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1. Grundlagen
Bedeutung der Logistik
Aufgrund der zunehmenden Dynamik und Schnelligkeit erhalten nicht die billigeren
Anbieter, sondern die schnelleren den Zuschlag. Hierbei steigt die Komplexität und
Anpassungsgeschwindigkeit in den Prozessen immens. Bei der Umsetzung der
notwendigen Aktivitäten ist die Logistik ein strategischer Erfolgsfaktor. Als
betriebliche Querschnittsfunktion stellt die Logistik sicher, dass die benötigten Güter
und Informationen zur richtigen Zeit, in der richtigen Menge und in der richtigen
Qualität zur Verfügung stehen. Die Logistik beschränkt sich dabei nicht auf das rein
physikalische Materialhandling, sondern umfasst ebenso dispositive Aufgaben und
Steuerungstätigkeiten bis hin zur langfristigen Planung der Unternehmensprozesse.
Die Logistik greift bei der Ausübung ihrer Tätigkeit entlang der Wertschöpfungskette
nahezu in alle Unternehmensbereiche ein. Je nach Aufgabenbereich wird der
Logistikprozess unterteilt. Es wird erkennbar, dass die Logistik nicht die Optimierung
einzelner Bereiche in den Vordergrund stellt, sondern ein vorausschauend vernetztes
und bereichsübergreifendes, ja sogar unternehmensübergreifendes Denken
voraussetzt.
Bereich Aufgabe
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Die anfallenden Logistikkosten müssen in einem angemessenen Verhältnis zu den
Logistikleistungen stehen, damit die unternehmerischen Gesamtziele nicht verfehlt
werden. Werden fehlerhafte Entscheidungen zu spät erkannt, kann dies verheerende
Folgen bis hin zur Gefährdung der Unternehmensexistenz haben. Hier wird deutlich,
dass es ein Führungsinstrument im Unternehmen geben muss, welches diese
Steuerungs- und Überwachungsfunktion einnimmt – das Controlling.
Bei der Verwendung des Begriffs Logistik haben sich drei dominierende und
einander ergänzende Sichtweisen herausgebildet. Je nach Unternehmen wird die
Logistik als Denkhaltung, als Funktion oder als Institution betrachtet. Hinter diesen
Ausprägungen verbergen sich die unterschiedlichen Sichtweisen der Logistik.
Ähnlich wie bei den Begriffen Marketing oder Controlling löst sich diese umfassend-
ste Sichtweise der Logistik von physikalischen Vorgängen und hat eine ganzheitliche
Sicht der vielfältigen unternehmerischen Systembeziehungen im Fokus, mit dem Ziel,
unternehmerische Entscheidungen zu verbessern. Dazu werden Zielkonflikte
innerhalb des Unternehmens offengelegt und bewusst infrage gestellt. Diese
Betrachtung erfolgt vor dem Hintergrund, dass die Komplexität der Prozesse im
Unternehmen ständig zunimmt und kaum mehr vollständig beherrscht werden kann.
Dies führt wiederum zu Informationsdefiziten der am Betriebsgeschehen beteiligten
Personen, da sie sich nur auf ihren jeweiligen Bereich konzentrieren. Somit kann
durch die Optimierung eines Bereiches die Reichweite von Entscheidungen im
gesamtunternehmerischen Sinne nur eingeschränkt beurteilt werden.
Die Behebung der Zielkonflikte verursacht Reibungsverluste und Kosten – und damit
Wettbewerbsnachteile. Während in einem Handwerksbetrieb der Inhaber/ Meister die
relevanten Beziehungen zu Kunden und Lieferanten überblickt, benötigen größere
Unternehmen Informationssysteme, um Komplexität und Informationsflüsse
transparent zu machen und die es ermöglichen, langfristige, strategische
Entscheidungen zu treffen. Dem soll das Logistikcontrolling Rechnung tragen.
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1.2.2 Logistik als Funktion
Logistik in diesem Sinn bezieht sich sowohl auf physikalische Vorgänge wie
Transport, Lagerung und Umschlag als auch auf dispositive und administrative
Tätigkeiten. Führungskräfte haben die Aufgabe der Koordination zwischen den
Teilbereichen im Sinne einer Kosten- und Leistungsoptimierung bei dieser
Denkhaltung.
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1.2.3 Logistik als Institution
Diese dritte zu beachtende Sichtweise bezieht sich auf die Systematik, wenn der
Begriff Logistik mit einer konkreten organisatorischen Einheit, z.B. der Logistik-
abteilung eines Unternehmens, gleichgesetzt wird. Sie wird repräsentiert durch
Organigramme und hierarchische Strukturen (Aufbauorganisation) und bezüglich der
Prozessabläufe durch Organisationsrichtlinien und Verfahrensanweisungen
(Ablauforganisation).
Welchen Rang hat eine Logistikinstanz im Unternehmen? Eine Einordnung kann nur
von der Unternehmensleitung vorgenommen werden.
Die betriebliche Logistik umfasst alle Aktivitäten zur Planung, Steuerung und
Kontrolle der Lagerhaltung, des Handlings (Bereitstellung bzw. Disposition) und des
Transports logistischer Objekte und damit den gesamten Materialfluss innerhalb des
Betriebes und der Umwelt.
Die Ziele der Logistik sind grundsätzlich eingebunden in das gesamte Zielsystem des
Unternehmens und werden zusätzlich durch unternehmensexterne Zielsysteme
beeinflusst. In einer oberflächlichen Betrachtungsweise wird als Ziel der Logistik eine
Anzahl 3R (richtige Menge zur richtigen Zeit am richtigen Ort) genannt. Bei der
Konkretisierung dieser Ziele muss die Logistik auch dem Anspruch auf Ganzheitlich-
keit und Service- und Kundenorientierung gerecht werden.
