannen und wer den Samen in die Erde leiten? Wer soll die Klapper in
die Hand nehmen und den Schafen nach ihrer Hürde und den Antilopen
nach ihrer Herde zuklappern? Wer soll die Waisen zusammenhalten,
wer die Taschen der Witwe [11] füllen? Wer soll den Nackten kleiden und
ihm ein Gewand um den Nacken legen? Wer soll den Gefangenen auslösen, 20

wer im Dorfe den Streit schhchten?"


Darauf erwiderte der Bote des Lebens, der zu Adam gekommen war:
„0 Adam! Steh auf, steig zu deinem Ort empor, zur guten Wohnung, in
der du früher weiltest, zum Orte, dessen Sonne nicht untergeht und dessen
Lichtlampen nicht dunkel werden. Nimm das Gewand des Glanzes und bekleide 25
dich damit und hülle dich in teures Licht. Setze dir den Kranz, den Kranz
der Siege, auf, durch den die Welten leuchten. Binde dir den Gürtel, den
Gürtel (lebenden) Wassers"), um, in dem man ohne Schmerz und Leid
bleibt. Setze dich auf deinen Thron des Glanzes, den das Leben dir in voll-
kommener Art aufgestellt hat. Vergiß das Haus deines Pflegers, in dem 30
du täglich, alltäglich Verfolgung ertragen mußtest. Es tue dir nicht leid,
Adam, um diesen Ort, in dem du weiltest, denn dieser Ort ist öde, und die
ganze Wohnung liegt in der Wüstenei. Die Werke werden gänzlich ver-
lassen und kommen nicht wieder zusammen. Die Schlechtigkeit ist groß in
ihr und der Zorn ausgedehnt in jeglicher Stadt. Die Söhne verleugnen 35
ihren Vater, die Töchter verleugnen ihre Mutter. Die Brüder töten einander,

1)
Gerade im linken Teile ist es oft unsicher, ob f^"'"lNn zu ^^°|^*~I „Zeitalter" oder zu
iSm^^l „Wohnsitz" gehört. Ersterer Sinn paßt aber im allgemeinen besser.
") pT^n ist wohl verderbt,
es steht aber kaum für i^iTNTi „Aver soll darauf sehen?"

»)
Offenbar ein Gerät zum Bewässern. Die Herkunft des Wortes ist unbekannt, siehe
Job. II, p. 48 8.

*)„Ihnen" wohl nur aus Flüchtigkeit statt „ihr" (Jl^ilN^n), oder es bezieht sich auf
Mutter und Kind. s) Lies i^ii^lt^DD
oder N^niN^ni „das Joch Rinder
zusammenspannen''.
«) Siehe p. 424'.
432 Linker Teil. 11, 16—13, 2

und die Schwestern essen einander das Fleisch ab. Jeder Mann verläßt sein
Eheweib, und jedes Weib verläßt seinen Ehemann. Damit keine Schlechtig-
keit komme und Zorn über die Zeitalter losgelassen werde damit keine ,

Waisen, Witwer und Witwen und Gefangene da seien, stehe du auf, Adam,
5 und verlasse diese Welt und den stinkenden Körper."
Da öffnete Adam seinen Mund und sprach zum Boten: „Vater! Wenn
ihr wußtet, daß dem so ist, warum betörtet ihr mich und brachtet mich in
den stinkenden Körper hinein? Wenn ich jetzt meinen Körper verlasse,
wer wird ihm ein Hüter sein? Wenn er schläft, wer wird ihn wecken, wer
lo ihn aus dem Schlafe rütteln? Wer wird ihm zu essen, wer zu trinken geben,
[12] und wer wird ihm in den Zeitaltern Gesellschaft leisten? Wenn Donner
und Blitze über ihn losschlagen, wer wird ihm einen Palast und einen Bau
aufführen, wer ihm ein Dach herstellen? Kommen nicht Krämpfe ^), kommt
nicht die Sonne und fällt auf ihn? Die Winde fassen Staub und werfen
15 Erde auf ihn. Versammeln sich nicht die Vögel und essen von meinem
Körper ? Von meinem Körper essen sie, nisten in meinem Haare und tragen
von meinem Fleische zu ihrem Nest empor. Sie ziehen mein Gewand ab,
zerreißen es [und werfen es] auf die Misthaufen. Wer soll mir ein Anblick ^)
sein? Vater! Wenn du willst, daß ich mit dir komme, komme mein Körper
20 mit mir Mein Körper komme mit mir und leiste mir Gesellschaft
als Geleite.
auf meinem Wege. Ich habe nicht Vater und Mutter, die mit mir als Geleite
kommen sollten. Gold und Silber wird von mir nicht getragen und geleitet
mich nicht, das ich als Reisezehrung mit mir tragen, und das mit mir als
Geleite kommen sollte."

25 Darauf erwiderte der Bote, der zu Adam gekommen war, und sprach:
„Wie schmerzt es und packt es dich, Adam, um den stinkenden Körper,
in dem du weiltest! Gibt es einen Körper [im Hause] des Lebens? Ein
Körper steigt zum Hause des Lebens nicht empor."
Da erwiderte Adam dem Boten, der zu ihm gekommen war, und sprach:
30 „Gesandter des Lebens! Wenn gefällt, komme mein
es dir beliebt und
Weib Hawwä mit mir als Geleite und leiste mir Gesellschaft auf dem Wege.
Meine Söhne und Töchter mögen mit mir kommen und mir auf dem Wege
Gesellschaft leisten."
Als sein Weib Hawwä diese Äußerung von Adam hörte, schrie sie laut
35 und rief. Sie schrie und rief laut,und in ihrem Auge löste sich eine Träne.
Sie sprach zu ihm: „Ich will mit dir als Geleite mitkommen, Adam, und dir
auf deinem Wege Gesellschaft leisten."
Darauf sprach zu ihm der Bote des Lebens, der zu Adam gekommen
war: „Im Hause des Lebens gibt es keinen Körper; ein Körper steigt zum
40 Hause des Lebens nicht empor. Auf Vater und [13] Mutter, auf Brüder und
Schwestern, auf Gold und Silber kannst du im Hause des Lebens nicht ver-

1) Hiei' ist wohl der Sonnenstich gemeint, siehe p. 85".


-) Auf den ich meine Blicke riclite? Sehr unsicher.
13^ 2—14, 10 Erstes Buch. Zweites Stück. 4 33

trauen. Dort wird jeder einzelne nur nach seinen Handlungen, nach Lohn-
zahlung und Alraosenspende, dem Zeichen und der. Taufe und den Werken,
die er geübet, geprüft. Wenn sie den Körper verlassen, werden sie an den
Wachthäusern geprüft. Adam! Wozu sollen dir falsche Brüder, die ein
Ende nehmen,"" und falsche Schwestern, die zu nichts taugen ? Deine Brüder 5
sind Uthras der Kustä, und deine Schwestern sind gläubige Skinäs. Täglich,
alltäghch stehen sie im Hause des Lebens da und verrichten über dich ein
reiches, langes Gebet. Adam Wozu soll dir in dieser Welt Gold, das ver-
!

geht, wozu soll dir Silber, das sich verfinstert? Der Weg ^), den wir zu gehen
haben, ist weit und endlos. Auf ihm sind keine Meilen abgemessen, keine lo
Meilensteine nach dem Maß aufgestellt. Vögte sind an ihm zurückgelassen,
und Wachthäusler und Zöllner sitzen an ihm. Die Waffe ist geschmiedet
und bereitgelegt, poliert und bereitgelegt ist das Eisen. Die Kessel brodeln,
die die Seelen der Bösen bergen. Am Wege ist ein Meer, das ohne Über-
gang ist. Nein, jeden einzelnen bringen nur Lohnzahlung und Almosen- 15
spende heran und bringen ihn hinüber. Nur seine Werke gehen als Führer
vor ihm einher. Der Weg, den wir zu gehen haben, ist voll Disteln und
Dornen. Sieben Mauern umgeben ihn. Berge, in die keine Bresche ge-
schlagen ist. Die Wage sitzt aufgerichtet da, und von tausend wählt sie
eine Seele aus, die gut und erleuchtet ist." 20
Als Adam dies hörte, jammerte und weinte er über sich, und seine
Tränen flössen herunter. Darauf verließ Adam seinen Körper. Er
wandte sich um und erblickte ihn da erbebte er. Es dauerte ihn den
, ,

Körper zu verlassen, und er konnte sich von ihm nicht trennen. Dann trat
er seine Wanderung durch den Äther an. Adam wandert und zieht dahin 25
wie ein Vogel, der noch kein Nest gebauet, nicht gebrütet und noch keine
Jungen erhalten hat. [14] Adam wandert und zieht dahin wie ein Vogel,
dem man (soeben) Flügel gebildet haf^). Er fliegt und zieht durch die
Welten und Äonen dahin und gleicht einem Tier, das von seiner Herde ab-
geschnitten ist. Er gleicht den vier Winden, und die Stürme trieben ihn 30
fort ^). Er gleicht einem Löwen der aus dem Käfig entwichen ist. Er
,

gleicht einem Wildschwein*), das aus dem ^)


entwichen ist. Adam
ging dahin und sprach: „Wehe, wehe, daß meine Brüder mich betörten,
mich aus ihrer Mitte fortbrachten °) und gewaltsam in den stinkenden Körper
hineinwarfen, den verderblichen Löwen, den grimmen, grimmigen Löwen. 35
Sie warfen mich in den Drachen hinein, der die ganze Welt umkreist. Sie
brachten mich und warfen mich unter die bösen Planeten, die täglich Un-

1) Siehe Joh. II, p. 180 f.


") Dies ist wohl der Sinn des Satzes. IJ^ii steht mehrmals gerade bei Flügeln : R 339, 1 ;

L 88,4; 104,4; 111,26, doch siehe auch R 244, 15if.


*')
Sehr unsicher. Hier ist wohl eine Lücke, und i^illDi^^ ist vielleicht entstellt.
*) Lies J^it^lND statt N^pli^D.

5) Oüfenhar auch ein Wort für Käfig oder Behälter. Es ist vielleicht verderbt unter
Einwirkung von J^intOl^^tO „Turban". o) Lies
ppDi^.
Lidzbarski, Ginzä. 28
434 Linker Teil. 14, 11-15, li)

ruhe erregen. Täglich schmieden sie Waffen gegen mich. Sie bauten für
mich Götzenschreirie aus Lehm, Trugbilder, und täglich, alltäglich schlachten
sie vor ihnen und [spielen] auf Pauken und Flöten, um mich in ihrer Mitte
zum Abfall zu bringen. Durch die Kraft des großen Lebens trat ich zu ihnen
5 und nahm in ihrer Mitte Platz, doch wurde ich nicht ihr Genosse und
machte keine Gemeinschaft mit ihnen. Ich wußte, daß ich scheiden werde,
daß ich allein scheiden, allein meinen Streit schlichten werde. Als meine
Brüder, die Uthras, mich betörten, mich aus meinem Orte entfernten und in
den stinkenden Körper hineinbrachten, pfui! —
da trat ich in ihn nicht ein
lö und wohnte in ihm nicht eine Stunde, ohne daß ich auf ihn mit den Füßen
trat und ihn den Sieben und Zwölf, den Männern, die ihn geschaffen, ge-

glättet und hochgemacht haben, an den Kopf schleuderte. Doch wie schön
war (immerhin) mein Körper, (wie häßlich hingegen die Männer, die ihn
geschaffen haben,) wie weise und schön waren die Bildner, die ihn gebildet,
15 und die Goldschmiede, die ihn geschmiedet haben! ^) [15] Gar schön haben
sie ihm den Kopf gebildet, ihm das Haar geglättet und geschaffen. Sie
glätteten und schufen ihm das Haar, legten ihm in den Kopf Verstand und
gössen Weisheit in das Herz. Sie schufen ihm zwei Augen, die bei Tag
und Nacht leuchten. Sie schufen ihm eine große Pforte, die täglich das
20 Leben preist. Sie schufen ihm zwei Hände, die täglich arbeiten, ohne sich
zu verzärteln'^). Sie schufen ihm zwei Füße, die von Osten bis nach
Westen wandern. Nun geht die Gestalt, die so schön war, dahin und wird
zu Staub und Gewürm auf dem Friedhofe. Seine Augen gingen als Stern-
bilder umher, nun sind sie Finsternis. Verstopft sind die beiden Fenster,
25 die täglich die Rede des Lebens hörten"). Verstopft ist die große Pforte,
die täglich das Leben pries''). Während die Hände sonst Tag und Nacht
arbeiteten^), ohne sich zu verzärteln, fürchten sich jetzt die Vögel nicht
vor meinem Körper. Während die Füße früher Meilen weit hinschritten"),
laufen jetzt die Vögel nicht davon. Es dauert mich, ihn zu verlassen, und ich
30 kann ihn doch nicht mittragen. Ich sagte mir, wir könnten hingehen, wäh-
rend ich meinen Körper trage, doch da barsten seine Wände, und er fiel
auseinander. Darauf schlug ich meinen Körper hin und warf ihn fort, da
ging und
er hinwurde zu Staub und Gewürm. Er ging hin, wurde zu
Staub und Gewürm, er teilte sich und fiel in jegliche Stadt."
35 Am Tore des Friedhofes*)
kaufen Brüder einander nicht los.

I

Wenn Brüder einander loskauften,


käme kein Körper zum Friedhof.
Kein Körper käme zum Friedhof,
40
'

nicht legte die Seele den Körper ab.

')
In F]^"1T
ist vielleicht persisch ser „Gold" enthalten.
2)
Kann nur zu i^n »süß, sanft sein" gehören. Arabisch lial& „leer, müßig sein"
wiirde passen, kommt aber nicht in Betracht.
")
Im Texte steht das Präsens. *) Ein eingeschobenes Stück in Versen.
15, 19—17, 1 Erstes Buch. Zweites Stück. 435

Wenn der Vater seinen Sohn loskaufte,


gäbe es keine Kinderlosen') in der Tibik
Wenn Söhne ihren Vater loskauften,
die

gäbe es keine Waisen in der Tibi!.


Wenn deV Mann seine Gattin loskaufte, 5

gäbe es keine Witwer in der Tibil.


Wenn
die Frau ihren Gatten loskaufte,
würde keine Witwe auf den Märkten gerufen werden"^).
Darauf erwiderte und sprach zu ihm der Bote des Lebens, der zu
Adam gekommen war: „0 Adam! [16] Wie schmerzt und packt es dich um lo

den stinkenden Körper, in dem du weiltest! Hebe deine Augen empor und
schaue die Lichtwolke, die dir,Adam, entgegenkommt, die vier Männer,
Söhne des Lichtes, hinleiten. Tausend mal tausend Meilen zieht die Wolke
dahin, die direntgegengekommen ist. In ihr liegen zusammengewickelt Ge-
wänder des Glanzes und reine Turbane des Lichtes. In ihr liegen prangende '
5

Kränze, die weit und endlos sind."


Die vier Uthras, die Söhne des Lichtes, die zu ihm gekommen waren,
redeten ihn an und sprachen zu ihm „Warum weinest du, Adam, und fällt
:

dir vom Auge eine Träne herunter?"


Darauf erwiderte er ihnen: „Ich bin ein Diener ohne Herrn, auf den -o

der König erbittert ist." Darauf sprachen sie zu ihm: „Du, Adam, bist der
Sohn des großen Lebens, der Diener des gewaltigen Lebens. Du bist der
Diener des großen Lebens so komm denn in Frieden, Erwählter, Reiner,
,

Sündenloser, den das Leben sündenlos gemacht hat. Komm, steig empor
und nimm in der großen Lichtwolke Platz. Deiner gedachte der lichte -S

Wohnsitz, deiner gedachten deine Eltern, denn du warst ihr "),


und
sie hoben dich aus der Welt des Ptahil empor, der Welt, die ohne Wert ist."

Da öffnete Adam den Mund und sprach zu den Uthras, die zu ihm
gekommen waren: „Wenn es euch, Uthras, meine Brüder, beliebt, wartet
mir'^) nur eine Stunde wartet mir, damit ich nach meinem
eine Stunde, 3^
Weibe Hawwä sende, daß sie mit mir als Geleite komme."
Darauf erwiderten die Uthras und sprachen zu Adam, dem Haupte
des ganzen Stammes: „Sei ruhig und schweig, Adam, und die Ruhe der
Guten umfange dich. Du gehst und steigst zu deinem Ort empor, und dein
Weib Hawwä wird nach dir emporsteigen. Dein ganzer Stamm wird empor- 35

steigend dir nachfolgen. Dann nehmen Generationen ein Ende, und


alle

alle Geschöpfe gehen zu Grunde. Alle Brunnen und Meere trocknen aus,
und die Flüsse und Bäche versiegen. [17] Die Berge und Anhöhen werden

') i^iJlJ^Jnf^T, ^<''i^^"'J"l^T muß diesen Sinn haben, doch ist mir die Herkunft des Wortes
unbekannt.
") Von Männern, die mit ihnen verkehren wollen? Wiederum die mißliche Zwei-
deutigkeit von ar\p-
") Schwerlich „bei ihnen"; auch „Blätter"' paßt natürlich nicht.
*) Vgl. Nöld., p. 851.
28*
436 Linker Teil. 17, 1—18, G

zerstört, fallen und sinken ein. Babel und Borsip werden verödet und ver-
gehen und werden als ob sie nie existiert hätten. Das Land der Perser
und das Land der Rhomäer werden zerstört und werden als ob sie nie exi-
stiert hätten. Sind und das Inderland fallen übereinander her, und das Ge-

5 biet des Simräerlandes, das Turäerland ^) und der Eisenberg töten einander.
Sie sprechen das Urteil über ihre Mörder, und die Erde spricht das Urteil
über den der auf ihr das Blut eines Adamssohnes vergossen und Bilder
,

seinesgleichen vernichtet hat. Die Vögte, Häscher, Ehebrecher, Diebe,


Fälscher, Denunzianten, Grenzverschieber, Grenzsteinverrücker, Zauberer,
lo Hexen, Pfaffen, Priester, Orakeimänner, Schmäher, Zeichner"), Wahrsager
und Chaldäer wandern in den Feuerbrand. Wenn die Erde in Trümmer
zerfällt"), der Himmel ohne Sterne dasteht, Sonne und Mond an ihren Ort

zurückgehen, die Leuchten an ihren Ort zurückgehen, die vier Winde des
Hauses an ihren Ort zurückgehen, alle Bösen in die Tiefen der Finsternis
15 sinken, dann Heil dir, Adam, daß du auserwählt wurdest und aus der Welt
der Engel*) und dem Leid dieser Welt emporstiegest. Es tue dir nicht
leid, Adam, um diese Welt, die du verlassen hast. Nach dir verlassen sie
die kleinen Kindlein, wenn sie noch nicht zu Verstand gekommen sind. Es
verlassen sie die Jünglinge und Mädchen, die Knäblein und Mägdelein, wenn
20 sie noch keine Verlobung gefeiert haben. Es verlassen sie die Bräutigame
und Bräute, und Staub fällt auf ihren PfühP). Die Nägel ihres Braut-
gemaches springen heraus, und sie verlassen leer die Welt. Die verheirateten
Männer und Frauen erwerben Häuser und verlassen sie dann, sie gehen
dahin und enden im Gefilde der Seol. Die Greise und Hausherren verlangen
25 [18] nach dem Tode, und er kommt zu ihnen nicht, dann verlassen sie un-
freiwillig") die Welt. Der König läßt seine Krone im Stich, die Edlen lassen
ihre Pracht im Stich. Den Frauen geht ihre Schönheit, den Edelfrauen ihr
Reiz verloren, und sie schreiten barfuß zum Friedhof. Du, Adam, steig
empor und trage deine Rechtssache <(dem Lichtkönig und) dem großen,
30 ersten Leben vor, die Rechtssache betreffend die Welt, in der du weiltest.

