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Ortsentwicklungskonzeption der Gemeinde Rüdersdorf bei Berlin

2. Das Leitbild
Das in einer ersten Planungsphase erarbeitete Leitbild zur langfristigen und nachhalti-
gen Entwicklung von Rüdersdorf bei Berlin findet seinen Ausdruck in den zusammen-
fassenden Thesen dieses Kapitels. Sie wurden mit Beschluss der Gemeindevertretung
vom 26.01.2006 gebilligt und finden in der Ortsentwicklungskonzeption ihren fachlichen
Niederschlag. Bei der Arbeit in den einzelnen Ortsteilen wurden einige ergänzende
Leitbildgedanken deutlicher abgegrenzt, einzelne Aspekte konnten ergänzt oder präzi-
siert werden. Ungeachtet dessen haben sich die Thesen als fachlich begründete Grund-
lage für das Ortsentwicklungskonzept erwiesen. Deshalb sind sie auch ein wesentliches
Kernstück im vorliegenden Entwurf des Ortsentwicklungskonzeptes.

In Verbindung mit den vielfältigen Handlungs- und Planungsempfehlungen sollte daraus


eine lokale Agenda für die nachhaltige Entwicklung von Rüdersdorf erarbeitet werden.

• Rüdersdorf in der Metropolregion Berlin-Brandenburg

Die Gemeinde Rüdersdorf übernimmt im Netz der sozialen Infrastruktur mehrere regio-
nal bedeutsame Funktionen, die vor allem in Abstimmung und Verbindung mit den
Nachbargemeinden wie Neuenhagen, Fredersdorf-Vogelsdorf oder Woltersdorf den
Ausgangspunkt für eine bedeutsame Wachstumsregion bilden.

Die regionale Bedeutung von Rüdersdorf ergibt sich in erster Linie aus dem gewerbli-
chen und industriellen Entwicklungsschwerpunkt mit Baustoffindustrie und Bergbau so-
wie aus dem Gesundheitszentrum mit überregional bedeutsamem Krankenhaus ein-
schließlich der Potentiale zur ambulanten Nachsorge an verschiedenen Standorten und
der Reha - Klinik.
Interkommunal abgestimmt werden sollte die Erschließung und Entwicklung der west-
lich gelegenen Gewerbeflächen gemeinsam mit Fredersdorf-Vogelsdorf. Hier liegt in
Verbindung mit den überörtlichen Verkehrswegeanbindungen ein raumbedeutsames
Entwicklungspotential für die gesamte Region. Deren Zersplitterung durch Entwicklung
von ungeordneten Einzelflächen würde diese Chance zerstören.

Durch die räumlich funktionelle Gliederung und Neuordnung im Rahmen des Ortsent-
wicklungskonzeptes entstehen hervorragende Wohnstandorte in vielen Siedlungsberei-
chen des Gemeindegebietes, so beispielsweise die geplanten Entwicklungen am Stie-
nitzsee, in Rüdersdorf, Herzfelde und Lichtenow. Gerade das differenzierte Angebot
von Standorten für verschiedene Anforderungen in guter städtebaulicher Lage bietet ein
erhebliches Potential für die künftige Wohnentwicklung und als Grundlage für Wande-
rungsgewinne in der Bevölkerungsentwicklung.

Der Museumspark Rüdersdorf übt in Verbindung mit dem aktiven Bergbau und seinen
Folgelandschaften eine hohe Anziehungskraft im Bereich des Tourismus aus, dessen
Potentiale bei weitem noch nicht erkannt und ausgeschöpft sind. In der Kombination
verschiedener Angebote zur aktiven Freizeitgestaltung, die in Zukunft eine zunehmende
Rolle spielen, wird Rüdersdorf eine steigende Bedeutung im berlinnahen Raum ein-
nehmen, zumal eine ÖPNV - Anbindung per Strassenbahn besteht. Bei der Erschlie-
ßung dieser Potentiale muss unbedingt mit den umliegenden Gemeinden zusammen-
gearbeitet werden.

Dipl.-Ing. Stefan Bolck, Büro für Stadt • Dorf • und Freiraumplanung – Stand November 2006 18
Ortsentwicklungskonzeption der Gemeinde Rüdersdorf bei Berlin

Insgesamt kann resümiert werden, dass Rüdersdorf bei Berlin mit seinen Ortsteilen eine
bisher deutlich unterschätzte Bedeutung für die Gestaltung und Entwicklung der Region
hat. Dieses Potential findet weder einzeln, noch in Verbindung mit den umliegenden
Gemeinden ausreichend Berücksichtigung in der Landes- und Regionalplanung.
Die grundlegenden Gedanken des Ortsentwicklungskonzeptes sollten in die Überarbei-
tung der entsprechenden übergeordneten Entwicklungspläne einfließen.