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Kern dieser auf Wechselwirkung ausgerichteten Zielstellung ist eine Unterscheidung
in externe und interne Zielgrößen.
2.1 Die externen Zielgrößen repräsentieren die Größen, die von den Kunden
unmittelbar wahrgenommen werden können. Sie lassen sich in extern wahrnehmbare
Logistikleistungen und extern wahrnehmbare Logistikkosten einteilen. Die extern
wahrnehmbaren Logistikkosten entsprechen dem Preis, den ein Kunde für eine
Logistikleistung bezahlt. Als externe Logistikleistung versteht man die allgemein als
„Lieferservice“ bezeichneten Größen, z.B. Termintreue und Lieferzuverlässigkeit.
Konkret zu realisierende externe Logistikziele könnten beispielsweise sein, dass ein
Unternehmen die Lieferzeit von vier auf zwei Wochen verkürzt oder dem Kunden
ohne Aufpreis eine 24-Stunden-Lieferung garantiert. Diese marktbezogenen Zielgrö-
ßen reichen jedoch nicht aus, um daraus konkrete Verbesserungsmaßnahmen
abzuleiten.
2.2 Hierzu dienen die internen Zielgrößen, die analog zur oben genannten
Ausrichtung ebenfalls in Logistikleistungen und Logistikkosten unterschieden werden
können. Mithilfe des Logistikcontrollings werden beispielsweise unnötige Wartezeiten
identifiziert, deren Reduzierung dem Ziel einer Verkürzung der Lieferzeit dienlich ist.
Ein anderes Ziel ist zum Beispiel eine Reduzierung der Kapitalbindungskosten. Die
daraus resultierenden Einsparungen können ebenfalls zur Verbesserung der Wettbe-
werbsstellung genutzt werden.
Unbestritten ist, dass die Logistik für viele Unternehmen ein wichtiger Erfolgs- und
Wettbewerbsfaktor ist. Da Kunden i.d.R. Produkte kaufen, die verfügbar sind und aus-
geliefert werden können, ist die Logistik für verzögerungs- bzw. engpassfreien Umsatz
mitverantwortlich, denn sie sorgt für die Liefertätigkeit.
Ziel eines gewinnorientierten Unternehmens ist u.a., eine möglichst hohe Verzinsung
des betriebsnotwendigen Kapitals zu erwirtschaften. Die Kapitalrendite (ROI Return
on Investment) setzt den erwirtschafteten Gewinn ins Verhältnis zum eingesetzten
Kapital. In der Ableitung dieser Kennzahl werden die Stellhebel sichtbar, durch
welche die Logistik das Ergebnis positiv beeinflussen kann.
z.B. Einhaltung des z.B. Preisliste, z.B. Zeit im internen z.B. Lager-
Liefertermins Transportleistungen Transport haltungskosten
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Nach branchenunabhängigen Angaben belaufen sich die jährlichen Logistikkosten
auf ca. 25% des Wertes der Bestände:
Auch wenn die vorgenannten Werte nach Branche und Unternehmensart differieren
können, ist die Summe annähernd gleich und verdeutlicht die hohe Bedeutung der
Logistik,
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- Controllingbegriff
Der Begriff Controlling wird vom englischen „to control“ (= steuern, regeln) abgeleitet.
Controlling ist ein umfassendes Konzept zur Steuerung und Koordination
betrieblicher Prozesse. Controller gestalten und begleiten den Managementprozess
der Zielfindung beziehungsweise die Planung und Steuerung der
Unternehmensprozesse und tragen damit Mitverantwortung für die Zielerreichung.
Aufgabe des Controllings ist es, im Auftrag des Managements über die
Wirtschaftlichkeit im Unternehmen zu wachen, jedoch nicht, diese zu garantieren.
Um seine Aufgaben unabhängig wahrnehmen zu können, wurde das Controlling
früher oftmals als Stabsstelle in die Aufbauorganisation des Unternehmens integriert.
Durch die wachsende Bedeutung findet sich das Controlling heute meist als
Linienstelle wieder, was ihm zusätzliche Mitsprache- und Vetorechte einräumt.
Es wird erkennbar, dass Controlling nicht mit „Kontrolle“ gleichgesetzt werden darf,
sondern in weitem Maße zukunftsorientiert auftritt, indem es der
Unternehmensführung notwendige Informationen liefert und sie bei wichtigen
Entscheidungen unterstützt. Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene
Controllingbereiche herausgebildet. Die wichtigste Einteilung hierbei ist die
Unterscheidung in strategisches und operatives Controlling.
- Strategisches Controlling
Aus der strategischen Planung heraus entwickelte sich das strategische Controlling.
Es ist ausgerichtet auf die dauerhafte Existenzsicherung des Unternehmenssystems
durch Erkennen, Aufbauen und Erhalten von Erfolgspotenzialen. Dabei handelt es
sich um Größen, welche nicht unmittelbar quantifizierbar mit Kosten und Erträgen in
Verbindung gebracht werden können. Auf das Unternehmen wirken von Marktseite
her Chancen und Risiken. Sowohl das rechtzeitige Erkennen von sich bietenden
Chancen als auch die frühzeitige Reaktion auf sich andeutende Risiken zeichnet ein
funktionierendes strategisches Controlling aus. Intern müssen Stärken und
Schwächen betrachtet werden. In einer Stärken-Schwächen-Analyse werden diese
Faktoren erkannt und bewertet. Bei solchen Faktoren handelt es sich beispielsweise
um Innovationsfähigkeit, Know-how, Qualität, Reaktionsschnelligkeit und
Servicequalität.
- Operatives Controlling
Im Mittelpunkt des operativen Controllings steht die kurzfristige Sicherung des
Unternehmenserfolges. Es befasst sich mit den Kosten und Erträgen. Die
Kernaufgabe des operativen Controllings ist die Umsetzung der Strategien in
konkrete Maßnahmen und Projekte. Hierbei bedient es sich der Daten des
Rechnungswesens. Daraus entstehen Budgetpläne und die Erstellung eines
Berichtswesens.