1) Sind ist das Gebiet des Indus, zu den anderen Namen siehe p. 416 unt.
ä) Zu magischen Zwecken. ^) Siehe p. 203, 3. *) Siehe p. 4, 20.

^) Dies dürfte ungefähr der Sinn von sein. In einem Hochzeitsliede Cod. Paris.
i^D!?''p

2.5,
f. 15h; Cod. 15, f. 11h heißt es:

fib^i'^iD anüi^'n i^^Ji^^N^i mTrh rh'D^jD ^ms

..Polster sind für den Bräutigam hingebreitet,


Becken mit Wein für ihn gemischt.
Der Pfühl des Bräutigams
war der Amboß der Erde.
Das Kissen des Bräutigams
waren die Zisternen des Himmels.'"
Das Lied knüpft an kosmologische Vorstellungen an (zu ^npl f^DI^ vgl, R 354, 9, 21; 355, 1).

doch kommt Unsinn heraus. Siehe auch Lit., p. XI.

<>) Eigentlich: ohne ihren Beschluß.


18, 6—19, 15 Erstes Buch. Zweites Stück. 437

Sprich zum großen Leben: „Warum hast du diese Welt geschaffen, warum
hast du die Stämme weg aus deiner Mitte hinbefahlen, warum hast du in
die Tibil Streit geworfen ? Warum verlangest du nun nach mir und meinem

ganzen Stamme? Warum hast du die ganze Welt in die Einöde gebracht,
während kein -Hüter für sie da war, während die Sieben und Zwölf in ihrer 5

eigenen Welt die Herrschaft über die Menschen ausüben und meine Stämme
dauernd der Verfolgung ausgesetzt sind? Wohlan, wenn es dir, großes
(Leben), lieb ist und es dir gefällt, werde jene Welt nicht verwüstet, (son-
dern leuchte,) meine Stämme von ihr nicht abgeschnitten, und dein Name,
gewaltiges, erstes Leben, weiche von dort nicht. Diese Skinäs, die Hibil- 10

Ziwä gegründet hat, sollen nicht verwüstet, der Jordan von dort nicht weg-
genommen werden und die Planeten, Rnhä und Christus nicht die Herr-
schaft über sie ausüben."
Darauf sprach das große, erste Leben zu Adam, dem Haupte des
ganzen Stammes: „0 Adam! Bleib ruhig in deiner Erleuchtung, und die 15

Ruhe der Guten umfange dich. Hibil-Ziwä ist hier, deine Brüder, die
Uthras, sind hier, der ganze Jordan ist hier. Du, Adam, sollst hier wohnen,
dein Weib Hawwä wird hierher kommen, und dein ganzer Stamm wird nach
dir emporsteigen. Dies ist Adam, und dein Weib
die Skinä, die für dich,
Hawwä vor dem Leben gegründet ist, bis zum Tage,
[19] gewaltigen, ersten 20
dem Gerichtstage, bis zur Stunde, den Stunden der Erlösung, bis zum großen
Tage der Auferstehung. Dann stehest du, Adam, und alle deine Stämme
auf und gehest nach deiner eigenen Erde ^). So beruhige denn deinen Sinn
und laß dein Herz auf seiner Stütze sitzen."
Und das Leben ist siegreich. 25

Dieses Buch „Als das Maß Adams voll war und seine Rechnungen sich
in den Zeitaltern vor ihm auflösten" trägt Mandä dHaije vor und erklärt^).
Er spricht: „Der Verdammung verfällt ein jeder, der, wenn er seinen Körper
und die Welt verläßt, in der er war, nach Gesellschaft verlangt, Gold und
Silber liebt, sagt, was er nicht sieht, und erzählt, was er nicht hört, Brüder 30
entzweit und Söhne von den Eltern trennt, leiht und Zinsen nimmt,
kleines ") verzehrt, Grenzen verschiebt, Grenzsteine verrückt und sonst

häßliche Handlungen verübt, diesen wird Mandä dHaije verfluchen, er wird


den Weg, den Adam, das Haupt des Zeitalters, gegangen ist, nicht gehen,

^) Dieser Satz ist nach den vorhergehenden Äußerungen sinnlos; sie sollen in der
oberen Slänä ihren dauernden Sitz erhalten.
2) Es ist ein Wachwort
zum zweiten Stücke. Die einführenden Worte entsprechen zwar
dem Anfange des dritten Stückes, aber das Zitat beruht auf einem Irrtum, oder der Vers hat
ursprünglich auch an der Spitze des zweiten Stückes gestanden, siehe auch p. 183, 25. Die
Bemerkung enthält ja eine Warnung vor dem Hängen an der Welt und ihrem Besitz, was
zum zweiten, nicht zum dritten Stücke paßt. Eine entsprechende auf das dritte Stück be-
zügliche Bemerkung steht am Ende dieses Stückes.

3) Weder J^ÜI^D noch i^iTTiD (siehe p. 104"'. :-382''*) paßt.


438 Linker Teil. 19,15—20,12

er wird emporsteigen und den Lichtort schauen, wenn die guten Seelen
iiiclit

zum Hause des Lebens emporsteigen, sondern er wird vom großen Lichtort
und vom lichten Wohnsitz umkehren müssen."
Leben unseren Wissenden, Leben unseren Verstehenden, Leben den
'

5 Männern, die uns unterweisen. Das Leben steht fest in seiner Skinä, das
Leben ist siegreich über alle Werke.

Drittes Stück,

Das Stück wendet sich gegen die Totenklage und knüpft an Hawwäs Verhalten nach
Adams Tode an. Auf Rühäs Überredung erhebt Hawwä Klage um Adam. Hibil-Ziwä wird
lo vom Leben gesandt, um sie zu trösten und zu veranlassen, daß sie sich der Klage enthalte.
Hawwä folgt seinem Zureden. Darauf verschAvören sich Rühä und die Planeten, sie wieder

zur Totenklage zurückzuführen. Hibil-Ziwä teilt dem Leben den Erfolg seines Schrittes mit
und daß Hawwä sich nach dem Lichtorte, dem SitzeMandä dHaije's, sehne. Da die Planeten
sie bedrücken, wendet sie sich an Mandä dHaije um Hilfe. Er kommt, um sie aus dem Körper

15 zu holen. Rühä sucht sie auf der Erde zurückzuhalten. Da erscheint Hibil-Ziwä und holt
sie aus dem Körper. Wir haben hier einen Wechsel zwischen Hibil-Ziwä und Mandä dHaije,
wie sonst oft. Hibil ermalmt die Kinder Adams, wo ihre Hüter von ihnen geschieden sind,

selbst auf sich achtzugeben, und verheißt auch ihnen die Erlösung. Er holt den kleinen

Sitil in die Höhe. Das Stück schließt mit einer Mahnung Mandä dHaije's gegen die Totenklago.

20 Im Namen
des großen Lebens.
Dies ist das Mysterium, das Buch, die Belehrungen, die Überredung
und die Aufklärung'), die Mandä dHaije lehrte und den Männern von er-
probter Gerechtigkeit mitteilte.
Als das Maß Adams voll war und er seinen Körper [20] verließ, und
25 sein Weib Hawwä sich der Klage, dem Jammern und dem Schmerze hin-

gab, dem lange, kostbare Tage hingab, kam Rühä, setzte sich
als sie sich
vor und sprach zu Hawwä: „Warum erfassen dich die Schmerzen der
sie
Witwen?" Sie bringt ihr die Totenklage °) um Adam mit (mannigfachen)
Klageweisen "). Sie schlägt die Hände gegeneinander, so daß sie eine Er-
30 schütterung in die Erde bringt, und spricht: „Meine Gefährtin! Wer hat
dich verlassen, so daß du ruhig dasitzest und nicht zürnest?" Alsdann be-
gann Rühä und alle Liliths, die mit ihr waren, Klage zu erheben, und sie
sprach zu Hawwä: „Wohlan, wir wollen uns eifrig der Klage widmen. Eine
Edle, die keine Klage um
[ihren Gatten] erhebt, verachten ihre Genossinnen.'-
35 Hawwä gehorchte der Rühä, und Hawwä nahm alles an, was Rühä ihr sagte.

') i^iU sonst von ]33 =


^iD gebildet, gehört hier zu ]iD.
2) Siehe Job. H, p. 115«.

*) Siehe Nöld., p. 266*. Nicht etwa „mit Klageweibern", siehe p. 441.7.


20,12—21,21 Erstes Buch. Drittes Stück. 439

Ich, Hibil-Zlwä, wußte, daß Hawwä Sünden hatte. Sie stand- da


viele
in Nachdenken und Wehleid, und ihr Herz war zwiespältig. Sie stand in
Verfehlung da und näherte sich Adam nicht ^).
Da rief, wappnete, beauftragte und sandte mich das Leben, mein Vater,
und sprach zu mir: „Du, Schöpfer der Stämme, der du die Stämme Adams s

ausbreitest! Du führtest Adam in das Hochzeitsgemach hinein, und du


gründetest Hawwä ein Haus der Buhlerei. Gehe du, rede Hawwä zu und
laß ihr Plerz auf seiner Stütze ruhen. Sprich zu ihr: ,Der Seele, die von
dir geschieden ist, leuchtet das Antlitz in Freude, sie findet reichhch Be-

hagen und führt die Seelen von dort zu sich empor. Für den Abgeschiedenen, 10

der von dir geschieden ist, ist es eine Verhängung vor dem Schwerte").
Alle Menschen, [die] den Ruf des Lebens bezeugen und in der außerweltlichen
Rede sprechen, [21] scheiden ab laut der Verhängung vor dem Schwerte
und gehen dahin auf dem Wege des Lebens und dem Pfade, auf dem die
Männer, die Söhne des Heils, hinausgingen, die sich dann auf das Leben 15

und die Skinäs der Wesen gewaltig an Herrlichkeit stützten und Rettung
fanden. Auch du wirst, wenn du deine Augen von der Träne trocknest,
deine Arme vom Haupte wegnimmst, Zorn und Wehleid aus deinem Sinne
entfernest, Trauer und Klage aus deinem Herzen entfernest, ihm bald laut
der Verhängung vor dem Schwerte nachfolgen, auf dem Wege des Lebens 20

dahingehen und auf dem Pfade der Männer, der Söhne des Heils, hinaus-
ziehen."
Diese Worte richtete sein Vater an Hibil-Ziwä, dann ging dieser hin
und kam vor Hawwä. Er legte um und glättete seinen Turban ") setzte ,

sich hin und sprach mit Hawwä in freundlicher Rede. Hawwä zeigte sich 25

fremdartigen Sinnes und weinte vor ihni. Sie sprach zu ihm: „Hast"*) du
die Seele gesehen, die von mir geschieden ist?"
Darauf erwiderte er ihr: „Die Seele, die von dir geschieden ist, ist in
herrlicher Pracht aufgerichtet, ihr Antlitz leuchtet ihr in dem Behagen, das
sie gefunden, sie ist großer Freude des Lichtes aufgerichtet." Ferner 3p
in

sprach er zu ihr: „Du treibst die Torheiten der Planeten, widmest dich der
Trauer und Klage, weinest, ängstigst dich und betrübst dich und bringst dir
Zorn und Wehleid in den Sinn ******** *^\ Ihr entfremdeter Sinn wurde

^) Dessen Körper noch dalag?


2)
Der Tod ist über Adam verhängt, bevor das Zeitalter des Schwertes eintritt, siehe
oben, p. 259, 19.
=•)
So wie die Worte dastehen, geben sie keinen Sinn. Ich vermute, dafD no^i^tj/
F|fc^3>|

MiDD~15<tDb zu lesen sei. *) Lies "|{>^^iTniD.

^) Die Rede Hibil-Ziwäs ist abgebrochen, und in die Lücke sind Reste einer oder ver-

schiedener Ansprachen Rühäs xmA der Sieben an Hawwä und einer Erzählung von Rühä ein-
gefügt. Vielleicht gehören die Worte i^nn*iDil deine Augen preßten
y:i'^i^ "IKli^tDayi „und
sich mit einer Träne zusammen" noch zur Rede Hibil-Ziwäs. Die Worte „[sprach zu
ihr]
in freundlicher Rede und sprach zu ihr in hebräischer Rede" beziehen sich auf
Rühä, siehe
weiterhin.' Die Form n'^^i^riK^j;'! statt i=i^nJ«''fin:fi'V1 stört nicht sehr. Im Folgenden ist
wieder von Hibil-Ziwä die Rede.
440 Linker Teil. 21, 21—22, 21

ihr zu den fremden*) Menschen zurückgebracht. Er richtete ihr das Herz


nach dem Hause des Lebens hin, nahm ihr Trauer und Klage vom Ge-
sichte, nahm ihr die Träne aus den Augen und sprach zu Hawwä: „Siehe,
du treibest ihre Torheiten, doch wird man dir deine Sünden erlassen.
5 [22] Denn die Planeten haben dich verführt. Jetzt sollen dir deine Augen
leuchten, stehe in der Freude der herrlichen Pracht da, preise die Seele,
die von dir geschieden ist, und sende zu ihr in Freude Gebet und Lobpreis.'*
Hawwäerhob sich dann, ließ von der Trauer, der Klage und dem
Wehleid, von der großen, schweren Klage, stand in Lobpreis''') da und
lo sprach: „Meine Sünden wird man mir erlassen, denn Rühä und die Planeten
haben mich verleitet. Ich saß in Klage da, erhob große, schwere Klage."
Hawwä sprach dann zu Hibil-Ziwä: „Warum hast du mich nicht mitgenommen,
sondern setztest dich zu mir? Meinen verbitterten Sinn hast du nicht be-
ruhigt, nicht Trauer, Klage und Wehleid aus meinem Herzen^) entfernt.
15 Du sprachst mit mir nicht in fremder Rede, unterhieltest dich nicht mit mir
in angenehmer Unterhaltung und sprachest mit mir nicht mit angenehmer
Stimme."
Darauf erwiderte ich ihr: „Dem Auserwählten, der von dir geschieden

ist, war ich ein Geleiter. Ich führte ihn an den Wachthäusern vorbei, an
20 der Erschütterung und dem Zorn dieser Welt. Ich führte ihn an Ptahil
vorbei, der ihn geschaffen hatte. Ich zeigte ihm das Haus des Abathur, und
Abathur reichte ihm die Hand. Ich brachte ihn zum Zweiten *), und dieser
vermehrte seinen Glanz aus dem seinigen. Ich brachte ihn über die Wasser-
bäche und zeigte ihm die Glänzenden °), Wohlbewahrten in ihren Skmäs.
25 Ich ließ ihn in den Gemächern der neuen Paläste wohnen, die nicht zer-
fallen. Ich schuf ihm eine Skinä des Glanzes, dann ging ich hin und kam
zu dir."
Da sprach sie zu ihm „Warum war Anos nicht bei mir und schmiedete
:

nicht mit mir geheime, aufrührerische Anschläge")?" Darauf erwiderte er


30 ihr: „Er ließ sich nicht im Hause eines Gegners nieder, paßte nicht für das
Haus eines Feindes." Da sprach sie zu ihm: „War ich seine Gegnerin, wenn
Adam ihn haßte?" —
„Nicht du warst seine Gegnerin", sprach er zu ihr,

1)
D. h. jenseits'.' befindlichen, siehe p. ö^.
2) Lies {^nn^Dti'inav

^)
Lies DJ^D^ ]D. Der Text hat „von meiner Pforte".
•*)
Siehe p. 78 2.
^)
Wie es sonst öfter zweifelhaft ist, ob eine Form zu "iTV „glänzen" oder zu T)J?

„wach sein" gehört (siehe Nöld., p. 62-), so bei diesem ob es „die Glänzenden" oder
N'^IJ?,

„die Wachsamen" bedeutet. Letzterer Sinn liegt K 341, 19 vor (hier p. 355, 3), wahrscheinlich
auch L 130, 9 f. Bei der Bedeutung „wachsam" könnte i^i"lj; mit den pi"ij?
Dan. 4, 10 ff. zu-
sammenhängen, siehe auch oben, p. 180 {«^''im^ BGD ist erst für das seltene J^i")J? eingesetzt.
'.