• Das Leitbild – textliche Erläuterungen

Leitbild zur gesamtgemeindlichen Gliederung (Strukturschema)

In dem stark vergröberten Strukturschema wird die grundsätzliche Gliederung des Ge-
meindegebietes mit seinen Funktionsbeziehungen dargestellt. Besonders deutlich wird
hier das funktionelle und räumliche Zusammenwirken der unterschiedlichen Aspekte ei-
ner künftigen Entwicklung – Wohnen, Arbeiten und Erholen in einer lebenswerten Um-
welt.

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Ortsentwicklungskonzeption der Gemeinde Rüdersdorf bei Berlin

Entlang der Hauptverkehrsachse B1/5, die sich in der Mitte des Gemeindegebietes von
Ost nach West erstreckt, haben sich in der Vergangenheit differenzierte Gewerbe- und
Industrieentwicklungen vollzogen. Diese Gebiete mit ganz hervorragenden örtlichen,
regionalen und überregionalen Verkehrsanbindungen (Straße, Bahn, Wasser) werden
auch künftig Schwerpunkte gewerblicher und industrieller Entwicklung sein. Hierfür ste-
hen in ausreichender Menge Flächenangebote zur Verfügung. Das industriell und ge-
werblich genutzte Band entlang der Hauptverkehrsachse in Ost-West-Richtung wird in
der Ortsentwicklungskonzeption weiter gegliedert in einzelne Schwerpunkte mit bran-
chenspezifischer Ausrichtung. Dazwischen liegen Grünzäsuren, die untereinander und
mit den überörtlichen Grünverbindungen vernetzt werden.

Jeweils im Norden und im Süden des Gemeindegebietes entwickeln sich in Verbindung


mit den hervorragenden landschaftsräumlichen Rahmenbedingungen attraktive Wohn-
und Erholungsstandorte. Das sind im Norden Hennickendorf mit dem Ostufer des Stie-
nitzsees und im Süden des Gemeindegebietes Standorte in herausragender städtebau-
licher und landschaftliche Lage in allen Siedlungsbereichen von Rüdersdorf. Hier liegt
auch der besondere Ansatz für eine intensive touristische Entwicklung und für die Aus-
bildung eines identitätsstiftenden Zentrums der Gesamtgemeinde Rüdersdorf, der sich
aus der Verbindung von Rüdersdorf am Wasser mit den zentrumsbildenden öffentlichen
Funktionen, mit der Bergbautradition und mit den landschaftlichen Besonderheiten er-
gibt.

Östlich von Herzfelde ist die Gewerbeentwicklung primär abgeschlossen. Überdimensi-


onierte Flächenbevorratungen sollten zugunsten eines gliedernden Freiraumes zurück-
genommen werden. Mit dem Bau der Umgehungsstrasse für die B1/5 wird sich eine
wesentliche Entlastung des Ortskernes ergeben, wodurch innerörtliche Verdichtungs-
und Umnutzugspotentiale für Wohn- und Erholungsnutzungen erschlossen werden
können.

Auch für Lichtenow ist eine weitere Wohnentwicklung sinnvoll, die sich auf eine städte-
baulich geordnete Entwicklung bereits erschlossener Flächen und auf einige sinnvolle
Abrundungen konzentriert.

Neben den verbindenden aber auch trennenden Elementen des Straßen-, Bahn- und
Wasserwegenetzes ergeben sich als gliedernde Potentiale vor allen Dingen die von
Norden und Süden heranreichenden Landschafts- und Naturschutzgebiete mit wesent-
lichen Verbindungen in Nord-Süd Richtung. In diesem Zusammenhang wird die Lage
der Ortsteile von Rüdersdorf in der Barnimer Feldflur durch eine flächenbegrenzende
Entwicklung gewahrt und als ortsbild- und umweltprägendes Element erlebbar bleiben.

Die konkrete Umsetzung dieser Struktur auf der Ebene des Ortsentwicklungskonzeptes
ist in dem folgenden Kapitel 3, dem Ortsentwicklungskonzept mit dem dazugehörigen
Plan dargestellt.