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1.1 Aufgaben des Logistikcontrollings
Das klassische Controlling der letzten Jahrzehnte war sehr zahlenlastig orientiert und
hat sich überwiegend mit der Effektivität einzelner betrieblicher Faktoren wie
Arbeitsproduktivität (Mitarbeiter), Betriebsmitteln (Auslastung) oder Werkstoffen
(Abfallquote) beschäftigt. Erst nach und nach wurde die Bedeutung der
zusammenhängenden Betrachtung ganzer Wertschöpfungsprozesse (und deren
Phasen als Meilensteine) erkannt und findet jetzt Eingang in das Controlling. Diese
Funktion wird vom Logistikcontrolling wahrgenommen.
Logistikcontrolling ist:
- ein System, das die für logistische Teilstrecken und die für die gesamte Kette
Verantwortlichen mit Informationen versorgt,
- ein Hilfsmittel für die Zusammenführung der logistischen Teilverantwortung zur
Gesamtverantwortung,
- ein Instrument zur Erkennung von Schwachstellen auf den Teilstrecken der
Logistikkette,
- ein ständiger Lernprozess (KVP),
- eingebunden in den gesamten Planungsprozess.
1.2 Logistikcontrollingprozess
- Controllingregelkreis
Trotz erheblicher Unterschiede in der Controllingliteratur wird meist der
Steuerungscharakter des Controllings aus dem Wortstamm „to control“ (= Steuern)
abgeleitet und hervorgehoben. Das Logistikcontrolling wird als Steuerungsinstrument
der Unternehmensleitung verstanden, welches die gesamten logistischen
Transaktionen plant und steuert, einschließlich deren Informationsversorgung. Diese
Vorstellung kann mithilfe eines Regelkreiskonzeptes verstanden werden.
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- Führungsgrößen
Ausgangspunkt der Steuerung sind die vom übergeordneten Führungssystem
(Unternehmensziele) vorgegebenen Führungsgrößen, das heißt die grundsätzlichen
(strategischen und operativen) Zielvorgaben für den Realgüterprozess.
- Planung
In der Planung werden die konkreten Vorgaben (Ober- und Unterziele sowie daraus
abgeleitete Maßnahmen) erarbeitet. Hiermit wird festgelegt, in welchem Umfang und
wie die Führungsgrößen am besten realisiert werden können.
- Kontrolle
Die Kontrolle erfasst gemäß der Planstruktur die Istwerte und leitet aus dem
Vergleich von Soll und Ist die notwendigen Konsequenzen ab (Feedback-Kopplung).
Soweit die Planziele nicht gefährdet sind, wird der Planvollzug – mit
Gegensteuerungsmaßnahmen – fortgesetzt. Zusätzlich zu dieser Feedback-
Kopplung (vergangenheitsorientierter Soll-Ist-Abgleich) ist eine sogenannte Feed-
forward-Kopplung mithilfe eines Früherkennungssystems zur Vermeidung zukünftiger
Abweichungen durchzuführen.
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(Kontrolle). Als Konsequenz daraus wird das Ziel „10 Tage Lieferzeit“ auf 15 Tage
angepasst (Neu- und Umplanung).
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Beispiele für Zielkonflikte
- Um die Flexibilität und schnelle Lieferfähigkeit (Leistung) erhalten zu können,
werden hohe Lagerbestände in Rohstoffen und Fertigware (Kosten) benötigt.
- Um die Kapitalbindung (Kosten) nicht ins Unermessliche steigen zu lassen, werden
nicht alle Kundenanforderungen (Leistungen) sofort erfüllt werden können.
- In der Beschaffung wird versucht, möglichst preisgünstige Lieferanten (Kosten)
auszuwählen – die Qualität der Produkte (Leistung) soll jedoch kontinuierlich
verbessert werden.
- Die Abwicklung der Aufträge erfordert personelle Ressourcen (Kosten) – die
Kunden fordern eine zunehmende Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit
(Leistung).
Es gilt aus den jeweiligen Faktoren die für das Unternehmen optimale Situation zu
realisieren – was oftmals nur durch Kompromisse erfüllt werden kann.
2.1 Logistikleistungsgrößen
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Nachfolgende Übersicht erläutert nochmals die Beziehungen zwischen Leistung und
Erlös:
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Der Begriff der „positiven Veränderung des Nutzenpotenzials“ bedeutet hierbei die
Wertgewinnung durch den Wertschöpfungsprozess eines Produktes oder einer
Dienstleistung.
Betrachtungsaspekt Ausprägung
Sichtweise Kunden- oder Unternehmenssicht
Leistungsinhalt physische, administrative oder dispositive Logistik-
leistungen
Abgrenzbarkeit Vermischung mit anderen betrieblichen Leistungen
Leistungserbringer eigenerbrachte oder extern zugekaufte Logistikleistung
Kundenbezug Leistungserbringung für externen oder internen Kunden
2. Sichtweise Unternehmen
Aus Sicht des Unternehmens wird zwischen der prozess- und potenzialbezogenen
Ebene unterschieden.
- Leistungsinhalt
Nach dem Leistungsinhalt werden unterschieden:
- physische bzw. operative Logistikleistungen (Transport-, Lager-, Umschlags-,
Kommissionier- und Verpackungsvorgänge),
- administrative Logistikleistungen (z.B. Erstellung von Versandpapieren,
Wareneingangserfassung, Buchung von Lagerzu- und abgängen),
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- dispositive Logistikleistungen (z.B. Bestellung erstellen, Planungen erstellen).
