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Skript Logistikcontrolling Sommersemester 2018 FH Dortmund FB Wirtschaft

Dipl.-Kfm. Lex, Lehrbeauftragter

1. Grundlagen
Bedeutung der Logistik

Die Wirtschaft in Deutschland hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend


verändert. Grenzen sind verschwunden, Handel kann ohne wesentliche
Einschränkungen global getätigt werden. Unser Wirtschaftsstandort muss sich dem
weltweiten Wettbewerb stellen. Durch die rasante Entwicklung im Bereich der
Kommunikationstechnologien werden Prozesse transparent und Informationen
können innerhalb von Sekunden in nahezu alle Winkel der Erde vordringen. Die
Produkte der jeweiligen Anbieter gleichen sich zunehmend an und werden substi-
tuierbar, Unterschiede zeigen sich oftmals nur in den Zusatzleistungen (u.a.Service).

Aufgrund der zunehmenden Dynamik und Schnelligkeit erhalten nicht die billigeren
Anbieter, sondern die schnelleren den Zuschlag. Hierbei steigt die Komplexität und
Anpassungsgeschwindigkeit in den Prozessen immens. Bei der Umsetzung der
notwendigen Aktivitäten ist die Logistik ein strategischer Erfolgsfaktor. Als
betriebliche Querschnittsfunktion stellt die Logistik sicher, dass die benötigten Güter
und Informationen zur richtigen Zeit, in der richtigen Menge und in der richtigen
Qualität zur Verfügung stehen. Die Logistik beschränkt sich dabei nicht auf das rein
physikalische Materialhandling, sondern umfasst ebenso dispositive Aufgaben und
Steuerungstätigkeiten bis hin zur langfristigen Planung der Unternehmensprozesse.

Die Logistik greift bei der Ausübung ihrer Tätigkeit entlang der Wertschöpfungskette
nahezu in alle Unternehmensbereiche ein. Je nach Aufgabenbereich wird der
Logistikprozess unterteilt. Es wird erkennbar, dass die Logistik nicht die Optimierung
einzelner Bereiche in den Vordergrund stellt, sondern ein vorausschauend vernetztes
und bereichsübergreifendes, ja sogar unternehmensübergreifendes Denken
voraussetzt.

Das Management des Unternehmens benötigt fortwährend aktuelle Informationen


und Rückmeldungen, ob sich die getroffenen Entscheidungen als richtig
herausgestellt haben oder Anpassungen vorgenommen werden müssen.

1.1. Die funktonalen Bereiche der Logistik im Unternehmen

Bereich Aufgabe

Beschaffungslogistik Gestaltung des Materialflusses von den Lieferanten zum


Unternehmen
Produktionslogistik reibungslose Steuerung des Produktionsprozesses

Distributionslogistik Management des Warenflusses der Fertigware zum


Kunden einschließlich Lagerhaltung

Entsorgungslogistik Vermeidung, Wiederverwertung und ökologisch


vertretbare thermische Vernichtung

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Die anfallenden Logistikkosten müssen in einem angemessenen Verhältnis zu den
Logistikleistungen stehen, damit die unternehmerischen Gesamtziele nicht verfehlt
werden. Werden fehlerhafte Entscheidungen zu spät erkannt, kann dies verheerende
Folgen bis hin zur Gefährdung der Unternehmensexistenz haben. Hier wird deutlich,
dass es ein Führungsinstrument im Unternehmen geben muss, welches diese
Steuerungs- und Überwachungsfunktion einnimmt – das Controlling.

1.2 Verwendung des Begriffs Logistik

Bei der Verwendung des Begriffs Logistik haben sich drei dominierende und
einander ergänzende Sichtweisen herausgebildet. Je nach Unternehmen wird die
Logistik als Denkhaltung, als Funktion oder als Institution betrachtet. Hinter diesen
Ausprägungen verbergen sich die unterschiedlichen Sichtweisen der Logistik.

1.2.1 Logistik als Denkhaltung

Ähnlich wie bei den Begriffen Marketing oder Controlling löst sich diese umfassend-
ste Sichtweise der Logistik von physikalischen Vorgängen und hat eine ganzheitliche
Sicht der vielfältigen unternehmerischen Systembeziehungen im Fokus, mit dem Ziel,
unternehmerische Entscheidungen zu verbessern. Dazu werden Zielkonflikte
innerhalb des Unternehmens offengelegt und bewusst infrage gestellt. Diese
Betrachtung erfolgt vor dem Hintergrund, dass die Komplexität der Prozesse im
Unternehmen ständig zunimmt und kaum mehr vollständig beherrscht werden kann.
Dies führt wiederum zu Informationsdefiziten der am Betriebsgeschehen beteiligten
Personen, da sie sich nur auf ihren jeweiligen Bereich konzentrieren. Somit kann
durch die Optimierung eines Bereiches die Reichweite von Entscheidungen im
gesamtunternehmerischen Sinne nur eingeschränkt beurteilt werden.

Die Behebung der Zielkonflikte verursacht Reibungsverluste und Kosten – und damit
Wettbewerbsnachteile. Während in einem Handwerksbetrieb der Inhaber/ Meister die
relevanten Beziehungen zu Kunden und Lieferanten überblickt, benötigen größere
Unternehmen Informationssysteme, um Komplexität und Informationsflüsse
transparent zu machen und die es ermöglichen, langfristige, strategische
Entscheidungen zu treffen. Dem soll das Logistikcontrolling Rechnung tragen.

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1.2.2 Logistik als Funktion

Logistik in diesem Sinn bezieht sich sowohl auf physikalische Vorgänge wie
Transport, Lagerung und Umschlag als auch auf dispositive und administrative
Tätigkeiten. Führungskräfte haben die Aufgabe der Koordination zwischen den
Teilbereichen im Sinne einer Kosten- und Leistungsoptimierung bei dieser
Denkhaltung.

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1.2.3 Logistik als Institution

Diese dritte zu beachtende Sichtweise bezieht sich auf die Systematik, wenn der
Begriff Logistik mit einer konkreten organisatorischen Einheit, z.B. der Logistik-
abteilung eines Unternehmens, gleichgesetzt wird. Sie wird repräsentiert durch
Organigramme und hierarchische Strukturen (Aufbauorganisation) und bezüglich der
Prozessabläufe durch Organisationsrichtlinien und Verfahrensanweisungen
(Ablauforganisation).

Bei dieser Betrachtungsweise sind unter anderem folgende Fragestellungen von


Bedeutung:

Wie anpassungsfähig ist die Organisation bezüglich Veränderungen?

Genügt es, logistische Aufgaben in traditionelle Abteilungen zu integrieren oder soll


eine separate organisatorische Einheit geschaffen werden?

Welchen Rang hat eine Logistikinstanz im Unternehmen? Eine Einordnung kann nur
von der Unternehmensleitung vorgenommen werden.

Welche Weisungsbefugnisse/ welchen Entscheidungsspielraum hat der Bereich


Logistik? Diese Frage wird in direkter Abhängigkeit von vorgenannter Rangein-
ordnung stehen. In der Praxis kann dies bedeuten, dass es Unternehmen gibt, in
denen das Wort Logistik nicht existiert, während andererseits in großen Firmen
hierfür ein separater Vorstand diese Funktion wahrnimmt.

Auch zu diesen institutionellen Fragen soll das Logistikcontrolling passende


Antworten finden.

Zusammenfassung für evtl. Fragestellungen in der Klausur:

Die betriebliche Logistik umfasst alle Aktivitäten zur Planung, Steuerung und
Kontrolle der Lagerhaltung, des Handlings (Bereitstellung bzw. Disposition) und des
Transports logistischer Objekte und damit den gesamten Materialfluss innerhalb des
Betriebes und der Umwelt.

Das Logistik-Controlling übernimmt die notwendige planerische und informatorische


Unterstützung und erfüllt planungsbezogene Kontrollaufgaben.

2. Ziele der Logistik

Die Ziele der Logistik sind grundsätzlich eingebunden in das gesamte Zielsystem des
Unternehmens und werden zusätzlich durch unternehmensexterne Zielsysteme
beeinflusst. In einer oberflächlichen Betrachtungsweise wird als Ziel der Logistik eine
Anzahl 3R (richtige Menge zur richtigen Zeit am richtigen Ort) genannt. Bei der
Konkretisierung dieser Ziele muss die Logistik auch dem Anspruch auf Ganzheitlich-
keit und Service- und Kundenorientierung gerecht werden.

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Kern dieser auf Wechselwirkung ausgerichteten Zielstellung ist eine Unterscheidung
in externe und interne Zielgrößen.

2.1 Die externen Zielgrößen repräsentieren die Größen, die von den Kunden
unmittelbar wahrgenommen werden können. Sie lassen sich in extern wahrnehmbare
Logistikleistungen und extern wahrnehmbare Logistikkosten einteilen. Die extern
wahrnehmbaren Logistikkosten entsprechen dem Preis, den ein Kunde für eine
Logistikleistung bezahlt. Als externe Logistikleistung versteht man die allgemein als
„Lieferservice“ bezeichneten Größen, z.B. Termintreue und Lieferzuverlässigkeit.
Konkret zu realisierende externe Logistikziele könnten beispielsweise sein, dass ein
Unternehmen die Lieferzeit von vier auf zwei Wochen verkürzt oder dem Kunden
ohne Aufpreis eine 24-Stunden-Lieferung garantiert. Diese marktbezogenen Zielgrö-
ßen reichen jedoch nicht aus, um daraus konkrete Verbesserungsmaßnahmen
abzuleiten.

2.2 Hierzu dienen die internen Zielgrößen, die analog zur oben genannten
Ausrichtung ebenfalls in Logistikleistungen und Logistikkosten unterschieden werden
können. Mithilfe des Logistikcontrollings werden beispielsweise unnötige Wartezeiten
identifiziert, deren Reduzierung dem Ziel einer Verkürzung der Lieferzeit dienlich ist.
Ein anderes Ziel ist zum Beispiel eine Reduzierung der Kapitalbindungskosten. Die
daraus resultierenden Einsparungen können ebenfalls zur Verbesserung der Wettbe-
werbsstellung genutzt werden.

2.3 Wirtschaftliche Bedeutung der Logistik

Unbestritten ist, dass die Logistik für viele Unternehmen ein wichtiger Erfolgs- und
Wettbewerbsfaktor ist. Da Kunden i.d.R. Produkte kaufen, die verfügbar sind und aus-
geliefert werden können, ist die Logistik für verzögerungs- bzw. engpassfreien Umsatz
mitverantwortlich, denn sie sorgt für die Liefertätigkeit.

Ziel eines gewinnorientierten Unternehmens ist u.a., eine möglichst hohe Verzinsung
des betriebsnotwendigen Kapitals zu erwirtschaften. Die Kapitalrendite (ROI Return
on Investment) setzt den erwirtschafteten Gewinn ins Verhältnis zum eingesetzten
Kapital. In der Ableitung dieser Kennzahl werden die Stellhebel sichtbar, durch
welche die Logistik das Ergebnis positiv beeinflussen kann.

Ziele der Logistik

externe Zielgrößen interne Zielgrößen

Logistikdienstleistungen Logistikkosten Logistikleistungen Logistikkosten

z.B. Einhaltung des z.B. Preisliste, z.B. Zeit im internen z.B. Lager-
Liefertermins Transportleistungen Transport haltungskosten

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Nach branchenunabhängigen Angaben belaufen sich die jährlichen Logistikkosten
auf ca. 25% des Wertes der Bestände:

Kostenarten Kostenwert in % vom Bestandswert

Zinsen für Bestände 6


Verderben und Schwund 2
Bestandsverwaltung 1
Ein- und Auslagerung 1
Versicherung 2
Abschreibung auf Lagerplatz und -einrichtung 10
Kalkulatorische Zinsen auf Lagerplatz und -einrichtung 3
Summe 25

Auch wenn die vorgenannten Werte nach Branche und Unternehmensart differieren
können, ist die Summe annähernd gleich und verdeutlicht die hohe Bedeutung der
Logistik,

Ziele eines speziell auf die Logistik ausgerichteten Controllings (Stichprobenumfang


von 143 Unternehmen) aus:Jung, Controlling, 4. Auflage 2014

Bestandsoptimierung Anzahl: 60 entspricht 42,0 %


Transparenz logistischer Kosten und Leistungen 59 41,3 %
Minimierung logistischer Kosten 59 41,3 %
Entscheidungsorientierte Informationsgewinnung 43 30,1 %
Erhaltung der Lieferbereitschaft 32 22,4 %

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- Controllingbegriff
Der Begriff Controlling wird vom englischen „to control“ (= steuern, regeln) abgeleitet.
Controlling ist ein umfassendes Konzept zur Steuerung und Koordination
betrieblicher Prozesse. Controller gestalten und begleiten den Managementprozess
der Zielfindung beziehungsweise die Planung und Steuerung der
Unternehmensprozesse und tragen damit Mitverantwortung für die Zielerreichung.
Aufgabe des Controllings ist es, im Auftrag des Managements über die
Wirtschaftlichkeit im Unternehmen zu wachen, jedoch nicht, diese zu garantieren.
Um seine Aufgaben unabhängig wahrnehmen zu können, wurde das Controlling
früher oftmals als Stabsstelle in die Aufbauorganisation des Unternehmens integriert.
Durch die wachsende Bedeutung findet sich das Controlling heute meist als
Linienstelle wieder, was ihm zusätzliche Mitsprache- und Vetorechte einräumt.
Es wird erkennbar, dass Controlling nicht mit „Kontrolle“ gleichgesetzt werden darf,
sondern in weitem Maße zukunftsorientiert auftritt, indem es der
Unternehmensführung notwendige Informationen liefert und sie bei wichtigen
Entscheidungen unterstützt. Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene
Controllingbereiche herausgebildet. Die wichtigste Einteilung hierbei ist die
Unterscheidung in strategisches und operatives Controlling.