Dipl.-Ing. Stefan Bolck, Büro für Stadt • Dorf • und Freiraumplanung – Stand November 2006 20
Ortsentwicklungskonzeption der Gemeinde Rüdersdorf bei Berlin

• Thesen zum Leitbild

Rüdersdorf – ein lebenswerter Ort mit Zukunft und Bergbautradition

1. Rüdersdorf an der Nahtstelle zwischen der Metropole Berlin und der Barnimer Feld-
flur ist eine zukunftsfähige und lebenswerte Gemeinde mit ausgewogener Entwick-
lung vielfältiger aufeinander abgestimmter Funktionen:
Wohnen und Soziales - Industrie und Gewerbe - Landschaft und Tourismus

2. Gestaltung attraktiver Lebensräume für alle Bevölkerungsschichten mit dem Ziel,


den sich vollziehenden Einwohnerrückgang langfristig zu beenden,

3. Erhalt der charakteristischen Siedlungsstruktur mit klar abgegrenzten Siedlungen


und spezifischen Entwicklungszielen; einzelne Dörfer in der Landschaft mit ihren
baulich-räumlichen und funktionellen Besonderheiten erhalten und ausprägen,

4. Entschärfung bestehender und Vermeidung künftiger Konflikte zwischen


verschiedenen Nutzungsarten durch:

• räumliche Gliederung und Zonierung des Gemeindegebietes,


Entwicklung und Ausprägung unterschiedlicher Funktionsbereiche,
Wohnen – Bergbau/Gewerbe/Industrie – Erholung/Tourismus – Land-
schaft/Wasser
• Gliederung und Zonierung innerhalb der Funktions- und Siedlungsbereiche

5. Bergbau mit Baustoffindustrie als Ausdruck einer traditionsreichen Entwicklung und


als bedeutende wirtschaftliche Grundlage erhalten und pflegen,

6. bedeutendes Arbeitsplatzangebot der Region in Gewerbe, Industrie, Bergbau und


Dienstleistung erhalten und entwickeln unter Berücksichtigung der günstigen Ver-
kehrserschließung durch Straße, Bahn und Wasser; aktive Förderung der Vielfalt im
Branchenmix als Ergänzung zu den industriellen und gewerblichen Schwerpunkt-
branchen durch die gezielte Ansiedlung von zukunftsfähigen Unternehmen,

7. Rüdersdorf als attraktiven Wohnstandort in wasserreicher Landschaft entwickeln,


Konzentration auf ausgewählte attraktive Standorte für verschiedene wirtschaftliche
und soziale Ansprüche, dabei vielfältige und in den Ortsteilen differenzierte Wohn-
formen ausprägen,

8. das vielschichtige Netz zur sozialen Betreuung in den Dörfern und Ortsteilen und für
Rüdersdorf insgesamt erhalten und weiter entwickeln, für alle Bevölkerungsschich-
ten und Interessengruppen, Junge, Alte, sozial Schwache,

9. Ausprägung spezifischer Funktionen in den Ortsteilen und in der Gesamtgemeinde:


Kinderbetreuung, Schulstandort mit Gymnasium, Gesundheitsstandort in Rüders-
dorf, Aus- und Weiterbildung in Hennickendorf, Wohnen und Erholen am Stienitz-
see, usw.

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10. ein identitätsstiftendes Zentrum für die Gesamtgemeinde ausbauen,


Einbeziehung der Potentiale Bergbautradition mit Museumspark, Landschaft, Nah-
erholung und Tourismus, Kultur und Verwaltung, Einkauf usw.

11. Landschafts- und Naturschutzschutz als Lebensgrundlage aktiv in die


Gemeindeentwicklung einbeziehen, Rückbaupotentiale erschließen, Altlasten und
Konflikte beseitigen, Vernetzung von innerörtlichen Grünflächen und Landschafts-
räumen als prägendes Element der Gemeinde,

12. Tourismus speziell in der Achse zwischen Woltersdorfer Schleuse, Rüdersdorf,


Stienitzsee und Strausberg entwickeln - Vernetzung vielfältiger Angebote,

13. Ausbau von Rüdersdorf als Gesundheitszentrum mit regionaler Bedeutung und
überregionaler Ausstrahlung,

Die Thesen sind als offener Katalog zu verstehen, der weiter ergänzt, ständig aktuali-
siert und präzisiert werden sollte. Die hier zusammengefassten Aussagen werden in
den jeweiligen Kapiteln zum Gesamtkonzept unter Punkt 3. für einzelne Bereiche und
Ortsteile detailliert untersetzt.

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