") Gegen
Adam. Hier wird auf eine Feindschaft zwischen Anös und Adam angespielt;
vielleicht ist es der Vorgang, von dem p. 127 erzählt wird. Daß J^^Ti^T ^J^DD „geheime
Pläne schmieden", nicht etwa „niedertreten" heißt, ist sicher, siehe z. B. R 114,11; 258,22;
259,14; L 24,6,8.
22, 21—24, 3 Erstes Buch. Drittes Stück. 441

„und nicht haßte ihn Adam. Die Sieben waren seine Gegner, und die
Zwölf und Rühä waren seine Verfolger'). Alle Planeten sannen in Zorn
Böses gegen ihn."
Da erhob sich Rühä und die Planeten, sie drehte sich im Kreise, ging
hinaus und sprach zu ihnen: „Hawwä zeigt sich untreu, sie ist durch die 5

fremde Stimme zur Untreue verleitet. [23] Sie zeugt in der lieblichen Rede ^),
nimmt den Namen Adams nicht mit Klageweisen in den Mund und erhebt
keine Klage und Trauer. Sie erbhckte den fremden Mann und gewann ihn
lieb, während sie unseren Namen nicht in den Mund nimmt. Was haben
wir davon, daß wir bei ihr saßen und sie große, schwere Trauer und Klage lo

erheben ließen ") daß Hawwä sich dann zu Lobpreis hinstellte


, Trauer, ,

Klage und Wehleid verließ, daß sie sich hinstellte und durch den fremden
Ruf aufleuchtete, in der lieblichen Rede sprach, angesichts' des fremden
Mannes aus dem Lichte aufleuchtete und zu ihm sprach: ,Erleuchte, erleuchte
mich, mein Schöpfer, du Mann, der du mich mehr als alle Uthras aufhelltest*), 15

du Mann, der du mir die Arme vom Haupte wegnähmest, meine Augen von
der Träne trocknetest, Trauer, Klage und Wehleid von mir entferntest, so-
wie die Torheit und Lässigkeit, die die Planeten auf mich'') warfen'. Sie
neigte ihr Ohr nach der fremden Stimme hin und sprach in der lieblichen
Rede." 20

Da ging ich von Hawwä weg und


begab mich zu meinem Vater. Ich
erzählte ihm, was und was Rühä an Hawwä, (Adam und den
die Planeten

Frauen) getan haben. Wie ich sie von der Klage befreit, ihre Augen von
der Träne getrocknet und sie zu Lobpreis hinstellte. Sie vergaß dann
Trauer, Klage und Wehleid und die Erschütterung, die die PJaneten hervor- 25

gerufen haben. Sie stellte sich hin, erhob ihre Augen zum Hause des Lebens
und zum Pfade, auf dem Mandä dHaije herkam. Täglich, alltäglich spricht
sie: „Wann wird er geneigt sein herzukommen, wer wird mir den Willen

tun, mich aus meinem Körper holen und mich den Weg der Söhne des
Heils und den Pfad der frommen Männer gehen lassen")? Ich möchte hin- 30
scheiden laut der Verhängung vor dem Schwerte und jenen Mann sehen,
zu dem meine Augen emporschauen, den Ort, an dem Mandä dHaije weilt,
die neuen Paläste und die Gemächer der neuen Paläste, [24] die nicht zer-
fallen."
Da wandten gegen Hawwä, verfolgten sie und ließen
sich die Planeten 35
schwere Verfolgung gegen sie los. Doch Hawwä stellte sich zu Lobpreis
hin und rief nach Mandä dHaije, indem sie die Worte an ihn richtete: „Du,

1) Siehe Joh. 60,9; 160,10.


Lit., p.

2)
Der Himmlischen. Nicht „für die .... Rede", was es an sich auch lieißen könnte,
siehe weiterhin.

3)
Lies ^b^^il^:l:lt«^?

*) Lies i^nm); lin'^D ]D INlfi'^IDNl N^Di^J.

") Lies '^i^bV-


") Lies i=)3:ii«^JDJ«^V^V
442 Linker Teil. 24, 3—25, 9

Mandä dHaije, werde mir bald zum Erlöser und erlöse mich aus dieser Welt,
in der die häßlichen, verderblichen Unholde täglich auf Böses gegen mich
sinnen und einen geheimen Anschlag gegen mich schmieden. Wegen des
Gewandes, in dem ich stehe, und weil ich auf ihre Rede nicht höre, beraten
5 sie sich in Zorn gegen uns und schmieden häßliche, geheime Anschläge

gegen uns, indem sie sprechen: Wir wollen die Söhne Adams durch das
Schwert hinraffen."
Darauf brach Mandä; dHaije auf, kam hin, holte Hawwä vor der Ver-
hängung des Schwertes und entfernte von ihr Trauer und Klage. Als ^

lo Hawwä den Mandä dHaije erblickte, streckte sie sich hin und fiel vor ihm
hin und sprach zu ihm: „Du bist zu Guten gekommen, mein Herr^), be-
stimme die Verhängung über mich und hole mich weg." „Wohlan, das —
Leben hat mich gesandt und gerüstet, es hat mich hierher zu dir geschickt.
Seele, um dich zum Schatze deines Vaters hinüberzuführen ^)."
15 Da verfiel Hawwä in Krankheit und Stiche''), einen Tag und einen
halben *). Darauf kam Rühä setzte sich vor Hawwä und sprach zu ihr
,
:

„Warum scheidest du [aus] dem Leben ^), du Edle, und läßt die Häuser ohne
Herren zurück wo ich nach dir verlange? Wohin sollen wir gehen und
,

worauf Vertrauen fassen?"


20 Darauf kam Hibil-Ziwä, belehrte Hawwä und holte sie aus dem Körper.
Und Hibil-Ziwä sprach zu den Planeten: „Auf, traget die Werke eurer
Hände weg und achtet auf sie." Darauf sprach Rühä zu Hibil-Ziwä; „Alles
was begehrenswert ist, holst du von uns und was ohne Wert ist, läßt du
uns zurück." Da sprach Mandä dHaije zu Rühä: „Du [und] die Werke
25 deiner Hände haben beieinander ihren Platz gefunden, doch der Mänä, der
darin war, soll [25] zum lichten Wohnsitz emporsteigen." Er ermahnte die
Stämme Adams und sprach zu ihnen: „Ihr alle ermahnet euch gegenseitig,
denn die Hüter lassen euch zurück. Ich gehe hin, lasse Hawwä in neuen
Gemächern wohnen, die nicht zerfallen, dann will ich wieder zu euch kommen,
30 euch erlösen, euch behüten und erretten, euch am Orte im Hause des Lebens
behüten, hingehen und euch bei eurem Vater Skinäs gründen."
Da kam ein Tor, der töricht gehandelt"), und sprach zu ihm: „Deine
Nachsicht werde mir zuteil, mag ich hingeleitet werden, emporsteigen, bei
meinem Vater aufgestellt und in seiner neuen Skinä aufgerichtet werden."
35 Darauf erwiderte ich ihm: „Ein jeder von euch, der abgefallen ist, wird hier
bei euch aufgerichtet werden." Die Söhne Adams ängstigen sich') und

^) Wahrscheinlich formelhafte Begrüßung eines Ankömmlings.


2) Wohl -inD'i'T'D zu lesen.
Siehe Nöld., p. 41, 7.
=»)

*) Lies J<3^J<DV
'^)
Im Munde Rühäs ist f^ii" ]ö nicht anstößig, sonst würde man ^^"^:|^?D ]D oder

"in^i^D p erwarten.
") i^tOtt' heißt auch „Verfehlungen, Sünden begehen". An dem einen Toren und Sünder
werden im Allgemeinen die schlechten Gläubigen exemplifiziert. '')
Lies pinJ^B'l-
35,10—26,11 Erstes Buch. Viertes Stück. 443

weinen, und in ihren Augen preßt sich eine Träne zusammen. Sie sprechen
ziiihm: „Du steigest empor und gehest davon; was läßt du uns zurück?"
Darauf erwidert er ihnen: „Ich gehe hin, will eurer Mutter einen Platz
anweisen, dann will ich aufbrechen und hierher kommen."
Dann ging ich hin, wies Hawwä dort in ihrer Sklnä einen Platz an 5

und sprach zum großen Leben vom Stamme Adams. Da sprach das große
Leben: „Du Bote zu ihnen gesandt."
bist als

Da kam ich, hierher in die Zeitalter und Welten gesandt. Ich erlöste
den kleinen Sitil und bewahrte ihn vor jeglichem Ding. Ich setzte ihm
einen Kranz des Glanzes auf, erlöste ihn aus der Welt und wies ihm einen lo
Platz in seiner Skinä an. Ich verlieh ihm reichen Glanz, erlöste die Söhne
Adams und hob sie zum lichten Wohnsitz empor. Dieser lebende Stamm
wurde gegründet, und die Sieben, die sie verfolgten, *********.
Dies ist die Überredung und Aufklärung, die Mandä dHaije lehrte und
den Männern von erprobter Gerechtigkeit, gebildet aus Fleisch und Blut, ^5

übergab, die da sagen, daß sie sich der Trauer und Klage der Planeten
widmen wollen. Er sprach'): „Einem jeden, der an dieser Überredung fest-
hält, wird eine Stätte in Freude errichtet werden, wie sie Adam errichtet

wurde, [26] und sein Antlitz wird leuchten gleich Hawwä, dem Weibe Adams,
deren Antlitz in den gewaltigen Eiern der Verborgenheit^) leuchtete." ^o

Dies ist die Überredung, die Mandä dHaije dem Adam und allen
Stämmen Adams gewährte. Er sprach: „Ein jeder,von dem eine Seele
gebe
scheidet*^), sich der Freude über sie hin. Er widme sich nicht großer,
schwerer Trauer und Klage über sie, sondern in wahrhafter Freude suche
er, und er wird finden, gleich Adam, der im Hause des Lebens suchte und 25

fand, sprach und erhört wurde."


Gepriesen das Leben, das Leben ist siegreich, und siegreich
sei ist

Mandä dHaije, sowie die seinen Namen lieben.

Viertes Stück.

Eine neue Schilderung der Wanderung der Seele durch die Wachthäuser. siehe p. 183. 30

Die Beherrscher der Wachthäuser sind hier: Nbaz, Nbü, die sieben von Ptahil geschaft'eneii

Gestalten, [Jörabbä?], Christus, Ewath der heilige Geist, [Ptahil], Abathur.

Im Namen des Lebens und im Namen des Mandä dHaije, des erhabenen
unter den Welten (Wesen).

»)
Lies -iNDt^V

2) Siehe oben, p. 151=, 2:36'.


») Lies piD^l
444 Linker Teil. 26, 11—27, 20

Dies ist der Glanz und das Licht des Lebens.


Als der Geist und die Seele aus Körper, aus dem Rock von Blut
dem
und Fleisch, aus dem siedenden
Kessel, aus den geheizten Öfen, aus den
Gräben, ^)
und Gruben schied, da ging diese Seele hin und stieß auf
5 ein Wachthaus, in dem Gerät, Fußblock, Pein und Qual zusammengehalten
sind, wo man mit rechtlosem Rechte die schuldigen Seelen richtet. Mit
einer Feuergeißel peitscht man die [Zauberer und]^) Hexen, wie Würmer
wirft man Öffnung der Öfen.
sie in die

Wie
diese Seele an ihrer Stelle steht, zittert und bebet sie, und ihre
lo
ganze Gestalt zittert ihr in ihrem Gewände. Sie ruft nach dem großen,
hehren Leben und spricht: „Wo ist das Leben, das ich geliebet, wo ist die
Kustä, die in meinem Herzen Platz genommen, wo ist das Almosen, das ich
in meiner Tasche trug?"
Darauf erwidert man ihr: „0 Seele! Du steigst zum Lichtort empor,
15 warum rufest du nach dem großen, hehren Leben? Gib deinen Namen und
dein Zeichen her, die du aus den Wogen des Wassers, aus den Schätzen
des Glanzes, aus dem großen, hehren Krater [27] aus dem großen Jordan ''),

der Heilungen und aus den gewaltigen Quellen des Lichtes geholt hast.''
Wie diese Seele an ihrer Stelle steht, öffnet sie (den Mund), ruft, zeigt
20 an und gibt her ihren Namen, ihr Zeichen, ihren Segen und ihre Taufe und
was sie sonst aus den Wogen des Wassers, aus den Schätzen des Glanzes,
aus großen, hehren Krater, aus dem großen Jordan der Heilungen, aus
dem
den gewaltigen Quellen des Lichtes und vom großen, hehren Leben geholt
hat. Da fielen die Verfluchten auf ihr Antlitzund sprachen zu ihr: „Gehe,
25 Seele, laufe und gelange hin, entrinne, steig empor, führe deine Rechtssache
und siege ob, sprich und werde erhört, gedenke unser vor dem großen,
hehren Leben."
Darauf erwidert sie ihnen: „Wer soll euer vor dem großen Leben ge-
denken? Ihr seid Recken, wir sind Schwächlinge, ihr seid Götter, wir sind
30 Menschen, eure eigenen Taten und Werke werden euer gedenken."
Ich steige empor, und die Uthras, meine Brüder, steigen vor mir auf.
Ich frage die Uthras, meine Brüder, und spreche zu ihnen: „Wessen Wacht-
haus ist dieses, und wer ist darin gefesselt?" Darauf erwidern mir die
Uthras, meine Brüder: „Dieses Wachthaus ist das des Nbaz, der Kraft des
^S Himmels, des großen Ambosses der Erde. Am Tore der Welten ist ihm ein
Thron hingestellt, und seine Schleppe [zieht sich] über alle Meere hin. Sein
Kopf ist ihm auf die *) geschlagen, und seine Füße ruhen auf den
unteren Abaddons der Finsternis." Ferner sprachen sie: „In diesem Wacht-
hause sind die Pfaffen, Priester und Orakelmänner festgebunden, die Kichern,

1)'
Schwerlich „Nägel", Nöld., p. 61 2.

'•^)
Nach den folgenden Stücken.
•')
Siehe p. 183 ».'
*) Die Bedeutung von i«}''iO^"'n hier ist unsicher. Daß es wie anderwärts für N^iJID^Ti
,,Eier'- stehe, siehe p. 236', ist unwahrscheinlich.
27, 20-29, 5 Erstes Buch. Viei-tes Stück. 445

und ') hinwarfen, die Abgesonderten^) und Hervorragenden, die


sich voneinander absondern, die Männer, die ihre Gattinnen, und die Frauen,
die ihre Gatten verlassen, die die Grenzen verschieben und die Grenzsteine
verrücken. Sie fesselt man in diesem Wachthause und brüht
sie") mit
Schwert, Brand [28] und Feuer bis zum Tage, dem Gerichtstage, bis zur 5

Stunde, den Stunden der Erlösung."


Ich ging an jenem Wachthause vorbei, da sagte ich mir, daß nun
Angst, Furcht, Schrecken und Beben vor mir nicht mehr da seien. Diese
Seele ging dann hin und stieß auf ein anderes Wachthaus, in dem Gerät,
Fußblock, Pein, Bedrückung und Qual zusammengehalten sind, wo man mit lo

rechtlosem Rechte die Seelen der schlechten Menschen richtet. Mit einer
Feuergeißel peitscht man die Zauberer und Hexen, wie Würmer wirft man
sie in die Öffnung der Kessel.

Wie diese Seele an ihrer Stelle steht, zittert und bebet sie, und ihre

ganze Gestalt zittert ihr in ihrem Gewände. Sie ruft nach dem großen, 15

hehren Leben und spricht: „Wo das Leben, das ich


ist geliebet, wo ist die
Kustä, die in meinem Herzen Platz genommen, wo ist das Almosen, das ich
in meiner Tasche trug?"
Darauf erwidert man ihr: „0 Seele! Du steigst zum großen Lichtort
empor, warum rufest du nach dem großen, hehren Leben? Gib deinen 20
Namen und dein Zeichen, deinen Segen und deine Taufe her, die du aus den
Wogen des Wassers, aus den Schätzen des Glanzes, aus dem großen, hehren
Krater, aus den gewaltigen Quellen des Lichtes und vom großen, hehren
Leben geholt hast."
Wie diese Seele an ihrer Stelle steht, öffnet sie (den Mund), ruft, zeigt 25
an und gibt her ihren Namen und ihr Zeichen, ihren Segen und ihre Taufe und
was diese Seele sonst aus den des Wassers, aus den Schätzen des
Wogen
Glanzes, aus dem großen, hehren Krater, aus den gewaltigen Quellen des
Lichtes und vom großen, hehren Leben geholt hat. Da fielen die Verfluchten
auf ihr Antlitz und sprachen zu
ihr: „0 Seele, laufe und gelange hin, 30

entrinne, steig empor, führe deine Rechtssache und siege ob, gedenke unser
vor dem großen, hehren Leben."
Darauf erwidert sie ihnen: euer vor dem großen, hehren
„Wer soll

Leben gedenken? wir sind Schwächlinge, ihr seid


Ihr seid [29] Recken,
Götter, wir sind Menschen, eure eigenen Taten und Werke werden euer 35

gedenken."
Ich steige empor, und die Uthras, meine Brüder, steigen vor mir auf.
Ich frage die Uthras, meine Brüder, und spreche zu ihnen: „Wessen Wacht-
haus ist dieses, und wer ist darin gefesselt?" Auf meine Frage erwidern

^) K£0"l"lJ und i<r)K"l{^lZl bezeichnen wohl auch Vegetabilia, sind aber unbel<annt. Das
HinAverfen geschah wohl zu magischem Zwecke.
2) is^i^N^nD, siehe p. 277 i, 280 2.
Lies Ich habe auch an
'•')
ll'pip'pj^li^l
trotz „Sclnvert".
piD gedacht, aber dieses findet
sich im Sinne „peinigen" nur im Pael.
446 Linker Teil. 29, 5-80, 14

sie mir: „Dieses Wachthaus ist das des weisen


Schriftkundigen Nbü^), vor
dem diese seine Bücher hingelegt sind und dessen Gedenkbuch auf seinen
Händen liegt An der'^). Spitze seines Buches ist Wehe für ihn hingeworfen,
am Ende seines Buches ruft er Wehe, Wehe!" Ferner sprachen sie zu mir:
5 „In diesem Wachthause befinden sich die hervorragenden und abgesonderten