- Strategisches Controlling
Aus der strategischen Planung heraus entwickelte sich das strategische Controlling.
Es ist ausgerichtet auf die dauerhafte Existenzsicherung des Unternehmenssystems
durch Erkennen, Aufbauen und Erhalten von Erfolgspotenzialen. Dabei handelt es
sich um Größen, welche nicht unmittelbar quantifizierbar mit Kosten und Erträgen in
Verbindung gebracht werden können. Auf das Unternehmen wirken von Marktseite
her Chancen und Risiken. Sowohl das rechtzeitige Erkennen von sich bietenden
Chancen als auch die frühzeitige Reaktion auf sich andeutende Risiken zeichnet ein
funktionierendes strategisches Controlling aus. Intern müssen Stärken und
Schwächen betrachtet werden. In einer Stärken-Schwächen-Analyse werden diese
Faktoren erkannt und bewertet. Bei solchen Faktoren handelt es sich beispielsweise
um Innovationsfähigkeit, Know-how, Qualität, Reaktionsschnelligkeit und
Servicequalität.

- Operatives Controlling
Im Mittelpunkt des operativen Controllings steht die kurzfristige Sicherung des
Unternehmenserfolges. Es befasst sich mit den Kosten und Erträgen. Die
Kernaufgabe des operativen Controllings ist die Umsetzung der Strategien in
konkrete Maßnahmen und Projekte. Hierbei bedient es sich der Daten des
Rechnungswesens. Daraus entstehen Budgetpläne und die Erstellung eines
Berichtswesens.

- Vom Controlling zum Logistikcontrolling


Mit Logistikcontrolling wird der Teil des Controllings bezeichnet, der sich auf die
Logistik als Betrachtungsfeld bezieht. Es ist einerseits Teil des Controllings,
andererseits Teil des Führungssystems der Logistik.
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Aufgrund der Aufgabenüberschneidungen finden sich in der Praxis verschiedene
Formen, das Logistikcontrolling organisatorisch in das Unternehmen einzubinden:
Zuordnung zum Bereich Controlling oder Logistik, Ausprägung als Linien-
beziehungsweise Stabsstelle oder die fachliche Zuordnung zur Logistik,
disziplinarisch aber zum Controlling (Matrixorganisation).

- Stellenwert des Logistikcontrollings


Wie ausgeprägt und intensiv das Logistikcontrolling implementiert ist, hängt
vorwiegend vom Stellenwert der Logistik im Unternehmen ab. Um die strategische
Bedeutung der Logistik für ein Unternehmen beurteilen zu können, kann man sich
eines bewährten strategischen Analyseinstruments bedienen, der Portfolioanalyse.
Wie im Marketingbereich stehen sich auch bei der Analysebetrachtung der Logistik
eine externe und interne Komponente gegenüber. Es handelt sich um die Größen
der Logistikattraktivität und der Logistikkompetenz. Aus der Gegenüberstellung
dieser Komponenten können daraufhin Normstrategien abgeleitet werden. Die
Logistikattraktivität beurteilt die Wichtigkeit einer optimierten Logistik für ein
Unternehmen sowie den Grad der Beeinflussbarkeit der Kosten. Während für einen
Stahlproduzenten oder Konsumgüterhersteller die Logistik einen hohen strategischen
Faktor darstellt, kann dies bei einem Hersteller von Medizingeräten aufgrund des
Verhältnisses der Logistikkosten zum Produktwert einen eher geringen Stellenwert
einnehmen. Unter der Logistikkompetenz wird die Fähigkeit verstanden, ein
Logistikkonzept optimal zu steuern und zu beherrschen. Hierzu zählt die
Professionalität im Umgang mit logistischen Themen, die Erfahrung mit
Transportsystemen, Know-how und Schnelligkeit bei der Logistikabwicklung.
Aus der Matrix der Verbindung der beiden Elemente können Strategien abgeleitet
werden. Ist die Logistikattraktivität hoch, jedoch die Kompetenz gering, ist zu
überlegen, Logistikdienstleistungen einzukaufen, da Logistik sicherlich keine
Kernkompetenz darstellt. Hingegen werden bei stark ausgebildeter
Logistikkompetenz und geringer Attraktivität professionelle Ressourcen zu wenig
genutzt. Hier könnte es sich lohnen, Logistikdienstleistungen extern am Markt
anzubieten. Sind beide Faktoren hoch ausgeprägt, handelt es sich bei der Logistik
um einen strategisch wichtigen Faktor, dessen Status quo auch dementsprechend
weiterhin behauptet werden sollte. Lediglich bei der „geringfügig“-Einstellung ist kein
konkreter Handlungsbedarf vorhanden – der Aufbau eines Logistikcontrollings kann
auf rudimentärem Level gehalten werden.

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1.1 Aufgaben des Logistikcontrollings

Das klassische Controlling der letzten Jahrzehnte war sehr zahlenlastig orientiert und
hat sich überwiegend mit der Effektivität einzelner betrieblicher Faktoren wie
Arbeitsproduktivität (Mitarbeiter), Betriebsmitteln (Auslastung) oder Werkstoffen
(Abfallquote) beschäftigt. Erst nach und nach wurde die Bedeutung der
zusammenhängenden Betrachtung ganzer Wertschöpfungsprozesse (und deren
Phasen als Meilensteine) erkannt und findet jetzt Eingang in das Controlling. Diese
Funktion wird vom Logistikcontrolling wahrgenommen.

Eine wesentliche Besonderheit des Logistikcontrollings im Vergleich zu anderen


Controllinginstrumenten ist die Gesamtbetrachtung der Wertschöpfungskette.
Eine Senkung der Kosten in einem Teilbereich kann unter Umständen ein Ansteigen
der Kosten in einem anderen Bereich zur Folge haben. Es gilt, die für das
Gesamtunternehmen kostengünstigste Lösung zu finden, auch auf die Gefahr, dass
ein einzelner Bereich sich dabei erste einmal negativ verändern wird. Dies
verdeutlicht, dass das Logistikcontrolling unabhängig und unbeeinflusst sein
Aufgaben wahrnehmen muss.

Zu den Aufgaben des Logistikcontrollings gehören:


- laufende Kontrolle der Wirtschaftlichkeit aller logistischen Aktivitäten,
- Unterstützung des Material- und Logistikmanagements durch Aufbereitung und
Bereitstellung von Daten und Informationen,
- Koordination logistischer Prozesse im Sinne der gesamtunternehmerischen
Zielerreichung,
- Aufbau und Pflege eines Frühwarnsystems auf der Basis von Kennzahlen
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beziehungsweise Kennzahlensystemen,
- Aufdeckung von logistischen Schwachstellen einschließlich Unterstützung bei deren
Beseitigung,
- Soll-Ist-Vergleiche und Bereitstellung von Abweichungsanalysen einschließlich
Ursachenforschung bei Abweichungen (+ oder -),
- Erstellung eines Budgetplanes und Fortschrittüberwachung,
- Führungsinstrument im Rahmen eines Managements by Objectives durch die
Vorgabe von Ziel- oder Grenzwerten,
- Sonderaufgaben wie Wirtschaftlichkeitsberechnungen, Investitionsrechnungen,
Kontakte zu externen Stellen, Beobachtung der Wettbewerber.

Entsprechend der konzeptionellen Gestaltung der Logistik und des Controllings


ergeben sich abgeleitet von den Aufgaben die Zielstellungen des Logistik-
controllings:
- Optimierung der Bestände (working capital),
- Transparenz der Logistikprozesse und Kosten,
- Minimierung der Logistikkosten,
- Erhaltung einer hohen Servicequalität,
- Verkürzung von Durchlaufzeiten.

Logistikcontrolling ist:
- ein System, das die für logistische Teilstrecken und die für die gesamte Kette
Verantwortlichen mit Informationen versorgt,
- ein Hilfsmittel für die Zusammenführung der logistischen Teilverantwortung zur
Gesamtverantwortung,
- ein Instrument zur Erkennung von Schwachstellen auf den Teilstrecken der
Logistikkette,
- ein ständiger Lernprozess (KVP),
- eingebunden in den gesamten Planungsprozess.

Logistikcontrolling ist nicht:


- nur Berichterstattung und Datenverwaltung,
- nur Kontrolle von Teilstrecken in der Logistikkette,
- Suchen nach den Schuldigen,
- Ausschalten von Linienkompetenz und Teilverantwortung,
- Auftragssteuerung oder Verfolgung der aktuellen Termine.

1.2 Logistikcontrollingprozess
- Controllingregelkreis
Trotz erheblicher Unterschiede in der Controllingliteratur wird meist der
Steuerungscharakter des Controllings aus dem Wortstamm „to control“ (= Steuern)
abgeleitet und hervorgehoben. Das Logistikcontrolling wird als Steuerungsinstrument
der Unternehmensleitung verstanden, welches die gesamten logistischen
Transaktionen plant und steuert, einschließlich deren Informationsversorgung. Diese
Vorstellung kann mithilfe eines Regelkreiskonzeptes verstanden werden.

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- Führungsgrößen
Ausgangspunkt der Steuerung sind die vom übergeordneten Führungssystem
(Unternehmensziele) vorgegebenen Führungsgrößen, das heißt die grundsätzlichen
(strategischen und operativen) Zielvorgaben für den Realgüterprozess.

- Planung
In der Planung werden die konkreten Vorgaben (Ober- und Unterziele sowie daraus
abgeleitete Maßnahmen) erarbeitet. Hiermit wird festgelegt, in welchem Umfang und
wie die Führungsgrößen am besten realisiert werden können.

- Realgüterprozess mit Störgrößen


Auf Basis der Planvorgaben soll der Realgüterprozess ausgeführt werden. Hierbei
treten regelmäßig Störungen beziehungsweise ungeplante Entwicklungen auf,
sodass Plan und ist nur in Ausnahmefällen identisch sind.

- Kontrolle
Die Kontrolle erfasst gemäß der Planstruktur die Istwerte und leitet aus dem
Vergleich von Soll und Ist die notwendigen Konsequenzen ab (Feedback-Kopplung).
Soweit die Planziele nicht gefährdet sind, wird der Planvollzug – mit
Gegensteuerungsmaßnahmen – fortgesetzt. Zusätzlich zu dieser Feedback-
Kopplung (vergangenheitsorientierter Soll-Ist-Abgleich) ist eine sogenannte Feed-
forward-Kopplung mithilfe eines Früherkennungssystems zur Vermeidung zukünftiger
Abweichungen durchzuführen.

- Neu- und Umplanung


Erscheinen die ursprünglichen Zielvorgaben aufgrund geänderter
Rahmenbedingungen nicht mehr realistisch, müssen die Ziele in Absprache mit dem
Management entsprechend angepasst werden (Neuplanung).

Beispiel für Logistikcontrolling


Von der Geschäftsleitung wurde das Ziel vorgegeben, innerhalb von zwei Jahren den
Marktanteil um 10% zu erhöhen (Führungsgröße). Ein hieraus für die Logistik
abgeleitetes Oberziel ist die Reduzierung der Lieferzeit von durchschnittlich 25 auf 10
Tage (Planung). Um dieses Ziel wiederum realisieren zu können, ist es erforderlich,
die Durchlaufzeit in der Produktion zu reduzieren, die Auftragsabwicklung zu
beschleunigen und die Transportzeiten zu verkürzen (Realgüterprozess mit
Störgrößen). Nach sechs Monaten wird festgestellt, dass die getroffenen
Maßnahmen sehr große Unruhe in der Produktion und hohe Kosten verursachen

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(Kontrolle). Als Konsequenz daraus wird das Ziel „10 Tage Lieferzeit“ auf 15 Tage
angepasst (Neu- und Umplanung).