- Abgrenzbarkeit
Das Kriterium Abgrenzbarkeit trägt der Tatsache Rechnung, dass Logistikleistungen
oftmals in Kombination mit anderen betrieblichen Prozessen erbracht werden. Dies
ist vorwiegend dann der Fall, wenn während der Lagerung oder des Transportes
auch eine qualitative Veränderung des Produktes erfolgt, was die Abgrenzung
zwischen Produktions- und Logistikprozess problematisch werden lässt.
- Leistungserbringer
In Bezug auf den Erbringer logistischer Leistungen ist zwischen
- der Erbringung mit eigenen Kapazitäten und
- der Erbringung von externen Dienstleistern
zu unterscheiden (Make-or-buy-Problematik). Während die Kosten für logistische
Fremdleistungen in der Regel variable Kosten darstellen, handelt es sich bei den
kosten für logistische Eigenleistungen zum größten Teil um Fixkosten. In beiden
Fällen stellen die Logistikkosten überwiegend Gemeinkosten dar. Auf die jeweiligen
kostenträger (Kundenaufträge) können die Kosten nur direkt und unmittelbar
aufgeteilt werden, wenn die Kosten aus der Fakturierung des externen Dienstleisters
auftragsbezogen zugeordnet werden können.
- Kundenbezug
Nach dem Kundenbezug lassen sich folgende Arten von Logistikleistungen
unterscheiden:
- gegenüber externen Kunden (am Markt) erbrachte Logistikleistungen,
- gegenüber internen Kunden erbrachte innerbetriebliche Leistungen.
- Typische Logistikleistungen
Die von den einzelnen Unternehmensbereichen erbrachten Logistikleistungen
werden anhand des folgenden Beispiels dargestellt.
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2.1.1 Stufen der Logistikleistungserhebung
Die Logistikkette zieht sich vom Auftragseingang des Kunden über die Bereitstellung
der Ressourcen bis hin zum Versand der fertigen Ware.
- Angebotsbearbeitung,
- Auftragseingang mit Klärung von Detailpunkten/ Projektierung,
- Klärung von Produktionskapazität und Materialeindeckung,
- Erteilung Auftragsbestätigung,
- Erstellung von Terminplänen,
- Disposition von Material,
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- Verbuchung des Wareneingangs,
- Qualitätsprüfung der Rohstoffe,
- Zwischenlagerung der Rohstoffe,
- Erstellung Produktionsfeinplanung,
- Freigabe des Fertigungsauftrags zur Produktion,
- Versorgung der Produktion mit notwendigen Informationen (z.B.
Fertigungspapieren),
- Auslagerung von Material in die Produktion,
- Überwachung des Produktionsprozesses (Arbeitsgänge),
- Endkontrolle des fertigen Produktes,
- ordnungsgemäße Verpackung,
- eventuell Zwischenlagerung,
- Transportplanung,
- Erstellung von Versanddokumenten (Lieferschein/ Exportpapiere),
- Disposition von Ladungskapazität (Lkw),
- Verladung und Warentransport,
- Rechnungserstellung,
- Aftersales-Service (Wartung/ Kundendienst).
Jede dieser Teilstrecken hat einen Start- und Endpunkt. Dabei muss der
Startzeitpunkt des einen nicht unmittelbar dem Endzeitpunkt der vorgelagerten
Teilstecken entsprechen – Strecken können sich auch überschneiden.
Diese Anfang- und Endzeitpunkte einer Leistung werden als Messpunkte bezeichnet.
Da entlang der Logistikkette eine Unsumme an Messpunkten möglich ist. Ist es
notwendig, sich auf wenige sinnvolle markante Punkte zu beschränken – das heißt
zu filtern und zu segmentieren. Die Auswahl wird sich vor allem danach richten, wie
weit diese Punkte von der Logistik beeinflusst werden können und für den Kunden
(innerbetriebliche als auch externe Kunden) eine Rolle spielen.
Nach der Auswahl der Messpunkte kann begonnen werden, ein Messsystem für das
Logistikcontrolling zu erstellen. Ziel ist, detaillierte Logistikleistungen messen und
gezielt steuern zu können.
Die Messlatte für die Logistikleistungen ist die optimale Erfüllung der Anforderungen
sowohl der externen als auch der internen Kunden und damit die Schaffung einer
langfristigen Kundenzufriedenheit. Typische Leistungsgrößen für das Controlling,
abgeleitet aus den vorgenannten Messpunkten, sind:
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2.1.3 Messpunktebestimmung
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Kenngrößen der Flexibilität sind:
Kenngröße Bedeutung
Lieferflexibilität Zeitbedarf, bis neue Terminvorgaben umgesetzt und bestätigt
werden können
Volumenflexibilität Zeitbedarf, veränderte Outputmengen entlang der Prozesskette
zu realisieren (Peitscheneffekt)
Variantenflexibilität Zeitbedarf, um auf Kundenwunsch von einer Variante zu einer
anderen zu wechseln
Produktflexibilität Zeitbedarf, um neue Produkte auf den Markt zu bringen (time to
market)
2.2 Logistikkostengrößen
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Der Begriff der „negativen Veränderung des Nutzenpotenzials“ meint den
Ressourcenverzehr durch den Wertschöpfungsprozess eines Produktes oder einer
Dienstleistung.
- Kostenkategorien
Die im Bereich der Logistik anfallenden bzw. zu berücksichtigenden Kosten können
angelehnt an die Bereiche im betrieblichen Rechnungswesen in folgende Kategorien
eingeteilt werden.
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unabhängige Kosten, zeitabhängige Kosten oder Bereitschaftskosten
bezeichnet.
Beispiele: Abschreibung für das Lagergebäude, Personal im Einkauf. Während sich
die variablen Kosten zeitgleich mit der Leistung verändern, geschieht dies bei den
fixen Kosten erst mit zeitlicher Verzögerung oder gar nicht, da beispielsweise
Kündigungsfristen oder Vertragslaufzeiten zu berücksichtigen sind.