Schriftgelehrten, die mit ihren Augen sehen, mit ihren Ohren hören, mit
ihrem Munde rufen, in ihrem Herzen wissen und doch nichts Gutes tun.
Sie fesselt man in diesem Wachthause und brüht sie mit Schwert, Brand
und Feuer bis zum Tage, dem Gerichtstage, bis zur Stunde, den Stunden der
lo
Erlösung."
Ich ging an jenem Wachthause vorbei, da sagte ich mir, daß nun
Angst, Furcht und Schrecken vor mir nicht mehr da seien. Diese Seele
ging dann hin und stieß auf ein Wachthaus, in dem Gerät, Fußblock, Pein,
Bedrückung und Qual zusammengehalten sind, wo man mit rechtlosem Rechte
15 die Seelen der schlechten Menschen richtet. Mit einer Feuergeißel peitscht
man die Zauberer und Hexen, wie Würmer wirft man sie in die Öffnung
der Öfen.
Wie diese Seele an ihrer Stelle steht, zittert und bebet sie, und ihre

ganze Gestalt zittert ihr in ihrem Gewände. Sie ruft nach dem großen,
20 hehren Leben und spricht: „Wo ist das Leben, das ich geliebet, wo ist die
Kustä, die in meinem Herzen Platz genommen, wo ist das Almosen, das ich
in meiner Tasche trug?"
Darauf erwidert man ihr: „0 Seele! Du steigst zum großen Lichtort
empor, warum rufest du nach dem großen, hehren Leben? [30] Gib deinen
25 Namen und dein Zeichen her, die du aus den Wogen des Wassers, aus den
Schätzen des Glanzes und aus dem großen, hehren Krater geholt hast."
Wie diese Seele an ihrer Stelle steht, öffnet sie (den Mund), ruft, zeigt
an und gibt her ihren Namen und ihr Zeichen, ihren Segen und ihre Taufe und
was sonst an ihr ist, die sie aus den Wogen des Wassers, aus den Schätzen
30 des Glanzes, aus den gewaltigen Quellen des Lichtes und vom großen,
hehren Leben geholt hat. Da fielen die Verfluchten auf ihr Antlitz und
sprachen zu ihr: „0 Seele, laufe und gelange hin, entrinne, steig empor,
führe deine Rechtssache und siege ob, gedenke unser vor dem großen,
hehren Leben."
35 Darauf erwidere ich ihnen: „Wer soll euer vor dem großen, hehren
Leben gedenken? Ihr seid Recken, wir sind Schwächlinge, ihr seid Götter,
wir sind Menschen, eure eigenen Taten und Werke werden euer gedenken."
Ich steige empor, und die Uthras, meine Brüder, die Söhne des Lichtes,
steigen vor mir auf. Ich spreche zu den Uthras, meinen Brüdern: „Wessen
40 Wachthaus ist dieses, und wer ist darin gefesselt?" Darauf erwidern sie
mir: „Dieses Wachthaus ist das der sieben Gestalten, die Ptahil hervor-

^)
Siehe p. 205 unt.
*) Siehe p. 206, 15.
30, 14—31, 23 Erstes Buch. Viertes Stück. 447

gerufen hat. Sie sind mit Rosen bekleidet, mit Rosen bedeckt. Ein Kranz
der: Unzucht und Hurerei ist ihnen aufs Haupt gelegt. Unzucht und Schande
ist ihnen in den Busen gelegt. Ihre Brust ist ihnen zur Schande entblößt,
ihre Seite ihnen zu Verfehlungen aufgeschlitzt. . Streit ist für sie hin-

geworfen, Hader für sie breitgetreten, und ihr Haupt ist ihnen verhüllt." 5

Ich frage ferner und spreche: „Wer ist in diesem Wachthause, das
Ptahil hervorgerufen, gefesselt?" Darauf erwidern mir die Uthras, meine
Brüder: „In diesem Wachthause sind diejenigen gefesselt, die zum Hause
des Tammüz gehen, dort 28 Tage sitzen, Schafe schlachten, Becken mischen.
Kuchen hinwerfen und trauernd im Hause der Dilbat ') dasitzen. Die Wahr- lo

sager und Wahrsagerinnen, die Zauberer und Hexen, die Buhler und Buhle-
rinnen, die Diebe und Diebinnen, diejenigen, die an den Pforten ihrer
Genossinnen stehen und nach den Worten lauschen, die Pforten öffnen,
[81] die ihre Hände nicht geschlossen, die erbrechen, was ihre Hände nicht

versiegelt, Hände nicht geschlossen, die etwas


die Fesseln lösen, die ihre i5

nehmen, was Hände


ihrenicht hingelegt, die ihre Milch verkaufen, ihre
eigenen Kinder töten und die Kinder ihrer Genossinnen nähren, indem sie
um Bissen und Becher betteln, die ihre eigenen Kinder töten und die Kinder
ihrer Genossinnen nähren, sie fesselt man in diesem Wachthause und brüht
sie mit Schwert, Brand und Feuer, bis zum Tage, dem Gerichtstage, bis 20
zur Stunde, den Stunden der Erlösung."
Ich ging an jenem Wachthause vorbei, da sagte ich mir, daß nun
Angst, Furcht und Schrecken vor mir nicht mehr da seien. Diese Seele
ging dann hin und stieß auf ein anderes Wachthaus, in dem Gerät, Fuß-
block, Pein, Bedrückung und Qual zusammengehalten sind, wo man mit 25
rechtlosem Rechte die Seelen der schlechten Menschen richtet. Mit einer
Feuergeißel peitscht man die Zauberer und Hexen, wie Würmer wirft man
sie in die Öffnung der Kessel.

Wie diese Seele an ihrer Stelle steht, zittert und bebet sie, und ihre
ganze Gestalt zittert ihrem Gewände. Sie
ihr in ruft nach dem großen, 30
hehren Leben und spricht: „Wo ist das Leben, das ich geliebet, wo ist die
Kustä, die in meinem Herzen Platz genommen, wo ist das Almosen, das ich
in meiner Tasche trug?"
Darauf erwidert man ihr: „0 Seele! Du steigst zum großen Lichtort
empor, warum rufest du nach dem großen, hehren Leben? Gib deinen 35
Namen und dein Zeichen, deinen Segen und deine Taufe her und was sonst
an dir ist, die du aus den Wogen des Wassers, aus den Schätz endes Glanzes,
aus dem großen, hehren Krater, aus dem großen Jordan der Heilungen,
aus den gewaltigen Quellen des Lichtes und vom großen, hehren Leben
geholt hast." 40
Wie
diese Seele an ihrer Stelle steht, öffnet sie (den Mund), ruft und
zeigt an ihren Namen und ihr Zeichen, ihren Segen und ihre Taufe und

1)
Oder Dlibat. Lies DKD"''?"! siehe p. 176, 16 ff.
448 Linker Teil. 31, 23—33, 14

was sonst an ihr ist, die sie aus den Wogen des Wassers, aus den Schätzen
des Glanzes, aus den gewaltigen Quellen [32] des Lichtes und vom großen,
hehren Leben geholt hat. Da fielen die Verfluchten auf ihr Antlitz und
sprachen zu ihr: „Laufe, Seele, entrinne, gelange hin und steig empor,
5 führe deine Rechtssache und siege ob, gedenke unser vor dem großen,
hehren Leben."
Darauf erwidere ich ihnen: „Wer soll euer vor dem großen, hehren
Leben gedenken? Ihr seid Recken, wir sind Schwächlinge, ihr seid Götter,
wir sind Menschen, eure eigenen Taten und Werke werden euer gedenken."
lo Ich steige empor, und die Uthras, meine Brüder, die Söhne des Lichtes,
steigen vor mir auf. Ich frage die Uthras, meine Brüder, und spreche zu
ihnen: „Wessen Wachthaus ist dieses, und wer ist darin gefesselt?" Darauf
erwidern sie mir: „In diesem Wachthause weilen die Großen, die mit großen
Scheffeln nehmen und mit kleinen Scheffeln geben, die Zins und Zinses-
15 zins nehmen. Sie fesselt man in diesem Wachthause und brüht sie mit
Schwert, Brand und Feuer bis zum Tage, dem Gerichtstage, bis zur Stunde,
den Stunden der Erlösung."
Ich ging an jenem Wachthause vorbei, da sagte ich mir, daß nun Angst,
Furcht, Schrecken und Beben vor mir nicht mehr da seien. Diese Seele
2o ging dann hin und stieß auf ein anderes Wachthaus, in dem Gerät, Fuß-
block, Pein und Qual zusammengehalten sind, wo man mit rechtlosem Rechte
die Seelen der schlechten Menschen richtet. Mit Feuergeißeln peitscht man die
Zauberer und Hexen, wie Würmer wirft man sie in die Öffnung der Kessel.
Wie diese Seele an ihrer Stelle steht, zittert und bebet sie, und ihre
25 ganze Gestalt zittert ihr in ihrem Gewände. Sie ruft nach dem großen,
hehren Leben und spricht (zu ihm): „Wo ist das Leben, das ich geliebet,
wo ist die Kustä, die in meinem Herzen Platz genommen, wo ist das Al-
mosen, das ich in meiner Tasche trug?"
Darauf erwidert man ihr: „0 Seele! Du steigst zum großen Lichtort
30 empor, warum rufest du nach dem gewaltigen, hehren Leben? Gib [83] deinen
Namen und dein Zeichen, deinen Segen und deine Taufe her und was sonst
an dir ist, die du aus den Wogen des Wassers, aus den Schätzen des Glanzes, aus
den gewaltigen Quellen des Lichtes, aus dem großen, hehren Krater, aus dem
großen Jordan der Heilungen und vom großen, hehren Leben geholt hast."
35 Wie diese Seele an ihrer Stelle steht, öffnet sie (den Mund), ruft, zeigt
an und gibt her ihren Namen und ihr Zeichen, ihren Segen und ihre Taufe
und was diese Seele sonst aus den Wogen des Wassers, aus den Schätzen
des Glanzes, aus den gewaltigen Quellen des Lichtes und vom großen, hehren
Leben geholt hat. Da fielen die Verfluchten auf ihr Antlitz und sprachen
40 zu ihr: „Laufe, Seele, und entrinne, führe deine Rechtssache und siege ob,
gedenke unser vor dem großen, hehren Leben."
Darauf erwidere ich ihnen: „Wer soll euer vor dem großen, hehren
Leben gedenken? Ihr seid Recken, wir sind Schwächlinge, ihr seid Götter,
wir sind Menschen, eure eigenen Taten und Werke werden euer gedenken."
33. 1 4— 34, 23 Erstes Buch. Viertes Stück. 449

Ich steige empor, und die Uthras, die Söhne des Lichtes, steigen vor
mir Ich frage die Uthras, meine Brüder, und spreche zu ihnen:
auf.

.,
Wessen Wachthaus ist dieses, wer bewacht es, und wer ist darin gefesselt?"
Auf meine Frage erwidern sie mir: „Dieses Wachthaus ist das des Zauberers
Christus, des Sohnes des Geistes der Lüge, der sich als Gott der Näsoräer 5

aufgeworfen hat^)." Ferner sprechen sie zu mir: „In diesem Wachthause


sind gefesselt die „heiligen" ") Männer und Frauen, die jungfräulichen Männer
und Frauen, die ehelosen Männer und Frauen, die Männer, die nach keinen
Frauen, und die Frauen, die nach keinen Männern begehren, die die Kinder
10
töten, damit sie keine haben, die die Kinder in ihrem Leibe vernichten^),
lebenden Samen abschneiden, der ihnen aus dem Hause des Lebens
die ihren

gekommen ist. Sie fesselt man in diesem Wachthause und brüht sie [34] mit
Schwert, Brand und Feuer bis zum Tage, dem Gerichtstage, bis zur Stunde,
den Stunden der Erlösung."
Ich ging an jenem Wachthause vorbei, da sagte ich mir, daß nun Angst, 15

Schrecken und Beben vor mir nicht mehr da seien. Ich ging hin und stieß
auf ein anderes Wachthaus, in dem
Gerät, Fußblock, Pein, Bedrückung,
Fesselung und Qual zusammengehalten sind, wo man mit rechtlosem Rechte
die Seelen der schlechten Menschen richtet. Mit Feuergeißeln peitscht
man die Zauberer und Hexen, wie Würmer wirft man sie in die Öffnung 20

der Öfen.
Wie
diese Seele an ihrer Stelle steht, zittert und bebet sie, und ihre

ganze Gestalt zittert ihr in ihrem Gewände. Sie ruft nach dem großen,
hehren Leben und spricht: „Wo das Leben, das ich gehebet, wo ist die
ist

Kustä, die in meinem Herzen Platz genommen, wo ist das Almosen, das ich 25

in meiner Tasche trug?"


Darauf erwidert man ihr: „0 Seele! Du steigst zum großen Lichtort
empor, warum rufest du nach dem großen, hehren Leben? Gib deinen Namen
und dein Zeichen, deinen Segen und deine Taufe her, die du aus den Wogen
des Wassers, aus den Schätzen des Glanzes, aus dem großen Jordan der 30

Heilungen, aus den gewaltigen Quellen des Lichtes und vom großen, hehren
Leben geholt hast."
Wie diese Seele an ihrer Stelle steht, öffnet sie (den Mund), ruft, zeigt
an und gibt her ihren Namen und ihr Zeichen, ihren Segen und ihre Taufe
und was sonst an ihr ist, die sie aus den Wogen des Wassers, aus den 35

Schätzen des Glanzes, aus dem großen Jordan der Heilungen, aus den
gewaltigen Quellen des Lichtes und vom großen, hehren Leben geholt hat.
Da fielen die Verfluchten auf ihr Antlitz und sprachen zu ihr: „0 Seele,
laufe und gelange hin, entrinne und steig empor, führe deine Rechtssache
und siege ob, sprich und werde erhört, gedenke unser vor dem großen, 40
hehren Leben."

1) Siehe p. 25, 27.


2) Siehe p. 136 2.
«)
Ich lese
pIli^DI
mit BD statt inUSDl AC.
Lidzbarski, Giuza. 29
450 Linker Teil. 34, 24—3«, 10

Darauf erwidere ich ihnen: „Wer soll euer vor dem großen, hehren
Leben gedenken? [35] Ihr seid Recken, wir sind SchwächHnge, ihr seid
Götter, wir sind Menschen, eure eigenen Taten und Werke werden euer
gedenken."
5 Ich steige empor, und die Uthras, meine Brüder, die Söhne des Lichtes,
steigen vor mir auf. Ich frage die Uthras, meine Brüder, und spreche zu
ihnen: „Wessen Wachthaus ist dieses, und wer ist darin gefesselt?" Darauf
erwidern die Uthras: „Dieses Wachthaus ist das der Ewath, des heiligen
Geistes." Ferner sprechen sie zu mir: „In diesem Wachthause sind gefesselt
lo die Faster und Fasterinnen, die ein Fasten des Frevels fasten und ein Gebet
der Lüge beten, die nach Brot hungern und nicht essen, nach Wasser
dürsten und nicht trinken, in Trauer und Jammer dasitzen, ihren Kopf
gerade strecken ')
und keinen Gruß entbieten. Sie fesselt man in diesem
Wachthause und brüht sie mit Schwert, Brand und Feuer bis zum Tage,
15 dem zur Stunde, den Stunden der Erlösung."
Gerichtstage, bis
Ich ging an jenem Wachthause vorbei, da sagte ich mir, daß nun
Angst, Furcht, Schrecken und Beben vor mir nicht mehr da seien. Diese
Seele ging dann hin und stieß auf ein anderes Wachthaus, in dem Gerät,
Fußblock, Pein, Bedrückung und Qual zusammengehalten sind, wo man mit
20 rechtlosem Rechte die Seelen der schlechten Menschen richtet. Mit einer
Feuergeißel peitscht man die Zauberer und Hexen, wie Würmer wirft man
sie in die Öffnung der Öfen.
Wie an ihrer Stelle steht, zittert und bebet sie, und ihre
diese Seele

ganze Gestalt zittert ihr in ihrem Gewände. Sie ruft nach dem großen,
25 hehren Leben und spricht: „Wo ist das Leben, das ich geliebet, wo ist die
Kustä, die in meinem Herzen Platz genommen, wo ist das Almosen, das
ich in meiner Tasche trug?"
Darauf erwidert man ihr: „Du Seele steigst zum großen Lichtort
empor, warum rufest du nach dem großen, hehren Leben? Gib deinen
30 Namen [36] und dein Zeichen, deinen Segen und deine Taufe her und was
sonst an dir ist, die du aus den Wogen des Wassers, aus den Schätzen des
Glanzes, aus dem großen, hehren Krater, aus dem großen Jordan der
Heilungen, aus den gewaltigen Quellen des Lichtes und vom großen, hehren
Leben geholt hast."

35 Wie Seele an ihrer Stelle steht, öffnet sie (den Mund), ruft, zeigt
diese.
an und gibt her ihren Namen und ihr Zeichen, ihren Segen und ihre Taufe
und was sonst an ihr ist, die diese Seele aus den Wogen des Wassers, aus
den Schätzen des Glanzes, aus den gewaltigen Quellen des Lichtes und
vom großen, hehren Leben geholt hat. Da fielen die Verfluchten auf ihr

40 Antlitz und sprachen zu ihr: „Du Seele, laufe und gelange hin, entrinne

^)
Die den Kopf steif halten, ohne ihn zum Gruße zu neigen. Immerhin unsicher.
~!^J findet sich gerade in diesem Stücke im Sinne von „foltern, peinigen", doch scheint mir
(lies weniger zu passen.
3(},
10— 37, 19 Erstes Buch. Viertes Stück. 451

und empor, führe deine Rechtssache und siege ob, sprich und werde
steig
erhört, gedenke unser vor dem großen, hehren Leb'en."
Darauf erwidere ich ihnen: „Wer soll euer vor dem großen, hehren
Leben gedenken? Ihr seid Recken, wir sind Schwächlinge, ihr seid Götter,
wir sind Menschen, eure eigenen Taten und Werke werden euer gedenken." 5

Ich steige empor, und die Uthras, meine Brüder, die Söhne des Lichtes,

steigen vor mir auf. Ich frage die Uthras, meine Brüder, und spreche zu
ihnen: „Wessen Wachthaus ist dieses, und wer ist darin gefesselt?" Darauf
erwidern mir die Uthras, meine Brüder: „In diesem Wachthause sind die
Bösen gefesselt, die Ptahil hervorgerufen. Darin sind die großen Macht- 10

haber ^) und Herrscher gefesselt, die auf den Thronen der Auflehnung sitzen,
ihre Handlungen mit der Geißel ausüben und Blut in der Tibil vergießen.
Den Schuldigen sprechen sie frei und den Unschuldigen verurteilen sie. Sie
nehmen Bestechung an und empfangen Geschenke. Sie verdrehen das Recht,
beugen das Recht. Sie gehen hinaus auf die Straßen der Tibil und sagen, 15

was sie nicht sehen, erzählen, was sie nicht hören, schwören Schwüre [37] der
Lüge und zeugen ein Zeugnis des Frevels. Sie fesselt man in diesem Wacht-
hause und brüht sie mit Schwert, Brand und Feuer bis zum Tage, dem
Gerichtstage, bis zur Stunde, den Stunden der Erlösung."
Ich ging an jenem Wachthause vorbei, da sagte ich mir, daß nun Angst, 20

Furcht und Schrecken vor mir nicht mehr da sein werden. Ich ging hin
und gelangte zum Wachthause des alten, hohen, verborgenen und verwahrten
Abathur. Ich frage die Uthras, meine Brüder, und spreche zu ihnen: „Wessen
Wachthaus ist dieses, und Aver ist darin gefesselt?" Darauf erwidern mir
die Uthras, meine Brüder: „Dies ist das Wachthaus des alten, hohen, ver- 25

borgenen und verwahrten Abathur. Vor ihm ist die Wage aufgerichtet. Er
wägt Werke und Lohn. Er wägt und vereinigt den Geist mit der Seele.
Wer sich beim Wägen als vollwichtig erweist, den hebt man empor und
gewährt ihm eine Stütze im Leben. Wer sich beim Wägen als nicht voll-
wichtig erweist, dem erledigt man schon dort den Rechtsstreit." 30
Ich frage und spreche: „Wer alles ist in diesem Wachthause des Abathur
gefesselt?" Darauf erwidern sie mir: „Darin sind die Näsöräer gefesselt,
die keine Näsöräer waren, die den Vorabend des Tages") nicht kannten und
am Sonntag nicht in den Tempel gingen, die ihr Haupt nicht neigten, nicht
lehrten") und keinen Dienst verrichteten*), die den Armen kein Almosen 35

gaben und ihre Pforte den Armen nicht öffneten, die sich einen unrechten
Namen beilegten, indem sie sich Näsöräer nannten."
Wie diese Seele an ihrer Stelle steht, schaute sie hin und erblickte
den Ajar-Gufnä (Äther- Weinstock) den Sohn des Piriawis-Gufnä, dessen
,

'j
Siehe p. 136».