- Schritte beim Aufbau eines Logistikcontrollings


Analog zur Leistungsrechnung im Unternehmen muss auch die Logistik mit einer
aussagefähigen Kostenrechnung ausgestattet sein, die es ermöglicht, wie in den
anderen Unternehmensbereichen Kosten zu planen, ihren Anfall zu erfassen und
auszuweisen und schließlich Abweichungsanalysen durchzuführen. Beim Aufbau
eines Logistikcontrollings sind folgende Schritte zu beachten:
- Im ersten Schritt sind Logistikkosten und Logistikleistungen exakt begrifflich
abzugrenzen. (Was ist zu erfassen?)
- Im zweiten Schritt werden die Logistikkosten und Logistikleistungen lokalisiert und
aufgezeichnet. (Welche und wie viele Logistikkosten und -leistungen fallen an?)
- Im dritten Schritt werden Logistikkosten und Logistikleistungen einander
gegenübergestellt. (Wie teuer ist eine Logistikleistung, was kosten die
Logistikleistungen für ein bestimmtes Produkt?)

Das bestehende innerbetriebliche Rechnungswesen braucht hierfür auch


keineswegs umgestaltet zu werden. Logistikkosten lassen sich ohne weiteres im
gewohnten System der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung mit
erfassen und verrechnen. Der wesentliche Unterschied zu herkömmlichen
Kostenrechnungselementen besteht darin, dass Logistikleistungen als
Dienstleistungen generell schlechter als Sachleistungen, welche man zählen,
messen oder wiegen kann, erfassbar sind. Zur Erfassung der Logistikleistungen
muss so weit wie möglich auf bestehende Datenerfassungssysteme zurückgegriffen
werden. Ansonsten scheitert die Verbesserung der Informationsversorgung der
Logistik an zu hohen Erfassungskosten. Neben Erfassungsgeräten in der Produktion
(BDE-Systeme) ist hierbei insbesondere an Datenpools zu denken, die zur
Steuerung von Materialflusssystemen ohnehin schon geführt werden, beispielsweise
an den Datenbestand in den Steuerungsrechnern von Hochregallägern oder
fahrerlosen Transportsystemen. Meist sind die erforderlichen Daten bereits
vorhanden, auch wenn dies bei oberflächlicher Betrachtung vorerst nicht den
Anschein hat. Allerdings ist es schwierig, diese Daten in einem gemeinsamen
Informationssystem verfügbar zu machen.

Kurze Zusammenfassung von Kapitel 1:


- Die Logistik hat sich zu einem unternehmerischen Erfolgsfaktor entwickelt.
- Die Teilbereiche der Logistik sind die Beschaffungs-, Produktions- und
Distributionslogistik.
- Je nach Stellenwert im Unternehmen wird die betriebliche Logistik durch
verschiedene Sichtweisen geprägt: über die reine Abwicklung von
Transportaufgaben bis zur unternehmensübergreifenden Denkhaltung.
- Die Logistikkosten belaufen sich auf ca. 25% des Lagerbestandes.
- Controlling darf nicht mit „kontrollieren“ gleichgesetzt werden, sondern bedeutet
„planen, steuern, regeln“.
- Das Logistikcontrolling hat umfangreiche Aufgaben. Diese reichen von der
Wirtschaftlichkeitskontrolle bis hin zur Erstellung von Budgetplänen und Planung
und Optimierung des Materialflusses.
- Der Prozess des Logistikcontrollings ist mit einem Regelkries zu vergleichen,
welcher sich durch laufenden Soll-Ist-Abgleich den jeweiligen Gegebenheiten
anpasst.
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2. Controllinggrößen
- Ebenen des Logistikcontrollings
Die Optimierung logistischer Prozesse setzt voraus, dass die entstehenden Kosten
und Leistungen systematisch erfasst werden. Zur Erfassung der logistischen
Messgrößen kann man sich an den logistischen Prozessen orientieren. Daraus
haben sich folgende drei Ebenen des Logistikcontrollings herausgebildet.

- Controlling der Teilprozesse


Zunächst kann das Controlling an der Steuerung der einzelnen Teilprozesse
ansetzen, z.B. Controlling der Bedarfsplanung, der Disposition, des internen bzw.
des externen Transports, der Lagerung, der Kommissionierung, der Distribution.
Welche Teilprozesse relevant und wie diese zu gestalten sind, hängt maßgeblich von
der Geschäftsart (z.B. produzierendes Unternehmen, Dienstleistungen,
Anlagengeschäft) ab und muss unternehmensspezifisch konkretisiert werden.

- Controlling der Prozessketten


Entsprechend der Aufgabe der Logistik, für die notwendige Koordination zwischen
funktionalen Aufgabenträgern zu sorgen und die Geschäftsprozesse im
Unternehmen flussorientiert zu gestalten, ergibt sich die zweite Ebene des
Logistikcontrollings. Hier stehen die Effektivität und Effizienz innerbetrieblicher
Prozessketten im Mittelpunkt des Interesses. Beispielsweise geht es darum, den
Teilprozess der Einlagerung des Wareneingangs mit dem Teilprozess der
Beschaffung abzustimmen.

- Controlling der Supply Chain


In Supply-Chain-Netzwerken entstehen zusätzliche Controllingaufgaben dadurch,
dass Prozessketten über die unternehmensweiten Grenzen hinweg gesteuert werden
müssen. Hierbei sind folgende Besonderheiten zu berücksichtigen: Die Einfluss-
größen und Stellhebel liegen in unterschiedlichen Verantwortungsbereichen und
sollten konsensbetont geregelt werden. Die Bereitschaft der Beteiligten, sich hier
aktiv und ohne „Notlügen“ einzubringen, spielt dabei eine große Rolle. Es muss eine
partnerschaftliche Vertrauensbasis aufgebaut und die Aufgaben müssen gemäß den
Kernkompetenzen im Prozess verteilt werden. Bestehende Machtverhältnisse
könnten sich verändern – Interessenkonflikte (z.B. wer übernimmt Lagerung) sind
vorprogrammiert. Das Controlling kompletter Supply Chains steckt noch in den
Kinderschuhen und ist aus vorgenannten Gründen bisher kaum entwickelt, obwohl
gerade hier eine Kostenoptimierung entlang der ganzen Wertschöpfungskette hohes
Rationalisierungspotenzial birgt.

- Zielkonflikte in der Logistik


Obwohl in der Logistik das bereits erwähnte Querschnittsprinzip und eine
ganzheitliche Betrachtung gelten, lassen sich in Abarbeitung der täglichen Aufgaben
Zielkonflikte nicht vermeiden. Als grundlegende Parameter stehen sich im
Logistikcontrolling zunächst die Logistikleistungen und die Logistikkosten gegenüber.
Das Verhältnis der beiden Größen zueinander (Output zu Input) kann als logistischer
Produktivität bezeichnet werden.

Zielkonflikte in der Logistik

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Beispiele für Zielkonflikte
- Um die Flexibilität und schnelle Lieferfähigkeit (Leistung) erhalten zu können,
werden hohe Lagerbestände in Rohstoffen und Fertigware (Kosten) benötigt.
- Um die Kapitalbindung (Kosten) nicht ins Unermessliche steigen zu lassen, werden
nicht alle Kundenanforderungen (Leistungen) sofort erfüllt werden können.
- In der Beschaffung wird versucht, möglichst preisgünstige Lieferanten (Kosten)
auszuwählen – die Qualität der Produkte (Leistung) soll jedoch kontinuierlich
verbessert werden.
- Die Abwicklung der Aufträge erfordert personelle Ressourcen (Kosten) – die
Kunden fordern eine zunehmende Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit
(Leistung).

Es gilt aus den jeweiligen Faktoren die für das Unternehmen optimale Situation zu
realisieren – was oftmals nur durch Kompromisse erfüllt werden kann.

2.1 Logistikleistungsgrößen

- Begriff der Logistikleistung


In der Betriebswirtschaftslehre wird der Leistungsbegriff in einem doppelten Sinne
verwendet: zum einen wird unter Leistung die in Geldeinheiten (wertmäßig)
bewertete Gütererstellung verstanden, die sich an den erzielten Umsatzerlösen
orientiert. Dieser Leistungsbegriff ist somit als Gegenbegriff zu den Kosten zu
verstehen.

In der neueren Betriebswirtschaftslehre wird der wertmäßige Leistungsbegriff


zunehmend durch die mengenbezogene Betrachtung ersetzt, bei der die
mengenmäßige Ausbringung während der Gütererstellung, unabhängig von der
kundenseitigen Erlössituation, betrachtet wird. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass
auch Betriebsleistungen, die nicht unmittelbar der Absatzleistung dienen – und zu
denen der überwiegende Teil der logistischen Leistungen zählt -, mit einbezogen
werden.

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Nachfolgende Übersicht erläutert nochmals die Beziehungen zwischen Leistung und
Erlös:

Beispiele für Logistikleistung


Die Kosten für den innerbetrieblichen Transport (für internen Markt bestimmt) sind
sogenannte Wiedereinsatzleistungen und fließen über Kalkulationszuschläge indirekt
in die Produktkalkulation mit ein. Hingegen können Logistikleistungen im Zusammen-
hang mit auf Lager produzierten Einheiten (Lagerkosten) oder unmittelbar auftrags-
bezogene Leistungen (z.B. Versandabwicklung) den jeweiligen Aufträgen als
Einzelkosten zugeschlagen werden.

Folgende Definition von Leistung wird festgehalten:

Leistungen sind das durch Entscheidungen ausgelöste periodisierte Ergebnis


betrieblicher Tätigkeit, das eine positive Veränderung des Nutzenpotenzials des
Unternehmens bewirkt.

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Der Begriff der „positiven Veränderung des Nutzenpotenzials“ bedeutet hierbei die
Wertgewinnung durch den Wertschöpfungsprozess eines Produktes oder einer
Dienstleistung.

- Unterscheidungskriterien von Logistikleistungen


Die Arten und Einteilungen von Logistikleistungen unterscheiden sich vom jeweiligen
Betrachtungsstandpunkt. Nachfolgende Einteilung soll dies verdeutlichen:

Betrachtungsaspekt Ausprägung
Sichtweise Kunden- oder Unternehmenssicht
Leistungsinhalt physische, administrative oder dispositive Logistik-
leistungen
Abgrenzbarkeit Vermischung mit anderen betrieblichen Leistungen
Leistungserbringer eigenerbrachte oder extern zugekaufte Logistikleistung
Kundenbezug Leistungserbringung für externen oder internen Kunden

- Erläuterung der Betrachtungsaspekte


1. Sichtweise Kunde
Aus Kundensicht wird die Logistikleistung eines Lieferanten als Fähigkeit verstanden,
seine Kunden schnell, zuverlässig und flexibel in hoher Qualität mit Gütern zu
versorgen. Diese Leistungen werden als Termintreue, Lieferzuverlässigkeit oder
Lieferflexibilität wahrgenommen und im Begriff Lieferservice subsumiert.

2. Sichtweise Unternehmen
Aus Sicht des Unternehmens wird zwischen der prozess- und potenzialbezogenen
Ebene unterschieden.

Bei der prozessbezogenen Ebene werden die logistischen Tätigkeiten, im


Unterschied zur ergebnisbezogenen Ebene, unabhängig von einer
Zustandsveränderung von Objekten betrachtet. Diese kleine, aber bedeutende
Unterscheidung spielt vor allem für die Kosteneinteilung in fix und variabel eine
Bedeutung.

Beispiel: Ergebnis- und prozessbezogene Ebene


Wird bei einem Lkw-Transport nur die Leistung des Transports mit Ladegut
berücksichtigt, handelt es sich um eine ergebnisbezogene Betrachtung –
wohingegen es sich bei zusätzlicher Berücksichtigung von Leerfahrten um eine
prozessbezogene Sicht handelt.

Bei der potenzialbezogenen Ebene schließlich wird bereits die Bereitstellung


logistischer Kapazitäten unabhängig von ihrem Einsatz angesehen. Dies sind
beispielsweise Reservekapazitäten im Lager, Ersatzfahrzeuge, Sicherheitsbestände
und ähnliche Vorkehrungsmaßnahmen zur Abdeckung von
Nachfrageschwankungen.

- Leistungsinhalt
Nach dem Leistungsinhalt werden unterschieden:
- physische bzw. operative Logistikleistungen (Transport-, Lager-, Umschlags-,
Kommissionier- und Verpackungsvorgänge),
- administrative Logistikleistungen (z.B. Erstellung von Versandpapieren,
Wareneingangserfassung, Buchung von Lagerzu- und abgängen),
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- dispositive Logistikleistungen (z.B. Bestellung erstellen, Planungen erstellen).

- Abgrenzbarkeit
Das Kriterium Abgrenzbarkeit trägt der Tatsache Rechnung, dass Logistikleistungen
oftmals in Kombination mit anderen betrieblichen Prozessen erbracht werden. Dies
ist vorwiegend dann der Fall, wenn während der Lagerung oder des Transportes
auch eine qualitative Veränderung des Produktes erfolgt, was die Abgrenzung
zwischen Produktions- und Logistikprozess problematisch werden lässt.