Zusätzlich ist noch der Effekt der sprungfixen Kosten zu berücksichtigen. Dieser
tritt zum Beispiel dann auf, wenn aufgrund von Expansion bestimmte Stellen neu
geschaffen werden müssen, zum Beispiel Personal für innerbetrieblichen Transport,
der bisher durch das Lagerpersonal mit abgedeckt wurde, oder wenn aufgrund
mangelnder Lagerkapazität eine bauliche Erweiterung notwendig wird.
Ein weiterer Aspekt ist die Berücksichtigung von Werten für Fehlmengenkosten oder
Verschrottung von Beständen in sogenannten kalkulatorischen Wagnissen. Obwohl
im Vorfeld deren wirkliche Höhe nicht bekannt ist.
Eine Aufgabe des Logistikcontrollings ist nicht nur die Steuerung der
Logistikprozesse, sondern auch die verursachungsgerechte Zuordnung der Kosten,
um diese in der Kalkulation mitberücksichtigen zu können. Die Instrumente hierzu
sind keine explizite „Erfindung“ der Logistik; sie bedient sich des klassischen Aufbaus
der betrieblichen Kostenrechnung. Diese besteht aus der Kostenarten-,
Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung, wie folgende Abbildung verdeutlicht.
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- Kostenartenrechnung
Als erste Stufe der Kostenrechnung dient die Kostenrechnung der Erfassung und
Gliederung der Kosten in der jeweiligen Abrechnungsperiode. Die Kernfrage lautet
hier: „Welche Kosten sind angefallen?“ Die Kostenartenrechnung ist also keine
besondere Art von Rechnung, sondern lediglich eine geordnete Darstellung der
angefallenen Kosten.
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Da für die Erstellung von Logistikleistungen eine Vielzahl an Produktionsfaktoren
benötigt wird, sind Logistikkosten in Industrie- und Handelsunternehmen in der Regel
über den gesamten Kostenartenplan verstreut. Dies stellt jedoch angesichts
moderner EDV-Systeme kein Problem mehr dar, da die meisten EDV-Programme
heute die Bildung flexibler und mehrdimensionaler Kostenartenhierarchien
unterstützen. Die unter stehende Tabelle zeigt beispielhaft eine Struktur logistischer
Kostenarten.
- Kostenstellenrechnung
In der Kostenstellenrechnung erfolgt die Erfassung, Dokumentation und Verrechnung
der einzelnen Kostenträger nicht direkt als Einzelkosten zurechenbarer
Logistikkosten.
Die Frage bei der Kostenstellenrechnung lautet: „Wo sind die Kosten angefallen?“
Allgemein können Kostenstellen nach funktionalen, produktionstechnischen und
abrechnungstechnischen Gesichtspunkten wie in unterer Tabelle dargestellt
systematisiert werden:
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Folgende Abbildung zeigt ein grafisches Schema für den Ablauf beim
Betriebsabrechnungsbogen.
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- Kostenträgerrechnung
Die Kostenträgerrechnung stellt die letzte Stufe der (Logistik-)Kostenrechnung dar
und weist die Kosten für die einzelnen Kostenträger aus. Kostenträger können
sowohl Absatzleistungen (Kundenaufträge) als auch innerbetriebliche
Transportleistungen) sein. Die Grundfrage der Kostenträgerrechnung lautet: „Wofür
sind die Kosten angefallen?“
Die Prozesse der Logistik sind sehr heterogen. Sie lassen sich aufgrund der
immateriellen Charakters schwieriger messen als Sachleistungen. Daher tauchen in
der Praxis verschiedene Problematiken auf, welche im Detail betriebsintern zu klären
sind.
- Unrentable Erfassung
Es gibt Logistikkosten, für die eine gesonderte Erfassung nicht lohnt. Als Beispiel sei
hier die Vielzahl kurzer Warte- und Bewegungszeiten zwischen Fertigungsstufen
erwähnt. Hierfür ist es unwirtschaftlich, die Messpunkte zu erfassen und festzuhalten.
Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zu den daraus gewonnenen Vorurteilen.
- Abgrenzungsprobleme
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Es gibt in der betrieblichen Praxis Vorgänge, die zwar einen logistischen
Grundcharakter haben, jedoch nicht eindeutig zugeordnet werden können, da sich
bestimmte Prozesse unauflöslich überschneiden oder verketten.
Kennzahlensysteme sind in der Regel in Form einer Pyramide aufgebaut, wobei die
oberste Kennzahl eine Spitzenkennzahl darstellt, welche sich wiederum aus der
Zusammenführung anderer Kennzahlen gebildet hat (zum Beispiel das Return On
Investment-Schema).
Die Funktionen von Kennzahlen sind sehr vielfältig und können praktisch in allen
Phasen der Wertschöpfungskette eingesetzt werden.
Bezüglich der Bildung von Kennzahlen wird inzwischen absoluten Zahlen und
Verhältniszahlen unterschieden.
Formel: Lieferantendichte
Lieferantendichte in Stück = aktive Lieferanten/ Mio. € Einkaufsvolumen
- Produktivitätskennzahlen
Hier wird ein Prozess in Hinsicht auf das Verhältnis Ergebnis zu Aufwand (Output zu
Input) untersucht.
- Wirtschaftlichkeitskennzahlen
Mit Wirtschaftlichkeitskennzahlen wird die Kostenseite von Prozessen beleuchtet-
das Ergebnis ist dabei immer eine monetäre Größe (zum Beispiel Euro).
- Qualitätskennzahlen
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Mit Qualitätskennzahlen wird die Leistungsfähigkeit eines Prozesses beurteilt. Diese
Prozesse leiten sich aus den Anforderungen der Kunden ab.
- Kennzahlenvergleiche
Eine einzelne Kennzahl alleine hat nur eine geringe Aussagefähigkeit. Erst durch d
Vergleich mit anderen Kennzahlen gewinnt man die nötigen Informationen. Im
Wesentlichen lassen sich die nachfolgenden Vergleichsarten unterscheiden.