2) Siehe p. 283, 17.


•^)
Da ")i<DDi<b sowohl "li^3D lA^ wie ~)KDDf< i^b sein bin]], ist es zweifelhaft, ob e.y

..nicht lernten" oder „nicht lehrten" bedeutet.


*) Nicht gerade Gottesdienst, sondern allgemein Betätigung im Dienste des Glaubens.
29-
452 Linker Teil. 37, 19—38, 4

Fersen Wasser, dessen Wurzel der Stamm der Seelen, dessen Zweige Uthras,
dessen Blätter Leuchten des Lichtes sind^). Ein Blatt nahm diese Seele
von ihm und legte Augen. Da wurde ihr die Blendung von
es sich auf die
den Augen genommen, und sie schaute den äußeren Äther und den lichten
5 Wohnsitz. Man hob für diese Seele die Kleiderfalte des Lebens hoch und
führte sie ein, man stützte sie auf das Abbild des Lebens^).
Das Leben stützte das Leben,

[88] das Leben fand das Seinige.


Das Seinige fand das Leben,
lo und meine Seele fand, was sie erhoffte.
Leben unseren Wissenden, Leben unseren Verstehenden, Leben den
i\Iännern, die uns unterweisen. Das Leben steht fest in seiner Sklnä, das
Leben ist siegreich über alle Werke**).

1)
Siehe Lit., p. 72 unt.

-)
auch Lit., p. (S-i, 4f., wo die Worte unrichtig wiedergegeben sind. {^DiJ^D
Sielie

lieißt neben ..Arm, Seite, Schoß'' auch „Kleiderfalte, Tasche", und dieser Sinn liegt hier vor,
siolie auch Text IBl, 16. Es ist unsicher, was mit dem „Abbild des Lebens" hier gemeint ist.
3)
Cod. Leid, hat hier noch iSD^DvI^^ib ^^-t^ni J^liN'D liS^DJ^I tS^^DN^l NTl^D IH pT^H
:

i<"""D Pi^n i^^l^D^ni ^<n"i^D n^n^ ^SIDN^m p) O^'^^^^nN:2^<Db^. „Dieses ist das Buch, das
Mandä dHaije den Seelen und den Wachthäuslern lehrte und vortrug: von hier nach unten
hin sind die Bücher über die Mänäs."

^6^
Zweites Buch.
Das zweite Buch besteht aus 28 Stücken mit einheitlichem Eingänge, in dem die

Seele sicli als Mänä des Lehens einführt. Die meisten Stücke stehen sich auch inhaltlich

nahe. Der Mänä klagt darüber, daß man ihn aus seiner Urheimat entfernt und auf die ver-
gängliche Erde unter die Bösen in den Körper geworfen habe. Auf seinen Ruf kommt ein 5

Helfer, gewöhnlich allein, doch auch mit anderen Beschützern, so in Stück S, siehe auch
Stück 27. Der Helfer klärt ihn auf und tröstet ihn, er ermahnt ihn auszuharren und ver-

spricht ihm den Lohn hierfür und Erlösung aus dieser Welt. Der Helfer wird in diesen

Stücken gewöhnlich ^5Iiyj^i genannt, das auch Schöpfer bedeuten kann. Daß es ersteren Sinn

hat, zeigt, daß daneben i^lli^'ili^ gebraucht Avird. Einige Stücke weichen von der Hauptform 10
ab, und auch sonst zeigen sich Widersprüche. Die Sammlung rührt nicht von demselben

Verfasser her, und einige Stücke haben wohl erst vom Kompilator die übereinstimmende

Einführung erhalten. Das Stück oben, p. 827 fl". hat ja auch bei verwandtem Inhalt eine
andere Einführung. In Stück 1 Avird der i<piiS1"li«{D
von Mandä dHaije gesandt. In Stück 10

wird erst der Urvater genannt, an den der Mänä sich Avendet. Er ist anscheinend nicht das 15

Ijeben, siehe p. 470, 17 f. Der Vater schickt dann einen Helfer zu ihm. In Stück 15 wird
der Mänä erst von den Großen aufgefordert, in den Rumpf einzutreten und sich unter
die Planeten zu begeben. Er tut es. die Planeten bemühen sich, ihn in ihre Netze zu ziehen,

doch er vereitelt ihre Versuche. Der Mänä ruft dann nach seinem Helfer und bittet ihn.

ihn Avieder in die Höhe zu bringen. In Übereinstimmung mit dem Ijeben tut es iler Helfer. 20

Auch in Stück IG, 19 Avird der Mänä erst aufgefordert, in den Körper einzutreten. In Stück

14, 19, 21. 24, 25 Avird der Mänä Adam genannt, in Stück 18 „der verborgene Adam" im
Gegensatz zum körperlichen Rumpfe. Avährend in Stück 8 gerade dieser Adam genannt Avird.

Die Sammlung ist im ganzen ein Trostbuch, zum Lesen für diejenigen, die der Scjnift kundig
sind, zum Vortrage vor denen, die sie nicht kennen. Die Zahl 28 l)raclite Reitzenstein 25
mit den Mondstationen zusammen. Durch die Zahl der Mondstationen wurde die Zahl 28

populär, und es mag sein, daß der Kompilator sie absichtlich gcAvählt hat. aber an die Moiul-
stationcn selber hat er scliAverlich gedacht.

Im Namen des großen Lebens werde die Gemeinschaft und die Selig-
keit desLebens, sowie ein Sündenerlasser zuteil meiner, des NN Seele, der 30
Seele meiner Gattin NN, (den Seelen) meiner Kinder NN, NN, meines
Vaters NN, meiner Mutter NN, sowie den Seelen unserer Väter, unserer
454. Linker Teil. 38, 12— 3J), 6

Meister, unserer Brüder und unserer Schwestern, die aus ihrem Körper
geschieden sind und die noch in ihrem Körper weilen.
sanfter Mänä,
o geordneter, wohlgeordneter Mänä,
i sanfter Mänä,

mögen mit dir Helfer kommen,


bis daß die Wage wäget
Werke und Lohn.

Erstes Stück.

10 Im Namen des großen Lebens


sei verherrlicht das hehre Licht. —
Ein Mänä bin ich des großen Lebens,
ein Mänä bin ich des gewaltigen Lebens,
ein Mänä bin ich des großen Lebens.
15 Wer hat mich in der Tibil wohnen lassen?
In der Tibil hat wer mich wohnen lassen,
wer mich den körperlichen Rumpf geworfen?
in
Wer hat in den körperlichen Rumpf mich geworfen,
der ohne Hände und E'üße ist?
20 Er hat weder Hände noch Füße
und weiß nicht, wie er gehen soll.
Er liegt da und kriecht
und ist ohne Kraft.
Warum riefen sie mich [39] von meinem Orte weg,
25 brachten mich hin und warfen mich in den Rumpf?
Meine Füße sind Füße des Glanzes,
nun müssen sie dem Rumpfe zum Gehen dienen.
Mein Mund ist ein reiner Mund,
nun wurde er ein Mund für den Rumpf.
30 Meine Augen, die vom Lichtort her aufgetan wurden,
gehören nun dem Rumpfe,
Mein Herz, das sich nach dem Leben sehnet,
kam hin und wurde dem Rumpfe zuteil.
Meinen Sinn, in dem das Leben wohnet,
35 haben sie hier in (körperhche) Hüllen gegossen.
Meine Füße haben auserwählte Pflanzer gepflanzet,
nun stehen sie auf dem Pfade des Rumpfes.
3J),
7— 24 Zweites Buch. Erstes Stück, 455

Der Pfad des Rumpfes ist es,


nicht lassen mich die Sieben auf meineiln^) Pfade.
Wie muß ich gehorchen, wie dulden,
wie muß ich meinen Sinn beruhigen!
Wie muß ich von den sieben und zwölf M5'^sterien hören, 5

wie muß ich stöhnen")!


Wie muß die Rede meines milden Vaters
unter den finsteren Wesen weilen!

Als der Mänä dies sagte,


Ruf zum Lichtort empor.
stieg sein
ro

Mandä dHaije hörte meinen Ruf


und sandte seinen Boten zu mir:
„Geh, mein reiner Bote,
zeige dich dem Mäna, daß er leuchte.
Wenn du dich nicht dem Mänä zeigest, '5

verachten ihn die Vergänglichen."


In verborgenem Glänze stand da
der Bote, der zu ihm kam.
Er stand in Glanz da
und zeigte sich dem Mänä, dem Sohne des gewaltigen (Lebens). 20

Er schrie und ließ ihn seine Stimme vernehmen


und richtete ihm sein Herz auf seiner Stütze auf:
„Leuchte und erleuchte, Mänä!
Ich bin zu dir gekommen und werde dich nicht verlassen.
Wenn man dich rufet, 25

steig zum Lichtort empor.


Mich haben sie geschaffen
und zu dir gesandt.
Auf, verlasse, Mänä,
den Rumpf, in den du hineingeworfen bist, 30
den Rumpf, in dem du groß wurdest,
der ohne Hände und Füße ist.
Auf, steig zu deiner Urheimat empor,
zu deinem guten Sitze der Uthras.
Wohne unter den Uthras, deinen Brüdern, 35
sitze da, wie du gewohnt bist,
Suche deinen Heimatsort auf
und verfluche die Welt der Täuschung, in der du weiltest").
Dein Glanz verbleibe an dir,
sei aufgerichtet in deinem verborgenen Lichte. 40

1)
Lies ^^^D-^^"^^
-) Lies Dt^n^y.
"')
Sie])e Lifc.. p. l(j().
456 Linker Teil. 40, 1- 18

[40] Dein Glanz komme vor dir her,


und dein Licht sei hinter dir gefestigt.
Dein Thron sei aufgerichtet, wie er aufgerichtet war,
und die Sieben werden ohne Wohl sein." —
Und das Leben ist siegreich.

Zweites Stück.

Ein Mänä bin ich des großen Lebens,


Mänä
bin ich des gewaltigen Lebens,
ein
ein Mänä
bin ich des großen Lebens,
lo Wer hat mich in Geheimnisse und Winke geworfen?
In Geheimnisse und Winke hat wer mich geworfen,
wer mich
Mangel und Fehl gegossen ') ?
in
In Mangelhaftigkeit und Fehlerhaftigkeit hat wer mich gegossen,
wer das Bild der ^)
mir gezeigt?
15 Wer hat mich auf der Erde der Zerstörung wohnen lassen"),
auf der alle Berge bald zerstört werden?
Alle hochstehenden Recken, die auf ihr sind, werden vernichtet werden,
ihre Kraft unter ihnen abgeschnitten werden.

Wie der Mänä dasteht und nachdenkt,


20 kommt der Mann, sein Helfer,
Sein großer Helfer kommt,
der ihn versorgt, der ihn wohl versorgt hat:
„Nach dem Hause, in dem du wohnest,
warum fragest du?
25 Du wußtest nicht, Mänä,
daß es so geschieht, wie du sagtest*)?
Wir fügen uns") im Verborgenen,
daß du sie rasch verlassest.
Rasch wirst du sie verlassen
30 und zu uns emporsteigen.

^) "il^i^ „gießen" wird durch Text 39, ö gestützt. Besser würde freilich
|t<l^ „hat
mich gestürzt" passen, vgl. das vorhergehende |{i?ö"l und D.
^) Wiederum ist der Sinn von J^IID dunkel, siehe p. 259K „Matte" oder .,
Feier" paßt
auch hier nicht.
Hier nach
•'')
ist Avohl
j^n^N* zu leseji
|Ni-iiyj<
Leid.

*) Doch wohl als Frage aufzufassen.


•^) Eigentlich .,wir unterwerfen uus", doch liat ursprünglich vielleicht ein anderes
Wort dagestanden.
40,18—41,10 Zweites Bucli. Drittes Stück. 457

Zu uns sollst du emporsteigen


und in unserer Sklnä weilen."

Als der Helfer so zum Mäna sprach,


und beruhigte sich.
schloß er ab
Der Mänä schloß ab und beruhigte sich 5

und fragte nicht mehr nach den Vergängliclien.


Nicht fragte er mehr nach deu Vergänglichen,
die das hinfällige Haus gebaut haben.
Er geduldete sich eine kurze Weile und wohnte darin ^),
doch bald flog er empor und gelangte an seinen Ort. lo

Bald gelangte er an seinen Ort,


die Stätte, aus der er geschaffen worden war,
die Stätte, aus der er geschaffen worden war
und in der seine Gestalt aufgeleuchtet war.
Der Mänä freut sich in seinem Herzen 15

[41] und klärt sich in seinem Rumpfe auf:


,,Wie wundersam ist, was du mir sagtest, Vater"),
wie wundersam, was das große (Leben) mir aufgegeben.
Gehet, gehet, ihr Planeten,
gehet, werdet ein Anteil eurer Häuser. 20
Gehet, werdet ein Anteil eurer Häuser,
und eure Häuser mögen ein Anteil von euch werden.
Ich und die Wurzel meines Vaters steigen empor,

'')

das Haus wird um euch verlassen."


Und gepi'iesen sei das Leben. 25

Drittes Stück.

Ein Mänä bin ich des großen Lebens,


ein Mänä bin ich des gewaltigen Lebens,
ein Mänä bin ich des großen Lebens.
Wer hat mich in das Leid der Welt*) geworfen?
In das Leid der Welt^) hat wer mich geworfen,
wer mich in die böse Finsternis versetzt?

1)
In diesem Buche stehen hiiiihg "^^^DD und "ij^i zusamineii. Die iirsprüngliehe Ver-
loindimg ist ^JT]) b2ü ., ertragen nnd dulden", und so steht sie auch L 7!). 20 (Lit., p. 158, 1).
aber daraus Avurde mißverständlich "il") 7!DD ,, ertragen und wohnen (in . .
.)•• gemaelit.
.

")
BCD (auch Leid.) {^iSiiSCNl. danach ..was mein Vater mir Sii.gtc".

')
Leid, hat J^'ii^l^tt?'].
Leid, hat N'iq'^K -4^1' Wolteir-,
458 Linker Teil. 41,10—42,7

Wer versetzte mich in die böse Finsternis,


wer zeigte mir das lodernde Feuer?
Wer zeigte mir das Feuer,
und wer warf mich indas trübe Wasser,
5 aus dem die Verderber gebildet werden.
Daraus werden die Verderber gebildet,
und daher werden sie trübe.
Vielleicht werde ich zurückgehalten
und trübt sich meine Gestalt gleich ihrer Gestalt,
lo Vielleicht trübt sich meine Gestalt
und verliert sich meine Rede weg von meinen Eltern.

Wie derMänä dasteht und sich aufzuklären sucht,


kommt der Mann, sein Helfer.
„Nicht bist du ein Anteil des Leids, daß du darüber grübelst,
15 nicht bist du ein Anteil der Finsternis, die dir ein Ende mache.
Nicht bist du ein Anteil des Feuers,
daß du das lodernde Feuer schauest.
Nicht bist du ein Anteil der Trübung,
daß deine Gestalt gleich ihnen trübe werde,
20 Du bist ein Anteil der Helligkeit,
die ohne Trübung ist.

Du bist ein Anteil der Licliterde,


an der keine Finsternis ist, die dir ein Ende mache.
Du wirst gewinnen, Mänä,
21; und deine eigene Gestalt wird dich erleuchten.
Dein Sinn wird dich fest stützen,
und dein Herz wird dir ein Helfer und Baumeister sein.
Halte aus in der Welt und wohne in ihr,
bis wir nach dir verlangen.

30 [42] Wenn wir nach dir verlangen,


werden wir uns hierher begeben und zu dir kommen.
Wir werden uns hierher begeben und zu dir kommen,
dann werden wir dich herausholen*) und zu deinem Schatzhaus
[emporheben."
Wie sein Vater den Mänä stützte,
35 sprach er und sang wundersame Hymnen.
Er sprach und sang wundersame Hymnen
und suchte sich in seinem Sinne über die vergänglichen Dinge
„Warum trage ich nicht vor, [aufzuhellen.
wo die Kraft meines Vaters mich in hohem Maße stützte?
40 Gar lange hielt ich es aus und wohnte in der Welt,

gar lange wohnte ich unter den Werken meiner Hände.

1)
Leid. Imt
piQi^il.
42, 7—43, 1 Zweites Buch. Viertes Htiick. 459

Gar lange wohnte ich in ihr,


bis meine Zahl voll wurde.
Wo meine Zahl voll ist,
gedachte mein Sinn meines Heimatshauses.
Ich dachte* an das erste Tannä'), 5

aus dem alle Uthras geschaffen wurden.