- Leistungserbringer
In Bezug auf den Erbringer logistischer Leistungen ist zwischen
- der Erbringung mit eigenen Kapazitäten und
- der Erbringung von externen Dienstleistern
zu unterscheiden (Make-or-buy-Problematik). Während die Kosten für logistische
Fremdleistungen in der Regel variable Kosten darstellen, handelt es sich bei den
kosten für logistische Eigenleistungen zum größten Teil um Fixkosten. In beiden
Fällen stellen die Logistikkosten überwiegend Gemeinkosten dar. Auf die jeweiligen
kostenträger (Kundenaufträge) können die Kosten nur direkt und unmittelbar
aufgeteilt werden, wenn die Kosten aus der Fakturierung des externen Dienstleisters
auftragsbezogen zugeordnet werden können.

- Kundenbezug
Nach dem Kundenbezug lassen sich folgende Arten von Logistikleistungen
unterscheiden:
- gegenüber externen Kunden (am Markt) erbrachte Logistikleistungen,
- gegenüber internen Kunden erbrachte innerbetriebliche Leistungen.

Diese Unterscheidung ist im Hinblick auf die Möglichkeit einer ergebnisorientierten


Steuerung logistischer Leistungsbereiche von Bedeutung. Da den internen Kunden
erbrachte Logistikleistungen in der Regel keine unmittelbaren Kundenerlöse
gegenüberstehen, sind kalkulatorische Sätze zu berücksichtigen. Oftmals werden
heutzutage den externen Kunden neben der Hauptleistung (z.B. Gütertransport)
noch nicht gesondert berechnete Serviceleistungen erbracht (z.B. umpacken,
beschriften, prüfen). Hier ist eine logistische Kostensteuerung ebenfalls nur durch
kalkulatorische Erlöse möglich.

- Typische Logistikleistungen
Die von den einzelnen Unternehmensbereichen erbrachten Logistikleistungen
werden anhand des folgenden Beispiels dargestellt.

Beispiel für betriebliche Logistikleistungen

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2.1.1 Stufen der Logistikleistungserhebung
Die Logistikkette zieht sich vom Auftragseingang des Kunden über die Bereitstellung
der Ressourcen bis hin zum Versand der fertigen Ware.

- Teilstrecken der Logistikleistungen


Um zu einem späteren Zeitpunkt Logistikleistungen messbar machen zu können,
muss die Kette entlang ihrer Wertschöpfung analysiert und die Prozesse müssen
zunächst in Teilstrecken aufgesplittet werden. Folgende Teilstrecken sind
beispielsweise in einem produzierenden Unternehmen denkbar:

- Angebotsbearbeitung,
- Auftragseingang mit Klärung von Detailpunkten/ Projektierung,
- Klärung von Produktionskapazität und Materialeindeckung,
- Erteilung Auftragsbestätigung,
- Erstellung von Terminplänen,
- Disposition von Material,

18
- Verbuchung des Wareneingangs,
- Qualitätsprüfung der Rohstoffe,
- Zwischenlagerung der Rohstoffe,
- Erstellung Produktionsfeinplanung,
- Freigabe des Fertigungsauftrags zur Produktion,
- Versorgung der Produktion mit notwendigen Informationen (z.B.
Fertigungspapieren),
- Auslagerung von Material in die Produktion,
- Überwachung des Produktionsprozesses (Arbeitsgänge),
- Endkontrolle des fertigen Produktes,
- ordnungsgemäße Verpackung,
- eventuell Zwischenlagerung,
- Transportplanung,
- Erstellung von Versanddokumenten (Lieferschein/ Exportpapiere),
- Disposition von Ladungskapazität (Lkw),
- Verladung und Warentransport,
- Rechnungserstellung,
- Aftersales-Service (Wartung/ Kundendienst).

Jede dieser Teilstrecken hat einen Start- und Endpunkt. Dabei muss der
Startzeitpunkt des einen nicht unmittelbar dem Endzeitpunkt der vorgelagerten
Teilstecken entsprechen – Strecken können sich auch überschneiden.

Diese Anfang- und Endzeitpunkte einer Leistung werden als Messpunkte bezeichnet.
Da entlang der Logistikkette eine Unsumme an Messpunkten möglich ist. Ist es
notwendig, sich auf wenige sinnvolle markante Punkte zu beschränken – das heißt
zu filtern und zu segmentieren. Die Auswahl wird sich vor allem danach richten, wie
weit diese Punkte von der Logistik beeinflusst werden können und für den Kunden
(innerbetriebliche als auch externe Kunden) eine Rolle spielen.
Nach der Auswahl der Messpunkte kann begonnen werden, ein Messsystem für das
Logistikcontrolling zu erstellen. Ziel ist, detaillierte Logistikleistungen messen und
gezielt steuern zu können.

Stufen der Logistikleistungserhebung

2.1.2 Messgrößen für Logistikleistungen

Die Messlatte für die Logistikleistungen ist die optimale Erfüllung der Anforderungen
sowohl der externen als auch der internen Kunden und damit die Schaffung einer
langfristigen Kundenzufriedenheit. Typische Leistungsgrößen für das Controlling,
abgeleitet aus den vorgenannten Messpunkten, sind:
19
2.1.3 Messpunktebestimmung

In praktisch allen Phasen des Wertschöpfungsprozesses werden aufgrund der


Querschnittfunktion logistische Leistungen erbracht. Der Übergang von einer
Schnittstelle zur anderen kann dabei als Ereignis festgehalten und terminlich
registriert werden. Das Controlling dieser Zeitmesspunkte ist genau abzugrenzen und
zu definieren. In der Abwicklung der Prozesse existieren üblicherweise Start- und
Endtermine – wesentliche Meilensteine für das Logistikcontrolling. Die Daten sollten
aufgrund des Aufwands automatisiert in EDV-Systemen (z.B. ERP oder BDE) erfasst
werden. Da die Registrierung und Speicherung aller Terminpunkte einen erheblichen
Aufwand bedeutet, ist es ratsam, sich auf zentrale Ecktermine zu beschränken.
Ebenso ist zu prüfen, ob die Daten repräsentativ sind und nicht bewusst oder
unbewusst verändert werden können.

Nachfolge Abbildung zeigt beispielhaft die Messpunkte für typische


Kernmessgrößen.

Messpunkte für Logistikleistungen

20
Kenngrößen der Flexibilität sind:

Kenngröße Bedeutung
Lieferflexibilität Zeitbedarf, bis neue Terminvorgaben umgesetzt und bestätigt
werden können
Volumenflexibilität Zeitbedarf, veränderte Outputmengen entlang der Prozesskette
zu realisieren (Peitscheneffekt)
Variantenflexibilität Zeitbedarf, um auf Kundenwunsch von einer Variante zu einer
anderen zu wechseln
Produktflexibilität Zeitbedarf, um neue Produkte auf den Markt zu bringen (time to
market)

- Controlling der Flexibilität


Die Logistik übernimmt die Verantwortung zur Gestaltung und Steuerung ganzer
Prozessketten und Supply Chains. Aufgrund der zunehmenden Dynamik, verkürzter
Produktlebenszyklen und steigender Kundenorientierung gewinnen Flexibilität und
Reaktionsfähigkeit an Bedeutung. Flexibilität zielt darauf ab, dass das gesamte
Logistiksystem schnell auf (auch unvorhergesehene) Veränderungen des Umfeldes
reagiert und sich die Prozessketten den sich verändernden Chancen und Risiken
ohne große Reibungsverluste anpassen können.

2.2 Logistikkostengrößen

Definition der Logistikkosten


Logistikkosten sind in Geldeinheiten bewerteter, periodisierter, betriebsbedingter
Ressourcenverzehr (= negative Veränderung des Nutzenpotenzials des
Unternehmens), der durch die von Entscheidungen verursachte Durchführung
logistischer Prozesse bedingt wird.

21
Der Begriff der „negativen Veränderung des Nutzenpotenzials“ meint den
Ressourcenverzehr durch den Wertschöpfungsprozess eines Produktes oder einer
Dienstleistung.

- Kostenkategorien
Die im Bereich der Logistik anfallenden bzw. zu berücksichtigenden Kosten können
angelehnt an die Bereiche im betrieblichen Rechnungswesen in folgende Kategorien
eingeteilt werden.

- Einzel- und Gemeinkosten


Als Einzelkosten werden Kosten bezeichnet, welche direkt einem Verkaufsprodukt
oder einer Kundendienstleistung (Kostenträger) zugeordnet werden können,
beispielsweise das Verpackungsmaterial, welches speziell für einen Kundenauftrag
beschafft wurde, oder die Frachtrechnung eines Spediteurs für einen bestimmten
Kundenauftrag. Dabei bleibt das Kostenverursachungsprinzip voll gewährleistet.

Einzelkosten können Kostenträgern mittels Belegen zugeordnet und im


Rechnungswesen kontiert werden. Konträr dazu lassen sich Gemeinkosten nicht
eindeutig einem Objekt zuordnen, da diese für mehrere Produkte oder
Dienstleistungen gleichzeitig erbracht werden. Zum Beispiel das Gehalt des
Materialdisponenten oder die Kosten für den innerbetrieblichen Transport.

Gemeinkosten werden deshalb durch eine Kostenschlüsselung in einem


Betriebsabrechnungsbogen auf einzelne Kostenstellen verteilt und über
Gemeinkostenzuschläge den Kostenträgern zugerechnet. Es wird zwischen echten
und unechten Gemeinkosten unterschieden. Echte Gemeinkosten lassen sich nicht
einem Produkt oder einer Dienstleistung zuordnen. Dies wäre bei unechten
Gemeinkosten zwar möglich, jedoch wird aus Wirtschaftlichkeitsgründen darauf
verzichtet (zum Beispiel Klebeband zum Verschließen von Paketen).

- Variable und fixe Kosten


Variable Kosten werden auch als beschäftigungsabhängige Kosten bezeichnet.
Dies bedeutet, dass sich diese Kosten im Verhältnis zur Auslastung
beziehungsweise dem Beschäftigungsgrad ändern. Als Beispiel seien hier die
externen Transportkosten genannt.

Der Logistikkostenverlauf der variablen Kosten im Verhältnis zum Leistungsvolumen


kann sich verhalten:
- proportional variable, das heißt, die Leistung und die Kosten verändern sich stets im
gleichen Verhältnis, zum Beispiel Treibstoffkosten für Fahrzeuge,
- progressiv (überproportional) variabel, das heißt, die Kosten steigen stärker als die
Leistung, zum Beispiel Überstundenzuschläge,
- degressiv (unterproportional) variabel, das heißt, die Kostensteigen weniger an als
die Leistung, zum Beispiel Staffelpreise bei externen Frachten,
- regressiv variabel, das heißt, die Kosten gehen bei höherer Leistung zurück, zum
Beispiel je mehr Tiere in einem Transporter sind, desto weniger muss geheizt
werden.

Fixe Kosten bleiben hingegen unabhängig von der Beschäftigungssituation in einem


bestimmten Zeitraum konstant. Sie werden daher auch als beschäftigungs-

22
unabhängige Kosten, zeitabhängige Kosten oder Bereitschaftskosten
bezeichnet.
Beispiele: Abschreibung für das Lagergebäude, Personal im Einkauf. Während sich
die variablen Kosten zeitgleich mit der Leistung verändern, geschieht dies bei den
fixen Kosten erst mit zeitlicher Verzögerung oder gar nicht, da beispielsweise
Kündigungsfristen oder Vertragslaufzeiten zu berücksichtigen sind.

Zusätzlich ist noch der Effekt der sprungfixen Kosten zu berücksichtigen. Dieser
tritt zum Beispiel dann auf, wenn aufgrund von Expansion bestimmte Stellen neu
geschaffen werden müssen, zum Beispiel Personal für innerbetrieblichen Transport,
der bisher durch das Lagerpersonal mit abgedeckt wurde, oder wenn aufgrund
mangelnder Lagerkapazität eine bauliche Erweiterung notwendig wird.

Die Anpassung von Kapazitäten an eine höhere Auslastung kann zu der


sogenannten Fixkostenfalle führen. Werden durch Erweiterungsinvestitionen
zusätzliche Fixkosten verursacht, diese aber entgegen den Erwartungen nicht durch
zusätzlichen Umsatz abgedeckt, so führen diese zusätzlichen Fixkosten zu einer
Verschlechterung des Unternehmensergebnisses. Aufgrund des zeitlichen Verzuges
bei der Anpassung der fixen Kosten ist es das Ziel, möglichst viele Kosten variabel
zu gestalten, weshalb Unternehmen den Fuhrpark oder das Lager an
Dienstleistungsunternehmer auslagern und dadurch nur für Transporte oder
Lagerstellplätze zahlen, welche auch in Anspruch genommen werden.