- Soll-Ist-Vergleich
Beim Soll-Ist-Vergleich erfolgt eine Gegenüberstellung der Soll- beziehungsweise
Planwerte mit den korrespondierenden Istwerten. Dieser Vergleich liefert Angaben
über Abweichungen vom Geplanten und zeigt somit Ansatzpunkte für
Korrekturmaßnahmen.
- Zeitvergleich
Beim Vergleich der Werte in der Zeitreihe wird der Unterschied im Zeitablauf
sichtbar. Dabei können sich trendförmige Abweichungen zeigen, welche eine
Prognose in die Zukunft zulassen.
- Zwischenbetrieblicher Vergleich
Hier werden Ist-Kennzahlen zweier oder mehrerer Betriebe gegenübergestellt. Dieser
Vergleich gibt Auskunft, wie der Einzelbetrieb im Vergleich mit anderen Betrieben
dasteht. So werden Stärken und Schwächen der Unternehmen im Vergleich
aufgedeckt.
- Überbetrieblicher Vergleich
Bei diesem Vergleich werden überbetrieblich andere Unternehmen als
Vergleichsmaßstab mit herangezogen. Vergleiche dieser Art, zum Beispiel innerhalb
einer Branche, Unternehmensgröße oder Region, setzen allerdings Offenheit,
Objektivität, Ehrlichkeit und Vertrauen voraus. Der Vergleich mit anderen
Unternehmen wird auch als Benchmarking bezeichnet.
- Bereich Beschaffungslogistik
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Formel: Einkaufsvolumen
Einkaufsvolumen = Liefermenge * Einstandspreis
Anwendung: Planung und Kontrolle des Einkaufsvolumens
Interpretation: zeigt den wertmäßigen Umfang der Beschaffungsaktivitäten an
Abweichungsursachen: marktbedingte Preissteigerungen, Einkaufserfolge durch
Verhandlungen mit Lieferanten
Formel: Lieferbereitschaftsgrad
Lieferbereitschaftsgrad in % = Menge des sofort ausgelieferten Materials/ Menge des
nachgefragten Materials * 100
Anwendung: Planung und Kontrolle der Lagerbestände – Information über die
Bevorratungspolitik
Interpretation: In welchem Umfang konnte der geplante Bedarf fristgerecht befriedigt
werden? Zu geringe Lieferbereitschaft führt zu Fehlmengenkosten – zu hohe
Lieferbereitschaft verursacht überhöhte Lagerhaltungskosten.
Abweichungsursachen: Fehler in Disposition und Bevorratungspolitik, mangelnder
Forecast, zu geringe Abstimmung mit Lieferanten
Formel: Rahmenvertragsquote
Rahmenvertragsquote in % = Materialeinkaufsvolumen aus Rahmenverträgen/
gesamtes Materialeinkaufsvolumen * 100
Anwendung: Leistungsbeurteilung und Wirtschaftlichkeitsanalyse im Einkauf
Interpretation: zeigt die langfristige Bindung an Lieferanten an
Abweichungsursachen: mangelnde Beschaffungsplanung, mangelnde
Lieferantenpflege, zu breites Sortiment, keine Konzentration auf A-Teile
Formel: Reklamationsquote
Reklamationsquote in % = Anzahl beanstandeter Lieferungen/ Gesamtzahl der
Lieferungen * 100
Anwendung: Analyse der Lieferanten
Interpretation: spiegelt die Qualitäts-, Termin- und Mengentreue der Lieferanten
wider
Abweichungsursachen: unzureichende Lieferantenbewertung, mangelnde
Konsequenzen, keine Qualitätsvereinbarungen, Mängel der Transportmittel
- Bereich Lagerlogistik
Formel: Durchschnittlicher Lagerbestand
Durchschnittlicher Lagerbestand = Anfangsbestand + 12 Monatsendbestände/ 13
Anwendung: Information über durchschnittliche Kapitalbindung
Interpretation: wertmäßige Höhe der Bestände im Lager
Abweichungsursachen: zu hohe Sicherheitsbestände, Lagerhüter, ungünstige
Sortimentszusammensetzung, mangelnde Transparenz
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Formel: Durchschnittliche Lagerreichweite
Durchschnittliche Lagerreichweite in Tagen = durchschnittliche Lagerbestand/
durchschnittlicher Verbrauch pro Tag
Anwendung: Planung und Kontrolle der Lagerbestände
Interpretation: zeigt Versorgungssicherheit durch die Läger an
Abweichungsursachen: unzureichende Disposition, unzuverlässige Lieferanten, zu
hohe Sicherheitsbestände
Anmerkung:
Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe => für den Handel: Umschlagshäufigkeit
Wareneinsatz für RHB => für den Handel: Wareneinsatz
Durchschnittlicher Bestand RHB => für den Handel: Lagerbestand
- Bereich Transportlogistik
Formel: Transportmittelnutzungsgrad
Transportmittelnutzungsgrad in % = tatsächliche Einsatzstunden/ Summe möglicher
Einsatzstunden * 100
Anwendung: Analyse des innerbetrieblichen Transportes
Interpretation: Wie intensiv sind Transportmittel ausgelastet?
Abweichungsursachen: unzureichende Einsatzplanung, Mangel an Transportmitteln
Formel: Transportkosten
Transportkosten je Tonnenkilometer = Transport/ transportierte Masse in t *
zurückgelegte Wegstrecke in km
Anwendung: Analyse des außerbetrieblichen Transports
Interpretation: Wie hoch sind die Kosten pro Kilometer für eine Tonne Frachtgut?
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Abweichungsursachen: Kostenerhöhungen, Verschiebungen im Kundenportfolio
(Entfernung)
- Bereich Produktionslogistik
Formel: Kapazitätsauslastungsgrad
Kapazitätsauslastungsgrad in % = kapazitätsbedarf/ realer Kapazitätsbestand * 100
Anwendung: Auslastung der Produktion
Interpretation: Wie hoch und wie weit (zeitlich) sind die Maschinen ausgelastet?