Mein großer Helfer kam zu mir,
der Mann, der mich in hohem Maße stützte,
der Mann, dessen Kraft mit mir weilte
und [mein Herz?] in der Welt beruhigte. lo

Er faßte mich mit seiner Rechten,


hob mich zu meinem )Schatzhaus empor und verbarg mich da.
Als ich mein Schatzhaus erblickte,
vergaß ich die nichtigen Wohnungen.
Ich sprach mit der Rede [der Uthras?]^) und leuchtete auf, 15

und meine Stirnlocken wurden mir durch seineu Segen auf dem
[Haupte gedreht."

Gesegnet sei das große Leben, das Leben ist siegreich.

Viertes Stück.

Ein Mänä bin ich des großen Lebens, 20

ein Mänä bin ich des gewaltigen Lebens,


ein Mänä bin ich des großen Lebens.
Wer
mich aus meinem Schatzhaus heraus?
holte
Aus meinem Schatzhaus holte wer mich heraus,
wer warf mich in das Haus des Vierten'')? 25
Wer warf mich in des Vierten Haus,
daß die Bösen auf mich zürnen?
Die Bösen zürnen auf mich
und sinnen täglich auf Böses gegen mich.
Sie sinnen gegen mich in (bösem) Sinnen 30
und sprechen:
.,Wir wollen ihn bei uns abschneiden, wir wollen ihn bei uns zurück-
und von seinem Herkunftsorte absperren. [lassen
Wir wollen ihn absperren [43] von seinem Herkunftsorte,
und er werde ein Anteil von uns." 35

') öielu; oTbeii, p. 151 '.

-) Hinter i^ni^D ist ein Wort luisgerallen : vielloiclit ist i^iiniyi zu (>rgilnzeu, vg-1.
Text -l;'"),
7 t'.

')
D. h. Ptahils.
4-60 Linker Teil. 43,1—17

Der Mänä sinnt nach und spricht:


., vom Herkunftsorte meines Vaters
Vielleicht schneiden sie mich
Wie derMänä dasteht und nachdenkt, [ab."
kommt der Mann, sein Helfer.
5
Sein großer Helfer kommt,
der ihn hierher gebracht hat:
„Mänä! Grüble nicht und verzehre dich nicht
nicht um die Vergänglichen.
und betrübe dich
Die schandbaren Vergänglichen vermögen nicht
lo dich abzuschneiden und bei sich zurückzulassen.
Nicht vermögen sie dich bei sich zurückzulassen
und dich vom Herkunftsorte deines Vaters abzusperren.
Die Kraft deines Vaters ist mit dir,
und die Rede der Uthras ruht auf dir.''

15 Als der Mänä dies hörte,

grübelte er nicht mehr in Bösem


und machte die Pläne der Vergänglichen zu nicht e.
Er rief) mit lauter Stimme
und bezeugte den
lichten Sproß.
20 Er rief^) mit hehrem, außerweltlichem Lobpreis,
da kam zu ihm der große Helfer.
[Der große Helfer kam zu ihm]
und holte ihn aus der Welt:
„Steh auf, Mänä, komm mit mir,
25 geh mit mir an deinen Ort.
Ziehe dein verborgenes Gewand an,
dem Verderben") und Zorn nicht anhaften.
Verderben und Zorn haften ihm nicht an;
die Uthras ziehen es an und prangen."
30 Den Schatz, den er ihm verlieh, nahm das Lehen an"),
der Bote, der zu ihm kam, war siegreich.
Das Leben richtete den Mänä auf,
und die Boten stellten ihn an seinem Platze auf. —
Und das Leben ist siegreich.

'I Lies n^iTip.


-) Dieser Sinn paßt l)ier bessoi- als ., Vergehen, Fraß". sieh(( p. i), 4.

'') Niclit "'anz sicher.


43,18—44,!) Zweites Buch. Fünftes Stück. 4-61

Fünftes Stück.

Ein Mänä bin ich des großen Lebens,


ein Mänä bin ich des gewaltigen Lebens,
ein Mänä bi-n ich des
großen Lebens,
Sohn reichen Glanzes, ein Sohn lichter Herrlichkeit.
ein 5

Warum entblößten sie mich meines Glanzes,


brachten mich hin und warfen mich in das körperliche Gewand?
In das körperliche Gewand warfen sie mich,
das er^) angezogen und abgelegt hat.
Weh und leid ist mir im körperlichen Gewände, lo

in das sie mich gebracht und geworfen haben.


Wie oft muß ich es ablegen, wie oft anziehen,
soll immer wieder meinen Streit schlichten
und das Leben in seiner Skinä nicht schauen.

Wie
'

der Mänä dasteht und sich aufzuklären sucht, 15

[44] kommt der Mann, sein Helfer:

„Du mit mir wohnen,


sollst

und in deinem Herzen werden wir Platz nehmen.


Wir werden in deinem Herzen Platz nehmen
und dich zu deiner hehren Sklnä emporheben. 20
Rasch vergehend will ich machen und zusammenziehen die Monate,
gleich ").

Dein Maß sei wie nichts,


dieganze Welt will ich verächtlich machen'').
Du gehörtest mir hier*), 25
nun Avill ich dich aus der Welt wegnehmen und emporheben.
Ich will dich aus ihr wegnehmen und emporheben
und will rasch alle verlassen.
Verlassen will ich alle,
sie sollen alle sterben und vergehen. 30
Du bist mein Abbild,
dich will ich emj)orheben und in meinem Gewände bewahren.
In meinem Gewände, das das große (Leben) mir gewähret,
in dem reinen Duft, den es mir anvertraut.
Dieses Gewand, in dem du weiltest, ;,5

will ich dem um den Kopf schlagen, der es geschaffen.

^j
Ein Wechsel in der Pci'son, siehe p. 14*.

") i<"'I31ii^n bezeichnet hier anscheinend ein von D^n gebildetes Konkretum. Kainn
..Scherben". Dahinter wird etwas wie gestanden haben.
pn^'i
") Siehe oben, p. 4281".
*) Leid, hat
ji^^ny-
Was dasteht, paßt nicht zum Folgenden; vielleicht ist J<"''br)>'ir
oder
INtriJ^^n
zu lesen.
462 Liiiker Teil. 44, 9—45 o

Denn zu Falle kommen und vergehen


die Männer, die es hergestellt.
Es vergehen die Männer des Auftrages^)."
Er wurde dem Mänä ein Helfer.
Er koste und hebkoste ihn
und legte von seinem Segen auf ihn.
Von seinem Segen legte er auf ihn
und festigte ihn in der Skinä seiner Väter,

Das Leben ist siegreich über alle Werke.

1° Sechstes Stück.

Ein Manä bin ich des großen Lebens,


ein Mänäbin ich des gewaltigen Lebens,
ein Mänä bin ich des großen Lebens.
Ich bin durch die Gnade meines Vaters gefestigt.
15 Gefestigt bin ich durch meines Vaters Gnade,
ich leuchte im Glänze, über den sie mich aufgekläret.
Noch konnte ich mich der Gnade meines Vaters nicht freuen,
noch nicht den Glanz begreifen, über den sie mich aufgekläret.
Hinterlistig") versetzten sie mich in die Tibil,
hinterhstig ") vertrieben sie mich aus meinem Ort und meiner Stätte.
20

Sie vertrieben mich und holten mich aus meiner Stätte,


verscheuchten mich aus meinem Vaterhause.
Geschlagen und hingemordet soll der Bildner der Körper werden,
der mit seinen Plänen die Welt geschaffen.
25 Geschlagen und verflucht sollen die Planeten werden,
die an der Spitze seiner Schöpfung standen.
Ich will (von) unter ihrer Hand entweichen,
will hingehen und die Gnade meines Vaters annehmen,
will annehmen [45] den Glanz, über den sie mich aufgekläret.
30 Ich will mich seines ganzen Schatzes freuen,
durch seine ganze Weisheit vollendet sein**).

Wie derMänä dasteht und nachsinnt,


kommt der Mann, sein Helfer, heran,
kommt heran der große Helfer:

1)
Die mit der Herstellung beauftragt Avurden?
*) Unsicher. Leid, hat DüDV und DJ^Di^l, was schlechter paßt.

«) Vgl. Joh. IL p. 11 6^.


45, 3—21 Zweites Buch. Siebentes Stück. 463

„Wenn ^) dudie Gnade deines Vaters annehmen willst,


annehmen den Glanz, über den sie dich aufgekläret,
wenn du deinen ganzen Schatz annehmen und dich seiner freuen,
wenn du durch deine ganze Weisheit vollendet sein willst,
wenn du dich recht einrichten willst, 5

wohne in der Welt.


harre aus und
Harre aus und wohne in der Welt,
bis dein Maß dir voll wird,
bis dir voll wird dein Maß
und ganz wird die Zahl, die sie dir verliehen. lo

Dann will ich zu dir mit reichem Glanz kommen


und mit Licht ohne Ende."

Gar lange harrte ich aus und wohnte in der Welt,


bis mein Maß voll war.
Mein Maß war voll, und meine Zahl war ganz, 15
da ging her und kam zu mir mein Helfer.
Er holte mich weg aus ihrer Mitte,
hob mich empor und richtete mich im Hause der Vollendung auf.
Ich begriff die Gnade meines Vaters,
begriff den Glanz, über den sie mich aufgekläret. 20
Ich freute mich des Schatzes, den (mein Vater) geschaffen,
und war vollendet durch seine Weisheit^). —
Und das Leben ist siegreich.

Siebentes Stück.

Ein Mänä bin ich des großen Lebens, 25


ein Mänä bin ich des gewaltigen Lebens,
ein Mänä bin ich des großen Lebens.
Wer warf mich in das Elend der Engel?
Wer warf mich in das Elend der Engel,
die häßlich sind, deren Duft übel riecht 30
und deren Gestalt häßlich und unförmig ist?
Gar häßlich ist ihre Gestalt;
wer hat mich unter sie geworfen?
Wie soll ich unter ihnen groß werden,
wo ihre Wohnsitze für mich nicht taugen? 35

1) Lies IV-
n^^J^D
-)
Wohl ri^^in iJiid nD'*")?0^Jn3;i zu lesen.
464 Linker Teil. 45, 21—46, 14

Wie soll ich ihr Gewand anziehen


und in ihrer Wohnung wohnen?
Wie der Mänä und sich aufzuklären sucht,
dasteht
5
kam ihm heran.
sein Helfer zu
Sein Helfer kam zu ihm
und ließ ihn einen hellen Ruf vernehmen.
[Einen hellen Ruf] ließ er ihn vernehmen
und sprach zu ihm in glänzender Rede:
lo „Abscheulich ist der Geruch der Engel,
doch [kümmere dich nicht] ')
um ihren Geruch, [46] da er an dir
Wenn ihre Gestalt unförmig ist, [nicht haften bleibt.
warum fragst du nach ihnen?
Du hast unsere Stimme gehört,
15 unsere unvergängliche Rede wurde von dir vernommen.
Wir sprachen zu dir mit unserer glänzenden Rede"),
so harre aus und wohne im Hause des Elends.
Abscheulich sind die Engel,
ihre eigene Finsternis hat sie abscheulich gemacht.
20 Siehe uns an und halte dich rein
und richte deinen Blick nach deiner Stätte hin.
Nach deiner Stätte richte deinen Blick hin,
wir gehören dir.

Wir sind bei dir,


25 und deine Gestalt leuchtet durch uns."

Als er so zum Mänä sprach,


verrichtete dieser ein rechtes Gebet.
Ein rechtes Gebet verrichtete er
und betete in festen Worten:
30 „Ich habe meinen Helfer gehört''),
nun will ich ausharren und in der Welt wohnen.
Ausharren will ich in der Welt und in ihr wohnen,
meinem Helfer gefällt.
so lange als es
Wenn meinem Helfer gefällt,
es

35 gehe er und komme zu mir.


Er gehe und komme zu mir
und hole mich aus dem Elend der Engel.
Aus dem Elend der Engel hole er mich,
deren Gestalt häßhch und unförmig ist."

40 Bald kam mein Helfer,


er hellte mich auf und klärte mich auf.

>) Dies oder Ähnliches ist zu ergänzen. ") Lies li^^Pi^böi^D ") Lies n''D''t2'-
4(>, 14—47, 4 Zweites Buch. Achtes Stück. ^SS

Er mich aus meinem Körper


holte
und
führte mich unter seinem Geleite foft.
Er brachte mich^) nach dem Schatze, zu dem er sich begab,
und festigte mich an der Stätte, an der er gefestigt war.
Er festigte mich und schloß Gemeinschaft mit mir
und rechnete mich zu seiner eigenen Rechnung. —
Das Leben wird hochgehalten und ist siegreich,
und siegreich ist der Mann, der hierher gegangen ist.

Achtes Stück.

Ein Mänä'*) bin ich des großen Lebens, lo

ein Mänä bin ich des gewaltigen Lebens,


ein Mänä bin ich des großen Lebens,
der ich aufbrach, um in die Welt zu kommen.
Um in die Welt zu kommen brach ich auf,
merken es
nicht Bewohner insgesamt.
ihre 15

Nicht bemerken mich ihre Bewohner insgesamt,


nicht nehmen mich wahr alle Welten.
Gar lange bemerkten mich nicht die Äonen,
bis man mich in den Rumpf warf.
Bis man mich warf in den Rumpf 20

und Adam auf seinen Füßen stand.

(Adam stand auf seinen Füßen,


während der Schlaf [47] ihn übermannte.)
Als Adam auf seinen Füßen stand,
verfluchte er den Mann, seinen Schöpfer''). 25

Er verfluchte den Bildner der. Körper*),


in dessen Händen seine Werke nicht recht wurden.
Wurden denn seine Werke in seinen Händen recht"*),
bis er Adam schuf?
Bis er schuf Adam, 30
bis dieser seinem Bilde glich.

1) Lies ]i6)i^.

2) Siehe zu diesem Stücke REITZBNSTEIN, Das mandäische Buch den Herrn der
Größe, p. 92.

^) Nach dem Folgenden ist K3ÜW hier in diesem Sinne aufzufassen.

*) Siehe Lit., p. 102 ob.

5) Lies ppn^Di; mit BC und Leid., d. h. ppD i^^DV, siehe Nöld., p. 434 unt.
Lidzbarski, Ginz;ä' 30
466 Linker Teil. 47, 4—23

bis er lebenden Feuers voll war,


wie sein Vater ihn damit gefüllt hatte.
Er schuf und machte es nicht recht,
bis er den falschen Rumpf schuf.
5 Er schuf den falschen Rumpf
und die nichtige Herberge.
Sie scheuchten mich von meiner Stätte weg
und vertrieben mich aus der Mitte meiner Brüder.
Aus meiner guten Brüder Mitte vertrieben sie mich,
lo aus der Mitte der Rüstigen, Wohlgerüsteten.
Wann werde ich den Rumpf verlassen,
werde ihn der Vernichtung und Zerstörung anheimgeben,
werde seine Werke verlassen,
werde die rebellische Ruine schHeßen?
15 Ich werde zu meinem Orte emporsteigen,
die Planeten werden dann hinstürzen, ohne aufzustehen.

Wie der Mänä und sich aufzuklären sucht,


dasteht

gelangte heran und kam zu ihm sein Helfer,


sowie seine eigenen Beschützer
20 und
die großen, guten ^),
die ihn begleiteten:

„Auf, Mänä, verlasse diese Welt!


Die Verkehrtheit, die dich schmerzte, werden ihre eigenen Herren
Der Schlaf, aus dem du erwacht bist, [übernehmen.
wird sich wenden und auf sie drücken.
25 Auf, bekleide dich mit dem reichen Glänze
und bedecke dich mit dem teuren Lichte.
Binde dir den Gürtel der offenen Augen um,
der ganz Augen ist, ganz und gar."

Der Mänä stieg von ihnen empor,


2,0 und die Planeten geben sich der Klage hin.

Täglich geben sie sich der Klage hin,


täglich essen sie
um mich ").

Sie liegen auf Matten,


die Bösen sitzen gleich Gefangenen da.
31; Der Mänä stieg zum Hause des Lebens empor
und grübelte nicht in Trauer und Klage,
in Trauer und Klage grübelte er nicht,
von ihrer Verkehrtheit war nichts an ihm.
Nichts war von ihrer Verkehrtheit an ihm,
40 nichts nahm er von ihnen an.

1)
Im Texte steht J^nWl, was keinen Sinn gibt.

•-)
Siehe p; 21 \
47, 23—48. 15 Zweites Buch. Neuntes ötiick. ,467

Der Mänä **:!:*********


***** im Verborgenen stellten sie mich auf -

und stützten mich auf das Abbild des großen Lebens. —


Und gepriesen sei das große Leben.

Neuntes Stück. 5

[48] Ein Mänä bin ich des großen Lebens,


ein Mänä bin ich des gewaltigen Lebens,
ein Mänä bin ich des großen Lebens,
der sich in seinem Sinne aufzuklären sucht:
„Warum hat meine Gestalt sich verändert? lo

Wohin wollen sie mich bringen?


An welchen Ort noch
wollen sie meine Skinä fortschaffen?
Sie wollen mich fortbringen
von ihren glänzenden Reden. 15

Sie wollen mich von ihren Gebeten ^),

die sie im Hause der Vollendung verrichten.


Sie wollen mich [vom] reinen Lichtschimmer") fortschaffen
und im stinkenden Gewände wohnen lassen.
Wenn ich jenes Gewand sehe, 20
wer wird kommen und mich hinüberführen")?
Wer wird mir ein Rufer,
wer mir ein hehrer Helfer sein?
Wer wird sich zu mir setzen und mich liebkosen,
daß ich nicht von hier, von meinem Orte aus, vergesse, was mir 25

[aufgetragen ist?"
Wie der Mänä dasteht und nachsinnt,
faßte ihn sein Helfer fest an.
Sein Helfer faßte ihn fest an
und ward ihm ein Rufer:
„Dein vom Leben herkommender Glanz ist ausgedehnt und groß, 30
warum nennst du ihn einen Lichtschimmer?
Um den Glanz fortzunehmen*)
und das Licht vom Gewände abzuschneiden!
Die Guten fehlen,
obwohl sie noch nicht gesehen haben, was häßlich ist. 35

^)
Hier stand wohl aucli eine Form von b'^IN-

-)
Leid, hat i^D^iy. siehe auch weiterhin.