- Aufwandsgleiche und kalkulatorische Kosten


Die Kosten der Logistik können auch unterteilt werden in Art und Weise, wie die
Kosten in der Kostenrechnung Berücksichtigung finden. Bei aufwandsgleichen
Kosten entspricht der reelle Wert auch dem, der im Rechnungswesen verbucht
wurde, zum Beispiel Material- und Personalkosten. Hingegen werden bei
kalkulatorischen Kosten andere Werte in der Kostenrechnung als in der
Finanzbuchhaltung verbucht. Daher werden sie auch als Anderskosten bezeichnet.
So werden für das in den Beständen gebundene Kapital in der Kostenrechnung
kalkulatorische Zinsen berücksichtigt, unabhängig davon, ob hierfür
Fremdkapitalzinsen angefallen sind oder nicht.

Ein weiterer Aspekt ist die Berücksichtigung von Werten für Fehlmengenkosten oder
Verschrottung von Beständen in sogenannten kalkulatorischen Wagnissen. Obwohl
im Vorfeld deren wirkliche Höhe nicht bekannt ist.

2.2.1 Ausgestaltung der Logistikkostenrechnung

Eine Aufgabe des Logistikcontrollings ist nicht nur die Steuerung der
Logistikprozesse, sondern auch die verursachungsgerechte Zuordnung der Kosten,
um diese in der Kalkulation mitberücksichtigen zu können. Die Instrumente hierzu
sind keine explizite „Erfindung“ der Logistik; sie bedient sich des klassischen Aufbaus
der betrieblichen Kostenrechnung. Diese besteht aus der Kostenarten-,
Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung, wie folgende Abbildung verdeutlicht.

Differenzierung Kostenarten, Kostenstellen, Kostenträger

23
- Kostenartenrechnung

Als erste Stufe der Kostenrechnung dient die Kostenrechnung der Erfassung und
Gliederung der Kosten in der jeweiligen Abrechnungsperiode. Die Kernfrage lautet
hier: „Welche Kosten sind angefallen?“ Die Kostenartenrechnung ist also keine
besondere Art von Rechnung, sondern lediglich eine geordnete Darstellung der
angefallenen Kosten.

Die Kostenerfassung geschieht durch die Kontierung der Belege in den


vorgelagerten Rechnungswesensystemen (Kreditoren-, Lohn-, Materialbuchhaltung).
Die Basis für die Erfassung der Logistikkosten in der Kostenartenrechnung ist der
Kostenartenplan, der die Gliederung der Kostenarten vorgibt. Durch diese geordnete
Kostenerfassung ist es möglich,
- die Kosten in der Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung weiter zu verrechnen (=
Hauptaufgabe),
- die Kosten im Vergleich (Soll-Ist-, Zeitvergleich) darzustellen und
- in der Gegenüberstellung mit den Leistungen eine kurzfristiges Betriebsergebnis zu
ermitteln.

24
Da für die Erstellung von Logistikleistungen eine Vielzahl an Produktionsfaktoren
benötigt wird, sind Logistikkosten in Industrie- und Handelsunternehmen in der Regel
über den gesamten Kostenartenplan verstreut. Dies stellt jedoch angesichts
moderner EDV-Systeme kein Problem mehr dar, da die meisten EDV-Programme
heute die Bildung flexibler und mehrdimensionaler Kostenartenhierarchien
unterstützen. Die unter stehende Tabelle zeigt beispielhaft eine Struktur logistischer
Kostenarten.

Häufig sind im Rechnungswesen der Unternehmen logistische Kostenarten


unzureichend differenziert. Dabei trägt gerade eine sinnvolle Differenzierung zur
Transparenz der Logistikkosten bei. Daher ist es sinnvoll, den Kontenplan weiter zu
unterteilen. Als Beispiele einer möglichen Untergliederung von Logistikkostenarten
können die Trennung von Transportversicherungen und Frachten, die getrennte
Erfassung von Eil- und Normalfrachten oder der gesonderte Ausweis von
Konventionalstrafen bei Lieferterminüberschreitungen genannt werden. Bei der
Bildung zusätzlicher Kostenarten ist jedoch dem Grundprinzip der Übersichtlichkeit
Rechnung zu tragen.

Sobald die anfallenden Logistikkosten nicht mehr zweifelsfrei einer Logistikkostenart


zugeteilt werden können oder sich Kostenarten sogar überschneiden, wurde zu viel
unterteilt.

- Kostenstellenrechnung
In der Kostenstellenrechnung erfolgt die Erfassung, Dokumentation und Verrechnung
der einzelnen Kostenträger nicht direkt als Einzelkosten zurechenbarer
Logistikkosten.

Struktur logistischer Kostenarten:

Definition der Kostenstelle:


25
Unter einer Kostenstelle ist ein abgegrenzter Bereich eines Unternehmens zu
verstehen, für den die von ihm verursachten Kosten geplant, ermittelt und kontrolliert
werden.

Als Bindeglied zwischen Kostenarten- und Kostenträgerrechnung kommen ihr im


Einzelnen die folgenden Aufgaben zu:
- Erfassung und Dokumentation der Logistikkosten an den Orten der Kosten-
entstehung,
- innerbetriebliche Leistungsverrechnung von den leistenden auf die empfangenden
kostenstellen,
- Planung und Budgetierung der zu erwartenden Logistikkosten,
- Wirtschaftlichkeitskontrolle durch Ermittlung der von den Kostenstellenleitern zu
verantwortenden Kosten,
- Zuweisung von Kosten und Leistungsverantwortung,
- Bildung von zuschlags- und Verrechnungssätzen für die Zuordnung der
Logistikgemeinkosten auf die Kostenträger.

Die Frage bei der Kostenstellenrechnung lautet: „Wo sind die Kosten angefallen?“
Allgemein können Kostenstellen nach funktionalen, produktionstechnischen und
abrechnungstechnischen Gesichtspunkten wie in unterer Tabelle dargestellt
systematisiert werden:

Das zentrale Instrument der Kostenstellenrechnung ist der Betriebsabrechnungs-


bogen (BAB). Der BAB ist in Form einer Tabelle aufgebaut. In den Spalten findet
26
man die jeweiligen Kostenstellen und in den Zeilen die Kostenarten wieder. Der BAB
dient zur Umlage von Gemeinkosten auf innerbetriebliche Kostenstellen. Das
Unternehmen kann somit sehen, in welchen Bereichen welche Kosten entstanden
sind und kann Zuschlagssatze für die Selbstkostenkalkulation von Produkten
ermitteln. Außerdem liefert der BAB eine gute Grundlage zur Analyse und Steuerung
der Gemeinkosten. Im Vorfeld ist hierzu die Kenntnis über den jeweiligen
Kostenstellentyp zu beachten.

In einem ersten Schritt werden die Gemeinkosten der Hauptstellenkosten in die


jeweiligen Spalten eingetragen. Dieser Schritt ist relativ einfach.

Danach werden die Kosten der Allgemeinen Kostenstelle über entsprechende


Verteilungsschlüssel auf Haupt- und Hilfskostenstellen verteilt. Im Folgeschritt
werden dann auch die Kosten der Hilfskostenstellen entsprechend aufgeteilt. Da die
Aufteilung der Allgemeinen und der Hilfskostenstellen in mehreren Stufen stattfindet,
spricht man hierbei such von einem Stufenleiterverfahren.

Nunmehr befinden sich alle Gemeinkosten in der Zuordnung auf den


Hauptkostenstellen. Werden jetzt die gesamten Gemeinkosten einer
Hauptkostenstelle ins Verhältnis zu ihren Einzelkosten gesetzt, können die für die
Selbstkostenkalkulation eines Produktes notwendigen Zuschlagssätze gebildet
werden.

27
Folgende Abbildung zeigt ein grafisches Schema für den Ablauf beim
Betriebsabrechnungsbogen.

Verrechnung von Logistikkosten über Zuschlagssätze:

Da die logistischen Dienstleistungen weitgehend im Bereich von Allgemeinen und


Hilfskostenstellen stattfinden, kommt dem Verteilungsschlüssel dieser Kosten eine
hohe Bedeutung zu. Diese Aufschlüsselung sollte eine Leistungsgröße der
Kostenstelle widerspiegeln und für deren Messung geeignet sein. Des Weiteren
sollten diese Bezugsgrößen aus vorhandenen Informationssystemen leicht erfassbar
und auswertbar sein. Ebenso gilt bei der Ermittlung des Zuschlagssatzes die Regel,
dass die Zuschlagsbasis möglichst groß und der Zuschlagssatz möglichst klein sein
sollte. Dies ist jedoch aufgrund steigender Gemeinkosten heute immer weniger der
Fall. Die oben stehende Tabelle zeigt beispielhaft Basisgrößen und
Kalkulationssätze, die im Allgemeinen zur Anwendung kommen.

28
- Kostenträgerrechnung
Die Kostenträgerrechnung stellt die letzte Stufe der (Logistik-)Kostenrechnung dar
und weist die Kosten für die einzelnen Kostenträger aus. Kostenträger können
sowohl Absatzleistungen (Kundenaufträge) als auch innerbetriebliche
Transportleistungen) sein. Die Grundfrage der Kostenträgerrechnung lautet: „Wofür
sind die Kosten angefallen?“

Aus logistischer Sicht sollen in der Kostenträgerrechnung folgende Fragen


beantwortet werden:
- Was kostet eine innerbetriebliche Logistikleistung (zum Beispiel die
Kommissionierung eines Kundenauftrags)?
- Wie hoch ist der Anteil der Logistikkosten eines Produktes?
- Welche Logistikkosten verursacht ein Lieferant, ein Kunde, ein Beschaffungs- oder
Vertriebsweg?

Die Kostenträgerrechnung besteht aus den beiden Bestandteilen


Kostenträgerstückrechnung und Kostenträgerzeitrechnung.

Bestandteile der Kostenträgerrechnung

Während sich die Kostenträgerstückrechnung auf einzelne Mengeneinheiten bezieht,


werden bei der Kostenträgerzeitrechnung die Kosten periodenweise, ergänzt um die
darin angefallenen Erlöse, betrachtet. Hierzu bedient man sich verschiedener
Methoden und Verfahren, auf die hier im Einzelnen nicht eingegangen werden soll.

2.2.2 Probleme und Abgrenzungen in der Logistikkostenrechnung

Die Prozesse der Logistik sind sehr heterogen. Sie lassen sich aufgrund der
immateriellen Charakters schwieriger messen als Sachleistungen. Daher tauchen in
der Praxis verschiedene Problematiken auf, welche im Detail betriebsintern zu klären
sind.

- Unrentable Erfassung
Es gibt Logistikkosten, für die eine gesonderte Erfassung nicht lohnt. Als Beispiel sei
hier die Vielzahl kurzer Warte- und Bewegungszeiten zwischen Fertigungsstufen
erwähnt. Hierfür ist es unwirtschaftlich, die Messpunkte zu erfassen und festzuhalten.
Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zu den daraus gewonnenen Vorurteilen.

- Abgrenzungsprobleme

29
Es gibt in der betrieblichen Praxis Vorgänge, die zwar einen logistischen
Grundcharakter haben, jedoch nicht eindeutig zugeordnet werden können, da sich
bestimmte Prozesse unauflöslich überschneiden oder verketten.

Im Bereich der physischen Logistik finden zum Beispiel in der Schwerindustrie


Transportvorgänge innerhalb von Fertigungsstraßen statt. Oder ein
Lagerungsprozess (zum Beispiel in der Lebensmittelindustrie die Reifung) ist Teil der
Produktion. Auch im administrativen Bereich existieren ähnliche
Abgrenzungsprobleme, zum Beispiel innerhalb der Produktionsplanung oder
Bestelldisposition.

Welchem Bereich die hier anfallenden Logistikkosten zuzuordnen sind, muss


definiert werden. Es liegt nahe, diese dem Bereich zuzuordnen, welcher am ehesten
den Prozess beeinflussen und steuern kann.

- Kostenhöhe nicht exakt definierbar


Hierunter fallen insbesondere Kosten des im Lager gebundenen Kapitals. Da es sich
dabei um sogenannte Opportunitätskosten handelt, ist deren Höhe nicht exakt
feststellbar. Als Kompromiss kann der durchschnittliche Fremdkapitalzins gewählt
und in der Kostenstellenrechnung mit berücksichtigt werden.

- Logistikkosten ja oder nein


Im Rahmen von Fehlmengenkosten sind zusätzlich anfallende Frachtkosten ohne
Probleme zuordenbar. Jedoch zählen zu den Fehlmengenkosten auch die
wirtschaftlichen Folgen, zum Beispiel Überstundenzuschläge, zusätzliche Rüstkosten
bis hin zu Umsatzverlusten. Hier ist es strittig, diese Kosten mit in die Logistik-
kalkulation zu integrieren, zumal deren Anfallhäufigkeit im Vorfeld nicht bestimmt
werden kann. Eilfrachten sollten jedoch trotzdem erfasst werden und als Kennzahl
des Verhältnisses zum gesamten Frachtaufkommen Ansätze für Verbesserungen
bieten.