Abweichungsursachen: mangelnde Auftragssituation, mangelnde Terminplanung,
ungeplante Maschinenstillstände, hohe Planzeitabweichungen
Formel: Anlagenverfügbarkeit
Anlagenverfügbarkeit in % = Ist-Stückzahl/ Sollstückzahl * 100
Anwendung: Analyse der Nutzungsfähigkeit einer Anlage
Interpretation: effektive Zeitspanne zur Nutzung einer Anlage/ Maschine
Abweichungsursachen: ungeplante Maschinenstillstände, keine vorbeugende
Wartung
- Bereich Distributionslogistik
Formel: Termintreue (Abweichung)
Termintreue (Abweichung) = Tag Liefertermin der Ware beim Kunden – zugesagter
Liefertermin
Anwendung: Service gegenüber Kunden
Interpretation: Wie weit werden zugesagte Liefertermine eingehalten?
Abweichungsursachen: Probleme in Produktion/ Distribution
Formel: Lieferfähigkeit
Lieferfähigkeit = Wunschtermin Kunde – (erster) zugesagter Liefertermin
Anwendung: (Teil der) Messung der Kundenzufriedenheit
Interpretation: Wie weit kann auf die Kundenanforderungen eingegangen werden?
Abweichungsursachen: unrealistische Kundenerwartungen, höhere Lieferzeit als
Wettbewerber
Formel: Terminverschiebungen
Terminverschiebungen = Anzahl Terminverschiebungen nach Zusage Liefertermin
Anwendung: (Teil der) Messung der Kundenzufriedenheit
Interpretation: Muss Liefertermin nachträglich verschoben werden?
Abweichungsursachen: zu optimistische Lieferterminzusage, Unzulänglichkeiten im
Auftragsdurchlauf
- Kennzahlensysteme
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Ein Kennzahlensystem bezeichnet eine Zusammenstellung mehrerer Kennzahlen,
welche in sachlich sinnvoller Beziehung zueinander stehen mit Ausrichtung auf ein
übergeordnetes Gesamtziel – einer Spitzenkennzahl. Diese Verdichtung mehrerer
Kennzahlen wird daher oftmals in Form einer Pyramide dargestellt. Wichtigstes
Element sind oberste Spitzenkennzahlen. Diese werden im Controlling auch als
Key Performance Indicators (KPI) bezeichnet. Verändert sich diese Kennzahl,
kann ohne größeren Aufwand die Abweichung in der Struktur des Kennzahlen-
systems gesucht und identifiziert werden.
Der Erfolgsbeitrag der Logistik zu einer möglichst hohen ROI-Kennzahl findet sich in
mehreren Stufen des Schemas wieder. Gängigste Aussage ist es, den
Materialverbrauch möglichst gering zu halten. Diesem Ziel kann man durch optimal
verhandelte Einkaufspreise in der Beschaffung näher kommen. Hält die Logistik ihre
Prozesse schlank, wird sich dies in geringeren Personalkosten widerspiegeln.
Werden die Bestände auf einem betriebswirtschaftlichen Minimum gehalten, findet
sich dies als Kapitalbindung im Umlaufvermögen wieder. Ebenso werden die
Lieferantenverbindlichkeiten minimiert, wenn mit den Lieferanten lange Zahlungsziele
vereinbart werden oder durch Abzug von Skonto ein entsprechender Geldvorteil
erzielt wird.
Trotz des Vorteils von Kennzahlen werden n der Praxis oftmals Fehler gemacht:
- Erzeugen einer Kennzahleninflation: es werden zu viele Kennzahlen generiert. Die
Aufstellung wird unübersichtlich und dadurch sinkt der Aussagewert der
Kennzahlen.
- Fehler bei der Kennzahlenaufstellung: Basisdaten sind fehlerhaft oder zu ungenau,
dadurch unterliegt das Messsystem zu hoher Varianz.
- mangelnde Konsistenz von Kennzahlen: Kennzahlen sind untereinander
widersprüchlich.
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- Probleme der Kennzahlenkontrolle: es werden Kennzahlen gebildet, deren
Abweichungen nicht gesteuert werden können.
- Berichtswesen im Logistikcontrolling
Die besten Kennzahlen nützen nichts, wenn sie nicht umfassend und regelmäßig den
Entscheidungsträgern vorgelegt beziehungsweise präsentiert werden. Hierfür ist ein
entsprechendes Berichtswesen, individuell gestaltet und angepasst an das
Unternehmen, einzurichten. Die Aufgabe des Berichtswesens der Logistik ist die
Erstellung von:
- Standardberichten (jahres-, quartals-, monatsweise),
- Abweichungsberichten (Hinweis auf Überschreitung von Toleranzgrenzen) und
- Sonderberichten (individuell nach Anforderung, zum Beispiel für Investitions-
Entscheidungen).
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- Wesen der Prozesskostenrechnung
Der zunehmende Wettbewerb und die fortschreitende Globalisierung haben dazu
geführt, dass in den letzten Jahrzehnten viele Prozesse automatisiert wurden.
Dadurch erhöhten sich die Gemeinkosten im Unternehmen. Der Anteil der direkt den
Kostenträgern zuordenbaren Kosten (Fertigungslöhne) hat abgenommen – andere
dispositive, steuernde, logistische Aufgaben (Fixkosten) haben entsprechend
zugenommen. Im Rahmen der traditionellen Zuschlagskalkulation hatte die Zunahme
der Gemeinkosten Zuschlagssätze von einigen Hundert Prozent zur Folge. In
solchen Fällen werden die Kosten nicht mehr verursachungsgerecht verrechnet – es
gilt das „Gießkannenprinzip“.