'')
Vielleicht ]{<Ti<i1 ;,nnd mich wecken" zu lesen. ')
Lies 2i<Di''D.
:-^o*
468 Linker Teil. 48, 16-49, 9

Wo sie noch nicht gesehen haben, was häßlich ist,

warum fehlen sie und vergehen sich?"

Darauf der Mänä mit seinem lauteren Munde


erwiderte dem Helfer, der ihn gefestigt hatte:
,5 „Ich war voll Mangels,
jetzt hast du mich gestützt, und das Licht wurde überreich.
Grestützt hast du mich jetzt, überreich wurde das Licht,
und Kraft und Festigkeit kam in Fülle
durch die Kraft meines großen Helfers,
lo durch die Kraft des Mannes, der mich gefestigt.
Er faßte mich fest mit seiner Rechten an
und übertrug von seinem Wesen auf mich.
Durch seine über mich [gelegten] Strahlen*) leuchtete ich auf,
ich wohnte im stinkenden Körper und grübelte nicht.
iq Die Stunden zogen sich zusammen, die Sosse zogen sich zusammen.
und der Lauf der Welt wurde eingeteilt.
Die sieben Sterne wurden verteilt,
und der Mangel drückte auf sie.
Mein großer Helfer kam
2o und ließ mich den Körper [49] des Todes ausziehen.
Den Körper des Todes ließ er mich ausziehen
und kleidete mich in den Glanz seiner Strahlen.
Er belehrte mich über die Totenmesse,
die sie jeglichen Ortes abhielten."

25 Er und sein großer Helfer


leuchten in einer Skinä.
In einer Skinä leuchten sie
und leben in einem Lobpreis.
Eine Sieghaftigkeit hat man ihnen geschaffen,
30 und sie nehmen zur Hälfte den Anteil an der Gnade.
Sie suchen sich in einer Skmä aufzuhellen,
und wie sie sich aufzuhellen suchen, werden sie aufgeklärt. —
Und gepriesen sei das Leben.

Zehntes Stück.

35 Ein Mäna bin ich des großen Lebens,


ein Mänä bin ich des gewaltigen Lebens,
ein Mänä bin ich des großen Lebens,
der sich durch die Erleuchtung seines Vaters aufzuklären sucht:

*)
Daß i^i^J^Di^ll hiev diesen Sinn hat, nicht „Reden" ist ans Z. 22 zu ersehen.
), 10—50, 3 Zweites Buch. Zehntes Stück. 469

„Von dir, mein Vater, erhalte ich Belehrung,


du wurdest mir ein Helfer.
Ein Helfer wurdest du mir,
sage mir, wohin du mich sendest."

Darauf erwiderte der Urvater 5

und sprach zum Mänä, dem Sohne Gewaltiger^):


„Wir senden dich hierher an deinen Ort,
den die Uthras, die Söhne des Heils, geschaffen haben." —
„Wenn du mich dahin sendest,
Jo
sage mir, wer von den Uthras den Ort geschaffen hat.
Sage mir, wer ihn geschaffen hat von den Uthras,
damit ich das Elend ertrage, das an ihm ist,
wenn ich, mein Urvater, hineingeworfen bin,
a
=1: -.H * * * * * !|: IN * * *.

Der Mänä stieg zur Welt hinab. '5

Zur Welt stieg der Mänä hinab,


kam hin und geriet in das Elend.
Er kam hin, geriet in das Elend,
und Seufzen empfing ihn.
Der Mänä klagt ^) und seufzt, 20

daß er von seiner Stätte abgeschnitten wurde:


„Mein sanfter Vater beschützte mich nicht,
er belehrte mich nicht über jedes einzelne Ding
und klärte mich nicht über die Welt auf.
Jetzt, wo ich hinabgestiegen") und zu ihr gelangt bin, 25
wurden alle voller Schlechtigkeit.
Wieviel soll ich von ihr hören*),
wieviel von ihrem Leid erdulden!
Weh und leid ist mir,
daß mein Vater mich nichts von seiner Rede vernehmen ließ. 30
Nichts ließ mein Vater mich von seiner Rede vernehmen,
nicht erteilte er mir einen Rat der Gläubigen.
Wenn es meinem sanften Vater beliebt,
sende er mir einen Mann, [50] einen Helfer.
Einen Helfer sende er mir, einen ersten Helfer, 35
in dessen Skinä alles, was er sagt, Gehör findet."

„Du weißt, Mänä,


wer die Welt geschaffen hat,

1) So nach Text 50, 16 f.


") *iJi ist wolil so aufzufassen f siehe aucli Text 53. 18), wie es sonst oft mit Wörtern
für „Klage" verbunden ist. ") Lies nTin""}!. *) Lies ^DlJ^i?.
470 Linker Teil. 50,3—20

wer geschaffen hat die Welt,


und dir wurde geraten, was recht ist."

Als der Mänä dies hörte,


sann er über die Welt nach:
5 „Ich will nach dem Worte meines guten Vaters
im nichtigen Körper wohnen.
Ich will so lange in ihm weilen und wohnen,
meinem Vater beliebt.
als es
Wenn meinem Vater beliebt,
es
lo wird er kommen und mich aus eurer (der Bösen) Mitte holen.
Denn mir ist weh und leid
eurem üblen Dufte.
in
Weh und leid ist mir bei dem falschen Gerede
und Gehör, das euch eigen ist.
15 Ihr sprechet und höret in Falschheit,
verübet nichtige Werke."

Ich sprach [in der Rede] des Lebens;


das war meinem Vater lieb und angenehm.
Lieb war es und angenehm meinem Vater,
20 und er sandte seinen Helfer zu mir.
Er sandte seinen Helfer,
der in seiner Skinä spricht und erhört wird.
Ich öffnete meine Augen,
da wurden sie des Lichtes voll.
25 Ich öffnete meinen Mund und pries ihn;
an mir Mangel und Fehl:
nicht fand er

„Wenn du weißt, daß ich gegen eure Rede gefehlt habe,


lasset mich in meinem Körper an meiner Stelle.'"

Da erwiderte mein ^) erster Helfer


30 und sprach zum Mänä, dem Sohne Gewaltiger:
„Schweig und sei ruhig, Mänä,
Sohn Gewaltiger, schweig und sei ruhig.
Mänä, du hast nicht gefehlt,
nein, hast noch ein Übriges getan."

35 „Wenn ich noch ein Übriges getan und nicht gefehlet,
was ist es nun, Avas ihr mir angetan?"

Als er dies von ihm hörte,


holte er ihn aus seinem Körper.

^) Man erwartet i^"nj^ili< ;,der erste Helfer", docli ist ein solcher Wechsel in der

Person, wie hier schon mehrfach hervorgehoben wurde, nicht selten.


50, 20—51, 12 Zweites Buch. Elftes Stück. 47 1-

Er holte ihn aus seinem Körper und trug Hymnen vor,


er beruhigte ihn, erlöste ihn und richtete ihn auf.
Er hob ihn empor und zeigte ihm den großen Herrn der Vollendung
und stellte ihn in teurem Glänze auf. —
Das Leben wird hochgehalten und ist siegreich,
und siegreich ist der Mann, der hierher gegangen ist.

Elftes Stück.

Ein Mänä bin ich des großen Lebens,


ein Mänä bin ich des gewaltigen Lebens,
ein Mänä bin ich des großen Lebens. lo

Wer hat mich im körperlichen Gewände wohnen lassen?


[51] So lange ich auch in ihm wohnte,
nicht war an ihm^) Mangel und Fehl.
Ich fehlte nicht und verging mich nicht
und nahm keinen Fehler an, 15
Keinen Fehler nahm ich an
und schuf vor mir keine Anstöße.
Keine Mischung war an mir,
nicht wandte ich meine Rede von der Rede meines Vaters ab.
Ich leuchte durch die Kraft meines Vaters, 20

durch den Mann, der mich im körperlichen Gewände hat wohnen


Er ließ mich im körperlichen Gewände wohnen, [lassen.
da harrte ich aus und weilte darin
und bereitete kein Fehl meinem Vater.
Nicht sage er: Der Mänä hat vergessen, was man ihm aufgetragen, 25
der Mänä ließ an dem fehlen, was er seiner Heimat schuldig war.
Mit der Kraft und der Rede des Mänä
erbittet er und erreicht bei seinem Vater").
Er erbittet und erreicht;
er machte mich los und holte mich aus der Welt. 30
Er holte mich heraus und ließ mich nicht da,
und nicht war an mir Mangel und Fehl.
Mein sanfter Vater wußte,
daß Mangel und Fehl nicht an mir") war.
(Ich sprach:) „Wenn es dir beliebt, 35
werde ich kommen und deine Gestalt schauen.'-

^)
Am Körper, doch ist wohl ^^''DJilMf^b ..nicht war an mir-' zu lesen.
-) Wiederum ein Wechsel in der Person. ')
Auch hier ist wohl i^iDKIHi^^l zu lesen.
472 Linker Teil. 51, 12—52, 5

Mein Vater sandte mir einen Boten


und befreite mich aus der Welt.
Er befreite mich von den Verbrechern
und den Fälschern allen.
5 Von allen, die von Schwert(kampf) voll sind,
die von Gewalttat und Trug reden.
Er hob mich zum Hause des Lebens empor
und stellte mich unter den Leuchten auf.
Jeder einzelne preist und erhöht mich:
lo „Gesegnet und gepriesen seiest du, Mänä,
der du die Herrlichkeit deines Vaters hochgehalten und
Du hast dich von ihnen befreit; [gewahrt hast.
du kämest und richtetest dich bei uns auf.
Zu uns kämest du und richtetest dich auf,
15 kämest und sprachest mit unserer Rede, wie sie war." —
Und gepriesen sei das große Leben im Lichte.

Zwölftes Stück.

Ein Mänä bin ich des großen Lebens,


ein Mänä
bin ich des gewaltigen Lebens,
20 ein Mänä bin ich des großen Lebens.
Sie gingen hin und brachten mich in die Tibil.
Sie gingen hin und brachten mich in die Tibil,
das Haus, das die Lügner gebauet.
Das Haus haben Lügner gebaut,
25 Fälscher wohnen darin.
Kein Wissender war da, der mich kannte,
kein [52] Kundiger, der von mir Kunde hätte.
Kein Gerechter war da,
dessen Rede der der Uthras gliche.
30 Wie soll ich wohnen
in dem Hause, das Lügner gebauet?
Fälscher wohnen darin,
die insgesamt voller Gier sind.
Wenn es dir, König der Großen, behebt,
35 richte mir einen Wegstein auf.
Einen Wegstein richte mir auf
und vor dem Wegstein einen großen Damm.
Schaffe mir einen Rufer,
einen Rufer schaffe mir.
62, 5—22 Zweites Buch. Zwölftes Stück. 473

Wenn ich schlafe, wecke er mich,


wenn ich strauchele, hebe er mich hoch^^).
Wenn die Sieben mich schlagen,
heile er mich und hebe mich hoch.

Wie der Mänä dasteht und sich aufzuklären sucht, 5

kam zu ihm sein Helfer heran.


Sein großer Helfer kam heran,
er begab sich hin und richtete ihm einen Wegstein auf.

Er ging hin, richtete ihm einen Wegstein auf


und vor dem Wegstein einen Damm. lo

Er war ihm ein Helfer,


er war ihm ein Rufer.
Wenn er schlief, weckte ihn sein Gebet,
wenn er strauchelte, hob ihn sein Lobpreis empor ^).
Wenn die Sieben ihn schlugen, 15

wurde ihm seine verborgene Kraft zum Heiler.


Er ward ihm zum Heiler,
er hob ihn empor und richtete ihn auf,
er ebnete ihm einen ebenen Weg.
Er zeigte ihm**) und richtete ihm einen Pfad auf 20

und einen Steg, damit er an seinen Ort emporsteige:


„Komm, komm, Mänä,
komm, steig auf deinem Pfad empor.
Komm, steig auf deinem Pfad empor,
komm, tritt auf deinen Weg des Lebens. 25

Komm, tritt auf deinen Weg des Lebens,


denn ich wurde dir zum Helfer.
Ich holte dich aus der Welt der Finsternis,
richtete hoch deinen Thron auf.
Deinen Thron richtete ich hoch auf, 30
weil du die Verfolgung in der Welt ertrügest.
Weil du die Verfolgung ertrügest,
werden wir dir alle Sünden erlassen."
Sei gnädig, sei gnädig,
Herr der hehren Seligkeit, 35
Herr der hehren Seligkeit,
der dasitzt und die üthras recht hält*).

Und gepriesen sei das große Leben.
^) Wohl |i^ibi<"i*'i
zu lesen, siehe weiterhin. Siehe die vorhergehende Anmerkung.
'-)

'»)
Für )}}
lies in. Man wäre auch geneigt, mIIJ^h bzw. Ni%sn zu NilJ^Z' .,er schuf'
abzuändern, doch siehe Text 71,17: 72,14.
*) Die letzten beiden Verse sind wohl ein Schiuligebet, das an das höchste Wesen
gerichtet ist.
474 Linker Teil. 52, 23—53, 14

Dreizehntes Stück.

Ein Mänä bin ich des großen Lebens,


ein Mänä bin ich des gewaltigen Lebens,
ein Mänä bin ich des großen Lebens.
5 Wer hat mich hierher gebracht?
Wer hat [53] hierher mich gebracht
unter die finsteren Empörer?
W^ie soll mein Herz es ertragen '), .

wie soll ich die Verfolgung der Welt erdulden?


lo Wie soll ichmit Löwen hausen,
mit fressenden Drachen?
Wie soll ich mit den Bösen") hausen,
die täglich Böses loslassen?

Täglich lassen sie Böses los,


iS täglich lassen sie Schrecken los.

Täglich lassen sie Schrecken los


und sprechen: „Wir wollen den Mänä ängstigen.
Ja, ängstigen wollen wir ihn,
so wird er bei uns erniedrigt werden.
2o So wird er bei uns erniedrigt werden,
und wir stehen dann über ihm.
Ja, wir wollen ihn erschrecken,
dann wird er unter den Werken unserer Hände wohnen können."

Der Mänä mit seinem lauteren Munde


25 sprach dann zu den Planeten:
„Durch die Kraft meines hohen'') Vaters
wird euer Schrecken nicht über mich kommen.
Durch die Kraft der Sprüche meines Vaters
trifft mich eure Beängstigung nicht.

30 Durch die Kraft meines großen Helfers*)


werde ich über euch stehen.
Ich bin besser als ihr,
und meine Rede ist wundersamer als die eurige.

Wundersam sind die Sprüche,


35 die aus dem Schatze meines Vaters gekommen sind.'-

Alle jammern
und streuten Staub auf ihr Haupt.

1)
Lies ii^lTb, hzw. t^Tl^^

'')
Siehe Joh. II, p. 106 1.
=0
Leid, liat i^Dt?").
"*) Hier, in Parallele mit DN, '^i^nn \XDÜ{<j auch „mein Schöpfer" bedeuten.
53,14—54.6 ZAveites Buch. Dreizehntes Stück. 475

Staub streuten sie auf ihr Haupt


und zerrissen die Gewänder ihrer Wollust.
Sie erglühten in ihrer bösen ')
Glut
und zürnten gegen sich selber:
„Wie konnten wir sagen, 5

daß wir den Mänä unter uns vernichten würden?"

Als die Planeten so sprachen,


kam eine Stimme aus dem Hause des großen Lebens.
Eine Stimme kam aus dem Hause des großen Lebens,
rief den Mänä und weckte ihn. lo

Sie rief und weckte den Mänä,


er stand auf und erhob sich über sie.

Er stand auf, erhob sich über sie


und sprach einen Tadel gegen sie aus:
„Machet euch fort und verschwindet vor mir, 15
ihr Bösen, Abgeschnittenen, Vergehenden.
Das Licht wird nicht zur Finsternis gezählt,
nicht wird den Sündern Festigkeit gewährt.
Würde den Sündern Festigkeit gewährt,
so hätte die Verfolgung kein "). 20
Nicht hätte die Verfolgung ein ,

nicht wäre sie hier verlassen worden."


Sie '")
nicht und nahmen [54] von ihm nichts an,
um es in verschiedenen Teilen auszuteilen.

Der Mänä in Sicherung seine Augen 25


richtete und erhob nach seinem Orte hin.
Da kam mein Helfer, er gelangte zu mir,
er erreichte mich*) und bildete mir einen Beschützer.
Er tadelte die
Engel

wenn du nur nicht zu mir mit vergehenden Worten gelangest. 30

Gar wohl wußte das große (Leben),


gar wohl wußte das Gewaltige,
gar wohl wußte das Große,
daß der Mänä vieles trefflich erduldete,
daß vieles der Mänä erduldete, 35
daher gelangte und kam zu ihm sein Beschützer.
Sein Helfer erlöste ihn,
er umarmte ihn"^) und hob ihn empor").

1) Lies i^n^"'3- ") Siehe Joh. 11, p. 67 n.


nicht in Ordnung; „verachten" paßt nicht.
ist wolil
'*)
|1^Di<^
4) Unsicher, siehe Joh. IL p. 148*. '^)
Leid, hat nDDiSlN^DnVI HDÜn:.

«)
Lies ripDü.).
476 Linker Teil. 54, 7—28

Er hielt fest und harrte lange aus,


wie jener') hier ausgeharrt hatte:
„Komm, komm, Mänä,
wir wollen dich in das Haus des großen (Lebens) bringen.
5 In des Großen Haus wollen wir dich bringen ;

auf, erzähle dem Gewaltigen.


Auf, erzähle dem Großen,
was die Sieben dir angetan:
daß sie dich bei sich abschneiden wollten,
lo um sich über dich zu stellen."

Ja, der Mänä brach mit seinem Uthra auf


und begab sich vor das gewaltige (Leben).
Er trat vor das Gewaltige
und erzählte ihm, was die Sieben ihm angetan:
15 „Weißt du nicht. Großes,
weißt du nicht. Gewaltiges,
weißt du nicht. Großes,
daß ich Tadel gegen die Sieben richtete?
Trotz ihrer Kraft tadelte ich sie,
20 und die Sieben sanken unter mich hinunter.
Unter mich hinunter sanken die Sieben,
und ich stand über ihnen.
Über ihnen stand ich,
da gelangte und kam zu mir mein Helfer.
25 [Mein Helfer] kam zu mir und erreichte mich,
es kam zu mir und erreichte mich mein Geleiter.
Es langte an und erschien mir mein Geleiter,
mein Beschützer, Helfer und Geleiter.
Er umarmte mich, und ich kam zu dir,
30 erzählte dir, was die Sieben mir angetan."