- Gliederung des Kostenstellenplanes


Oftmals sind die Kostenstellenpläne unzureichend strukturiert, wodurch hohe
Summen an anfallenden Logistikkosten in anderen Bereichen „untergehen“ oder als
Gemeinkosten „verwässert“ werden. Zusammenfassend lassen sich folgende
Anforderungen an eine funktionierende Logistikkostenrechnung formulieren:
- Alle Logistikkosten sind in der Kostenartenrechnung differenziert und möglichst als
Einzelkosten auszuweisen.
- Für die verbleibenden Logistikgemeinkosten sind in der Kostenstellenrechnung
differenzierte Logistikhauptkostenstellen zu bilden.
- Sind Logistikhilfskostenstellen zu bilden, so ist eine verursachungsgerechte
Zuordnung der Kosten zu den Hauptkostenstellen vorzunehmen.
- In Logistikkostenstellen dürfen nur homogene, abgrenzbare Logistikleistungen
entstehen.
- Lassen sich Mischkostenstellen nicht vermeiden, so ist zu prüfen, welchen Anteil
die verschiedenen Leistungen und Kosten haben. Gegebenenfalls ist eine
differenzierte Leistungserfassung nötig und möglich. Bei der Kostenzuordnung
müssen unter Umständen Abstriche gemacht werden.
- In der Kostenartenrechnung erfolgt neben den Logistikeinzelkosten ein
differenzierter Ausweis der verursachungsgerecht (mithilfe von Bezugsgrößen)
zugeordneten Logistikkosten beziehungsweise der in Anspruch genommenen
30
Leistungen.
- Die Kostenartenrechnung ermöglicht unterschiedliche Analyseperspektiven
(Aggregationsstufen und Differenzierungsmöglichkeiten).

2.2.3 Kennzahleneinsatz und Kennzahlensysteme

Kennzahlen und Kennzahlensysteme sind für ein Unternehmen ein unentbehrliches


Informationsinstrument zur Planung, Steuerung und Kontrolle des ganzheitlichen
Ablaufes. Nicht nur die verantwortlichen Personen im Unternehmen bedienen sich
der Kennzahlen – sie sind für jeden Mitarbeiter Mittel zur Information und dienen der
Kommunikation von Zielvereinbarungen und anderen Leistungsgrößen. Auch externe
Interessengruppen wie Banken, Kunden, Lieferanten, Verbände oder Ämter,
verwenden Kennzahlen, um ein Unternehmen zu bewerten.

Mithilfe von Kennzahlen sollen komplexe, abstrakte betriebliche Sachverhalte in


komprimierter Form abgebildet werden. Sie sollen Informationen liefern, die aus dem
laufenden betrieblichen Informations- und Rechnungswesen nicht unmittelbar
ersichtlich sind.

Definition des Kennzahlensystems


Unter einem Kennzahlensystem versteht man eine Zusammenstellung mehrerer
Kennzahlen, welche in sachlicher Beziehung zueinander stehen, einander ergänzen,
erklären und auf ein gemeinsames Ziel hin ausgerichtet sind.

Kennzahlensysteme sind in der Regel in Form einer Pyramide aufgebaut, wobei die
oberste Kennzahl eine Spitzenkennzahl darstellt, welche sich wiederum aus der
Zusammenführung anderer Kennzahlen gebildet hat (zum Beispiel das Return On
Investment-Schema).

Die Funktionen von Kennzahlen sind sehr vielfältig und können praktisch in allen
Phasen der Wertschöpfungskette eingesetzt werden.

Bezüglich der Bildung von Kennzahlen wird inzwischen absoluten Zahlen und
Verhältniszahlen unterschieden.

Bei absoluten Zahlen handelt es sich um:


- Einzelwerte (zum Beispiel Größe eines Lagers, Sicherheitsabstand einer
Materialart),
- Summen (zum Beispiel Anzahl der Lieferanten, Summe an Materialbestand),
- Differenzen (zum Beispiel Inventurdifferenzen, Abweichung zu Zielzahlen),
- Mittelwerte (zum Beispiel durchschnittlicher Lagerbestand, durchschnittliche
Lagerdauer).

Verhältniszahlen werden gebildet, indem relevante Größen zueinander in


Beziehung gesetzt werden. Meist handelt es sich dabei um Quotienten aus zwei
absoluten Zahlen. Je nach Auswahl der Zahlen können folgende Verhältniszahlen
gebildet werden:
- Gliederungszahlen (Verhältnis einer Teil- zur Gesamtmenge, z.B. Anteil der
Materialkosten an den Gesamtkosten),
- Beziehungszahlen (Quotient zweier gleichrangiger, aber wesensverschiedener
Größen, zum Beispiel Umsatz pro Beschäftigtem),
31
- Indexzahlen (Gleichartige Größen werden durch eine Unterscheidungsmerkmal,
zum Beispiel Zeit, ins Verhältnis gesetzt. Ein bestimmtes Basisjahr wird gleich 100
gesetzt und alle Folgejahre werden auf diese Basis bezogen, zum Beispiel
Entwicklung der Einkaufspreise.)

Funktionen von Kennzahlen

- Arten von Kennzahlen


In Abhängigkeit von der jeweiligen Zielstellung lassen sich vier Arten an Kennzahlen
unterscheiden.

- Struktur- und Rahmenkennzahlen


Diese Kennzahlen erlauben es der Unternehmensleitung, den Stellenwert einer
Logistikgröße zum Gesamtunternehmen zu beurteilen.

Formel: Lieferantendichte
Lieferantendichte in Stück = aktive Lieferanten/ Mio. € Einkaufsvolumen

- Produktivitätskennzahlen
Hier wird ein Prozess in Hinsicht auf das Verhältnis Ergebnis zu Aufwand (Output zu
Input) untersucht.

Formel: Auslastung der Entladeeinrichtung


Auslastung der Entladeeinrichtung in % = Nutzzeit/ maximale möglich Nutzzeit * 100

- Wirtschaftlichkeitskennzahlen
Mit Wirtschaftlichkeitskennzahlen wird die Kostenseite von Prozessen beleuchtet-
das Ergebnis ist dabei immer eine monetäre Größe (zum Beispiel Euro).

Formel: Beschaffungskosten je Bestellung


Beschaffungskosten je Bestellung = gesamte Beschaffungskosten/ Anzahl
Bestellungen

- Qualitätskennzahlen
32
Mit Qualitätskennzahlen wird die Leistungsfähigkeit eines Prozesses beurteilt. Diese
Prozesse leiten sich aus den Anforderungen der Kunden ab.

Formel: Quote der Fehllieferungen


Quote der Fehllieferungen in % = Zahl der mengenmäßigen Fehllieferungen/
Gesamtzahl der Lieferungen * 100

- Kennzahlenvergleiche
Eine einzelne Kennzahl alleine hat nur eine geringe Aussagefähigkeit. Erst durch d
Vergleich mit anderen Kennzahlen gewinnt man die nötigen Informationen. Im
Wesentlichen lassen sich die nachfolgenden Vergleichsarten unterscheiden.

- Soll-Ist-Vergleich
Beim Soll-Ist-Vergleich erfolgt eine Gegenüberstellung der Soll- beziehungsweise
Planwerte mit den korrespondierenden Istwerten. Dieser Vergleich liefert Angaben
über Abweichungen vom Geplanten und zeigt somit Ansatzpunkte für
Korrekturmaßnahmen.

- Zeitvergleich
Beim Vergleich der Werte in der Zeitreihe wird der Unterschied im Zeitablauf
sichtbar. Dabei können sich trendförmige Abweichungen zeigen, welche eine
Prognose in die Zukunft zulassen.

- Zwischenbetrieblicher Vergleich
Hier werden Ist-Kennzahlen zweier oder mehrerer Betriebe gegenübergestellt. Dieser
Vergleich gibt Auskunft, wie der Einzelbetrieb im Vergleich mit anderen Betrieben
dasteht. So werden Stärken und Schwächen der Unternehmen im Vergleich
aufgedeckt.

- Überbetrieblicher Vergleich
Bei diesem Vergleich werden überbetrieblich andere Unternehmen als
Vergleichsmaßstab mit herangezogen. Vergleiche dieser Art, zum Beispiel innerhalb
einer Branche, Unternehmensgröße oder Region, setzen allerdings Offenheit,
Objektivität, Ehrlichkeit und Vertrauen voraus. Der Vergleich mit anderen
Unternehmen wird auch als Benchmarking bezeichnet.

- Kennzahlen der Logistik


Es ist anzuraten, pro Kennzahl eine Spezifikation zu erstellen, in der eine Kennzahl
näher beschrieben und interpretiert wird. Es sollte darin die genaue Ermittlung
(Formel, EDV-Transaktion) beschrieben werden, Grund und Zweck der Kennzahl,
wird die Kennzahl ermittelt und verantwortet, welcher Zielwert hinter der Kennzahl
steckt und so weiter. Dadurch wird die Kennzahl von allen gleich verstanden und
unterliegt auch im Zeitverlauf keiner „inflationären“ Auslegung.

Nachfolgend einige wichtige Kennzahlen der Logistik (ohne Anspruch auf


Vollständigkeit).

- Bereich Beschaffungslogistik
33
Formel: Einkaufsvolumen
Einkaufsvolumen = Liefermenge * Einstandspreis
Anwendung: Planung und Kontrolle des Einkaufsvolumens
Interpretation: zeigt den wertmäßigen Umfang der Beschaffungsaktivitäten an
Abweichungsursachen: marktbedingte Preissteigerungen, Einkaufserfolge durch
Verhandlungen mit Lieferanten

Formel: Lieferbereitschaftsgrad
Lieferbereitschaftsgrad in % = Menge des sofort ausgelieferten Materials/ Menge des
nachgefragten Materials * 100
Anwendung: Planung und Kontrolle der Lagerbestände – Information über die
Bevorratungspolitik
Interpretation: In welchem Umfang konnte der geplante Bedarf fristgerecht befriedigt
werden? Zu geringe Lieferbereitschaft führt zu Fehlmengenkosten – zu hohe
Lieferbereitschaft verursacht überhöhte Lagerhaltungskosten.
Abweichungsursachen: Fehler in Disposition und Bevorratungspolitik, mangelnder
Forecast, zu geringe Abstimmung mit Lieferanten

Formel: Rahmenvertragsquote
Rahmenvertragsquote in % = Materialeinkaufsvolumen aus Rahmenverträgen/
gesamtes Materialeinkaufsvolumen * 100
Anwendung: Leistungsbeurteilung und Wirtschaftlichkeitsanalyse im Einkauf
Interpretation: zeigt die langfristige Bindung an Lieferanten an
Abweichungsursachen: mangelnde Beschaffungsplanung, mangelnde
Lieferantenpflege, zu breites Sortiment, keine Konzentration auf A-Teile

Formel: Reklamationsquote
Reklamationsquote in % = Anzahl beanstandeter Lieferungen/ Gesamtzahl der
Lieferungen * 100
Anwendung: Analyse der Lieferanten
Interpretation: spiegelt die Qualitäts-, Termin- und Mengentreue der Lieferanten
wider
Abweichungsursachen: unzureichende Lieferantenbewertung, mangelnde
Konsequenzen, keine Qualitätsvereinbarungen, Mängel der Transportmittel

Formel: Kosten pro Bestellung


Kosten pro Bestellung = Gesamtkosten des Einkaufs/ Anzahl Bestellungen
Anwendung: Analyse der Kostenstruktur der Einkaufsabteilung
Interpretation: Wie effektiv werden Bestellungen abgewickelt?
Abweichungsursachen: (-Teile werden wie A-Teile behandelt, uneffektive,
schwerfällige Organisation

- Bereich Lagerlogistik
Formel: Durchschnittlicher Lagerbestand
Durchschnittlicher Lagerbestand = Anfangsbestand + 12 Monatsendbestände/ 13
Anwendung: Information über durchschnittliche Kapitalbindung
Interpretation: wertmäßige Höhe der Bestände im Lager
Abweichungsursachen: zu hohe Sicherheitsbestände, Lagerhüter, ungünstige
Sortimentszusammensetzung, mangelnde Transparenz
34
Formel: Durchschnittliche Lagerreichweite
Durchschnittliche Lagerreichweite in Tagen = durchschnittliche Lagerbestand/
durchschnittlicher Verbrauch pro Tag
Anwendung: Planung und Kontrolle der Lagerbestände
Interpretation: zeigt Versorgungssicherheit durch die Läger an
Abweichungsursachen: unzureichende Disposition, unzuverlässige Lieferanten, zu
hohe Sicherheitsbestände

Formel: Umschlagshäufigkeit Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (RHB)


Umschlagshäufigkeit RHB = Wareneinsatz für RHB/ durchschnittlicher Bestand RHB
Anwendung: Analyse der Lagerbestände
Interpretation: Information über die Zusammensetzung des Lagerbestandes – wie oft
wird Material durch neues ersetzt?
Abweichungsursachen: Lagerhüter (Totbestände), gestiegene Bestände trotz
gleichbleibendem Bedarf, gesunkener Materialverbrauch bei gleich hoher
Bestandseindeckung