Ziel ist es, über die monetäre Bewertung der jeweiligen Prozesse deren Kosten den
Produkten verursachungsgerecht zuzuordnen. Dadurch wird ebenso die Produkt-
kalkulation exakter und realistischer. Vor allem im prozesslastigen Bereich der
Logistik ist der Einsatz der Prozesskostenrechnung daher sinnvoll. Die
Prozesskostenrechnung wird in die Kostenstellenrechnung mit integriert, indem die
ablaufenden Prozesse analysiert und zu kostenstellenübergreifenden Prozessen
zusammengefasst werden.
3.1 Kostenstellenzerlegung
Im ersten Schritt werden auf Basis einer Tätigkeitsanalyse die Teilprozesse
identifiziert. Mit der Tätigkeitsanalysewird das Ziel verfolgt, auf Basis vorhandener
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Kostenstellen unterscheidbare Teilprozesse herauszufiltern. Die Erfassung der
Tätigkeiten kann mittels Befragungen, Selbstaufschreibung oder Zeitaufnahmen
(Multimomentverfahren) erfolgen.
Mögliche Teilprozesse:
3.2 Prozessgrößenermittlung
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Jedem lmi-Prozess muss anschließend eine Bezugsgröße/ Einheit zugeordnet
werden, mit deren Hilfe die Prozesse mengenmäßig quantifiziert werden können.
Diese Bezugsgrößen werden auch als Cost Driver bezeichnet. Die unter stehende
Tabelle zeigt eine Auswahl solcher Bezugsgrößen.
3.3 Hauptprozessverdichtung
Wird die Summe der angefallenen Prozesskosten durch die Prozessmenge dividiert,
erhält man den jeweiligen Prozesskostensatz.
Formel Prozesskostensatz:
Prozesskostensatz = Prozesskosten/ Prozessmenge
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geschieht durch die im Unternehmen ablaufenden Prozesse. Die Prozesskosten-
rechnung soll dies entsprechend berücksichtigen.
- In die Kalkulation sollen die Kosten verursachungsgerecht, je nach der
Inanspruchnahmen betrieblicher Prozesse, einbezogen werden.
- Um einen Kostensatz eines Prozesses zu ermitteln, sind mehrere Schritte
notwendig.
- Je nachdem, ob die Kosten betrieblicher Prozesse von einer Menge abhängen oder
nicht, spricht man von „leistungsmengeninduziert“ beziehungsweise „leistungs-
mengenneutral“.
- Die Leistungen eines Prozesses finden meist in mehreren verschiedenen
Kostenstellen statt. Diese Teilprozesse können zu Hauptprozessen verdichtet
werden.
- Wird die Summe der angefallenen Prozesskosten durch die Prozessmenge
dividiert, erhält man den jeweiligen Prozesskostensatz.
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Nach der Sammlung von Informationen (Sekundärinformationen, zum Beispiel in
Geschäftsberichten, Internet und Fachzeitschriften, oder Primärinformationen, zum
Beispiel durch Firmenbesichtigungen) kann die Leistungslücke festgestellt werden.
Danach werden Ziele, Strategien und Aktionspläne festgelegt, welche notwendig
sind, um die Lücke zum vergleichenden Unternehmen schließen zu können.
- Target Costing
Beim Target Costing handelt es sich um ein in Japan entwickeltes
Kostenmanagementsystem, welches eingesetzt wird, um langfristig am Markt
wettbewerbsfähig sein zu können.
Bei einer Standard-Produktkalkulation lautet die Frage: „Was wird das Produkt
kosten?“ Beim Target Costing wird hingegen gefragt: „Was darf das Produkt kosten?“
Ausgangspunkt ist der Preis (Zielpreis-Target Price), den der Kunde bereit ist, für das
Produkt zu bezahlen. Wird von diesem Zielpreis der gewünschte Gewinn abgezogen,
erhält man die Zielkosten (Target Costs), zu denen es möglich sein muss, das
Produkt oder die Dienstleistung zu produzieren beziehungsweise anzubieten, um
wettbewerbsfähig bleiben zu können. Dabei stellt man die Kostenlücke fest, welche
zur Standardkalkulation vorhanden ist.
Werden die Zielkosten auf die werttragenden Elemente des Produktes aufgespalten,
kann ermittelt werden, welcher Wert jedem Element, zum Beispiel auch den
logistischen Prozessen, maximal zugestanden werden kann. Target Costing kann
dabei zu entscheidenden Strukturveränderungen im Unternehmen führen, wie zum
Beispiel Outsourcing von Logistikprozessen, Verschlankung von Organisationen oder
Veränderungen von Abläufen. Es wird regelmäßig im Zulieferbereich der
Automobilindustrie durchgeführt. Zur Ermöglichung von Kostenreduzierungen legt
der Zulieferer seine Kostenpositionen offen und es wird gemeinsam nach
Potenzialen gesucht. Als Gegenleistung für die Offenlegung der Kostenstrukturen
wird dem Zulieferer eine längere Vertragsbindung zugestanden.
In einem ersten Schritt wird die Supply Chain grafisch dargestellt (Supply-Chain-
Maps). Davon abgeleitet finden Workshops mit den jeweils vor- und nachgelagerten
Partnern der Wertschöpfungskette statt. Dabei sollen Stärken und Schwächen der
gegenseitigen Beziehungen transparent gemacht werden. Nachfolgend Beispiele von
Themen und Aspekten des Supply-Chain-Controllings:
Für die Logistik könnte ein aus der BSC abgeleitetes Ziel beispielsweise bedeuten:
- Bestände reduzieren => Finanzperspektive
- Einführung einer Reklamationshotline => Kundenperspektive
- Reduzierung der Auftragsabwicklungszeit => Prozessperspektive
- Weiterbildungsprogramme für Mitarbeiter => Lern- und Entwicklungsperspektive
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