Darauf segnet mich das Große


und bewahrt mich das Gewaltige:
„Wie hast du ausgehalten und ausgeharrt,
bis der Auftrag an dich sich erfüllte!

35 Bis dein Scheiden eintrat


und du aus den Händen der Zöllner befreit wurdest."
Das Große sah ihn an und liebte ihn,
dieUthras des Lichtes ehrten ihn. —
Und gepriesen sei das Leben.

1) Der Erlöser (Hibil)y


54, 24—55. 17 Zweites Buch. Vierzehntes Stück. 477

Vierzehntes Stück.
Ein Mänä bin ich des großen Lebens,
ein Mänä bin ich des gewaltigen Lebens,

[55] ein Mänä bin ich des großen Lebens.


Sie trieben ihn fort aus dem Hause seiner Brüder ')

und sandten ihn in diese Welt.


In diese Welt sandten sie ihn,
zu kommen und in der öden Einöde zu wohnen,
zu kommen und die Einöde zu bewachen;
die Planeten spähten aus und erblickten ihn. lO

Es spähten aus und erblickten ihn die Planeten,


die verkehrt und verdreht sind.
Offen ist ihr Mund;
er gleicht dem Süf-Meere.
Ihre Lippen gleichen dem verzehrenden (Feuer?) ^). 15

Ihr Geruch ist häßlich und widerlich.


Wie böse und verworfen sind sie!
sie, da geriet ich in Angst, und Furcht
Ich erblickte kam über
Ich geriet in Angst, und Furcht kam über mich, [mich.
weil mein Helfer nicht bei mir ist. 20

Nicht ist mein Helfer bei mir, nicht ist er da;


wenn ich nur nicht abgeschnitten werde!

Doch das große (Leben) wußte,


daß Angst über den Mänä gekommen war.
Da kam der Ruf des großen Helfers, 25

der dem Mänä in der Welt zurief.


Er sprach zu ihm:
„Was schautest du, Adam, daß du in Furcht gerietest,
warum kam Angst und Bangen über dich?
Wenn du die häßlichen
Engel geschaut hast,
so will ich dir ihre
Niederwerfung gewähren.
Wegen der häßhchen Dews, die dich ängstigten,
will ich dir sagen"), womit sie gefesselt werden.
Über ihren Mund, der dem (Meere) Süf gleicht,
wird ihre eigene Finsternis kommen. JO

Über ihre Lippen, die dem verzehrenden (Feuer?) gleichen,


wird große Bindung kommen."

Die Stimme des sanften Mänä ist es,

der seinem Helfer zuruft.


Er spricht zu ihm: 40

') Leid, hat nnN.


-) Oder „einer Keule'"? Siehe Joh. 11, p. 166" "')
Lies
-jkX'^NJnNDiSV
478 Linker Teil. 55, 17—56, 12

..^lein Vater! Wenn rechte Ordnung obwaltete,


warum ist Ptahil aus seiner Stätte hervorgegangen?
Warum Ptahil aus seiner Stätte hervorgegangen,
ist

warum säte er bösen Samen aus


5 und schuf nichtswürdige Zungen?"

Da kam Stimme des großen Helfers,


die
der dem Mänä
in der Welt zurief:

„Sei ruhig und schweige, Adam,


und die Ruhe der Guten umfange dich,
lo Siehe zu, wenn es dir weh und bange ist,
siehe zu, daß du nicht Ptahil fluchest ').
Fluche nicht Ptahil-Uthra,
dem Uthra, der sich aus unserer Mitte ausgesondert hat,
dem Uthra, der sich ausgesondert hat aus unserer Mitte
15 und dann die nichtswürdigen Zungen geschaffen hat.
Er ist Abathurs Sohn,
dessen Eltern [56] ihn nicht zur Finsternis verdammen.
Wenn Welt vergeht
diese
und das Firmament der Engel zusammengerollt wird,
20 wenn zusammengerollt wird der Engel Firmament
und Sonne und Mond vergehen,
wenn vergehen Sonne und Mond
und [Glanz und] Helligkeit von ihnen genommen werden,
wenn von ihnen genommen werden Glanz und Helligkeit,
25 die Hüter darauf achtgeben
und den Sternen insgesamt kein Schimmer mehr ist,

^venn diese Werke vergehen,


wird Ptahils Gewand zurechtgelegt werden.
Dem Ptahil wird sein Gewand zurechtgelegt Averden,
30 und man wird ihn hier im Jordan taufen.
Hier im Jordan wird man ihn taufen,
und er wird alle Verfolgung vergessen, die er erduldet hat.
Dann wird Ptahil und du, Mänä,
in einer Skmä lohen,
J3 dann wird er dein König,

Mänä, genannt werden."

Also sprach der Helfer,


und der Mänä verheß sich auf ihn.
Wenn er Verfolgung und Bosheit erdulden mußte.
40 fluchte er doch Ptahil nicht,
sondern er verzieh ihm seine Sünden und Vergehen.
M Siehe auch p. B67 unt.; 311 f.
56, 12—57, 2 Zweites Buch. Fünfzehntes Stück. 479

Er sprach:
„Blick auf mich, Helfer, blick auf mich,
erreiche mich, komme zu mir und erlöse mich,

zeige mir meinen Weg,


den alle meine Brüder gehen." 5

Als der Helfer seinen Ruf hörte,


erhörte er ihn') aus den Früchten des Glanzes.
Er faßte ihn bei der Fläche der Rechten
und führte ihn an den Wachthäusern vorbei.
An den Wachthäusern vorbei führte er ihn lo

und Heß ihn die Wage passieren.


Die Wage ließ er ihn jjassieren
und brachte ihn in die Nähe der Söhne des Heils.
In die Nähe der Söhne des Heils brachte er ihn")
und führte ihn über die Wasserbäche. 15

Er führte ihn über die Wasserbäche,


und er stieg zusammen mit ihm zum Hause des Lebens empor.
Als das Leben ihn erblickte, gewann es ihn lieb,
hüllte ihn ein und setzte ihn auf seinen Thron. —
Und gepriesen sei das Leben. 20

Fünfzehntes Stück.

Ein Mänä bin ich des großen Lebens,


ein Mänä bin ich des gewaltigen Lebens,
ein Mänä bin ich des großen Lebens.

„Auf, geh zum Hause der Sieben!


Auf, zum Hause
der Sieben geh,
der nichtigen Rebellen der Finsternis.
Die nichtigen Rebellen der Finsternis'') sind finster,
und kein Licht ist unter ihnen."

Wenn ihr mich nach dem Hause [57] der Sieben sendet,
unterrichtet mich über die Werke, die sie üben.
Sie üben [nichtige] Werke,
und der Ausfluß des Lebens ist nicht bei ihnen.

^) Vielleicht ist f^fli^ zn lesen: kam er.

-)
Leid, hat 06'^ J^^iD Di^^'p np-li^p fi2'\ap a,üiÖZ' N^iD HNlbv
•')
Leid, hat NOV^'ni N'"i"lND N^^lDNI: vS^'i'tJND N^DlIiTil «mN?:.
480 Linker Teil. 57, 2—18

Sind sie etwa schön,


und
ist der Ausfluß des Lebens bei ihnen?

Sind etwa schön,


sie

dann will ich euch unter sie senden." —


5
„Dazu senden wir dich hin,
damit deine Werke schön werden.
Geh, falle in den Rumpf,
und sie werden ohne Vernunft sein.'-

Der Mänä änderte nichts an dem,


^° was die Großen^) ihm gesaget.
Er schied aus ihrer Mitte,
ging hin und kam zum Hause der Planeten.
Er ging hin, kam zum Hause der Planeten
und sah, daß ihre Werke zu nichts taugen.
15 Zu nichts taugen ihre
Werke,
und der Ausfluß des Lebens ist nicht bei ihnen.
Er kam und fiel in den Rumpf
und leuchtete mehr als alle.
Sie öffneten ihren Mund,
20 doch blieben auf ihrem
sie alle Wege sitzen.
Sie alle [blieben sitzen] auf ihrem Wege,
und die Verfluchten wissen nicht, was sie ihm sagen sollen.
Da öffnete der Mänä seinen Mund
und sprach zu den dumpfen Verfluchten:
25 „0 ihr dumpfen Verfluchten,
habt ihr einen Mänä gleich mir?
Habt ihr einen Mänä,
habt ihr eine Gestalt gleich meiner Gestalt?
Seid ihr gut,
30 ist eure Gestalt recht?

War unter euch der Ausfluß des Lebens,


war unter euch ein Mänä gleich mir^)?"

Die Sieben neigten ihr Haupt


und tuschelten miteinander:
35 „Lasset uns den Mänä packen*),
wir wollen ihn binden und in unser Netz werfen.

*)
Wiederum ist die Bedeutung von i^"iD"TTn unsicher. Obwohl weiterhin vom Leben
die Rede scheint mir doch nach der Art, wie im vorhergehenden Absätze die Auftrag-
ist,

geber angeredet werden und vom Ausfluß des Lebens gesprochen wird, daß hier die Großen,
die oberen Wesen gemeint sind. Der Ausdruck llii^nj^i"*!! ]D pNDi ist nicht maßgebend,
siehe Text 18,8; 58,18; 61,19; 64,3; 91,8.

*) Lies if^'h'^l. ") Leid, hat i^itD:ii'?il


57, 18—58, 11 Zweites Buch. Fünfzehntes Stück. 481

Wir wollen ihn in unser Wurfnetz ^) einschließen,


in unser Blei*) und unsere Finsternis legen ^)."

Darauf öffnete der Mänä seinen Mund


und sprach zu den Planeten:
„Ich werde euch, Planeten, dahin bringen, 5

daß eure Hand nicht auf mich fällt.


In euer Netz werde ich nicht geraten,
von eurem Wurfnetz nicht gefangen werden.
Eure Finsternis wird mich nicht verschlingen
und euer Blei mich nicht hinlegen. ^°

Ihr alle, so viel ihr seid,


werdet in eure Maschen und Netze verwickelt werden.
Ich richtete meinen Sinn nach dem Leben,
und mein Gemüt stützte sich auf die Kraft und die Erleuchtung,
die das große (Leben) aus meinem Orte mir beigegeben. i5

Während [58] eure Gestalt häßhch ist,

ist meine Gestalt wundersam.


Ich war siegreich, da das große (Leben) mich beauftragt hat,
und siegreich sind^) in hohem Maße die emporsteigen.
Ihr seid verächtlich und schandbar, -°

woher habet ihr Wurzel und Sieg, daß ihr damit siegreich seiet?
Ich steige zu meinem Ort empor,
ihr werdet hinabsteigen ohne emporzukommen."

Der Mänä kleidete sich in weiß,

empor und setzte sich auf die Höhe.


stieg 25
Auf der Höhe sitzt der Mänä
und ruft den Mann, den Helfer:
„Komm, mein Helfer, hebe mich empor,
sie konnten mich in ihrer Wohnung nicht zurückhalten.
Ich entkam ihrem Netze 30
und ihrem Blei, in das sie mich legen wollten.
Du sprachest zu mir, und ich hielt stand,
nun komm rasch zu mir und hebe mich empor."

Der Helfer beriet sich mit dem Leben,


ihm lichten Glanz zu bringen: 35

„Gewähre mir Glanz,


ich will hingehen und den Mänä darin kleiden.
Den Mänä will ich emporheben,
zu dir ihn bringen.

1) Vgl. Job. II, p. 148 ^ ") Leid, hat HDlDDti'kS:) ^) Lies nDi^TI-
jN^DItt'nSI.
Lidzbarski, Ginzä. 31
482 Linker Teil. 58, 11—59, 4

Ich will ihn zu dir bringen, und freue dich seiner,


denn er ist ihrem Netze entronnen,
denn ihrem Netze ist er entronnen
und blieb in ihrem Blei nicht liegen.
5 Der Mänä hüpft und freut sich,
er sprang auf und kleidete sich in weiß.
Er sprang auf und kleidete sich in weiß,
er stieg empor und setzte sich auf die Höhe.
Der Mänä sitzt auf der Höhe,
lo er spricht und ruft mich und spricht zu mir:

„Ich blieb fest und harrte aus,


nun komm rasch zu mir und hebe mich empor." —
„Auf, geh hin, bring den Mänä her,
bring ihn her, damit er bei uns aufgerichtet werde.
15 Er weile bei unserer Lobpreisung, er werde unter uns aufgerichtet,
wir wollen uns seiner freuen, und er liebe uns und segne uns
[mit unserer Lobpreisung."

Für dich wurde das Leben des Lebens volP),
und der Mänä fand, was er suchte. —
20 Und gepriesen sei das Leben.

Sechzehntes Stück.

Ein Mänä bin ich des


großen Lebens,
ein Mänä bin ich des gewaltigen Lebens,
ein Mänä bin ich des großen Lebens,
25 der im leuchtenden Schatze sitzt.

Im leuchtenden Schatze sitzt er

und spricht mit der Rede der Uthras.


Er spricht [59] mit dem Lobpreis der Gewaltigen,
und sie sprechen zu ihm mit Worten,
30 deren eines wundersamer ist als das andere.

Wie der Mänä


dasteht und sich aufzuklären sucht,

verlangte nach ihm das gewaltige (Leben)") und hob ihn empor
Es sprach zu ihm:
„Komm, ich will zu dir sprechen, Mänä,
35 begib dich zu mir, ich will dich belehren."

1) So nach D. Leid, hat iJ[iin t^^bD'^D}}, auch hier ohne i<'''in3 iVDtJ'i^V
^) Von hier an wohl so aufzufassen.
59, 4—19 Zweites Buch. Sechzehntes Stfick. 483

„Ich bin vor dir erschienen,


sage, was du wünschest."

Darauf sprach es zu ihm:


„Die Welt ist durch Blendwerk geschaffen,
auf, steige hinunter und gehe zu ihr. 5

Wenn du nicht hinuntersteigest,


wer soll ihr ein Beistand sein,
wer
Glanz über sie werfen?
soll

Wer soll Glanz werfen


über sie

und nicht zulassen, daß der Stamm abgeschnitten werde? lo

Das verzehrende Feuer ward heftig')


und entfachte das Feuer")." —
„Ich will aufbrechen und zur Welt hinabsteigen;
was für Werke tragest du mir auf?"

„Brich auf, steige zur Welt hinab, '5

geh hin und wachse im Körper auf.


Geh wachse auf im Körper,
hin,
jenem Gewände, das man dir anbefohlen.
in
Geh hin und wachse unter den Mysterien auf,
und die Mysterien sollen durch dich leuchten. 20

Durch dich sollen die Mysterien leuchten,


soll deinem Stamme Festigkeit zuteil werden.

Dein Stamm soll an seinen Ort emporsteigen,


und das Maß der Welt erfülle sich.
Es erfülle sich das Maß der Welt, .
25
und zwei Leuchten sollen sie bewachen.
Bewachen sollen sie zwei Leuchten
und Glanz in hohem Maße entstehen.
Durch deinen Glanz werde das Haus behütet,
und durch dich werde die Welt aufgerichtet. 30
Dich sollen lautere Wächter behüten,
deine Wurzel winde sich empor und steige in die Plöhe.

Empor steige der Sieg,


den ich an deinem Orte ausgeteilt habe."

') Siehe oben, p. 206*.


'•')
Der Sinn Mit dem Feuer scheint das Gesamtfeuer gemeint zu sein,
ist unklar.

scliwerlich ist „lebendes" zu ergänzen.hDNID^ sieht nach einem Aphel von f^"iD aus, das ge-
wöhnlich den Sinn „fliegen" hat (DID), doch paßt dies nicht. Da wir R 376, 9
i^wi^~lpj^i"l ÜTDÜ
haben, ist es möglich, daß ein Aphel vom Stamme "IID vorliegt, also etwa „entfachen", und
so ist vielleicht auch das oben, p. 105- erörterte n~iDi^J zu erklären: „wir wollen sie auf-

rühren''.

;-31*
484 Linker Teil. 59, 19—60. 12

Der Mänä änderte nichts an dem,


was das große (Leben) ihm befohlen.
Er den Körper ein,
trat in

Gewand, das
in jenes es ihm anbefohlen.
5 Er wohnte im Rumpfe,
und die Mysterien leuchteten durch ihn.
Er verneigte sich vor dem Großen
und beugte sich yor dem Gewaltigen.
Er verneigte sich vor dem Großen,
lo das sich dir und mir^) erkenntlich zeigen wird.
Dir und mir wird es sich erkenntlich zeigen,
denn [6()] zwischen dir und mir war kein Lug. —
Und gepriesen sei das Leben.

Siebzehntes Stück.

15 Ein Mänä bin ich des großen Lebens,


ein Mänä bin ich des gewaltigen Lebens,
ein Mänä bin ich des großen Lebens,
an dem Untreue") und Tücke nicht ist.
Nicht ist an mir Untreue und Tücke,
20 nicht Rede der Vergewaltigung.
Ich winkte und zwinkerte nicht
und weilte nicht als Schuldiger unter den Schuldigen.
Worin habe ich gegen das Leben gesündigt,
gegen das Große, das dort thronet?
25 Worin habe ich gegen das Verborgene gesündigt,
daß es mich in die Gefangenschaft und Verbannung warf,
in die Gefangenschaft, in die die Äonen mich gebracht,
in den Raub, den die Welten an mir begangen?
Wenn sie mich nur nicht hingesandt hätten, in eurem Gewände zu
30 im Raube, den die Äonen begangen! [wohnen,

„Wir haben nicht gesagt, daß du, Mänä,


in die Gefangenschaft der Äonen") geraten sollest,
daß du geraten sollest*) in die Gefangenschaft der Äonen ^),

nicht daß die Welten dich rauben sollen.

1)
In der ersten Person si^richt wohl wieder der Mänä, die zweite bezieht sich wohl
auf den „Helfer". ) Siehe Joh. 11, p. 42 i.
8) Leid,
hat N^*i1N"i=i. Leid, hat zweimal «i^iTvi'^"!.

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