Anmerkung:
Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe => für den Handel: Umschlagshäufigkeit
Wareneinsatz für RHB => für den Handel: Wareneinsatz
Durchschnittlicher Bestand RHB => für den Handel: Lagerbestand

Formel: Durchschnittliche Lagerdauer


Durchschnittliche Lagerdauer in Tagen = 360/ Umschlagshäufigkeit des
Vorratsvermögens
Anwendung: Planung und Kontrolle der Lagerbestände
Interpretation: zeigt Versorgungssicherheit durch die Läger in Tagen an
Abweichungsursachen: unzureichende Disposition, unzuverlässige Lieferanten, zu
hohe Sicherheitsbestände

Formel: Flächennutzungsgrad (FNG)


FNG in % = belegte Lagerfläche/ vorhandene Lagerfläche * 100
Anwendung: Leistungsbeurteilung der Bevorratung
Interpretation: Wie weit werden die vorhandenen Lagerressourcen ausgelastet?
Abweichungsursachen: Überkapazitäten im Lager, unzureichende Lagereinrichtung

- Bereich Transportlogistik
Formel: Transportmittelnutzungsgrad
Transportmittelnutzungsgrad in % = tatsächliche Einsatzstunden/ Summe möglicher
Einsatzstunden * 100
Anwendung: Analyse des innerbetrieblichen Transportes
Interpretation: Wie intensiv sind Transportmittel ausgelastet?
Abweichungsursachen: unzureichende Einsatzplanung, Mangel an Transportmitteln

Formel: Transportkosten
Transportkosten je Tonnenkilometer = Transport/ transportierte Masse in t *
zurückgelegte Wegstrecke in km
Anwendung: Analyse des außerbetrieblichen Transports
Interpretation: Wie hoch sind die Kosten pro Kilometer für eine Tonne Frachtgut?
35
Abweichungsursachen: Kostenerhöhungen, Verschiebungen im Kundenportfolio
(Entfernung)

- Bereich Produktionslogistik

Formel: Kapazitätsauslastungsgrad
Kapazitätsauslastungsgrad in % = kapazitätsbedarf/ realer Kapazitätsbestand * 100
Anwendung: Auslastung der Produktion
Interpretation: Wie hoch und wie weit (zeitlich) sind die Maschinen ausgelastet?
Abweichungsursachen: mangelnde Auftragssituation, mangelnde Terminplanung,
ungeplante Maschinenstillstände, hohe Planzeitabweichungen

Formel: Zeit Auftragsdurchlauf


Zeit Auftragsdurchlauf = Tag Abschluss Fertigungsauftrag – Tag Auftragsstart
Anwendung: Analyse der Dauer eines Auftrages
Interpretation: Welche Zeit benötigt ein Auftrag im Produktionsdurchlauf? Wie lange
ist Material in der Produktion (Kapitalbindung)?
Abweichungsursachen: zu hohe Warte-, Lager-, Übergangszeiten, schlechte
Terminplanung, geringere Produktionsgeschwindigkeiten

Formel: Anlagenverfügbarkeit
Anlagenverfügbarkeit in % = Ist-Stückzahl/ Sollstückzahl * 100
Anwendung: Analyse der Nutzungsfähigkeit einer Anlage
Interpretation: effektive Zeitspanne zur Nutzung einer Anlage/ Maschine
Abweichungsursachen: ungeplante Maschinenstillstände, keine vorbeugende
Wartung

- Bereich Distributionslogistik
Formel: Termintreue (Abweichung)
Termintreue (Abweichung) = Tag Liefertermin der Ware beim Kunden – zugesagter
Liefertermin
Anwendung: Service gegenüber Kunden
Interpretation: Wie weit werden zugesagte Liefertermine eingehalten?
Abweichungsursachen: Probleme in Produktion/ Distribution

Formel: Lieferfähigkeit
Lieferfähigkeit = Wunschtermin Kunde – (erster) zugesagter Liefertermin
Anwendung: (Teil der) Messung der Kundenzufriedenheit
Interpretation: Wie weit kann auf die Kundenanforderungen eingegangen werden?
Abweichungsursachen: unrealistische Kundenerwartungen, höhere Lieferzeit als
Wettbewerber

Formel: Terminverschiebungen
Terminverschiebungen = Anzahl Terminverschiebungen nach Zusage Liefertermin
Anwendung: (Teil der) Messung der Kundenzufriedenheit
Interpretation: Muss Liefertermin nachträglich verschoben werden?
Abweichungsursachen: zu optimistische Lieferterminzusage, Unzulänglichkeiten im
Auftragsdurchlauf

- Kennzahlensysteme
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Ein Kennzahlensystem bezeichnet eine Zusammenstellung mehrerer Kennzahlen,
welche in sachlich sinnvoller Beziehung zueinander stehen mit Ausrichtung auf ein
übergeordnetes Gesamtziel – einer Spitzenkennzahl. Diese Verdichtung mehrerer
Kennzahlen wird daher oftmals in Form einer Pyramide dargestellt. Wichtigstes
Element sind oberste Spitzenkennzahlen. Diese werden im Controlling auch als
Key Performance Indicators (KPI) bezeichnet. Verändert sich diese Kennzahl,
kann ohne größeren Aufwand die Abweichung in der Struktur des Kennzahlen-
systems gesucht und identifiziert werden.

In der Praxis existieren verschiedene Modelle von Kennzahlensystemen, bis hin zu


betrieblich individuellen Lösungen. Bekanntestes Kennzahlensystem ist das ROI-
Schema (Return- on-Investment-Schema). Mit ihm wird ausgedrückt, dass mit einem
bestimmten Kapitaleinsatz ein bestimmter Gewinn erzielt wurde.

Der Erfolgsbeitrag der Logistik zu einer möglichst hohen ROI-Kennzahl findet sich in
mehreren Stufen des Schemas wieder. Gängigste Aussage ist es, den
Materialverbrauch möglichst gering zu halten. Diesem Ziel kann man durch optimal
verhandelte Einkaufspreise in der Beschaffung näher kommen. Hält die Logistik ihre
Prozesse schlank, wird sich dies in geringeren Personalkosten widerspiegeln.
Werden die Bestände auf einem betriebswirtschaftlichen Minimum gehalten, findet
sich dies als Kapitalbindung im Umlaufvermögen wieder. Ebenso werden die
Lieferantenverbindlichkeiten minimiert, wenn mit den Lieferanten lange Zahlungsziele
vereinbart werden oder durch Abzug von Skonto ein entsprechender Geldvorteil
erzielt wird.

Kennzahlensystem Return on Investment (vereinfacht)

- Probleme von Kennzahlen

Trotz des Vorteils von Kennzahlen werden n der Praxis oftmals Fehler gemacht:
- Erzeugen einer Kennzahleninflation: es werden zu viele Kennzahlen generiert. Die
Aufstellung wird unübersichtlich und dadurch sinkt der Aussagewert der
Kennzahlen.
- Fehler bei der Kennzahlenaufstellung: Basisdaten sind fehlerhaft oder zu ungenau,
dadurch unterliegt das Messsystem zu hoher Varianz.
- mangelnde Konsistenz von Kennzahlen: Kennzahlen sind untereinander
widersprüchlich.
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- Probleme der Kennzahlenkontrolle: es werden Kennzahlen gebildet, deren
Abweichungen nicht gesteuert werden können.

- Berichtswesen im Logistikcontrolling
Die besten Kennzahlen nützen nichts, wenn sie nicht umfassend und regelmäßig den
Entscheidungsträgern vorgelegt beziehungsweise präsentiert werden. Hierfür ist ein
entsprechendes Berichtswesen, individuell gestaltet und angepasst an das
Unternehmen, einzurichten. Die Aufgabe des Berichtswesens der Logistik ist die
Erstellung von:
- Standardberichten (jahres-, quartals-, monatsweise),
- Abweichungsberichten (Hinweis auf Überschreitung von Toleranzgrenzen) und
- Sonderberichten (individuell nach Anforderung, zum Beispiel für Investitions-
Entscheidungen).

Der Logistikbericht sollte durch grafische Darstellungen der Hauptkennzahlen


möglichst übersichtlich gehalten werden.

Kurze Zusammenfassung von Kapitel 2:


- Logistikleistungen zielen auf einen positiven Nutzen (Wertsteigerung) im
Unternehmen.
- Die Aufgaben der Logistik können in operative, dispositive, planerische und
administrative Leistungen eingeteilt werden.
- Logistische Leistungen können in Teilstrecken unterteilt werden. Diese haben einen
Start- und Endpunkt und sind somit messbar.
- Bei den Logistikkosten kann es sich um Einzel- oder Gemeinkosten handeln, die
sich variabel oder fix zur Auslastung verhalten.
- Zur Transparenz der Logistikkosten werden diese den jeweiligen Kostenarten (zum
Beispiel Personal, Material, Dienstleistungen) zugeteilt.
- Können Logistikkosten nicht direkt einem Kostenträger zugeordnet werden, erfolgt
eine Zuordnung zu Kostenstellen.
- Die Werte der Kostenstellen werden über den Betriebsabrechnungsbogen (BAB)
den Einzelkosten gegenübergestellt. Daraus werden Gemeinkosten-Zuschlagssätze
ermittelt. Diese finden in der Produktkalkulation Berücksichtigung.
- Logistikkosten fallen entlang der gesamten Wertschöpfungskette an. Aufgrund des
abteilungsübergreifenden Charakters bereitet es Schwierigkeiten, diese
verursachungsgerecht zuzuordnen.
- Mittels Kennzahlen werden komplexe, abstrakte Sachverhalte in komprimierter
Form abgebildet. Funktionen von Kennzahlen sind:
- Quantifizierung von Zielen,
- Entscheidungshilfe,
- Vorgabe-, Analyse-, Steuerungs- und Kontrollinstrument.
- Kennzahlensysteme sind eine Zusammenfassung der Ergebnisse mehrerer
Kennzahlen, die pyramidenförmig nach oben verdichtend dargestellt werden.
- Um die Ergebnisse von Kennzahlen entsprechend interpretieren zu können, werden
diese verglichen:
- Soll- mit Ist-Werten,
- als Zeitreihe zu vorhergehenden Werten,
- im Verhältnis zu Werten anderer Abteilungen, Betriebe, Unternehmen
(Benchmarking).
3. Prozessorientiertes Controlling

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- Wesen der Prozesskostenrechnung
Der zunehmende Wettbewerb und die fortschreitende Globalisierung haben dazu
geführt, dass in den letzten Jahrzehnten viele Prozesse automatisiert wurden.
Dadurch erhöhten sich die Gemeinkosten im Unternehmen. Der Anteil der direkt den
Kostenträgern zuordenbaren Kosten (Fertigungslöhne) hat abgenommen – andere
dispositive, steuernde, logistische Aufgaben (Fixkosten) haben entsprechend
zugenommen. Im Rahmen der traditionellen Zuschlagskalkulation hatte die Zunahme
der Gemeinkosten Zuschlagssätze von einigen Hundert Prozent zur Folge. In
solchen Fällen werden die Kosten nicht mehr verursachungsgerecht verrechnet – es
gilt das „Gießkannenprinzip“.

Um Abhilfe zu schaffen, wurde die Prozesskostenrechnung entwickelt. Die


Grundidee der Prozesskostenrechnung besteht darin, nicht mehr Kostenstellen als
Orte der Kostenentstehung zu betrachten, sondern kostenstellenübergreifende
Prozesse als Kostentreiber anzusehen.

Ziel ist es, über die monetäre Bewertung der jeweiligen Prozesse deren Kosten den
Produkten verursachungsgerecht zuzuordnen. Dadurch wird ebenso die Produkt-
kalkulation exakter und realistischer. Vor allem im prozesslastigen Bereich der
Logistik ist der Einsatz der Prozesskostenrechnung daher sinnvoll. Die
Prozesskostenrechnung wird in die Kostenstellenrechnung mit integriert, indem die
ablaufenden Prozesse analysiert und zu kostenstellenübergreifenden Prozessen
zusammengefasst werden.

Durchführung der Prozesskostenrechnung

3.1 Kostenstellenzerlegung
Im ersten Schritt werden auf Basis einer Tätigkeitsanalyse die Teilprozesse
identifiziert. Mit der Tätigkeitsanalysewird das Ziel verfolgt, auf Basis vorhandener
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Kostenstellen unterscheidbare Teilprozesse herauszufiltern. Die Erfassung der
Tätigkeiten kann mittels Befragungen, Selbstaufschreibung oder Zeitaufnahmen
(Multimomentverfahren) erfolgen.

Mögliche Teilprozesse:

Im nächsten Schritt wird untersucht, ob sich der jeweilige Teilprozess zu dem zu


erbringenden Leistungsvolumen mengenvariable oder mengenfix verhält. Der
Teilprozess „Material einlagern“ ist beispielsweise mengenvariabel – man spricht
dann von leistungsmengeninduziert (lmi). Der Teilprozess „Abteilung leiten“ ist
hingegen nicht mengenabhängig – also leistungsmengenneutral (lmn).

3.2 Prozessgrößenermittlung

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Jedem lmi-Prozess muss anschließend eine Bezugsgröße/ Einheit zugeordnet
werden, mit deren Hilfe die Prozesse mengenmäßig quantifiziert werden können.
Diese Bezugsgrößen werden auch als Cost Driver bezeichnet. Die unter stehende
Tabelle zeigt eine Auswahl solcher Bezugsgrößen.

Zur Messung einer Leistung müssen die Planprozessmengen, die zu einem


Teilprozess gehören, geplant und fixiert werden.

Beispiel für Planprozessmengen

Prozess Prozessgröße Prozessmenge


Rahmenverträge aushandeln Rahmenverträge 200 Verträge

3.3 Hauptprozessverdichtung

Jeder Teilprozess kann in der Regel einem kostenstellenübergreifenden


Hauptprozess zugeordnet werden. Ein Hauptprozess ist ein Aufgabenkomplex, der
sich aus mehreren Teilprozessen zusammensetzt. Es gehen mehrere Teilprozesse
verschiedener Kostenstellen in einen Hauptprozess ein. Diese Hauptprozess-
verdichtung ist notwendig, um anschließend eine prozessorientierte Kalkulation
durchführen zu können.

Verdichtung von Teilprozessen zu Hauptprozessen

Der kostenstellenübergreifende Hauptprozess „Material beschaffen“ soll am


nachfolgenden Beispiel verdeutlicht werden.
41
Beispiel der Bildung des Hauptprozesses „Material beschaffen“

3.4 Prozesskostensatzermittlung und Prozesskalkulationsermittlung

Wird die Summe der angefallenen Prozesskosten durch die Prozessmenge dividiert,
erhält man den jeweiligen Prozesskostensatz.

Formel Prozesskostensatz:
Prozesskostensatz = Prozesskosten/ Prozessmenge

Beispiel zum Prozesskostensatz


Prozess: Material beschaffen
Prozessgröße: Anzahl der Materialdispositionen
Prozessmenge: 60.000
Prozesskosten: 3.025.800 €
Prozesskostensatz: 3.025.800/ 60.000 = 50,43

Im Prozesskostensatz kommt zum Ausdruck, was die einmalige Ausführung


beziehungsweise Inanspruchnahme eines Prozesses kostet.

Die Ermittlung des Prozesskostensatzes ermöglicht nun eine Produktkalkulation


entsprechend der Inanspruchnahme der Prozesse durch die Kostenträger.

Wie bei jeder herkömmlichen Zuschlagskalkulation werden auch bei der


prozessorientierten Produktkalkulation die Einzelkosten direkt auf den Kostenträger
verrechnet. Die Gemeinkosten werden hingegen – im Gegensatz zur traditionellen
Kalkulation – bei der Prozesskalkulation über die Prozesskostensätze auf die
Kostenträger verrechnet.

Gegenüberstellung von traditioneller Zuschlagskalkulation und prozess-


orientierter Kalkulation:
42
Das nachstehende Beispiel zeigt deutlich, wie sich die prozessorientierte Kalkulation
auswirkt. Ein Brillengeschäft bietet die Billigbrille A und eine Luxusbrille B, deren
Einstandspreis fünfmal so hoch ist, an. Eine Verteilung der Gemeinkosten nach der
traditionellen Methode bewirkt einen extrem niedrigen Zuschlag für die Billigbrille und
einen extrem hohen Zuschlag für die Luxusbrille, obwohl beide Brillensorten im
täglichen Geschäft dieselben Prozesskosten verursachen. Dieser Forderung kommt
man in der Prozesskostenkalkulation nach.

Beispiel zu prozessorientierter Kalkulation

3.5 Leistungsmengenneutrale Kostenverrechnung

Leistungsmengenneutrale (lmn) Prozesse fallen unabhängig vom Leistungsvolumen


an. Für diese Prozesse können keine Bezugsgrößen und Mengenangaben definiert
werden. Die Kosten dieser Prozesse werden ähnlich der Kostenstellenrechnung mit
einem Umlageschlüssel auf die lmi-Prozesse verteilt.
Kurze Zusammenfassung von Kapitel 3:
- Nicht die Kostenstellen an sich verursachen primär die Kosten, sondern dies

43
geschieht durch die im Unternehmen ablaufenden Prozesse. Die Prozesskosten-
rechnung soll dies entsprechend berücksichtigen.
- In die Kalkulation sollen die Kosten verursachungsgerecht, je nach der
Inanspruchnahmen betrieblicher Prozesse, einbezogen werden.
- Um einen Kostensatz eines Prozesses zu ermitteln, sind mehrere Schritte
notwendig.
- Je nachdem, ob die Kosten betrieblicher Prozesse von einer Menge abhängen oder
nicht, spricht man von „leistungsmengeninduziert“ beziehungsweise „leistungs-
mengenneutral“.
- Die Leistungen eines Prozesses finden meist in mehreren verschiedenen
Kostenstellen statt. Diese Teilprozesse können zu Hauptprozessen verdichtet
werden.
- Wird die Summe der angefallenen Prozesskosten durch die Prozessmenge
dividiert, erhält man den jeweiligen Prozesskostensatz.

4. Weitere Instrumente des Logistikcontrollings


- Benchmarking
Beim Benchmarking (vergleich mit den Besten) handelt es sich um einen
systematischen, kennzahlengeleiteten Vergleich des eigenen Unternehmen mit
Unternehmen, die ähnliche Prozesse oder Produkte aufweisen. Durch den Vergleich
sollen Erkenntnisse bezüglich der Positionierung, der Potenziale sowie der Effizienz
hinsichtlich der Abwicklung der logistischen Aufgaben gewonnen werden.

Benchmark-Projekte werden dabei vom Logistikcontrolling gesteuert und begleitet.


Schwerpunkt ist die Suche nach den besten Praktiken, mit denen überdurch-
schnittliche Wettbewerbsvorteile erreicht werden können. Benchmarking wird
strukturiert in mehreren Phasen durchgeführt. Zunächst wird der Gegenstand des
Benchmarking-Projektes ausgewählt (z.B. Versandabwicklung). Hierfür muss ein
geeigneter Benchmarking-Partner gefunden werden. Dies kann ein anderer Bereich
im eigenen Unternehmen, ein anderes Werk in einer Konzernorganisation, ein
Wettbewerbsunternehmen oder auch ein branchenfremdes Unternehmen sein. Je
globaler Institutionen mit besten Praktiken (best practice) gesucht werden, desto
höher sind die zu erwartenden Leistungssprünge.

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Nach der Sammlung von Informationen (Sekundärinformationen, zum Beispiel in
Geschäftsberichten, Internet und Fachzeitschriften, oder Primärinformationen, zum
Beispiel durch Firmenbesichtigungen) kann die Leistungslücke festgestellt werden.
Danach werden Ziele, Strategien und Aktionspläne festgelegt, welche notwendig
sind, um die Lücke zum vergleichenden Unternehmen schließen zu können.

Durch das Benchmarking werden Schwachstellen aufgedeckt und


Gegensteuerungsmaßnahmen ausgelöst. Da die Mitarbeiter in die
Veränderungsprozesse eingebunden sind (Bottom-up-Ansatz), findet keine
Demotivation statt. Benchmarking soll eine dauerhafte kreative Unruhe im
Unternehmen schaffen und die Basis für eine kontinuierliche Verbesserung sein.

- Target Costing
Beim Target Costing handelt es sich um ein in Japan entwickeltes
Kostenmanagementsystem, welches eingesetzt wird, um langfristig am Markt
wettbewerbsfähig sein zu können.

Bei einer Standard-Produktkalkulation lautet die Frage: „Was wird das Produkt
kosten?“ Beim Target Costing wird hingegen gefragt: „Was darf das Produkt kosten?“
Ausgangspunkt ist der Preis (Zielpreis-Target Price), den der Kunde bereit ist, für das
Produkt zu bezahlen. Wird von diesem Zielpreis der gewünschte Gewinn abgezogen,
erhält man die Zielkosten (Target Costs), zu denen es möglich sein muss, das
Produkt oder die Dienstleistung zu produzieren beziehungsweise anzubieten, um
wettbewerbsfähig bleiben zu können. Dabei stellt man die Kostenlücke fest, welche
zur Standardkalkulation vorhanden ist.

Werden die Zielkosten auf die werttragenden Elemente des Produktes aufgespalten,
kann ermittelt werden, welcher Wert jedem Element, zum Beispiel auch den
logistischen Prozessen, maximal zugestanden werden kann. Target Costing kann
dabei zu entscheidenden Strukturveränderungen im Unternehmen führen, wie zum
Beispiel Outsourcing von Logistikprozessen, Verschlankung von Organisationen oder
Veränderungen von Abläufen. Es wird regelmäßig im Zulieferbereich der
Automobilindustrie durchgeführt. Zur Ermöglichung von Kostenreduzierungen legt
der Zulieferer seine Kostenpositionen offen und es wird gemeinsam nach
Potenzialen gesucht. Als Gegenleistung für die Offenlegung der Kostenstrukturen
wird dem Zulieferer eine längere Vertragsbindung zugestanden.

- Supply-Chain-Controlling- erweitertes Logistikcontrolling


Während sich das Standardkonzept des Logistikcontrollings auf das Steuern der
internen Regelgrößen beschränkt, gibt es neuerdings Bestrebungen, diese
Aktivitäten auf die Kunden- und Lieferantenverhältnisse der gesamten Supply Chain
zu erweitern. In dieser erweiterten Sicht ist es möglich, zusätzliche Kostensenkungs-
und Optimierungspotenziale zu entdecken und zu realisieren.

In einem ersten Schritt wird die Supply Chain grafisch dargestellt (Supply-Chain-
Maps). Davon abgeleitet finden Workshops mit den jeweils vor- und nachgelagerten
Partnern der Wertschöpfungskette statt. Dabei sollen Stärken und Schwächen der
gegenseitigen Beziehungen transparent gemacht werden. Nachfolgend Beispiele von
Themen und Aspekten des Supply-Chain-Controllings:

- Wie robust ist die Beziehung hinsichtlich plötzlicher oder dauerhafter


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Mehrnachfrage?
- Wie kompatibel sind die Informationssysteme der jeweiligen Unternehmen?
- Wie wirtschaftlich stabil sind die Unternehmen? Drohen Ausfälle, ist die gesamte
Supply Chain gefährdet?
- Wie hoch ist das Vertrauensniveau bei den Unternehmen? Ehrenkodex oder
Misstrauen?

Das Supply-Chain-Controlling ist vor allem aufgrund des zuletzt aufgeführten


Punktes noch nicht ausreichend entwickelt.

- Balanced Scorecard in der Logistik


Bei der Balanced Scorecard (BSC) handelt es sich um ein Managementsystem, mit
dessen Hilfe von der Mission und Vision eines Unternehmens abgeleitete
strategische Ziele in konkrete Handlungen umgesetzt werden können. Der
wesentliche Vorteil des BSC liegt darin, dass sie nicht wie bei herkömmlichen
Controllinginstrumenten nur vergangenheitsorientiert ist, sondern auch die
Zukunftsperspektive behandelt. Des Weiteren konzentriert sie sich nicht
ausschließlich auf Finanzkennzahlen, sondern betrachtet ebenso andere Aspekte:

- Finanzperspektive: Cashflow, ROI, EBIT usw.


- Kundenperspektive: Kundenzufriedenheit, Bekanntheitsgrad, Kundenbindung.
- Prozessperspektive: Prozessgestaltung, Flexibilität, Veränderungsbereitschaft.
- Lern- und Entwicklungsperspektive: regelmäßige Weiterbildung, neue IT-
Systeme.

Für die Logistik könnte ein aus der BSC abgeleitetes Ziel beispielsweise bedeuten:
- Bestände reduzieren => Finanzperspektive
- Einführung einer Reklamationshotline => Kundenperspektive
- Reduzierung der Auftragsabwicklungszeit => Prozessperspektive
- Weiterbildungsprogramme für Mitarbeiter => Lern- und Entwicklungsperspektive

Kurze Zusammenfassung von Kapitel 4:


- Im Bereich des Logistikcontrollings gibt es neuere Instrumente, welche erfolgreich
eingesetzt werden.
- Beim Benchmarking vergleicht sich ein Unternehmen durch Kennzahlen mit
anderen Betrieben.
- Target Costing bedeutet eine am Zielpreis orientiere Kalkulation.
- Beim Supply-Chain-Controlling werden unternehmensübergreifend die
Prozesskosten ganzer Wertschöpfungsketten betrachtet.
- Die Balanced Scorecard ermittelt durch die Integration von „weichen“ Faktoren die
Zukunftsfähigkeit von Unternehmen.

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